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ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
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KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1884.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1885.
Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt).
Berlin, Universitäts-Stralse 8.
Inhalt.
Verzeichnils der im Jahre 1884 stattgehabten Sitzungen der Akademie
und der darin gelesenen Abhandlungen . ; SE OR
Verzeichnils der im Jahre 1884 gestellten Preitaufgäben und ertheil-
ten Preise a: nee >
Verzeichnils der im Bane 1884 eoletan een Geldbewilligun.
gen aus akademischen Mitteln zur Ausführung oder Unterstützung
un
VII EVIE
9 XVUI—XXW.
wissenschaftlicher Unternehmungen . . . 2. 2 2 22.2.9 RXIV—XXV.
Verzeichnils der im Jahre 1384 erschienenen, mit Unterstützung der
Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen Werke . . . . „ XXVI.
Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe des Jahres
1 » NNVII—XXX.
Verzeichnils der Mitglieder db am Schlange a Fahdlıa 1884 „ NRI—XNXIX.
SCHERER: Gedächtnilsrede auf Karl Müllenhoff . . » : 2 2 2. 2.2...8.1-—16.
Abhandlungen.
Physikalisch-mathematische Olasse.
Physikalische Abhandlungen.
Rorn: Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine . . . Abh.I. S.1—54,
S. T— LXXXVIN.
VırcHow: Über alte Schädel von Assos und Cypern. (Mit 5 Tafeln). Abh. II. S. 1— 55.
WIEDEMANN: Über die Bestimmung des Ohm. (Mit 2 Tafeln) . . „IM. „ 1—75.
Philosophisch -historische Ulasse.
TosLer: Das Buch des Ugugon da Laodho . . » 2» 2 2... Abh.I. S. 1-96.
DiLLmAnN: Über die Regierung, insbesondere die ae
des Königs Zar’a Jacob . . . . 3ER El, 179:
Inunoor-BLumer: Die Münzen der Dynastie von RER (Mit
ee) „ DI. „ 1—40.
VI
Abhandlungen nicht zur Akademie gehöriger Gelehrter.
Physikalische Abhandlungen.
KrRABBE: Über das Wachsthum des Verdiekungsringes und der jun-
gen Holzzellen in seiner Abhängigkeit von Druckwirkun-
gen. (Mit22 Tafeln)or.. 2. Kerr END hell one
STUDER: Verzeichnils der während der Reise S. M. S. Gazelle um
die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden.
(Miti:5ı atelm): ...2 2010 a a ae 08
Philosophisch-historische Abhandlungen.
FREUDENTHAL: Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexan-
ders an u 3 ee ee a a en DANDh: IE 15 WIE le
Boun: Der Tempel des Dionysos zu Pergamon. (Mit 1 Tafel). . „ I. „ 1—11.
Jahr 1884.
E
Verzeichnifs der im Jahre 1884 stattgehabten Sitzungen
der Akademie und der darin gelesenen Abhandlungen.
Öffentliche Sitzungen.
Sitzung am 24. Januar zur Feier des Jahrestages
König Friedrich’s Il.
Der an diesem Tage vorsitzende Secretar, Hr. Curtius, er-
öffnete die Festsitzung mit einer m den Sitzungsberichten mitge-
theilten Ansprache.
Hierauf hielt Hr. von Sybel einen Vortrag über De Catt’s
Memoiren.
Sitzung am 20. März zur Vorfeier des Geburtstages
Sr. Majestät des Kaisers und Königs.
Hr. Mommsen, als vorsitzender Secretar, eröffnete die Sitz-
ung mit einer in den Sitzungsberichten mitgetheilten Festrede.
VIII
Hierauf wurden die statutarisch vorgeschriebenen Jahresbe-
richte über die fortlaufenden grölseren litterarischen Unternehmun-
gen der Akademie verlesen.
Hr. A. Kirchhoff berichtete über die griechische Inschrif-
tensammlung, Hr. Mommsen über die lateinische, ferner über die
von Hrn. Prof. Hübner herauszugebende Palaeographie der latei-
nischen Inschriften von Caesar’s Tod bis auf Justinian, sowie über
die Vorarbeiten für die römische Prosopographie.
Im Namen der akademischen Commission wurde über die
Herausgabe der Commentatoren des Aristoteles berichtet.
Hr. Duncker berichtete im Namen der Commission für die
Herausgabe der politischen Correspondenz König Friedrich’s II, so-
wie über die Fortsetzung der Preufsischen Staatsschriften aus der
Regierungszeit Friedrich’s I.
Der von Hrn. Weierstrafs über die Herausgabe der Werke
Jacobi’s erstattete Bericht wurde mitgetheilt.
Schliefslich folgte die gleichfalls statutarisch vorgeschriebene
Berichterstattung der mit der Akademie verbundenen Stiftungen
und wissenschaftlichen Institutionen.
Der von der vorberathenden Commission der Bopp-Stiftung
erstattete Bericht wurde vorgetragen.
Hr. Auwers verlas den von dem Vorsitzenden des Curato-
rıums der Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen er-
statteten Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen
Jahre.
Hr. Waitz verlas den Jahresbericht der Central-Direction der
Monumenta Germaniae historica.
Hr. Conze berichtete über die Thätigkeit des Kaiserlich
Deutschen Archaeologischen Instituts im abgelaufenen Rechnungs-
Jahre.
IX
Die Vorträge dieser Sitzung sind sämmtlich in den Sitzungs-
berichten abgedruckt.
Sitzung am 3. Juli zur Feier des Leibniz’schen Jahres-
tages.
Hr. du Bois-Reymond eröffnete die Festsitzung mit einer
in den Sitzungsberichten mitgetheilten Rede.
Hierauf hielten die neu eingetretenen Mitglieder HH. Wal-
deyer, Scherer, Pernice, Brunner, Schmidt und Fuchs ihre
von den Secretaren beantworteten und in den Sitzungsberichten
mitgetheilten Anirittsreden.
Darauf verlas Hr. Auwers die weiter unten folgenden Be-
richte über den Preis der Steiner’schen Stiftung, die neue Preis-
ertheilung aus dem Cothenius’schen Legate und die Preisertheilung
aus der Diez-Stiftung.
Zum Schluls las Hr. Scherer eine Gedächtnilsrede auf das
verstorbene Mitglied der Akademie, Hrn. Karl Müllenhoff. Die-
selbe ist in den Abhandlungen der Akademie erschienen.
Gesammtsitzungen der Akademie.
Januar 17. Conze, zur Topographie von Pergamon. (8. B.)
Februar 7. Roth, Beiträge zur Petrographie der plutonischen
Gesteine, gestützt auf die von 1879 bis 1883 ver-
öffentlichten Analysen. I. Abth.: Ältere Eruptiv-
gesteine. (Abh.)
Weber, über eine magische Gebetsformel aus Tibet.
(S. B.)
HM
Kronecker, Beweis des Reeiprocitätsgesetzes für die
quadratischen Reste.
Kronecker, Beweis einer Jacobi’schen Integralformel.
Februar 21. Diels, über Gorgias und Empedokles. (5. 2.)
Johow, Dr. F., über westindische Hymenolichenen.
Vorgelegt von Pringsheim. (8. 5.)
März 6. von Helmholtz, Studien zur Statik monocyklischer Sy-
steme. (8. B.)
März 27. Weber, über das Uttamacuritrakathänakam, die Ge-
schichte vom Prinzen Trefflichst. (5. 2.)
von Helmholtz, Studien zur Statik monocyklischer
Systeme (Fortsetzung). (5. 2.)
April 17. Websky, über die Ein- und Mehrdeutigkeit der Fun-
damental-Bogen-Complexe für die Elemente mo-
noklinischer Krystall-Gattungen. (5. B.)
Spörer, Prof. G., über die Ermittelung der Knoten-
länge und Neigung bei Bestimmung der Rotations-
elemente der Sonne. Vorgelegt von Auwers. (S. BD.)
Mendel, Dr. E., über paralytischen Blödsinn bei Hun-
den. Vorgelest von Munk. (5. 2.)
Mai 1. Curtius, über Eleusinion und Pelargikon. (8. B.)
Mai 15. Eichler, über den Blüthenbau der Zinziberaceen. (8. B.)
Siemens, über eine Einrichtung zur Darstellung der von
der Pariser Conferenz zur Bestimmung der elek-
trischen Einheit angenommenen Lichteinheit. (S. 2.)
Juni 12. Diels, über Apollodor’s Akme.
Kronecker, über den dritten Gauls’schen Beweis des
Reciproecitätsgesetzes für die quadratischen Reste.
(8. B.)
Lipschitz, Bemerkung zu der Abhandlung: Untersu-
XI
chungen über die Bestimmung von Oberflächen
mit vorgeschriebenem Ausdruck des Linearele-
ments. (8. B.)
Juni 26. Fuchs, über Differentialgleichungen, deren Integrale
feste Verzweieungspunkte besitzen.
fo) fe)
Juli 17. Vahlen, über Theokrit’s Hiero. (5. B.)
Wiebe, H.F., über den Einfluls der Zusammensetzung
des Glases auf die Nachwirkungs-Erscheinungen
bei Thermometern. Vorgelegt von Auwers. (5. B.)
Juli 31. Siemens, Beiträge zur Theorie des Magnetismus.
Landauer, Dr., über eine von Dr. Euting in Palmyra
gefundene Synagogen -Inschrift. Vorgelegt von
Dillmann. (8. 2.)
Bücking, Prof. H., über die Lagerungsverhältnisse der
ältern Schichten in Attika. Bericht an die Aka-
demie über eine mit Unterstützung derselben 1883
ausgeführte geologische Untersuchung des Hymet-
1053//,(8. 2.)
October 30. von Sybel, über Preufsens deutsche Politik im An-
November 13.
November 27.
fange des Jahres 1849.
Auwers, Bestimmung eines fundamentalen Me-
ridians für Australien durch absolute Methoden.
Bohn, R., über den Tempel des Dionysos zu
Pergamon. Vorgelegt von Conze. (Abh.)
Westermaier, Dr. M., Untersuchungen über die
Bedeutung todter Röhren und lebender Zellen für
die Wasserbewegung in der Pflanze. Vorgelegt
von Schwendener. (5. BD.)
von Sybel, über Preulsens deutsche Politik im
Anfang des Jahres 1349. (Fortsetzung.)
p*
Xu
November 27.
December 11.
Wiedemann, über die Bestimmung des Ohm.
(Abh.)
G. Kirchhoff, über einige Anwendungen der
Theorie der Formänderung, welche ein Körper er-
fährt, wenn er magnetisch oder dielektrisch pola-
risirt wird. (8. 2.)
Fuchs, über eine Form, in welche sich das all-
gemeine Integral einer Differentialgleichung erster
Ordnung bringen läfst, wenn dasselbe algebraisch
ist. 29l(83:33
Kronecker, über näherungsweise ganzzahlige Auf-
lösung linearer Gleichungen. (58. B.)
Sitzungen der physikalisch-mathematischen (lasse,
Januar 10. Hofmann, Beiträge zur Kenntnils der Coniingruppe.
(S. B.)
Quincke, über die Messung magnetischer Kräfte
durch hydrostatischen Druck. (8. B.)
Januar 31. Auwers, über die von Fleuriais 1867—1870 ausge-
führten Längenbestimmungen durch Mond -Culmi-
nationen und deren Bearbeitung durch das Pari-
ser Längenbüreau; nebst Bemerkungen über die
chronometrischen Längenbestimmungen Fitz Roy’s
mit der „Beagle“ 1852 —36, und eine neue Ab-
leitung der Längen von Punta Arenas und Mon-
tevideo aus den vorgenannten Bestimmungen.
von Wroblewski, Dr. S., über die Verflüssigung des
Wasserstoffs. Vorgelegt von v. Helmholtz. (S. B.)
XIII
Goldstein, Dr. E., über elektrische Leitung im Va-
cuum. Vorgelegt von v. Helmholtz. (5. B.)
Februar 14. Pringsheim, über die Sauerstoffabgahe im Spec-
trum.
Kronecker, Prof. H., und Cand. med. F. Schmey,
über das Coordinationscentrum der Herzkammer-
bewegungen. Vorgelegt von E. du Bois-Reymond.
(8. B.)
Februar 28. G. Kirchhoff, über die Formänderung, die ein fe-
ster Körper erfährt, wenn er magnetisch oder di-
elektrisch polarisirt wird. (8. B.)
Kossmann, Prof. R., Bericht über die Ergebnisse
seiner im Herbste 1883 mit Unterstützung der
Akademie nach den Balearen unternommenen For-
schungsreise zur Fortsetzung seiner Studien über
die Epicaridien. (8. 2.)
März 15. du Bois-Reymond, lebende Zitterrochen in Berlin.
(S. B.)
Wolff, Dr. J., über das Gesetz der Transformation der
inneren Architeetur der Knochen bei pathologi-
schen Veränderungen der äulseren Knochenform.
Vorgelegt von du Bois-Reymond. (58. B.)
April 3. Munk, Untersuchungen über die centralen Organe für
das Sehen und das Hören bei den Wirbelthieren.
(S. B.)
Hofmann, zur Constitution des Coniüns. (5. D.)
April 24. Roth, Beiträge zur Petrographie. II. Jüngere Eruptiv-
gesteine. (Abh.)
Studer, Prof. Th., Bearbeitung der auf der Reise S.
M. S. Gazelle gesammelten Asteriden. (Abh.)
XIV
Fritsch, Prof. G., Ergebnisse der Vergleichungen an
den elektrischen Organen der Torpedineen. Vor-
gelegt von du Bois-Reymond. (8. B.)
Mai 8. Virchow, über alte Schädel aus Assos und Cypern. (Abh.)
Kronecker, Beweis des Puiseux’schen Satzes. (8. B.)
Mai 29. Landolt, über die Verzögerung chemischer Reactionen,
speciell derjenigen, welche zwischen Jodsäure und
schwefliger Säure vor sich gehen.
Christiani, Prof. A., Zur Kenntnils der Functionen des
Grolshirns beim Kaninchen. Vorgelegt von du Bois-
Reymond. (8. 2.)
Juni 19. Kronecker, über die Composition der Systeme und
Coöfficienten linearer Transformationen. (S. 2.)
Munk, Erwiderung auf die in der letzten Olassensitzung
gelesene Mittheilung des Hrn. Christiani. (S. 2.)
Websky, über Idunium. (8. 2.)
Kundt, die elektromagnetische Drehung der Polarisa-
tionsebene des Lichtes durch Eisen, Kobalt und
Nickel. (8. 2.)
Clausius, über die zur Erklärung des zweiten Haupt-
satzes der mechanischen Wärmetheorie dienenden
mechanischen Gleichungen. (8. B.)
Juli 10. Ewald, über Rudisten und Chamaceen aus den Neo-
com-Bildungen. (8. 2.)
von Helmholtz, Studien zur Statik monocyklischer Sy-
steme. Zweite Fortsetzung. (S. 2.)
Güssfeldt, Dr. P., Bericht über seine mit Unterstützung
der Humboldt-Stiftung in den Monaten November
1882 bis März 1883 ausgeführten Reise in den
chileno -argentinischen Andes. (5. B.)
xV
Juli 24. Rammelsberg, über die essigsauren Salze des Urans.
(8. B.)
October 23. Beyrich, über neuere Beobachtungen des Herım
Prof. Georg Schweinfurth in Cairo im Westen des
Nilthals bei Cairo. (8. B.)
Kohlrausch, über die elektrische Leitungsfähigkeit
des im Vacuum destillirten Wassers. (S. B.)
Voigt, Prof. W., neue Bestimmungen der Elastici-
täts-Constanten von Stemsalz und Flufssalz. Vor-
gelegt von G. Kirchhoff. (5. 2.)
Kayser, Dr. H., über Blitzphotographien. Vorge-
legt von v. Helmholtz. (8. 2.)
November 6. Hofmann, Beiträge zur Kenntnils der Coniin-
Gruppe II. (8. B.)
November 20. Schwendener, zur Lehre der Festigkeit der Ge-
wächse. (5. 2.)
Kronecker, Die Periodensysteme von Functionen
reeller Variabeln. (5. 2.)
Behrmann, Dr. A., und Hofmann, über Ver-
wandlung der Citronensäure in Pyridinverbindun-
gen. (8. 2.)
December 4. Hofmann, noch einige Beobachtungen über das
Amidophenylmercaptan. (8. D.)
Hofmann, zur Geschichte des Phenyleyanats. (S. 2.)
Fritsch, Prof. G., über den Angelapparat des
Lophius piscatorius. Vorgelegt von du Bois-Rey-
mond. (8. 2.)
December 18. von Helmholtz, Verallgemeinerung der Sätze
über die Statik der monocyklischen Systeme.
(S. B.)
XVI
König, Dr. A., und Dr. F. Richarz, über eine
neue Methode zur Bestimmung der Gravitations-
constante. Vorgelegt von v. Helmholtz. (8. B.)
Sitzungen der philosophisch-historischen (lasse.
Januar 10. Kiepert, Gegenbemerkungen zur Abhandlung des
Hrn. Hirschfeld über Tavıum. (8. 2.)
Januar 31. Tobler, über das Buch des Ugucon da Laodho. (Abh.)
Februar 14. Wattenbach, über Hermann von Marienfeld aus
| Münster. (8. B.)
Februar 28. Schott, Etwas über neu-türkische Romantik. (S. 2.)
März 13. Dillmann, über die Regierung, insbesondere die Kir-
chenordnung des Königs Zar’a-Jacob. (Abh.)
ı" Schröder, Dr. P., über neue palmyrenische Inschrif-
ten. Vorgelegt von Dillmann. (8. B.)
April 3. Waitz, über die verschiedenen Recensionen von Otto’s
und Rahewin’s Gesta Friderici I. (8. B.)
April 24. A. Kirchhoff, über die von Thukydides benutzten
Urkunden. (5. B.)
Mai 8. Scherer, über Mars Thingsus. (S. 2.)
Imhoof-Blumer, über die Münzen der Dynastie von Per-
gamon. (AbA.)
Tobler, über die Berliner Handschrift des Huon d’Au-
weranes (8.59)
Mai 29. Droysen, Friedrich’s des Grolsen Trois lettres au public.
Scherer, über Beda und Fimmilena und ihre Beziehung
auf das Bothing und Fimelthing der Friesen. (S. 2.)
XVII
Juni 19. Zeller, über Geulincx’ Ethik und Leibniz’ Verhältnifs
zu Geulinex’ Occasionalismus. (S. B.)
Juli 10. Duncker, über den sogenannten Kimonischen Frieden.
(S. B.)
Nöldeke, altaramäische Inschriften aus Teimä in Ara-
bien. (8. B.)
Juli 24. Mommsen, über die Caesares des Aurelius Victor. (S. B.)
Mommsen, über das Verhältnils des Taeitus zu den Ac-
ten des Senats.
October 23. Schrader, die keilinschriftliche babylonische Kö-
nigsliste. (8. 2.)
November 6. Dillmann, die Kriegsthaten des Königs ’Amda-
Sion gegen die Muslim. (8. B.)
November 20. Tobler, Beiträge zur französischen Grammatik.
December 4. Wattenbach, die Translatio Alexandri et Justini.
(8. B.)
December 18. Conze, die pergamenische Bibliothek. (S. B.)
Die mit $. B. bezeichneten Vorträge sind in den Sitzungsberichten, die
mit Abk. bezeichneten in den Abhandlungen aus dem Jahre 1884 abgedruckt.
XVII
N.
Verzeichnifs der im Jahre 1884 gestellten Preisaufgaben
und ertheilten Preise.
1) Preis der Steiner’schen Stiftung.
In der öffentlichen Sitzung am Leibniz-Tage des Jahres 1882
hat die Akademie den Bestimmungen der Steiner’schen Stiftung
gemäls die folgende Preisfrage gestellt:
„Die bis jetzt zur Begründung einer rein geometrischen
Theorie der Curven und Flächen höherer Ordnung gemachten Ver-
suche sind hauptsächlich deswegen wenig befriedigend, weil man
sich dabei — ausdrücklich oder stillschweigend — auf Sätze ge-
stützt hat, welche der analytischen Geometrie entlehnt sind und
grölstentheils allgemeine Gültigkeit nur bei Annahme imaginärer
Elemente geometrischer Gebilde besitzen. Diesem Übelstande ab-
zuhelfen, gibt es, wie es scheint, nur ein Mittel: es mufs der
Begriff der einem geometrischen Gebilde angehörigen Ele-
mente dergestalt erweitert werden, dafs an die Stelle der
im Sinne der analytischen Geometrie einem Gebilde asso-
eiirten imaginären Punkte, Geraden, Ebenen wirklich exi-
stirende Elemente treten, und dals dann die gedachten
Sätze, insbesondere die auf die Anzahl der gemeinschaft-
lichen Elemente mehrerer Gebilde sich beziehenden, unbe-
dingte Geltung gewinnen und geometrisch bewiesen wer-
den können.“
„Für die Curven und Flächen zweiter Ordnung hat diels von
Staudt in seinen „Beiträgen zur Geometrie der Lage“ mit voll-
ständigem Erfolge ausgeführt. Die Akademie wünscht, dafs m
ähnlicher Weise auch das im Vorstehenden ausgesprochene allge-
XIX
meine Problem in Angriff genommen werde, und fordert die Geo-
meter auf, Arbeiten, welche dieses Problem zum Gegenstande ha-
ben und zur Erledigung desselben Beiträge von wesentlicher Be-
deutung bringen, zur Bewerbung um den im Jahre 1884 zu er-
theilenden Steiner’schen Preis einzureichen. Selbstverständlich
muls im diesen Arbeiten die Untersuchung rein geometrisch durch-
geführt werden; es ist jedoch nicht nur zulässig, sondern wird
auch ausdrücklich gewünscht, dass die erhaltenen Resultate auf
analytisch-geometrischem Wege erläutert und bestätigt werden.“
Es ist eine Bewerbungsschrift rechtzeitig (am 27. Februar
d. J.) eingegangen, welche das Motto trägt:
„Immer strebe zum Ganzen, und kannst Du selber kein Ganzes
Werden, als dienendes Glied schliels’ an ein Ganzes Dich an.“
Die Arbeit hat einen bedeutenden Umfang, soll jedoch, wie
in der Vorrede ausdrücklich bemerkt wird, die Lösung des von der
Akademie gestellten allgemeinen Problems nur anbahnen, indem
sie hauptsächlich bestimmt ist, zu zeigen, wie auf die in der ge-
nannten Staudt’schen Schrift für die Lehre von den imaginären
Elementen geometrischer Gebilde entwickelten Prineipien eine rein
geometrische, den von der Akademie gestellten Forderungen ent-
sprechende Theorie der ebenen algebraischen Curven gegrün-
det werden könne. Der Verfasser scheint aber schon früher, als er
vielleicht von der Preisfrage noch keine Kenntnils hatte, mit Un-
tersuchungen beschäftigt gewesen zu sein, die auf eine Weiterent-
wickelung der Staudt’schen Theorie hinzielten, und deren Ergeb-
nisse er dann, als er an die Ausarbeitung der vorliegenden Ab-
handlung ging, in dieselbe aufnehmen zu müssen geglaubt hat.
Dadurch würde es sich erklären, dals ein grolser Theil des in
sechs Abschnitte vertheilten Inhalts der Schrift dem eigentlichen
Gegenstande der Preisfrage ziemlich fern liegt, was namentlich von
c*
xx
dem zweiten Abschnitte gilt, der auf fast hundert Quartseiten Aus-
einandersetzungen über quaternäre Zahlen, Quaternionen, Symme-
tral-Gleichungen u. dgl. enthält, welche für die Erledigung der bei
der Theorie der algebraischen Curven hauptsächlich in Betracht
kommenden Fragen ganz überflüssig sind. Nothwendigerweise hat
aber diese Untereinandermengung heterogener Stoffe der Arbeit
sehr geschadet und die Lectüre und Beurtheilung derselben aufser-
ordentlich schwierig gemacht, indem es unmöglich ist, in ihr einen
_ einheitlichen und eonsequent durchgeführten, die einzelnen Theile
mit einander und dem Hauptthema verbindenden Gedankengang
zu erkennen. Der Verfasser würde wohlgethan haben, wenn er
nach Vorausschickung einer übersichtlichen Darstellung der Staudt’-
schen Theorie (Abschn. I) seine Untersuchung auf die (in Abschn.
IH und IV gegebene) Auseinandersetzung, wie eine Curve n-ter
Ordnung mittels projectivisch auf einander bezogenen Curvenbü-
schel (a—v)-ter und v-ter Ordnung erzeugt werden kann, und
auf die Frage nach der Anzahl der gemeinschaftlichen Punkte
zweier Curven beschränkt, diesen Theil seiner Arbeit aber, der
kaum ein Drittel des Ganzen beträgt, so vollkommen wie möglich
auszuführen sich bemüht hätte. Wäre ihm dies gelungen, so
würde die Akademie keinen Anstand genommen haben, die Arbeit
zu krönen. Aber wenn sie auch gern anerkennt, dafs der Verfas-
ser die wesentlichen Aufgaben der höheren synthetischen Geome-
trie richtig erkannt und zur Lösung derselben einen sehr beach-
tenswerthen Versuch gemacht hat, so muls sie doch aussprechen,
dals seine geometrischen Betrachtungen und Deductionen, was Ein-
fachheit, Klarheit und Strenge angeht, den Methoden der analyti-
schen Geometrie noch allzusehr nachstehen. Der Verfasser würde
ohne Zweifel diels selbst eingesehen haben, wenn er dem ausge-
sprochenen Wunsche der Akademie, dafs die Bearbeiter der Preis-
XXI
frage die erhaltenen Resultate auf analytisch-geometrischem Wege
erläutern und bestätigen möchten, hätte entsprechen wollen.
Hiernach kann die Akademie die eingereichte Bewerbungs-
schrift nicht für preiswürdig erklären, ist aber durch dieselbe doch
in der Ansicht bestärkt worden, dafs die von ihr gestellte Aufgabe
bei dem gegenwärtigen Stande der geometrischen Forschung mit
Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden könne.
Die Akademie hat daher beschlossen, die vor zwei Jahren
gestellte Steiner’sche Preisfrage in der oben reprodueirten Fassung
zu erneuern, mit der Modification jedoch, dals der am Schlusse
ausgesprochene Wunsch nunmehr als Forderung hingestellt wird.
Die ausschlielsende Frist für die Einlieferung der Bewer-
bungsschriften, welche in deutscher, lateinischer oder französischer
Sprache verfalst sein können, ist der 1. März 1886. Die Bewer-
bungsschrift ist mit einem Motto zu versehen und dieses auf dem
Äussern des versiegelten Zettels, welcher den Namen des Verfas-
sers enthält, zu wiederholen.
Die Ertheilung des Preises von 1800 Mark erfolgt in der
öffentlichen Sitzung am Leibniz-Tage des Jahres 1886.
Die Akademie hat ferner den Statuten der Steiner’schen
Stiftung gemäls den in diesem Jahre zu ertheilenden Preis Hrn.
W. Fiedler, Professor am Polytechnicum zu Zürich, für seme ver-
dienstvollen geometrischen Arbeiten zuerkannt.
2) Preis aus dem Cothenius’schen Legat.
Das Verhältnifs der grünen Theile der Pflanzen zur Atmo-
sphäre ist seit einem Jahrhundert fortgesetzt der Gegenstand eifri-
ger Untersuchung gewesen. Man weils, dals die kohlenstoffhalti-
XXI
gen Körper, welche den Leib der Organismen, der Pflanzen und
Thiere, aufbauen, von jenen Körpern herstammen, die bei der Zer-
lesung der Kohlensäure unter Assimilation ihres Kohlenstoffes im
Pflanzengewebe entstehen.
Unsere Kenntnifs der organischen Bildunssvorgänge in der
Pflanze weist hier aber noch eine Lücke auf. Wir kennen den
Körper nicht, welcher bei der Fixirung des Kohlenstoffes im Lichte
als das erste und unmittelbare Assimilationsproduct des Kohlen-
stoffes in den Pflanzen auftritt. Die mikroskopische und chemi-
sche Untersuchung der assimilirenden Pflanzengewebe hat zwar an
den Orten, wo die Assimilation stattfimdet, schon eine Anzahl gut
gekannter Körper aufgefunden, Fette, Zucker, Stärke u. s. w., die
hier nachweislich in Folge der Assimilation des Kohlenstoffes ent-
stehen und sich anhäufen, allein es ist noch unentschieden, ob
unter ihnen schon das erste Assimilationsproduct sich vorfindet
und ob sie nicht alle nur spätere Umwandlungsproducte desselben
darstellen, die im Stoffwechsel der Zelle aus dem ursprünglichen
Erzeugnils der Assimilation hervorgehen. Für keinen derselben
kann die Frage als erledigt betrachtet werden.
Ferner ist auch die Frage noch nicht entschieden, ob im
photochemischen Zerlegungsacte der Kohlensäure bei verschiedenen
Pflanzen nicht etwa verschiedene primäre Assimilationsproducte
entstehen, oder ob, wie man jetzt annimmt, unter allen Umständen
und in allen Pflanzen dasselbe gebildet wird.
Diese noch bestehende Unsicherheit in dem fundamentalen
Vorgange der Pflanzenernährung, welcher zur Organisation des
Kohlenstoffes und zur Bildung der organischen Materie führt, ver-
langt eine tiefere Zergliederung des Assimilationsvorganges der
Pflanzen im Licht, als sie bisher erreicht ist. Doch erscheint der
Gegenstand durch die vorhergegangene Forschung in den letzten
XXII
Jahren schon hinreichend geklärt und vorbereitet, um bei metho-
discher Inangriffnahme eine Lösung der wichtigen Aufgaben, die
sich hier der empirischen Untersuchung bieten, zu versprechen,
oder mindestens eine wesentliche Förderung derselben in Aussicht
zu stellen.
Die Akademie wünscht daher in dieser Richtung neue selbst-
ständige Forschungen anzuregen und stellt die Preis- Aufgabe:
Durch geeignete experimentelle und chemische Untersu-
chungen über den Assimilationsvorgang der Pflanzen im
Lichte und durch directen histologischen Nachweis in den
Pflanzengeweben das primäre Assimilationsproduct des
Kohlenstoffes in den Pflanzen aufzusuchen, dasselbe von
seinen nächsten Umbildungsproducten im Stoffwechsel der
Zelle zu unterscheiden und seine chemische Natur nachzu-
weisen.
Als Annäherung an die Lösung der Aufgabe wird es gelten,
wenn die gegenwärtigen Vorstellungen über den Assimilationsvor-
gang der Pflanzen und das primäre organische Erzeugnils desselben
durch Nachprüfung des bisher auf diesem Gebiete Geleisteten in
exact durchgeführten Beobachtungs- und Untersuchungs-Reihen eine
wesentliche und entschiedene Erweiterung oder Einschränkung fin-
den sollten.
Die ausschliefsende Frist für die Einlieferung der Bewerbungs-
schriften, welche in deutscher, lateinischer, französischer, englischer
oder italiänischer Sprache verfalst sein können, ist der 1. Januar
1887. Die Bewerbungsschrift ist mit einem Motto zu versehen und
dieses auf dem Äufsern des versiegelten Zettels, welcher den Na-
men des Verfassers enthält, zu wiederholen. Die Verkündigung
des Urtheils und event. Ertheilung des Preises von 2000 Mark er-
folgt in der öffentlichen Sitzung am Leibniz-Tage des Jahres 1887.
XXIV
3) Preis der Diez-Stiftung.
Der Vorstand hat den im laufenden Jahre zum ersten Male
zur Vergebung gelangenden Preis von 2000 Mark Hrn. Prof. Pio
Rajna in Florenz für sein Werk „Le origimi del’ epopea francese“
zuerkannt.
IM.
Verzeichnifs der im Jahre 1884 erfolgten besonderen Geld-
bewilligungen aus akademischen Mitteln zur Ausführung
oder Unterstützung wissenschaftlicher Unternehmungen.
3000 Mark dem Mitgliede der Akademie Hrn. A. Kirchhoff zur
Fortsetzung des Corpus Inscriptionum Graecarum.
3000 „ dem Mitgliede der Akademie Hrn. Mommsen zur fer-
neren Herstellung von Supplementen zum Corpus In-
scriptionum Latinarum.
1000 „ demselben zur Fortführung der Prosopographie der
‚römischen Kaiserzeit. :
5000 „ den Mitgliedern der Akademie HHın. Zeller, Bonitz,
Vahlen und Diels zur Fortsetzung der Arbeiten für
eine kritische Ausgabe der griechischen Commentato-
ren des Aristoteles.
4500 „ den Mitgliedern der Akademie HHrn. Droysen, Dun-
cker und von Sybel zur Fortsetzung der Herausgabe
der politischen Correspondenz Friedrich’s I.
XXV
1500 Mark denselben zur Fortsetzung der Herausgabe der Staats-
2700
540
1200
850
1000
600
900
2000
3000
3000
”
B2]
”
schriften aus der Regierungszeit Friedrich’s II.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Weierstrafs zur Fort-
setzung der Herausgabe der Werke Jacobi’s.
dem Mitgliede der Akademie Hrn. Weber als Beihülfe
zur Herausgabe des 17. Bandes der Indischen Studien.
dem Hrn. Professor W. Voigt in Göttingen zur Fort-
setzung seiner Untersuchungen über die physikalischen
Constanten der Metalle.
dem Hrn. Professor Chun in Königsberg i. Pr. zu Un-
tersuchungen über Siphonophoren in der zoologischen
Station zu Neapel.
dem Hrn. Dr. Berthold in Göttingen zur Fortsetzung
seiner Studien über marine Algen und Protoplasmen
ebendaselbst.
dem Hrn. J. Th. Wolff in Bonn zur Herausgabe pho-
tometrischer Fixstern-Beobachtungen.
dem Hrn. Professor Gerhardt in Eisleben zur Heraus-
gabe des ersten Bandes von Leibniz’ mathematischen
Schriften.
dem Hrn. Professor Dohrn in Neapel als weitere Un-
terstützung zur Fortführung des von der Zoologischen
Station in Neapel herausgegebenen Jahresberichts über
die Fortschritte der Zoologie.
dem Hın. Dr. Brock in Göttingen als Zuschuls zu den
Kosten einer Reise nach Malacca zu Untersuchungen
über Mollusken.
dem Hrn. Professor Schweinfurth in Cairo zu einer
geologischen Forschungsreise in der westlichen aegypti-
schen Wüste.
XXVI
750
750
5000
5000
1500
400
1000
500
Mark dem Hrn. Dr. Schimper in Bonn zu einer Reise nach
”
”
2
2”
”
”
Antibes zur Fortsetzung seiner Untersuchungen an
Alsen.
dem Hrn. Dr. med. Salomon hierselbst zur Fortsetzung
seiner Untersuchungen über Xanthinkörper.
dem Hrn. Professor Dr. Greeff m Marburg zu einer
naturwissenschaftlichen Reise nach den Guinea-Inseln.
dem Hın. Dr. Georg Volkens hierselbst für einen
einjährigen Aufenthalt in Ägypten zur Erforschung der
Vegetations -Verhältnisse der Wüstenpflanzen.
dem Hrn. Dr. Fünfstück hierselbst zu einer Unter-
suchung über die Vegetationsverhältnisse der in Deutsch-
land und Tyrol vorkommenden Flechten.
dem Hrn. Zachariä von Lingenthal im Grofskmehlen
zur Herausgabe des Theils VII seines Zus Graeco-Ro-
manuım.
der Kohlhammer’schen Verlagsbuchhandlung in Stutt-
gart, zur Herausgabe des von Dr. von Pflugk-Har-
tung in Tübingen projectirten Tafelwerks über das
päpstliche Urkundenwesen.
dem Hrn. Professor Dr. Euting in Stralsburg für die
Herstellung eines Abklatsches der grolsen von Laza-
rew entdeckten palmyrenischen Inschrift.
der G. Reimer’schen Buchhandlung hierselbst zur
Herausgabe des 2. und 3. Heftes des 5. Bandes von
Gerhard’s „Etruskischen Spiegeln“.
XXVU
IV.
Verzeichnifs der im Jahre 1834 erschienenen mit Unter-
stützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen
Werke.
Politische Correspondenz Friedrich’s des Grolsen. Bd. 12. Berlin.
Commentaria in Aristotelem graeca. Vol. XXIII. P. II. IV. The-
mistii quae fertur in Aristotelis Analyticorum priorum li-
brum X paraphrasis. Edidit M. Wallies. Anonymi in Ari-
stotelis sophisticos elenchos paraphrasis. Edidit M. Hay-
duck. Berolini.
Jacobi’s Werke. Bd. 3. Herausgegeben von Weierstrals. — Sup-
plementband. Herausgegeben von E. Lottner. Berlin.
Die Abhandlungen der Ichwän es-Safa in Auswahl. Zum ersten
Mal aus den arabischen Handschriften herausgegeben von
Fr. Dieterici. Heft 2. Leipzig.
Klunzinger, Die Fische des Rothen Meeres. Th. I. Acantopteri
veri Owen. Stuttgart.
Zachariae von Lingenthal, lus Graeco-Romanum. Pars VII. —
Epitome legum. Tit. XXIV et sequentes. Lipsiae.
Wolff, J. Th., Photometrische Beobachtungen an Fixsternen aus
den Jahren 1876—1883. Berlin.
Gerhard, Etruskische Spiegel. Bd. V. Heft 2.3. Berlin.
Targum Onkelos. Herausgegeben und erläutert von Dr. A. Ber-
liner. Theil 1. 2. Berlin.
ad*
XXVII
V.
Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe
Hr.
Hr.
des Jahres 1584.
Gewählt wurden:
zu ordentlichen Mitgliedern der physikalisch-mathematischen
Classe:
Wilhelm Waldeyer am 13. December 1883, bestätigt durch
Königliche Cabimetsordre vom 18. Februar 1884,
Lazarus Fuchs am 6. März 1884, bestätigt durch Königliche
Cabinetsordre vom 9. April 1884,
Franz Eilhard Schulze am 19. Juni 1884, bestätigt durch
Königliche Cabinetsordre vom 21. Juni 1884;
zu ordentlichen Mitgliedern der philosophisch-historischen
UOlasse:
. Wilhelm Scherer,
Alfred Pernice,
Heinrich Brunner,
Johannes Schmidt
am 6. März 1884, bestätigt durch Königliche Cabinetsordre
vom 9. April 1884;
zum auswärtigen Mitgliede der physikalisch-mathematischen
Classe:
Charles Hermite in Paris, bisher correspondirendes Mitglied,
am 25. October 1883, bestätigt durch Königliche Cabinetsordre
vom 2. Januar 1884;
Hr.
XXIX
zu correspondirenden Mitgliedern der physikalisch-mathe-
matischen COlasse:
. Adolf Baeyer in München am 17. Januar 1884,
Carl Gegenbaur in Heidelberg am 17. Januar 1884,
Rudolf Heidenhain in Breslau am 17. Januar 1884,
Joh. Wilh. Hittorf in Münster am 31. Juli 1884,
Friedrich Kohlrausch in Würzburg am 31. Juli 1884;
zu Correspondenten der philosophisch-historischen Classe:
'. Paul Foucart in Athen am 24. Juli 1884,
Georges Perrot in Paris am 24. Juli 1884.
Gestorben sind:
das ordentliche Mitglied der physikalisch - mathematischen
Classe:
Gotthilf Hagen am 3. Februar 1884;
die ordentlichen Mitglieder der philosophisch - historischen
Classe:
. Karl Müllenhoff am 19. Februar 1884,
Johann Gustav Droysen am 19. Juni 1884,
Richard Lepsius am 10. Juli 1884;
die auswärtigen Mitglieder:
'. Jean-Baptiste Dumas in Paris am 11. April 1884,
Adolphe Würtz in Paris am 12. Mai 1884;
das Ehrenmitglied:
. Julius Friedlaender in Berlin am 14. April 1884;
XXX
die correspondirenden Mitglieder der physikalisch - mathe-
matischen Classe:
Hr. Hermann Schlegel in Leiden am 17. Januar 1884,
Heinrich Robert Göppert in Breslau am 18. Mai 1834,
George Bentham in London am 10. September 1884;
die correspondirenden Mitglieder der philosophisch-histori-
schen Classe:
Hr. Elias Lönnrot im Helsingfors am 19. März 1884,
Adolphe Regnier in Paris am 20. October 1884.
Hr. Wilhelm Dindorf in Leipzig, correspondirendes Mitglied der
philos.-histor. Classe starb am 1. August 1883.
XXXI
Verzeichnifs
der
Mitglieder der Akademie der Wissenschaften
am Schlusse des Jahres 1884.
I. Beständige Secretare.
Hr. du Bois-Reymond, Secr. der phys.-math. Classe.
- Curtius, Secr. der phil.-hist. Classe.
- Mommsen, Secr. der phil.-hist. Classe.
- Auwers, Secr. der phys.-math. Classe.
II. Ordentliche Mitglieder
der physikalisch-mathematischen der philosophisch-historischen Datum der Königlichen
Classe. Classe. Bestätigung.
m oo me
Hr. Leopold v. Ranke . . . 1832 Febr. 13.
- Wilhelm Schtt . . . . 1841 März 9.
Hr. Emil du Bois-Reymond . ..» 2.2... 1851 März 5.
- Heinrich Kiepert . . . . 1853 Juli 25.
- „Hompleasi, Beyrich, . au ni ne 8 0. 1855 Aug. 15.
a Tal AVERIEBBBELREENNN ea ar ee re 1853. Aug. 19.
- Karl Friedr. Rammelsberg -. - » » >». 2 222... .1855 Aug. 15.
SurErnst: Pduordi Rummen 22 2 ne a ucheium LBS DEczHl0:
ar Werra Een are... JdsabruNev. 19.
- Albrecht Weber . . . . 1857 Aug. 24.
- Theodor Mommsen . . . 1858 April 27.
- Adolf Kirchof . . -. . 1860 März 7.
XXXI
der physikalisch-mathematischen der philosophisch-historischen Datum der Königlichen
Classe. Classe. Bestätigung.
ka m
——————:
I ee. an Dlela0l KOENNEN 2%
Hr. Ernst Curüus -. . . » . 1862 März 3.
- Aug. Wilh. Hofmann » ». 2.0. 1865 Mai 27.
-. AnthurAunvers: We ee ee ae.
ss RO 5 rn us MRRKBRRALERDEN EEE - . . anaoc. Amprıl 22:
- Hermann Boniütz . . . . 1867 Dee. 27.
- Nothanaell Pringsheim . 2. N. 2. nm nen: 1868 Aug. 17.
ern
Hr. Leopold Kronecker
- ‚Gustav\RoberelKirchhof 1). DALE.) „U1STONMErZF1 9.
- Hermann von Helmholtz . . ee 2 1870 une
- Bduard Zeller . » » . . 1872 Dee. 9.
- Max Duncker . . . . . 1873 Mai 1A.
I ener)Stamensı ern elle a. D)e cr 2222
- Rudolph Virchow . I N 1 een STB Dec: 1224
- Johannes Vahlen . . . . 1874 Dec. 16.
-, Georg, Waitz =... ‚1805, April 3.
U ET RE La 0 EEE OR TENE DZ
- Eberhard Schradee . . . 1875 Juni 14.
- Heinrich von Sybel . . . 1875 Dee. 20.
- August Dillmann. . . . 1877 März 28.
- Alexander Oonze . . . . 1877 April 23.
Son Schwendener eo ale
der mann Mine ES Marzzall):
- August Wilhelm Eichler TR, MEDIRSEETERRND ec 211880. Märzul0!
= Adoli; oblen 2 2 2.0.2, 18812 Aus:
- Martin Websky
- Wilhelm Wattenbach . . 1881 Aug. 15.
- Hermann Diels . . . . 1881 Aug. 19.
BErHens Mandoltirr en.. .mCMNDRN. SW. AENDDESRERBE En 188 AmED:
- Wilhelm Waldeyer 5 NISWERERHNKSRNE URN 3.6 te een ee SS WRlebr. ker
= Wilhelm Scherer . . . . 1884 April 9.
- Alfred Pernice . . . . 1884 April 9.
- Heinrich Brumer. . . . 1884 April 9.
- Johannes Schmidt. . . . 1884 April 9.
u gas AHRENS ee. 1 SSApelpeled.
-Pranz' Eilhard Schulze. . . 2... 2 Er. RW 1S3rlunı 21-
III. Auswärtige Mitglieder
der physikalisch-mathematischen Classe.
Hr.
Sir
Eben
Franz Neumann in Königs-
berg .
Robert Wilhelm Bolten! in
Heidelberg
Wilhelm Weber in Göttingen .
Hermann Kopp in Heidel-
berg . a PR:
Richard Owen ın London
George Biddell Airy in
Greenwich .
Charles Hermite in Paris
Hr.
der philosophisch-historischen Classe.
Sir Henry Rawlinson in
London
Franz Ritter v. Miklosich
in Wien .
Lebrecht Fleischer ın
Leipzig .
Giovanni Battista de Rossi
in Rom .
August Friedrich Pott i in
Halle a. S..
XXXII
Datum der Königl.
Bestätigung.
1850 Mai 18.
1858 Aug. 18.
1862 März 3.
1862 März 24.
1863 Juli 11.
1874 April 20.
1874 Mai 13.
1875 Juli 9.
1877 Aug. 17.
1878 Dee. 2.
1879 Febr. 8.
1884 Jan. 2.
XXXIV
IV. Ehren-Mitglieder.
Datum der Königlichen
Bestätigung.
Hr. Peter von Tschichatschef in Florenz . . . . . .1853 Aug. 22.
- Graf Helmuth v. Moltke in Berlin . . . . . 1860 Juni 2.
Don Baldassare Boncompagni m Rom . . . . . . 1862 Juli 21.
Hr. Johann Jakob Baeyer in Berlin... . ... 1865 Mai 27.
- Georg Hanssen in Göttingen. . . . ........1869 April 1.
- Carl Johann Malmsten in Upsala. . . . . . 1880 Dee. 15.
S. M. Dom Pedro, Kaiser von Brasilien . . . . 1832 Oct. 18.
Earl of Crawford and Balcarres in Dunecht, Aheidein 1883 Juli 30.
Hr.
V. Correspondirende Mitglieder.
Physikalisch-mathematische Classe.
Hermann Abich in Wien
Adolf Baeyer in München .
Anton de Bary in Stralsburg
Eugenio Beltrami in Pavia .
P. J. van Beneden in Löwen
Enrico Betti ın Pisa
Jean-Baptiste Boussingault in Bafis -
Francesco Brioschi in Mailand
Ole Jacob Broch in Christiania .
Ernst von Brücke ın Wien . lat
Hermann Burmeister in Buenos Ayres .
Auguste Cahours in Paris
Alphonse de Candolle in Genf
Arthur Cayley in Cambridge .
Michel- Eugene Chevreul in Paris
Elvin Bruno Christofel in Stralsburg
Rudolph Clausius in Bonn . .
James Dana ın New Haven .
Ernst Heinrich Karl von Dechen ın Benni 4
Richard Dedekind in Braunschweig
Franz Cornelius Donders in Utrecht .
Henri Milne Edwards ın Paris .
Gustav Theodor Fechner in Leipzig .
Lowis-Hippolyte Fizeau in Paris .
Edward Frankland in London .
Carl Gegenbaur in Heidelberg
Datum der Wahl.
XXXV
1858
1884
1878
1881
1855
1881
1856
1881
1876
1854
1874
1867
1874
1866
1834
1868
1876
1855
1842
1880
1873
1847
1841
1863
1875
1884
Oct. 14.
Jan. 17.
Dee. 12.
Jan. 6.
Juli 26.
Jan. 6.
April 24.
Jan. 6.
Febr. 3
April 27.
April 16.
Dee. 19.
April 16.
Juli 26.
Juni 5.
April 2.
März 30.
Juli 26.
Febr. 3
März 11.
April 3.
April 15.
März 25.
Aug. 6.
Nov. 18.
Jan. 17.
e*
XXXVI
". Benjamin Apthorp Gould in Cordoba, R. A.
Asa Gray in Cambridge, N. America
Franz von Hauer ın Wien .
Rudolf Heidenhain ın Breslau.
Friedrich Gustav Jacob Henle ın Göttingen g
Johann Wilhelm Hittorf ın Münster .
Joseph Dalton Hooker in Kew
r. Thomas Huxley in London
Joseph Hyrtl in Wien
August Kekule in Bonn .
Theodor Kjerulf in Christiania
Albert von Kölliker in Würzburg .
Friedrich Kohlrausch in Würzburg
August Kundt in Stralsburg .
Rudolph Lipschitz ın Bonn. 5
Sven Ludvig Loven in Stockholm .
Karl Ludwig in Leipzig
Charles Marignae in Genf .
Gerardus Johannes Mulder in Bennekom bei Wa.
geningen . N
Karl Nägeli in kereahem
Simon Newcomb in Washington .
Eduard Pflüger in Bonn
Friedrich August von Quensiedt in Tübingen.
Georg Quwincke in Heidelberg
Gerhard vom Rath in Bonn i
Ferdinand von Richthofen in Leipzig .
Ferdinand Römer in Breslau .
Georg Rosenhain in Königsberg .
George Salmon in Dublin .
Arcangelo Scacchi in Neapel .
Ernst Christian Julius Schering in Göttingen
Giovanni Virginio Schiaparelli in Mailand
Ludwig Schläjli ın Bern.
Heinrich Schröter in Breslau .
Philipp Ludwig Seidel in München
Karl Theodor Ernst von Siebold in München
Japetus Steenstrup in Kopenhagen .
Datum der Wahl.
1883
1855
1881
1884
1873
1854
1854
1865
1857
1875
1881
1875
1884
1879
1872
1875
1864
1865
1845
1874
1883
1873
1868
1879
1871
1881
1869
1859
1873
1872
1875
1879
1873
1881
1363
1841
1859
Juni 7.
Juli 26
März 3.
Jan. 17.
April 3.
Juli 31.
Juni 1.
Aug. 3.
Jan. 15.
Nov. 18.
März 3.
April 3.
Juli 31.
März 13.
April 18.
Juli 8
Oct. 27.
März 30.
Jan. 23.
April 16.
Juni 7.
April 3.
April 2.
März 13.
Juli 13.
März 3.
Juni 3.
Ausg. 11.
Juni 12.
Apnil 18.
Juli 8.
Oct. 23.
Juni 12.
Jan. 6.
Juli 16.
März 15.
Juli 11.
Hr.
XXXVI
Datum der Wahl.
George Gabriel Stokes in BE ut ee SID
Otto Struve mn Pulkowa. . . . we 22.018080 Ancılar,
Bernhard Studer n Ben . . . .......1845 Jan. 13
James Joseph Sylvester in London. . . . . - 1866 Juli 26.
William Thomson in Glasgow . . . . . . . 1871 Juli 13.
. August Töpler in Dresden. . . . nu 1809 März 15.
Pajnuti; Tschebyschew in St. Be elle Ani
Gustav Tschermak inWien - - -» .: ..... 1881 März 3.
Louis-Rene Tulasne in Paris. -. . . . -. . . 1869 April 29.
Gustav Wiedemann in Leipzig . . » » » . . 1879 März 13.
Heinrich Wild in St. Petersburg . . - . . 41881. Jan. 6.
Alexander William Williamson ın a ae 2, 1875, Now, 18-
August Winnecke in Stralsbug . . . . . . 18% Oct. 23.
Philosophisch-historische Classe.
Hr. Theodor Aufrecht n Bom . . ».. 2.2... 1864 Febr. 11.
- George Baneroft in Washington . . 1845 Febr. 27
- ‚1 Samusl Biröh in, London .... .. .. Ioperk si „m185lV Apnilı10.
- Otto Boehtlingk in Jena. . . rn et Maid.
- Heinrich Brugsch in ikenbure er Tee
- ‘Heinrich Brunn in München . 2... ... . 1866 Juli 26.
> lBraneıBüchöler in. Bonn... .. ... .. ihnen]. ei m1882. Jamzvls.
“I Georg Bühler n Wien . .. „were. 1878 April 11.
- Giuseppe Canale in Gemuma .. 0.0. 1862 März 13.
- Antonio Maria Ceriani in Mailand . . » . . 1869 Nov. 4.
Alexander Cunningham nm Tiondon .».. - aratt al W187 uni.
Georg Curtius in Leipzig . - - : » =... 1869 Nov. 4
Leopold Delisle in Prs ... 0. 1867 April 11.
Wilhelm Dittenberger m Halle. . . 2... - 1882 Juni 15.
Ernst Dümmler in Halle .. .. .. .. .. .. #m.0:1882 März 30.
Emile Egger in Paris... . . . 2.00. 1867 April 11.
Petros Eustratiades in Athen. . . . x... 1870 Nov. 3.
Giuseppe Fioreli mn Rom . . 0. 1865 Jan. 12.
ProlllRoucart in. Alben u. mind Juli 24.
XXXVIOI
Datum der Wahl.
Hr. Karl Immanuel Gerhardt in Eisleben . . . . 1861 Jan. 31.
- Wilhelm von Giesebrecht m München . . . . 1859 Juni 30.
- Konrad Gislason in Kopenhagen . . . . 1854 März 2.
- Aureliano Fernandez Guerra y Orbe ın Madrid . 1861 Mai 30.
- Graf Giambattista Carlo Griuliari mn Verona . 1867 April 11.
- Friedrich Wilh. Karl Hegel in Erlangen . . . 1876 April 6.
mal, Heitz, ın sStralsbursgn 2. 0.2.0... Sa.
- Wilhelm Henzen in Rom .. RED nt I:
- Broer Emil Hildebrand in Snahon ee 27
- Paul Hunfaloy m Pesth. . . . Derlsda, Febr:
- Friedrich Imhoof- Blumer ın enseihers un
- Vatroslav Jagie in St. Petersburg. . . . . . 1880 Dec. 16.
- Willem Jonckbloet in Wiesbaden . . . . . . 1864 Febr. 11.
SHeinmch Keil m Haller Eeeeelumale:
- Franz Kielhorn in Göttingen. . ». » . . ... 1880 Dec. 16.
- Ulrich Koehler in Athen . . . aaa Ad. No &
- Sigismund Wilhelm Koelle in Tender. or Na en 110)
- Stephanos Kumanudes in Athen . . . . . .. 1870 Nov. 3.
- Konrad Leemans in Leiden . . . ...... 1844 Mai 9.
- Giacomo Lumbroso in Pısa . . . ER HNSTATENOVE 3:
- Johann Nicolas Madvig ın Kopenkaesuh „2... 1836 Juni 23.
- Giuho Minervini ın Neapel . . . ..... . 1852 Juni 17.
- Ludvig Müller in Kopenhagen . . . . . . .. 1866 Juli 26.
- Max Müller in Oxford . . . 2» 2.2.2. 0..1865 Jan. 12.
- August Nauck in St. Petersburg . . . . . . 1861 Mai 30.
- Charles Newton n London . . .» .» ...... 1861 Jan. 31.
- Theodor Nöldeke in Stralsburg . . . . . . . 1878 Febr. 14.
= Julius Opperii in Paris... 2.202 662 ME 3.
= M@aston: Pos) mW Bari Er Eee prill20.
- . Georges Perrot in Paris. . 2..2.2...2......1884 Juli 24.
- Karl von Prantl n München . . . ......1874 Febr. 12.
- Rizo Rangabe in Berlm . . . . ... 2... 1851 April 10.
- Felix Ravaisson n Paris . . . . 2.2... 1847 Juni 10.
Se Brnest Renonlın. Paris rar reunl.:
- Leon Renier in Paris . . . . . 1859 Juni 30.
- Alfred von Reumont in Börtacheid ei Nahen 1854 Juni 15.
- Georg‘ Rosen in Detmold . . ... .. 0. .ı „ul838 "März 25.
- Rudolph Roth in Tübingen . . . . ........ 1861 Jan. 31.
Hr.
Eugene de Roziere in Paris
Hermann Sauppe in Göttingen .
Theodor Sickel in Wien .
Friedrich Spiegel in Erlangen .
Aloys Sprenger in Heidelberg
Adolf Friedrich Stenzler in Breslau
Ludolf Stephani in St. Petersburg
William Stubbs in Chester. 5
Theodore Hersant de la Villemarqud in aasenle
Louis Vivien de Saint- Martin m Paris
Matthias de Vries in Leiden .
William Waddington in Paris
Natalis de Wailly in Paris
Friedrich Wieseler in Göttingen .
William Dwight Whitney in New En
Jean-Joseph-Marie- Antoine de Witte in Paris.
William Wright in Cambridge
Ferdinand Wüstenfeld in Göttingen i
K. E. Zachariae von Lingenthal in lebnchlen
AXXIX
Datum der Wahl.
1864
Febr. 11.
1861. Jan alE
1876 April 6.
1862 März 13.
1858 März 25
1866 Febr. 15.
187598 ung 1%.
1882 März 30.
1851 April 10.
1867 April 11.
1861 Jan. 31.
1866 Febr. 15.
1858 März 25.
1879 Febr. 27
1873 Febr. 13.
1845 Febr. 27
1868 Nov. 5.
1879 Febr. 27
1866 Juli 26
LA 7)
u ee N
Satin paalioh ae
Er v h
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoft.
Von
H'* SCHERER.
Gedächtnifsreden 1854. 1. 1
Gelesen am Leibniz’schen Jahrestage den 3. Juli 1884.
ae 19. Februar 1884 ist Karl Müllenhoff für immer aus un-
serem Kreise geschieden; und wenn ich heut über ihn spreche, so geschieht
es wie an einem frischen Grabe: ich kann nur versuchen, in leichtem Um-
rıls anzudeuten, was die Wissenschaft an ihm verloren.
Müllenhoff trat in diese Akademie vor zwanzig Jahren, als Ja-
cob Grimm ihr eben entrissen war; und unter allen Fachgenossen hat
keiner das Werk Jacob Grimms mit solcher Energie fortgesetzt, wie er.
Früh wählte er sich eine grofse Aufgabe; unerschütterlich hielt er daran
fest; und beinahe bis zum letzten Athemzuge hat er darin gelebt: er
wollte eine deutsche Alterthumskunde schreiben. Er wollte den Ursprung
unseres Volkes erforschen, die heidnischen Germanen schildern und das
deutsche Heidenthum in seiner Wirkung auf die späteren Zeiten verfolgen.
Alle wissenschaftlichen Arbeiten Müllenhoff’s stehen mit wenigen Aus-
nahmen zu diesem Plan in Beziehung und dürfen als Vorarbeiten dazu
angesehen werden. Von dem Buche freilich, dem er den Titel „deutsche
Alterthumskunde* gab und das die Resultate lebenslänglichen Strebens
zusammenfassen sollte, hat er nur den ersten Band sowie 22 Bogen des
fünften noch selbst in den Druck gegeben und den zweiten Band nahezu,
den dritten zum geringen Theil druckfertig hinterlassen. Aber es wird
auf Grund seiner Vorlesungen, einiger handschriftlicher Aufzeichnungen
1
4 SCHERER:
und seiner gedruckten Schriften, wenn man nur allen darin enthaltenen
Andeutungen sorgfältig nachgeht, im ganzen und grolsen wohl möglich
sein, entweder das Bild des Werkes, wie es sich seinem Geiste zuletzt
ungefähr dargestellt haben mufls, annähernd wieder zusammenzusetzen
oder, was seinem eigenen Willen besser entsprechen würde, es auf Grund
seiner Vorarbeiten und in seinem Sinne, aber mit selbständiger Ausfüh-
rung zu vollenden.
Ethnographische Erörterungen machen den Anfang, für welche
Kaspar Zeufs in seinem Buche „die Deutschen und ihre Nachbarstämme“
einen vortrefflichen Grund gelegt hatte. Aber Müllenhoff suchte den
von ihm hoch verehrten Vorgänger in allen Puncten zu übertreffen, in-
dem er an den überlieferten Nachrichten strengere Kritik übte und die
Probleme vertiefte. Die Frage nach dem allmählichen Bekanntwerden
der Germanen glaubte er nur beantworten zu können, wenn er in die
Geschichte der Erdkunde bei den Alten eingedrungen wäre. Die Frage
nach dem Verhältnisse der Deutschen zu ihren Nachbarstämmen verwan-
delte sich ihm in die Frage nach der Art und Weise, wie Europa bevöl-
kert worden oder wenigstens wie dıe Völker arischen Stammes in Europa
ihre Sitze eingenommen hätten.
Im ersten Bande der Alterthumskunde setzte er auseinander, wie
das Zinn und der Bernstein frühzeitig die Seefahrer aus dem Mittelmeer
in den Nordwesten unseres Welttheils lockten und wie dann auf ihrem
Wege einem Griechen des vierten Jahrhunderts vor Christus, dem Pytheas
von Marseille, die wissenschaftliche Entdeckung Brittanniens und zugleich
die Entdeckung der Nordseeküste jenseits des Rheins mit einer deutschen
Bevölkerung gelang. Die Persönlichkeit des Pytheas bekam eine unge-
ahnte Klarheit: der Entdecker der Germanen war nach Müllenhoff der
erste Gelehrte, welcher daran dachte, die Astronomie auf die Geographie
anzuwenden; er war der erste, der die Polhöhe eines Ortes, die Polhöhe
seiner Vaterstadt, zu bestimmen suchte; und seine Fahrt nach dem euro-
päischen Nordwesten „war eine wissenschaftliche Erforschungs- und Ent-
deckungsreise, die er zunächst unternahm, um das wunderbare grolse
Phänomen der Steigung des Pols und der Neigung des Kosmos gemäls
der Veränderung des Horizontes nach Norden hin mit eigenen Augen zu
verfolgen und zugleich die Ausdehnung unseres Welttheils und die Zu-
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoff. 5
gänglichkeit seiner Länder zu erkunden.“ Müllenhoff glaubte aber spä-
ter, wie er brieflich äufserte, Ein Moment nicht richtig und hinlänglich
hervorgehoben zu haben. „Wollte nemlich“, schrieb er mir, „Pytheas
die Steigung des Pols verfolgen, so wollte er sich ohne Zweifel durch die
eigene Anschauung von der Kugelgestalt der Erde überzeugen, und
seine Reise setzt dieses Theorem voraus.“
Der zweite Band zerfällt wie der erste in zwei Bücher, das eine
betitelt „Die Nord- und Östnachbarn der Germanen“, das andere „die
Gallier und Germanen“. Es handelte sich um die frühesten nachweisba-
ren Grenzen Germaniens, und das Resultat sollte sein, dafs das Gebiet
der Oder und der Elbe unterhalb des Gebirges die älteste und eigentliche
Heimat unserer Ahnen gewesen sei. In den Zusammenhang dieser Erör-
terungen gehört Müllenhoff’s letzte akademische Abhandlung „über den
südöstlichen Winkel des alten Germaniens“, deren Resultate er übrigens
in einem Hauptpuncte mündlich mir gegenüber zurücknahm. In demsel-
ben Zusammenhange ward er zu einer genauen Erläuterung des dritten
Capitels von Jordanes’ Getica geführt, worin er eine vermuthlich von dem
Herulerkönig Rodwulf herrührende in sich wohlzusammenhängende Be-
schreibung Scandinaviens aus der Zeit um 500 nach Christus erkannte:
eine Entdeckung, deren wesentliche Ergebnisse er in Hrn. Mommsen’s
Ausgabe des Jordanes eintrug. Ebenso konnte ich aus seinen Untersu-
chungen über die Westgrenze vor Jahren schon die schöne und vergleichs-
weise sichere Beobachtung veröffentlichen, dafs der alte Keltenboden in
Deutschland durch die Flufsnamen auf apa oder afa charakterisirt ist.
Der dritte Band der Alterthumskunde sollte nach Müllenhoff’s
Absicht „aus der Stellung und dem sprachlichen Verhältnis der ältesten,
historisch bekannten Völker des mittleren Europa’s in dem Striche von
den Pyrenäen bis zum Kaukasus den Beweis führen, dafs die Väter der
Germanen nicht später jenen Wohnsitz (an der Oder und Elbe) einge-
nommen haben können, als die urverwandten Stämme der Italiker und
der Griechen ihre Sitze in Italien und Griechenland“. Der Band sollte
weiter „auf Grund der Nachrichten der Römer und Griechen die Aus-
breitung und Verzweigung der Germanen um den Anfang unserer Zeit-
rechnung darlegen“. Hier griff Müllenhoff’s Artikel über die Geten
von 1857, hier griffen seine akademischen Vorträge über das Sarmatien
6 SCHERER:
des Ptolemäus und über die Abkunft und Sprache der pontischen Skythen
und Sarmaten, hier griffen seine Untersuchungen über die römische Welt-
karte und sein Anhang zu Hrn. Mommsen’s akademischer Abhandlung
über das um 297 aufgesetzte Verzeichnils der römischen Provinzen, hier
griff endlich seine Quellensammlung „Germania antiqua“ ein. Er wollte nach-
weisen, dafs das Verhältnils der europäischen Sprachen unter einander der
geographischen Stellung entspreche, welche die Völker in unserem Welt-
theile einnehmen. Dieser Stellung, meinte er, müsse auch die Ordnung
des Zuges entsprochen haben, in der die europäischen Arier einmal von
Osten her einrückten. Die Ahnen der Kelten an der Spitze, hinter ihnen
neben einander die Uritaliker und Urgermanen, hinter jenen die Urhellenen,
hinter diesen (den Urgermanen) die Littauer und Slawen als ein zweige-
theilter Haufe. Die Trennung der Germanen von den Italikern müsse am
Fufse der Karpathen, nicht innerhalb des Gebirges erfolgt sein, und
die Urgermanen mülsten von da aus auf dem nördlichen Wege, um das
Gebirge herum, das wilde, wald- und wasserreiche Gebiet an der Elbe
und Oder erreicht haben, das so recht eigentlich erst ihre Geburtsstätte
werden sollte, wo sie zu einem eigenen und nur sich selbst ähnlichen
Volk erwuchsen.
Diesen Bildungsprocefs der Nation verfolgte er an der Hand der
Sprache, indem er die Lautverschiebung aus dem harten verzweifelten
Kampfe des Volkes mit einer lieblosen Natur und das germanische Accent-
gesetz aus der einseitig kriegerischen Charakterbildung, mit der die Ger-
manen in die Geschichte eintraten, zu erklären suchte. Die Germanen schieden
sich nach ihm in Ost- und Westgermanen. Zu den Östgermanen gehörte der
vandilisch-sothische Stamm und die Scandinavier; zu den Westgermanen
die übrigen Völker, die Ahnen der Deutschen, Niederländer und Engländer,
welche schon in der von Tacitus überlieferten Genealogie der Söhne des
Tuisto als ein unter sich näher zusammenhängendes Ganze erscheinen.
Die genaue Untersuchung dieser Genealogie führte unseren verewigten
Collegen zu wichtigen Beobachtungen, welche einen Grund- und Eckstein
seiner gesammten Ansicht des germanischen Alterthums ausmachten, aber
erst im fünften und sechsten Bande seines grolsen Werkes sich völlig ent-
falten sollten.
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoff: 7
Der vierte Band zunächst mufste den Zustand der Germanen,
welchen die Nachrichten der Alten vor Augen stellen, innerhalb der welt-
lichen Sphäre, in Staat und Recht, in Wirthschaft und Sitte darlegen und
die gleichzeitigen Berichte fremder Beobachter aus der einheimischen Über-
lieferung, aus den späteren Verhältnissen erläutern und ergänzen. Schöne
Muster für dieses Verfahren stellte er in der mit Hrn. v. Liliencron ge-
meinsam verfalsten Schrift zur Runenlehre und in der Abhandlung über
den Schwerttanz auf. In jener suchte er die frühe Existenz der Runen
und ihren Gebrauch bei der von Tacitus geschilderten Prophezeiung durch
das Loos nachzuweisen und vertrat beiläufig den wichtigen Satz, dals die
germanischen Personennamen die sicherste Quelle seien, aus der wir die
Lebensideale unserer Vorfahren entnehmen können. In dieser zeigte er
die Fortdauer des von Tacitus beschriebenen Schwerttanzes in zahlreichen
jüngeren Zeugnissen auf und gewann zugleich ein genaueres Bild dieses
kriegerischen Spieles, als es der Tacıteische Bericht für sich allein gewähren
würde. Die ganze unsterbliche Schrift des Tacitus wulste er so lebendig zu
machen. Vielfach berührte er sich hierbei mit Hrn. Waitz’ deutscher
Verfassungsgeschichte; und mit einem Aufsatz über die deutschen Wörter
der Lex salica hat er sich selbst an diesem gelehrten Werke oder wenig-
stens an einer Beilage desselben betheilist. Wenn auch Recht und Ver-
fassung ihn nicht in erster Linie anzogen, so glaubte er doch gefunden
zu haben, dafs die germanische Urverfassung mit der römischen und kel-
tischen identisch gewesen sei, und er vermehrte sonst unsere Kenntnis
durch manche glücklich bemerkte Einzelheiten. Aber sein eigenstes Ge-
biet, an dem er mit ganzer Seele hing, betrat er, wo irgend germanische
Poesie in Frage kam. Er achtete auf die ältesten Spuren der Allitteration.
Er erörterte in wesentlicher Übereinstimmung mit seinem Lehrer Lach-
mann die Urform des germanischen Verses in der Abhandlung De car-
mine Wessofontano. Er stellte in einer anderen lateinisch geschriebenen
Untersuchung De antiquissima Germanorum poesi chorica fest, dals die
älteste germanische Poesie im wesentlichen strophischer Chorgesang ge-
wesen und die Keime der epischen, der Iyrischen und der dramatischen
Dichtung, unentwickelt, aber entwickelungsfähig, in sich enthalten habe.
Er zeigte, wie hieraus eine gemischte Form, Prosa mit eingefügten Versen,
8 SCHERER:
und zuletzt das Epos mit fortlaufenden, nicht strophisch gegliederten
Langzeilen hervorging.
Der Inhalt der ursprünglichen Chorpoesie aber war mythologisch;
der Inhalt des Epos war halb mythisch, halb historisch. Dort haben wir
es mit den germanischen Göttern, hier mit den deutschen Heroen zu thun.
Dort galt es, sich mit Jacob Grimm’s „Deutscher Mythologie“; hier
galt es, sich mit Wilhelm Grimm’s „Deutscher Heldensage“ auseinan-
derzusetzen. Die Religion sollte im fünften, die Heldensage im sechs-
ten Bande der deutschen Alterthumskunde abgehandelt werden.
Zu den wichtigsten Quellen der altgermanischen Mythologie gehö-
ren die altnordischen Überlieferungen heidnischen Inhaltes, wie sie haupt-
sächlich in der älteren und jüngeren Edda vorliegen. Ihnen hat Müllen-
hoff jahrelange, tief eindringende Untersuchungen gewidmet und einen
Theil derselben in dem, was vom fünften Bande der Alterthumskunde ge-
druckt ist, ausgearbeitet. Im weiteren Verfolge wäre dann eine Entdeckung
zur Sprache gekommen, die er zum Theil schon 1847 in dem Aufsatz
über Tuisco und seine Nachkommen vortrug, die er später unablässig
ausbildete und welche nach der Seite der Ethnographie, der Verfassung,
der politischen Geschichte, der Religions- und Litteraturgeschichte ein
gleich helles Licht verbreitete. Ich habe schon vorhin darauf hinge-
deutet.
Die Existenz von vier urgermanischen Stämmen, zu denen der
scandinavische als fünfter kommt, steht durch die Zeugnisse der Alten
unzweifelhaft fest. Müllenhoff war in wesentlicher Übereinstimmung
mit Hrn. Waitz der Ansicht, dafs wır die Istävoneu in den späteren Fran-
ken, die Ingävonen in den Eroberern Englands und ihren deutschen Ver-
wandten, die Herminonen theils in den Thüringern und Hessen, theils in
den Alemannen wiederfinden dürfen, und dafs in den Baiern sich vandi-
lisch-gothische Elemente, wenn auch nicht unvermischt, erhalten haben.
Uralte Scheidungen also leben in diesen noch heute kräftigen und für
unser Öffentliches Leben nicht gleichgiltigen Stammesverhältnissen fort.
Von welcher Art aber waren die Stämme zur Zeit des Plinius und Ta-
eitus? Was hielt die Völker zusammen, die sich zu Einem Stamme rech-
neten? Müllenhoff antwortete: die Religion, ein gemeinsamer Cultus.
Sie verehrten eine Stammesgottheit, von der sie abzustammen glaubten
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoff. 9
"und deren Heiligthum sie von Zeit zu Zeit an grolsen Festtagen in Mas-
sen aufsuchten. Müllenhoff aber ging weiter. Er sagte: wir brauchen
die Stammeulte nicht blos vorauszusetzen; wir haben von allen vier
Stammeulten deutliche Berichte. Die Göttin Nerthus hielt die Ingävonen
zusammen; der Cultus der Tanfana vereinigte die Istävonen; ein Gott, der
sich leicht als der Kriegsgott zu erkennen gibt und dessen Heilisthum im
Gebiete der Semnonen lag, war der Stammgott der Herminonen; und die
germanischen Dioskuren, von denen Tacitus berichtet, gaben den Mittel-
punet für die vandilisch-gothischen Völkerschaften her. Aber damit nicht
genug! Müllenhoff wulste wahrscheinlich zu machen, dafs uns auch
die Mythen, die sich an jene Gottheiten knüpften, noch erhalten seien.
Insoferne die Stammgottheiten auch Stammväter oder Stammmütter sind
und genealogisch an der Spitze der sie verehrenden Stämme stehen, in-
sofern insbesondere das Priester- oder auch spätere Königsgeschlecht, das
ihrem Cultus vorstand, seinen Ursprung in gerader Linie von ihnen her-
leitete, insoferne traten entweder sie selbst oder mythologische Personen,
die sich von ihnen abtrennten, aus der Reihe der Götter in die Zahl der
Heroen über, und an solchen Helden haftet dann der Mythus in nach und
nach immer menschlicherer Gestalt ohne Bewulstsein der alten Bedeutung.
So ist nach Müllenhoff Siegfried und sein Mythus aus der Stammesreligion
der Istävonen oder Franken in die Nibelungensage aufgenommen worden.
So lebt der ingävonische Hauptmythus in dem altenglischen Epos vom
Beowulf fort. So gingen die vandalischen Dioskuren in die Sagen von
Ortnit und Wolfdietrich über. So wurden Figuren des herminonischen My-
thus in die Sage vom Untergange des thüringischen Reiches verflochten.
Hiermit war ein bedeutungsvoller Schritt über Jacob Grimm’s
Mythologie hinaus gewagt. Verfolgte man Grimm’s Darstellung, so be-
kam man wohl von einzelnen Göttergestalten ein mehr oder weniger
deutliches Bild, aber im Gegensatze zur reich entwickelten Mythologie
des Nordens fiel die deutsche Mythenarmuth auf. Müllenhoff zeigte,
dafs ein Theil wenigstens dieser Mythen und gerade der wichtigste, mit
den öffentlichen Einrichtungen am meisten verknüpfte in der späteren
Heldensage, in den mittelhochdeutschen Volksepen gerettet sei. Auch in
der Kudrun, auch in dem Gedichte von Orendel erkannte er uralt-mytho-
logischen Stoff. Überall suchte er historische und mythische Bestand-
Gedächtmi/sreden 1834. 1. 2
10 SCHERER:
theile strenge zu scheiden und den zerstreuten Anspielungen auf unsere
Heldensage, die Wilhelm Grimm gesammelt hatte und die er selbst zu
sammeln fortfuhr, möglichst viel für die geschichtliche Entwickelung der
deutschen heroischen Epik abzugewinnen.
Hierin bewährte er sich als Lachmann’s Schüler. Lachmann’s
Vorlesungen hatten sein Augenmerk auf die Geschichte der deutschen
Heldensage und Heldendichtung gelenkt; und bald wurde sie ihm der
Mittel- und Ausgangspunct seiner Studien. Allen mittelhochdeutschen
Heldenepen widmete er specielle Untersuchungen. Er zog ihren Stoff
ebenso sorgfältig in Betracht wie ihre Form und ihre Überlieferung. Er
wandte Lachmann’s kritische Prineipien auf die Kudrun an. Er suchte
in der Streitschrift „Zur Geschichte der Nibelunge Not“ Lachmann’s
Ansichten über die Entstehung des Nibelungenliedes fortzubilden und die
dagegen erhobenen Einwendungen zu entkräften. Er gab in Gemeinschaft
mit seinen Schülern Martin, Zupitza, Jänicke, Amelung, denen
sich noch Steinmeyer anschliefsen sollte, das „deutsche Heldenbuch“,
eine Sammlung aller mittelhochdeutscher Heldengedichte mit Ausnahme
des Nibelungenliedes und der Kudrun, heraus. Und er wandte jene vorsich-
tige Scheidung des Mythischen und Historischen, welche Lachmann in
seiner Kritik der Sage von den Nibelungen gelehrt hatte, auf die sämmt-
lichen deutschen Heldensagen und auf den Beowulf an.
Es zeist sich nun, weshalb seine Alterthumskunde mit einer Ge-
schichte der deutschen Heldensage schliefsen mulste. In dem mittelhoch-
deutschen Volksepos gelangte uralter geistiger Besitz unserer Vorfahren zu
neuer und zum Theil glänzender Wirkung. Das Christenthum vernichtete
scheinbar die alten Götter; aber den Heroen konnte es nichts anhaben,
und unter diesen Heroen bargen sich Götter. Dagegen vor dem roma-
nischen Geiste, der uns im zwölften Jahrhundert viele neue Stoffe zu-
führte und die ritterlichen Dichter des Mittelalters für das höfische Epos
gewann, hielten die heimischen Helden nicht stand. Sie verfielen einem
weniger gebildeten Publicum; die Lieder, die ihnen galten, verklangen im
sechszehnten Jahrhundert; und erst die litterarhistorische Bewegung, die
zur romantischen Poesie und Wissenschaft führte, blies ihnen von neuem
den Hauch des Lebens ein.
Müllenhoff war nun aber weit entfernt, die deutsche Poesie
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoff. 11
aufserhalb der Heldensage zu vernachlässigen. Er hatte sich eine klare
und umfassende Vorstellung von der ganzen Entwickelung unserer Dich-
tung bis in’s dreizehnte Jahrhundert gebildet und setzte dieselbe seinen
Zuhörern auseinander. Er las aufserdem über die ältesten Lyriker, über
Walther von der Vogelweide, über Wolfram’s Parzival, und es versteht
sich von selbst, dafs seime Beschäftigung mit diesen Dingen nicht un-
fruchtbar blieb, sei es, dafs er neue Ansichten aufstellte, sei es, dafs er
unberechtigte Einwendungen gegen Lachmann’sche oder sonstige frühere
Meinungen zurückwies. Aber im Vordergrunde seines Interesses und
seiner produetiven Thätigkeit stand immer die volksthümliche Dichtung.
In den „Denkmälern deutscher Poesie und Prosa“, die wir zusammen
herausgaben, beschränkte er sich auf poetische Stücke und wählte fast
nur solche, die der volksthümlichen Poesie angehören, das Wessobrunner
Gebet, das Hildebrandslied, ein Runenverzeichnis, Zaubersprüche und
Segen, Räthsel und Sprichwörter, Denkmäler ethnographischen und mytho-
logischen Inhalts oder Gedichte, bei denen es darauf ankam, die mytho-
logische Deutung zurückzuweisen, wie er denn auch durch einen Aufsatz
über Reinhart Fuchs dem sogenannten Thierepos im Gegensatze zu Jacob
Grimm den volksthümlichen Ursprung absprach und so das Material,
aus dem wir unsere Kenntnifs der Popularpoesie schöpfen, kritisch zu rei-
nigen und vorsichtig abzugrenzen bemüht war.
Der Antheil an volksthümlicher Poesie und ein starkes Heimats-
gefühl führte ihn auch über den Kreis des Mittelalters hinaus, indem er
die Sagen, Märchen und Lieder aus Schleswig-Holstein sammelte und sie
mit einer bewunderungswürdigen Einleitung versah, welche den ganzen
in einem starken Bande vereinigten Stoff unter litterarhistorische Gesichts-
puncte brachte und in die Geschichte der deutschen Poesie einordnete.
Er liefs sich dabei von einem Begriffe des echten Volksthümlichen leiten,
dessen historische Richtigkeit vielleicht bestritten werden kann, den er
aber mit den Brüdern Grimm und Uhland theilte und der als ein Ideal
in unserer Litteratur des neunzehnten Jahrhunderts seine Früchte getragen
hat. Eine der schönsten dieser Früchte hat er in ihrem Reifen mit wah-
rer Liebe und Theilnahme verfolgt, den Quickborn von Hrn. Klaus Groth,
dessen Orthographie er feststellen half, zu dem er Einleitung, Grammatik
und Glossar hinzufügte und den er zum Theil in’s Hochdeutsche übertrug.
y*
“
1199 SCHERER:
Wie er sich hier als einen Meister in der Darstellung seiner hei-
matlichen Mundart bewährte,: so hat er die Geschichte unserer Sprache
durch die Vorrede zu den „Denkmälern“ gefördert, indem er uns die
fränkischen Dialekte des Althochdeutschen unterscheiden lehrte, die Ent-
wickelung einer deutschen Gemeinsprache von Karl dem Grofsen bis auf
die Luxemburgischen Kaiser verfolgte und so die Wurzeln der neuhoch-
deutschen Schriftsprache blofslegte. Er zeigte, wie man die Eigennamen
der Urkunden als sicher datirte Sprachquellen benutzen und darnach un-
datirte Denkmäler chronologisch bestimmen könne. Er gehörte zu den-
jenigen, welche den Anstols zu einer neuen, von Grimm und Bopp ab-
weichenden Auffassung des arischen, zunächst des europäischen Vocalismus
gaben. Er trug die deutsche Grammatik in beständiger Fühlung mit der
vergleichenden Sprachwissenschaft vor. Er war in allen germanischen
Sprachen fast gleichmälsig zu Hause, übte Textkritik auf dem nordischen
und altenglischen Gebiete ganz ebenso wie auf dem althochdeutschen und
mittelhochdeutschen, nicht minder aber auch auf dem griechischen und
lateinischen. Er war ein kundiger Etymolog, in jüngeren Jahren sehr
vorsichtig und zurückhaltend, ım Alter zuweilen kühn, immer aber streng
methodisch und jeden Schritt, den er waste, durch Analogien belegend.
Er war insbesondere ein grofser Kenner der germanischen Personenna-
men, die er für grammatische und antiquarische Zwecke auf Grund eige-
ner reicher Sammlungen in umfassender Weise und höchst feinsinnig her-
beizog. Er griff, wo es nöthig war, über das germanische Gebiet hinaus,
gewöhnte sich früh mit Zeufs’ Grammatica celtica zu operiren, schrieb in
unseren Monatsberichten über die Geschichte des Auslautes im Altslowe-
nischen, arbeitete sich, um die Nationalität der Skythen festzustellen, in
die Sprache des Zendavesta ein und bewies überall dieselbe methodische
Sicherheit.
Wenn er zeitlebens mit der vergleichenden Sprachwissenschaft in
Fühlung blieb, so hatte er auch im Anfange seiner mythologischen For-
schung alle Resultate der vergleichenden Mythologie acceptirt und darauf
fortgebaut, ward aber je länger je mehr daran irre, hielt nur wenige
Puncte für sicher, legte grölseren Werth auf die unter ähnlichen Umstän-
den ähnliche Entwickelung der Mythen und Sagen, und verbreitete im
Sinn einer solchen Betrachtung, ausgerüstet mit den reichen Erfahrungen
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoff. 13
seiner germanischen Sagenforschung, über den Stoff der Ilias und Odyssee
ein neues Licht. Er wulste Naturmythen glücklich zu deuten, deutete
aber nie nach der Schablone, begünstigte weder die Sonne noch das Ge-
witter und hielt sich stets an die besonderen Umstände und an die zu-
verlässige Etymologie.
Er war ein ausgezeichneter Kritiker und Interpret. Er baute immer
von unten auf, nach peinlichster und gewissenhaftester Untersuchung der
Fundamente. Er war gewohnt, nach Lachmann’s Beispiel auf die innere
Gliederung zu achten, und das konnte ihn auch wohl einmal zu weit
führen, wie bei seiner Abhandlung über den Bau der Elegien des Properz.
Er war gewohnt, sich nach den Grundsätzen einer strengen Interpretation
ein jedes litterarische Produkt darauf anzusehen, ob es einheitlich aus der
Hand Eines Autors hervorging, oder die Spuren nicht einheitlicher Ab-
fassung, Widersprüche, ungeschickte Verbindungen, Kennzeichen nachträg-
licher Zusätze, an sich trug. Er rechnete ebensowohl mit der vielleicht
unterbrochenen und unaufmerksamen Arbeit Eines Verfassers, wie mit
der Möglichkeit fremder Einmischung oder der Zusammenschweilsung von
Werken verschiedenen Ursprungs. Er übte diese Methode der sogenannten
höheren Kritik an der Kudrun, am Beowulf, an den Liedern der alten
Edda, an anderen Gedichten der Volks- und der Kunstpoesie und fast
überall mit gleichem Glück.
Durchweg kam ihm sein eminent historischer Sinn zu gute. Er
war, wie wenige, geübt, das Sein aus dem Werden, oder vielmehr im
Sein das Werden zu erkennen. Sind wir in der Lage, an der Hand
einer chronologisch feststehenden Geschichte der Rechtsquellen einen
juristischen Satz zu verfolgen und seine Veränderung zu beobachten, so
gehört in der Regel nicht sehr viel dazu, um das Princip der Veränderung
zu ermitteln. Besitzen wir die Quellen, die ein mittelalterlicher Annalist
ausgeschrieben hat, so ist es nicht sehr schwer sein Werk auseinanderzu-
nehmen, es in seine Bestandtheile aufzulösen und uns an die ursprüng-
lichen Quellen statt der vielleicht unter Missverständnissen und willkür-
lichen Combinationen daraus abgeleiteten zu halten. Schwieriger wird
schon die Aufgabe, wenn sich der Verdacht solcher Ausschreiberei auf-
drängt, aber die ausgeschriebenen Quellen ganz oder zum Theil verloren
sind. Es giebt jedoch Mittel, um auch hierüber annähernd ins Reine zu
14 SCHERER:
kommen, und Müllenhoff hat zahlreiche Stellen antiker Geographen oder
Historiker durch Anwendung des feinsten und scharfsinnigsten Verfahrens
auf ihre ursprünglichen Quellen zurückgeführt und demgemäls kritisch
benutzt. Drang er hier in die Entstehungsgeschiehte compilirter Ge-
schichtswerke ein, so war seine höhere Kritik nichts anderes als ein
Versuch, die allmähliche Entstehung von litterarischen Kunstwerken zu er-
mitteln. Aber auch die niedere Kritik, die blofse Textkritik verlangt oft
ein ähnliches Verfahren: die Geschichte der Überlieferung müssen wir
zuweilen aus Handschriften ablesen, die alle gleich gut oder gleich schlecht
sind und uns durch kein äusseres Merkmal das Geschäft erleichtern,
sondern uns allein auf das Urtheil, auf die Abwägung von Wahrschein-
lichkeiten, auf die Beobachtung des Princips der Entstellung, kurz auf
mehr oder minder glaubliche Vermuthungen, verweisen. Müllenhoff
hat auch hierin die schwersten Aufgaben siegreich bewältigt; und der Takt,
der ıhn im Kleinen sicher leitete, blieb ihm bei den gröfsten Problemen
getreu. Aus den Nachrichten des Tacitus über die germanische Religion
wulste er herauszulesen, dafs die bestehenden Zustände auf einer weit
reichenden Umwälzung beruhten, welche den alten arischen Himmelsgott
entthronte und den Wodan an seine Stelle setzte. Und so hatte es seine
ganze Alterthumskunde im tiefsten Grund auf Geschichte abgesehen. Die
innere Entwickelung der Germanen, welche vor der zeitgenössisch be-
glaubisten Historie liest, wollte er erkennen und anschaulich machen und
vertraute darauf, dals es gelingen müsse, d. h. er vertraute auf die Macht
seiner scheidenden und verbindenden, seiner auflösenden und auf-
bauenden Methode; er vertraute auf die Macht der wissenschaftlich be-
gründeten Vermuthung.
Müllenhoff haftete nirgends an der überlieferten Thatsache. Er
wollte stets über die Tradition hinaus auf einen höheren Zusammenhang
kommen. Er begnügte sich nicht mit den Einzelheiten, sondern strebte
zum Ganzen. Das war aber auf den Gebieten, die er bearbeitete, nur
durch Vermuthung zu erreichen, und die fruchtbare Vermuthung setzt
eine wissenschaftlich geschulte Phantasie voraus. Der hohe Rang, den
Müllenhoff als Gelehrter einnahm, beruht auf dem Werthe
seiner Hypothesen und auf der Kraft seiner Phantasie.
Phantasie verlangte er ausdrücklich von dem Forscher, der die
Gedächtnifsrede auf Karl Müllenhoff. 15
Zustände verschwundener Völker in einem einheitlichen Gemälde darstellen
will. Phantasie, d. h. nicht Phantasterei, sondern die Kraft der inneren
Vergegenwärtigung, durch welche wir die überlieferte Thatsache nicht als
etwas Todtes anschauen, sondern sie ins Leben zurück versetzen und sie
nach unserer allgemeinen Kenntnifs menschlicher Dinge zu dem seelischen
Grund alles Lebens und zu der Gesammtheit der sonst überlieferten und
lebendig aufgefalsten Thatsachen in Beziehung setzen.
Die Kraft der inneren Vergegenwärtigung machte ihm auch ab-
geschiedene Menschen lebendig, den Pytheas, den Eratosthenes, den Poly-
bius, den Strabo, den Verfasser oder die Verfasserin der Völuspa, den
Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide. Zu ihnen
gewann er ein ganz persönliches Verhältnils, in Feindschaft und Freund-
schaft, ‘in Hafs und Liebe, in Verachtung und Verehrung. Wie es ihm
im Leben begegnen konnte, dafs ihm seine Phantasie die Menschen plötz-
lich verdunkelte und ihm Caricaturen derselben entwarf, gegen die er sich
ereiferte, so fing er den „guten“ Strabo, wie er ihn nennt, einmal zu
schelten an, erklärte ihn für einen Mann von stumpfen, ja groben Sinnen,
von kurzem Verstande, geringer Verschmitztheit und mälsigem Wissen und
schliefslich für einen argen Tölpel. Das Organ der Verehrung war stark
in Müllenhoff ausgebildet und das, was er verehrte, hielt er wie ein
Heilisthum hoch. Was ihn an Strabo empörte, war dessen vorschnelle
Polemik gegen Eratosthenes. Und so hat er im Nibelungenstreite die
Gegner Lachmann’s statt der überlegenen Ironie, die vollkommen aus-
reichte, mit der schwersten Rüstung des sittlichen Zornes bekämpft. Er
sah und suchte stets den ganzen Menschen und seinen sittlichen Kern.
Das Kleinste hing ihm mit dem Gröfsten zusammen; und so war auch er
selbst in jedem Augenblicke ganz. Sein innerstes Wesen erzitterte sofort,
wo ihm ein heiliges Prineip bedroht schien; und das war oft der Fall,
wenn er in der geringsten Sache etwas geschehen sah, was gegen seine
Überzeugung lief. Dieser leidenschaftliche Ernst, der den ganzen Mann
im Tiefsten aufwühlen konnte und alle seine Kräfte, Gefühl, Verstand,
Willen in Gährung brachte, hat ihm manche bittere Stunde bereitet und
seine wissenschaftliche Laufbahn fast zu einer tragischen gemacht.
Denn war es nicht ein tragisches Geschick, das Werk eines ganzen
wohlangewandten Lebens als Fragment hinterlassen zu müssen? Die
16 ScuEreEr: Gedachtnsrede auf Karl Müllenhof.
schwere Gründlichkeit seiner Natur liefs ıhn bei der Alterthumskunde
nicht aus der Stelle kommen. Sie zwang ihm eine solche Vertiefung in
die Einzelheiten auf, dafs das Ganze, das seinem Geiste vorschwebte,
überhaupt nicht zu Tage trat. Er mochte wohl theoretisch zugeben,
dafs der Forscher, der neue Gedanken einzusetzen habe, diese nicht
zu lang und zu ängstlich zurückhalten dürfe, sondern die Arbeit der
andern rasch zu befruchten habe. Er bestritt nicht, dafs hier die
Pflicht des entschlossenen Mittheilens höher als die Pflicht der durch-
gängigen Vollendung stehe. Er mulste' anerkennen, dafs die mächtig
anregende Kraft, die von Jacob Grimm ausging, zum Theil darauf be-
ruhte, dass er den Muth des Fehlens hatte. Er räumte bereitwillig ein,
dafs die Alterthumskunde, vor zwanzig oder dreifsig Jahren mit einem
kühnen Wurfe vielfach unfertig hingeschrieben, jetzt längst mindestens die
dritte Auflage erlebt haben würde und dafs diese dritte Auflage wahr-
scheinlich doch viel besser, als die mit solcher Gründlichkeit vorbereitete
erste wäre. Aber er war praktisch nicht im Stande, solchen Mahnungen
zu folgen; und das letzte lebhafte Aufflammen seines Geistes, mit dem er
sich, halb erblindet, entschlielsen wollte, unter Beihilfe jüngerer Freunde
endlich herzugeben und zu redigiren, was er habe, und die noch vor-
handenen Lücken seines Wissens unbekümmert stehn zu lassen, — dieses
letzte Aufflammen ging nur um wenige Tage der letzten entscheidenden
Erkrankung vorher, von der er sich nicht mehr erholte.
Aber seine Wirkung auf die Nachwelt soll darum nicht geringer
sein. Der fragmentarische Zustand seines Lebenswerkes enthält eine Auf-
forderung zu strenger, weiter führender Arbeit im seinem Sinne. Die,
welche nach ihm auf der Stelle zu wirken bestimmt sind, die er ehemals
unter uns einnahm, werden sich noch lang als seine Schüler fühlen und
seinen bahnbrechenden Gedanken gerne jene folgsame Versenkung ent-
gegenbringen, die jedem zum Heile gereicht, der sie übt, und auf die er
gern mit den Worten Lachmann’s hindeutete: „Sein Urtheil befreit nur,
wer sich willig ergeben hat.“
PHYSIKALISCHE
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1884.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1885.
BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. VOGT).
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RR RER: Kane a Vor
Inhalt.
Rorn: Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine . . . Abh.I. S.1—54,
S. I—LXXXVIN.
VIRCHoOWw: Über alte Schädel von Assos und Cypern. (Mit 5 Tafeln). Abh. II. S. 1—55.
WIEDEMANN: Über die Bestimmung des Ohm. (Mit 2 Tafeln) . . „ II. „ 1-75.
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine.
Von
Et ROTM.
Phys. Cl. 1884. Abh. I. 1
Gelesen in der Gesammtsitzung am 7. Februar 1384 und der Sitzung der physik.-math.
Classe am 24. April 1884.
I: den folgenden Beiträgen zur Petrographie der plutonischen
Gesteine ist die Eintheilung in Gesteine der krystallinischen Schiefer, in
ältere und jüngere Eruptivgesteine beibehalten. Als Belege sind die von
1879 bis April 1884 mir bekannt gewordenen Analysen, wenn auch nicht
sämmtlich, neben einigen älteren, früher von mir übersehenen hinzu-
gefügt.
Meine Zusätze zu ihnen sind durch eckige Klammern [ | bezeich-
net. Abgekürzt ist Quarz in Q., Feldspath in F., Orthoklas in Or., Sa-
nidin in Sa., Plagioklas in Ple., Albit in Ab., Anorthit in An., Oligoklas
in Olg., Andesin in And., Labrador in La., Glimmer in Gl., Hornblende
in Ho., Olivin in Olv. Wo in den Analysen Glühverlust (abgekürzt Glühv.)
oder andere Daten angeführt sind, wurde es unter der Überschrift Was-
ser bemerkt. In den Tabellen enthält unter Sauerstoffquotient da, wo
zwei Zahlenreihen gegeben wurden, die obere Zeile die Berechnung mit
nur Eisenoxydul, die untere die mit nur Eisenoxyd. Bestimmung aus Ver-
lust bezeichnet das Sternchen *, die durch Zusammenlegung von Theil-
analysen erhaltenen Zahlen das Zeichen ©. Die Abkürzungen der Citate
sind dieselben wie die früher von mir gebrauchten.
6%
4 Rors:
Von den Ophiten der Pyrenäen liegen die ersten chemischen Ana-
lysen vor.
Die genauere Untersuchung der Gemengtheile, nicht nur die Be-
stimmung ihrer Quantitäten, hat durch die Anwendung der Thoulet’schen
Jodkalium-Quecksilberlösung grolse Fortschritte gemacht. Aufserdem ist
namentlich, durch Sandberger veranlalst, der Nachweis schwerer Me-
talle (wie Kupfer, Zink, Nickel, Antimon, Zinn, Arsen) in den Gesteins-
gemengstheilen fortgeführt worden, besonders haben sich aufser dem Oli-
vin Glimmer, Hornblenden und Augite metallführend erwiesen. Ferner ha-
ben die besseren Methoden der Untersuchung den Nachweis geliefert,
dals in den Silikaten Titansäure viel häufiger und reichlicher auftritt als
bisher angenommen. Über die Verbindung, in welcher die namentlich in
jüngeren Eruptivgesteinen bestimmte Vanadinsäure auftritt, ist bis jetzt
nichts bekannt. Von früher nur spärlich aufsefundenen Gemengtheilen
sind Zirkon, Perowskit, Melilith, Cordierit und Granat (letztere beiden in
Liparit und Trachyten aller Arten) reichlicher nachgewiesen. In Folge
aller dieser Fortschritte werden an die chemische Analyse der Gesteine
jetzt viel höhere Ansprüche gestellt als früher und diesen Ansprüchen
wird häufiger genügt.
Ich möchte noch einige Bemerkungen machen zu einem allgemei-
nen, von Lossen (Zs. geol. Ges. 35. 218. 1883) aufgestellten Satz. Nach
demselben soll Augit häufiger aus alkalireicher, Hornblende häufiger aus
kieselsäurereicheren Mischungen auskrystallisiren.
Zunächst hat die mikroskopische Untersuchung in fast allen Erup-
tivgesteinen Hornblende und Ausgit neben einander nachgewiesen, so ın
Graniten, Syeniten, Glimmerdioriten, Dioriten, Porphyriten, Diabasen, Me-
laphyren, Trachyten, Phonolithen, Daciten und Hornblende- Andesiten,
Augitandesiten, Doleritbasalten. Die Mengenverhältnisse der beiden Mı-
neralien Hornblende und Augit sind freilich so verschieden, dals die Zu-
rechnung in der Regel zu nur Einem Gesteine gerechtfertigt ist. So er-
giebt sich, dals die wesentlich Hornblende führenden Gesteine viel spär-
licher vorkommen als die wesentlich Augit führenden. Von den drei
Eruptivgesteinen, welche überhaupt gröfsere Flächen der Erdrinde be-
decken, Granit, Felsitporphyr und Doleritbasalt, gehört das letzte zu den
Augitgesteinen, wenn gleich accessorische Hornblende führende Abänderun-
Beürdge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 5
gen vorkommen, welche man nach der herrschenden Nomenelatur als
Hornblendebasalte bezeichnet. Der Doleritbasalt ist zugleich das einzige
der jüngern Eruptivgesteine, das sich den älteren an Massenhaftigkeit nä-
hert. Wenn man Vergleiche anstellen will zwischen der chemischen Zusam-
mensetzung der Hornblende- und Augitgesteine, so sind selbstverständlich
die Analysen auszuschliefsen, welche mit sichtlich veränderten und verwit-
terten Gesteinen angestellt sind. Dahin gehören fast alle Analysen der Dia-
base und der Gesteine, welche Diallag und Uralit führen. Nach Aus-
scheidung solcher Analysen zeigen die übrigen für die entsprechenden
Hornblende- und Augitgesteine in Bezug auf Kieselsäure and Alkalien
vollständige Parallelen, aber für die Augitgesteine ergeben sich zwei Grup-
pen, denen keine Hornblendegesteine entsprechen: die Leueit- und Ne-
phelin-Gesteine. Beide Gesteine sind an Kieselsäure arm, treten, wie Leueit
überhaupt, erst tertiär und nachtertiär auf, und haben Antheil an dem
Satz, dafs in jüngeren Eruptivgesteinen überhaupt Hornblende sparsa-
mer als Augit auftritt. Auch die Laven der jetztthätigen Vulkane sind
vorzugsweise Augitgesteine.
(s. die umstehende Tabelle.)
Sieht man ab von den Anorthitgesteinen, deren Gehalt an Alkalı
und Kieselsäure sowohl bei Hornblende- als Augitgesteinen gering ist
(2,21, resp. 2,772 Alkali, 45— 50% SıO?), so sind 4—5# Alkali in bei-
den Gesteinsgruppen mit 45—50%2 SıiO? verbunden, während die Alkalı-
maxima (Phonolithe) und die Kieselsäuremaxima (Quarzandesite) für beide
Gruppen dasselbe Verhalten zeigen. So alkalireiche Gesteine (mit 8 bis
92 Alkalien) neben nur 47,82 Kieselsäure wie die Vesuvlaven sind un-
ter den Hornblendegesteinen gar nicht vorhanden.
Rome:
Hornblendegesteine
Name Ort Glühv. Si 0? Alkalien
Or. , Syenit Plauenscher Grund, | 01,88—1,1) 60 5
Biella
Monzonit Monzoni Ino,sıE 1,1 | 50— 60 5
Ple. Quarzdiorit Vogesen, Biella 1,5 —1,5 60,| 3,5—5,7
\ Diorit Vogesen 1,66 49 5
Porphyrit € Q Rheinland 1,57 62 223
Suldenferner 0,09 61 6,0
Ortlerit 1,76 49 6,5
Corsit (An+ Ho) f Auvergne 0,76 45 2,21
Or. | Trachyt Auvergne 0,65 56 9
Phonolith Fernando do Naronha 0,7 59,5 12,0
Velay 1,0 58,9 14,7
Olbersdorf 0,7 61,5 13,5
Ple. | Daeit Ungarn, Siebenbür- | 0,8—1,6 | 66—58 5,1—8
| gen
|| Amphibolandesit Ungarn, Palma 1,00 52 — 54 il
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine.
1
Augitgesteine
Alkali SiO? Glühv. Ort Namen der Gesteine
l
|
8 30 — 60 0,5 — 1,1 | Monzoni | Monzonit P
5 48,2 0,45 Mosso bei Biella Olivindiabas ohne Chlorit
5—6 52 0,55 Schlesien und Böhmen | Melaphyr, Mittel
|
2,77 50 0,10 | Island | Anorthit-Augit-Olivin-Lava®
b) 65 0,78 Ischia Augit-Sodalith-Trachyt
12 60 0,56 | Mte Cimino \ „Petrisco“* (Leueittrachyt)
See 55 1,04 | Sardinien Augit-Trachyt
16 53 — 56 1,54 | Sardinien | Phonolith
6—8 66 0,30 Andes | Quarz-Augit-Andesit
8,3 en 61—62 0,350 \ Java, Mexico | Augitandesit
9,80 56 1 70530 ‘ Tunguragua 5 z
6,0 — 8,3 52 0,14 | Ooshima 1 An BE ERSEA I - RELDE
4,0 49,5 0,35 | Aetna-Laven. Mittel
8—9 47.8 0,40...) Vesuv-Laven. Mittel >
Se 48 1,5 Meiches | Nephelinit
11 45 ? Katzenbuckel ge
8 RorTk:
I. Gesteine der krystallinischen Schiefer.
Die Theorie der Gneifsbildung ist noch nicht zum Abschlufs ge-
kommen. Für die Anschauung, dafs die Gneilse veränderte Sedimente
seien, hatte Sauer das Vorkommen „echter Gerölle in den Gneilsen“ der
Glimmerschiefer bei Obermittweida im sächsischen Erzgebirge geltend ge-
macht. Ich habe versucht nachzuweisen (Sitzungsber. 1883. 689), dals
nicht Gerölle, sondern Ausscheidungen vorliegen.
&meuls,
Die grolse Reihe der Analysen zeigt, dafs bei Gneilsen dieselben
Schwankungen in der chemischen Zusammensetzung auftreten wie in den
mineralogisch gleich zusammengesetzten Graniten, In den 52 von H. San-
tesson zusammengestellten Analysen schwedischer Gneifse (Sverikes geo-
logiska undersökning. Kemiska bergartsanalyser I. Stockholm 1877), wel-
che mit wenigen Ausnahmen in den von mir gegebenen Beiträgen, zum
Theil hier unter Nr. 12—21, aufgeführt sind, liest wie in den übrigen
Analysen der Glimmergneilse der Kieselsäuregehalt meist zwischen 76 und
612; er wird geringer in den an Glimmer und Granat sehr reichen Ge-
steinen, entsprechend dem relativ niedrigen Kieselsäuregehalt dieser Ge-
mengtheile. Ein bestimmtes Wechselverhältnifs zwischen der Menge der
Kieselsäure und der Alkalien tritt nicht hervor; eine mittlere Zusammen-
setzung läfst sich kaum angeben, und eine Rechnung auf die Quantitäten
der Gemenstheile nur in den wenigsten Fällen durchführen, da so häufig
verwitterte und veränderte Gesteine analysırt wurden. Meist erschemt
im Verhältnifs zur Thonerde die Menge der Alkalien zu gering, selbst mit
Rücksicht auf die Zusammensetzung der Glimmer.
Wenn der Albit in Nr. 8 und 9 aus 69,04% Kieselsäure; 21,378
Thonerde; 0,10% Kalk; 9,572 Natron und 0,518 Kalı = 100,59; OÖ
— 2,59: 9,98: 36,82 — 0,78.3.11,07) besteht, so ist bei gleichem Thon-
erdegehalt der geringe Unterschied der Kieselsäure und der grolse Unter-
schied im Natrongehalt der beiden Gesteine kaum verständlich. Der hohe
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 9
Gehalt an Eisenoxydul in Nr. 10 (12,302) gehört den Granaten an; der
hohe Gehalt an Kalk in Nr. 11 zum grofsen Theil dem Augit, dem auch
der relativ hohe Gehalt an Magnesia zukommt. Glimmer fehlt als Ge-
mengtheil dem plagioklashaltigen Augitgneifs Nr. 11 vollständig. Der
Glimmerreichthum von Nr. 21 spricht sich in dem hohen Gehalt an Eisen-
oxydul und Magnesia aus.
b. Hornblendegneils.
Die chemische Zusammensetzung schwankt noch stärker als bei
den Glimmergneifsen, da die Quantität der Hauptgemengtheile (Quarz,
Feldspäthe, Hornblende), die Beschaffenheit der Feldspäthe (Orthoklas bis
Anorthit) und wohl auch der Hornblende stark wechselt. Der Kiesel-
säuregehalt geht in schwedischen, an Quarz und Feldspath armen, aber
sranatreichen Hornblendegneilsen (s. Beiträge zur Petrographie 1869.
XU. 16) bis 45,599 herab. Die chemische Parallele würde zum Theil
in den Syeniten und Dioriten, zum Theil in den Glimmergneilsen zu
suchen sein.
c. Eurit.
Als Eurit (Hälleflintagneils) werden in Schweden feinkörnige bis
dichte, meist schieferige Gesteine der krystallinischen Schiefer bezeichnet,
welche aus einem mit blofsem Auge nicht unterscheidbaren Gemenge von
Quarz, Feldspath und kleinblättrigem Glimmer bestehen, accessorisch
Granat, bisweilen Hornblende, Magneteisen und Muscovit enthalten. Man
hat graue, rothe, grüne und Hornblende-Eurite unterschieden und in
neuerer Zeit für diese Gesteine die Bezeichnung Granulit angewendet.
Santesson hat in der bei Gmeils (pag. 8) angeführten Arbeit 69 Ana-
lysen (darunter 46 vollständige) von Euriten zusammengestellt; daraus
sind die 6 hier angeführten und nur mit dem Namen des Analytikers
versehenen Analysen entlehnt. Die andern 6 Analysen wurden den Be-
gleitheften der angegebenen Sectionen entnommen, finden sich aber auch
bei Santesson, während die übrigen von Santesson angegebenen zum
grolsen Theil früher von mir mitgetheilt sind. Die Schwankung der
Phys. Cl. 1884. Abh. I. 2
10 RoTı:
chemischen Zusammensetzung ist bei den rothen und grauen Euriten
mindestens ebenso grols als bei den Gmeilsen: die Kieselsäure beträst
81,70 — 50,072, die Alkalimenge 9,70 — 1,53%. Bei den grünen und
den Hornblende-Euriten, von welchen letzteren nur 6 vollständige Ana-
lysen vorliegen, ist entsprechend der mineralogischen Zusammensetzung
der Gehalt an Eisenoxyden, Kalı und Magnesia meist gröfser als in den
übrigen Euriten. Der Kieselsäuregehalt liest zwischen 64,16 — 48,332,
die Summe von Kalk und Magnesia zwischen 5,48 — 15,402. Für rothe
und graue Eurite, deren chemische Zusammeusetzung im Gehalt an Thon-
erde zwischen 4,74 und 24,41%, an Eisenoxydul zwischen 0,19 und 16,752
schwankt, berechnet Santesson als Mittel (Eisenoxyd als Eisenoxydul
berechnet)
BO 722077 RE07 E07 OF Mkalı Glühverlust
12,48) 19.99,43594, 1.0975 159026.3,09 1,14 — 99,89
Diese Zusammensetzung entspricht etwa der der deutschen normalen
Granulite.
d. Hälleflinta.
Diese hauptsächlich aus Quarz und Feldspath bestehenden, oft auch
Glimmer, bisweilen Chlorit und Hornblende führenden, muschelig brechen-
den Gesteine aus Schweden, deren Zugehörigkeit zu den krystallinischen
Schiefern nicht in jedem Fall feststeht, insofern Porphyroide dazu ge-
rechnet werden, sind hier als Hälleflinta zusammengefafst.
Santesson hat in der oben (pag. 8) angeführten Arbeit 57 voll-
ständige Analysen zusammengestellt, von denen hier noch 13, darunter
die beiden chemischen Endglieder, mitgetheilt sind. Die chemische Zu-
sammensetzung wechselt in noch höherem Grade .als bei den Euriten:
die Kieselsäure beträgt 83 — 502, die Thonerde 22,25 — 3,892, die Alkali-
menge 11,90 — 2,972. Santesson berechnet als Mittel (Eisenoxyd als
Eisenoxydul berechnet)
Sı02 APOS FeO MeO CaO Alkalı Glühverlust
70,98 14,29 3,54 113 9,38 6,70 1,14 = 100,16
Beiträge zur Petrographie der plutonischen. Gesteine. 11
e. Aus krystallinischen Schiefern.
Der Serpentin Nr. 1 entstand aus Olivin und aus Grammatit,
welchem letzteren der Kalkgehalt (3,572) der Analyse angehört; zu der-
selben wurden grammatithaltige Gesteinstücke verwendet, in denen der
aus Grammatit entstandene Serpentin den aus Olivin entstandenen über-
wog. Der hohe Gehalt an Kalk und zugleich an Wasser des serpentin-
ähnlichen, mit Talk- und Chloritschiefer vergesellschafteten, olivinfreien
Gesteins vom Kellerrangen, Nr. 2, dessen untersuchte Probe frei von Kar-
bonaten war, ist bemerkenswerth. Nach dem Thonerdegehalt des Gesteins
vom Kühstein Nr. 1 berechnet, würden auf 3,219 Thonerde 7,842 Kalk
kommen. Eine Wiederholung der Untersuchung erscheint sehr erwünscht;
an eine Zufuhr von Kalk ist bei den Lagerungsverhältnissen nicht zu
denken, vielmehr entstehen Karbonate von Eisenoxydul, Masnesia und
Kalk bei der Verwitterung des Gesteins. Berechnet man Nr. 3 mit Magnet-
eisen (3,472), so ist der Sauerstoffsehalt des Restes — 3.4,27, 2,33.
Der aus Serpentinschiefer Nr. 4 mittelst der Thoulet’schen Lösung
isolirte, grüne Antigorit besteht nach Hussak aus:
502, ARO3 . (Ee203 .,; MeO,.. ;Ca0 Wasser
41,14 3,82 3,01 39,16. ‚0,40.,,..11,85:— 99,38
021,94 .1,78, ..;0,90....15,66.; 0,11,.,10,53 —
15,77.2,68.21,94.10,53. Diese Zusammensetzung ist nahezu die des Ser-
pentins; die Thonerde rührt zum Theil von beigemengtem Chlorit her. Der
Kalkgehalt des Serpentinschiefers Nr. 4, welcher aus salitreichen, Diallag
und Staurolith führenden Schiefern entstand, gehört dem noch nicht ver-
änderten Salit an und verringert sich daher mit Abnahme des Salites im
dichten Serpentin Nr. 5, welcher stärkere Umbildung darstellt als Nr. 4. Zu
solchen, aus Salitgesteinen entstandenen Serpentinen gehören nach Hussak
die früher durch von Drasche analysirten „serpentinähnlichen Gesteine“
von Windisch-Matrey und Heiligenblut aus dem Grofsglocknergebiet (8.
Beiträge zur Petrographie 1873 VII. 8 und 9), welche chemisch mit
Nr. 4 und 5 übereinstimmen.
Der Serpentin des Gumberges Nr. 6, aus Olivin und strahlsteinähn-
liche Hornblende enthaltendem Gestein entstanden, enthält zuweilen Talk-
2*
1% Rote:
blättchen, welche wahrscheinlich aus Hornblende hervorgegangen sind.
Liebisch (Zeitschr. d. geol. Gesellsch. 29. 32. 1877) führt aus dem Ser-
pentin Chromeisenkörner an. Der Serpentin von Endersdorf Nr. 7 ent-
stand aus einem Olivin, Bastit und Diallag enthaltenden Gestein. Nicht
umgewandelte Olivinreste wurden nicht angetroffen, wohl Maschenstruetur
und Pikrolith mit Magneteisenschnüren. Der im gewöhnlichen Licht farb-
lose Bastit, welcher meist Erbsengröfse besitzt, enthält Schnüre von
Magneteisen und ist oft von diesem umkränzt. Traube nimmt als Mutter-
mineral für den Bastit Diallag an. Ein Mangangehalt wurde von Traube
in dem ebenfalls analysirten Serpentin der Költschenberge (0,892 MnO)
und dem der Steinberge bei Jordansmühl (1,022 MnO) nachgewiesen.
Nach den Angaben von Gümbel (Beschreibung des ostbayerischen
Grenzgebirges 1868. 349) ist die Analyse des Nadeldiorites Nr. 8 hierher
gestellt.
Die Analyse Nr. 12, welche ich schon in den Beiträgen zur Petro-
graphie 1879. XXXVII. 6. unter eruptivem Gabbro aufgeführt habe,
wurde hier wiederholt, da Becke genauere Angaben beigefügt hat und
ich die Analyse unrichtig gegeben hatte. Auch der l. c. unter Nr. 7 an-
geführte feldspathreiche und diallagarme Olivingabbro ist ein Gestein der
krystallinischen Schiefer. Becke zählt (Tschermak, Mineral. Mitth. V
p- 173) den nicht anstehend gefundenen Gabbro vom Ottenschlag Nr. 13
zu den Gesteinen, welche „durch petrographische Übergänge und geo-
gnostische Verknüpfung mit krystallinischen Schiefern, namentlich Horn-
blendeschiefern verbunden sind.“ Dahin gehört auch das in Beiträgen
zur Petrographie 1879. XLVI. Nr. 52 als Palaeopikrit benannte und auf-
geführte Gestein von Ottenschlag, das Becke jetzt dem Gabbro zuzählt.
(Lherzolith.)
Ob die unter Nr. 16 bis 22 aufgezählten piemontesischen Lherzo-
lithe sämmtlich den krystallinischen Schiefern angehören, läfst sich nach
den den Analysen beigefüsten Angaben nicht feststellen, erscheint aber
wahrscheinlich. Der relativ thonerdereiche Chromaugit aus Nr. 16 enthält
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 13
SIOYLTAROI Cr? O3, jnBeO1.:MgO, „iCaQ®
54,2 meer. ok, ABaiTjA9 + 1135631177006
028,93 9383 047... 1,66 545 5,07 12,18.3,30.
28,93. Es fehlt an monoxydischen Basen. Der Enstatit aus Nr. 20
enthält
Si0? APO3 FeO MgO CaO Wasser
51 ae 5 3a 9,9 1,77 99,76.
0=97,83 100 1,97 12,74 0,85 —= 15,56.1,00.27,83.
Nach diesen Zahlen muls man das Mineral als verändert betrachten.
Il. Aeltere Eruptivgesteine.
A. Feldspath vorwaltend Orthoklas.
1. Granit.
Für den quarzarmen Augitgranit Nr. 11, dessen Quarz zum Theil
mikropegmatitisch mit dem Feldspath verwachsen ist, berechnet Cohen
27,59% Kalıfeldspath, 34,442 Natron- und 7,962 Kalkfeldspath, 12,112
Quarz, 5,452 Uralit, 6,55% Chlorit, 2,992 Magneteisen und 1,122 Titan-
eisen — 98,21, mit dem Bemerken, dafs die Berechnung nicht ganz richtig
sein könne, da Chlorit, Titaneisen und Uralit nicht genau die angenom-
mene Zusammensetzung besitzen. Die Unterschiede von Nr. 13 und 14
gegen die früheren Analysen des finländischen Rapakiwi liegen nament-
lich in dem hier geringeren Gehalt an Kieselsäure und Kali und dem
hier höheren Gehalt an Eisenoxyden. Dafs die feinkörnigen Ausschei-
dungen der Granite (Nr. 16 und 18), ähnlich wie schon frühere Analysen
nachweisen, reicher sind an Plagioklas, Biotit, Hornblende und Erzen als
ihre Granite, ergiebt sich aus den Zahlen von selbst. Die Granite der
Contaktzone Nr. 22 und 23 weichen in ihrer chemischen Zusammensetzung
kaum von der des Granites Nr. 21 ab, wenn man nicht auf die Zunahme
des Eisenoxyduls und die Abnahme des Kalkes zu grofses Gewicht legt.
Eine Berechnung der Analyse Nr. 21, wie sie Hawes versucht, wird kaum
14 Roran:
genau sein können, da die relativ geringe Menge des Kalkes auf Horn-
blende, Augit, Plasioklas, Apatit, Flußsspath zu vertheilen ist. Wie grofs
daher in Nr. 21 und 22 die Zunahme des Plagioklases ist, des einzigen
kalkhaltigen Gemengtheiles nach Hawes Annahme, läfst sich nicht an-
geben.
Die Granitporphyre Nr. 24 und 25, welche freilich nicht als ganz
frisch zu betrachten sind, zeigen einen selbst für diese Gesteine hohen
Gehalt an Eisenoxyden und enthalten, wie alle bisher analysirten Granit-
porphyre, relativ wenig Kieselsäure, respective Quarz. Die Analyse des
Granitporphyrs Nr. 26 giebt mehr Eisenoxydul und weniger Eisenoxyd
als die spärlichen bisherigen Analysen von Granitporphyren, in denen die
Menge der Eisenoxyde bestimmt wurde. Berechnet man alles Natron mit
dem Kalk als Plasioklas (2 Ab + 1An), Magnesia und Eisenoxydul mit
etwas Kalı als Glimmer, den Rest Kalı als Orthoklas, den Rest der Kiesel-
säure als Quarz, so erhält man 25,652 Orthoklas, 39,52% Plagioklas,
14,942 Glımmer und 19,50% Quarz. Dem Anschein nach ist im Gestein
mehr Orthoklas und weniger Plagioklas vorhanden als in der Berechnung,
und die analysirte Probe enthielt wohl nicht soviel Orthoklas als im Pul-
ver einer grölseren Gesteinsmenge vorhanden ist.
2. Felsitporphyr.
Der „Lahnporphyr“ von Balduinstein (Nr. 1) ist trotz des über-
wiegenden Natrongehaltes (fast 2 Na?O auf 1 K?O) hierhergestellt; sowohl
aus der Analyse als aus der Untersuchung geht ein Quarzgehalt hervor.
Senfter fand in dem petrographisch sehr ähnlichen Felsitporphyr des
nahen Altendiez mehr Kalı als Natron, aber in beiden Analysen ist nicht
senug Thonerde vorhanden, um mit den Alkalien Feldspäthe zu bilden.
Die Analysen der böhmischen Gesteine Nr. 10, 11 und 12 sind
mit wenig frischem Gestem angestellt. Nach Toyokitsi Harada ist der
rothe Felsitporphyr aus Lugano „ein deckenförmiger Granophyr mit cen-
traler Granitit- und peripherischer Quarzporphyr-Facies“, der den schwar-
zen Porphyr (siehe Porphyrit) durchbricht. Als sekundärer Gemenstheil
tritt meist zonaler Turmalin auf, der sich namentlich da findet, wo das
Gestein in der Nähe des Salbandes stark zerklüftet ist. Für den hohen
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 15
Gehalt an Magnesia in Nr. 15 und 16, der mit niedrigerem Alkaligehalt
verbunden ist, liegt keine Erklärung vor. Aufser Orthoklas, Quarz, Bio-
tit, Plagioklas, Apatit finden sich Zirkon, Magnetit vor; als secundäre
Bildungen Epidot, Karbonate, Chlorit u. s. w. Zwischen Nr. 22 und 23
ist chemisch kein Unterschied vorhanden. Im Gegensatz zu früheren
Analysen fand Heddle im Pechstein Nr. 25 nur sehr wenig Natron, und
früheren Beobachtungen entsprechend in den Sphaerolithen Nr. 26 mehr
Kieselsäure und weniger Wasser als im Pechstein selbst.
Keratophyr.
Im Gebiet des elbingeroder Devon treten nach Lossen (Jahrb. d.
preuss. geol. Landesanst. 1883. XXII) vorgranitische Keratophyre auf.
Lossen bezeichnet mit diesem Namen „natronreiche, zum Theil ganz
sichtlich aus Mikroperthit oder Orthoklas und Albit gemengte Syenit-
porphyre oder quarzarme Porphyre“, ein Theil ist quarzreich. Seltener
tritt Natron gegen Kali zurück, so dafs quarzarme Granitporphyre, resp.
Syenitporphyre vorliegen. Hellfarbiger Augit und daneben oder an seiner
Stelle eisenreiche Hornblende sind Gemenge der alkalireichen Keratophyre.
Sie sind nach Lossen jünger als die Diabase des unteren Wiederschiefers,
aber älter als der porphyrische Diabas (Labradorporphyr) des elbinge-
roder Mühlenthals. Die Lahnporphyre Koch’s, welche zum Theil echte
Keratophyre sind (Papiermühle bei Weilburg, s. Beitr. 1879 XXI. 23),
zum Theil Zwischengesteine zwischen Keratophyr und Felsitporphyr
(Balduinstein, s. Analyse Nr. 1 bei Felsitporphyr, Katzenellenbogen, Diez),
haben ein analoges Alter. Die Gesteine Nr. 2—5 sind auf Lossen’s
Übersichtskarte des Harzgebirges als Syenit- (Orthoklas-) Porphyre be-
zeichnet.
Mit Recht hebt Lossen hervor, dafs in diesen Gesteinen die Menge
der Alkalien bei weitem gröfser ist als die von Kalk und Magnesia. Er
nennt sie palaeoplutonisch, d. h. „älter als die produktive Steinkohlen-
formation, mit welcher unser Flötzgebirge beginnt, während die Kulm-
formation noch zum Übergangsgebirge der alten Gebirgskerne gehört“.
Ich halte es nicht für gerathen, das Alter der Eruptivgesteine in so hohem
16 Rors:
Maalse zu betonen und nach Trennung in ältere und jüngere Eruptiv-
gesteine noch weitere Abtheilungen zu machen, da Eruptivgesteine des
verschiedensten Alters nach allen Richtungen gleich zusammengesetzt sind.
3. Syenit.
Für 4,75% Kohlensäure in Analyse Nr. 1 sind erforderlich 1,51%
Kalk und 5,832 Eisenoxydul, so dafs 2,70% Kalk- und 9,39% Eisenoxydul-
Karbonat vorhanden sind. Dann bleibt für Chlorit und Magneteisen
1,072 Eisenoxyd, 0,13% Eisenoxydul und 0,103 Manganoxydul übrig und
für die Alkalien ist um Feldspäthe zu bilden zuviel Thonerde und Kiesel-
säure vorhanden. Die Analyse Nr. 2 stimmt sehr gut mit der von Zirkel
(Beitr. z. Petrogr. 1869. LVIN. 1) angestellten überein. Die Bestimmung
der ohne Frage vorhandenen Titansäure fehlt.
4. Nephelinsyenit.
Die Analyse des Augites aus dem Foyait von S. Vincente (Nr. 3)
ergab eine sehr auffallende Zusammensetzung aus
Sı02 APO2 Fe&20% FeO MsO CaO NO
41.08 9,11... 17.18, 19,997, 252377 76.09778.70 100,44 Zn
21,91 4,25 5,15 3,55 0,92 1,74, 2,25—=8,46.9,40.
21,91. Es läfst sich keine Formel aus diesen Zahlen ableiten. Wenn
der Feldspath des Gesteins nach Kertscher’s Analyse 7,89% Kalı und
4,112 Natron enthält, so würde auf die nach Dölter neben 19,52 Augit
vorhandenen 352 Feldspath 2,762 Kalı und der Rest Kalı 2,582 auf Nephelin
und Analcım fallen, so dafs der Nephelin etwa 6% Kalı enthalten würde,
eine Menge, welche schon in Nephelin beobachtet ıst. Auch die Menge
der Thonerde, Kieselsäure und des Natrons stimmt mit obiger Berechnung
gut überein; für die angenommenen 22 Maoneteisen bleibt nichts vom
Eisenoxyd übrig, da 19,5% Augit nach obiger Formel schon 3,35% Eisen-
oxyd verlangen.
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 17
5. Glimmersyenit (Minette).
Die chemische Beschaffenheit von Mitte und Salband des Ganges
(Nr. 1 und 2) weicht nicht ab. Dafs in den englischen Minette-Felsiten
Nr. 3 bis 8 die Kohlensäure nicht nur an Kalk gebunden sein kann, er-
giebt sich für Nr. 3 und 8 von selbst. Ob in Nr. 4, 5, 6, 7 Dolomit
vorhanden ist oder Kalkkarbonat, wie Bonney und Houghton annehmen,
läfst sich aus den Analysen nicht ersehen. Die Deutung der Minette-
Analysen scheitert zunächst an der meist mangelnden Kenntnifs der
Glimmerzusammensetzung. Wie schon Rosenbusch anführt, ist die
überall hervortretende Neigung zu starker Verwitterung und die reiche
Karbonatbildung aus der mineralogischen Zusammensetzung nicht erklär-
lich. Der Wechsel im Gehalt an Kieselsäure und Thonerde ist auffallend
grols.
B. Feldspath vorwiegend triklin.
1. Glimmerdiorit und Kersantit.
In dem dunkelgrauen, gleich- und mittelkörnigen Quarzglimmer-
diorit Nr. 1, welchen Gümbel als typischen Lamprophyr bezeichnet, sind
nach dem Kieselsäuregehalt 2,73; m Nr. 2 10,04; in Nr. 3 6,41 % Kalk-
karbonat vorhanden, wenn alle Kohlensäure an Kalk gebunden ist. Der
geringe Natrongehalt dieser Gesteine erklärt sich aus der starken Ver-
witterung. Das Kali kommt zum Theil dem Glimmer, zum Theil dem
Orthoklas zu, der in Nr. 2 u. 3 in nicht unbeträchtlicher Menge vorkommt,
so dafs das Gestein Nr. 3 von Rosenbusch und von mir (Chem. Geol. II
127) den Glimmersyeniten (Minetten) zugerechnet wurde. Nach Pöhl-
mann (l. ec.) ist der Oligoklas in Nr. 1 oft zonal, schliefst Quarzkrystalle
und Apatit ein, der Augit führt Flüssigkeitseinschlüsse, Apatit, Magnet-
eisen und Chromeisen und setzt sich vom Rande aus in Hornblende, auch
in Chlorit um. Der Flüssigkeitseinschlüsse führende Quarz hat keine
selbstständige Formenentwickelung. Die Menge der Titansäure wurde
nicht bestimmt. Kleine, von Biotit umgebene rundliche Anhäufungen be-
stehen innen aus radialen Feldspathen und aus secundärem Kalkspath.
Phys. Cl. 1884. Abh. I. 3
18 Ron:
Der Quarz in Nr. 2 u. 3 tritt mit Feldspath verwachsen, aber nicht por-
phyrisch auf. Die Kalkspathknöllchen sind ähnlich denen in Nr. 1 zu-
sammengesetzt und entstanden. Die chemischen Unterschiede zwischen
Quarzmitte und Salband Nr. 4 u. 5, die namentlich im Gehalt an Alkalien
und Kalk hervortreten, rühren für den letzteren wahrscheinlich daher, dafs
schwefelsäurehaltige Sickerwässer den Kalkspath ausgelaust haben, dessen
Menge in Nr. 4 nicht anzugeben ist, da die Kohlensäure nicht bestimmt
wurde. Wenn kein Feldspath in Nr. 5 sich findet, sind die Alkalien schwer
unterzubringen, da nach der Analyse des Biotites von Nr. 4 in diesem
kein Natron vorhanden ist; freilich tritt sehr wahrscheinlich Glasbasis auf,
der auch ein grofser Theil der Kieselsäure angehört, da Quarz fehlt und
der Glimmer nur 38,722 Kieselsäure enthält. Die Schieferung wird durch
Parallelstellung des Biotites bewirkt.
Kalkowsky, der das von ihm als dichten Glimmerdiorit oder
Kersantit bezeichnete Gestein Nr. 6 zuerst untersuchte, und das Kalkkar-
bonat (nach Kohlensäure berechnet 8,50 %) aus durchbrochenen Kalklagern
der krystallinischen Schiefer stammen läfst (Jahrb. Miner. 1876. 156),
giebt auflser den krystallinen Gemengtheilen eine zu grünen Fasern um-
gewandelte Zwischenmasse an. Schalch und Sauer (l. ec.) erwähnen in
dem „vorherrschend dichten Gestein“ nur die schon von Kalkowsky
angeführten Glaseinschlüsse in Biotit, Hornblende und Augit. Nach Wun-
derlich (l.c.) war das analysırte Gesten sehr reich an Glimmer, der
an anderen Stellen ganz von Hornblende verdrängt wird. Nach Kal-
kowsky tritt auch in Nr. 6 m dem Augit und sehr selten im Gesteins-
gewebe Picotit, nach Pöhlmann (l.c. 94) Chromeisen auf. Nach der
Kohlensäure berechnet würde Nr. 7 2,952 Kalkkarbonat erhalten. Da
mit dem Gestein Nr. 6 diehte Syenite auftreten und darin bis 30mm
lange Orthoklase gefunden wurden, erscheint die Zugehörigkeit zum Ker-
santit nicht ganz sicher gestellt.
Bei den starkveränderten Kersantiten (Nr. 8 bis 16) geht entspre-
chend die chemische Zusammensetzung und namentlich der Gehalt an
Karbonaten (Maximum 32,012 in Nr. 15) weit auseinander, und auch
dann, wenn man das Silikatgemenge nach Abzug des Apatites, der Kar-
bonate und der Schwefelverbindungen berechnet. Die Zusammensetzung
der Karbonate wurde dadurch ermittelt, dafs man das Gesteinspulver mit
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 19
50 procentiger Essigsäure behandelte. Darnach ist procentisch die Menge
des Apatites, der Schwefelverbindungen und der Karbonate und die Zu-
sammensetzung der letzteren in
BB. Os oyunda 14 15
Apatit 0,82 1,52 0,98 0,69 1,08 0,82 0,93 0,7
Seren a A
Karbonate 7,57 8,37 10,03 16,31 0,45 1,00 28,08 32,01
co? 3,40 3,755 4,63 7,33 0,20 0,44 12,70 14,44
CaO 3,82 3,30 420 5,00 0,25 0,56 8,42 10,30
Ms&O Das a 9 rn eg
FeO un m ko 0 00:209 9.08
MnO nr ET rin. busen
Chemisch tritt in Nr. 8 bis 16 das procentische Überwiegen des Kali ge-
gen Natron hervor, nur in Nr. 14 ist etwas mehr Natron als Kalı vor-
handen.
Der oberharzer Kersantit Nr. 9—15 tritt nach A. von Groddeck
als 1—2m mächtiger, über 8 Kilometer langer Gang in Oberdevon und
Culm zwischen Lautenthal und Langelsheim in mehreren parallelen, durch
Verwerfungen verschobenen Gangstücken auf. Von den drei Varietäten
ähnelt die erste normale (Analysen 9, 10, 11) dem Kersantit von Laveline
(Analyse 8); die zweite (Analysen 12 und 13) mehr einem Granite oder
Quarzporphyr; die dritte Varietät (Analysen 14 und 15) bekommt durch
die helle Färbung ein von den bekannten Kersantiten abweichendes An-
sehen. Sie ist durch Übergänge mit der normalen Abänderung verbun-
den, verdankt der Nähe von Kramenzelkalkmassen ihren hohen Gehalt an
Karbonaten, welche nach von Groddeck dem oberharzer Kersantit
überhaupt allmählich (unter Umwandlung des Gesteins) durch wässerige
Lösung zugeführt wurden. In den Analysen Nr. 14 und 15 sinkt der
Maonesiagehalt nach Abrechnung der als Karbonat vorhandenen Magnesia
auf 1,41 und 0,67%, während er dann in den übrigen Analysen noch
5,42 bis 8,252 beträgt. Nach von Groddeck bestanden zwischen den
38
20 Rors:
Gesteinen der normalen und der zweiten Varietät, welche nicht durch
Übergänge verbunden sind, ursprünglich Verschiedenheiten des Gesteins-
magma. Das Gestein Nr. 16, von Lossen vorläufig zum Kersantit ge-
stellt, zeichnet sich aus durch optisch zweiaxigen, eisenhaltigen Glimmer
(Phlogopit im Sinne von Dana und Kenngott), durch Rutilmikrolithe
in Glimmer und Feldspath, sowie durch hasel- bis walnulsgrofse Aus-
scheidungen, in welchen neben Feldspath und Glimmer Granat, Cyanit,
Sillimanit, Rutil und Zirkon auftreten. Zur Analyse wurde eine von die-
sen Ausscheidungen und von gröfseren Plagioklas-Einsprenglingen freie
Varietät verwendet. Das Gestein tritt, allem Anschein nach, lagerartis
zwischen den Schichten des oberen Wieder Schiefers auf.
Die Gesteine, deren Analysen unter Nr. 17 —23 gegeben sind,
kommen in Einer Eruptivmasse als Spaltungsgesteine vor und sind durch
Übergänge mit einander verbunden. Trotz der grolsen mineralogischen
und entsprechend chemischen Verschiedenheit wurden sie daher neben-
einander aufgeführt. Vom typischen Quarzglimmerdiorit Nr. 17 mit 70,17%
Kieselsäure, untergeordnetem Orthoklas und sehr einzelnen monoklinen
Augiten, aber ohne Hornblende, verlaufen sie durch Aufnahme von rhom-
bischen Pyroxenen in quarzreiche und weiter in fast quarzfreie Norite
mit wenig monoklinem Augit, die sich bei porphyrischer Ausbildung in
einzelnen Fällen durch Zunahme des monoklinen Augites den Diabas-
porphyriten nähern. Nach der Analyse ist der Plagioklas aus Nr. 21 ein
Andesin (l1Ab-+2An; spec. Gew. 2,694). Hypersthen und Enstatit
liefern Bastit; der meist als Diallag ausgebildete monokline Augit ist oft
mit Hypersthen und Biotit verwachsen. Der Biotit liefert grünes chlori-
tisches Mineral, das oft gelbe Epidotkörnchen eingesprengt hält. Wenn
auch nicht nachzuweisen ist, dals mit dem steigenden Gehalt an Kiesel-
säure der Orthoklasgehalt steigt, weil der Kaligehalt zunimmt (vergl.
Nr. 18 und 20), so fällt dabei der Gehalt an Thonerde und die Summe
von Magnesia und Kalk. Die relativ geringe Menge der Magnesia (1,23%)
in Nr. 17 gehört dem Glimmer an, da Augit sehr vereinzelt vorkommt.
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 21
2,9 DIorit.
Die Analysen Nr. 1 bis 9 sind mit zum Theil stark veränderten
Gesteinen angestellt, die wohl nirgends einen sicheren Schlufs auf die
chemische Beschaffenheit der Plagioklase gestatten. Die Gegenwart von
gröfseren Quarzmengen drückt sich in den gröfseren Mengen der Kiesel-
säure aus, der nahe Verband mit Glimmerdioriten auch in dem geolo-
gischen Vorkommen (Nr. 6). Auf die starke Verwitterung ist wohl auch
das Überwiegen von Kali über Natron in Nr. 1 zu setzen. Der Diorit
Nr. 8, chemisch dem Diorit Nr. 9 sehr ähnlich, enthält in dem Glühver-
lust 3,549 bedeutende Mengen von Kohlensäure, da mit Essigsäure 4,020
Kalk (entsprechend 3,16% Kohlensäure) und 0,57@ Eisenoxydul in Lösung
gehen.
3. Porphyrit.
Das Gestein Nr. 1, das nur in losen Blöcken zu finden ist, wird
als Gang im Gneils bezeichnet. Es enthält nur Glimmer, aber nicht
Hornblende oder Augit. Die oft zonalen und dann verschiedene Aus-
löschungsschiefe zeigenden Plagioklase (spec. Gew. 2,68 — 2,692) werden
als Labradore bezeichnet; aulserdem kommen in der Grundmasse Plagio-
klasleisten vor, welche dem Oligoklas zugezählt werden; ferner grano-
phyrisch mit Quarz verwachsene Öligoklase als Zwischenmasse. Die
sröfseren Quarzpartien machen den Eindruck secundärer Bildung. Die
Phosphorsäure des ziemlich reichlichen Apatites wurde nicht bestimmt.
Ein Theil des Quarzes scheint secundär aus umgesetztem Glimmer zu
stammen. Zwei andere, l. c. angeführte Analysen des Gesteins geben
sehr nahe stehende Zahlen. Williams nennt nach der von Rosenbusch
(Jahrb. Miner. 1882 II. 1) vorgeschlagenen Nomenklatur das Gestein
„Quarzglimmerdiorit-Porphyrit“!).
Das von Gümbel seinen Lamprophyren zugerechnete Gestein Nr. 2
bezeichnet Pöhlmann ebenfalls als Quarzglimmerdiorit-Porphyrit. Es
1) Beschränkt man, wie es wünschenswerth ist, die Bezeichnung Porphyrit auf
porphyrische Ausbildungen von Hornblende- und Glimmerdiorit, so reicht der Name Quarz-
glimmerporphyrit aus, der wenigstens um etwas kürzer ist.
Rorm:
[5]
(55)
steht chemisch dem Gestein Nr. 3 sehr nahe. Die Grundmasse besteht
der Hauptsache nach aus Feldspath (wohl meist Orthoklas), Quarzkörnern
und Glimmer. Die Feldspäthe schliessen Apatit, Zirkon, Magneteisen ein.
Auch hier fehlen Hornblende und Augit. Die vielfach untersuchten, so-
genannten schwarzen Porphyre aus Lugano Nr. 3 — 7, welche ich in den
Beitr. z. Petrogr. 1879 XX. 4 den Felsitporphyren zurechnete, gehören
nach den Arbeiten von Gümbel und Toyokitsi Harada (Jahrb. Miner.
Beilagebl. U. 9. 1883) zu den quarzführenden Porphyriten. Ihre Ausbil-
dung schwankt zwischen vollkrystallinen Quarzdioriten und Gesteinen, deren
Grundmasse nur aus röthlichbraunem Mikrofelsit, einzelnen kryptokrystal-
linen Körnern und Plagioklasleisten besteht. Die Gesteine enthalten Zir-
kon, Titanit und Apatit in verschwindender, Magneteisen in wechselnder
Menge, aufserdem Plagioklas, Hornblende, Biotit, Quarz und ÖOrthoklas.
Secundär finden sich chloritische Substanz (Chloropit Gümbel), Epidot,
Karbonate, Quarz, Eisenoxydhydrat, Kaolin u. s. w. Die Hornblende ist
selten frisch, meist wie der Biotit m chloritische Substanz umgesetzt. Aus
dem Gestein von Maroggia (Nr. 3) zieht Salzsäure 21,6% Chloropit aus;
bei dieser Behandlung werden Maonetit, Brauneisen, Karbonate zugleich
gelöst und die übrigen Gemengtheile angegriffen, so dafs die Überein-
stimmung zwischen dem aus Nr. 3 und aus Nr. 5 Ausgezogenen nicht
grols sein kann. Harada fand für das relativ frischeste bei Melide ge-
schlagene Gestem ein spec. Gew. von 2,672 — 2,675. Eine Berechnung
auf die Quantität der Gemengtheile ist wegen der starken Verwitterung
des Gesteins nicht auszuführen, das an Karbonaten sowohl solche von
Kalk als von Magnesia enthält und aufserdem noch grofsen Wechsel in
chemischer und mineralogischer Zusammensetzung zeigt. Die unter Nr. 9
— 24 aufgeführten Porphyrite, welche als grünsteinartige Porphyrite oder
Örtlerite, als propylitische Porphyrite oder Biotitporphyrite (obwohl sie
Biotit nur accessorisch führen) und als graue andesitische Porphyrite oder
Suldenite mit der Nebenform der unter Nr. 22 — 24 aufgeführten quarz-
haltisen Porphyrite bezeichnet werden, stellen eine zusammengehörige
Reihe von Porphyriten mit accessorischem Augit und Biotit dar. Ihre
chemische Zusammensetzung wechselt, namentlich im Kieselsäuregehalt
(49 — 629), stark. Mit der Zusammensetzung des Gesteins Nr. 14 wird
die des auch äufserlich mit dem Ortlerit übereinstimmenden „Nadeldiorites
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 23
(s. S. X. Nr. 8) von Rohrbach“ verglichen. Das letztere Gestein gehört
nach Gümbel den krystallinischen Schiefern an. Stache und v. John
vergleichen die Analyse Nr. 22 mit Analyse Nr. 8. Da Ortlerite von
Suldeniten eingeschlossen werden, so liegen mehrere Ergüsse vor.
4. Gabbro.
An der Ostseite des Brockengranitites tritt in der Randzone eine
Gesteinsreihe auf, die vom typischen Brockengranitit einerseits zum harz-
burger Gabbro, andererseits zu sehr basischem Diorit führt. Zu dieser
Reihe gehört das Gestein Nr. 1, welches u. d. M. neben Labrador, Erz,
Apatit reichlich hellgrünlichgelben Augit, etwa ebensoviel Biotit, eine
relativ geringere Menge von Bronzit und Hornblende und noch weniger
Quarz enthält. In dem feinkörnigen, grauen, weilslich gesprenkelten,
feldspathführenden Gestein sieht man makroskopisch zahlreiche braune Bio-
tıtblättehen. Das Gestein hat mit Gabbro die typisch körnige Ausbildung
gemein, enthält jedoch nicht Diallag. Dem harzer Gabbro gegenüber ist
der Gehalt an Kieselsäure hoch, der an Thonerde und Kalk geringer; die
Menge an Eisenoxyden und Kalı entspricht dem Biotitgehalt. — Der Pla-
gioklas in Nr. 2 kann nicht Labrador sein (wenn man diesen mit TJAb—+
2An = 55,43% Kieselsäure begrenzt), da der Kieselsäuregehalt des Gesteins
durch den niedrigeren Kieselsäuregehalt des Diallag herabgedrückt wird.
Die Abweichung in dem spec. Gew. und der chemischen Zusammensetzung
von Nr. 6 vermindert sich, wenn man den hohen Gehalt an Magneteisen
(188) in Betracht zieht; der Rest läfst sich auf Hornblende, Bastit und
Serpentin, Apatit (etwa 2,882) vertheilen, obwohl der Thonerdegehalt
hoch bleibt. Eine chemische Verschiedenheit zwischen Olivin- und Oli-
vinbastitserpentinen tritt nicht hervor.
5. Diabas.
Die gröfsten Wechsel bieten die Analysen der in Zuständen von
sehr verschiedener Frische untersuchten Diabase und Diabasporphyrite,
namentlich im Gehalt an Kalk und Magnesia. Im Proterobas Nr. 1 ist
der Magnesiagehalt auffallend gering. Der Diabas Nr. 7, welcher den
94 Rork:
gangförmigen Granitporphyr Nr. 23 seitlich scharf begrenzt, ist älter als
der letztere, da der Granitporphyr Diabasstücke einschliefst (vergl. Weils,
Zeitschr. d. geol. Gesellsch. 32. 488. 1881).
Die von E. E. Schmid analysirten, unter Nr. $S—15 aufgeführten,
quarzfreien Gesteine wird man zusammenfassen und als glımmerführende
Diabasporphyrite bezeichnen können, obwohl die Grundmasse nach Schmid
häufig sich vollständig krystallin verhält. Die Paramelaphyre, welche
untergeordnet, aber in selbstständigen Bänken im „Glimmermelaphyr“
auftreten, enthalten weniger Glimmer und Maoneteisen als diese, während
die Melaphyre sich auszeichnen durch Gehalt an Enstatit. Ältere, gut
übereinstimmende Analysen dieser Gesteine habe ich in den Beiträgen
1879 (L. 21) und 1861 (27. 5) unter Melaphyr aufgeführt. Die Analyse
des pleochroitischen Augites aus Diabas Nr. 16 ergab
DON OEFFRE20> EHE OE MOTTO NEO
47,99 13,30 11,32 10,39 6,16 5,14 6,60 100,30, mt 0
DE a en a
7,94 :9,61.: 25,59. Die von Dölter angenommene Ähnlichkeit mit Akmit
ist demnach nicht grofls, weder im Gehalt an Magnesia, Alkali, Thonerde
noch in den Sauerstoffverhältnissen. Der Plagioklas zeigt Verschiedenheit
in Schmelzbarkeit und spec. Gew. (eine Analyse ergab Andesin mit 0 —
4,65.12,66.30,06), so dafs Labrador und Kieselsäure-reichere Feldspäthe
vorhanden sind. Dölter berechnet das Gestein zu 66—682 Feldspath,
11—13%2 Ausit, 7— 8% Biotit und 15% Macneteisen, aber an Eisenoxy-
den sind nur 4,91% Oxyd und 5,372 Oxydul vorhanden, von denen noch
ein Theil dem Augit zukommt. Die Zusammensetzung des Gesteins ist eine
ungewöhnliche und seine Zugehörigkeit zu Diabas fraglich. Eine frühere
Analyse des Gesteins Nr. 20 wurde in den Beitr. 1869. LXXVIII Nr. 3
unter Melaphyr aufgeführt. Sie weicht beträchtlich ab.
Die Analyse Nr. 22 stimmt gut mit der unter Nr. 2 aufgeführten
‘überein, die wesentlichste Abweichung liest in den Alkalien, was bei so
stark veränderten Gesteinen nicht auffallen kann.
Der Labrador aus Nr. 23 steht der Formel 1Ab-+3An nahe; der
Augit daraus enthält
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine.
Si0O? APO® FeO MgO CaO
49,21 4,76 15,58 15,79 13,25 = 98,59; mit O—
26,25 2,22 3,46 6,32 3,79 = 13,57.2,22.26,25,
entsprechend 18RO Sı0? + Al?O3.
Der rhombische und viel reichlicher als der monokline vorhandene
Pyroxen, der ein Mal fast vollständig durch Augit umschlossen beobach-
tet wurde, Erzkörner, Apatit und Glaseier umschliefst, aus Gestein
Nr. 24, dessen Alter als praecarbonisch bestimmt wurde, enthält
SiO? AO? FeO CaO MgO Wasser
52,53 3,388 9,89 6,19 26,66 0,26,—98.91 ; mit ‚OÖ,
28,02 1,58 2,20 1,77 10,66 — 14,63.1,58.28,02 = 27RO Si0?
—-Al?O3; dabei ist angenommen, dafs kein Eisenoxyd vorhanden war.
Das spec. Gew. des rhombischen Pyroxens beträgt 3,331. Für einen
solchen erscheint der Kalkgehalt ungewöhnlich hoch; Ca:FeO:MsO
—= 4:5:24. Die von J. Petersen (]. ec. 12) angegebenen Zahlen sind
unrichtig. Der oft zonale und an Einschlüssen reiche Labrador (spec.
Gew. 2,666) entspricht der Formel 1Ab-+2An. Der Eisenglanz findet
sich als Einschlufs in der Glasbasis, vereinzelt auch in anderen Gemeng-
theilen. Die entglaste Glasbasis (spec. Gew. 2,437), welche Mikrolithe
der Augite und von Feldspath führt, enthält
5.02 ARO3 Fe203 MsO (a0 N2O K?O Wasser
Basar 19.99 1 098 2,05 225 , 4395 5,89—99,07, mıt OÖ
35,33 635 093 011 079 058 0,84—
2,32.9,60.35,33, Oquotient 0,272. Die Basis enthält demnach viel mehr
Kieselsäure, viel weniger Magnesia und Kalk, ferner die Alkalien in an-
deren Verhältnissen als das ganze Gestein. In der Basis überwiegt Kalı
gegen Natron, 3 K?0:2Na?O, während im Gestein das Verhältnifs
1 K?0:2 Na?O ist. Da die in den rothen Adern auftretenden Mine-
ralien Opal und Chaleedon auch als Ausfüllung der Gesteinshohl-
räume vorkommen (Petersen |. c. 24), so ist das Gestein stark ver-
ändert.
In dem verwitterten Gestein Nr. 25 ist an die Stelle der Pyroxene
chloritische Substanz getreten, oft begleitet von Karbonaten, Quarz, auch
wohl von Epidot und Opal. Die Grundmasse ist mehr oder weniger
Phys. C1. 1884. Abb. 1. !
36 Rornt:
krystallin und nach Petersen aus umgewandelter Basis hervorgegangen.
Bei der Umänderung der Diabase des oberen Ruhrthals Nr. 28 zu Epidosit
Nr. 29 und 30 nimmt, ähnlich wie bei der Umänderung der Felsitpor-
phyre in Epidot, das spec. Gewicht, die Menge des Kalkes und der Eisen-
oxyde zu, die der Alkalien ab. Der Epidot entsteht aus der Wirkung des
aus dem Augit Ausgelaugten auf den Plagioklas. Nr. 29 besteht fast nur
aus Epidot und Quarz, Nr. 30 ist weniger verändert.
Olivindiabas.
Nach Gümbel (l. e. 152) löste aus dem Palaeopikrit von Schwar-
zenstein bei Trogen, NO von Hof (s. Beitr. 1879. XLVI. 51) Salzsäure
332 I und läfst nach der Analyse des Ganzen übrig II
SıO?2 AI?O3 Fe?203 FeO MnO MsO CaO Na?O K?O Glühv.
1 10,93 2,31 1,46 2,58 0,07 9,34 0,68 0,32 0,26 5,12 —= 33,07
IT 26,19 2,65 7,46 5,04 0,33 17,58 5,46 0,08 0,23 — 65,02
as as 05 on 3 0,5
Wahrscheinlich gehören zu I noch 0,09C0?, 0,10P?05 und 0,402 TiO?.
Das in Säure Lösliche I enthält den Chloropit und den Olivin. Berech-
net man II auf 100, so erhält man III. Die von Gümbel (Fichtelgebirge
152 unter IV) und von mir (Beitr. zur Petrogr. 1879. 35) angegebene
und von Gümbel mit Diallag verglichene Zusammensetzung des Restes
(492 Sı0?; 152 AlPO® und Fe?O°; 209 CaO; 149 MsO) bezieht sich
nicht auf IH, sondern auf den Rest von 152, welchen das Gestein nach
fortgesetzter Behandlung mit Salzsäure hinterläfst.
Der Kelsoporphyrit Nr. 34 tritt in Unterkarbon (Tuedien) auf. Der
in Salzsäure leicht lösliche Plagioklas des Gesteins von St. Vincent Nr. 35,
welcher nach der Analyse 50,412 SıiO?, 29,009 Al?O°, 13,41% CaO und
(aus Verlust berechnet) 6,572 Alkali enthält, entspricht etwa einem Labra-
dor. Sind davon, wie Dölter nach der mechanischen Analyse annimmt,
etwa 55— 602 vorhanden, so erfordern 552 27,73% SiO?, 15,95 A103,
7,382 Kalk und 3,61% Alkali, und für den Rest von 44,14% (d. h. für
Augit, Glimmer, Olivin, Hornblende u. s. w.) würden übrig bleiben 11,912
Kieselsäure, 1,032 Thonerde, 15,922 Eisenoxyde, 3,202 Kalk, 6,65% Ma-
gnesia und 5,439 Alkali, so dafs chemische und mechanische Analyse
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 27
wenig übereinstimmen. Nach Rosenbusch, welcher (Jahrb. Miner. 1883.
‚1. 399) Beschreibung und Analyse nicht in Einklang zu setzen weils,
deutet die Analyse auf Teschenit.
Schalstein.
Aus dem Schalstein von Töpen Nr. 1 löst Salzsäure 46,272, da-
runter den Gesammtgehalt der Karbonate und Phosphate. Berechnet man
das Gelöste ohne Kalkkarbonate (16,743), so bleibt für das Übrige auf
100 berechnet a, während Chloropit im Mittel 5 liefert
Sı0O?2? APO3 FeO03 FeO MsO CaO Alkalı P2O5 Wasser
a 32,61 16,58 3,16 17,23 14,07 2,083 2,07 0,14 123,11 100
db 29 15 29 13 3 1,4 — 10 100,4.
—. . —
Bis auf den in a niedrigeren Gehalt an Eisenoxyden stimmen a und b
ziemlich gut überein.
6. Melaphyr.
Ob die in Beitr. 1869. LXXVIU. 16 und 17 mitgetheilten Ana-
lysen sich auf dieselben Gesteine wie die Analysen Nr. 1 und 2 beziehen,
vermag ich nicht zu entscheiden. Die schlesischen Melaphyre enthalten
nach Coleman vorwiegend Plagioklas (wahrscheimlich Oligoklas), ob auch
Orthoklas ist fraglich. Dasselbe gilt von der Annahme Coleman’s, dafs
die rundlichen Quarzkörner in Nr. 3 mit radialgestellten Kränzen von um-
geänderten Augit- und frischeren Hornblende-Prismen zu den primären
Gemengtheilen gehören. In manchen Gesteinen (wie bei Hagendorf)
fehlt Olivin, in manchen Gesteinen (wie südwestlich von Lähn) Basis
gänzlich.
Die Glimmermelaphyre des Harzes (Nr. 17, 18, 19, 22) treten
über Conglomerat des unteren Rothliegenden und unter mittlerem Roth-
liegenden auf; im letzteren erscheint Porphyrit, der daher jünger ist als
die Glimmermelaphyre. Die nach dem hohen Gehalt an Karbonaten stark
veränderten Gesteine erlauben keinen chemischen Vergleich mit den übri-
gen Melaphyren. Wahrscheinlich gehört zu den Glimmermelaphyren auch
4*
938 Rornz:
das früher von Streng (Zeitschr. d. geol. Ges. 10. 154. 1858) analysirte
Gestein.
7. Ophit.
Die beiden Analysen, die ersten von Ophit, zeigen grofse Überein-
stimmung mit den Analysen der Diabase, wie nach der ähnlichen mine-
ralogischen Zusammensetzung zu erwarten war.
Ill. Jüngere Eruptivgesteine.
A. Feldspath vorwaltend Sanidin.
115 inpenane
In dem Liparit von Berkum Nr. 1 und 2 ist Quarz nirgend er-
kennbar, aber man sieht sofort aus den Sauerstoffmengen, dafs nicht alles
Alkalı (2Na?O +1K?O) als Feldspath vorhanden sein kann, dazu reicht
die Menge der Thonerde nicht hin. Die Eisenoxyde und das Mangan-
oxydul gehören dem Magneteisen und der Hornblende an. Der Gehalt
an Kieselsäure übertrifft den des Sanıdins. Eine Berechnung der Quan-
tität der Gemengtheile, welche in dem analysirten Gestein unveränderte
Mineralien voraussetzt, wird unthunlich, weil die Zusammensetzung und
Menge des Glases nicht bekannt ist. Laspeyres berechnet 1. c. für das
Gestein nur 3,74% freie Kieselsäure, wobei die Rechnung ein Mehr von
2,04% Thonerde ergiebt. Ich würde der Voraussetzung, dafs das Glas
gar keine oder nur sehr wenig Thonerde enthalte, nicht zustimmen, weil
dafür keine Analogie vorliest. Die Glasbasis muls nach den Zahlen der
Analyse weniger Thonerde und mehr Kieselsäure als Sanidin enthalten.
Das an Alkali sehr reiche Gestein steht der Grenze zu Sanidintrachyt
jeden Falles sehr nahe.
Das verschiedene Verhältnifs von Kalı und Natron, welches die
Analysen des Liparites der Baula Nr. 3 ergeben, erklärt sich nach Schir-
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 29
litz aus der ungleichen Vertheilung von Sanidin und Plagioklas in dem
Gestein. Auf 1 Mol. Kalı fand Forchhammer 2; Kjerulf 2,49; Bun-
sen 0,68; Winkler 0,31; Schirlitz 1,09 Mol. Natron. Secundäre, ra-
dialfaserige, gelblichbraune Bildungen, welche die Gesteinsporen erfüllen,
haben die gröfste Ähnlichkeit mit Delessit. Das Gestein Nr. 4, bei wel-
chem kein Glühverlust angegeben, ist nicht als frisch zu betrachten. Da
nach Förstner im Liparit Nr. 6 die glänzenden Feldspäthe überwiegen,
welche zum grölsten Theil Sanidin (spec. Gewicht 2,569 bis 2,594; mit
1 Kali —+ 2,1 Natron, daher als Natronorthoklas bezeichnet), zum kleineren
Theile Plagioklas sind, so erscheint das spec. Gewicht des Gesteins (2,40)
sehr niedrig. Die Analyse des Liparites Nr. 7 stimmt mit der früheren
von K. v. Hauer angestellten (s. Beitr. 1869 LXXXVII Nr. 9) bis auf
die hier gröfsere Alkalimenge gut überein. Das stark veränderte Gestein
Nr. 10 ist fraglich zu den Lipariten gestellt. Relativ gröfserer Gehalt an
Kieselsäure, geringerer an Wasser in den Sphaerolithen der Periite (wie
in Nr. 12 gegenüber Nr. 11), ebenso das in den Sphaerolithen veränderte
Verhalten der Alkalien ist schon früher beobachtet (s. Delesse, Bull.
geol. (2) 11. 109. 1854 Sardinien; und Szabo, Jahrb. d. geol. Reichsanst.
16. 90. 1866 Tokajer Berg). Die Beschaffenheit des Liparites Nr. 13
stimmt mit der von Lipold (Jahrb. d. geol. Reichsanst. 17. 351) ange-
führten überein. Da 0,820 Schwefel 1,562 Eisenkies entsprechen und
dieser Menge 1,03% Eisenoxyd, so fehlt es in der Analyse an Eisenoxyd.
Auf meine Bitte hat Hr. A. W. Hofmann den Kieselsäuregehalt in folgen-
den Obsidianen bestimmt.
Monte Arci, Sardinien 72,478
Tindastoll, Island 71,168
Cerro de las Navajas, Mexico 69,552
Rother, schwarzfleckiger Obsidian, ebendaher 73,438
Ob, wie in dieser ersten Analyse von rothem Obsidian, die Kieselsäure-
menge in den rothen Obsidianen überhaupt’ gröfser ist als in den mit-
vorkommenden schwarzen, müssen weitere Untersuchungen ergeben.
30 119, Our En >
2. Trachyt.
Aus recht frisch aussehendem Trachyt des Arzbacher Kopfes Nr. 1
zog kochende Salzsäure nur 9,52% aus, darunter 1,7859 Kalkkarbonat und
4,2152 Magneteisen. Die Kohlensäure der Analyse Nr. 1 (1,579) ent-
spricht 3,57 0 Kalkkarbonat. Das Gestein Nr. 2 ist stark verändert, und
3,14% Kohlensäure entsprechen 7,13% Kalkkarbonat.
3. Phonolith.
Zu den bisher nicht angeführten Gemenstheilen der Phonolithe
kommt der Sodalith, der, ähnlich wie die übrigen alkalihaltigen Gemeng-
theile, zunächst im Zeolithe und dann weiter umgesetzt wird. Wie in den
früheren Ayalysen ist in den meisten hier mitgetheilten trotz des Vor-
handenseins von Hornblende und Augit der Gehalt an Masnesia und Kalk
ein geringer. Der ungewöhnlich hohe Kalkgehalt in Nr. 4 rührt her von
Bedeckung mit Tuff; von 7,892 Kalk entsprechen 5,772 dem Kohlensäure-
gehalt (4,53%), so dals 10,302 Kalkkarbonat im Gestein vorhanden sein
würden. In Nr. 6 sind für 1,892 Kohlensäure 2,40% Kalk erforderlich.
Auch nach dem hohen Glühverlust sind viele der analysirten Phonolithe
stark verwittert.
Föhr wies in den Phonolithen neben Cer und Yttrium eine Reihe
von Schwermetallen nach: aufser dem schon bekannten Kupfer Blei, An-
timon, Zinn, Nickel, Zink, untergeordnet hie und da Arsen und Kobalt.
Auch in dem Verwitterungsprodukt der Phonolithe von Hohentwiel und
Hohenkrähen, im gelben Natrolith, waren sie neben Gyps, Eisenoxyd-
hydrat und organischer Substanz zu finden. Das Fluor, welches sich beim
Erhitzen der Hegauer Phonolithe entwickelt, stammt nach Föhr wahr-
scheinlich aus Hornblende.
Von den Gemengtheilen sind Feldspath aus Nr. 9 (D), grofse Au-
gite aus Nr. 9 (ID, Hornblende aus Nr. 11 (III) analysirt. Das Material
von II und III wird von Dölter als rein angegeben.
Es enthält
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. al
12) 1) II 10) II 0)
SiO? 62,42 33,29 43,99 23,46 39,96 21,81
ABO3 18,99 8,87 1401 6,54 16,91 7,90
Fe20° Spur — 2,09 0,63 3,42 1,03
FeO _ iu5 884 1,96 8,86 1,97
MnO m -— 0,30 0,07 = “.
MgO — — 10,88 4,35 6,03 2,41
CaO 1,52 0,43 19,42 OEM LREN REN
Na?0 8,66 293 1,09 0,28 9,01 2,33
K20 8,16 1,39 — as _ -—_
99,75 100,62 100,13
O in J: 4,05. 8,87. 38,29., Feldspath mit O = 1,37. 3. 11,26
2102 19,21. 7,17. 25,46. Ausıt
„ MI: 11,26. 8,93. 21,31. Hornblende.
In dem sehr natronreichen Feldspath Nr. 1 (mit etwa 2K:3Na), der
sicher nicht Sanidinzusammensetzung besitzt, ist die Thonerdemenge zu
gering, und auch dann, wenn man Plagioklas als gegenwärtig annimmt.
Der sehr thonerdereiche Augit II entspricht etwa der Formel?) 5RO SiO?
—+- R?O3, die überaus thonerde- und natronreiche Hornblende Ilil etwa der
Formel 15RO SiO? + 4R?0° (Na?0:RO—=1:3,8). Einen Natrongehalt
(1,542) wies im Augit des Phonolithes von Aussig Lemberg nach, wobei
die angewendete Methode der Trennung — Kochen des Gesteins mit Ätz-
natronlauge — freilich kaum reine Substanz übrig liefs. Die Analyse
der kleinen Augite aus Nr. 9, welche Dölter mittheilt (Gehalt an Natron
7,912, an Thonerde 25,96%) bezieht sich wohl nicht auf reine Substanz.
In der verhältnifsmälsig sehr leicht schmelzbaren Hornblende des Phono-
lithes vom Hohenkrähen, welche reich an krystallinen Einschlüssen war,
fand Föhr 8,802 Thonerde, 4,28% Natron und 2,68% Kali, aber nur 0,81%
Kalk und 2,982 Maonesia. In diesem hohen Gehalt an Alkali spricht
1) Analyse von Kertscher.
2) Die Berechnung bei Dölter (Tschermak, Mineralog. und petrogr. Mitth. V.
230. 1882) ist hier wie in vielen andern Fällen willkürlich. Die beiden Atomquotienten
0,026 und 0,035 werden in II= 2 gesetzt und 0,346 — 26, so dals auf 1Na’O 26CaO
berechnet werden, während nur 20 vorhanden sind.
32 Rorse:
sich eine weitere Ähnlichkeit aus zwischen den Hornblenden der Nephelin-
syenite und der Phonolithe.
Die Menge des in Säure Unlöslichen 5 sinkt in Nr. 15 auf 35,582;
ungewöhnlich hoch ist der Gehalt an Eisenoxyden und verglichen mit
der Analyse des Feldspathes sehr wenig Natron vorhanden. Dabei ist
die Übereinstimmung zwischen den Phonolithen Nr. 8 und 9 ebenso grofs
als die Unterschiede zwischen Nr. 14b und 15b. Den unlöslichen Theil
von Nr. 8 (14b) des Phonolithes vom Msid Gharian berechnet van Wer-
veke zu ca. 78,059 Sanidin (2,18K :1Na); 23,68% Akmit und 0,60% Ti-
tanit, so dafs das Ganze 31,13% Sanidin, 9,440 Akmit oder Ägirin ähn-
lichen Pyroxen und 0,25% Titanit enthalten würde. Eine Berechnung des
löslichen Theils, dessen Menge in Nr. 8 und 9 höher als gewöhnlich steigt,
läfst sich nicht ausführen. Berechnet man Nr. 13a, den lösliıchen Theil
des Phonolithes vom Gennersbohl, ohne 26,26% Kalkkarbonat auf 100,
so erhält man
Ssı0O? APO® Fe?O? FeO MnO MsO CaO Na?0O K?O Wasser
44.10 32,17 Ml,322 1,47. °0,5% 1,61. 20,495 28500, 4,0200 23588
0922027 50277186;
Verwitterung der Phonolithe.
Da die gröfste Menge des im Gestein gefundenen Kalıs im Sanıdın
enthalten ist und dieser anfangs weniger als die übrigen alkalıhaltigen
Gemengtheile umgeändert wird, so steigt im verwitterten Gestein die
Menge des Kalıs relativ gegen die des Natrons, wie schon früher Struve,
Gmelin, vom Rath, Prefsler nachgewiesen haben. Auf 100 Th. Kalı
kommen an Natron im Phonolith
von Zittau ‘Nr. 1 113 Th.; in verwitterten Gesteinen
ebendaher Nr. 16 85 Th.
INT 36 Th.
Nr. 18 50 Th.
von Aussig, nicht frisch Nr. 2 133 Th.
ebendaher, verwittert Nr. 39,51, 36 Th. (Lemberg I. c.)
Die relative Zunahme des Natrons in Nr. 18 und im verwitterten Gestein
von Aussig ist schwer zu deuten. Die Annahme, dals in Nr. 16 keine Ab-
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 33
fuhr von Natron stattgehabt habe, ist irrig. Die in den verwitterten
Phonolithen Nr. 16, 17 und 18 hervortretende Zunahme der Magnesia,
welche nur auf Zufuhr zurückgeführt werden kann, beobachteten schon
vom Rath (Phonolith von Ölbersdorf) und Bernath (Phonolith vom
Hohentwiel), während die Abnahme des Eisenoxydes in Nr. 16— 18 stär-
ker ist als in den bisherigen Angaben.
Die Bildung der Zeolithe aus Nephelin und den Sodalithmineralien,
sowie die endliche Bildung von Kaolın aus den Zeolithen und aus Sanidin
erscheint als Fortsetzung eines und desselben Processes, den im Einzelnen
zu verfolgen bis jetzt nicht gelingt. Ist schematisch und zunächst nur in
Bezug auf R?O, Al?O3 und SiO?
Nephelin = 4Na?0 + 4Al? O0? + 9810?
Sodalith = 4Na?0 + 4Al?O3 + S Sı0?
Natrolith = 4Na?0 + 4A O3 + 128102,
so wird die Umänderung von Nephelin und Sodalith m Natrolith nicht
ein so einfacher Procefs sein, als es nach diesen Formeln erscheint, und
nicht blofs in Zufuhr von Kieselsäure und Wasser bestehen, so wenig als
die Umwandlung von Orthoklas in Kaolin blofs in Fortführung von Kali-
silikat und Aufnahme von Wasser besteht. Aufserdem sind die Zeolithe
als solche unter Umständen löslich.
Berechnet man nach der Formel das Verhältnifs zwischen Kiesel-
säure und Thonerde in der Art, dafs man die Menge der Kieselsäure
— 100 setzt, so ist ın
AO® + 6 Si0? Thonerde — 28,55
Noaundssigek bit -Neunde gg
lu. Sn
„nn + 2810? S — 85,67
Nephelin en
Wird Nephelin oder Sodalith in Natrolith umgesetzt, so nähert sich das
Verhältnifs von Al?O3:SiO? der Relation 57, 11; wird Feldspath (6 bis
3SiO?, also mit Ausschlufs des Anorthites) zu Kaolin (Al?0% + 2810°),
so mufs dieselbe Relation (28,55 bis 57,11) auf 85,67 steigen.
Verwittert Phonolith derartig, dals fast nur Sanidin übrig bleibt,
so vermindert sich relativ die Menge der Thonerde; wird aber Kaolın aus
dem Sanidin gebildet, so muls sie steigen.
Phys. Cl. 1884. Abh. 1. D)
34 i KOLBEN:
Im frischen Phonolith I, im verwitterten Phonolith II, im Rest des
frischen Phonolithes nach Behandlung mit Säure III fand Struve Ia Brüx;
Gmelin Ib Abtsrode; vom Rath Ice Ölbersdorf; von Eckenbrecher
Id Zittau (s. Analyse Nr. 1) und so entsprechend für II und IN auf
100 Th. Kieselsäure an Thonerde:
Ia 38,82 Ila 27,85 Im.
Ib 28,67 IIb 25,66 Ib 24,91
TeH31R3s N Mer 29,2 IIlce 26,68
Id 41,57 Id Nr. 16 28,09
Id Nr. 17 39,82
IId Nr. 18 41,22
Wird auch in IId Nr. 18 nahezu das Verhältnifs der Thonerde wieder
dasselbe wie in Id, so ıst die Zusammensetzung wasserfrei berechnet
sehr verschieden. Es enthält
Sı0O? APO? Fe?0? M&O Ca0 N20 K?O
Id Nr. 1 57,91 23,77 4,50 0,01 2,83 6,14 5,44 — 99,90
Ild Nr. 18.61,33 25,28 0,56 1,66 1,45 3,32 6,62 — 100,22
Producte so weit vorgeschrittener Verwitterung wie in Nr. 18 vorliegen,
sind früher nicht analysirt worden. Auf die Ähnlichkeit seiner Analyse
Nr. 2 mit der von verwitterten Liebenerit-Porphyren weist Lemberg
(l. e.) hin.
B. Leueit- und Nephelingesteine.
1. Leucitophyr.
Riceiardı (Gazz. chim. 15. 259 — 262. 1883) bestimmte folgende
Mengen von Vanadin-Sesquioxyd in Vesuvlaven von
1868 — 0,00632
1871 = 0,00750
1872 — 0,01302
1881 — 0,00812
Vesuv-Asche von 1872 — 0,10502.
Man wird dadurch wieder an Scacchi’s Vesbium erinnert.
beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 35
Die 20 von Haughton angestellten Analysen von Vesuvlaven
(Nr. 1— 20, zu denen Prof. Guiscardi in Neapel das Material lieferte)
haben Ihm dazu gedient, die Menge und die Zusammensetzung der Grund-
masse zu berechnen. Ich habe meine Ansicht über das Unzureichende
dieser Methode und über die übrigen Angaben Haughton’s schon 1879
(in der Zeitschr. d. geol. Gesellsch. 28. 439) ausgesprochen; hier jedoch
die Notizen nach Haughton wiedergegeben. Abgesehen davon, dals der
Mangangehalt viel höher angegeben wird als in den sonstigen Analysen
von Vesuvlaven, und davon, dafs das spec. Gewicht für manche Laven
(wie für Nr. 9, 11, 12) gewils zu niedrig ist, stimmen die Analysen gut
mit den älteren und späteren überein. Berechnet man ohne Rücksicht
auf Titansäure, Phosphorsäure, Chlor, Fluor, Wasser und Glühverlust das
Mittel aus Nr. 1— 20, so erhält man die Zahlen I und aus den 27 Ana-
lysen von ©. W. C. Fuchs (s. Beitr. z. Petrogr. 1869. C. Nr. 1— 27) und
zwei älteren Analysen von Rammelsberg als Mittel die Zahlen II. Die
wesentlichste Abweichung von I und II liegt in dem Gehalt an Kalı und
an Thonerde.
Sı02 APO® Fe20® FeO(MnO) MsO Ca0O Na20 K?O
147,84 17,93 4,20 6,15 4,9177 3,216912461°°07 20 —00
II 47,80 19,77 6,27 4,09 4,50 9,26 2,70 5,61=100
In den Analysen von Rieciardi Nr. 21— 32 erscheint der Gehalt an
Phosphorsäure sehr hoch; darnach würden in Nr. 25 an Apatit 4,65%
vorhanden sein.
Der Augit (spec. Gew. — 3,42) aus dem Bimstein des Monte
S. Angelo (Nr. 34) enthält nach Ricciardi
8102 : ABO? FeO .MgO .CaO
5043 4,03 21,34 11,21 12,87 — 99,88
— 26,90 1,88 474 448 3,68 = 12,90.1,88.26,90.
Der Kalkgehalt ist ungewöhnlich niedrig. Ein grofser Augit aus der Lava
von S$. Antao Nr. 35 enthält nach Kertscher 4,322 Natron (Sauerstoff-
Verhältnifs des Augites = 12,06.8,90.20,38) während die mikroskopischen
Ausite derselben Lava 3,72% Natron und ein Sauerstoff-Verhältnils von
10,15.8,94.22,27 liefern. Dölter berechnet das Gestein zu 35 — 405
5*
36 RorH:
Leueit, 102 Augit, 309% Hauyn, 24% Magneteisen, 122 Basis und 108
accessorischer Gemengtheile (Plagioklas, Nephelin, Titanit, Apatit).
2. Nephelinit und Nephelinbasalt.
Das hauynreiche Gestein Nr. 1, in welchem man makroskopisch
grolse Hauyne und einzelne grölsere Augite erkennt, berechnet Dölter
zu 40 — 452 Nephelin, 28 — 32% Augit, 262 Hauyn und 22 Magneteisen.
Da der Kaligehalt bis auf einen sehr geringen Antheil (im Hauyn finden
sich 0,332 Kali) dem Nephelin angehört, so mülste dieser etwa 7% Kalı
enthalten.
Gegenüber den an Nephelin sehr reichen Gesteinen Nr. 1 und 2
ist Nr. 3, wie sich in dem geringeren Gehalt an Alkalı ausdrückt, nephe-
linarm. Der Augit aus Nr. 3 (mit 14,242 Thonerde, 7,892 Eisenoxyd und
nur 0,61% Natron) liefert ein Sauerstoff-Verhältnifs von 11,79.9,02.21,77.
Der Olivin ist zum Theil in ein Gemenge von Magnesia- und Eisenoxydul-
Karbonat umgesetzt, sodals nur noch unveränderte Kerne übrig sind.
Gümbel nennt (l. c. 240) schwach doppeltbrechende, krystalline, aber
nicht von bestimmten Krystallflächen umzogene Zwischenmassen lepto-
morph. In dem gewöhnlich als Masmabasalt ausgebildeten Gestein von
Naurod Nr. 5 ist Nephelin erkennbar, wenn das Gestein feinkörnig aus-
gebildet ist. Als Einschlüsse treten neben anderen Mineralien und Ge-
steinen Hornblende (ohne Krystallumrisse) und sogenannter muscheliger
Augit auf, der jedoch krystallinisch ist. Er besteht nach Sommerlad’s
Analyse aus etwa 6RO SıO?—+- R?O? und hat ein spec. Gew. von 3,379.
(Mit nur 2,202 Eisenoxyd berechnet = 10RO SiO? —+- R? O3.)
Der Nephelinbasalt von Meiches Nr. 6 ist an Alkalı und an Nephe-
lin ärmer als der mit ihm verwachsene Nephelinit, den Sommerlad als
Gang im Basalt, nicht als grobkörnige Varietät desselben betrachtet. Che-
misch sind aufserdem die beiden Gesteine sehr verschieden zusammenge-
setzt, besonders in Bezug auf Thonerde (im Nephelinit 192) und Magnesia
(im Nephelinit nur 2,8%). Der Basalt ist viel reicher an Olivin und
Augit als der Nephelinit.
Der an Melilith sehr reiche Basalt vom Hochbohl Nr. 9 ist hier
eingereiht, obwohl er nach der chemischen und mikroskopischen Unter-
-
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 37
suchung arm an Nephelin sein muls. Der Olivin (spec. Gew. 3,314 bis
3,327) enthielt (Jahrb. Miner. 1884. I. 271)
SO? FeO MsO NiO Rückstand in Salzsäure unlöslich
39,12 13,16 44,380 Spur 3,00 —= 100,08
O = 20,86 2,92 17,92 —= 20,86:20,84; RO —= 6Mgs0O + 1FeO.
Das in Salzsäure Unlösliche besteht aus Augit und vereinzelten Pe-
rowskiten. Ein Versuch, die Zusammensetzung des in Säure Löslichen
(Nr. 17a) zu berechnen, ergiebt Folgendes. Berechnet man nach Koh-
lensäure und Phosphorsäure den Gehalt an Kalkkarbonat und Apatit,
und den Rest des Kalkes auf Melilith, da sich die kalkhaltigen Mineralien
Augit und Perowskit im Unlöslichen finden, so erhält man 3,42% Apatit,
3,450 Kalkkarbonat und etwa 40% Melilith. Der Rest besteht aus
17,372 SiO2, 6,072 APO3, 12,15% Fe?O®, 12,978 MgO, 1,378 NO,
3,122 Wasser. Die 12,979 Magnesia liefern mit 3,81% Eisenoxydul und
11,322 Kieselsäure nach obiger Analyse 28,109 Olivin. Das Natron (1,872
liefert (nach der Formel Nephelin = 4Na?0 + 4Al?0? + 9Si0?) 9,05%
Nephelin. Da obige 3,81% Eisenoxydul 4,238 Eisenoxyd entsprechen, so
bleibt, abgesehen vom Wasser, ein Rest von 1,98% Kieselsäure, 2,969 Thon-
erde und 7,92% Eisenoxyd; dem letzteren würden 7,669 Magneteisen ent-
sprechen. Nach diesen, wenn auch nicht ganz sicheren Daten, da auf
etwaigen Zeolith keine Rücksicht genommen ist, würde das Gestein etwa
372 Melilith, 262 Olivin und 8,4% Nephelin enthalten. Von einer Berech-
nung des Unlöslichen (Nr. 17b) mufs man bei der relativ grolsen Menge
Thonerde absehen.
Berechnet man, um die Unterschiede sichtbar zu machen, den in
Salzsäure löslichen Theil von Nr. 4, 5, 9 (15a, 16a, 17a) wasserfrei, so
erhält man Folgendes:
38 Rorz:
15a (zu 4) 16a (zu 5) 17a (zu 9)
Ssı0? 40,84 39,67 36,68
AL?O? 25,26 9,60
Be 19139 “ 42,30 es) 2%
FeO —_ 12,09) —
Ms0 - 8,68 6,76 17,06
CaO 11,48 5,63 15,68
Na20 3,19 4,01 3,20
110) 1,53 1,38 =
> 2,91 — 002,P20>73,16
100,02 99,75 100,80
Als Nephelin- Tephrite werden Nephelin-Plagioklasgesteine, als Ba-
sanıte olivinhaltige Tephrite bezeichnet. Im Tephrit Nr. 11 ist Orthoklas
so reichlich vorhanden, dafs das Gestein als Übergangsgestein zu Phono-
lith angesehen werden kann. Der von Dölter analysırte Ausit (mit
16,95% Thonerde, 15,07% Eisenoxyd und 5,06% Natron; Na?0:RO—1:6)
liefert ein Sauerstoffverhältnifs RO:R203:Sı0? — 9,09.12,42.19,84. Die
von Dölter (Tschermak, Miner. Mitth. 8. 230. 1882) gegebene Berech-
nung ist unrichtig. Eisenoxyd verhält sich zu Thonerde wie 6:10,5,
nicht wie dort angegeben wie 6:12; der Atomquotient für Kieselsäure
ist 0,62, nicht wie dort angegeben 0,573. Damit fällt die von Dölter
mitgetheilte, sehr künstliche Formel.
Da der Hydrotachylyt in Nephelinbasalt (s. Analyse in Beitr. 1869.
CXII. 32) vorkommt, wurde die Analyse hierher gestellt, welche wie
die früheren Analysen mehr Kalı als Natron und viel mehr Kalı angiebt
als im Nephelinbasalt nachgewiesen ist.
Vielleicht gehört hierher ein von L. Brugnatelli (Boll. Com. geol.
d’Italia 14. 518. 1883) analysirtes Gestein von Rieti, Umbrien. Das dichte
graugrüne Gestein (spec. Gew. 2,65) zeigt kleine Augite und in Hohl-
räumen Mesotype. Unter dem Mikroskop sieht man aufserdem reichlich
Melilith, ferner Perowskit und etwas Glasbasis. Es enthält
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine.
Sı02
AO®
Fe? O3
Ms0
CaO
Na?O
K?0
Wasser 6,66
43,368
9,37
8,88
10,42
15,38
1,49
3,21
98,77
Dar
39
Das starkveränderte Gestein giebt an Salzsäure 78% ab; welchem
Mineral der relativ hohe Gehalt an Kalı gehört, läfst sich aus den An-
gaben nicht ersehen.
C. Feldspath vorwaltend triklin.
1. Pantellerit.
Eisenreiche jüngere Laven der Insel Pantelleria, welche neben kalı-
und kieselsäurereichen, kalkarmen Plagioklasen (der Mikroklin-Albitreihe)
Cossyrit und Augit enthalten, nennt Foerstner Pantellerite.
Er be-
trachtet sie als den Daciten nahestehend und von diesen durch Reichthum
an Natron uud Eisenoxyden, sowie durch Armuth an Kalk unterschieden.
Cossyrit, ein triklines, durch grofsen Eisen- und Natrongehalt ausgezeich-
netes, hornblendeartiges Mineral mit 3,74 bis 3,75 spec. Gew. enthält!)
1) Berechnet man alles Eisenoxyd als Eisenoxydul, so ergiebt sich die Formel
15RO SiO’—+ AI’O?.
40 Roma:
Sı0? 43,55 mit O = 23,23
ABO: 4,96 2,32) 477
Fe203 7,97 DR OR RR
FeO 32,87 7.50) O — 6,48.3.14,80.
MnO 1,98 0,45|
MeO 0,86 0,34|
CaO 2,01 0,57: 10,17
Na30 5,29 1,37)
K20 0,33 0,06]
Cu 0,39 0,08}
100,21
Die Pantellerite haben sowohl krystalline als glasige Grundmassen, welche
auch Mischung beider Ausbildungen zeigen. Der Plagioklas aus Nr. 1
(O nahezu — 1:3:12, spec. Gew. 2,583 bis 2,601) enthielt 66,672 Kiesel-
säure und 5K?0:22Na?O. Die Glasbasis muls demnach mehr als
68,35% Kieselsäure enthalten. Neben dem Plagioklas aus Nr. 2 (O nahe-
zu 1:3:10,88, spec. Gew. 2,563 bis 2,584, Kieselsäure — 66,344)
muls nothwendig ein Gemengstheil vorhanden sein, welcher den Kiesel-
säuregehalt des Ganzen 70,302, also gröfser als den des Plagioklases,
erklärt; darüber fehlen die Angaben. Jeder Versuch einer Berechnung
scheitert an der geringen Menge der Thonerde, welche nur für 33,22 des
Plagioklases reicht und doch dafür nur 2,682 Natron beansprucht, wäh-
rend nach dem Gehalt an Eisenoxydul höchstens 4,32 Cossyrit vorhanden
sind. Der Plagioklas aus Nr. 5 (4K?0:9Na?O) enthält 66,632 Kiesel-
säure. Die Glasbasis muls daher mehr Kieselsäure enthalten als das Ge-
sten. Die Laven Nr. 6 und 7, welche den jüngsten Pantelleriten ange-
hören, weichen in ihrer chemischen Zusammensetzung von den übrigen
nicht ab. Trotz des Eisenreichthums wird Magneteisen in dem Gestein
nicht als Gemengtheil angegeben.
2. Dacit und Amphibolandesit.
Im Plagioklas (spec. Gew. 2,655) des Dacites vom St. Annasee am
Büdösch fand vom Rath 63,052, im Gestein 68,402 Kieselsäure, konnte
aber Sanıdin im Gestein nicht nachweisen. Wenn der Dacit Nr. 1 den-
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 41
selben Plagioklas enthält, so ist er viel quarzärmer als der durch vom
Rath analysirte Dacit!). Die Zusammensetzung des Dacites Nr. 3 kommt
der von Nr. 1 sehr nahe. Während in allen Varietäten des Dacites vom
Monte Tajumbina?) Quarz deutlich zu sehen ist, fehlt er in der analysir-
ten Abänderung Nr. 3; wahrscheinlich ist die Glasbasis sehr kieselsäure-
reich. Höpfner nimmt nach den optischen Erscheinungen an, dafs der
Kern der zonalen Plagioklase häufig kalkreicher sei als die Hüllen. Die
grofsen Plagioklase des Dacites Nr. 4 sind oft zonal und enthalten Glas-
einschlüsse, welche sich in dihexaedrischen Formen auch im Quarz finden.
Der Plagioklas ergab nach Shimer (I. ce.)
Sı0? TAPO3 Ca0O Na220 K?2O Glühverlust
65,77 21,51 5,72 592 0,83 0,34= 100,09, mit O—=
85,08 10,04 1,63 1,58 :0,14=3,30.10,04.35,08 =
0,99.3.10,48. Wenn man darnach eine Zusammensetzung aus Albit und
Anorthit berechnen will, so ist der Gehalt an Kieselsäure und Thonerde
viel zu hoch für den an Kalk, dagegen für den Alkaligehalt zu niedrig.
Oligoklas aus 4Ab + 1An erfordert 65,572 Kieselsäure, 21,659 Thonerde,
2,352 Kalk und 10,432 Natron; Andesin aus 1Ab—+ 1An 59,70% Kiesel-
säure, 25,622 Thonerde, 6,972 Kalk, 7,71% Natron. Am Lassen’s Peak
kommen nach Hague und Iddings Dacite, Hornblende-Andesite, Hy-
persthen - Andesite und Basalte vor. In U. S. Geolog. Explor. of the
fortieth parallel. Bd. I. 652. 1878, wo unter Nr. 158 die hier unter Nr. 4
angeführte Analyse mitgetheilt wird, sind unter Nr. 157 — leider überall
ohne Gesteinsbeschreibung als Rhyolithe vom Lassen’s Peak zwei Ana-
lysen von Woodward gegeben. Darnach enthält das Gestein (spec. Gew.
2,3) 2,898 Natron und 3,608 Kalı (0,75 Na?0:0,61 K?O), also die Alkalien
in anderen Verhältnissen wie in Nr. 4, während die übrigen Zahlen nahe
übereinstimmen. Gehört auch in Nr. 4 ein Theil des Kali dem Glimmer
und vielleicht auch der Hornblende an, so sieht man doch, dafs die Menge
der Glasbasis die der Einsprenglinge übertreffen mufs, wie sich auch in
1) Vergl. Analyse Nr. 2. LXVI in Beitr. etc. 1879.
2) Reiss und Stübel, welche Höpfner das Material zur Analyse lieferten, be-
stimmten die Höhen des Paramo de Tajumbina in „Alturas tomadas en la republica de
Colombia. Quito 1872“ p. 15 im Maximum zu 4125 m.
Phys. Cl. 1884. Abh.]1. 6
49 Rore:
dem niedrigen spec. Gew. von 2,3 ausspricht. Ob der „Nevadit, grani-
tische Rhyolith* F. von Richthofen’s (Zeitschr. d. geol. Ges. 20. 680
und 21. 604), zu welchem er auch den Dacit des Illovathales in Sieben-
bürgen rechnet, mit diesen Daciten vom Lassen’s Peak identisch ist, läfst
sich nicht entscheiden, erscheint aber sehr wahrscheinlich. Ohnehim
„deutet die Bezeichnung granitischer Rhyolith mehr die allgemeine Ähnlich-
keit des Gesteins in Felsblöcken mit Granit an als eine engere Verwandt-
schaft in der Textur — die Grundmasse ist meist kleinzellig aufgetrieben,
sehr rauh, porös.“
Ein wasserheller Andesit aus dem Chimborazo-Gestein Nr. 7, das
wegen der Behandlung mit Kalilauge Vergleiche mit den übrigen Analysen
der Chimborazo-Gesteime nicht erlaubt, liefert 56,26% Kieselsäure und
ein Sauerstoffverhältnifs 1:3:7, nahezu 2Ab-+3An. Die Hornblende des
Andesites Nr. 9 ist stets mit einem Rand von Magneteisen umgeben und
oft ganz in Magneteisen umgewandelt.
3. Augitandesite.
Als Augitandesite sind hier, wie früher, die Plagioklas-Augitgesteine
zusammengefalst, deren Kieselsäuregehalt über den des Labradors (55,432)
hinausgeht. Neben Plasioklas, Augit, Maenet- und Titaneisen, Apatit
kommen Hornblende, Biotit, Olivin, Hauyn, Quarz, Tridymit accessorisch
vor. Hypersthen neben Augit ist durch die Analyse des Hypersthens
nachgewiesen. Die Grenze gegen Dolerit, welche Rosenbusch durch
den Gehalt an Olivin bestimmt, ist nicht scharf.
Nach Foerstner treten in den Augitandesiten von Pantelleria
Nr. 1 bis 5 krystallme und gslasige Ausbildung „schlierenförmig“ neben
emander auf. Die Plagioklase dieser Gesteine (spec. Gew. 2,584 bis 2,605,
O=—=1.3.10,5 bis 12) betrachtet Foerstner nicht als Olisoklase, son-
dern als Mischungen aus Anorthit, Albit und Mikroklin. Sie sind sehr
reich an zum Theil glasigen, zum Theil krystallinen Einschlüssen, aber
frei von Sanidinlamellen. Eine Berechnung der „beinahe ungetrübten“
Plagioklase (spec. Gew. 2,573 bis 2,593) vom R. Zichidi aus dem jün-
geren Angitandesit (wie Nr. 3) ergiebt Folgendes:
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 45
Sı0? 64,81 mit O = 34,57 = 10,73
203 9 r
AROS 20,65 6 793
Fe203 0,95 0,28]
MsO 0,09 0,04)
Je 2
020 2,01 la 00
Na? 7,13 1,84
K?O 3,84 0.65)
99,48
Ssı0? AO? Fe?0% MsO CaO Na20O K?O Summa in 2
Anorthit "4,307 3,69 — — 2,01 — — 10,00
Albit uw or er 60,35
A ee a BE ER ga
Rest eg ee oe 6,38
Summa 64,81 20,65 0,95 0,09 2,01 713 3,84 99,48.
Der Plagioklas würde 1 Mol. An + 3,205 Mol. Ab + 1,138 Mol. Mikroklin
enthalten, so dafs auf 1 Mol. Mikroklin 2,82 Mol. Albit kommen; der nicht
unterzubringende Rest von 6,382 erscheint recht hoch. Im Gestein Nr. 3
ist mehr Kalı vorhanden als in dem analysirten Plagioklas, es mufs also
noch ein kalireicher Gemengtheil vorhanden sein.
Zu den Augitandesiten gehören nach v. Lasaulx Gesteine, welche
Sartorius als ätnäische Trachyte und Klingsteine bezeichnete. Sie
sind liehtgrau bis röthlich, führen grofse glasige Plagioklase, Augit, Apa-
tit, Magneteisen, bisweilen einzelne Olivine und Biotite, enthalten fer-
ner zum Theil Hornblende, welche als erste Ausscheidung aus dem Ge-
stein zu betrachten ist. Von sublimirten Mineralien finden sich Eisenglanz,
Szaboit, Hornblendenadeln, Glimmer.
Der Andesin aus Nr. 4 ergiebt ein Sauerstoffverhältnils von 0,96.
3.7,7 und ein spec. Gew. von 2,661. In dem Gestein Nr. 4 kommen
sehr selten noch kleine Pseudomorphosen von Eisenoxydhydrat nach Horn-
blende vor. Die Analyse stimmt gut mit der früher von Sartorius an
einem ähnlichen Gestein (Gesteinsanalysen 1861, p. 33, Nr. 8) angestellten
überein. Ältere Analysen von Augitgesteinen des Chimborazo sind 1. c.
p. 35 angeführt. Das aus dem Tunguraguagestein Nr. 9 durch kochende
6*
44 Rome:
Salzsäure Ausgezogene besteht‘ aus I, der Rest darnach aus dem Ganzen
auf 100 berechnet aus II, Gümbel giebt dafür die Zusammensetzung II.
SiQO? ABPO3 EisenoxydeMsO CaO Na?O K2O Glühvr. Säure
I 890 440 2,80 020 247 0,0 0,14 0,30= 19,91
IL 5950, 15680 130% 315 ro, 281. 20 100
1 57.60, 13.33. 215,40 207515.2241,707 5.12, 1525. 020 — 932
Die wasserhellen Plagioklasnadeln von Nr. 10 werden durch kochende
Salzsäure gröfstentheils zersetzt. Vielleicht gehört das Gestein nicht hier-
her. Der Augitandesit Nr. 11 ist stark verwittert. Abgesehen von der
in Kalilauge und zwar schon vor Einwirkung von kochender Salzsäure
löslichen Kieselsäure (bis 11,842) werden von der kochenden Salzsäure
20,340 gelöst, darunter 102 Eisenoxyde und 4,512 Kieselsäure. Die zur
Bildung der grofsen Chalcedonmandeln nöthige Kieselsäure stammt aus dem
Gestein, dessen Kieselsäuregehalt in frischem Zustande viel gröfser war
als in der analysirten Probe. Die Analyse des Andesins aus Nr. 12 (spec.
Gew. 2,686) berechnen Jannasch und Kloos zu 5,592 Natron, 0,448
Kalı, 10,23% Kalk, 26,92% Thonerde, 56,82% Kieselsäure; den Überschufs
an Kieselsäure und Kali, welchen die Gesteinsanalyse gegen die Analyse
des Andesins ergiebt, schreiben sie der Basis der Grundmasse zu. Der
Bimstein Nr. 13 wurde am 24. und 25. Mai 1878 unter 5° 30'’S. B. und
152° 50'Ö.L. v. Gr. aufgefischt. Da einige Brocken mit Algen oder
Muscheln besetzt waren, müssen sie sich schon einige Zeit im Meere be-
funden haben. Sie stammen vielleicht von dem Ausbruch, welcher ım
Februar 1878 in der Blanchebay, Neubrittanien, stattfand.
Nach Sauer enthält die von ihm analysirte Krakatoa- Asche Nr. 14
etwa 252 gröbere Bestandtheile, deren Zusammensetzung mit der des
feinen und feinsten Pulvers identisch ist. Unter den gröberen Bestand-
theilen befinden sich: 1) lichtgraue Bimsteinfragmente, welche unter dem
Mikroskop aus farblosem Glas mit ganz spärlichen wasserhellen Krystall-
nädelchen bestehen; 2) schwarze schlackige Gesteinspartikel, unter dem
Mikroskop braunes, stark mikrolithisch entglastes Glas (die Mikrolithe sind
meist Magneteisen, selten Augite); 3) farblose, oft zonale Plagioklaskörn-
chen von 1—2 mm Durchmesser, welche nach der Analyse Labrador
sind, vielleicht mit etwas Sanidin gemengt; der Labrador schliefst braunes
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 45
Glas, Apatit und Magneteisen ein; 4) monokliner und rhombischer Augit
mit reichlichen Einschlüssen von Magneteisen; 5) Magneteisenkörner. Die
krystallinischen Gemengtheile 3, 4 und 5 besitzen einen Überzug von
farblosem blasigen Glas, der splittrigeckig erscheint; äufserlich rund ge-
schmolzene Glastheilchen kommen nicht vor. Der Bimstein enthält nach
Sauer’s Analyse 66,738 SıO?, 0,50 TiO2, 16,592 AI?O3, 4,08% Eisenoxyde,
1,508 MgO, 3,828 CaO, 2,138 Wasser und 5,652 Alkali, aus dem Verlust
bestimmt. H. H. Reusch fand in der von ihm untersuchten Asche
(Jahrb. Miner. 1884. 78) noch Apatit und den Bronzit gegen Augit über-
wiegend. Eine von Renard (ibid. II. 55) angestellte Analyse der Kra-
katoa-Asche stimmt ziemlich genau mit der von Sauer überein.
In der äufserst feinen, lichtgelbbräunlichen Asche von Krakatoa,
welche am 27. August 1883 in Weltefreden, der Vorstadt von Batavia (in
gerader Linie 150 Km. von Krakatoa entfernt), gesammelt war, fand
v. Lasaulx (Sitzungsber. d. niederrh. Ges. in Bonn vom 3. Decbr. 1883)
unter dem Mikroskop zunächst scharfkantige, mit dicht gedrängten Blasen-
räumen erfüllte Glaspartikel; ferner vereinzelt gelbliche Glaspartikel mit
concentrischer Streifung, die als isolirte Sphaerolithe anzusehen sind;
Krystallinisches tritt gegen das Glas zurück; darunter finden sich rhom-
bische und monokline Pyroxene, sehr sparsam braune dichroitische Horn-
blende und Maeneteisen, aulserdem Plagioklas, vielleicht auch Sanidin und
Apatit. Oebbeke (Jahrb. Miner. 1884. II. 52) fand in der am 27. August
1883 auf dem „Barbarossa“ in 1° 41'S. B. und 93° 15’ Ö. L. gesammel-
ten, hellgrauen, äufserst feinkörnigen Asche unter dem Mikroskop als
Hauptmasse farbloses Glas, kleine Splitter oder Bimsteinfragmente; bräun-
liches, zum Theil globulitisch gekörneltes Glas fand sich vereinzelt. Unter
den sehr zurücktretenden Krystallfragmenten liefsen sich Plagioklas, mono-
kliner und rhombischer (?) Augit, Magneteisenkörner erkennen. Die von
Schwager angestellte Analyse ergab SiO? 68,06, TiO? 0,38, Al?O#
15,03, Fe2O? 0,28, FeO 3,66, MnO Spur, MgO 0,81, CaO 2,71,
Na?O 4,25, K?O 3,41, Wasser 2,12 —= 100,71. Die ursprüngliche
Asche enthielt 2,55% in Wasser lösliche Substanzen. Die chemische
Übereinstimmung mit der Analyse des Bimsteins und die mineralogische
Übereinstimmung mit der auf Java gesammelten Asche tritt deutlich
hervor.
46 Rore:
Der stark pleochroitische Augit aus Nr. 15 (mit 3,63 bis 3,80%
Thonerde, 2,80 bis 2,90% Eisenoxyd, 19,37 bis 19,672 Magnesia) ent-
spricht der Formel 15 RO SiO?+-R?03. Da der Augit 51,509, der La-
brador (spec. Gew. 2,69) 52,572 Kieselsäure enthält, so muls noch ein
Gemengtheil vorhanden sein, welcher den grölseren Kieselsäuregehalt der
Analyse liefert. Eine Controlanalyse ergab für das Gestein 54,04% Kiesel-
säure, 3,91 Natron, 1,85% Kali. Bei der genauesten Untersuchung der
Augite liefs sich rhombischer Augit nicht nachweisen. Vielleicht wäre
das Gestein besser zu den Doleriten zu stellen, wofür auch die grolse
Menge der Magnesia spricht. Das Bleioxyd der Cotopaxi-Asche Nr. 22
soll als Silikat vorhanden sein, da es erst nach der Aufschliefsung nach-
weisbar war. Der in Nr. 25 neben Augit vorkommende Hypersthen ent-
hält nach Cross
SıiO? APO3 Fe20% FeO MnO MsO CaO
51,70 1,72 0,30 18,00 0,36 25,09 2,87 100,05; O=
97,57 0,80 0,09 4,00 0,08 10,04 0,89
14,94 .0,89 . 27,57; Ca0:MsO:FeMnO —1:12,5:5. Aus dem hohen
Magnesiagehalt des Hypersthens erklärt sich der hohe Magnesiagehalt des
Gesteins. Der Hypersthen aus Nr. 26 enthält nach Shimer (I. c.)
5102 2112027 Be07, MON 072020
50,33 0,97 22,00. 0,64 23,29 1,88 — 99,11; O —
96,84 0,45. 4,89 0,14. 9,32 0,54 —
14,89.0,45.26,84; Ca0O:Ms0:FeO MnO —= 1:17,5:9,3. Ein Gehalt an
Eisenoxyd ist nicht angegeben. In dem zuerst krystallisirten Hypersthen
ist der gesammte Mangangehalt des Gesteins eoncentrirt. Zwei Gesteins-
analysen (Red Butte, Mount Shasta), welche Mixter anstellte und King
(in U. S. Geol. Explor. of the fortieth parallel. Bd. I. 604. 1878 Nr. 147)
leider ohne Gesteinsbeschreibung mittheilt, stimmen mit der Analyse Nr. 26
nahe überein. Das nach seinem Gehalt an Opal und Heulandit stark verän-
derte Gestein Nr. 28 zeigt ungewöhnlich hohen Magnesiagehalt. Die Analyse
des Diallags ergab 13,92% Kalk und 14,052 Magnesia. Wenn die ge-
sammte Magnesia des Gesteins dem Diallag angehört, so mülste es etwa
502 Diallag enthalten.
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 47
4. Dolerit und Doleritbasalt.
Die Analyse des Basaltes Nr. 1 stimmt mit der früher von Streng
(s. Gesteinsanalysen 1861. 47 Nr. 24b) angestellten Analyse des nach
Trippke gleich zusammengesetzten Gesteins vom Spitz- (Kreuz-) Berge
überein. Wenn Nephelin vorhanden ist, kann nach dem Natrongehalt
des löslichen Theils (0,102 in 100) seine Menge nicht grofs sein. Der
Plagioklas in Nr. 2 schliefst Glas und Apatit ein, der sparsame Olivin ist
stark verwittert. Die Gesteine 3, 4, 5 stammen von dem nordöstlichen
Ausläufer der Breitfirst (dem höchsten Theil der vom Vogelsberg nach
der Rhön hinüberlaufenden Wasserscheide zwischen dem Main und der
Fulda), welcher Frauenberg oder Schwarzenberg genannt wird. In Über-
einstimmung mit Bücking giebt Knapp an, dafs das Gestein Nr. 3
trotz seiner anscheinenden Frische verwittert ist. Das frische Gestein er-
scheint grünlich- bis bräunlichschwarz und compakt; aus ihm geht durch
Fortführung der Basis das analysirte Gestein hervor. Knapp fand in
dem Gestein, welches nach Bücking keinen Olivin enthält, noch Spuren
von Zinn, Zink, Chrom, Baryum, Chlor. Bücking deutet in Nr. 4 den
Nigreseit als umgewandelte Zwischenmasse. Der hohe Kalkgehalt (13,152)
in Nr. 6 ist nicht auf Anorthit zurückzuführen, da die Plagioklasleisten
beim Ätzen mit Salzsäure nicht verändert werden und ihre Auslöschungs-
schiefe nicht die des Anorthites ist. Wegen des in der Grundmasse ver-
einzelt vorhandenen und unregelmäfsig begrenzten Nephelines das Gestein
zu den Nephelinbasalten zu stellen, erscheint nicht rathsam. Die Horn-
blende aus Nr. 9 enthält nach Sandberger Blei, Kupfer, Antimon, Zinn,
Kobalt und Nickel, der Augit Kupfer und verhältnifsmäfsig viel Kobalt
(l. e. 166). Obgleich aus Nr. 10 Augit und Plagioklas von Dölter ana-
lysirt wurden und nach der mechanischen Analyse eine Zusammensetzung
des Gesteins zu etwa 32—452 Plagioklas, 39 —462 Augit, 6— 10% Olivin,
92 Magneteisen berechnet ist, erscheinen die Analysen des „annähernd rein
erhaltenen“ Augites (42,150 Kieselsäure und 21,512 Thonerde) und die des
nicht rein erhaltenen Plagioklases (11,292 Kalk und 6,79% Natron) wenig
wahrscheinlich. Der Kaligehalt ist nicht unterzubringen; 402 Augit und
48 Ko na:
3310 Plagioklas würden 18,24% Thonerde und 8,67% Kalk erfordern, wo-
mit die Zahlen der Analyse wenig stimmen; nimmt man mehr Plagioklas
und weniger Augit, so ist noch mehr Thonerde erforderlich. Der Plagio-
klas aus Nr. 11 entspricht etwa 1Ab-+-4An. Die beiden ähnlich zusam-
mengesetzten Gesteine Nr. 12 und 13 sind stark verwittert, namentlich
gilt dies für die gröfseren Olivine in Nr. 13. Der zonale Plagioklas des
Basaltes Nr. 14, welcher Apatit, Augit, Glasmasse einschlielst, zeigt zwi-
schen Kern und Hüllen abweichende Auslöschungsschiefe. Die Analyse
ergab für den Plagioklas (spec. Gew. 2,74) eine dem Anorthit nahe-
stehende Zusammensetzung aus
SiO? APO3 Fe0° Ms0O Ca0O Na?O K?O Glühverlust
46,03 39,41 1,78 0,28 13,78 443 0,75 0,48— 99,94
229980 119100 0,53, 01 75 AZ
O=1,02.3.4,69. Auf Albit und Anorthit läfst sich diese Zusammen-
setzung nicht berechnen; nach Ziegenspeck, der für ausgesuchtes Ma-
terial nach drei verschiedenen Methoden nahezu übereinstimmende Resul-
tate erhielt, liest umgeänderter Plagioklas vor. Im Olivin verhält sich
Magnesia zu Eisenoxydul wie 11 zu 4. Die Grundmasse enthält gekör-
nelte, fast ganz entglaste Basis in kleiner Menge.
Die Analyse des Doleritbasaltes von Ferdinandea Nr. 15 stimmt
mit der früheren, von Abich mitgetheilten gut überein. Die Ähnlichkeit
mit den Ätnalaven betonte schon Abich, der von Ferdinandea auch einen
lichtgrauen Bimstein mit 61,082 Kieselsäure analysırte (Vulk. Ersch. in
Italien 1841 p. 62). ,
Die Doleritbasalte Nr. 16 und 17 von Pantelleria stimmen chemisch
und mineralogisch mit denen von Ferdinandea und mit den Ätnalaven
überein, wie Foerstner hervorhebt.
Von den unter Nr. 18 bis 41 aufgeführten Gesteinen vom Ätna
gehören Nr. 18 bis 35 den jüngeren Laven, Nr. 36 bis 41 den älteren
Basalten an. Rieciardi giebt für Ätnalaven von 1669 einen Gehalt von
0,01022; für Ätnalaven von 1879 von 0,00342, für Basalt der Oyelopen-
inseln von 0,0084 Vanadın-Sesquioxyd an (Gazz. chim. 13. 259 bis 262.
1883). Die jüngeren Laven zeigen mineralogisch grofse Übereinstimmung
untereinander, während nach der Quantität der einzelnen Gemengtheile
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 49
die chemische Zusammensetzung wechselt, wenn auch nicht in weiten
Grenzen. Es lassen sich nach von Lasaulx unterscheiden: 1) an Pla-
gioklas reiche Laven. «) Augit und Olivin nur in gröfseren Krystallen
ausgeschieden, Grundmasse sehr augitarm (dazu Nr. 28); 5) Augit nicht
porphyrisch ausgeschieden, sondern nur in Grundmasse vorhanden (dazu
Nr. 21, 23, 24), und frühere Analyse von Nr. 23 durch Joy (s. Beitr. 1861.
p-42 Nr. 11); 2) Laven mit fast gleichen Mengen von Plagioklas und Augit
(dazu Nr. 25, 27, 29), Laven von 1852 (s. Beitr. 1861 p. 42 Nr. 13), von
1863 und 1865 (s. Beitr. 1869. CXXVII. 1, 9, 10, 11, 12, 13, 14) und
Analyse von Löwe (Beitr. 1861. 42 Nr. 12); 3) an Augit und Magnet-
eisen reiche Laven (dazu Nr. 30 u. 31); 4) glasreiche Laven (dazu Nr. 32).
Chemisch zeigen die örtlich nahen Laven 19, 20 und 24 vollständige
Übereinstimmung. Das Gestein der Analyse Nr. 27, das Mittel aus 6 Ana-
Iysen, stammt aus dem 18m mächtigen Strom der Botte dell’ acqua bei
Catania; die Proben, welche hauptsächlich im Eisengehalt abweichen, wa-
ren dem Strom in vertikaler Richtung entnommen. Die Maxima I und
Minima Il betragen, wenn mit 1, 2, 3, 4, 5, 6 dieselbe Analyse bezeich-
net wird
Sı0? ALPO®3 Fe203--Mn?03 FEO MseO Ca0O N20 K?O
I 49,811) 16,535) 10,715) 7,78% 4,775) 12,712) 1,736) 0,79%)
II 49,182) 16,01?) 4,79%) 2,41?) 4,031) 12,50%) 1,525) 0,58°)
11.02 2E202 2 508
0,872) 1,281), 0,085 ’
0,65%), 1,176) 0,03.
Das Maximum des Natrons fällt zusammen mit dem Minimum von Kalı
und nahezu mit dem Maximum der Kieselsäure (49,742); das Maximum
von Eisenoxyd und Thonerde mit dem Minimum von Eisenoxydul und
Kalk, das Maximum von Kieselsäure mit dem Minimum von Magnesia.
Die Lava desselben Ausbruchs enthält an anderen Stellen (Monti rossi)
bis 2,840 Phosphorsäure, deren Gehalt Rieciardi durchschnittlich in
allen seinen Analysen sehr hoch und höher als gewöhnlich angiebt. Dar-
nach würden in Nr. 22 3,672 Phosphorsäure 8,682 Fluorapatit entsprechen.
Die Asche Nr. 33, deren Plagioklase und Augite zahlreiche Glaseinschlüsse
Phys. Cl. 1884. Abh. I. 7
50 KloniHe
enthalten, stimmt chemisch mit der Lava desselben Ausbruchs (Nr. 26),
bis auf den geringeren Eisen- und gröfseren Alkaligehalt der Asche, gut
überein. Die bei weitem gröfsere Menge der Eisenoxyde und alle Titan-
säure findet sich in dem in Säure löslichen Antheile. Es enthält das
Lösliche I, das in Säuren Unlösliche II
I II
Kieselsäure 22,10 28,26
Thonerde 8,97 11,07
Eisenoxyde 6,25 2,74
Manganoxydul 0,02 0,54
Magnesia 2,13 1,51
Kalk 3,90 4,50
Natron 2,04 2,98
Kalı 1,03 1,40
Titansäure 2,46 —
48,90 52,80.
Die meist stark verwitterten Basalte Nr. 36 bis 41, welche, älter als die
Laven, Pliocän durchbrechen, sind mineralogisch von den Laven nicht
verschieden. Der Doleritbasalt von Paterno hat nach Ricciardi und
Speciale nach dem Schmelzen ein spec. Gew. von nur 2,47; Schmelz-
verlust 1,722, mit Hinzurechnung der Kohlenwasserstoffe 3,16%. Chemisch
stimmen die glasigen Gesteine Nr. 43 bis 49 mit dem Doleritbasalt gut
überein, obwohl der Thonerdegehalt meist etwas gering erscheint, nament-
lich in Nr. 47. Nach Cossa (]. c.) wird in den meisten bisherigen Ana-
lysen der Gehalt an Titansäure zu gering angegeben. Chemisch weicht
das glasige Salband Nr. 53 des glashaltigen Doleritbasaltes von Beal nicht
von den Doleritbasalten ab (vergl. z. B. Beitr. 1869 CXXX. 19). In den
äulsersten Partien enthält das braune Glas keine Krystalle mehr, sondern
nur noch Globulite, welche bisweilen zu Cumuliten angehäuft sind. Judd
und Cole bestätigen die Angabe von Delesse, nach welcher im Gegen-
satz zum gewöhnlichen Verhalten das spec. Gew. des basishaltigen Dole-
ritbasaltes von Lamlash bei Arran niedriger ist als das des glasigen Sal-
bandes.
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 51
spec. Gew. des Gesteins spec. Gew. des glasigen Salbandes.
Delesse 2,649 Delesse 2,714
Davies 2,67 Davies nächst dem Basalt 2,72;
am äufsersten Ende 2,73.
Die chemische Zusammensetzung beider Gesteine stimmt nahe überein.
Die Verwitterung der Doleritbasalte zu Bauxit (Nr. 54), dessen chemische
Zusammensetzung sehr starkem Wechsel unterliegt, mufs eine sehr eigen-
thümliche sein, insofern fast alle Kieselsäure und der gröfste Theil der
Basen bis auf Thonerde und Eisenoxyde entfernt wird, während gewöhn-
lich der Rest viel mehr Kieselsäure enthält.
5. Limburgit und Ausgitit.
In den Limburgiten der Capverden ist nach Dölter der Olivin
meist untergeordnet, der Augit vorwiegend, Apatit und Magnetit vorhan-
den, Glimmer selten und die Glasbasis untergeordnet. Trotzdem trennt
Dölter die olivinfreien Limburgite als Pyroxenite (später im Jahrb. Miner.
1883. I. 404 als Ausitite) ab. In beiden Abänderungen ist die Glasbasis
wenigstens zum Theil in concentrirter Salzsäure löslich und gelatinirt oft
mit Säure; sie scheint chemisch bald dem Nephelin, bald dem Plagioklas,
bald einem Gemenge von beiden zu entsprechen. Bei besserer Kenntnils
wird man zweckmälsig diese Gesteine bei den Nephelin- und Doleritbasal-
ten unterbringen. Der Masnesiagehalt ist in den Augititen beträchtlich
kleiner als in den Limburgiten der Capverden. Das Gestein Nr. 1 liefert
mit Salzsäure nur wenige, Nr. 2 sehr viele Chlornatriumwürfel. Der Oli-
vin aus Nr. 3 entspricht der Formel 1FeO +5Mg0 + 35Sı0?, der Augit
der Formel 8ROSiO? + R?03. Der Kaligehalt (2,27%) würde der unter-
geordneten Grundmasse angehören, und das Gestein chemisch einer an-
deren Gesteinsgruppe als Nr. 1 und 2. In Nr. 3 reicht die Thonerde
nicht aus um auch nur mit dem Natron Feldspath zu bilden. Das feld-
spathfreie Gestein Nr. 4, welches nach dem Gehalt an Phosphorsäure
2,172 Apatit enthält, liefert mit Salzsäure Kochsalzwürfel, welche nach
Sommerlad auf Nephelin oder einen Zeolith hinweisen. Das Gestein
führt vereinzelt Hornblende ohne Krystallumrisse und muscheligen Augit,
59 Ko RE
welche Sommerlad als Einschlüsse betrachtet. Der muschelige Augit
(spec. Gew. 3,347), sehr ähnlich dem aus dem Nephelinbasalt von Naurod
Nr. 5 zusammengesetzt, entspricht etwa der Formel 6RO Si0? + R?O3.
Die chemische Zusammensetzung der beiden Gesteine weicht trotz der
sehr ähnlichen mikroskopischen Zusammensetzung weit von einander ab,
namentlich ist im Gestein von Kircheip der Gehalt an Thonerde sehr viel
niedriger (8,662) als im Nephelinbasalt von Naurod (19,229).
Chemisch hat der Augitit Nr. 5 die gröfste Ahnlichkeit mit Lim-
burgit Nr. 2. Das Verhalten gegen Salzsäure ist nicht angegeben. Das
Gestein Nr. 8 unterscheidet sich von den Tephriten durch Vorherrschen
der Glasbasis.
6. Sideromelan, Tachylyt, Palagonit.
Der Tachylyt von Gethürms Nr. 1 tritt nach Möhl (Gesteine der
Sababurg. 1871. 25) „in einem basaltischen Verwitterungsproduet als
Knollen auf, welche mit Brauneisen verwachsen und zum Theil erfüllt
sind.“ Nach Rosenbusch findet sich dort auch (Massige Gesteine 447)
sphärolithische Ausbildung. Um aus den Alkalien Orthoklas und Albit
zu bilden, reicht die Kieselsäure nicht hin. Trotz des Unterschiedes im
Magnesiagehalt, welcher sich wohl durch den im Eisenoxydgehalt aus-
gleicht, sind die Hyalomelane von Ostheim und Mainzer Eichen sehr ähn-
lich zusammengesetzt. Da Lemberg von Zirkel und Möhl geliefertes
Material analysirte, so muls für das Gestein von Mainzer Eichen die von
Zirkel (Basaltgesteine 1870. 184) gegebene Beschreibung gelten, wonach
das Gestein beschaffen ist wie der Tachylyt von Bobenhausen. Nach
Fr. Schmidt (Nöggerath, Gebirge in Rheinland und Westfalen II. 177.
1823) wird „in den sogenannten Mainzer Eichen zwischen Messel und
Offenthal auf Trappporphyr Steinbruchsbau betrieben“. Nach R. Lepsius
(Das Mainzer Becken 1883. 27) kommt zwischen Messel und Dietzenbach
(NO. von Darmstadt) Trachyt und Basalt vor. Da Rosenbusch (Mikros-
kopische Physiogr. d. Mineralien 135) als Hyalomelan von Mainzer Eichen
ein ganz anderes Vorkommen beschreibt als Zirkel, so verdient die Sache
eine genauere Untersuchung.
Beiträge zur Petrographie der plutonischen Gesteine. 55
Als Lemberg den in Salzsäure unlöslichen Hyalomelan von Ost-
heim (Nr. 3) 24; Monate lang mit Kalikarbonat behandelte, erhielt er
nach Abzug von Wasser und Kohlensäure I, als er den Hyalomelan von
Mainzer Eichen (Nr. 4) 34 Monate lang mit Natronkarbonat behandelte II
Ssı0? APO3+-Fe0? MgO Ca0 Na20 KO
I 51,62 27,25 3,26 1,25 0,80 9,52=='99,77
I 53,97 27,19 1,24 6,2 447° — = 99,69
Die ursprüngliche Verschiedenheit im Magnesiagehalt ist geblieben, aber
das Ostheimer Gestein ist viel alkalireicher geworden als das von Mainzer
Eichen.
Berechnet man den Palagonit Nr. 8 wasserfrei und zieht für
14,459 Kohlensäure 18,392 Kalk (— 32,84% Kalkkarbonat) ab, so erhält
man
502 APO® Fe20° FeO MsO CaO N20 KO PO
49,33 ,.14,64, 6,92: .4,09...3,97 14,49 0,91 3,51 1,94 = 100.
Der Gehalt an Kali und Phosphorsäure ist ungewöhnlich hoch. Diese
chemische Zusammensetzung, vergleichbar mit der des verwitterten Ba-
saltes von Palagonia Nr. 42, und der Analyse Nr. 9, deren Gestein
nach dem spec. Gew. krystallin ausgebildet ist, stimmt wenig mit den
früheren Analysen des Palagonites von Palagonia überein, welche Sar-
torius von Waltershausen 1853 anstellte.
Berechnet man den Sideromelan von Vidoe (Nr. 11) wasserfrei 1,
so zeigen die Zahlen gute Übereinstimmung mit dem Sideromelan von
Sudafell, Island, nach Sartorius II und mit dem Sideromelan der Öster-
insel Nr. 5.
IN.ı) ı
SiO? 46,20 48,86
ABO3 13,68 14,87
Fe203 23,84 20,07
MsO 4,24 3,49
0aO 8,79 8,78
Na?0 2,28 2,52
K2O 0,73 1,03
99,76 99,62.
Phys. Cl. 1884. Abh. 1. 8
54 Rorm: Beiträge zur Petrographre der plutonaschen Gesteine.
Der Sideromelan, welcher chemisch und geologisch einem eisenreichen
Doleritbasalt entspricht, hat grolse Neigung Wasser aufzunehmen. Lem-
berg fand nach achtmonatlicher Einwirkung von destillirtem Wasser in
dem lufttrockenen Silikat 8,61% Wasser. Über das mikroskopische Ver-
halten des isländischen Sideromelams vergleiche Penck, Zeitschr. d. geol.
Ges. 31. 513. 1879.
I.
Gesteine der krystallinischen Schiefer.
Gneils.
| Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe| Fe | Mn|Mg| Ca |Na’| K? | Sonst.
I
Schweiz. 5
1| _ Grimselhospiz Balzer, Dermechanische | 67,34 | 19,32] — | 1,94| — |1,39| 2,97 |2,34 | 1,83 —
.KalkimB ;
uB al imDerner | "501 | 9,02 0,43 0,56 | 0,85 | 0,60 | 0,31
Bern 1880. 27
2| Hof im Haslithal BR ib. 65,16 12,01 |5,19| 4301| — | — | 1,92 | 7,22 | 1,23 | Li?OSpur
em) 34,75 | 5,61 | 1,56 | 0,96 0,55 | 1,86 | 0,1 | CO? 0,73
3] Grimselstrafse 5 ib. 70,14 | 15,02|1,09| 4,94 | — |1,77| 0,36 | 1,60 |3,15 | CO? 0,39
iD) 37,41 | 01 | 0,33 | 1,10 0,71 | 0,25 | 0,41 | 0,54
4| Mettenberg, zwischen aaa ib. 65,09 | 13,82 |5,49 | 3,14| — |1,31 | 2,69 | 3,73 | 2,28 | CO? 1,02
Jäggigrätli u. Reifsen | (Fischli) | 3471 | 6465 | 165 | 0,70 02 | 0,75 | 0,96 | 0,39
5 Mettenberg N ib. 61,71 21,37 |4,23| 3,96 | — 0,683 | 2,30 | 1,69 | 2,80. | CO? 0,43
en) 22,91 | 998 | 1,97 | 0,88 025 | 0,66 | 0,44 | 0,48
6 Mettenberg eb ib. 56,85 | 15,57 [4,59 | 3,531 — |1,80| 3,28 | 3,53 |5,64| CO? 1,18
) 30,32 | 727 | 1,38 | 0,78 0,72 | 0,94 | 0,91 | 0,96
7) Grimsel, Stock- Se ib. 75,04|10,14 1224| — | — |ı,17| 1,72 4,08 |5,50| CO2 0,13 ı
stege (Besicky) 0,02 | 4,73 | 0,67 0,47 | 0,9 | 1,05 | 0,94
8| Fichtelgebirge.
Vom Tännig bei | Gümbel | Geogn.Beschrei- | 78,90 12,2012,30| — | — |0,75| 0,25 | 2,36 | 0,24 | TiO20,50
Zell sebirges. 1379. | 42,08 | 5,20 | 0,69 0,30 | 0,07 | 0,61 | 0,04 0,20
120
9| Vom Grundlitz bei x ib. 73,45 |12,00|2,80| — | — |0,35| Spur | 8,13 | 2,50 | TiO20,45
Stammbach 39,17 | 5,60 | 0,84 0,14 2,10 | 0,43 0,18
Odenwald.
10 Gadernheim Lepsius | Notizbl.d.Ver. | 61,95 | 14,06 | 0,89 | 12,30) — |3,15 | 2,93 | 0,46 | 2,51 —
f. Erdkunde. | 33,04 | 6,56 | 0,97 | 3,73 18 | 0,74 | 0,12 | 0,43
Darmst. 1881.
. Vogesen. 19
11| Östliches Thal von Goken Jahrb. Miner. | 56,44 | 14,37 |1,02| 4,68| — | 3,70 | 13,15 | 4,30 | 1,23 TiO? 0,62
la Hingrie SER) aeh 13 208 30,10 | 6,71 | 0,31 | 1,04 1,48 | 3,76 | 1,11 | 0,21 0,25
„Schweden. 5
12| Örebrolän, Mo- | Nordström | Syerikes geol: | 78,75 11,28 |1,083| — | — |0,90| 0205,16 [0,51| —
grufvan a | 200 | 500 | 0,31 0,36 | 0,06 | 1,33 | 0,09
13 Svarttjernstorp Gumälius ib. 56. Bl. | 76,62 | 11,92 | 0,45 | 1,65 | 0,18 | 0,20 | 1,13 | 3,81 | 3,85 —_
(Santesson) | Nora.1875.11 | 40,86 | 5,55 | 0,13 | 0,37 | 0,04 | o,0s | 0,32 | 0,98 | 0,65
14|ib. N. von Greken, rn ib. 56. Bl. | 75,58 |13,11| — | 0,62 |Spur| 0,31 | 1,25 | 2,85 | 4,95 —_
SO. von Bladtjern | Santesson) | Nora.1875.14| 40,31 | g,1 0,14 0,12 | 0,36 | 0,74 | 0,83
a. Gneifs.
O von ©
Wasser Sa, sp. G. 2 5; Bemerkungen.
R.R.Si
(©)
0,71 97,84 | 2,55 |2,75. 9,02.35,91 | 0,328 | Flaseriger Augengneils.
2,32. 9,67.35,91 | 0,334
2,83 100,59 | 2,75 I|3,s. 7,17.34,75| 0,309 | Frisch aussehender Granitgneils. Orthoklas, Plagioklas, Quarz; Glim-
mer meist umgeändert, z. T’'h. in Chlorit, und nicht parallel. Etwa
100 m. vom Contact. Nach Gutknecht 6,42% Na®O und 4,80%
K?0.
0,93 99,89 | 2,55 |3,01. 7,342.37,41| 0,276 | Grünlich; feinschieferig bis flaserig. Reich an grünlichem Mineral.
Nicht frisch. Strafsentunnel zwisch. äulserer und innerer Urweid.
2,78 101,35 | 2,77 |3,32. 8,10, 3471| 0,326 | Geschieferter, dem Jurakalk auflagernder Gneils. Orthoklas, Plagio-
klas, Quarz; Kaliglimmer aus Feldspath entstanden; Granat, z. Th.
in Chlorit verwandelt. Oberer Contact. Verändert.
2,32 101,44 — |2,71.11,9.32,91| 0,424 | Gneifs, granitisch geworden, vom oberen Contact am Mettenberg,
auf Jurakalk lagernd. Orthoklas, Plagioklas, Quarz, Glimmer,
chloritische Schuppen, Magneteisen. Nicht frisch.
4,36 100,34 | 2,73 |431. 8,65.30,32| 0,4% | Gneifs vom Contact am Mettenberg. Deutlich geschiefert, undeut-
lich flaserig. Feldspath, Quarz, selten Glimmer, grünliches Glim-
mermineral. Merklich verändert.
0,40 100,42 — 13,40. 4,73.40,02 | 0,203 | „Grimselgranit“. Orthoklas, Plagioklas, Quarz, brauner Magnesia-
2,95 . 5,40 . 40,02 | 0,209 glimmer, grünliches Glimmermineral. Acc. Epidot und Titanit.
1,90 99,40 IE 1,48 . 5,70. 42,28 | 0,170 | Hellfarbig. Weifser Feldspath, vorwiegend Albit (anal.); Quarz; reich-
Ss P 5
1,02 . 6,39..42,28 | 0,175 lich ölgrüner bis weifslicher Glimmer. Sparsam Granat, Fe?0*.
Geht in Granulit über. „Weilssteingneils“.
0,70 | 100,358 | — 3,23. 5,60.39,35 | 0,224 | „Weilssteingneils“. Nr. 8 und 9 in der Münchberger Gneifs-
2,67 . 6,44.39,35 | 0,234 gruppe.
1,73 99,98 | 2,8097 5,28 . 6,83. 33,04 | 0,367 | Mittelkörniger, flaseriger Gneils mit reichlichen, rundlichen, 3—-5 mm.
b. 15° grolsen Granaten; Feldspath; Quarz; Glimmer dunkelbraun und
reichlich.
0,47 99,98 — 7,60. 7,02.30,35 | 0,482 | Feldspath, liehtgrüner Augit, Quarz. Daneben Titanit, Zirkonmikro-
lithe, opake Eisenerze. Augitgneifls. Quarzarme Varietät ana-
lysirt. Feldspatlı meist saussuritartig verändert.
1,14 99,47 — 12,05. 5,49.42,00 | 0,180 | Roth; feinkörnig; euritartig.
Glühv. 1,84 . 5,80 .42,00 | 0,182
0,56 100,37 — [2,4 . 5,68.40,86 | 0,199 | Roth; mittelkörnig. Feldspath roth; Quarz grau oder röthlich; ziem-
Glühv lich viel schwarzer Glimmer.
0,80 99,43 — 2,19. 6,11.40,31 | 0,206 | Grau; mittelkörnig. Feldspath röthlich; Quarz grau; untergeordnet
Glühy. schwarzer Glimmer.
a*
IV Gneifs.
| y
| j
z Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe| Fe | Mn | Mg) Ca |Na? K?’ | Sonst.
JE EEE Te
15) Elfsborgslän, Vär- Fries Sver. geol.un- | 75,49 | 14,51 10,51] — 0,27 |0,51| 1,97 | 2,32 | 3,86 —
gärda ders. Nr. 56. 40,6 | 6,76 | 0,15 | 0,06 | 0,20 | 0,56 ! 0,60 | 0,66
| Bl. Värgärda
16. Örebrolän, S. von | Gumälius ib. 56. Bl. | 74,29 | 14,17 |0,36 | 0,76 | 0,13 | 0,28 | 1,20 | 3,93 | 4,92 =
Kristinelund (Santesson) | Nora.1875.10| 39,69 | 60 | 011 | oz | 908 | 91 | 0,34 | 1,01 | 0,84
17| Östergötlandslän, Kenkson ib. 62. Bl. | 71,76 | 13,40 | 2,53 | 1,56 |Spur| 0,83 | 1,50 | 2,90 | 4,91 _
Regnasocken, W. von | (Hasselbom) | Ojaestorp. | 35,97 | 6,24 0,76 | 0,85 0,33 | 0,43 | 0,75 | 0,83
Asketorp 1877. 12
18 ib. 5 ib. 69,98 | 15,56 [2,27 | 1,65! — 0,90 1,99 [3,51 | 3,37) —
zwischen Läng- und 37,32 | 7,25 | 0,68 0,37 0,36 0,57 | 0,91 | 0,57
Mellantjern 5 |
19 ib. Crongvist ib. 63,72 \ 15,74 |2,74 | 4,31| 1,29 1,40| 3,56 |1,64 |3, | —
N. von Häradstorp | Bl. Boxholm | 33,95 | 7,34 | 02 | 0,6 | 0,28 | 0,56 | 1,02 | 0,42 | 0,63
20| Örebrolän bei Kri- | Gumälius | ib. 56. Bl. 159,23 16,39 4,29| 4,50 0,15 2,40 5,75 |1,6115,25| —
stinelund, S. von | (Santesson) | Nora.1875.14 | 31,59 7,64 | 1,29 | 0,95 | 0,03 | 0,96 | 1,64 | 0,42 | 0,89
Norastad
21| Stockholmslän, SO. | Hummel |ib. Bl. Stock- |58,14 18,06 | — | 10,72 | Spur 4,11 | 1,17 |0,62 | 3,88 | TiO2 1,50
von Rönninge holm 31,01 | 5,42 2,38 1,64 | 0,33 | 0,16 | 0,66 0,60
Sieilien. | |
22 Bei Messina Rieeiardi | Gazz. chim. | 70,57 117,96 | — | 1,25| — 1,51, 5,17 0,77 | 2,03 P?050,32
ital. 1, 208 37,64 | 5,38 0,28 | 0,60 | 1,48 | 0,20 | 0,35 |Cl Spur
Darmstadt. i wus2 |
23 NA ve Bann Lepsius | Notizbl des Ver | 68,73 | 18,69 |3,94&| — | — |1,08| 2,02 [0,35 4455| —
er-Ramstadt Darmstadt 1881. | 36,66 | 8,73 | 1,18 0,438 | 0,58 | 0,09 | 0,76
24 ib. 5 ib. 18 60,53 | 19,99 | 3,53 | 0,24 | Spur| 2,97 | 5,20 | 0,66 | 5,04 un
32,25 | 9,33 | 1,06 | 0,05 1,19 | 1,49 | 0,17 | 0,86
db. Hornblende
are RM
95 ib. 3 ib. 9 59,00 | 21,60 1,20) 2,93) — |3,54| 6,63 | 0,78 | 2,34 |Ti020,525
31,47 | 10,09 | 0,386 | 0,65 1,42 | 1,89 | 0,20 | 0,40 21
‚ib. » ib. 18 50,41 |22,32 |1,12| 4,18| — |7,97 | 10,65 | 0,15 | 1,95 |TiO? 0,05
26| Einschnitt des Bahn- 26,89 | 10,42 | 0,34 | 0,98 3,19 | 3,04 | 0,04 | 0,33 0,02
hofs | |
c. Eu
‚Schweden. j
1 | Östergötlandslän, | Santesson | Sver. geol.un- | 81,70 11,72 | Spur) Spur | — 0,09 2,88 |3,52 10,19 en
Hällestadssocken, dersökn.1877,
43,57 | 5,4 P)
. Folkströmmen Bl. Tjällmo R 2 208 |
2 | Örebroläin, SO. vom | Nordström Bl. Nora. 80,13 | 9,88 10,54| — — /4,41| 0,92 | 0,70 | 1,87 =
R See Vikern 1877. 42,74 | 4,60 | 0,16 1,76 | 0,26 | 0,18 | 0,32
3 |Ö. Prestaberg, Stri- a ib. 56. Bl. | 77,62 | 12,79 | 0,06 | 1,05 | Spur 0,52 | 0,37 | 0,84 | 6,38 er
BRn-S antesson
bergsfält Nora.1875.16 | 0 | 5,98 | 0,02 | 0,83 021 | 011 | 0,22 | 1,08
Hornblendegneifs. Eurit.
IN:
O von P
Wasser | 5. |»P.G.| 3% x Es Bemerkungen.
R.&.Si
(©)
_ 99,44 — 218. 6,76.40,96 | 0,222 | Rother Eisengneifs mit hellrothem Orthoklas, Quarz bisweilen in's
2.08. 6.91.40,26 | 0.293 Braune ziehend, schwarzer Glimmer, etwas Hornblende; sehr
, \ r i sparsam Magneteisen. -
0,82 100,86 — 12,50. 6,71.39,62| 0,232 | Roth; mittelkörnig. Rother Feldspath; grauer Quarz; schwarzer
Glühv. Glimmer reichlich.
1,05 100,44 — 123,69. 7,00.38,27 | 0,253 | Grau; mittelkörnig, granitartig. Ein grolser Theil des Glimmers
Glühv. ist weils.
1,32 100,55 — 278. 7,93.37,32| 0,287 | Grau; ziemlich grobkörnig. Etwas Granat.
Glühv.
1,08 99,52 — 3,88. 8,16.33,98 | 0,354 | Protogingneils; feinkörnig, etwas flaserig, feldspathreich. Dunkel-
Glühv. und hellgrüner Glimmer nebst grünlichem chloritischem Mineral.
1,06 100,43 — 1489 .8,93.31,59| 0,437 Grau; mittelkörnig; reichlicher schwarzer Glimmer; Feldspath
Glühv. schwach röthlich oder schmutzig weils; Quarz grau.
1,05 99,25 — 5,17. 8,42.31,61| 0,430 | Granatgneils. Überwiegend schwarzer Glimmer; ganz sparsam
Glühv. 2,79 „11,99 . 31,61 | 0,468 Quarz; Orthoklas weils bis röthlich; Plagioklas hellgrün. Hier
‚ und da kleine braunrothe Granaten.
0,83 100,41 | 2,66 /2,91. 8,33.37,64| 0,300 | Hellgrau. Mit weilsem und schwarzem Glimmer.
Glühv. 2,63 . 8,80 .. 37,64) 0,304
0,79 100,05 | 2,6254| 2,65 . 8,73..36,66 | 0,310 | Viel Orthoklas; Quarz; dunkelgrüne kleine Glimmerschüppchen.
b. 15° |1,86.. 9,91. 36,66 | 0,327 Nicht frisch. Dickflaserig, geht in Hornblendegneils Nr. 25 über.
1,80 99,96 | 2,577 | 3,76 „10,39. 32,28) 0,438 | Dunkelbrauner Glimmer in langen Flasern ; grauer Feldspath; Quarz.
b. 15° Derselbe Gneils wie Nr. 23, aber verwittert.
gneils.
1,54 100,09 | 2,664 | 4,56 . 10,45 . 31,68 | 0,473 NN ECEN dunkelgrün; viel grünlich grauer Orthoklas; schwarz-
b. 5° grüne Hornblende; kleine dunkelgrüne Glimmerschuppen; etwas
Schwefelkies.
1,30 100,10 | 2,79 |7,53 .10,76 „26,91 | 0,6so | Weilser und grünlicher Feldspath; reichlich grofse Hornblendekry-
b. | stalle; wenig dunkelgrüner Glimmer. Etwas Schwefelkies.
rit.
0,39 100,49 — 11,90. 5,46.43,57| 0,167 | Grau; sandsteinähnliches Gemenge von weilsem Feldspath und
Quarz. Der kleinblätterige schwarze Glimmer liegt oft in dünnen
scharfbegrenzten Lagen.
1,73 100,18 — 12,63. 4,60.42,74 | 0,169 | Grau; Glimmerschiefer ähnlich; Glimmer überwiegend hellfarbig,
2,52. 4,76.42,74| 0,170 | Selten dunkel.
0,57 100,20 _ . 5,98 .41,40 | 0,189 | Roth, ganz schieferig, mit wenigem sowohl weilsem als dunkelgrünem
Glimmer.
VI
Z Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe | Fe| Mn Mg| Ca Na? K? | Sonst.
4 Östergötlandslän, | Karlsson Er 76,43 11,34 | 2,72 | 1,10 | Spur| 0,89 | 1,18 | 2,83 | 1,44 —_
Knlenss (Santesson) Bun. 40,76 | 5,28 0,82 | 0,24 0,36 | 0,34 | 0,73 | 0,24
5| Örebrolän, N. von | Gumälius | ib. 56. Bl. |75,33 13,63 | 1,00 | 1,30 | Spur 0,73 | 0,59 | 0,49 | 6,41 —
Ringshytta (Santesson) | Nora. 1875.16 40,17 | 6,35 | 0,30 | 0,29 0,29 | 0,17 | 0,13 | 1,09
6 ib. Nordström | Bl. Latorp. |72,50 14,81| 315| — | — |ı,12 | 3,12 [2,94 | 2924| —
Dalkarlsberg 1877 33,33 | 6,90 | 0,94 0,45 | 0,89 | 0,76 | 0,88
7, Östergötlandslän, AReeeony ib. 62. Bl. 68,86 |15,84| 0,95 | 1,81 | — [0,87 | 1,48 | 3,77 | 5,93 _
S. der Backa- Hasselbom) | Claestorp. 1,38 | 0,28 | 0,40 035 | 042 | 0,97 | 101
mühle 1877. 17 36,73 ” £} 0, ’ ’ 3 ’
8| Örebrolän, Stagga- | Blomberg | Bl. Nora. |68,47|17,93| 3,761 — | — 12,26 | 0,755 *4,91 _
torp 1875 36,52 | 8,37 1,13 0,90 | 0,21
9| Östergötlandslän, Karlsson ib. 62. Bl. |*66,33| 15,55 | 1,44|0,99| — |1,75| 5,90 | 7,74 | Spur _
Älsäter (Hasselbom) | Claestorp. | 33,35 | 7,35 | 0,3 | 0,2 0,70 | 1,69 | 2,00
e 1877. 17
10| Orebrolän, Linde- | Blomberg Bl. Nora. 64,16 117,95 | 5,897 | — | — |1,72| 3,76 5,87 —
socken, N. vom 1875 34,22 | 337 | 1,61 0,69 | 1,07 m ze
Lilla Andsjön
11] Östergötlandslän, | Santesson | Bl. Tjällmo. 63,06 | 22,30 — /0,18| — [0,25 | 4,00 | 9,34 | 0,23 =;
Hällestadssocken, 1877 33,63 | 10,39 0,04 0,10 | 1,14 | 2,41 | 0,04
Grytgöls-Schmiede
12) Orebrolän, Eke- Gumälius ib. 56. Bl. |51,60 16,66 7,25 | 7,31 | 0,33 |4,35 | 9,66 | 2,19 | 0,76 —
berg (Santesson) | Nora.1875.18 | an59 | ars | 217 I 182 | or I 1a | 26 | 007 | 018
d. Hälle
. Schweden.
1 | Orebrolän, W. von | Santesson | Sver. geol.un- | 83,27 | 8,19 | 1,41 |1,56| — |0,32 | 0,45 | 0,62 | 2,35 —_
Babbtjern ders. Bl.Nora| 44 | 3,8 0,42 | 0,35 0,13 | 0,13 | 0,16 | 0,40
9% |ib. S. v. Flackensjö, $ Bl. Hulsjö 80,53 | 11,21 | 0,28 | 0,45 | Spur| 0,06 | 0,51 |6,55 [0,12] —
Hjulsjösocken 42,95 | 5,22 0,08 | 0,10 0,02 | 0,15 | 1,69 | 0,02
Be} Elfsborgslän, 'Wahlquist | Bl. Upperud | 73,84 | 3,89 [11,16 | — |Spur| 0,88 | 0,93 | 5,29 | 4,19 _
Koppebofjellet a938 | Als | 285 025 | 0,7 | 137 | om
4 | Örebrolän, zwischen | Santesson Bl. Hulsjö 75,24 | 12,58 | 0,84 | 1,72 | Spur) 0,42 | 1,22 | 4,34 | 1,70 _
Södra Ekeberget und 40,13 | 5,86 0,25 | 0,38 017 | 0,35 | 1,25 | 0,9
Löffallet
5 Elfsborgslän, Törne- "Bl. Amäl 72,44 | 12,12 | 1,01 |1,68 | Spur | 0,30 | 1,99 | 3,51 | 2,32 ==
Strand Re Gädd- bohm 38,63 | 6,11 0,30 | 0,37 0,52 | 0,57 | 0,91 | 0,39
viıken
6 Östergötlandslän, | Hasselbom | Bl. Claestorp | 70,89 | 13,22 | 3,19 |2,59| — |1,14 | 1,19 | 3,46 | 3,04 —
Backamühle arsı | 6,16 | 0,96 | 0,58 0,46 | 0,34 | 0,89 | 0,52
7 Elfsborgslän, Karlsson | Bl. Upperud | 71,54 | 14,96 | 2,50) — — 0,11 | 4,84 | 6,46 | 0,17 —_
NW. vom Dorf 38,15 | 6,97 0,75 0,04 | 1,38 | 1,67 | 0,03
Dalen
Halleflinta.
vu
O von ©
Wasser | S5. |Pp.€| 2» 8 = Bemerkungen.
R.R.Si
[®)
1,43 99,36 ee 1,91. 6,10.40,76 ) 0,197 | Dunkelgraues, feinkörniges, gleichmälsiges Gemenge von Quarz,
weilsem Feldspath und schwarzem Glimmer. Sparsam kleine
Kieskörner.
0,59 100,07 —_ 1,97 . 6,65..40,17 | 0,215 | Dunkelroth. Mit kleinen schwarzen Glimmerblättchen.
0,84 101,02 — 3,11. 6,90.38,83 | 0,258 | Grau, gneifsähnlich. Reich an Quarz, z. Th. porphyrartig; schwar-
2,48. 7,84 .38,83 | 0,266 zer kleinblätteriger Glimmer; weifser Feldspath, z. Th. Plagioklas,
untergeordnet.
0,42 99,93 — 13,15. 7,66..36,73 | 0,294 | Roth, ziemlich grobkörnig, durch reichlichen Glimmer mit Parallel-
structur versehen, Feldspath röthlich; Quarz und Glimmer vor-
herrschende Mineralien.
1,92 100,00 — — . 8,37.36,52| — |Dunkelgrau. Sehr feinkörnig.
—.9,50.36,52| —
0,30 100,00 — 461. 7,68.35,38 | 0,347 | Grau, granitartig, ziemlich grobkörnig. Feldspath meist weils, sel-
i ten grünlich; Quarz wasserhell; dunkler kleinblätteriger Glimmer
gemischt mit dunkelbraunen kleinen Granaten.
ar 100,00 _ —. — .3,%2| — |Hornblende-Eurit, aus scharfbegrenzten, dünnen schwarzen
und hellrothen Lagen bestehend. Erstere aus dunklem Glimmer
und Hornblende, letztere aus Quarz und Feldspath zusammen-
gesetzt.
0,70 100,06 _ 3,73 .10,39 . 33,63 | 0,420 | Weilses granitähnliches, ziemlich grobkrystallinisches Gemenge von
weilsem Feldspath und Quarz; Glimmerblättchen nur ausnahms-
weise vorhanden.
0,62 100,73 — 16,89. 9,95.27,52| 0,612 Hornblende-Eurit, grünlichschwarz, mit vielen weilsen Feld-
spathkörnern und sehr wenigem Quarz; Schwefelkieskörner
zahlreich.
flinta.
0,93 99,10 — 117. 4.24.44,41 | 0,122 | Grau, dicht, quarzitartig, auf Sprüngen rostfarben durch Eisenoxyd;
mit feinen Adern von Blauquarz.
0,67 100,38 — 11,98. 5,30.42,95 | 0,169 | Hellroth, fast vollkommen dicht; hier und da ein wasserhelles Quarz-
korn.
0,54 100,72 — 4,93. 1,81.39,38) 0,171 | Braungrauer Hälleflintaschiefer, mit fleischrothem Feldspath und
2,70. 5,16..39,38 | 0,200 graublauem Quarz. Schichtflächen mit dünner Chlorithaut. Schwer
schmelzbar vor dem Löthrohr.
0,81 99,37 — 2,44. 6,11.40,13| 0,213 | In dunkelgrauer, in's Röthliche ziehender Grundmasse porphyrartige
Körner (bis 5 mm. Durchmesser) von z. Th. blauweilsem Quarz,
von rothem Feldspath, ausnahmsweise Plagioklas; hier und da
Aggregate von schwarzem Glimmer.
1,53 98,90 = 2,76 . 6,41. 38,63 | 0,237 | In dunkelbrauner Grundmasse porphyrartig kleine grünweilse und
hellbraune Körner und unregelmäfsig begrenzte Aggregate von
schwarzem Glimmer.
1,83 100,55 — 2,79. 7,12.37,81) 0,262 | Grauschwarz, fast dicht, mit einzelnen rothbraunen Partien. Hier
und da ein Kieskorn.
0,35 100,93 — 13,62. 6,97..38,15 | 0,978 | Dunkelgraue, breceienartige Grundmasse mit fast schwarzen, selten
3,12. 7,72 .38,15 | 0,284 rothbraunen Fragmenten von Hälleflinta. Porphyrartig; reichlich
weilser Feldspath; weniger Milchquarz; reichlich hellfarbige kleine
Glimmerblättchen.
4
BI
$ s i
an Glimmerschiefen,
= Ort Analyt. Quelle Si | &1 | Fe | ke| Mn| Mg| Ca | Na’| K? | Sonst
8 Upsalalän, Stolpe Sver. geol. un- | 70,31 16,45 | 1,02 |1,755| — lo,.ı 3,21| 4,00 | 2,85 Pa
Kumla ae 37,50 | 7,67 0,31 | 0,39 0,08 0,92 | 1,03 | 0,48
{ . Upsala |
e) Örebrolän, Blomberg Bl. Nora [69,83 | 20,17 | 3,32 | — 10,47 |Spur! 0,72| 2,03 |3,77 u
Märshyttan 37,2 | 9,2 1,00 0,11 0,21 0,52 | 0,64
10 Elfsborgslän, Törne- |ib.37. Bl. Up- | 67,00 | 18,47 | 1,32 |0,60 | — 10,43 | 0,75 | 10,86 | 0,63 =
Bäckesocken, Hal- bohm erud. 1870.| 3; 5
langen, Schieferbrnch| (eettkrzenn) P an 35,73 | 8,61 | 0,40 | 0,13 017 | 021 | 2,80 | 0,11
ı1| ib. Dalkogssocken, | Wahlquist | Bl. Upperud | 64,64 | 18,07 | 5,55 | — | — |0,75| 0,89 | 8,21 3,69 —
Bela: en sa | 84 | 16 0,30 | 0,35 | 2,12 | 0,63
TUC
12 Örebrolän, Blomberg Bl. Nora 64,05 | 22,25 | 3,30 | — |0,24|1,22| 1,721! 3,10 3,99 _
N bei 34,16 | 10,37 | 0,99 0,05 | 0,49 | 0,49 | 0,80 | 0,68
ärshyttan
13) Elfsborgslän, Fries Bl. Ämäl | 54,06 | 16,24 | 3,07 |5,42 |Spur| 5,91 | 8,37 | 3,68 | 1,89 —
W. von V. Sjögar 28,83 | 7,58 | 0,92 | 1,20 2,36 | 2,39 | 0,95 | 0,32
Glimmer
Sieilien. | |
1 Umgegend von Riceiardi Gazz. chim. | 57,67)17,9| — 9,10 Spur, 3,29| 3,19 | 1,09 | 3,36 |P?O° 0,38
Messina ES Ess 30,76 | 8,37 2,02 132 | os | 028 | 0,65 |Cl Spur
Thon
Fichtelgebirge. | | |
1 Juliushammer Gümbel | Geogn.Beschr. 61,56 , 20,12 | 2,87 13,40 | — |1,58| 0,71| 1,92 4,84 —_
(Schwager) | q. Fichtelgeb : RC | 2 i
"1879, 101 | 2 | oo 0,86 | 0,76 0,83 | 0,20 | 0,50 | 0,82
2 Arzberg N ib. 62,54 |22,84| — |3,89| — 1,22) o,18s| 1,38|)594| —
33,25 | 10,66 0,86 0,49 | 0,05 | 0,36 | 0,89
®
Chlorit
Schweden. |
1 rn a a 49,18 | 15,09 ID — | — |5,22|10,59| 3,64 | 1,51 _
2 en) Ba I 26,23 | 7,05 3,87 2,09 | 3,08 ! 0,94 | 0,8
1870. 24
a
Thonschifer Chloritschiefer.
h \
8 6 O von & B
Wasser aa SDR. FETTE emerkungen.
5 Besen | 5 5
° 1
1,33 | 101,13 | 2,69 as . 7,98 .37,50 | 0,290 | Graublau, sehr feinkörnig, z. Th. olivengrün. Hier und da ein Korn
| von Schwefelkies.
1,35 101,66 — |214. 9,42.37,24| 0,310 |Dunkelgrau, bisweilen schwarz. Die Verwitterung geht sehr tief
1,48 .10,42 . 37,24 | 0,319 und macht das Gestein grauweils.
’
0,30 100,36 — 13,42. 9,01.35,73| 0,348 | Roth, fast dicht. Liegt auf Thonschiefer, mit dem das Gestein un-
regelmäfsigen, z. Th. unbestimmten Contact bildet.
0,08 101,88 — |&41. 8,44.3447| 0,373 | Dunkelblaugrau, dicht, hellrothgelb geflammt (Analyse dieser Va-
3,30 . 10,10 . 34,47 | 0,389 rietät). Leicht schmelzbar vor dem Löthrohr.
2,14 102,00 — 3,17 .10,37 , 34,16 | 0,396 | Dünnschieferig, schwarz, glimmerreich, Thonschiefer ähnlich.
: 2,51 .11,36.. 34,16 | 0,406 Schwefelkies in Körnern und als Anflug. Auf den Ablosungs-
: flächen nicht selten kleine Granaten.
Aral 100,00 — 1/72. 8,50.28,983 | 0,545 | Porphyrartig, fast schwarz. Glimmer- und hornblendereiche, roth-
braun geflammte Grundmasse. Hier und da ein weilsgrünes
Feldspathkorn.
.
schiefer.
3,19 99,69 2,88 5,09. 8,37.30,76 | 0,433 | Weilser Glimmer reichlich, mit Quarzlage von 1 cm. Stärke.
Glühv. b. 18° | 3,07 .11,40.. 30,76 | 0,470 |
schiefer.
3,05 | 100,05 _ b.4 A 0,401 | Stark glimmerglänzender Phyllit mit einzelnen braunen Glimmer-
Glühv. blättehen. Die in CIH löslichen 11,14% sind alkalifrei.
3,48 100,77 — [2,65 .10,66 .33,25 | 0,400 | Stark glimmerglänzender Phyllit. Die in Salzsäure löslichen 13,275
Glühv. 1,79 .11,96 . 33,25 | 0,413 | sind alkalifrei.
.
schiefer.
1,87 100,00 ei Han . 7,05 .%6,23 | 0,608 | Dunkelgrün, schieferig. Chlorit, Quarz; bisweilen Hornblende und
I 10.92 . 26,23 | 0,657 Epidot, Feldspath, Eisenkies.
MR a EN JR er 0 920
Phys. Cl. 1884.
Abh. I.
|
j
Aus krystallinischen.
x
|
5 Ort Analyt. Quelle Si Al Fe | Fe | Mn Mg Ca | Na?| K? | Sonst.
| |
Aus krystallinischen
Oberpfalz. / | f
1| Kühstein bei Erben-| G. Schulze] Z.d. geol. Ges. | 41,63 | 1,46 5 4,67 |Spur| 33,97 | 3,57| — | — |0r?0°
dort 35.447. 1883 | 9990 | 0,5 ‚15 | 1,04 13,59 | 1,02 100
CO? 0,86
2 Kellerrangen N ib. 40,77 | 8321| 1,79!6,12| — |21,24|13,74!| — | — !Cr?03
21,714 | 1,50 | 0,4 | 1,36 8,50 | 3,93 2,81
0,89
3 ib. r ib. Aop)l = | Bee se | —.| — 2
21,59 0,72 | 1,28 | 0,12 | 14,22
Tyrol.
4| Sprechenstein, SO. | Hussak | Tschermak, [40,55 | 2,7011040| — | — 3359| 440 — | — &
von Sterzing Min. Mitth. | 9103 | 126 | 312 13,44 | 1,26
1882. V. 67
5 ib. 5 ib. 70 40,90| 23,08| z,e8| — | — 3745| 0350| — | — =
21,31 | 0,97 | 2,30 14,98 | 0,09
Niederschlesien.
6| Gumberg, N. von | H. Traube| Beitr.z Kenntn. |41,13 | 1,05| 3,44|6,43| — 136,67) 0,64| — | — | NiO,
Frankenstein as Cam. Cr?03
Greifsw. 18842 | 21,9 | 0,49 | 1,03 | 1,43 14,67 | 0,18
44 Spur
7| Endersdorf, Mittel- 5 ib. 36 40,72 | 0,89| 3,60 | 5,15 | 0,98 | 33,60 | 1,58) — | — | Chrom-
berg (Mittel) 1,2) oval zo | 1002 | 4 | 085 spinell
Bayern. 0,63
8 Rohrbach bei Oebbeke | Jahrb. d. geol. | 54,90 | 17,68 | 6,33 13,16 — 2,98 | 6,16 | 4,52 | 1,82 CO® 1,28
Regen Reichsanst. | 9995 | 8,26 | 1,90 | 0,70 119 | 1,76 | 1,18 | 0,31
1879. 372
Darmstadt.
9| Nordfuls des Herr- | Lepsius | Notizbl.d.Ver. | 49,10 | 18,38 | 2,21 |4,30| — 6,49 | 13,05 | 3,63 | 1,41 |TiO® 0,03
gottsberges f. Erdk. Darm- 26,19 8,58 0,66 1,07 2,60 3,73 0,94 | 0,24 0,01
stadt 1881.7
10 ib. 4 ib. 8 48,22 |17,91| 5,29|5,02| — | 8,14 10,88 | 0,53 | 2,66 |TiO2 0,04
Marienhöhe 35,02 | 836 | 1,59 | 1,12 32 | 311 | 014 | 085 8,02
Lombardei.
11) Hinter dem Castell Cossa | Ricerchechim. | 43,18 | Spur| 2,34 |9,58| — |38,47| 246| — | — |NiO Spur
von Chiavenna 23,03 0,70 | 2,13 15,29 0,70
Niederöstreich. SH
12 Langenlois F. Becke Tschermak, 48,99 16,92 | 0,81 |5,56 | — | 10,76 | 16,69 | 1,44 | 0,16 _
ah 2,13 | 7,90 | 0,24 | 1,94 430 | 477 | 0,37 | 0,03
13] Bei Ottenschlag » ib. 167 49,89 | 13,84| 7,15 | 8,18 |0,44| 3,20 | 7,92 | 5,33 | 1,91 |P2050,54
(Wegschei- co? S
der) 26,61 6,46 2,14 | 1,82 | 0,10 1,28 2,26 | 1,38 | 0,32 pur
14| Loisberg bei Lan- A ib. 312 47,30 |16,86 | 1,69 5,61] — | 11,32 | 13,27 |4,27 | 0,40 Ti020,45
genlois NED) 25,23 | 7,87 | 0,51 | 1,9 453 | 3,79 | 1,10 | 0,07 0,18
XI
O von ©
sp. G. BREH = Bemerkungen.
JEE. o
.
‚Schiefern.
9,02 100,23 — 115,65 .2,20.22,20) 0,504 | Grünlich grauer Serpentin, mit Resten von Grammatit und Oli-
(3) (4,26) vin. Aufserdem Chlorit und Magneteisen. In Salzsäure unlös-
lich chromreiches Erz.
10,70 100.38 — 113,79.2,93.21,74| 0,769 | Homogenes, tief dunkelgrünes, serpentinähnliches Gestein
; 3 () (4,73) mit etwas Chlorit, opaken Erzen und einem chromreichen, in
; | Salzsäure unlöslichen Erze. Keine Maschenstructur.
13,43 98,72 — [15,62 ..0,72.21,89| 0,746 | Feinblätteriger Serpentin mit Magneteisenkörnchen, Kluftausfül-
() (4,%0) lungen im vorhergehenden Gestein bildend.
„ )
9,32 100,96 — 16,78 ..1,%6.21,63 | 0,83% | Grüner Serpentinschiefer aus Kalkphyllit. Antigorit (anal.),
14,70 .4,38 . 21,63 | 0,882 Salit, Fe?O*, Chlorit; Staurolith sparsam wie Diallag. Kein
370 „4,38 . 21, "Br
Olivin.
12,15 100,56 — |16,61..0,97..21,831 | 0,805 | Dichter Serpentin, in Linsen im vorhergehenden Schiefer. Anti-
15,07 .3,297 . 21,81 | 0,841 gorit; wenig Salit und Magneteisen; sparsam Chlorit und Talk.
a: ; Kein Diallag, kein Olivin, kein Staurolith.
10,48 99,84 | 2,91 16,28 .1,52.21,92 | 0,811 | Lichtoliven- bis schwärzlichgrüner Serpentin mit Magneteisen-
(8) (4,04) körnehen und Hornblendenädelchen. Unter dem Mikroskop Reste
von Olivin und strahlsteinähnlicher Hornblende.
13,26 100,41 | 2,82 15,25 .1,49.21,72| 0,771 |Serpentin mit Bastit, Diallag, Magneteisen und Pikrolith.
1,39 100,22 _ 5,14.10,16 .29,28 | 0,523 |„Aus der hereynischen Gneifsformation.“ In dichter graugrüner
Grundmasse von Feldspath und Hornblende Nadeln von Horn-
blende. In Salzsäure 71,072 unlöslich. 2,912 Kalkcarbonat.
„Nadeldiorit‘“.
1,30 100,40 | 2,9258 | 8,58. 9,24. 26,20 | 0,680 | Dunkelgrün, feinkörnig. Mit vielem ziemlich weilsen Feldspath und
b. 15° kleinen Hornblendekrystallen. Etwas Schwefelkis. Horn-
j blendeschiefer.
1,46 100,15 | 2,9437 | 3,08 .9,95.25,74 | 0,700 | Dunkelgrün; fast nur Hornblende sichtbar. Hornblende-
b.15° schiefer.
3,32 99,35 | 3,08 18,22 . 0,70 .23,03 | 0,822 | Blafsgrün. Tremolit, Olivin, Serpentin, Magneteisen. „Anfibo-
Glührv. b. 14° lite serpentinosa.“
1,16 102,49 — |10,71.8,14.%6,13| 0,721 | Linsen in normalem Amphibolit. Plagioklas und Smaragdit in
einem Aggregat, das aus Plagioklas, Hornblende und Augit be-
steht.
1,22 99,62 _ 7,16 . 8,60. 26,61 | 0,592 | Blöcke im Gneifsgebiet. Dunkles, feinkörniges Gemenge von Pla-
gioklas, Diallag, Broncitkörnern. Um Diallag und Broneit dun-
kelgrüne körnige Hornblendezone mit braunem Glimmer. Apatit,
Titaneisen, „Gabbro“.
_ 101,17 — 10,74 „8,38. 25,41) 0,752 | Reichlich lichtgrüne Hornblende, Orthoklas, Plagioklas, Zoisit, Rutil.
Feinflaserig. Zoisit-Amphibolit.
b*
Aus krystallinxschen Schiefern. Lherzolith.
XI .
& Ort Analyt. Quelle Si | &1 | Fe| Fe | Mn Mg Ca | Na?| K? | Sonst.
New-York.
15 Montrose Point am | J. D.Dana | Jahrb. Miner. | 55,34 | 16,37 | 0,77 | 7,54 |0,40 | 5,05 7,51 | 4,06 | 2,03 —
Hudson 1883. I. 243 | go51 | 762 | 028 | 168 | 009 | 202 | 214 | 10 | 085
Lherzo
Piemont. |
16] Arcothal, Locana Cossa Ricerchechim. |55,52|) 1,17| — | 6,12| — |35,85 [2923| — | — |Cr?0®
SDEIEIT || apa 0,55 1,36 14,34 | 0,64 0,42
etc. 1881. 100 0,13
. P?O5Spur
17) Baldissero, Monti a ib. 105 45,68 | 6,28| — | 9,12| — [34,76 |2,15| — | — [Cr?03
rossi 24,36 | 2,93 2,03 13,90 | 0,61 0,26
0.08
18 ib. 5 ib. 107 |50,59| 7,92) — | 8,12) — |30,67 |3,38| — | — |cr203
26,98 | 3,70 1,36 12,27 | 0,97 0,53
0,17
19| Zw. Corio u. Lanzo, 5 ib. 108 46,46 | 2,85] — |15,22| — [30,68 |3,355| — | — |Cr?03
Monti di S. Vittore 24,78 | 1,33 3,38 12,27 | 0,96 Spur
20| Germagnano, Monte n ib. 111 42,70 | 2,84|1,03| 7,44| — |37,56|3,18| — | — |Cr?03
Basso 27 | 153 | 0310| 261 15,02 | 0,91 un
21 ib. & ib. 113 41,66 | 4,25 | 2,95 |10,38| — |34,82 |1,716| — | — |Cr?03
2,2 | 1,08 | 0,88 | 2,31 13,93 | 0,50 0,32
0,10
22 ib. 2 ib..1200 0 2.392491.0,40) 10.910 0232| 2 vs 0 er
23,17 | 0,20 | 0,97 | 0,63 16,46
II. Aeltere
A. Feldspath vorwaltend
Grofsh. Hessen.
1 Darmstadt Lepsius | Notizbl.d.Ver. | 75,73 |10,84 |5,50| — |Spur| 0,47 | 2,04 0,22 | 5,07 ıL
(Reinhardt) | f. Erdk. Darm- 40,39 | 5,06 | 1,59 0,19 | 0,58 | 0,06 | 0,86
stadt 1881. 3
2 ib. n ib. 4 76,92 | 14,97 | 2,05 — —_ 0,07 | 1,07 | 0,51 | 4,66 _
20,31 | 6,95 | 0,61 0,03 | 0,31 | 0,13 | 0,79
3 ib. N ib. 4 71,42 13,88 |1,36| — | — | 0,48||1,39|0.25)S6
41,29 | 6,48 | 0,41 0,19 | 0,40 | 0,06 | 0,88
4 ib. 5 ib. 6 70,84 | 13,86 | 2,85 — — 3,01 | 3,02 | 0,44 | 5,30 _
Capellenplatz 37,78 6,47 | 0,86 1,20 | 0,86 | 0,11 | 0,90
|
Ältere Eruptivgesteine. Granit.
N
XIII
OÖ von B
_ Wasser | S% |sp. G. RES = Bemerkungen.
238 o
0,58 39,65 —_ 1,33 .7,87.29,51 | 0,516 | „Biotithaltiger Augit-Norit.“ Reich an Plagioklas.
lith.
— 101,31 | 3,307 | 16,34 .0,68.. 29,61 | 0,575 | Graulichgrün. Vorwiegend blafsgrüner Olivin (anal.); Enstatit grau-
17,70 . 2,72 „29,61 | 0,598 lichgelb; Chromaugit (anal.); sparsam Chromeisen. Verwittertes
Gestein untersucht, aus dem das Brauneisen abgeschlämmt war.
Enstatit und Augit noch frisch.
1,21 99,46 | 3,269 | 16,54 .3,01. 24,36 | 0,8038 | Etwa 672 Olivin; Broneit, Chromaugit, Picotit, Eisenkies.
14,5] » 6,05 . 24,36 | 0,844
= 99,21 — 14,60 . 3,97 .26,98 | 0,685 | Verwittert und zerreiblich. Olivin verwittert, nur 56%; Eisenocker
13,24 .5,91.26,98 | 0,10 | wurde entfernt.
0,72 99,28 | 3,225 | 16,61 .1,33.24,78 | 0,724 |Olivin reichlich; wenig Enstatit; Augit; Picotit. In Salzsäure
13,23 . 6,40 . 24,78 | 0,792 72% löslich. Enthält hier und da Serpentinadern.
3,54 98,54 | 3,220 | 17,54 .1,72.22,77 | 0,846 | Durch grofse Enstatite (anal.) porphyrartig. Olivin z. Th. in Ser-
pentin umgesetzt. Chromaugit. Wenig Spinell.
4,95 101,09 | 3,116 | 16,74 . 2,96 .22,22 | 0,887 | Graulichgrüner Serpentin mit wenig Olivin und Enstatit. In
(3) (4) Salzsäure 78% löslich. Dichte verwitterte Varietät des Gesteins
Nr. 20.
12,06 100,82 | 2,615 | 17,09 .0,47..23,17 | 0,758 | Feinlamellarer Serpentin mit wenig Magneteisen.
(3) (4,07)
Eruptivgesteine,
Orthoklas. 1. Granit.
0,38 100,05 | 2,6295 | 2,75. 5,06.
15°
0,28 100,13 | 2,5867 | 1,67. 6,9.
b.15° |1,26. 7,56.
0,15 100,08 | 2,5805 |1,80.. 6,48.
b. 15° | 1,53 . 6,89.
0,78 100,10 | 2,6606 | 3,64 . 6,47.
Baelosn 2:07... 7,33..
1,69 . 6,65 .
40,39
40,39
40,81
40,81
41,29
41,29
37,78
37,78 |
0,193
0,207
0,211
0,216
0,201
0,204
0,268
0,975
Bruch am Forsthause Bellenfallthor. Grau, grobkörnig. Viel Quarz;
Orthoklas weifslichgrau. Kleine Schuppen dunkelgrünen Glim-
mers spärlich.
Bruch am Bellenfallthor. Roth, mittelkörnig. Gang im Thonschiefer.
Orthoklas röthlich, Quarz grau, Glimmer dunkelgrün.
Bruch am Bellenfallthor. Roth, feinkörnig. Derselbe Gang wie 2,
der Stelle, wo er noch im grauen Granit sitzt, entnommen.
Grobkörnig. Orthoklas weils, Quarz grau; dunkele Glimmerblätt-
chen; wenig Hornblende. Vollständig frisches Gestein.
|
Altere Eruptigesteine
XIV ;
= Ort Analyt. Quelle Si ı Äl | Fe) Fe |Mn|Mg| Ca | Na? K? | Sonst.
5| NW. des Bahnhofs | Lepsius | Notizbl.d.Ver. | 67,25 |17,19 11,355 — — [2,12 | 3,50 | 1,84 | 5,82 | —
von Ober-Ramstadt |(Reinhardt) | f, Erdk. Darm- | .; 97 ame 0,85 | 1,00 | oar | 000 |
stadt 1881.18 | 3 i
6| Östlich vom Bahn- R ib. 19 77,65 13,05 1,07 — | — |0,49| 1,56 |1,21)4,31 —
hof Traisa 41,41 | 6,09 | 0,32 0,20 | 0,45 | 0,31 | 0,73
Odenwald.
7| Rechtes Weschnitz- 2 ib. 21 64,60 ! 17,94 | 0,87 | 3,30 — |2,14 | 3,43 | 1,80 | 4,32 —
ufer, Birkenauer Thal 34,45 8,37 | 0,26 | 0,73 0,56 | 0,98 | 0,46 | 0,82
Sachsen.
8 Bühlberg. bei Dalmer | Sect. Schnee- | 77,50 14,21 — — | Spur| 0,10 | 3,35 | 4,54 |Li?O Spur
Eibenstock (W. Knop) | berg. 1883.10 | 0,08 | 0,86 | 0,77 |FI Spur
9) Pöhlberg, Nordwest- Schalch | Erläut.z. geol. | 75,52 | 14,71 | Spur, — |Spur| 0,12 | 1,60 | 2,73 | 4,05 |P2O5Spur
Soll Specialkarte. | 40,98 | 6,57 0,05 | 0,46 | 0,70 | 0,59 |SO® Spur
Sect. Anna- 0
berg. 1881.38
Vogesen.
10 Laveline Rosen- | Jahrb. Miner. | 61,93 | 13,18 3,63 | 2,31 | — |4,59 | 3,48 | 2,67 | 6,11 pr.
sl T 235) 503 | Sol 1, m 1,84 | 0,99 | 0,69 | 1,04
11| Oberbruck, Mündung | Cohen ib. 1883. 2.09 16.43 2.0 Br 08! 2,32 \ 4,07 | 4,66 110205
des Rimbachthals | (van Wer- T. 201 62, 6,43 2,34 | 2,03 ar 5 4 ‚66 TiO? 0,56
veke) : 33,71 | 767 | 0,70 | 0,85 1,23 | 0,66 | 1,05 | 0,79 0,22
Sieilien.
12 Umgegend von Ricejardi | Gazz. chimie. | 74,09 |15,18| — | 2,33 | — |0,97 2,92 | 0,85 | 2,34 |p205 0,41
Messina al ae 39,51 | 7,06 0,52 0,39 | 0,83 | 0,22 | 0,40 |Cl Spur
Insel Dagö. B
13) Unterhalb der Ca- |v. Ungern-| Über Rapa- | 70,33 |11,82 |3,73 | 2,38 | Spur | 0,20 | 2,75 | 2,41 | 3,09 |TiO2 1,03
pelle Pallokül Sternberg | kiwi. Leipzig 0,41
1889.00 || ale | 058 0,08 | 0,79 | 0,62 | 0,53 P2050,58
FI 0,14
| co? 0,14
14 ah: A ib. 40 [71,01 |11,86 13,92| 2,31 | — |0,26| 2,47 |2,59 | 3,02 |P205 0,85.
37,87 | 554 | 118 | 0,51 0,10 | 0,71 | 087 | 0,1 [El 0,98
| CO? 0,09
15 Schottland.
Peterhead A. Phil- | Quart. Journ. | 73,70 | 14,44 |0,43 | 1,49 |Spur| Spur| 1,08 |4,21 |4,43 |Li®O und
li l. . 36. 205
!pS a | | or | 018 | 03 0,31 | 1,09 | 0,75 |P°O°Spur
16 ib. e ib. 64,39 | 15,99 | 1,47 | 5,98 | Spur| 1,67 | 2,57 |4,96 | 2,46 |Li®O und
aa za |loM| 18 0,67 | 0,73 | 1,98 | 0,42 |P?O°Spur
Cornwall.
17| Gready bei Luxu- s ib. 8 69,64 | 17,35 | 1,04 | 1,97 | Spur| 0,21 | 1,40 | 3,51 |4,08 |[Li?®O und
Ba 371 | 810 | 031 | 0,4% 0,08.) 0,40 | 0,91 | o,.a |P?O°Spur
18 ib. H ib. 8 65,01 | 17,37 |4,95 | 1,86 | Spur| 1,34 | 2,11 |4,14 1,82 |Li2O und
3467 | Sit | 145 | 041 0,54 | 0,60 | 1,07 | 0,31 |P?O°Spur
England.
19) Charnwood-Forest- |E.S.Berry| ib. 38. 197. | 69,94 | 10,82 |9,05| — \Spur| 1,38 3,21 | 1,32 | 3,32 |P205Spur
a Ha 1882 37,30 | 505 | 271 0,55 | 0,92 | 0,34 | 0,65
Granit. xV
h Ei:
i O von ©
"Wasser | 5. |s$p.G.| 5, om ES Bemerkungen.
R.&.Si
(®)
0,88 99,95 | 2,486 3,58. 8,03.35,97, 0,344 | Gang in den Gneilsen Nr. 23 und 24. Grobkörmnig, röthlich. Or-
b.15° [331 . sa. 35,87 0,328 thoklas zollgrofs, frisch; Quarz; braune Glimmerblättchen; dun-
; x : kelgrüne Hornblende. [Spec. Gew. zu niedrig.]
0,49 99,83 | 2,42 1,92 . 6,09.41,41 | 0,193 | Gang im Hornblendegneils. Mittelkörnig, roth, ähnlich 2 und 3.
b.15° | 1,71 6,41. 41,41 | 0,196 Viel Quarz, röthlicher Orthoklas, wenig dunkelgrüner Glimmer.
[Spece. Gew. zu niedrig.]
1,49 100,39 | 2,6114 3,55 . 8,63. 34,45 | 0,362 | Steinbruch nahe oberhalb Weinheim. Sehr grobkörnig. Orthoklas
b. 15° zollgrofs; Quarz; dunkelgrüner Glimmer; Hornblende. Im Or-
thoklas Einschlüsse von Glimmer und Hornblende.
0,20 99,90 — 176. — 4133| — |Feinkörnig. Orthoklas, Quarz, Albit, Lithioneisenglimmer, Turmalin,
Topas, Apatit, Zirkon.
0,56 99,29 — 1,90. 6,87.40,28| 0,28 | Porphyrischer Mikrogranit. In lichtgraulichrother Grund-
Glühv. masse Quarz reichlich, z. Th. in Krystallen; Orthoklas; Plagio-
klas; wenig lichtgrünlichweilser Glimmer. Accessorisch Apatit
und Eisenglanz.
1,14 99,04 | 2,723 5,07. 7,24.33,03 | 0,373 | Grau; mittelkörnig; porphyrartig. Orthoklas und Plagioklas weils
bis grau; kleine Quarzkörner; brauner Magnesiaglimmer; Augit
grün. Im Quarz Flüssigkeitseinschlüsse. Granitit.
0,85 | 98,43 — 1428. 8,37.33,33| 0,380 | Orthoklas roth; Plagioklas ölgrün; seladongrünes Mineral in dem
i kleinkörnigen röthlichen Gestein sichtbar. Mikroskopisch noch
Magnetit, Apatit, Quarz; Uralit und Chlorit aus Augit entstan-
den. Augitgranit.
0,70 99,74 | 2,63 2,36 . 7,06.39,51 | 0,238 | Granit mit dunklem Glimmer.
Glühv. b. 18° |1,84. 7,84. 39,51 | 0,245
1,38 99,93 — 12,55. 6,64. 37,92 | 0,242 | Erratisch. Orthoklas, Quarz, dunkler Glimmer; Plagioklas, Horn-
blende. Mikroskopisch Apatit, Zirkon, Magnet- und Titaneisen,
Flufsspath; Phosphat mit Eisen und Natron. Im Orthoklas Albit
und Mikroklin. Rapakiwi.
0,93 100,24 — [2,50. 6,72.37,87 | 0,243 | Erratischer Rapakiwi.
0,40 100,18 | 2,69 2,48. 6,87.39,31) 0,238 |Granitit. ÖOrthoklas, Quarz, etwas Plagioklas, dunkler Glimmer,
Apatit, Titanit, Chlorit.
0,76 99,25 | 2,73 4,43 . 7,91. 34,44 | 0,358 | Ausscheidung in Nr. 15.
0,59 99,79 | 2,72 2,52. 8,41. 37,14 | 0,294 | Grau, grobkörnig. ÖOrthoklas, Quarz, Plagioklas, silberweilser und
. schwarzer Glimmer; etwas Turmalin und Granat. Im schwarzen
Glimmer Apatit und Magneteisen.
1,25 99,85 | 2,73 2,93. 9,59. 34,67 | 0,361 | Feinkörnige dunkle Ausscheidung in Nr. 17.
1,30 100,84 — 1437. 5,05.37,30 | 0,252 | Orthoklas; Quarz nicht reichlich; Plagioklas; Biotit und Hornblende,
2,56. . 7,76 .37,30 | 0,277 z. Th. in Epidot umgesetzt; Augit. Hornblendegranit.
ee at
Ältere Eruptivgesteine,
xXVI
E Ort Analyt. Quelle Si | Al | Fe| Fe | Mn | Mg) Ga |Na?| K? | Sonst.
20) Huncote Quarry, |E.S.Berry| Quart. Journ. | 64,30 | 17,89 |4,75| — Spur 1,12 3,98 | 3,84 | 3,37 —
Croft Hill geol. Soc. 38. | 34,09 | 3,35 | 1,42 045 | 1,14 | 0,99 | 0,57
199. 1882
21|New-Hampshire.
Albanygranit, Hawes | Amer. Journ. | 72,26 | 13,59 | 1,16 | 2,18 | Spur| 0,06 | 1,13 | 3,85 | 5,58 |TiO? 0,45
Mount Willard Er nn 38,54 | 6,35 | 0,85 | 0,48 0,02 | 0,32 | 1,00 | 0,95 0,18
22 ib. » ib. 73,09 | 12,76 |1,07 | 4,28 |0,08 | 0,09 | 0,30 | 3,16 | 5,10 |TiO? 0,40
38,98 5,96 | 0,32 | 0,95° | 0,02 | 0,04 | 0,09 | 0,82 | 0,87 0,16
PEI ib. N ib. 71,07 | 12,34 |2,25 | 4,92 |Spur| 0,19 | 0,55 | 2,84 | 5,53 |TiO2 0,27
37,90 | 5,76 | 0,67 | 1,09 0,08 | 0,16 | 0,73 | 0,94 9,11
Granit
Thüringen.
24 Corällchen bei G. Prings-| Zeitschr. der | 64,65 | 14,13 | 5,24 | 3,02 |Spur| 1,41 | 1,65 | 2,78 | 5,26 |TiO? 0,50
Liebenstein heim eol. Ges. 32. 0,20
3 144. 1890 | | nr | 08 056 | 04 | 072 | 0,88 Iog2 0,99
25| Gänge am Esel- N ib. 162 161,93 | 16,31 |9,12 | 1,92 |0,13|1,21 1,78 | 2,42 | 6,08 |P2050,45
sprung 33,08 | 7,62 | 2,74 | 0,48 | 0,08 | 0,48 | 051° | 0,62 | 1,04 SO? 0,13
co: 0,52
|
Schlesien.
26| Kirche Wang O. Jung | ib. 35. 830. | 66,57 | 15,59 |0,37 | 4,25 | — |1,ss8 | 1,85 | 3,69 | 5,27 |P®O>
1883 35,50 | 2298 | 011 | 0,94 0,75 | 0,53 | 0,95 | 0,90 in =
{7}
CuO
2. Felsit
Nassau.
il Balduinstein Gümbel | Sitzungsber.d. | 68,75 | 11,40 | 4,30 | 3,30 | Spur | 1,46 | 1,24 | 5,37 |4,22 |TiO? s
Bayer. Akad. | 34,47 5,32 | 1,29 | 0,73 058 | 0,35 | 1,39 | 0,72 Ssio?
d.Wiss. 1882.
Fichtelgebirge. 210
2 Sehlofsberg bei 5 Geogr.Beschr. | 73,10 | 11,60 2,75 — |0,97| 1,45 | 3,15 | 6,53 _
Elochztadt d. Fichtelgeb. | 38,99 | 542 | 0,39 | 0,41 | 0,51 | 1,11
1879. 180
ı Rheinhessen.
3 | Wonsheim,Wingerts- | Lepsius | Mainz.Becken | 71,24 |16,16 |1,86 | — — 0,74 | 0,97 | 1,43 | 6,55 —
berg 1883. 12 37,9 | 755 | 0,56 0,50 | 028 | 0,37 | 1,12
Darmstadt.
4 Marienhöhe 5 Notizbl.d.Ver. | 77,53 | 13,20 | 2,62) — — 0,36 | 1,30 | 0,25 | 4,25 —
f. Erdk. Darm- | 40,35 ‚17 | 0,79 0,14 | 0,71 | 0,08 | 0,72
stadt 1881. 8
Schwarzwald.
5 | Tiryberger Wasser- | Williams | Jahrb. Miner. | 77,68 | 12,95 | 0,96 | 0,37 | — 0,21 0,30 | 3,18 | 4,37 |P?O5Spur
ei an, A© | Beilagebd. IT. | 41,43 | 6,05 | 0,29 | 0,08 0,08 | 0,09 | 0,82 | 0,7
1883. 609 \
hi 4
£
ran. Granitporphyr. Felsitporphyr. xVvo
”
"
I?
x
4 h E OÖ von B n N
F r IE sp. G. on, emerkungen.
Be a 8
h je)
1,60 100,85 — 1410. 8,35.34,29 | 0,363 | „Syenit.“
| 3,15. 9,77..34,29 | 0,377
0,47 100,73 | 2,65 2,77 . 6,70.38,72| 0,242 |In feinkörnigem Gemenge von Feldspath, Quarz und Glimmer
grolse Orthoklaszwillinge (mikrosk. Perthit). Mikrosk. Plagioklas,
Hornblende, Magneteisen, Augit, Apatit, Zirkon, Flulsspath.
0,73 101,06 | 2,66 2,79. 6,28.39,14| 0,232 |Granitporphyrfacies von Nr. 21, 3 Fufs vom Contact mit
Thonschiefer,
0,72 100,68 | 2,68 3,00. 6,43. 38,01| 0,248 | Granitporphyrfacies von Nr. 21, 2 Zoll vom Thonschiefercon-
tact. In fast schwarzer, ganz krystalliner, homogener Grund-
masse Örthoklaszwillinge wie oben; Quarz; Biotit als feiner
Staub; Zirkon.
‚porphyr.
1,97 100,90 | 2,659 |3,31. 8,17.34,68 | 0,331 | Feinkörnig, roth. Orthoklas, Quarz, Glimmer, Plagioklas, Magnet-
) eisen; sparsam Hornblende; Kalkspath.
0,41 102,41 | 2,709 | 3,11 . 10,36 .33,03 | 0,408 | In dunkelgrauer bis schwarzer, dichter, aus Orthoklas, Plagioklas,
Biotit bestehender Grundmasse ausgeschieden Orthoklas, Plagio-
klas, wenig Quarz. Aufserdem Apatit, Chlorit, Magneteisen,
Eisenoxyd. Salband des Ganges.
0,62 100,09 | 2,637 4,07. 7,39. 35,50 | 0,323 | Granophyrisch. Gang im Granitit. In vorwiegender, bläulichgrauer,
dichter Grundmasse Orthoklas, Quarzkrystalle, Plagioklas, Glim-
merblättehen; Eisenkies sparsam. Unter dem Mikroskop noch
Apatit, Titanit, Zirkon, Titaneisen.
porphyr.
0,30 100,34 — 13,77. 6,61.36,67 | 0,253 | In röthlichbrauner, feinkrystallinischer Hauptmasse Orthoklas und
Glühv. Magnetit. Mikrosk. Hornblende, Chlorit, Quarz, Plagioklas.
0,30 99,85 —_ — — 33%9| — |In dunkelfarbiger, krystalliner Grundmasse Orthoklas, Quarzkörner,
Hornblende, sparsam Glimmer.
1,60 100,55 — 12,4. 7,55.37,99| 0,263 | Ziemlich grobkörnig. Orthoklas, Quarz, Biotit, wenig Plagioklas in
2,07. 8,11.37,99 | 0,268 zurücktretender Grundmasse.
0,16 100,18 | 2,6357 | 2,97. 6,17. 41,55 | 0,221 | Gang in Hornblendeschiefer Nr. 10. In violetter dichter Grundmasse
b. 15° 2,45 . 6,96. .41,35 | 0,228 Orthoklas und Quarz eingesprengt. Einzelne epidotfarbene
Flecken.
0,71 100,73 | 2,615 |1,31. 6,34.41,43 | 0,197 | In dichter rother Grundmasse Orthoklas, Quarz, Plagioklas. Biotit
b. 13° sehr spärlich. Unter dem Mikroskop Grundmasse rein mikro-
granitisch.
Phys. Cl. 1884. Abh. I. €
Ältere Eruptivgesteine,
XVIH
=| Ort Analyt. uelle Si Äl | Fe | FelMn|M Ca | Na? K: | Sonst.
zZ 5% 8
Bergamasker
Alpen. |
6 Oberstes Serimando- | Gümbel | Sitzungsber.d. | 71,50 | 10,79 | 3,52 | 2,88 | 0,30 | 0,31 | 0,15 | 2,76 | 6,87 /TiO*® 0,25
thal, gegen Monte Bayer. Akad. | 38,13 | 5,04 | 1,06 | 0,64 | 0,07 | 0,12 | 004 | 071 | 1,15 0,10
Mufetto d.Wiss. 1880. | co: 0,13
Sardinien. 189
7 Proy. Iglesias, Cossa und | Boll. Com. | 75,98 | 14,76 | s- | —-| — — | 3,65 | 4,12 —_
Santa Lucia Mattirolo | geol. d'Italia. 30,52 6,89 Al? o? 0,94 | 0,70
12. 153. 1881 \
8 Genna Arezza 5 ib. 154 69,40 17,73 | 0,51 | — | — | — | Spur | 3,00 | 7,39 —
(Elumini-maggiore) 3701 | 828 | 0,15 0,77 | 1,26
Böhmen. N
9 Prestavsker Schlucht | Boricky | Petrolog. Stu- | 76,61 |13,22| 2,15] — | Spur| 0,22 | 0,52 | 2,37 | 3,12 [P205 0,01
“Bir Stoklasa i
bei Rican (Stoklasa) | dien an den 20,5 | 617 | 0,64 0,09 | 0,15 | 0,61 | 0,58
Porphyrgest.
Böhmens.
1882. 137
10 Prisednie bei rn ib. 138 75,03 | 9,52 | 3,25| — — 0,69 2,96 | 2,46 | 3,98 |CO? 1,18
Zbirov 4,02 | 4,45 | 0,97 0,28 | 0,85 | 0,63 | 0,68
11} Zwischen Roztok > ib. 189 69,51 | 11,28 | 5,29 | 1,78 | 1,06 | 0,31 | 3,88 | 2,33 | 3,385 |P?0>0,23
und Brouky Era) arm | 527 | 1,59 | 0,38 | 0,24 | 0,12 | 1,112 | 0,0 | 0,57
12| S. von Judendorf 3 ib.141 73,59 15,372) — [2,16 0,11 0,13 | 0,61 \1,89|3,26| —
39,94 | 7,17 0,48 | 0,02 | 0,05 | 0,17 | 0,49 | 0,62
13| NO. von Judendorf 5 ib. 142 79,95 | 11,12 | 1,89) — — 0,19 | 0,71 | 2,09 | 3,17 =
42,64 5,19 | 0,57 0,08 | 0,20 | 0,54 | 0,54
Nord-Wales.
14 Bristdir Farm Bonney | Quart. Journ. | 72,57 |13,64| 2238| — | — 0,64 | 1,00 | 2,07 | 6,17 |BaO Spur
el) geol. Soc. 39. | 38,70 | 6,42 | 0,65 0,26 | 0,39 | 0,53 | 1,05
Umgegend von zn. 1229
Lugano.
15 Fabbiasco Toyokitsi | Jahrb. Miner. | 72,32 | 13,37 | 0,57 |2,34| — |3,57 | 1,38 | 2,76 | 2,30 _
Harada | Beilagebd. II. 5 5 5 7
(Slaytor) Bes 1. | 38,57 6,24 | 0,17 | 0,52 1,43 | 0,54 | 0,71 | 0,39
16| Nordwestgehänge des & ib. 73,71 |12,20 | 2,42 |1,55 | Spur| 3,63 | 0,40 | 1,83 | 2,28 —
Monte Selva 39,31 | 5,70 | 0,73 | 0,34 1,45 | 0,11 | 0,47 | 0,39
17| Gang bei Maroggia | Gümbel | Sitzungsber.d. | 74,64 [14,64 | 1,12| — | — 0,72 1,01 | 2,36 | 4,01 _
Bayer. Akad. | 39,51 | 6,4 | 0,34 0,29 | 0,29 | 0,61 | 0,68
d.Wiss. 1880.
989
18| Gang bei Bissone > ib. 71,84 [16,32 | 3,32) — | — |0,52! 0,36 | 2,13 |4,32 r
38,31 7,62 | 1,00 0,21 | 0,10 | 0,55 | 0,74
19| Kuppe nördlich von 5 ib. 75,04 |13,12 | 2,12] — | — [0,34 | 0,40 | 2,44 | 6,32 —
Brinzio bei Varese 40,02 6,11 | 0,64 0,14 | 0,11 | 0,63 | 1,08
20| Steinbruch bei 5 ib. 74,56 |13,52 | 2,04| — | — |0,44| 0,32 |3,48 | 4,94 _
Figino E 39,77 6,31 | 0,61 0,18 | 0,09 | 0,90 | 0,84
21| W. von Gravesano 5 ib. 76,40 [12,00 | 125 | — | — [0,75 | 0,25 | 2,00 | 4,00 _
und Manno 40,75 5,60 | 0,37 0,30 | 0,07 | 0,52 | 0,68
por. ar
n
O von <
Wasser | St. ıp.G.| 2 u = Bemerkungen.
R.&.Si
&
H
1,00 100,46 — 1273. 6,10.33,23| 0,231 | Röthliche dichte Grundmasse mit Quarzkörnchen, Feldspath, Glim-
mer, Fe? 0%.
0,69 99,20 | 2,61 |1,64. 6,89. 30,52 | 0,979 | Röthlich mit dunkelgrünen Flecken. Quarz, Orthoklas, Chlorit und
Glühr. b. 9,5° Hornblende. Sphärolithisch. Sphärolithe aus Quarz und Ortho-
klas, oft mit amorphem Centrum. [Keine Magnesia?]
1,25 99,28 | 2,54 12,13. 8,28.37,01| 0,281 | In diehtem Felsit Orthoklas und zu Brauneisen verwitterte Kiese;
Glühr. b.9° |203. 8,43. 37,01 | 0,283 grünes blätteriges dichroitisches Mineral. Schmilzt zu farblosem
Glas. [Keine Magnesia?]
1,01 99,23 | 2,709 |1,81. 6,17.40,55 | 0,195 | Dunkelgrau, körnig. Orthoklas, Plagioklas, Quarz. Secundär Epidot,
Glühr. 1,38 . 6,81.40,85 | 0,200 Chlorit, Serpentin. Turmalin fraglich. Grundmasse kleinkörnig.
Berechnet mit 0,034% Apatit.
1,66 100,73 — 13,09. 4,45.40,02 | 0,188 | Rothbraun. Grundmasse körnig. Orthoklas, Plagioklas, Quarz.
9,44. 5,42.40,02 | 0,196 Kalkkarbonat — 2,68% nach 1,18% Kohlensäure. Nicht frisch.
2,47 101,49 — [3,02 . 6,86 .37,07 | 0,253 | Feinkörnig, fast weils, schwarz gesprenkelt. Spärlich Quarz; Chlo-
rit mit Hornblendeumrissen reichlich; Magneteisen, z. Th. zu
Brauneisen verwittert.
2,35 99,97 — |1,83. 7,17.39,24| 0,2% | Grünlich. Reich an Glimmer und dessen Umwandlungsproducten.
1,35 . 7,89 .39,24 | 0,235
0,88 100,00 — |17%. 5,19.42,64| 0,163 | Rothbraun. Quarz und Feldspath sichtbar. Grundmasse durch Hä-
1,36 . 5,76..42,64| 0,167 matit gefärbt. Chlorit vorhanden.
1,10 99,47 — 12,59. 6,42.38,70| 0,233 | Gewöhnliche röthliche Abänderung. „Quarz -Felsit.“
Glühv. 2,13 . 7,10..38,70 | 0,238
0,68 99,79 — 13,59. 6,41.38,57 | 0,259 | Felsophyr mit vielen Pseudosphärolithen.
1,69 99,71 — 12,76. 6,43.39,31| 0,234 | Felsophyr mit vielen Pseudosphärolithen.
2,12 100,62 — 209. 6,84.39,81) 0,24 | Ziegelroth, dieht. Grundmasse bröcklich. Etwas Kalkspath. Sphä-
Glühv. 1,897. 7,18.39,81| 0,227 rolithisch. Quarz, Plagioklas, fast kein Glas mehr, wenig Ortho-
klas erhalten. Nicht frisch.
1,48 100,29 — 2%. 7,62.38,31| 0,258 | In dichter, bräunlichrother Grundmasse Quarz, Orthoklas, Glimmer,
Glühv. 1,60 . 8,62.38,31 | 0,267 \ Plagioklas. Ob Apatit? Structur kleinsphärolithisch, wenig Glas-
basis. Ob verwitterter Schwefelkies vorhanden? Nicht frisch.
0,76 100,54 — 12,39. 6,11.40,02| 0,212 | Feinkörnig. Mikropegmatitisch. Orthoklas, Feldspath, Glimmer,
Glühv. 1,96 . 6,75..40,02 | 0,218 Schwefelkies.
0,64 39,94 — 242. 6,31.39,77 | 0,219 | Drusig, roth, schwarzfleckig. Quarz, Orthoklas, Plagioklas, wenig
Glühv. 2,01. 6,92. 39,77 | 0,225 dunkler Glimmer, Brauneisen. Unter dem Mikrosk. pegmatitisch.
2,23 93,90 — 11,82. 5,60..40,75| 0,182 | Pechsteinähnliche Grundmasse amorph. Orthoklas und Quarz.
1,57 . 5,97 .40,75 | 0,185
u
xXX
Ältere Eruptwgesteine. Grundmasse,
A
5 | Ort Analyt. Quelle Si Äı | Fe| Fe | Mn Mg | Ca Na?| K? | Sonst.
|
|
| l )
Grund
| Fichtelgebirge.
22| KRöhrenberg bei Gümbel | Geogn.Beschr. | 73,25 |14,10| — |2,05| — _ 0,75 | 3,15 | 6,43 _
Rügersgrün (Loretz) |d. Fichtelgeb. | z9,07 | 6,58 0,46 0,21 | 0,81 | 1,09
1879. 180
23 ib. 5 ib. 73,80 | 13,90 | — | 2,26 | Spur | Spur | 0,62 13,39 |6,90| —
39,36 | 6,49 0,50 | 0,18 | 0,87 | 1,17
Pechstein des
Sachsen.
24 Garsebach bei Lemberg | Zeitschr. der | 71,58 12,99 — ! — [0,24 | 1,11 | 2,51) 4,28 —
Meifsen geol. Ges. 29. | 3915 | 0,10 | 0,32 | 0,65 | 0,73
508. 1877 N
25 Arran.
Corrieghil Heddle |Jahrb. Miner. | 72,07 | 11,26 |3,24| — |0,002| 0,003) 1,53 | 0,61 | 5,61 =
1883. I. 63 | 4 | 5,26 | 0,97 0,00 | 0,00 | 0,44 | 0,16 | 0,96
96 ib. = ib, 77,23 |10,44|1,87| — [0,54 | — | 0,90 2,22 |5,74| —
41,19 | 4,88 | 0,56 0,12 0,26 | 0,57 | 0,98
Tuff des
Sachsen.
27 Stöckigt Rothpletz | Erläuter. zur | 87,70 | 6,00 |Spur — | — _ — 4,10 1,03 —
Sect. Froh- | jez | 2,50 0,06 | 0,18
burg. 1878.
28
Schwarzwald. | |
98| Kesselberg, SW. von| G.Wil- |Jahrb. Miner. | 82,56 | 11,57 0,86 — |Spur | Spur | 0,10 | 0,10 —
Tryberg liams Beilagebd. IT. | 4.03 Ba | 0,03 | 0,02
630. 1883 i ;
Kerato
Lennegebiet.
1 Pasel Dose Sitzungsber.d. | 80,42 | 9,22 1,22 0,62) — 0,34 | 0,86 | 4,50 | 0,62 TiO? (Zr
Ds 2
(Tacobd) | Gesellsch. na- | jo,99 | 4,81 | 0,37 | 912 0,14 | 085 | 1,18 | 0,10 | 9% 0,06
turf. Freunde. 0,02
1883. 178 CO? 0,98
P205 0,06
S 0,04
Org.Subst.
Harz. 0,07
2| Mühlenthal zwischen 2 ib. 70,97 | 13,84 | 3,21 | 0,78 | 0,12 0,20| 1,26 | 6,27 | 1,57 'TiO? (Zr
Elbingerode und O2) 0,25
8g 38,35 | 6,46 | 0,96 | 0,17 | 0,08 | 0,08 | 0,36 | 1,62 | 0,27 B
Rübeland 0,10
P205 0,08
co? 0,79
Ss Spur
Org.Subst.
0,01
a no 29 2 06
Pechstein und Tuff des Felsitporphyrs. Keratophyr. xxI
|
|
!
f
i
|
[i
|
|
|
|
| O von ©
Wasser | St. |p.G.| „5 8 = Bemerkungen.
R.&R.Si
(®)
masse.
0,67 100,40 — 12,57. 6,58 .39,07 | 0,234 | Grundmasse des spärolithischen Gesteins möglichst von der Masse
2,11. 7,26 . 39,07 | 0,240 der Perlen befreit. Keine Hornblende.
0,50 101,37 — 12,22. 6,49 .39,36 | 0,221 | Perlmasse desselben Gesteins.
| |1,72.. 7,24..39,36 | 0,227
Felsitporphyrs.
7,39 100,10 — |199 — 3,18) — | Pechstein.
5,45 99,775 — 1221. 5,26.38,44 | 0,194 Dunkelbrauner Pechstein.
1,56. 6,23 . 38,44 | 0,203
1,19 100,13 | — 1230. 4,88.41,19| 0,174 | Sphärolithe aus mattgrünem Pechstein.
1,93. 5,44.41,19 | 0,179
Felsitporphyrs.
1,30 100,03 — 1,24. 2,80..46,77 | 0,090 | Gebänderter, silifieirter Tuff. Mikroskopisch: Quarz, Feldspath,
Biotit, Muscovit.
4,07 99,26 | 2,619 | — — 4,08) — |Unterer Theil des östlichen Bruches. Gelblich, dicht. Sparsam
Quarzkörner. Mikroskopisch farbloses, glimmerähnliches Mineral;
isotrope Substanz an Menge wechselnd; sparsam Magnesiaglimmer,
Zirkon? Rutil? Silifieirter Tuff.
phyr.
0,66 99,67 | 2,652 |1,79. 4,68.42,91 | 0,151 | Quarzkeratophyr ohne ausgeschiedenen Quarz. Zirkon, Titaneisen.
Grundmasse radialfaserig.
0,74 100,09 | 2,709 |2,53. 7,42.38,45 | 0,259 | Quarzkeratophyr.
Ältere Eruptivgesteine.
XXII
|
= Ort Analyt. Quelle Si Al | #Ee | Fe| Mn| Mg| Ca Na’) K? | Sonst.
3 | Ortberg bei Elbin- Lossen | Sitzungsber.d. | 61,86 | 16,58 | 2,17 | 6,39 | Spur | 0,54 | 0,28 4,98 | 5,34 TiO? (Zr
gerode (Jacobs) | Gesellsch. na- | 39,99 | 2 | 065 | 1, 022 | 0,08 | 1,89 | 0,91 , 0?) 0,10
turf. Freunde. 0,04
1883. 178 P20>0,141
co? 0,30
‚SO 0,12
4 | Nordrand des Gar- 7 ib. 61,67 | 17,47 | 0,37 | 3,92 | Spur | 2,13 | 0,18 | 8,52 | 3,38 |TiO? (Zr
kenholzes bei Rübe- 32,59 8,16 | 0,41 | 0,87 0,64 | 0,05 | 2,20 | 0,58 0?) 0,34
land 0,14
P20> 0,06
co? 0,05
5 | Bärenrücken am her- 2 ib. 60,02 16,12 | 7,58 | 0,03 | 0,08 | 0,90 | 1,08 | 5,07 | 6,24 |Ti0? (Zr
zoglichen Weg bei | (Pufahl) 22,01 | 2,53 | 227 | 001 | 002 | 086 | 0,31 | 1,31 | 1,06 | 0?) 0,60
Hüttenrode 0124
P2050,07
cO2 0,08
SO: 0,06
Org.Subst.
0,0%
3. Sye
New-Hampshire. | | |
1 Campton Hawes | Amer. Journ. | 58,25 | 18,22 | 1,07 | 5,96 | 0,10 | Spur! 1,51 | 4,19 | 5,59 'TiO2 Spur
science (8) 17. | 107 | 8,51 | 0,32 | 1,32 | 0,02 | 0,88 | 1,08 | 0,5 |00? 4,75
150. 1879
Sachsen. |
2 Bei Dresden. Griffith Chem. news | 60,02 |16,66 — |721| — | 2,51 3,59 | 2,41 | 6,50 |P?O°Spur
47.170.1883 | 3901 | 7,8 1,60 | 1,00 | 1,083 | 0,62 | 1,11
4. Nephelm
1 Pyrenäen.
Pouzac V. Gold- | Jahrb. Miner. | 54,41 | 23,26 1,32 — | — | 4,42 13,40 [TiO?1,11
schmidt | Beilagebd. I. | ag02 | 10.55 | — 1.960 ent 0,44
(Oh) 922. 1881 £ ‚ ; ecı 021
Portugal.
2 Foya Scheibner | Jahrb. Miner. | 56,23 |23,15 | 0,17 6,21) — !0,40| 2,39 | 3,84 | 5,33 [Ti 020,27
(Humpidge) | 1880. 144 | agoo | 10,51 | 0,05 | 1,38 0,16 | 0,68 | 0,99 | 0,91 ga
P2050,13
SO? 0,09
Cl 0,07
Capverden.
3 S. Vincente Dölter Zur Kenntnils | 55,76 | 21,61 | 1,65 4,09 | Spur | 0,74 | 2,26 | 6,94 | 5,34 —
(Kertscher) | der vulk.Gest. | zo74 | 10,09 | 0,49 | 0,91 0,30 | 0,65 | 1,79 | 0,91
Se) » a 3“ ’ De 127 }
der Cap-
verden. 1882.
12
Keratophyr. Syenit. Nephelinsyenit. XXI
a a O von = " k
Wasser a.Iisp.IG: | el ie, e emerkungen.
3 . 2 Se s
&
1,95 100,72 | 2,701 |3,92. 8,39.33,03 | 0,373 | Keratophyr.
0,45 99,54 | 2,611 [4,34 . 5,57 .33,03 | 0,391 | Keratophyr.
2,23 100,20 | 2,64 |3,07. 9,50 .32,25 | 0,399 | Syenitischer Keratophyr.
nit.
0,85 | 100,49 | — 13,80. 8,83. 31,07 | 0,407 Orion, Magneteisen. Aus Hornblende entstanden Quarz, Chlorit
und Karbonate. Sehr feinkörnig.
1,10 100,00 — |5,36 . 7,78 .32,01 | 0,410
3,76 „10,18 . 32,01 | 0,436
syenit.
2,30 100,43 | 2,585 | — — 2%46| — |Orthoklas; Nephelin; Hornblende; Plagioklas; Sodalith; Apatit;
Glühv. Titaneisen; Titanit; Augit; Biotit. Secundär Eisenkies, Epidot,
Chlorit, Zeolithe, Magneteisen. [Keine Magnesia?]
1,06 99,34 — 4,12 ..10,86.30,11 | 0,498 | „Foyait.“
3,49 101,88 — 14,56 .10,58 .29,74 | 0,509 | Orthoklas (anal.); Nephelin; Augit (anal., 8,70% Natron); hier und
da Analeim. Mikroskopisch: Plagioklas; Hornblende; Magnetit
sparsam. „Foyait“.
ne Ar
er Ältere Eruptivgesteine.
| 2 | BER:
= Ort Analyt. Quelle Si | Al | Fe | Fe Mn Mg | Ca | Na? K?| Sonst.
5. Glimmer
Odenwald.
1 | Kirschhäuser Thal, | Lepsius | Notizbl.d.Ver. | 57,37 | 13,84 | 2,44 | 3,44 | Spur| 6,05 5,53 | 1,53 | 4,47 CO? 0,67
oberhalb Heppen- £.Erdk. Darm- | 39,60 6 | 0 || 2,2 1,58 | 0,39 | 0,76 P?0° 0,37
heim, rechtes Ufer stadt 1881. 20 | FeS? 1,13
SO® Spur
2 ib. 2 ib. 57,30 | 14,04 | 1,50 |4,72| — | 6,10 | 5,80.|1,60:|4,34 |CO2 1,15
in b 3 4 24 |P?0° 0,26
N 30,56 6,56 | 0,45 | 1,0: 2,44 1,66 | 0,41 | 0,74 sos 007
england.
3 Windermere- Bonney u. | Quart. Journ. | 44,44 | 17,85 | 4,52 | 3,62 | Spur| 7,57 | 7,54 |0,99 |4,78 |CO? 6,39
Station Haughton | geol. Soc. 35. | 33,70 | 3,34 | 1,15 | 0,50 3,08 | 215 | 0,86 | 0,51
168. 1879
4 Kendal Road > ib. 172 61,12 | 15,99 | 0,84 1,70 Spur| 4,93 5,12 | 2,04 | 4,80 |CO? 1,83
32,60 7,40 | 0,25 | 0,38 1,97 1,46 | 0,56 | 0,82
6) W. von Docker- n ib. 172 48,97 18,52 | 1,60 | 6,87 0,60 | 8,97 2,79 | 1,59 | 3,71 |CO2 Spur
garth 25,90 8,65 | 0,48 | 1,53 | 0,14 | 3,59 0,80 | 0,41 | 0,63
6 | S. von Haygarth, 5 ib. 175 98,34 | 16,33 | 2,28 | 3,38 | 0,14 | 3,34 5,65 | 2,20 | 5,55 |CO? 0,66
Docker Fell Nr. 1 31,11 1,62 | 0,68 | 0,75 | 0,08 | 1,34 1,61 | 0,57 | 0,95
7 Sn, Ne? n ib. 174 |47,88| 19,14 | 4,33 | 1,67 [0,35 | 6,36 | 6,16 | 2,45 | 5,52 |cO2 3,01
25,54 8,9 | 1,30 | 0,37 | 0,08 | 2,54 1,76 | 0,63 | 0,95
8 |'Helm Gill bei Sed- 2 joy Bir 32,31 | 12,15 | 1,97 | 5,99 | 0,13 | 8,24 | 17,68 | 0,43 | 4,09 |CO? 13,13
bergh 17,23 5,67 | 0,59 | 1,33 | 0,03 | 3,30 5,05 | 0,11 | 0,70
B. Feldspath vorwaltend
Fichtelgebirge. |
1 Marlesreuth ve Geogn.Beschr. | 49,50 | 13,09 | 2,63 | 6,20 | 0,19 8,97 | 7,94 | 2,60 4,52 |0O* 1,20
oretz) | d. Fichtelgeb. | ., 4, San! ne | nen a P?051,29
nor on 5 6, )h ‚ss | 0,04 | 3,59 | 2,27 |, 0,67 | 0,77 a 022
} i j Cu Spur
2 | Zwischen Falken- ee ib. 191 49,82 | 14,50 8,06 — | 5,81| 7,69 |3,03 | 3,50 |CO? 4,42
stein und Steinbach- eyer, 96,57 6,77 ne 2,32 2,20 | 0,78. 0,60 P? O5 und
mühle Schwefel
‚Salon \ h Spur
3 | Fufsgrund bei an ib. 192 |45,14| 9,68 |13,55 | — |Spur| 10,78 | 8,65 | 2,02 |3,27 [co®2 2,82
Göhren ahwagen 24,07 | 452 | %06 431 | 2,4 | 0,52 | 0,56 |P?O> und
Schwefel
Spur
_Glimmersyenit (Minette). Glimmerdiorit. xxv
4 E S O von <
asser A EENSp. CH. PETE Bemerkungen.
P R.&.Si Sc sen
®)
‚syenit (Minette).
3,17 100,01 | 2,5396 | 5,91 . 7,19 ...30,60 | 0,428 | Mitte des Ganges. Rothbraun, mittelkörnig. Viel brauner Glimmer
baip2 und röthlicher Feldspath.
3,14 100,02 | 2,589 6,30 . 7,01. 30,56 | 0,436 | Salband des Ganges Nr. 1. Ganz dicht. Graubraun.
b. 15° |
2,59 100,59 —_ 7,15 .9,79.23,70| 0,711 | In aschgrauer Grundmasse reichlich dunkelbrauner Glimmer. Unter
dem Mikroskop nicht sicher Glasbasis, sicher in Viridit umge-
setzter Augit. Viel Kalkspath und Dolomit. „Minette - Felsit.“
2,21 100,58 _ 5,19 . 7,72 .32,60 | 0,396 | Unter dem Mikroskop Grundmasse kryptokrystallin mit wohl secun-
j därem Quarz. „Minette-Felsit.“
3,83 37,05 — 7,10 .9,13.235,90 | 0,627 | Grau, mit Glimmer und etwas Feldspath. Unter dem Mikroskop
Grundmasse mikrokrystallin. Etwas Magnetit und Augit. „Mi-
nette - Felsit.“
2,35 100,72 —_ 5,25 . 8,30 .31,11 | 0,436 | Röthlichgrau mit vielem Glimmer. „Minette-Felsit.“
3,01 98,90 — 6,33.10,24 . 25,54| 0,653 | Braun, Glimmer reichlich. Unter dem Mikroskop Kalkspath. „Mi-
nette -Felsit.“
3,69 99,81 — 110,52 .6,%.17,8| 0,974 | Dunkelgrün, Glimmer reichlich. „Minette-Felsit.“
Plagioklas. 1. Glimmerdiorit.
0,55 98,90 —_ 8,72 „6,90 .26,40 | 0,592 | Plagioklas; Glimmer; Orthoklas; etwas hellgrüner Augit; Magnet-
und Titaneisen; Quarz; Schwefelkies; hier und da Hornblende;
Apatit; Titanit; Kalkspath und chloritisches Mineral secundär.
(Lamprophyr.) Quarzglimmerdiorit.
2,04 99,37 —_ — — %,57| — |ıPlagioklas; Glimmer; Orthoklas; Augit fast ganz umgewandelt;
Magneteisen; Quarz; hier und da Hornblende; Apatit: Kalkspath-
knöllchen. (Lamprophyr.) Kersantit.
4,24 100,15 — [10,57 .4,52..24,07 | 0,623 | Schwarz, glimmerreich. Plagioklas; Orthoklas; Glimmer; Augit;
7,86 „8,58 „24,07 | 0,683 Quarz; Magneteisen; Apatit. Secundär Kalkspath. (Lamprophyr.)
Kersantit.
Phys. Cl. 1884. Abh. |. d
xXxXVI
Nr.
Ältere Eruptivgesteine.
Ort
Analyt.
Quelle
Si
Mg
Ca
Na?
K: | Sonst.
1
on
{er}
-ı
10
11
Schmiedebach,
Schieferbruch
Bärenstein
ib.
Salband
Sachsen.
Griesbacher Kalk-
ofen
Annaberg, Grube
Marcus Röhling
Vogesen.
Laveline
Harz.
Kleines Trogthal
Krone
Rosenthal
Krone
Pöhlmann
Schalch u.
Sauer
(Wunder-
. lich
)
”
v. Grod-
deck
(Brook-
mann)
Jahrb. Miner.
| Beilagebd. III.
97. 1884
ib. 100
Sect.Zschopau
1880. 68
ib. 68
Jahrb. preufs.
geol. Landes-
anst. 1883.
91
ib. 90
ib. 90
ib. 90
ib. 90
49,16
26,21
52,68
28,10
53,40
28,48
51,94
27,70
52,61
23,06
59,06
29,37
54,80
29,23
53,26
28,41
63,61
33,93
10,40
4,36
11,20
5,23
11,03
5,15
8,20
3,83
3,98
1,07
3,42
1,03
2,93
0,88
7,44
2,23
9,66
1,26
4,80
1,07
5,64
1,25
4,38
0,97
Spur
0,42
0,09
0,40
0,09
0,28
0,06
0,30
0,07
7,01
2,80
6,58
2,63
6,31
2,52
10,53
4,21
7,20
2,88
8,06
3,22
6,00
2,40
7,10
2,84
6,44
2,58
6,45
1,84
1,75
0,50
6,93
1,98
5,84
1,67
7,30
2,09
9,90
1,57
8,32
2,38
8,02
1,63
0,54
0,24
4,61
1,19
2,79
0,72
1,23
0,32
1,03
0,26
0,82
0,21
0,50
0,13
1,15
0,30
0,82
0,21
1,10
0,28
2,23 |TiO? 0,42
0,39
Schwefel
Spur
TiO? 0,40
0,16
P?O5 und
Schwefel
Spur
CO? 3,74
P?O>5Spur
2,30
0,39
4,16
0,71
3,00
0,51
co? 1,30
P?O5Spur
0,95 |TiO? 0,50
0,16 0,20
Cr? 03
0,35
0,11
P?O5 0,30
co? 3,40
Cu 0,24
S 010
TiO? 0,20
0,08
1,97
0,34
Ss 0,12
1,25 |TiO? 0,30
0,21 0,12
Cr? 03
0,05
0,02
P?03 0,40
CO? 4,63
TiO? 0,32
0,13
Cr? 0°
0,05
0,02
P?0° 0,30
co? 7,33
TiO? 0,20
0,08
Cr? 03
0,05
0,02
P?0> 0,44
cO? 0,20
ZnS 0,60
0,85
0,14
1,33
0,31
Glimmerdiorit.
XXVI
Wasser
Sa,
OÖ von
R.R.Si
Ö quot.
Bemerkungen.
4,22
Glühv.
6,03
3,02
2,82
4,08
4,00
99,49
99,33
99,16
100,20
99,52
98,93
99,54
99,71
99,63
9,17 15,99
— 169
2,68 | 6,61
2,72 |6,45
2,67 |6,13.
2,72 |7,69.
8,01 . 26,38
. 8,02 . 28,26
— 28,48
— 2,70
. 7,36 . 28,26
. 5,95 . 29,45
2 6,28 . 29,85
6,05 . 28,54
. 6,08 + 34,01
0,595
0,499
0,505
0,426
0,434
0,427
0,310
Durch Biotit (anal.), Feldspath und Quarz porphyrisch. Oligoklas
leistenförmig; Orthoklas; Augit schliefst Chromeisen ein; Quarz
oft von Augit umrändert; Apatit; Magnet- und Titaneisen;
Schwefelkies.. Secundär: Quarz, Magneteisen, Kalkspath; im
Glimmer Rutil. Kersantit.
Grundmasse stärker porphyrisch durch Biotit und Augit. Unter
dem Mikroskop im Augit Glaseinschlüsse; Apatit; kein Feld-
spath, kein Kalkspath. Grundmasse vorwiegend aus Biotit und
Magneteisen. Structur schieferig. Kersantit.
Grauschwarz. Reich an Biotit; Plagioklas; Orthoklas; wenig Horn-
blende und Augit; Quarz; Magneteisen; Apatit; im Augit und
sehr selten im Gestein Chromeisen. Kalkkarbonat. Nicht frisch.
Kersantit.
Neben Glimmer veränderte Hornblende; Apatit; Kalkkarbonat. Nicht
frisch. Kersantit.
Gänge in augitführendem Granitit. Feinkörnig, dunkelgrau. Ma-
kroskopisch Glimmer und Kalkspath sichtbar. (Berechnet 0,82%
Apatit). Kersantit.
Feinkrystallines, dunkles Gestein mit Quarzkrystallen; Glimmerblätt-
chen selten; Kalkspath reichlich; Schwefelkies. Unter dem Mi-
kroskop ganz krystallin; in Grundmasse Plagioklasleisten, Glim-
mer, Chlorit, Kalkspath, Quarz, eingesprengt Quarzkrystalle. Feld-
spath und Pseudomorphosen nach Feldspath und Augit. Apatit.
Secundär Sphen aus Titaneisen. Kersantit.
Beschaffen wie Nr. 9. Kersantit.
Beschaffen wie Nr. 9. Kersantit.
Chloritisches Mineral überwiegend. Grofse Feldspathe, z. Th. Ortho-
klas; Grundmasse sehr arm an Quarz. Structur porphyrisch durch
Glimmer, Feldspath, Quarz. Unter dem Mikroskop ganz kry-
stallin; in Grundmasse vorwiegend Plagioklasleisten. Kalkspath
sparsam. Kersantit.
d*
Ältere Eruptivgesteine
u
\
XXVIoI
er 5 |
= Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe| Fe | Mn |Mg| Ca | Na’! K? | Sonst.
13 Gegenthal v. Grod- | Jahrb. preufs. | 62,00 | 10,96 | 5,54 | 4,41 | 0,41 |6,52 | 1,02 | 1,78 | 2,46 |TiO2 0,20
deck geol. Landes- P \ 0,08
(ironk- EN 33,07 5,12 | 1,66 | 0,98 | 0,09 | 2,61 | 0,29 | 0,46 | 0,42 rs
90 0,05
0,02
P?O5 0,35
co? 0,44
14 Rosenthal 5 ib. 90 50,80 | 7,93 |4,62 | 4,67 |0,41 4,75 | 10,00 | 0,99 | 0,95 |TiO? 0,10
27,09 | 3,70 | 1,39 | 1,04 | 0,09 | 1,90 | 2,86 | 0,26 | 0,16 Be
0,05
0,02
P2050,40
E CO? 12,70
15) Spielmannshöhe P ib. 90 46,00 | 11,82 |1,19 | 6,04 | 0,39 | 4,35 | 10,60 | 0,32 | 1,25 |TiO2 0,20
24,53 5,52 | 0,36 | 1,34 | 0,09 | 1,74 3,03 | 0,08 | 0,21 BE oc
0,05
0,02
P?0° 0,33
CO? 14,44
16| Klostergrund bei Lossen ib. 1881. 42 | 54,25 | 16,09 | 1,87 | 5,79 | 0,01 | 6,30 | 2,11 | 0,86 | 5,3& |TiO? (Zr
Michaelstein Se) 23 | 751 | 056 | 1,29 | 0,00 | 2352 | 0,60 | 0,22 | 0,91 | ©?) 0,87
0,35
P?0° 0,40
SsoO3 0,24
co: 1,29
Tyrol.
17| Um Klausen, Vildar- | Teller u. | Jahrb. geol. | 70,17 |11,10 |1,92 | 2,86 | — |1,23| 3,34 | 3,77 | 3,23 —_
thal v. John | Reichsanst. | 7,9 | 5,18 | 0,58 | 0,4 0,49 | 0,95 | 0,97 | 0,55
32. 653. 1882
18) Zwischen Johannser- 5 ib. 64,12 | 16,50 | 2,71 | 4,26 — 12,34 | 4,76 | 3,92 | 1,92 _
und Muttler-Hof 34,20 7,70 | 0,81 | 0,95 0,93 1,36 | 1,01 | 0,33
19| Vildarthal, mittler 5 ib. 59,97 | 16,93 | 2,41 | 4,838 | — |3,61| 5,10 | 3,87 | 1,32 _
Abschnitt 31,98 | 7,89 | 0,72 | 1,07 1,44 | 1,46 | 1,00 | 0,23
20| 'Tinnebach, Rand- 2 ib. 56,85 | 16,70 |5,92 | 7,13 | — |3,25 | 5,97 | 2,78 |1,91 =
zone eines Ganges 30,32 7,80 | 1,78 | 1,58 1,30 1,71 | 0,72 | 0,33
all Ohr Aoe a ib. 56,72 16,90 |4,14| 6,28 | — |4,62| 7,25 |4,65 |0,68| —
bach 30,25 7,89 | 1,24 | 1,40 1,85 2,07 | 1,20 | 0,11
22| Tinnebach, Verding- „ ib. 55,80 | 17,20 15,22 | 7,13 ! — |2,76| 6,97 | 3,62 11,23 —_
ser System 29,76 | 503 | 1,57 | 1,58 1,10 | 1,9 | 0,93 | 0,21
23 Tinnebach > ib. 95,96 | 17,92 | 6,17 | 6,28 — |83,97 | 5,35 | 3,82 | 1,06 _
29,68 | 8,37 | 1,85 | 1,4 1,59 | 1,54 | 0,98 | 0,18
Glimmerdiorit.
R O von 3
Wasser FW SD.G- on = Bemerkungen.
P R.R.Si Be &
(©)
2,99 99,13 | 2,60 33,15 | 0,351 | Chloritisches Mineral überwiegend. Grolse Feldspäthe, z. Th. Ortho-
klas; Grundmasse sehr arm an Quarz; Structur porphyrisch durch
Glimmer, Feldspath, Quarz, Chlorit. Unter dem Mikroskop ganz
krystallin; überwiegend in der Grundmasse Plagioklasleisten.
Kalkspath sparsam. Kersantit.
2,02 100,39 | 2,65 27,13 | 0,421 | Hellfarbig, reich an Karbonaten. Quarz in Grundmasse relativ
häufig. Chloritisches Mineral meist ganz umgewandelt; Quarz,
porphyrisch ausgeschieden, mit Glaseinschlüssen. Kersantit.
2,72 99,70 | 2,61 . 24,61 | 0,503 | Hellfarbig, reich an Karbonaten. Quarz in Grundmasse relativ
häufig. Chloritisches Mineral meist ganz umgewandelt; Quarz,
porphyrisch ausgeschieden, mit Glaseinschlüssen. Secundär Sphen
aus Titaneisen. Kersantit.
4,76 100,18 | 2,727 .29,27 | 0,465 ‚In sehr feinkörniger, grünlicher Grundmasse Glimmer, sparsam Pla-
gioklas und Quarz. In der Grundmasse Orthoklas, bisweilen
Augit. Granat, Cyanit, Sillimanit, Zirkon, Rutil zu Ausscheidun-
gen geballt. Apatit (0,92% ber... Kersantit.
1,87 99,49 _ 37,42 | 0,250 | Plagioklas; etwas Orthoklas; viel Quarz; Glimmer nicht gerade
Glühv. reichlich; sehr einzeln Augit; Apatit; Magnetit. Quarzglim-
merdiorit.
0,73 101,26 = .34,20 | 0,383 | Rein körnig. Plagioklas; Hypersthen; Biotit; Quarz; Orthoklas?.
Glühv. Quarznorit.
1,60 99,64 —_— .31,98 | 0,432 |Quarznorit. S. Nr. 18.
Glühv.
0,54 101,05 = .30,32 | 0,502 |Noritporphyr. In Grundmasse aus Plagioklas, rhombischen
Glühv. Augiten und kryptokrystalliner Basis Plagioklas, viel Hypersthen,
Magnetit und Orthoklas, der in Kaliglimmer umgesetzt ist.
0,75 101,94 — . 30,25 | 0,521 | Typischer körniger Hypersthen-Norit. Andesin (anal.), Hyper-
Glühv. sthen, Enstatit; Diallag; Augit; etwas Orthoklas, Magnetit, Apa-
tit, Quarz, Biotit.
1,23 101,16 = . 9,60.29,76 | 0,518 | Feinkörniger Enstatit-Norit. Plagioklas, Enstatit, etwas Biotit
Glühv. und Magnetit, Augit, Hypersthen, vereinzelte Quarzkörner.
1,34 101,47 — . 10,22 .29,63 | 0,57° |Norit mit beginnender porphyrischer Ausbildung. Plagioklas; ein-
Glühv. zelne meist in Kaliglimmer umgesetzte Orthoklase; rhombische
Augite; Spinell; in Grundmasse Quarz.
XXX Ältere Eruptivgesteine.
4
en en _
I | |
= Ort Analyt. Quelle Si | Al | Fe | Fe|Mn| Mg Ca Na’ K? | Sonst.
|
liess
.
2. Dio
Nordwest-
England. |
1 Gill Bank bei |Bonney u. | Quart. Journ. | 46,17 [16,95 | 5,46 | 0,83 | 0,10 7,13 | 10,23 | 2,42 | 3,96 |CO® 4,84
Staveley Houghton | geol. Soc. 35. | 946 | or | 1,64 | 0,18 | 0,02 | 2,855 | 2,92 | 0,62 | 0er
170. 1879
2 | Stile- end Farm, ? ib. 171 |49,52 | 17,97 | 5,06 | 2,61 | 0,40. 6,17 | 7,30 | 2,52 |2,34|CO? 1,16
N. von Staveley 2,41 | 8,39 | 1,52 | 0,58 | 0,09 | 2,47 | 2,23 | 0,65 | 0,40
Bergamasker
Alpen.
3 Val Zovetto Gümbel | Sitzungsber.d. | 47,70 | 15,25 13,07 — 5,00 | 11,70 | 3,08 | 0,79 \TiO? 0,80
Bayer. Akad. | 54 | za | 2,00 | 3,34 | 0,79 | 0,13 0,32
der Wiss. X. Karbonat
217. 1880 1,56
Gebiet des
Monte Confinale.
4 | Val Forno, Pra- | Stache u. | Jahrb. geol. |57,85 117,32 | 4,38 |5,19| — |2,97| 7,08 |4,02 | 1,23 —
aaeal® v. John | Reichsanst. | 30,85 | 809 | 1,31 | 1,15 1,20 | 2,02 | 1,04 | 0,21
29. 341. 1879
5 Suldenferner 4 ib.341 [57,82 !18,00| 2,15 !3,47| — |3,16| 11,90 2,34 1097| —
30,84 8,40 | 0,64 | 0,77 1,26 | 3,40 | 0,60 | 0,17
Fichtelgebirge.
6 Marlesreuth Pöhlmann | Jahrb. Miner. | 57,68 | 18,10 | 1,18 | 3,32 | Spur | 1,56 | 5,55 ”"8,55 |TiO? 0,63
Beilagebd.III. 30,76 5,45 0,35 | 0,74 0,62 1.00, | 0,25
81. 1884 P2O>5 und
S Spur
Sardinien.
7 | Gennamari Arbus |Cossa und| Boll. Com. |56,13|15,93| s60| — | — |5,12| 4,99| *5,95 =
Mattirolo |geol. d’Italia. | 29.94 Ta | 258 2050| 1,23)
12.159. 1881
Canada.
8 | Montreal, Reservoir Har- Jahrb. Miner. | 40,95 | 16,45 13,47) — | 0,33 | 6,10 | 10,53 | 4,00 | 1,28 |TiO? 3,39
Extension rington 1883. I. 248 21,54 7,68 4,04 0,07 2,44 3,01 1,03 0,21 1.36
i P205 0,29
CoO/MnO
New-Hampshire.
9 Campton Hawes |Amer. Journ. | 41,94 | 15,36 | 3,27 | 9,89 | 0,25 | 5,01 | 9,47 5,15 | 0,19 'TiO? 4,15
of se. (8) 17. | 99,37 | Zr | 0,98 | 2,20 2,00 | 3,71 0,03 1.66
150. 1879 ö 2 2 | 0 a
|
3.. Bor
Schwarzwald. ; |
1 | Lippenhof bei Unter- | G. Wil- | Jahrb. Miner. | 64,94 | 17,50 | 0,69 |3,94| — |2,83 | 2,59 | 3,44 | 3,11 |TiO2Spur
kirnach liams Beilagebd. II.
es 34,68 | Si7 | 021 | 0,88 1,13 | 0,74 | 0,89 | 0,53
Diorit. Porphyrit. XXxI
s Ga ‚In Bemerk
Wasser a, sp. G. a. emerkungen.
e Bes | 2 3
(©)
rit.
2,87 100,96 — 17236. 9,55.24,62| 0,682 | Feinkörniger, glimmerführender Diorit. Gang in Bannisdale Schie-
fern. Apatit.
3,52 99,07 — 16,42. 991. 26,41) 0,618 | Feinkörniger, glimmerführender Diorit. Gang in Coniston Kalk.
Neben brauner, eompacter Hornblende auch fast farblose, grüne;
vielleicht auch Augit vorhanden.
1,50 100,45 —_ — — 3,16| — |Mäfsig feinkörnig. In älterer Trias. Feldspath (meist Plagioklas),
Hornblende, Augit(?), Magneti. „Mesodiorit.*
0,98 101,02 | 2,7064 | 5,62. 9,40 .30,85 | 0,497 | Plagioklas; Hornblende; Diallag; Biotit; Magnetit; Schwefelkies;
Glühv. Quarz sparsam. Mikroskop. Orthoklas; seeundär Chlorit. „Klein-
körmiger Diorit.“
1,03 100,84 — 16,20. 9,04. 30,84 | 0,494 | Grünlich, mit wenig Feldspathleisten; Hornblende; Quarz. Mikros-
Glühv. kopisch Orthoklas, Hornblende, Chlorit secundär. „Diorit-
porphyr.“
3,43 100,00 — — 8,580.31,01 | — |Plagioklas vorherrschend; Hornblendenadeln; Quarz; Biotit fast
Glühv. ganz fehlend; Chlorit, vielleicht aus Augit entstanden; Titanit;
secundär Kalkspath. Quarzdiorit.
3,28 100,00 | 2,75 — 7,4..29,4| — |Porphyrartiger Quarzdiorit. In mikrokrystalliner Grundmasse
Glühv. b.9° | — 10,02. 29,44 Quarz und grünlicher Plagioklas. Mikrosk. Grundmasse aus Pla-
gioklas, Quarz, Hornblende und Chlorit. Etwas Kalkkarbonat
secundär. (Nicht frisch.) [Vielleicht Daeit.]
3,84 100,63 | 2,9227 |9,45.. 7,68. 23,20 | 0,733 | Feinkörnig, dunkelgrau. Gang in Untersilur. Hornblende sichtbar.
Glühv. bis [6,76 . 11,72 .23,20 | 0,797 Kochende Salzsäure lälst 51,80% ungelöst. Im Glühveglust reich-
lich Kohlensäure. Nicht frisch. Diorit.
3,005
3,29 100,44 — 833. 8,15.24,08 | 0,686 | Plagioklas, Hornblende, titanhaltiges Magneteisen, Apatit. Kalk-
spath, Zeolithe und etwas Chlorit seeundär. Nicht frisch. Dio-
rit.
phyrit.
1,36 100,40 | 2,72 4,17. 8,38. 34,63 | 0,362 |Gang in Gneifs. In vollkrystalliner, fast dichter. dunkelvioletter,
nach quarzhaltiger Grundmasse Plagioklas und brauner Glimmer. Ac-
Vogel- cess. Apatit, Zirkon, Eisenkies. Im Glimmer Rutilnädelchen.
gesang
„Quarzglimmerdioritporphyrit.“
XXXI
Ältere Eruptivgesteine.
Nr.
Ort
Analyt.
Quelle
K:
Sonst.
lien liiärrrl mm [N N —
\
IV}
[Si
I
Ne)
10
11
16
17
18
Fichtelgebirge.
Ködelschutzteich
zwischen Nordhalben
und Tschirn
Gebiet um Lu-
gano.
Maroggia
Bissone
Brinzio, Aufstieg ge-
gen Maria del Monte
Rovio
Melide, an der Eisen-
bahn
Tyrol.
Lienz
Cevedale-Ge-
biet.
Hintere Gyatspitze
Suldenferner, rechter
Moränenwall
ib.
ib.
Plimabach, Hut-
weidenthal
St. Gertrud in
Sulden
Val di Zebru
Val Forno
Pradaccio im Val
Forno
Rechter Moränen-
wall des Sulden-
ferners
Pöhlmann
Gümbel
Stache u.
v. John
(v. John)
(Oebbeke)
Jahrb. Miner.
Beilagebd.III.
86. 1884
Sitzungsber.d.
Bayer. Akad.
d.Wiss. 1880.
594
ib.
Jahrb. geol.
Reichsanst.
29. 400. 1879
ib.
29. 362. 1879
ib. 368
ib.
ib. 871
ib.
ib.
ib. 895
61,52
32,81
64,08
33,18
50,28
26,82
59,52
31,74
61,84
32,98
59,95
31,97
48,95
26,11
49,90
26,61
52,85
28,19
53,40
28,66
53,73
28,66
50,18
26,76
54,60
29,12
56,60
30,19
56,30
30,13
54,90
29,28
19,96
9,92
19,52
9,11
19,24
8,98
13,02
6,08
14,60
6,82
17,35
8,10
14,80
6,90
19,70
9,20
13,70
6,40
21,55
10,06
18,22
8,51
17,46
8,15
17,38
8,12
15,80
7,38
18,60
8,69
16,32
7,62
1,23 | 3,01
0,37 0,67
1,78 | 3,16
0,53 0,70
4,24
———
7,92 | 1,98
2,38 0,4
11,08
—
6,68
——
1,44 | 5,59
0,43 1,24
8,42 | 10,23
2,53 2,27
6,32 | 7,43
1,90 1,65
6,91 | 7,32
2,07 | 1,63
4,47 | 6,06
1,34 | 1,35
5,83 | 6,32
1,75 1,40
716| 3,11
2,15 0,68
4,38 | 5,79
dell sleH)
3,57, 7,43
1,07 | 1,65
5,01| 4,79
1,50 | 1,07
6,52 | 5,81
1,96 1,29
3,36
0,96
3,40
0,97
4,21
1,20
1,90
0,54
4,48
1,28
6,75
1,9
7,40
2,11
10,30
| 2,47
7,00
2,00
6,61
1,89
7,00
2,00
5,50
1,57
7,63
2,18
6,77
1,91
5,42
1,55
6,80
1,94
3,28
0,85
2,52
0,65
2,81
0,72
3,02
0,78
5,52
1,42
3,30
0,85
3,23
0,83
1,84
0,47
4,23
1,09
3,23
0,83
2,76
0,71
5,38
1,39
3,03
0,78
3,98
1,03
4,02
1,04
3,87
1,00
TiO? 0,44
0,18
P?°O°Spur
co: 0,56
co? 0,40
co? 1,16
co? 0,36
co? 0,80
co? =.
Glühv.
co? s.
Glühv.
co? =.
Glühv.
_ Porphyrit.
XXXII
Wasser
Sa,
sp. G.
OÖ von
RE
Si
O quot.
Bemerkungen.
2,09
Glühv.
1,86
Glühv.
1,76
Glühv.
3,56
Glühv.
2,16
Glühv.
1,76
Glühv.
1,42
Glühv.
1,76
Glühv.
1,32
Glühv.
1,98
Glührv.
1,42
Glühv.
1,68
Glühv.
2,68
4,50
Glühv.
2,46
Glühv.
1,82
Glühr.
2,47
Glührv.
101,44
100,52
99,73
100,32
100,91
100,76
2,65 3,94 . 8,46
— . |5,35 .11,36..
2,7932 | 6,27 . 11,10
2,7964 | 6,34. 8,47
2,8232 | 5,19 . 11,40
2,7654 | 5,24 .10,%..
— 16,32 .10,30.
Phys. Cl. 1884. Abh. I.
. 34,68
5. 32,81
33,18
26,82
31,74
32,98
. 31,97
. 236,11
.26,61
. 28,19
. 28,48
28,66
26,76
. 29,12
. 30,19
. 30,13
. 29,28
0,358
0,427
0,623
0,440
0,612
0,653
0,525
0,582
0,541
0,621
0,509
0,480
0,498
0,502
In vollkrystalliner, fast dichter, grünlichgrauer Grundmasse Plagio-
klaskrystalle, etwas Glimmer, Quarz (wohl secundär); secundär
Chlorit. Mikroskop. Orthoklas, Quarz, Apatit, Zirkon, Magnet-
und Titaneisen. Secundär Epidot und Rutilnädelchen im Glim-
mer. „Quarzglimmerdioritporphyrit.“
„Sehwarzer Porphyr.“ Grundmasse dicht. Sparsam Quarz;
Plagioklas; Orthoklas; Biotit und Magneteisen. Sparsam Glas-
basis, Apatit. Secundär Chlorit aus Hornblende. Nicht frisch.
Für 3—7 gültig.
Epidothaltiges Gestein. Mit Salzsäure 29,19 Chloropit (anal.) aus-
ziehbar.
In zurücktretender vollkrystalliner Grundmasse Plagioklas, Horn-
blende, nicht wenig Biotit. Mikroskopisch Orthoklas, Apatit,
Magneteisen, etwas Quarz und Augit. „Paläo-Andesit,
Dölter. *
In überwiegender dichter Grundmasse Hornblende, Plagioklas, Or-
thoklas, Magnetit. Access. Augit. Secundär Calcit. „Ortle-
rit,“ typisch.
Grünlichblaugrauer Augit-Ortlerit. Neben Hornblende grüner
Augit (anal.) sichtbar. Magnetit, Caleit.
Grüner Augit-Ortlerit.
Lichtgrüner Feldspath-Ortlerit mit Hornblende: accessorisch spar-
same Augitkörner. Mikroskopisch Magnetit, wenig Mikrofelsit,
aus Hornblende Chlorit und Caleit.
Lichtgrüner Feldspath-Ortlerit. S. Nr. 12.
Ortlerit. In Salzsäure etwa 31% mit 1,82% Kalkkarbonat lös-
lich. Im unlöslichen Theil fast sämmtliches Alkali.
Biotit-Porphyrit, blaugrau. Neben Hornblende Biotit. Reichlich
Kalkkarbonat. Sparsam Quarz und Magnetit. „Propylitischer
Porphyrit.“
Biotit-Porphyrit, blaugrau. Neben Hornblende Biotit. Kalkkarbonat
reichlich. „Propylitischer Porphyrit.“
Grünes Gestein.
„Suldenit.“ Grauer, andesitartiger Porphyrit mit Plagioklas, Or-
thoklas, Hornblende, Magnetit und accessor. grünem Augit in
mikrokrystalliner Grundmasse, z. Th. mit Mikrofelsit.
e
XXXIV Ältere Eruptivgesteine,
|
= Ort Analyt. | Quelle Si | ät | Fe | Fe | Mn Mg | Ca | Na’ K? | Sonst.
19/Zwischen Schaubach-) Stache u. | Jahrb. geol. | 55,05 |17,16 | 5,19| 5,011 — | 2,47, 8,30 | 3,79 | 2,84 =
hütte u.Eisseespitze | v. John | Reichsanst. 29,36 8,01 1,56 1,11 0,99 2,37 | 0,98 | 0,48
1379. 29.395
20 _Suldenferner E ib. 395 |55,15 [17,92 | 2,82| 3,82| — | 2,86) 11,30 | 3,25 | 1,28 —
29,41 8,37 | 0,87 | 0,85 1,14 | 3,23 | 0,81 | 0,22
21| Hintere Gratspitze 2 ib. 395 |57,02|16,52| 3,25| 6827| — | 2,42| s,62 2,38 |2,54| —
30,41 7,70 | 0,97 | 1,39 0,97 | 2,47 | 0,62 | 0,48
22|Wasserfall von Pra- 9 ib. 400 98,85 118,15 | 4,08 | 4,22| — | 2,52 | 6,00 | 3,01 | 2,78 —_
daccio im Val Forno 31,39 | 848 | 121 | 0,9 1,01) 171 | 0,78 | 0,47
23| Suldenferner e ib. 403 [60,78 |16,90| 4,79| 4,11] — | 2,89 | 1,50 | 4,01 | 2,69 en
| 32,42 2,9 | 14| 091 1,16 | 0,3 | 1,03 | 0,46
24 ib. 2 ib. 403 |61,80 ,16,70| 3,28) 3,89| — | 1,87 | 6,60 3,97 | 2,08 u
32,96 7,50 | 0,98 | 0,85 0,75 | 1,89 | 1,02 | 0,35
4. Gab
Harz.
1 Zwischen Hasserode | Lossen |Z.d.geol.Ges. 53,39 | 12,18 | 6,18 | 6,70 — 6,17 | 6,80 | 2,70 | 1,76 \TiO2 1,39
und Plefsburg (Fuel) 132.219.1880 9545 | 5,60 | 1,85 | 1,0 2,47 | 1,94 | 0,70 | 0,30 056
| ; ö 5 5 P205 0,25
CO? 0,28
so3 0,24
Piemont.
2 Ivrea Cossa |Ricerchechim.| 56,46 | 20,19 | 4,36 | 5,00 | Spur| 2,66 | 6,59 | 2,95 | 1,00 TiO? Spur
e microscop. | 30,11 | 943 | 1,30 | 1,11 1,06 | 1,88 | 0,76 | 0,18 |P°O? 0,20
etc. 1881. 64
Ligurien.
3) Pignone bei 5 Boll. geol. |51,09| 8324| — | 6,91| — |19,38|12,75| — | — |Cr203
Smezae ae u 21,2 | 3,85 1,54 1,75 | 3,64 Spur
Toscana.
4| Monteferrato bei 9 ib. 249 48,29 16,48 | 7,56 | 1,04) — | 8,95) 7,87 | 4,14 | 0,56 |TiO2 0,29
Prato 25,75 7,70 | 2272| 08 3,57 | 2,25 | 1,14 | 0,10 0,12
P205 0,34
Cr? O3
Spur
Ligurien.
5) Levanto, OÖ. von Bonney |Jahrb. Miner.| 40,47 | 4,35 7,61 0,15 | 34,59) 0,854] — | — |NiO 0,49
Genua 1881.11. 395 | 91,58 | 208 | ———— | 0,03 | 13,54 | 0,24 FeS? =.
Wasser
Toscana.
6|Prov.Grosseto, Cala-ı Cossa |Ricerchechim.| 33,86 | 7,56 | 12,07 | 15,35 | Spur! 18,69| 4,51) — | — |Ti020,69
grande, Monte Ar- e microscop. 18,06 3,53 3,62 3,41 7,48 1,29 0,28
gentaro etc.1881.132 P?O051,31
7| Gabbrogebiet bei 5 ib. 134 40,89 | 1,16) 4,96 | 4,77 |Spur| 35,94 | Spur | — | — |TiO2Spur
Livorno 21,851 | 0,54 | 1,49 | 1,06 14,38 Gr270>
0,23
0,07
| Porphyrit. Gabbro.
XXXV
O von <
Wasser | 8%. |sp.G| , x | Bemerkungen.
R.R.Si
je)
1,23 101,04 | 2,7638 | 5,93 . 9,57..29,36 | 0,528 |„Suldenit.“
Glühv.
2,49 100,89 | 2,731 |6,25. 924.29,41 | 0,527 |„Suldenit.“ Contact mit Thonglimmerschiefer.
Glühv.
1,28 100,32 | 2,7032 | 5,88. 3,67 .30,41| 0,478 |„Suldenit.“ Contact mit Ortlerit.
Glühv.
1497 101,53 | 2,7063 | 4,91. 9,69..31,39 | 0,465 | Quarzhaltiger Biotitporphyrit. In lichtgrauer reichlicher Grund-
Glührv. masse Feldspath, Biotit und Hornblende porphyrisch. Mikrosko-
pisch kryptokrystallin mit Mikrofelsit, Quarz, Plagioklas, Ortho-
klas, Glimmer und Hornblende.
2,84 100,51 | 2,6982 |3,99. 9,33..32,42| 0,411 Brauner Quarzporphyrit. Quarzkörnchen sichtbar; Plagioklas;
Glühr. Hornblende. Mikroskopisch noch Orthoklas und wohl auch
Biotit.
0,09 100,28 | 2,7637 |4,86.. 8,78..32,96 | 0,414 | Grauer Quarzporphyrit. Feldspath, Hornblende, Magnetit, Eisen-
Glühv. kies, Quarz makroskopisch sichtbar. Mikroskopisch noch Ortho-
klas und Mikrofelsit.
bro.
2,09 100,13 _ 6,90 . 7,54 „29,03 | 0,497 | „Quarzhaltiger Biotit-Augit-Gabbro.“ Aus der Granititrandzone.
1,61 101,02 —_ 4,98.10,73 .30,11| 0,522 | Plagioklas, Diallag, Zirkon. Gabbro.
1,27 99,64 | 2,37 12,93 . 3,85.27,25 | 0,616 | Veränderter Gabbro. Diallag in Hornblende umgesetzt.
Glühv. b. 12°
3,95 99,72 | 2,85 7,29. 9,97 .25,87 | 0,667 |Diabas in Blöcken oder Kernen im Gabbro, nicht weit vom
Glühv. b. 152 überlagernden Serpentin. Dicht, dunkelblauschwarz. Augit und
Plagioklas meist verändert. Titaneisen. Apatit.
11,61 100,11 | 2,705 — — 2158| — |Serpentin, fast kein Olivin mehr vorhanden. Diallag, Enstatit
Pieotit, Erzkörner. In Salzsäure 95,54% löslich.
5,87 99,91 | 3,008 |12,18.7,15.18,24| 1,060 | Dunkelgrün, mit Bastit. Mikroskopisch Apatit; Hornblende; Mag-
Glühv. netit (etwa 182) mit Titangehalt. Broneitserpentin.
11,91 99,86 | 2,57 15,44. 2,10..21,81 | 0,904 | Dunkelgrün. Viel Bastit. Mikroskopisch Magnetit, Olivin. Olivin-
Glühv. b. 16° broneitserpentin.
Ältere Eruptivgesteine,
XXXVI
3 Ort Analyt. Quelle | Si | Al | Fe | Fe | Mn| Mg | Ca | Na?| K? | Sonst.
| |
Elba.
8 Rio Marina Cossa | Ricerchechim. | 39,21 | Spur | 7,87 | 2,63 | Spur | 36,92 |Spur| — | — /Cr?0O3
SERIE || aa 2,36 | 0,58 | aa, 0,27
ete. 1881. 135 : | 0.08
9 Rio Alto 5 ib. 136 39,58| — | 7,65 | 4,13 | Spur| 36,37 | Spur| — | — /Cr?03
21,11 2,30 | 0,92 14,55 Spur
10 Longone 5 ib. 137 39,38 | Spur | 8,26 | 3,67 | Spur | 35,62 | Spur| — | — [TiO?Spur
21,00 2,45 | 0,82 14,15 Cr? 0%
Spur
11 Portoferrajo > ib. 138 39,93 | Spur | 6,90 | 3,75 | Spur | 36,82! — | — | — Cr? 03
21,30 2,07 | 0,83 14,73 0,18
0,05
TiO? Spur
Toscana.
12 | Monteferrato (Prato), „ ib. 149 38,70|| 0,58 |3,19 |7,26| — |36,44 |Spur| — | — |Cr203
Cava Benini (ef. Boll. geol. | gu | 027 | 0,86 | 1,61 14,58 0,30
d'Italia 1881. 0.09
241) NiO Spur
13 | Montemezzano bei 5 ib. 150 39,77 | Spur | 1,76 |8,48 | — /37,33 |Spur| — | — 01203
Prato 21,21 0,53 | 1,88 14,93 0,27
0.09
14 Prato, Cava ö ib. 152 3894| — ,1,18|8,25| — |37,28 Spur| — | — |NiO Spur
Benini 20,77 0,35 | 1,83 14,91 Cr? 0%
0,29
0.09
Cornwall.
15 Cadgwith Bonney | Quart. Journ. | 38,50 | 1,02 |4,66 13,31 | — 36,40 |1,97| — | — |NiO 0,59
(Houghton) | geol. Soc. 34. 20,53 | 0,48 | 1,40 | 0,73 14,56 | 0,56 0,13
7718. 1878 FeS? 0,41
5. Dia
Prote
Nassau.
1 Burg Schauf | Verh.d.natur- | 55,70 [18,01 |8,20| — | — | 0,91 9,23 | 3,52 | 1,42 |P2050,23
ya am | am a 0,36 | 3,64 | 0,91 | 0,94 |TiO®
Rhld.u. Westf.
37. 16. 1880 |
Diabas und
Saar-Nahe-Ge-
2 biet.
Remigiusberg bei | Leppla |Jahrb. Miner. | 58,02 | 16,35 4,17 | 1,60 10,51) 4,34 3,51 | 2,97 3,05 [Ti020,30
Cusel, Haschbach | (seyn: | 1882. I 154 ,n9 | 78 | 125 | 086 | on | ara | 100 | oz | 0,08 12
Gabbro. Diabas und Diabasporphyprit. XXXVI
O von ©
Wasser | S“. |p.G.| „u 5 Bemerkungen.
R.R.Si 2
®)
|
12,54 99,44 2,59 |15,35 .2,44..20,91 | 0,851 | Dunkelgrün, mit hellgrünen Flecken. ÖOlivin sparsam. Mikrosko-
Glühv. { b. 16° pisch Magnetit, Chrysotiladern, Maschenstructur, sparsam Biotit.
Fast reiner Olivinserpentin.
12,72 100,45 2,61 |15,47 .2,30..21,11 |) 0,842 | Grünlichbraun. Dicht, mit Blättchen von Bastit und Adern von
Glühv. ba7° Chrysotil. Mikroskopisch Maschenstructur. Olivinbroneit-
serpentin.
12,85 99,78 | 2,61 |14,97..2,48.21,00| 0,831 |Reicher an Bastit als Nr. 9, sonst ähnlich. Olivinbroncitser-
Glühv. b. 17° pentin.
13,05 100,63 | 2,53 |15,56 .2,12. 21,30 | 0,830 | Dunkelgrün, dicht, mit Bastit. Unter dem Mikroskop Magnetit.
Glühv. ba172 Bastitserpentin.
13,23 99,70 | 2,55 |16,19.1,32.20,64 | 0,853 | Dunkelgrün, mit wenig bastitähnlichem Mineral, das wohl aus Dial-
Glühv. b.13° lag entstand. In Spalten Chlorit (anal., ib. 159). Olivin-
bastitserpentin.
12,10 99,71 | 2,56 |16,81..0,62. 21,21 | 0,822 | „Ranocchiaja.“ Gesprenkelter Serpentin. Mit grünlichgelben
Glährv. b. 13° Flecken von reinem Serpentin. Chromeisen, kein Magnetit. Nach
der Untersuchung unter dem Mikroskop meist aus einem rhom-
bischen Mineral entstanden.
13,90 99,84 | 2,58 |16,74.0,4.20,77| 0,827 „Verde di Prato.“ Serpentin mit hellgrünen Flecken. Aus
Glühv. b. 6° Olivin und einem rhombischen Mineral mit Structur des Bastits
entstanden, der wohl aus Diallag hervorging. Magneteisen.
12,35 99,21 — |15,98 .1,88.2%0,53 | 0,870 |Serpentin.
bas.
robas.
3,21 10063 | — 5,79. 8,41.29,71| 0,478 | Hellgrünlich mit Plagioklasleisten. Unter dem Mikroskop Augit
4,15 . 10,87 . 29,71 | 0,501 meist in Viridit umgesetzt. Neben primärer Hornblende und pri-
märem Quarz auch secundärer Quarz. Hornblende z. Th. in Vi-
ridit umgesetzt. Apatit. Magneteisen.
Diabasporphyrit.
4,41 99,23 — 14,50. 8,88.31,06 | 0,431 | Blaugrau. Durch Plagioklas porphyrartig. Biotit. Augit, oft in
Uralit und Chlorit umgesetzt. Quarz secundär. Apatit. Magnet-
eisen.
Ältere Eruptivgesteine.
XXXVII
= Ort Analyt. | Quelle Si | Al | Fe | Fe | Mn Mg Ca | Na?| K? | Sonst.
Saar-Nahe-Ge-
biet.
3) Mühlbach gegen- | Leppla |Jahrb. Miner.| 58,90 116,76 | 3,76| 2,41 | 0,31 |5,63 | 1,98 | 3,09 | 3,11 |TiO2 0,20
über (Eanes) 11882. IL128 | u | ma | 218 | 058 | 007 | 2385 | 0,57 | 000 | 0,58 0,08
4 ib. Leppla ib. 60,33 | 15,35 4,74 | 2,18 | 0,25 | 5,32 | 1,13 | 2,68 | 3,32 'TiO® 0,19
32,18 | zum | 142 | 0,48 | 0,06 | 2,13 | 0,32 | 0,69 | 0,56 Qu0s
Nassau.
b) Weilburg Will und |Ber.d.deutsch.| 50,26 13,53 1,46 111,61 | Spur. | 3,59 | 5,45 | 5,34 | 1,57 |TiO? 0,49
Albrecht | chem. Gesell-| ag,51 | 632 | 044 | 2,58 “| 1,56 | 1,38 | 0,97 0,20
schaft 16. P205 1,14
1326. 1883 Cc0?2 7918
Cl 0,40
S, Zn Spur
6| O. von Gräveneck Streng | Ber..d. Ober- | 46,53 | 18,07 | 6,13 | 7,77 | 0,30 | 3,78 | 7,87 | 3,51 | 0,55 |Ti0? 2,08
hess. Ges. für | 94,99 sı| 1,73 | 007 | 1351 | 2,25 | 0,91 | 0,09 ONE
Nat nal | | 9 | ee
kunde XXI. P?O51,33
Thüringen. 256. 1883 S
1 Corällchen bei G. Prings-| Z. d. geolog. | 48,82 |19,71| 8,48 | 6,47 | 0,57 | 3,64 | 5,26 | 2,70 | 1,65 |TiO? 0,98
; i ; 39 ; 0,39
Liebenstein heim = a 26,07 9,20 2,54 | 1,44 | 0,13 | 1,46 | 1,50 | 0,70 | 0,28 P2050.25
3 ..1c0? 0,32
8| Östlich von Oehren-| E. E. | Jenaer Denk-|54,74|16,86| 7,73| — s. | 3,45 |4,28 | 2,64 | 4,03 |Ti0? 1,56
stock Schmid | schriften I. | 5919 | a7 | 2,33 Fe?O® 135 | 1,21 | 0,68 | 0,69 0,62
4. 300. 1880 P205052%
co? 2,60
9) Ostfuls des Ilmsen- % ib. 302 60,83 | 15,07 | 6,52| — — 12,45 | 1,94 | 5,07 | 4,65 |TiO* 2,00
beres, Strafse zwisch. 39.44 7.04 1.90 0.3 | 0,55 | 131 | 0,79 0,80
Amt Gehren u. Brei- ; i ’ ; ; . ’ |P2050,21
tenbach 5
10 Möhrenbach 5 ib. 304 |55,96|14,60| 11,19! 0,06| — !4,76 | 0,64 | 4,93 | 3,40 !TiO? 1,28
0,51
29,85 | 6,82 3,36 | 0,01 1,90 | 018 | 1,27 | 0,58 Ina95 0,31
11) Südostabhang des Er ) ib. 808 58,25 |16,19| 8,74| 1,29 s. [2,45 [1,25 | 3,91 | 5,75 Ti O2 0,53
Gotteskopfs bei Amt reisler, En Fe203 A 0,21
Ge 31,07 7,56 2,62 | 0,29 0,98 | 0,36 | 1,01 | 0,98 Be.
Thonerde
12| Schneidemüllerskopf, - ib. 321 | 56,23 18,88 | 4,19)| 2,39) =. ‚55 | 0,61 | 4,00 | 0,81 [TiO? 2,21
Eingang in den Bruch 29,99 | 8,82 1,26 | 0,53 |Fe?08| 995 | 017 | 1,03 | 014 0.88
BalOSES:
Al? O3
13 ib. 5 ib. 318 [56,60 [17,20 7,93| 3,31 s- |1,86|5,25 |3,78 11,38 |P°O>;
30,19 8,03 2,33 | 0,73 Fe?O 0,74 | 1,46 | 0,98 | 0,28 TiO SBRLEE
mit mit von co
Pp2 05|Mn?03 und Bitu-
108 men
14 ib. " ib. 55,68 |18,00| 5,56| 3,73 =, 3,28 | 5,67 | 3,85 | 1,44 |P? O5;
2,0 | sa | 1er | 0,8 |FeRO® 131 | 102 | 0,9 | 0,4 | TiO2;
mit mit Spur von
P? 05/Mn?03 CO? und
und =
MO: Bitumen
Diabas und Diabasporphyrit. XXXIX
O von 8
a
Wasser | St. |sp.G. RRS& a Bemerkungen.
(®)
4,49 100,64 — 1476. 8,95.31,49| 0,435 | Mittlere Zone. Röthlichgrau. Kalkspath und Eisenoxyd. Unter
dem Mikroskop Plagioklas zonal; Chlorit; kein Uralit. [CO?be-
stimmung fehlt.]
4,12 99,61 — [424. 8,59.32,26 | 0,398 | Peripherische Zone. Feinkörnig. Hell- bis dunkelbraun. Plagio-
klas ziegelroth. Aus Magnetit Eisenoxyd. Biotit sparsam, Chlo-
rit reichlich. Isotrope Zwischenmasse.
3,38 99,32 | 2,796 |7,23. 6,76.27,01 | 0,518 |In graugrüner Grundmasse Chlorit, Kalkspath-Drusen, Schwefel-
kies. Unter dem Mikroskop Plagioklas, titanhaltiges Magneteisen,
Apatit. In CIH 28,964 löslich.
2,17 100,60 — 16,56 .10,28 .25,65 | 0,657 |In feinkörniger, aus Plagioklas, Augit, Viridit, Apatit, Eisenerz-
körnchen bestehender Grundmasse Plagioklas, Apatit (3,19% be-
rechnet), titanhaltiges Magneteisen, Viridit.
1,45 100,36 | 2,900 5,51 .11,74. 26,46 | 0,652 | Dicht, dunkelgrau, nicht frisch. Plagioklas überwiegend; Augit
chloritisch, Glimmer, Eisenglanz, Magnetit, Quarz sparsam, Apa-
tit in krystallinisch körniger Grundmasse.
1,47 99,68 | 2,676 |5,52. 7,37.29,51 | 0,49 | In röthlich schwarzbrauner Grundmasse Glimmer, Plagioklas zurück-
Glühv. 3,96 . 10,20 . 29,81 | 0,474 tretend. Mikroskopisch Augit, Viridit, Apatit, Ferrit. Grund-
masse vollkrystallinisch. In concentrirter Salzsäure 73,972 un-
löslich. „Glimmerporphyr.“ Nicht frisch. Braust mit Säure.
‘
1,40 99,94 | 2,651 |4,s9. 7,04.33,24| 0,359 |In graulich braunrother Grundmasse Glimmer und Plagioklas. Mi-
Glührv. 3,63. 8,9.33,24 | 0,381 kroskopisch Diallag, Apatit, Ferrit. In Salzsäure unlöslich
81,672. „Glimmerporphyr.“ Braust nicht.
2,25 99,38 | 2,616 | 3,94 . 10,18. 30,36 | 0,465 | In röthlichbrauner vollkrystalliner Grundmasse Glimmer und Plagio-
Glühv. klas. Mikroskopisch Apatit, Ferrit. In concentrirter Salzsäure
2 unlöslich 69,60%. „Glimmerporphyr.“ Braust nicht.
1,50 99,86 | 2,65 |3,62.10,18.31,28 | 0,441 | Lichtgrau, schimmernd. Plagioklas, Ferrit. Mikroskopisch Apatit,
Glühv. Glimmer, Quarz, Ferrit, Viridit, gelbes Mineral. „Paramelaphyr.“
In concentrirter Salzsäure 73,049 unlöslich.
3,16 98,03 | 2,648 |4,09 „10,08. 30,87 | 0,459 |In lichtgrünlichgrauer Grundmasse wenige Plagioklase. Mikrosko-
Glühv. pisch Diallag, Ferrit, Viridit, gelbes Mineral. „Paramelaphyr.“
1,36 98,67 ! 2,71 4,14 „10,41. 30,19 | 0,482 | Aus oberen Theilen der hinteren Steilwand. Fast schwarz. Pla-
gioklas, Viridit, Apatit, Enstatit, Magneteisen, Ferrit. TiO? 1,543.
„Melaphyr.“ In Salzsäure unlöslich 75,674.
2,10 99,31 | 2,73 4,99 . 10,07 .29,70 | 0,507 | Aus der Mitte der schwarzen Gesteinsbänke. Sehr dunkelgrau. Pla-
gioklas, Viridit, Apatit, Enstatit, Magnetit, Ferrit. TiO? 1,327.
„Melaphyr.“ In Salzsäure unlöslich 70,69%.
Ältere Eruptivgesteine,
XL
2 Ort Analyt. Quelle Si | Al | Fe | Fe| Mn Mg Ca | Na?| K? | Sonst.
I
I
15! Bruch am Schneide- E. E. | Jenaer Denk- | 55,99 | 17,70 7,86) 2,99 s. 4,60 | 4,60 | 2,37 | 1,28 |P? 05:
| = 3 > 3 3 | ’ 3
müllerskopf Schmid | schriften II. 29,86 3,26 2,36 | 0,66 Fe?O° 1,8& | 131 | 0,1 | 0,9 | TiO?;
4. 318. 1880 mit mit 3 Spur von
P2 05|Mn?03 CO? und
e. Bitumen
| TiO? |
Capverden. |
16 S. Vincent Dölter Capverden 49,66 |21,19| 4,91 |5,37| — |2,59 | 6,78 7,02 | 0,81 |TiO?,
‚ 1882. 17 2,49 | 9389| 10 | 1,19 1,04 | 1,94 | 1,51 | 0,14 a
pur
New-Hampshire.
17 Campton Hawes | Amer. Journ. | 41,63 13,26] 3,19 |9,92 | 0,27 | 7,31 | 8,86 | 2,29 | 3,32 ‚TiO? 3,95
of sc. (8) 17.| 0 | 619 | 0,06 | 2,20 | 0,06 | 2,92 | 2,58 | 0,64 | 0,56 108
150. 1879 | i ; 3 i i ” 1 77 | 77 [cos
Vietoria.
18| North Gippsland, Howitt | Jahrb. Miner. | 53,39 |15,23| 8,73 |3,61] — |4,12 | 8,46 | 3,60 | 1,34 |FeS? 0,16
IE n 2 D)
Snow - River 1882. 1.416 | 954 | zu | 2,82 | 0,0 1,85 | 2,42 | 0,93 | 0,81 SR:
19) Zusammenfluls am £ ib. 48,48 | 14,57 | 11,68 |2,83| — |5,55 |9,56 | 3,33 | 1,77 |co? 1,27
Buchan- und Mu- 2,86 | 681 | 3,50 | 0,63 2,22 | 2,13 | 0,6 | 0,30 |P?O® 0,45
rendel- River
Saar-Nahe-Ge-
biet.
20 St. Wendel Lemberg | Z.d. geol. Ges. | 63,08 | 14,19 7,98| — — [1,23 | 4,20 | 3,47 | 2,09 —
35. 570. 1883 | 3364 | 662 | 2,39 0,49 | 1,20 | 0,90 | 0,85
21) Martinstein bei |Laspeyres| Verh. des na- | 56,21 18,81) 2,31 |4,51 | Spur | 4,31 | 8,46 2,97 |0,87 | TiO2,
Kirn turforsch. Ver. | 99,98 | 8,78 | 0,69 | 1,00 1,22 | 2,8 | 0,7 | 0,15 |C0°, BaO,
ind ; | ie oe:
378. 1883 Spur
22| Remigiusberg bei y ib.383 |58,54|16,86| 3,64 |2,37| 0,11 | 5,36 | 2,46 |4,11 | 2,61 |CO? 0,70
SE i02
Cusel 31,22 | zer | 109 | 0,53 | 0,02 | 2,14 | 0,700 | 1,06 | 0,44 Ei
e SrO, Li? ©
Kupfer-
kies Spur
23 Steinerne Mann Teall |Jahrb. Miner. | 56,90 | 17,44 | 6,50) — — | 3,76 | 7,82 | 3,80 | 1,98 —
1884. 1.73 | 3035| su | 1,9 1,50 | 2,24 | 0,98 | 0,34
England.
24, Cheviothills, Carhope | J. Peter- | Untersuch. am | 61,17 | 16,37 | 2,10 2,94| — | 3,00 | 4,36 | 2,67 | 1,81 =
on Coquet sen | Enstatit- Por- | 39,62 | 7,88 0,63 | 0,65 1,20 | 1,39 | 0,69 | 0,31
phyrit aus den
Cheviothills.
Kiel 18584. 36
25, Schilmoor Farm, a ib. 59,05 |15,69| 1,s0/472| — [4,29 | 1,79 | 3,97 | 2,88 _
ad
Coquet 31,49 | 7,32 | 0,54 | 1,05 1,72 | 0,50 | 1,02 | 0,49
Oberes Ruhr-
thal.
26| Bochtenbeck zwisch.| Schenck | Mitth. 1884 | 48,42 | 17,59 1,05 | 8,36 — [4,30 | 7,73 | 5,15 | 3,07 |TiO? 2,23
7 ’
Niedersfeld und Wie- 2,32 | s21 | 031 | 156 1,72 | 221 | 133 | 0,52 0,89
meringshausen P?0O°0,28
CO? 0,08
FeS? 0,15
Diabas und Diabasporphyrit.
XLI
O von =)
Wasser , S®. sp. G. REK& = Bemerkungen.
3. S
1,36 98,75 | 2,73 |4,64.10,62.29,86 | 0,514 | Untere Grenze gegen die graugrünen Gesteine. Sehr dunkelgrau,
aber heller als Nr. 14. Plagioklas, Viridit, Apatit, Enstatit,
Magnetit, Ferrit. TiO? 1,18. Melaphyr. In Salzsäure 74,18%
unlöslich.
1,32 99,65 — 16,12..11,36.26,49 | 0,660 | Licht, kleinkörnig. Plagioklas (anal.), Augit (anal... Unter dem
Glührv. Mikroskop noch Biotit, Magnetit, sparsam Apatit und Titanit.
„Biotithaltiger Akmitdiabas.“
1,35 100,75 — 1891. 715.23,58| 0,677 | Dicht. Plagioklas; Augit (z. Th. Uralit); Titaneisen (z. Th. Leu-
koxen); Apatit. In Mandeln Kalkspath und Analeim. Gang in
Glimmerschiefer. Diabas.
1,14 100,66 | 2,814 |6,11. 9,73.28,47 | 0,556 | Enstatit führender Diabasporphyrit aus Mitteldevon. Grund-
masse fast ganz krystallin, vorwiegend Plagioklasleisten, darin
Plagioklas.
iharfg 101,21 | 2,807 | 6,74 .10,31..25,86 | 0,659 | Feinkörnig, ganz krystallin, Structur normal. Im Netz von Plagio-
klasleisten Augit, beide z. T'h. porphyrartig hervortretend. Im
Liegenden des mitteldevonischen Kalkes. Diabas.
3,45 39,69 — |454. 6,62.33,64| 0,32 |Pechstein des Diabasporphyrites.
2,94 . 9,00 . 33,64 | 0,355
0,55 99,00 — [6,06 . 9,47.29,98| 0,518 |Körnig. Diabasporphyrit.
3,08 99,84 — 14,89. 8,9.31,22) 0,444 | Grünlichgrau mit rothen Flecken und Adern. Auf Klüften und
Drusen Kalkspath. Nahe der hangenden Grenze entnommen.
2,76 100,96 | 2,69 |6,36. 8,14.30,35 | 0,478 | Labrador (anal.); Augit (anal.); Glasbasis mit Magneteisen - Octaö-
Glühv. 5,06 „10,09 . 30,35 | 0,499 dern und Augitkörnern. „Melaphyr.*“ Diabasporphyrit.
3,09 98,51 | 2,543 |4,24. 8,51.32,62 | 0,391 | In pech- bis fettglänzender Grundmasse Labrador (anal.) ausgeschie-
den. Rothe Adern bestehen aus Chaleedon und Opal. Unter
dem Mikrosk. noch rhombische und monokline Pyroxene, Magnet-
eisen, Eisenglanz, Apatit, Glasbasis (anal... „Enstatit-Por-
phyrit.“ Enstatit führender Diabasporphyrit.
3,16 97,35 — 1479. 7,86.31,49| 0,402 | Verwittertes Gestein. Augite in chloritische Substanz umge-
ändert. Grundmasse mehr oder weniger krystallin. Apatit, Erz-
körner, Plagioklas.
2,24 100,65 | 2,919 |7,64. 8,52.26,71| 0,605 | Aus Lenneschiefern. Mittelkörnig. Plagioklas verwittert; wahr-
scheinlich auch Orthoklas; Augit, z. Th. in Viridit umgesetzt;
Titaneisen nebst Leukoxen; Apatit; Eisenkies. Secundär Quarz,
Epidot, Ferrit. Nicht frisch.
Phys. Cl. 1884. Abh. |. f
Er Ältere Eruptivgesteine,
5 Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe | Fe | Mn| Mg | Ca | Na?| K? | Sonst.
Oberes Ruhr-
thal.
37'Bochtenbeck, zwisch.| Schenck | Mitth. 1884 |46,92 |18,05 | 3,61 6,73| — | 7,43, 9,11 |2,99 | 1,24 |TiO? 0,94
Niedersfeld und Wie- 25,02 8,43 | 1,08 | 1,50 | 2,79 | 2,60 | 0,77 | 021 |), 0.38
meringhausen P20° 0,19
co? 0,10
FeS? 0,09
28 ib. & ib. 58,21 |13,87 | 2,77 |6,75| — 2,10 | 6,35 | 4,07 | 1,96 |TiO? 1,34
31,05 6,48 0,83 | 1,50 0,84 | 1,81 | 1,05 | 0,33 0,53
P?O> 0,59
FeS? 0,32
29 ib. ib. 42,13 | 19,21 | 11,19 |2,52| — 0,41 | 21,42 | 0,29 | 0,08 |TiO2 1,40
22,47 8,97 3,36 | 0,56 0,16 6,12 | 0,07 | 0,01 0,56
P?O5 0,08
FeS?2 0,25
30 ib. 5 ib. 50,26 | 13,72 | 9,18 12,97 | — 2,20 | 16,30 | 0,71 | 1,12 1 O2 1,60
26,81 | 6,40 | 2,75 | 0,66 0,88 | 4,66 | 0,18 | 0,19 0,64
P2050,39
FeS? 0,26
Olivin
Piemont.
31 Mosso, Biella Cossa | Ricerchechim. | 48,18 | 18,86 | 2,27 |6,22 |Spur| 8,46 | 9,95 | 3,88 | 1,23 |P20> 0,37
e microscop. | 95,70 | 8,81 | 0,68 | 1,39 3,38 | 2,84 | 1,00 | o,2ı | TiO2,
etc. 1881. 63 ‚Ni0, Co0,
| Cu Spur
Süd-Wales.
32| Rhosson, W. von Geikie Quart. Journ. | 45,92 | 18,16 | 1,18 | 9,27 | 0,19 | 10,07 | 7,19 | 2,12 | 1,78 —
St. Davids (wilson) |geol. Soc. 39. | 24,49 | 348 | 0,35 | 2306 | 002 | 403 | 2,05 | 0,55 | 0,30
303. 1883
33|Clegyr Foig, W. von a ib. 45,38 | 16,62 | 4,06 |8,63 10,14) 9,41 | 8,19 |2,20|0,71 N
St. Davids 2420 | 7,76 | 1,22 | 1,92 | 0,08 | 3,76 | 2,34 | 0,57 | 0,12
Schottland.
34 Stichill Teall |Jahrb. Miner. |47,53 | 14,95 | 6,73 [8,04 0,73 | 7,41| 8,50 | 2,98 | 1,12 |p205Spur
1884. 1.75 | 2545 | 6,99 | 2,02 | 1,79 | 0,16 | 296 | 2,43 | 0,77 | 0,19
Capverden.
35) Hafen von St. Vin- Dölter Zur Kenntnifs | 39,64 | 16,98 | 6,61 | 9,31 | — 6,65 | 10,58 | 5,95 | 3,09 Be
cent (Kextscher) |d. vulk. Gest. | 919% | 7,93 | 1,98 | 2,07 2,66 | 3,02 | 1,54 | 0,53
d. Capverden.
1882. 15
| Fichtelgebirge.
36 Holler Gümbel | Geognost. Be- | 41,48 | 3,61 | 6,26 | 8,46 | 0,37 | 25,27 | 6,55| 0,29 | 0,09 [TiO2 0,18
(Loretz) | schreibungdes | 99,12 | 1,88 | 1,88 | 1,88 | 0,08 | 10,11 | 1,82 | 0,07 | 0,02 0,07
Fichtelgeb. co? 0,17
1879. 152 P?0>5 0,17
Cr202
Spur
Diabas und Diabasporphyrit. Olwwindıabas.
XLII
Wasser SS. |sp. G.
2,58 99,98 | 2,941
1,47 99,30 | 2,334
2,39 | 101,37 | 3,338
1,88 100,59 | 3,150
diabas.
0,45 99,87 | 2,954
Glühv. Mittel
4,22 100,10 | 2,96
Glühv.
4,34 99,68 | 2,99
Glühr.
1,95 99,94 | 2,95
Glühv.
1,32 100131 —
4,57 gran, N
Glühv.
OÖ von
R.&K.Si
7,87.
5,53 .
6,92
6,57.
8,82 .
14,03
9,51. 25,40
7,81 . 31,58
.12,33 . 23,03
9,15 . 27,45
9,49 . 25,70
. 8,83 . 24,49
. 8,98 . 24,20
. 9,01 . 25,45
9,91. 21,24
. 3,56 . 22,19
O quot.
0,684
0,407
0,836
0,573
0,712
0,729
0,732
0,650
0,929
0,793
Bemerkungen.
Feinkörniger als Nr. 27, gegen den Contact mit Lenneschiefern.
ı Augit überwiegt den Plagioklas. Apatit. Gröfsere Viriditmengen
und Quarzkörner, wahrscheinlich seeundär. Nicht frisch.
Grobkörnige Ausscheidungen in Nr. 26; Plagioklas gröfser und fri-
scher; Augit nicht häufig, meist stark verwittert; Orthoklas; Viri-
dit sparsam; Titaneisen nebst Leukoxen; Apatit; Eisenkies. Quarz
und Epidot secundär, letzterer auch von Quarz umschlossen,
Epidosit, aus Nr. 28 hervorgegangen. Plagioklasumrisse erhalten,
aber Plagioklas in Epidot umgesetzt; Quarz secundär und Epidot
umschliefsend. Titaneisen, Apatit, Eisenkies.
Epidosit, aus Nr. 23 hervorgegangen. Reste von trübem grau-
röthlichem Augit, der oft in Uralit umgesetzt ist. Graue wolkige
Gebilde, wohl Reste von Feldspath. Titaneisen. Apatit. Eisen-
kies. Epidot und Quarz secundär.
Feinkörnig, dunkelfarbig. Olivin. Mikroskopisch vorwiegend Pla-
gioklas; Augit; Olivin; Biotit; Magneteisen; Apatit; etwas Horn-
blende und Schwefelkies. Kein Chlorit.
Feinkörnig. Mikroskopisch Basis mit Globuliten; Augitkörner; Pla-
gioklas; Magneteisen; Olivin in Eisenoxyd umgesetzt.
Feinkörnig. Mikroskopisch Basis mit Globuliten; Augitkörner; Pla-
gioklas; Magneteisen; Olivin in Eisenoxyd umgesetzt.
Vollkrystallin. Aus Olivin, Plagioklas (Bytownit oder Anorthit), Apa-
tit, Feldspathleisten der Grundmasse und Augit, neben den Um-
wandlungsproducten bestehend. „Kelsoporphyrit.“ [Ob hier-
her?]
Groiskörnig. Plagioklas (anal.); Augit reichlich (mit Einschlüssen
von Magnetit und Apatit); brauner Glimmer; Olivin; lichtbraune
Hornblende; Magneteisen; Orthoklas vorhanden. [Ob hierher?]
Olivin (umgewandelt); Augit; Magneteisen; sparsam Plagioklas;
Glimmer. Tiefschwarzer Paläopikrit.
f*
xLIv Ältere Eruptivgesteine.
= Ort Analyt. | Quelle Si | At | Fe | Fe| Mn Mg | Ca Na?| K? | Sonst.
Schal
Fichtelgebirge.
1 | Töpen, NW. von | Gümbel |Geognost. Be-| 45,10 |12,02| 6,38 6,55 | =. 9,90 | 8,12 9,89 |TiO? = 4
Hof schreibungdes| 94,05 | 5,61 | 1,51 | 1.6 | FO | 306 | 2,3 | SiO
a | | al, 2 3 co: 3,41
1879. 227 P?0° 0,53
2 | Preufsenbühl bei » ib. 227 |47,78| 8,89 | 9,60|7,66| =. 7,27 | 10,53 | 1,55 | 0,60 |TiO* Rn
Issigau 248 | A415 | 258 | 10 | FeO | 291 | 301 | 0,40 | 0,10 co: 2 1“
P2050,32
3 | Moosanger, N. von ee, ib. 229 |46,78|12,04|15,90| — | — !11,69| 7,06 | 1,89 | 0,77 —
Hof en 2,5 | 562 | Am as | 2,02 | 0,49 | 0,18
4 | Hofeck bei Hof " ib. 229 |53,05| 9,87 1697| — | — | 6,69 | 3,86 |2,41 | 0,84 _
23,29 | 4,61 | 5,09 2,68 | 1,10 | 0,62 | 0,14
5 |Siebenhitz, NW. von ” ib. 229 49,13 | 14,76 | 16,40 | — _ 4,41 | 9,05 | 2,96 | 1,81 —
Hof 26,20 | 6,89 | 4,92 1,76 | 2,59 | 0,76 | 0,31
6. Mela
Fassathal.
il Gran Mulatto Petersen | Journ. prakt. | 55,02 | 21,72 | 2,29 |4,53 | Spur | 1,83 | 6,77 | 2,72 | 3,41 |TiO2 0,40
Chem. N.F. 7 0,16
ER 29,34 | 10,14 | 0,69 | 1,01 0,73 | 1,93 | 0,70 | 0,58 Paar
1881 | Cl, CO2,
S, BaO,
Cu Spur
2 ib E ib. 410 |51,41 19,36 | 4,28 6,63 | Spur | 2,86 | 7,43 | 2,70 | 1,81 Ti0? 0,64
27,42 9,04 | 1,28 | 1,47 1,14 | 2,12 | 0,70 | 0,31 926
P2050,42
INS“
| cO2,BaO,
Niederschlesien. Cu Spur
3 Rosenthal bei Jo- | Coleman | Melaphyres | 58,93 | 15,47 | 7,71| — _ 3,14 | 5,84 | 4,97 | 3,17 —_
hannisberg ofLowerSile-| z134 | 722 | 231 1,26 | 1,67 | 1,98 | 0,54
sia. 1882. 17
4 | Goldspitze, O. von A ib. 19 52,49 | 15,52 |10,99| — = 4,83 | 7,26 | 3,62 | 3,31 'TiO?Spur
Unterschönau 27,99 | 7,25 | 3,30 1,93 | 207 | 0,93 | 0,56
5. | Oberkunzendorf bei R ib. 29 55,12 |14,43| — 1911| — | 5,88 | 6,60 | 3,64 | 4,03 TiO2Spur
Hagendorf, Lähn 29,40 | 6,74 2,02 2,35 | 1,88 | 0,94 | 0,69
Thüringerwald.
6 Winterstein. Laufer | Zeitschrift d. | 55,75 | 18,45 | 2,03 | 5,69| 0,380 | 2,93 | 5,94 | 3,42 | 8,35 |CO2 0,91
geolog. Ges. | 99,73 | 61 | 0,61 | 1,96 |Mn3O%| 1,17 | 1,70 | 0,55 | 0,57 |P2O° 0,16
34. 304. SO3, BaO
1882 Spur
Schalstein. Melaphyr. XLV
E & OÖ von 3 e
Wasser Sr sp.4G. FE emerkungen.
p R.R.Si = 5
Sa
stein.
4,62 99,52 — — 7,52.24,001 — | Hauptschalstein. Grünlich. Plagioklas, Augit, Chloropit, Kalkspath
[nach CO? —= 7,77%]. In Salzsäure 46,27% löslich.
3,58 99,88 _ 8,12. 7,03 .25,48 | 0,595 | Hauptschalstein [4,77 CaOCO? nach CO?].
3,97 100,10 — [10,60 . 5,62. 24,95 | 0,650 | Grünfleckiger Schalsteinschiefer. In Salzsäure löslich 43,56%.
ag, CO? 7,42.10,39 . 24,95 | 0,714
u. Glühv.
4,61 98,30 — 7,93 . 4,61. 28,29 | 0,43 | Etwas dickschieferiger Schalsteinschiefer. In Salzsäure löslich
aq, CO? 4,54.9,70.28,29 | 0,503 | 36,154.
u. Glühv.
1,66 100,18 —_ 8,70 ..6,89.. 26,20 | 0,595 | Schalsteinschiefer. In Salzsäure löslich 30,384.
aq, CO? 5,42.11,81.. 26,20 | 0,658
u. Glühv.
|
phyr.
0,40 99,46 | 2,793 |4,95 . 10,83 .29,50 | 0,535 In dunkelbläulichgrüner Grundmasse, die zur Hälfte aus Glas, zur
[O) bel andern Hälfte aus Feldspath, Olivin, Augit und Fe?O* besteht,
porphyrisch Feldspath und Olivin. Aufserdem Titaneisen, Apatit.
„Porphyrartiger Melaphyr.“
0,39 97,93 | 2,904 | 5,74 .10,32.27,65| 0,550 | Dicht, schwarzgrau, aphanitisch. Gangförmig in Nr. 1. Mikroskop.
[O) bel Glas, Feldspath, Fe? O*.
2,34 101,57 | 2,7166 |6,%9. 7,92. 31,34| 0,431 | Quarzkörner; wenig Hornblende; Augit meist umgesetzt; Basis in
Glühv. 4,75 . 9,53 .31,34 | 0,456 Chlorit umgesetzt. Olivin nicht sicher nachgewiesen.
3,36 101,38 | 2,7492 |7,69.. 7,25.27,99| 0,534 |Schwarz, schimmernd, durch Plagioklas porphyrisch. Unter dem
Glühv. 5,49 „10,55 . 27,99 | 0,573 Mikroskop braunes Glas mit Plagioklas, Augit, Magneteisen.
Sparsam rhombischer Pyroxen.
1,85 100,66 | 2,7052 [7,88 . 6,74. 29,40 | 0,497? | Grau und grün gefleckt. Neben Augit Bastit. Plagioklas reich-
Glühr. 5,86. . 9,78..29,40. | 0,532 lich.
1,78 100,72 — [5,64. 922 .29,73| 0,500 | Plagioklas. Unter dem Mikroskop Augit, z. Th. verwittert zu grü-
nem Mineral. Magnetit, Apatit, Kalkspath. ÖOrthoklas nicht zu
erkennen. Nicht frisch. (Mn? 0% als MnO für O berechnet.)
Ältere Eruptivgesteine,
XLVI
= | Ort Analyt. Quelle Si Au |Fe| Fe|Mn| Mg | Ca | Na? K? | Sonst.
Rheinhessen.
7 | Westlich von Wons- | Lepsius | Notizbl.d.Ver. | 55,40 | 14,88 | 2,34 |4,81 | — 3,66 | 9,01 | 3,65 | 2,66 |P?O°
heim f.Erdk. Darm- | 99,95 | 6,95 | 0,70 | 1,07 146 | 2357 | 094 | 0,8 0,255
stadt 1881. CO? 1,015
Nr. 14. 23 |
$ | Aulheimer Thal bei I ib. 24 51,11 | 16,85 |0,88 \7,78| — | 5,95 | 9,15 3,45 | 2,22 er
Uffhofen 27,26 | mez | 0,26 | 1,73 2,38 | 2,61 | 0,89 | 0,38
9| Wendelsheim, SO. |Laspeyres | Verhandl. des | 51,55 | 15,55 | 2,35 |3,99 | 0,11 | 3,88 | 7,72 | 3,22 | 1,69 |CO? 4,85
von Kreuznach naturhistor. 27,49 7,26 | 0,70 | 0,89 | 0,02 1,55 2,21 | 0,83 | 0,29 TiO?,
Vereins in | Pp20>,
Bonn (4) 10. Sr0,
379. 1883 Li?O
Pfalz. Spur
10 | Störzelberg, östlich 5 ib. 380 54,97 | 18,63 | 3,55 | 3,74 | Spur| 4,01 | 7,90 | 3,49 | 0,87 TiO®,
yougwolstern 29,32 | 8,0 | 1,06 | 0,83 1,00 | 226 | 9,0 | 0,5 | Li?O
Lauterthal. Spur
11| Zwischen Konken a ib. 381 55,10 | 15,72 | 3,23 | 5,40 | Spur| 6,48 | 7,73 | 3,19 | 1,20 |CO? 0,50
und Herchweiler 29,39 | =34 | 0,97 | 1,20 2,59 | 221 | 0,82 | 0,90 110°,
Li?O,
Rb? 0,
Cs?OSp.
12 | Waldhambach, SW. R ib. 385 | 56,99 15,73 |6,51|1,86| — | 4,78 | 5,94 | 2,17 | 1,96 |TiO2,
von Landau 30,39 7,34 | 1,95 | 0,41 1,91 | 1,70 | 0,56 | 0,33 | LiO* Sp.
co? 0,73
13| Weiler a. d. Hardt S ib. 386 53,63 | 15,09 | 4,70 |4,68 | Spur| 6,55 | 5,73 | 2,61 | 3,42 |CO? 0,99
28,60 | 7,05 | 1,41 | 1,04 2,62 | 1,64 | 0,67 | 0,58 |TiO2,
SrO,
Ba0,
Li? 0,
Kupfer-
Krym. kies Spur
14 Thal des Bodrak Lagorio | Massige Gest. | 46,56 | 13,27 | 9,75| — | — |11,73 | 10,84 | 1,56 | 0,29 |TiO?,
bei Bodrak der Krym. | 94,53 | 6,20 | 2,92 4,6 | 3,10 | 0,10 | 0,05 | CO®,
r 1880. 49 Cr2 03
Persien. Spur
15 Westlich Alburs, |C. v. John] Jahrb. geol. 53,80 | 20,06 | 8,14 | — — | 4,34 | 5,86 | 3,97 | 1,48 =
Ibrahimabad Reichsanst. 28,69 9,37 | 2,44 1,74 | 1,67 | 1,02 | 0,3
34. 131. 1884
16 Parikan 2 ib.133 |5044|1825| — |8,98| — | zs6| zı1al325lo6a|
26,90 | 8,52 | 1,98 3,14 | 32,04 | 0,84 | 0,11
Harz.
17 | Lehnberg bei Neu- | Michaelis | Mitth.d.Berg- 53,22 |14,15|8,34| — '0,50| 5,34! 4,80 | 2,23 5,27 |P205 1,00
stadt u. H. a 28,38 6,59 | 2,50 0,11 2,14 1,37 | 0,58 | 0,90 |CO? 2,30
1 |
18 ib, f ib. 50,87 | 15,24 |8,34| — |0,67| 5,23 | 5,90 | 2,11 | 5,86 |P205Spur
27,11 | 7,10 | 2,50 0,15 | 209 | 1,69 | 0,54 | 1,00 |CO? 2,97
19 | Friedeland bei Neu- 4 ib. 51,51 | 13,81 | 7,00 | — [1,06| 5,15 | 5,61 | 1,87 | 5,57 |co2 5,14
stadt u. H. 27,40 | 6,43 | 2,10 0,24 | 2,06 | 1,60 | 0,48 | 0,95
Melaphyr.
XLVII
O von e
Wasser | S®. |sp.G. RES = Bemerkungen.
Bir o
2,39 100,07 | 2,6536 | 6,49 .7,65..29,95 | 0,472 | Decke zwischen mittlerem und oberem Rothliegenden. Feinkörnig.
b. 15° In dichter Grundmasse viel Feldspath, weniger Augit, Schwefel-
kies. Zum grofsen Theil in conc. Salzsäure unter Abscheidung
von SiO? löslich.
2,83 100,22 | 2,777 7,99 „8,13 . 27,26 | 0,591 | Decke im Rothliegenden. Schwarz, feinkörnig, viel Plagioklas,
b. 15° ziemlich viel Augit.
4,19 99,10 — 5,79 . 7,96 .27,49| 0,500 | Dicht bis mittelkörnig, schwarz, durch Plagioklas porphyrartig. La-
ger im Mittelrothliegenden.
1527 98,43 —_ 5,84 . 9,76 .29,32 | 0,532 | Lager im Mittelrothliegenden. [Ob hierher?]
1,45 100,00 — 7,02 . 8,31 ..29,39| 0,522 | Lager im Unterrothliegenden. Porphyrisch durch Labrador (anal.).
[Ob hierher ?]
1,97 98,64 _ 4,91 .9,29..30,39 | 0,467 | Entnommen zwischen dem Dorfe und der Kaiserbachmühle. [Ob
hierher ?]
1,98 99,38 _ 6,55 . 8,46 ..28,60 | 0,525 | Unter horizontalen Schichten von Buntsandstein. [Ob hierher?]
6,67 100,67 — [10,19 .6,20.24,83 | 0,660 | In Neocom endende Gänge. Im Olivin Pieotit. Olivin in Chloro-
8,94 .9,12.24,83 | 0,699 phaeit umgewandelt. Magneteisen. Melaphyr, nicht frisch.
2,70 100,35 _ 6,31 . 9,37 .28,69 | 0,547 | In Grundmasse, welche aus Plagioklas, Augit, Magneteisen und et-
Glühv. 4,68.11,81.. 28,69 | 0,575 was globulitisch entglaster Basis besteht, Labrador (anal.), spar-
sam Augit (z. Th. in Chlorit umgesetzt), Olivin (meist verwit-
tert).
3,01 99,52 _ 8,11 .8,52.26,90 | 0,618 | Plagioklas, Augit, Olivin, Magneteisen, Glasbasis.
6,13.11,50 . 26,90 | 0,640
2,30 99,45 |2,689 | 6,77 .6,59.28,38 | 0,464 |Glimmermelaphyr. Nach Kohlensäure 5,23% Kalkkarbonat.
b. 14° | 5,10 .9,09.. 28,38 | 0,500
2,75 99,94 | 2,695 7,14 .7,10..27,11| 0,525 |Glimmermelaphyr. Nach Kohlensäure 6,75% Kalkkarbonat.
b. 14° | 5,47 . 9,60 . 27,11 | 0,556
2,00 98,72 |2,712 | 6,73..6,43.27,47| 0,479 | Glimmermelaphyr. 4,41 CO?+ 5,61 CaO = 10,025 Ca0CO?;
b.16° | 5,33..8,;53. 27,47 | 0,505 | 0,73 CO? + 0,66 MgO = 1,39 Mg0CO?.
XLVII Ältere und jüngere Eruptivgesteimne.
|
5 Ort Analyt. Quelle Si | Ai | Fe| Fe | Mn| Mg | Ca | Na?| K? | Sonst.
rel ar rt m air BEE ee eh
Zerlegung mit
Fassathal. ist RR
20 Gran Mulatto Petersen | A = 43,07 3 | 40,96 | 28,02 | 5,32 | 7,64 | Spur| 2,65 | 9,98 | 1,18 | 1,53 E.
1 b}
a B = 56,392 | 66,29 | 17,11 2321| — Iıa2| 4,38 | 3,92 |as5| —
21| ib. 5 A —= 50,19% | 36,40 | 24,53 | 8,53 | 10,66 | Spur| 3,55 | 9,46 | 2,21 | 1,77
203
I} | E}
= B —41,148|69,42 |14,76| — | 2,68 — |2,26| 5,62 3,33 | 1,93 _
|
Mandel
| Harz.
22 | Lehnberg bei Neu- | Michaelis | Mitth.d. Berg- | 52,69 | 16,61 7,60 -—. 0,98 |7,12| 1,40 | 0,39 | 8,03 =
stadt u. H. akad.inBerlin | 940 | 7,74 | 2,28 022 | 2,85 | 0,40 | 0,10 | 1,37
x 1883
Basses Pyrenees. |
1 Sauveterre 1% ha Zeitschr. der | 49,69 | 14,05 1,58 | 7,011 — | 7,30 | 12,01 ade a 1,45
Mann) | geolog. Ges. | 35,5 ; 1 6 2,92! 3,43 | 1,25 | 0,09 58
sole "177 | eo
Hautes Pyrenees. |
2 Val d’Enfer u ib. 4068 [49,15 15,71 10,10 — |7,21| 10,94 | 4,43 | 1,90 —
261210 | 087330 re ame 2,58 | 3,13 | 1,14 | 0,32
2,39
III. Jüngere
A. Feldspath vorwaltend
| Kreis Bonn. :
1 Hohenburg bei Laspeyres | Verh.d.natur- | 66,06 | 16,46 | 2,25 | 1,10 | 0,55 | 0,19 h 6,81 | 5,52 _
Berkum hist. Vereins d. | 35,93 | 7,69 | 0,67 | 0,24 | 0,12 | 0,08 22 | 1,76 | 0,94
Rhld.u.Westf.
(4) 10. 394.
1883
2 ib. Bleibtreu | Zeitschr. der | 66,37 | 17,97 2,11 — |0,40 022| 1,17 7,66 567 | —
geolog. Ges. 35,40 8,39 | 0,63 0,09 | 0,0 0,33 | 1,98 | 0,97
35. 902. 1883
Melaphyr — Mandelstein. Ophit. Lipanit. XLIX
OÖ von
©
a . ... .. =
Wasser | S%. |sp.@. RES = Bemerkungen.
Salzsäure.
0,53 100,00 — 6,17 .14,68.22,22 | 0,938 A. In Salzsäure Lösliches.
— 100,01 — 4,07. 7,99.35,35| 0,341 | B. In Salzsäure Unlösliches.
0,78 100,00 — 7,36 .14,19.19,93| 1,031 |A. In Salzsäure Lösliches.
—_ 100,00 — 4,30 . 6,89 .37,02 | 0,302 |B. In Salzsäure Unlösliches.
stein.
5,95 100,77 | 2,605 |6,46. 7,74.28,10 | 0,501 | Mandelstein des Glimmermelaphyrs.
b. 16° | 4,94 . 10,02 . 23,10 | 0,531
|
3,18 101,66 | 3,003 | 9,25. 7,03.27,08) 0,601 | Nach dem Wassergehalt stark verändert.
b.18,5°
0,48 99,92 | 2,991 |9,30.. 7,90. 26,21 | 0,656 | Sauerstoff der Eisenoxyde nach Nr. 1 berechnet.
b. 18°
Eruptivgesteine,
Sanidin. 1. Liparit.
0,62 100,35 | — 336. 8,36.3523 | 0,333 |In weilser feinkörniger Grundmasse Sanidin und schwarzgraue
Glühv. Tupfen aus Hornblende und Magneteisen. Unter dem Mikroskop
Grundmasse wesentlich Sanidinzwillinge, sparsam Plagioklas,
Hornblende, Magneteisen; farblose scharfkantige Glaskörner. Auf
Klüften und Adern Psilomelan.
_ 101,57 — 13,88. 8,39 . 35,40 | 0,347
3,46 . 9,02 . 35,40 | 0,353
Phys. Cl. 1884. Abh.]. g
Jüngere Eruptivgesteine.
L
2 Ort Analyt. Quelle Si | Al | Fe| Fe| Mn Mg| Ca | Na’ K? | Sonst.
Island.
3 Baula Schirlitz Tschermak, 76,52 | 12,96 | — |1,86 — [0,49 | 1,26 | 3,13 | 4,36 —
en 40,7 6,05 | 0,41 0,20 | 0,36 | 0,51 | 0,74
4 Fagranes in Oexna- 5 ib. 422 69,87 118,63 | — |3,37| — 10,13 | 1,47 |1,33 | 5,42 —
| dalr 37,26 8,70 | 0,75 0,05 | 0,42 | 0,34 | 0,92 |
Cantal. | |
5 | Plombon bei Auril- 5 Delesse et de | 70,60 | 9,60 | 2,50| — — 1,850 |0,60| — 10,40 —_
lac Lapparent, | y765 | gas | 0,84 0,72 | 0,17 1,77
Revue de geol. |
Insel Pantelle- XVI. 74.1880
ria.
6| Cala Porticello Förstner | Groth, Zschr. | 67,18 | 14,18 |4,00 |2,48| — | 0,34 2,78 |5,89| 4,01 _
f. Krystallogr. | 35,53 | 6,62 | 1,20 | 0,55 0,14 | 0,79 | 152 | 0,8
VII. 133. | |
‚Indischer Ocean. | 1883 |
7 | St. Paul, Nordost- | Velain | Deser. geol.de | 72,46 | 14,28 |4,65| — | Spur |0,15 ‚0,84 | 2,67 | 4,29 —
küste la presquile | 33,65 6,67 | 1,39 0,06 | 0,24 | 0,69 0,73
d’Aden etc.
Paris 1378.
Rothes Meer. 266
8 | Aden, a Ufer 5 ib. 21 76,17 |11,95|2,78| — | — |Spur| 1,09 3,00) 4,60 —
und Stadtthor 40,62 | 5,58 | 0,83 0,31 | 0,77 | 0,8
Colorado. -
9| Yellowstonelake Beam | Amer. Journ. | 77,00 13,40 — | — /1,19 1,25 |3,43 | 3,62 _
ar ae (O) | m | ST }
has Nass ! 6,3 0,48 | 0,36 | 0,89 | 0,62
10 Junction Valley 5 ib. 352 69,90 | 17,58 | 2,41 | — — | Spur| Spur|2,41| 4,16 —_
37,28 5,21 | 0,72 0,62 | 0,71
Ungarn.
11 Hliniker Thal | Lemberg | Z.d. geol. Ges. | 73,01 | 12,75 11,49| — — [0,10 |1,04 | 2,32 | 5,71 =
35.970. 1883 | z5,94 | 5,95 | 0,45 0,04 | 0,30 | 0,60 | 0,89
13 ib. 5 ib. 75,42 \13,50|122| — | — /020[/1,12|5,06| 2200| —
40,22 6,30 | 0,37 0,08 | 0,32 | 1,31 | 0,37
Schemnitz.
13 Clotildekluft Zeiller u. | Ann. min. (3) | 74,25 | 13,87 |0,897 | — — — [0,75 )3,02| 5,37 |S 0,82
Henry | 7.277.1873 | 39,00 | 6,48 | 0,26 021 | 078 | 0,91
2. Sanidin-
| Westerwald. i | | | | |
1 | Arzbacher Kopf | Gümbel | Sitzungsber.d. | 60,60 | 17,22 | 4,37 | 1,96 | 0,24 10,75 12,871 3,39| 6,75 co: 1,57
ofser Teufelsb B „Akad. 5
(grofser Teufelsberg) ai Se 1863 32,32 | 8,04 | 1,34 | 0,44 ! 0,05 10,30 ! 0,82 | 0,87 | 1,15
Frusca Gora. 220
2 Rakovacz A. Koch Földt. Köz- |52,77 |17,13\|9,99| — | Spur | 1,72 | 7,00 3,55 | 2,72 |P205 0,12
(Er. Koch) | Jüny 1882. | 95,14 | 5,00 | 3,00 0,69 | 2,00 | 0,92 | 0,46 |CO? 3,14
284 | Cl Spur
Liparit. Sanidin-Trachyt.
LI
O von <
Wasser Sa, sp. G. al nein, = Bemerkungen.
R.&.Si
(o)
—_ ' 100,38 — 12,52. 6,05.40,70| 0,211 | Hellgrau. In z. Th. mikrofelsitischer Glasbasis mit zahlreichen kry-
2,11. 6,67 ..40,70 | 0,216 stallinen Körnchen Sanidin, Plagioklas, Quarz, Magneteisen. Im
' Quarz Glaseinschlüsse.
_ 100,22 — [2,48 .. 8,70.37,26 | 0,300 | Dunkelgrün. Gröfsere Sanidine sparsam. Augit, Hornblende, Quarz
1,73. 9,82. 37,26 | 0,310 fehlen ganz. In mikrofelsitischer Basis Sanidinleisten, in Hohl-
räumen Tridymit. Grüne Färbung durch umgewandelte Basis.
4,00 39,80 — [322. 448.37,65| 0,205 |Pechstein. [Ob hierher? Kein Natron?]
Glühv. 2,66 . 5,92.37,65 | 0,212
— 100,386 | 2,40 |3,68. 7,82.35,83 | 0,321 | In poröser, aus Feldspath und Augit bestehender Grundmasse Na-
tronorthoklas (anal.) und daneben Plagioklas. In Poren der
Grundmasse Augitnadeln und Tridymit.
1,52 100,86 | 2,41 |2,65 .. 6,67.38,65| 0,241 | Mittel aus drei Analysen. Nur kleine Sanidine sichtbar in matter
Glühv. 1,72. 8,06 .38,65 | 0,253 blaugrauer Grundmasse. Unter dem Mikroskop Quarz, Apatit,
Magneteisen, sparsam Plagioklas in amorpher Grundmasse. Se-
eundär Tridymit in Hohlräumen; Chlorit und Brauneisen.
0,63 100,22 | 2,759 |2,42. 5,58.40,62| 0,197 | Sanidin (anal.); Quarz; sparsam Hornblende; Eisenglanz. In ro-
Glühv. 1,36 . 6,41. 40,62 | 0,204 ther Felsitgrundmasse Sphärolithe. Fluidalstructur. In Sanidin
i ı 7 und Quarz Glaseinschlüsse. Secundär Chalcedonadern.
|
0,70 100,59 — |2,35. 6,23.41,07 | 0,209 | Porphyrischer Obsidian. Sehr wenig Eisenoxyd. [O der Sesqui-
Glührv. oxyde als Thonerde berechnet.]
3,65 100,11 | 2,84 |1,31. 8,21.37,28 | 0,269 | Grünlich blau, mit weilsen und schwarzen Flecken; kleine Partieen
Glühv. 1,33. 8,93 .37,98 | 0,975 freier Kieselsäure.
3,98 100,00 — [23.59.3839 | 0,200 |Grundmasse des Perlites.
1,93 . 6,40 .38,94 | 0,214
1,29 100,01 — |2,32. 6,30.40,22| 0,214 |Sphaerolithe aus dem Perlit Nr. 11.
2,08 . 6,67 .40,22 | 0,218
0,75 99,70 — 12,19. 6,74.39,60 | 0,219 |Gang. In hellfarbiger, dichter, etwas rauher Grundmasse Sanidin,
Glühr. viele kleine Quarzkörner, sehr sparsam Hornblende. Eisenkies.
[Keine Magnesia ?]
Trachgt.
0,380 100,52 — 13,6. En 0,402 Ins ankörnie, hellfarbig, z. Th. in Platten brechend. Unter dem Mi-
kroskop neben Sanidin vereinzelt Hornblende, reichlich Magnet-
| eisen. Plagioklas und Glasbasis nicht sicher nachgewiesen,
1,16 99,30 2,7 |6,07. 8,00.28,14 | 0,500 | Orthioklae, Hornblende, Biotit, Augit, Apatit, Magneteisen, Karbo-
4,07 .11,00.. 28,14 | 0,536 | nate. In Salzsäure 22,88% löslich. Verändertes Gestein.
*
g
Jüngere Eruptivgesteine.
LI
= Ort Analyt. Quelle Si |Äı | Fe| Fe| Mn Mg | Ca Na?| K? | Sonst.
Tuff des
Ile de la Reu-
nion.
3| Ravin des Avirons | Velain Deser. geol. | 62,17 |12,82| — |5,35| — |5,43 | 8,25 | 2,33 | 3,16 a
a 33,16 | 5,99 1,19 2,17 | 2,36 | 0,60 | 0,54
3. Phono
Sachsen.
ı1| Zittau, Eisenbahn C. v. Tschermak, | 56,64 | 23,54 | 4,46) Spur | Spur| 0,01 | 2,80 | 6,08 |5,39 |CI Spur
Ecken- Miner. Mitth.
30,21 99 | 1,34 2
a ae ! 10, s 0,00 | 0,80 | 1,57 | 0,9
Böhmen.
2 | Aussig, ‚Marienberg | Lemberg | Z.d. geol.Ges. | 55,22 | 20,53 |38,24| — | — |0,43| 1,56 7,43 | 5,58 _
1883. 559 | 29,45 | 9,59 | 0,97 012 | 0,45 | 1,92 | 0,95
Hegau.
3 Hohentwiel Föhr Phonolithe | 55,01 | 21,67 | 1,95 | 1,86 | 0,22 | 0,13 | 2,12 | 9,78 | 3,54 |TiO?,
des Hegau's, | 99,34 | 10,12 | 0,55 | 041 | 0,05 | 805 | 61 | 352 | 0,0 | 270? 0,27
Würzburg 011
1883. 8 P?05 0,08
Cl 0,08
Cu 0,12
so3 0,41
Fl, Li? 0,
Ni, Zn
Spur
4 Gennersbohl 2 ib. 24 51,02 | 18,63 | 3,14 | 0,84 | 0,59 | 1,02 | 7,89 | 4,13 | 6,08 Ra
2721 | 870 | 0,94 | 0,19 | 0,13 | 0,41 | 2,25 | 1,07 | 1,03 er is
Cu 0,15
co? 4,53
FI, Li?O
Spur
5 Staufen i ib. 28 55,92 | 20,35 | 2,16 | 0,94 | 0,50 | 0,62 | 2,21 | 8,35 | 4,83 |P205 0,18
2,82 | 950 | 0,65 | 021 | 011 | 085 | 0,63 | 2,15 | 0,82 |SO® 0,23
Cl 0,06
Cu 0,18
Fl, Li?2O
' Spur
6 Schwintel e ib. 30 55,91 | 19,73 | 2,73 | 1,36 | 0,46 | 0,75 | 2,39 | 7,24 | 2,13 |P205 0,18
2,82 | 921 | 0,82 | 0,30 | 0,10 | 0,30 | oe | 1,87 | 0,36 SO? 0,21
Cl 0,10
cO2 1,89
Tio?, Fl,
Li?OSpur
Sanidin-Trachyt, Tuff. Phonolith.
LIII
Bemerkungen.
Weils, spröde. Viel Sanidin, viele kleine Augite, Magneteisen. Spar-
sam Strahlstein. Unter dem Mikrosk. sparsam Plagioklas. Keine
In grünlicher Grundmasse Sanidin und Magneteisen. Mikroskopisch
Nephelin; Augit; Titanit; Magnetit; Apatit; Sodalith; sparsam
Plagioklas. Sanidin oft zonal. Sodalith z. Th. verwittert. Glas-
| Neben Sanidin und Natrolith sparsam Augit, Titanit, Glimmer;
Hauyn? In Salzsäure 45,54% löslich, 51,54% unlöslich. Nicht
Sanidin und Hauyn; sparsam Hornblende, Titanit, selten Augit.
Unter dem Mikroskop noch Nephelin und Magneteisen; Apatit.
In Säure löslich 54,8%, unlöslich 45,29.
Sanidin, Hauyn, Hornblende, Glimmer, Titanit. Unter dem Mi-
kroskop sparsam Plagioklas; in Höhlungen des Sanidins Tridy-
mit; Augit; Nephelin meist umgewandelt; Apatit. Secundär
Kalkspath und Zeolithe. Nicht frisch. Löslich 39,19%, unlös-
Fest, grünlich. Hauyn, etwas Sanidin, sparsam Hornblende (Augit).
Unter dem Mikrosk. Nephelin, Magneteisen, Titanit, Eisenglanz;
Leueit und Apatit. Plagioklas sparsam. In Hohlräumen der
Sehr dicht. Sparsam Hauyn und Sanidin. Fleckig (durch Augit-
e a O von 3
Wasser a. ANSR- CH a
. 1
(®)
Sanidin -Trachytes.
- 99,51 — |6,86.. 5,99 .33,16 | 0,388
5,67 . 7,77 „33,16 | 0,405
Glasbasis.
lith.
0,48 99,40 | 2,60 4,18 . 10,99. 30,21 | 0,500
Glühv. b. 15° | 3,39 . 12,33. 30,21) 0,502
\ basis fraglich.
4,34 98,33 — [4,14. 9,59. 29,45 | 0,466
3,49 . 10,56 . 29,45 | 0,477
frisch.
2,17 99,41 | 2,513 |4,24 . 10,70 . 29,45 | 0,507
Glühv.
1,10 99,66 | 2,480 | 5,08 . 9,64. 27,21 | 0,541
Glühv.
lich 60,812.
3,01 100,04 | 2,452 |4,17 .. 10,15. 29,82 | 0,480
Glühv.
Sanidine Tridymit.
4,33 99,41 | 2,471 |3,61 . 10,03. 29,82 | 0,457
Glühv.
nadeln). Unter dem Mikroskop herrschend Nephelin, weniger
Sanidin, Augit, Hornblende, Apatit, sparsam Titanit. Nicht
frisch. Löslich 48,13%, unlöslich 51,87%.
Jüngere Eruptivgesteine.
1880. 4
Ort Analyt. Quelle Si A Ca | Na?| K? | Sonst.
Mägdeberg Föhr Phonolithe | 56,43 | 20,58 1,45 | 8,62| 4,23 |P?®O5 0,06
ces Bes || || oa 0,1 | 2322 | 0,72 |S0° 0,22
Würzburg Cl 0,07
1883. 32 Fl, Li?O,
TiO?,
ZrO? Sp
Tripolis. |
8 Msid Gharian van Jahrb. Miner. | 53,65 | 22,15 1,80 | 9,62| 4,86 |TiO? 0,18
Werveke | 1880. II. 278 98,61 | 10,34 0,51 2,48 0,83 0.07
| Cl 0,37
P205 0,04
Capverden.
S. Thiago, Praya Dölter | Vulk.Gesteine | 53,80 | 23,59 2,26 | 9,05) 4,77 _
d. Capverden. | 93,69 | 11,01 0,65 | 2,34 | 0,79
1882. 26 |
S. Antao, Cova- . ib. 29 56,09 | 22,22 0,69 | 9,16 | 7,21 SO3 Spur
Krater 29,91 | 10,38 0,20 2,36 1,23
Mayo, Monte Ba | ,„ ib. 32 50,05 20,98 4,12 | 8,43| 6,19 —
talha (Kertscher) 26,69 9,80 1,18 2,18 1,05
Zerlegung mit
Böhmen.
Marienberg bei | Lemberg | a. 45,549 | 47,52 | 22,77 2,35 | 11,97 | 0,61 —_
Aussig b.. 51,542 | 66,76 | 15,60 0,96 | 3,89 | 1022| —
Hegau.
Gennersbohll | Föhr | a. 39,192 | 32,61 | 23,76 15,03 | 6,47| 2,97 |Cı 023
TiO? 0,74
P?0> 0,41
CO? 11,56
b. 60,180 | 62,88 15,33 3,26) 23,63| 812) —
Tripolis.
Msid Gharian van a. 59,18% |49,64 | 27,86 1,24 | 13,49 | 1,99 |TiO? 0,13
Werveke Cl 0,64
P205 0,07
b. 40,82% | 61,36 | 14,65 2,67. 4,33 | 9,20 'TiO? 0,24
Capverden. i q
Praya Dölter | a. 67,50% |47,56 25,17 2,96 | 12,41 | 4,07 _
b. 35,58% | 60,99 | 18,55 TE a a
Verwitterter
Sachsen. .
Zittau C. von Tschermak, | 63,56 | 17,86 |3,99| — — 02 1,20 | 5,90 | 7,10 _
Ecken- | Miner. Mitth. 33,90 5,34 0,34 | 1,52 1,21
brecher
Phonohth. v-
O von 3
Wasser SEIRRI PAGE. || BEL SR, = Bemerkungen.
R.&.Si
®)
2,90 99,66 | 2,499 | 3,89 „10,47 .30,10 | 0,477 | Dicht, wenige Einsprenglinge von Sanidin und Hauyn, ferner von
Glühv. | Hornblende und Titanit. Unter dem Mikroskop sparsam Plagio-
klas; Nephelin, Augit, Apatit, Magnetit. Wohl auch Zirkon.
Löslich 33,48, unlöslich 66,22%.
|
|
2,17 99,98 | 2,538 1312 11,59 .28,68 | 0,548 | Dunkelgrau. Nephelin, Sanidin. Mikroskopisch noch Augit; wenig
© Titanit, Apatit, Sodalith, Magnetit, Olivin, Glimmer, farbloses
| gekörneltes Glas.
1,50 101,29 — 14,55.12,08.28,69 | 0,590 Grau. Sanidin (anal.), Nephelin, Augit (anal.), sparsam Biotit.
Magnetit, Titanit. Hauyn fehlt, Glasbasis?. In nicht ganz con-
| centrirter Salzsäure 67,5% löslich.
1,09 100,54 _ 4,60 . 10,38 . 29,91 | 0,501 | Gefleckt, reich an Sanidin, arm an Augit. Sehr wenig Magnetit;
N 3,79 „11,60 .29,91 | 0,515 Titanit einzeln; Hauyn nicht häufig. Nephelin in Krystal-
| loiden.
4,35 | 101,94 — 5,97 „10,44 .26,69 | 0,615 | Grünlich. Sanidin; Hornblende (anal.); Nephelin, z. Th. in Zeo-
Glahr. lithe verwandelt; Magnetit; Titanit sparsamst. Kein Hauyn.
Salzsäure.
|
9,00 100,00 — 1)4231.12,10.25,32| 0,64 |a. In Salzsäure löslich.
0,47 100,00 — | 3,04 . 7,85 .35,61 | 0,306 |d. WUnlöslich. Wesentlich Sanidin.
2,81 100,13 — [7,25 .11,38.17,39| 1,071 a. Im Säure löslich. Spur von Ba0, SrO, Li?O, NiO, ZnO.
Glühv.
— 99,11 — 13,68. 8,52.33,54| 0,364 |d. In Säure unlöslich. NiO, ZnO, SrO, BaO, Li?O Spur.
3,72 101,37 — [433 ..13,62.236,52 | 0,677 |a. In Säure löslich.
— 101,44 — [395 . 9,06.32,83| 0,396 |b. Rest.
*4,88 100,00 — 15,05..19,38.235,37 | 0,687 |a. In nicht ganz concentrirter Salzsäure bei mälsigem Erwärmen
durch 24 Stunde löslich.
—_ 100,00 — 12,9 .10,47.32,53| 0,413 |d. Berechnet aus der Bauschanalyse.
Phonolith.
1,23 101,04 | 2,63 3,95. 8,34. 33,90 | 0,365 | Zunächst dem frischen Gestein Nr. 1. Hellgrau, 1 cm. mächtig,
Glühv. b.15° |3,15. 9,54. 33,90 | 0,374 feinkörnig. Sanidin und Magneteisen sichtbar. Mittel. Soda-
lith verwittert.
LVI Jüngere Eruptivgesteine.
= Ort Analyt. Quelle Si ı ä1 | Fe| Fe| Mn Mg, Ca | Na?| K?| Sonst.
|
Al Zittau €. von Tschermak, | 61,31 | 24,51/1,96 | — | — 0,41, 1,58 |2,35 6,54 _
zu Ecken- | Miner.Mitth. | 39,70 | 11,45 | 0,58 0,16 | 0,45 | 0,61 | 1,11
1 brecher 1880. 5
18 ib. B ib. 58,41 \24,08|0,54| — | — 1583| 1,38 3,17 6031| —
zu 31,15 | 11,24 | 0,16 0,63 | 0,39 | 0,82 | 1,07
1
B. Leucit- und Nephelin-
Vesuv.
1| Lava von 1631, | Haughton | Transact. R. | 48,12 | 17,16 |5,69 |5,13 | 1,20 |3,99 | 9,84 | 2,77 | 7,24 |TiO2 0,22
Gravina Irish Acad. | 95,65 so1 | 1,71 | 1,14 | 0,97 | 1,60 | 2,81 | 0,71 | 1,98 0.09
26. 50. 1376 P205, Fl
2 Granatello, % ib. 69 48,54 | 14,86 |4,17 [4,82 | 1,18 | 5,75 | 11,89 | 2,71 | 6,45 |Ti02 0,21
1631 25,89 | 6,94 | 1,95 | 1,07 | 0,27 | 2,30 | 3,40 | 0,0 | 1,10 0.08
| P2050,18
3 Scala, \ ib. 77 47,47 | 16,67 |4,20 | 5,90 | 1,15 |4,34 | 9,98 | 2,28 | 7,46 |TiO2 0,28
1631 2332| ms |12 | 131 | 0% | 1m | 285 | 0,89 | 10 a
Cl 0,395
4! Lava von 1631 | a ib. 83 47,53 | 19,49 | 2,04 | 5,24 | 1,18 | 4,10 | 10,09 | 2,67 | 7,12 Ti 0? 0,25
25,35 9,10 | 0,61 | 1,16 | 0,27 | 1,64 | 2,55 | 0,69 | 221 | „___ 010
| P?O3 0,19
Cl nicht
bestimmt
5 1760, h ib. 86 47,47 | 17,08 | 3,20 | 5,19 | 1,33 | 5,07 | 10,77 | 2,37 | 6,66 |TiO2 0,26
kleine Kratere am 25,32 | 7,98 | 0,96 | 1,15 | 0,30 | 2,08 | 3,08 | 0,61 | 1,13 0,10
Fufse des Vesuv P?O° 0,16
Fl Spur
cl
6 1767, # ib. 91 48,30 | 17,92 | 5,48 | 4,75 | 1,33 | 3,51 | 8,97 | 2,61 | 7,70 |TiO2 0,27
S. Vito 25,76 | 8,37 | 1,64 | 1,06 | 0,30 | 1,40 | 2,56 | 0,67 | 1,31 pas
Fl
7 1794, 5 ib. 94 47,16 | 14,76 | 3,33 | 4,78 | 1,07 | 7,69 | 12,54 | 1,10 | 5,94 |TiO? 0,32
Torre del Greco 25,15 | 6,89 | 1,00 | 1,06 | 0,24 | 3,08 | 3,58 | 0,28 | 1,01 013
Fl 0,013
cl, P2O5
s 1810, E ib. 97 47,48 | 16,16 |4,04 5,29 | 1,67 | 4,88 | 10,32 | 2,55 | 6,83 |TiO? 0,32
Piano delle Ginestre 25,32 | 7,55 | 121 | 1,18 | 0,88 | 1,95 | 2,95 | 0,66 | 1,16 13
| P2O5, Fl,
5 al
9 1820, A ib. 101 |4s,18 | 19,16 | 2,92 | 5,41 1,12 |3,30| 9,06 | 2,56 | 7,43 |FL 0,013
Hauptkegel 25,70 | 8,95 | 0,88 | 1,20 | 0,85 | 1,32 | 2,59 | 0,66 | 1,26 |TiO? 0,24
0,10
cl
Phonohith. Leueitophyr. LVII
O von g
Wasser | 5%. |»P.G.| „5 x 5 Bemerkungen.
R.&.Si
| (®)
2,02 100,68 2,43 |2,72..11,45.32,70| 0,433 | Mittlere Verwitterungszone. Durch Eisenoxydhydrat gelblich.
Glühv. b. 17° |2,33 . 12,03 .32,70 | 0,439 Lockere krystallinische Schuppen. Gröfsere verwitterte Sanidine
sichtbar. Magneteisen meist verwittert. Sodalith nicht mehr vor-
handen.
3,75 99,22 | 2,42 [3,02 .11,24.31,15 | 0,458 | Aulsere, 2 cm. mächtige Verwitterungszone. Weils, stellenweis gelb-
Glühv. b. 17° | 9,91 .11,40. 31,15 | 0,459 lich. Fast kreideähnlich,, mit dem Fingernagel ritzbar. Porös.
Von Nephelin keine Spur mehr.
Gesteine. 1. Leueitophyr.
0,08 101,44 | 2,717 |7,76. 9,72.25,75| 0,679 | Compact. Grau. Einzelne Olivine. Mikroskopisch Leueit, Plagio-
klas, Augit, Glimmer, Nephelin, Sodalith, Hornblende, Olivin,
Magneteisen, Grundmasse.
0,16 100,92 2,651 |S,34. 8,19. 25,97 | 0,656 |Grau. Mit Olivin. Mikroskopisch wie Nr. 1, aber ohne Glimmer.
0,08 100,685 | 2,700 |5,02.. 9,04.25,41|) 0,671 | Grau. Mit Olivin. Mikroskopisch wie Nr. 1, aber ohne Glimmer
und Hornblende. Apatit vorhanden.
0,48 100,38 | 2,678 |7,55 . 9,71.25,45 | 0,69% | Compact, grau, plattig. Mit etwas Olivin. In Klüften Sodalith und
| Breislakit. Mikroskopisch wie Nr. 1, aber ohne Glimmer und
Hornblende.
0,24 99,80 | 2,666 3,30. 8,94.25,42| 0,6738 | Compact, grau, mit Olivin. Mikroskopisch noch Leueit, Plagioklas,
Sanidin, Magnetit, Augit, Nephelin, Apatit. Mejonit [?]. Grund-
masse.
0,16 101,00 | 2,556 |7,30 .10,01.25,87 | 0,685 | Compact, grau. Olivin sparsam. Mikroskopisch Leueit, Augit,
Magneteisen, Nephelin, Plagioklas. Grundmasse.
0,36 99,063 | 2,788 |9,95. 7,89. 25,28 | 0,673 | Compact, grau. Viel Olivin. Mikroskopisch Leucit, Augit, Magnet-
eisen, Nephelin, Glimmer, Hornblende, Plagioklas, Sodalith.
Grundmasse.
0,32 99,86 | 2,457 |5,88. 8,76.25,45 | 0,670 | Blasig, grau. Etwas Olivin. Mikroskopisch Leueit, Augit, Magnet-
eisen, Plagioklas, Sanidin, Nephelin, Sodalith. Grundmasse.
0,16 99,553 | 2,380 | 7,28. 9,83.25,80 | 0,663 | Blasig, glasig. Mit einzelnen Leueiten. Mikroskopisch Augit,
Magneteisen, Plagioklas, Glimmer, Nephelin, Sanidin. Grund-
masse.
Phys. Cl. 1884. Abh. I. h
Jüngere Eruptivgesteine.
LVIIL
5 Ort Analyt. Quelle Si | Ä | Fe| Fe| Mn Mg Ca | Na?| K? | Sonst.
10 1822, Haughton | Transact. R. | 47,45 | 17,60 |4,27 |4,72 1,15 |4,59 | 9,42 | 2,63 | 7,10 |TiO? 0,25
Piano delle Ginestre Tish Acad. | 95,31 | 822 | 1,28 | 1,05 | 0,26 | 184 | 200 | 0,8 | 221 910°
26. 105. 1376 P2O0> ae
Fl 0,013
11 1834, i ib. 108 |48,07 | 15,40 7,44 [4,25 1,04 |3,84 | 8,25 | 2,90 | 7,50 [TiO? 0,26
Croce del Salva- 25,64 | 7,19 | 2,28 | 0,94 | 0,23 | 1,54 ‚36 | 0,75 | 1,28 0,10
tore B2I0>2
Cl
12 1839, » ib. 111 46,52 | 17,76 | 4,16 | 5,00 | 1,48 | 4,29 | 10,07 | 2,69 | 6,66 |TiO? 0,24
ib. 24,51 | 329 | 125 | 1,11 | 0,33.) 1,72 | 2,53 | 0,69 | 1,13 0,10
BAIOEA
Cl
13 1848 » ib. 114 47,96 | 20,00 | 5,04 | 3,54 | 1,11 13,16 | 7,47 | 2,85 | 8,37 TiO? 0,26
25,55 | 934 | 1,51 | 0,79 | 0,35 | 1,26 | 2,13 | 0,74 | 1,8 0,10
P:O5, El,
cl
14 1850, 5 ib. 117 48,20 | 18,92 | 3,60 | 4,54 | 1,07 | 3,80 | 8,79 | 2,69 | 7,53 |TiO? 0,26
Canale dell’ arena 3,71) 888 | 1,08 | 1,01 | 0,94 | 1,52 | 2,51 | 0,69 | 1,28 010
P205, cl
FI 0,07
15 1855, s ib. 120 | 47,67 | 19,00 | 3,08 | 5,57 | 1,04 |4,02 | 9,09 | 2,37 | 6,97 |TiO2 0,26
Atrio 25,42 8,37 | 0,92 | 1,24 | 0,93 | 1,61 2,60 | 0,74 | 1,19 0,10
FI 0,07
3 E1,27R20E
16 1855, = ib. 123 [47,20 | 18,80 |4,76 | 3,80 | 1,07 |3,97 | 8,95 | 2,46 | 7,59 |Ti020,34
S. Sebastiano 23,17 | 878 | 1,48 | 0,82 | 0,24 | 159 | 2,56 | 0,63 | 1,89 014
FI, cl,
P?0>
17 1857, 5 ib. 126 47,04 | 18,44 | 5,20 | 3,96 | 1,04 | 3,87 | 9,76 | 2,55 | 7,17 |Ti02 0,34
Canale dell’ arena 25,09 | 61 | 1,56 | 0,88 | 0,83 | 1,55 | 2,79 | 0,66 | 1,22 14
P205, Cl,
Fl
18 1358, 5 ib. 129 46,36 | 18,60 | 4,12 | 4,94 | 1,00 4,00 | 9,09 | 2,96 | 7,18 ‚TiO2 0,29
am Fuls des Fosso 24,74 8,69 | 1,24 | 1,10 | 0,23 | 1,60 2,60 | 0,76 | 1,22 0,12
grande Fl 0,06
P205, Cl
19 1861, > ib. 132 46,76 | 18,24 | 3,40 | 5,47 | 1,04 | 4,26 | 10,32 | 2,69 | 6,54 ‚TiO? 0,26
Torre del Greeo 249 | 8,52 | 1,02 | 1,22 | 0,93 | 1,70 | 2,95 | 0,76 | 1,11 P2os, m.
cl
20 1868 E ib. 135 |46,58 | 20,00 | 3,20 | 5,69 | 1,07 [3,16.| 9,09 | 2,74 | 7,35 TiO2 0,27
24,84 9,34 | 0,96 | 1,26 | 0,24 | 1,26 | 2,60 | 0,71 | 1,25 Paosucı
21 1867— 1868, Riceiardi | Gazz. chimie. | 47,12 | 19,39 | 5,61 | 4,53 | Spur| 3,87 | 10,01 | 1,49 | 5,88 |P205 1,53
oberhalb le’ No- ital 12. 310. | 9513 | 9,29 | 1,68 | 1,01 1,55 | 2,86 | 0,38 | 1,00 |SO® 0,09
velle 1882 Cl 0,03
92 1871, 8 ib. 311 |48,25 | 18,53 |4,85 | 5,34 | Spur] 3,74 | 9,98 | 2,03 | 6,18 |p2051,52
oberhalb la Cro- 2,73 | 565 | 1,45 | 1,09 1,0 | 23,55 | 0,52 | 1,05 |SO® 0,08
cella Cl 0,06
Cr? 03,
LiO2,
SO? Spur
23 1872 = ib. 324 48,83 | 15,34 | 7,39 | 3,34 | Spur| 4,65 | 13,63 | 1,41 | 3,68 a
3,04 | 716 | 2,22 | 0,74 156 | 3:89 | 0,36 | 068 [07 Sr
Leucitophyr.
LIX
O von 3
Wasser Si je 2, = Bemerkungen.
R.&.Si
®)
0,16 99,353 | 2,632 |7,73. 9,50 .25,41 | 0,678 | Compact, grau, mit etwas Olivin. Mikroskopisch Leueit, Augit,
Magneteisen, Olivin, Glimmer, Nephelin, Plagioklas.. Grund-
masse.
0,24 99,19 | 2,373 |7,10. 9,42.25,74| 0,642 | Compact, grau, mit Leuciten. Mikroskopisch noch Augit, Magnetit,
Nephelin, Plagioklas, Hornblende. Grundmasse.
0,32 99,19 | 2,086 |7,86. 9,54. 24,91 | 0,699 | Sehr blasig, mit etwas Olivin. Mikroskopisch Leueit, Augit, Magnet-
eisen, Glimmer, Nephelin, Sanidin, Plagioklas.. Sodalith und
Hornblende Spur. Grundmasse.
0,16 39,92 | 2,479 |6,59 „10,85 .25,68 | 0,679 | Compact, blaugrau; viel Leueit, etwas Olivin. Mikroskopisch noch
Augit, Magnetit, Nephelin, Sanidin, Plagioklas. Grundmasse.
0,32 99,79 | 2,539 |7,25. 9,91.25,81| 0,665 | Compact, blaugrau. Leueit, Augit, Olivin, Magnetit. Mikroskopisch
noch Nephelin, Sanidin, Plagioklas, Apatit. Grundmasse.
0,16 99,80 | 2,464 |7,61. 9,79. 25,52| 0,682 | Sehr blasig. Mit Leueit und Olivin. Mikroskopisch noch Augit,
Magnetit, Nephelin, Plagioklas, Glimmer, Sanidin. Grundmasse.
0,16 99,10 | 2,430 |7,13 „10,21. 25,31 | 0,685 | Blasig. Mit Leueit und etwas Olivin. Mikroskopisch noch Augit,
Magneteisen, Plagioklas, Sodalith, Schwefel. Grundmasse.
0,40 99,77 | 2,517 |7,33 .10,17..25,23 | 0,694 | Dunkelfarbig, blasig, mit Olivin. Mikroskopisch Leueit, Augit,
Magneteisen, Glimmer, Nephelin, Plagioklas, Hornblende. Grund-
masse.
0,40 99,00 | 2,562 |7,51. 9,93.24,86 | 0,701 | Blasig, Leueit reichlich. Mikroskopisch noch Augit, Magneteisen,
Olivin, Plagioklas, Sanidin, Sodalith. Grundmasse.
0,20 99,18 | 2,559 | 7,90. 9,54. 25,04 | 0,696 | Blasig, grau, mit Olivin. Mikroskopisch noch Leueit, Augit, Magne-
tit, Nephelin, Plagioklas, Sodalith. Grundmasse.
0,32 99,47 2,501 | 7,32 .10,30..24,95 | 0,706 | Blasig, dunkelfarbig, mit Leuciten. Mikroskopisch noch Augit,
Magnetit, Plagioklas, Sodalith. Grundmasse. „Lava stalactite.*
100,05 — 6,80 . 10,97. 25,13! 0,707 | Hellgrau, compact. Augit und Leueit. Auf der Oberfläche Eisen-
glanz. Schmilzt leicht zu schwärzlichem, homogenem, opakem,
magnetischem Glas.
ge 100,56 2,68 7,01 . 10,10 . 25,73 | 0,665 | Dunkelgrau, schwach porös. Viel Leueit, wenig Augit. Schmilzt
b. 20° leicht zu schwärzlichem, etwas magnetischem Glas. Enthält Spu-
ren von Ammoniak.
a _ 100,12 | 2,76 |7,48. 9,33.26,04| 0,647 | Dunkelgrau, sehr porös, magnetisch. Viel Augit, sparsam Leueit
b. 20° und Olivin. Entwickelt mit Salzsäure Schwefelwasserstoff, mit
' Kali Ammoniak. Leicht schmelzbar.
h*
Jüngere Eruptivgesteine.
Nr.
Ort Analyt. Quelle Si | &1 | Fe | Fe| Mn |Mg| Ca |Na| K? | Sonst.
1]
Lava vom 3. März | Riceiardi | Gazz. chimie. | 48,59 | 19,58 | 4,38 | 4,56 | Spur 3,12 | 9,12 2,15 | 6,27 |P?O° 2,04
1881 ital. ET 25,91 | 914 | 131 | 1,01 12 | 261 | 0,5 | 1,07
ib. N ib. 326 47,43 | 19,02 |4,49 |4,17 | Spur | 3,78 | 10,07 | 2,47 | 5,98 |P205 2,12
| 25,30 | s,ss | 1,35 | 0,93 151) 258 | 0,64 | 1,02 |SO? 0,14
ib. ® ib. 327 |48,62 | 19,08 [3,93 4,41 | Spur | 3,74 | 10,03 | 2,19 | 6,07 |P205 2,01
Oberfläche des 25,98 | 8,90 | 1,18 | 0,98 1,50 | 23,87 | 0,57 ! 1,03 |SO® 0,13
Stromes Cl, Cr?03
Spur
Oberhalb la Crocella. e ib. 320 |48,27|17,54|6,06 3,01| — |4,65 | 11,98 |1,58|4,13 |s03 0,06
Sand, 1872 3,74 | 8,19 | 1,82 | 0,67 1,56 | 3,42 | 0,41 | 0,70 |P?O> 2,06
Sand, 1872 5 ib. 321 47,63 | 15,11 | 6,07 |3,34 | s 4,66 | 15,70 | 1,18 | 3,87 |SO® 0,05
25,40 | 705 | 1,82 | 0,74 156 | 4,4 | 0,0 | 0,66 |P-0°1,65
ib. 5 ib. 322 |48,21|18,65 [6,31 |3,11|) s. [4,03 10,59 | 1,49 |4,02 |s03 0,08
2571 | 71 | 1,89 | 0,65 |FeRO®| 11 | 308 | 0,88 | 0,68 |P?O51,72
ib. B ib. 322 47,22 |16,21\8,41|3,09| s. |4,69 | 10,41 | 1,77 4,35 |SO® 0,08
3,18 | 77 | 2,52 | 0,60 |Fe?O3| 185 | 2,97 | 0, | 0,4
Asche, 29. April 5 ib. 323 45,91 17,14 | 7,37 | 3,71 S. 4,72 | 11,86 | 1,02 | 2,73 |SO® 0,04
1872 2,49 | 5.00 | 221 | 0,2 |Fe?O®| 191 | 3,39 | 0,26 | 0,18 |P?O°2,03
Sand, 30. April m ib. 324 47,92 | 16,95 | 6,75 | 4,82 S. 5,58 | 9,61 1,38 | 3,67 |SO3 0,07
1872 2534 | 7,92 | 202 | 1,02 |Fe*O®| 9,93 2,714 | 0,36 | 0,62 |P?O° 2,14
Asche, 25. Februar EN ib. 328 47,84 | 18,67 | 4,38 | 5,07 s. |3,77 | 9,42 | 2,04 | 5,64 SO3 0,17
1882 235,51 | 8,72 | 131 | 1,18 |Fe?O%| 251 | 269 | 0,53 | 0,96 |P°O°1,83
Monte S. Angelo = ib.131 |52,26 16,99 |2,13 |5,22| — |1,s6| 6,64 1,63 | 8,83 |sos 0,23
bei Amalfi a1,87 | 7,93 | 0,64 | 1,16 0,74 | 1,90 | 0,42 | 1,50 Ze
Leueitophyr.
OÖ von ©
Wasser SE 5|8p.,@. > lu 0, = Bemerkungen.
R.&R.Si
(®)
0,12 100,08 _ 6,49 „10,45 . 25,91 |) 0,654 | Dunkelgelbe Glasdecke der Oberfläche mit Knötchen, unter denen
Glühv. Augite liegen. Enthält Schwefelsäure und Ammoniak. Die Leu-
eite sind geschmolzen.
0,31 99,98 | 2,72 |6,98 .10,23.. 25,30 | 0,680 | Dunkelgraue, steinige Lava, die zu schwarzem, opakem, sehr magne-
Glühv. b. 20° tischem Glas schmilzt. Bläuet rothes Lakmus. Entwickelt mit
Kali Ammoniak, mit Salzsäure Schwefelwasserstoff.
0,23 100,44 2,61 |6,95 . 10,08 . 25,93 | 0,657 | Vor der Oberfläche des Stromes. Dunkelgrau, sehr porös, reich an
Glühv. b. 20° Leueit und Augit. Wenig magnetisch. Schmilzt leicht zu opa-
kem, magnetischem Glas. Giebt mit Kali Ammoniak.
1,26 100,64 2,68 | 7,06 „10,01. 25,74 | 0,663 | Ausbruch 1872. Sand. Gesammelt oberhalb la Crocella. Leneit,
Glühv. b. 20° Augit, Olivin, Glasmasse. Magnetisch. Leicht schmelzbar.
1,61 100,93 | 2,74 |8,05.. 3,97.25,40 | 0,666 | Ausbruch 1872. Sand. Sehr reich an Augit, weniger Leueit,
Glühr. b. 20° etwas Olivin. Magnetisch. Leicht schmelzbar.
1,85 100,11 | 2,62 6,29 .10,60..25,71 | 0,657 | In dem Fosso della Vetrana 1872 gesammelter Sand. Sehr mag-
Glühv. b. 20° netisch. Wenig Leucit und Augit, noch sparsamer Olivin; viel
Glas. Leicht schmelzbar.
1,30 100,20 | 2,71 |6,74..10,09.25,18| 0,668 |Sand. Am Krater gesammelt. Reich an Augit, weniger an Leu-
Glührv. b. 20° eit; Olivin sparsam. Stark magnetisch. Schmilzt zu schwarzem,
sehr magnetischem Glas.
3,67 100,22 | 2,15 16,84 ..10,21.24,49| 0,696 | Schwärzliche Asche mit Schwefelkrystallen. Aus der letzten Pe-
Glühv. b. 20° riode des Ausbruchs. Asche.
1,60 100,14 | 2,73 7,02. 9,94.25,34 | 0,669 | Leueit, Augit, Olivin. Magnetisch. Schmilzt zu dunkelgrünem,
Glühv. b. 20° sehr magnetischem Glas. Sand. Aus der letzten Periode des
Ausbruchs.
— 100,15 _ 6,82 . 10,03 . 25,51 | 0,661 | Am Bergabhang gesammelt. Schwarz. Sehr reich an Leueit, Augit,
Magneteisen. Giebt an Wasser 3,13% ab. Verliert beim Er-
hitzen 1,35% salzsaure Dämpfe. Asche.
3,33 100,47 — 5,72. 8,57.27,897| 0,513 |Bimstein. Leueit (anal.); Augit (anal.); Biotit und Eisenkies
Spur. Durch Schwefel- und Salpetersäure zersetzbar.
LXIT Jüngere Eruptivgesteine.
= Ort Analyt. | Quelle Si | Al | Fe | Fe|Mn Mg | Ca | Na’ K’| Sonst.
Capverden.
35 S. Antao Dölter | Capverden. |48,46 21,81| 2,17 |3,75| — | 0,68 | 4,58 | 8,41 | 5,86 |SOS 2,97
(Kertscher) | 1882.21 | 95,5 | 10,18 | 0,65 | 0,88 027 | 1,31 | 217 | 1,00 ‚Cl 0,18
’ 2) & ’ £) ” ’ ’
TiO? Spur
Leueito
Prov. Salerno. |
36 | Zwischen Roccapie- | Ricciardi |[Gazz. chimie. | 63,14 | 17,34 | 4,10 | 0,76 |Spur| 2,57 | 5,91 | 1,58 | 3,89 P?O> 0,09,
monte u. S. Severino er 33,67 3,10 1,23 | 0,17 1,03 1,69 | 0,41 | 0,66 Cl Spur
37 Fiano r ib. 484 |62,62|17,34| 0,75 4,30 |Spur| 1,05| 3,23 | 2,03 | 8,34 |P20>0,19
33,40 | 8,10 | 0,22 | 0,97 022 | 0,92 | 0,52 | 1,.2 [Cl Spur
38 | Pontefratta, Irno- = ib. 485 |61,81| 19,86 | 1,44 | 3,80 |Spur| 1,55 | 3,75 | 1,79 | 5,73 P20>5 0,24
thal 32,97 | 927 | 0,43 | 0,8% 0,62 | 1,07 | 0,46 | 0,98 |Ol Spur
2. Nephelinit und
Capverden.
1| S. Antao, Covao Dölter | Capverden. |41,09 18,35 |14,39| — | — | 1,78 | 8,79 | 8,79 | 3,14 |SO® 2,11
1882. 57 | 2191 | 852 | 447 om | 251 | 2327 | 0, Cl 0,45
2| S. Antao, S. der n ib.60 |46,95 |21,59| 8,09| — | — | 249| 97|8,93|2,04| —
Povacao 25,40 | 10,08 | 2,43 1,00 | 2,28 | 2,30 | 0,35
3| S. Antao, Ribeira e ib.65 140,13 | 16,17 | 5,71 |8,89| — | 7,05 | 10,99 | 4,10 | 1,22 |CO2 5,97
das Patas 21,40 7,55 1,71 | 1,98 2,82 3,14 | 1,06 | 0,21
Fichtelgebirge.
4| Klausen bei Arz- Gümbel |Geognost. Be- 42,72 | 17,00 | 13,82] — |Spur| 8,29 | 11,34 | 3,46 | 1,95 |TiO2 2,62
berg (Loretz) \schreibung.des| 22,73 | 7,94 | 4,1 3,32 | 3,24 | 0,89 | 0,33 1,05
Fichtelgeb.
.| 1879. 250
Nassau.
5| Naurod bei Wies- Sand- Tschermak, 45,24 19,22 | 5,21 5,61 0,08) 6,71| 9,18 | 3,37 | 1,31 |Li?O Spur
baden berger | Miner.Mitth. | 9413 | s,98 | 1,56 | 1,25 | 002 | 2,68 | 2,62 | 0,87 | 0,22
(Puller) 1883. 41
Vogelsberg. : |
6| Meiches, am Fuls | Sommer- | Ber.derober- 42,37 | 8,88 | 11,26 | 7,80 | — [13,01 | 10,93 |4,51 1,21 |110?1,55
der Todtenkirche lad hess. Ges. für | 92,60 4,16 3,38 | 1,73 5,20 3.121 171516 | 0,21 0.62
Naturkunde. P?O° 0,21
22. 270. Cl Spur
1383
Leueitophyrtuff. Nephelimit und Nephelinbasalt.
LXII
OÖ von
Wasser S®. |sp. G. RES
O quot.
Bemerkungen.
2,08 100,90 — 5,58 . 10,83 . 25,85 | 0,635 | Bläulichschwarz, dicht. Augit und Hauyn in grölseren Krystallen
Glühv. sichtbar. Leucit: Hauyn (anal.); Augit (anal.); Glasbasis. Spar-
sam Plagioklas, Titanit, Biotit, Apatit. Nephelin unsicher nach-
gewiesen.
phyrtufl‘.
(18,25) 99,38 | 1,697 |3,96. 9,33. 33,67 | 0,395 | Gelb, grobkörnig, compact. Durch heifse Säure zersetzbar. Schmilzt
b. 19° vor dem Löthrohr zu grünlichem Glas.
(2,34) 99,85 | 2,271 |4,25. 8,32.33,40 | 0,376 | Sehr hart. Viel Leueit und etwas Augit sichtbar. Schmilzt vor
b. 20° dem Löthrohr zu grünlichweilsem Glas.
(1,02) 99,97 | 2,072 | 3,97. 9,70. 32,97 | 0,415 | Grau, zerreiblich. Etwas Leueit und Augit. Schmilzt vor dem
b. 20° Löthrohr zu dunkelgrünem Glas.
l
Nephelinbasalt.
1,26 100,65 _ 9,00 . 8,57. 21,91 | 0,802 | Porös, gelbgrau. Reich an Nephelin, Hauyn (anal.), Augit. Spar-
6,02.13,04 . 21,91 | 0,870 sam Magnetit, Apatit. Im Nephelin zonale Mikrolithe, im Augit
| Magnetit, Glas, Mikrolithe. „Hauyn-Nephelinit.“
2,09 100,15 _ 7,55.10,08 . 25,40 0,694 | Dicht, dunkelgrün. Unter dem Mikroskop viel Nephelin; grüner
Glühv. 5,93.12,51 . 25,40 | 0,726 Augit; sparsam Plagioklasleisten; kein Magnetit. Im Nephelin
zonale Augite und Apatite. In CIH 60— 705 löslich. „Nephe-
linit.“
0,97 101,20 _ 9,21. 9,26. 21,40 | 0,863 | In zurücktretender Grundmasse reichlich Augit (anal.) und Olivin
(anal... Unter dem Mikroskop Grundmasse mikrokrystallin, mit
Nephelinkrystallen, Augitleisten und Magnetit. Olivin z. Th. in
Karbonate umgesetzt. „Porphyrartiger Nephelinbasalt.“
0,52 101,72 _ 10,54 . 7,94 .23,83 | 0,775 | Dicht. Augit, Olivin, Titaneisen. Mikroskopisch Leucit mit lepto-
Glühv. 7,18.12,09 . 23,83 | 0,834 morpher Nephelinzwischenmasse. Gelatinirt mit Säure. „Nephe-
linbasalt.*
3,78 99,71 | 2,923 | 7,66.10,54.. 24,13 | 0,754 | In Glasgrundmasse Augit, Olivin, Magneteisen; sparsam Glimmer-
© blättchen, Apatit und Plagioklas.. Wenn feinkörnig, ist Nephelin
unter dem Mikroskop erkennbar. „Hornblende als Einschlufs.“
„Nephelinbasalt.“
0,34 102,07 | 3,103 \11,42.7,54.23,22 | 0,813 | Blöcke, z. Th. mit Nephelinit verwachsen. In schwarzgrauer Grund-
phelinbasalt.*
masse viele kleine Augite, Olivine und Magnetite. Unter dem
Mikroskop noch Nephelin, sparsam Glimmer und Apatit. „Ne-
Jüngere Eruptivgesteine.
LXIV
& Ort Quelle Si Fe | Mn Ca | Na?| K? | Sonst.
Oesterreichisch
Schlesien. |
Ottendorf Jahrb. geol. | 39,59 4,69 | Spur 14,13 | 1,89 | 0,76 |Cr? O®
Beichsan se Wa 1,04 4,04 | 0,49 | 0,13 0,13
32. 475. 1882 0,04
co: 0,89
NiO Spur
äh, ib. 478 41,30 3,13 | Spur 17,23 | Spur | Spur |Cr? O3
22,03 0,69 4,92 0,17
0,05
Schwäbische CO? 3,16
Alp.
Hochbohl Jahrb. Miner. | 33,89 — | Spur 15,19 |2,86| — |TiO? 0,64
Beilagebd. II. 18,07 4,34 | 0,74 0,26
1882. 398 co? 1,41
P?O> 1,41
S Spur
Capverden.
S. Thiago, Pico Capverden. | 43,09 —|ı 9,76 | 5,02 | 1,51 =
S. Antonio 1882. 44 22,89 2,19 | 1,30 | 0,31
Antao, Pico da ib. 35 47,44 3,93| — 6,47 | 6,40 | 3,34 =
Cruz 25,30 0,78 1,85 | 1,65 | 0,57
S. Vincent, ib. 3 43,07 —_—| — 10,87 | 4,49 | 2,67 =
Hafen 22,97 311 | 1,16 | 0,8
Vogelsberg.
Gunzenau Ber. der ober- | 49,35 9,93| — 5,92 | 7,01 | 2,43 |P?0° 1,41
mass. Sat BE 95 2,21 1,69 | 1,51 | 0,41
Naturkunde.
Darmstadt. 22. 274. 1883 t
Rofsberg Notizbl.d.Ver. | 52,09 3,06 | — 4,71 | 0,69 | 4,78 |TiO?Spur
f. Erdk. Darm- | 97,78 0,67 1,33 | 0,18 | 0,81
stadt 1881.
22
Zerlegung mit
Klausen bei Arz- a. 90,02% | 36,76 _-ı— 10,33 | 2,87 | 1,38 'TiO? 2,62
berg
db. 11,185 | 5,96 | — 1,01 | 0,59 , 0,57 =
Naurod a. 50,739 | 18,67 5,61 | 0,08 2,65 | 1,89 | 0,65 |Li2O Spur
db. 48,982 |96,57 a 6,53 | 1,48 | 0,66 EN
Hochbohl a. 92,819 | 35,27 — | Spur 15,02 | 3,08] — |C0? 1,52
P205 1,52
b 7,19% |16,13 = = 17,393) — | — |TiO2 8,90
3,56
Nephelinit und Nephelinbasalt.
LXV
O von PB
Wasser | S%. |sp.G. RES =; Bemerkungen.
BE o
0,57 99,55 | 3,15 11,50 . 8,80.21,11 | 0,962 | Olivin, z. Th. in Serpentin umgesetzt. Unter dem Mikroskop reich-
| lich Augit, Magnetit, sparsam Biotit. Aufserdem Nephelin, Pla-
' gioklas in krystalliner Grundmasse. In kalter Salzsäure 40,062
löslich. „Nephelinbasalt.“
I
2,86 99,56 | 2,864 | 9,40. 8,57.22,03 | 0,316 | Verwitterter, bröckeliger Nephelinbasalt mit Kalkspathmandeln.
‚ Olivin in Serpentin umgesetzt.
|
2,90 100,00 | 3,04 14,66 .4,64.18,33 | 1,053 | In fast dichter Grundmasse Olivin (anal.). Mikroskopisch Augit,
| Mittel 11,54. 9,33..18,33 | 1,139 | Melilith (anal.). Sparsam Nephelin, Magnetit, Perowskit, Pico-
k % tit, Apatit, Glimmer. [Kein Kali?]. Secundär Kalkspath und
| Zeolith. „Melilithbasalt.“
0,33 101,08 Re; 10,05 . 8,15..22,98| 0,792 | Dicht, grau. Mikroskopisch viel Nephelin; Augit; Plagioklas-
6,95..13,95 .22,98 | 0,975 leisten; Olivin nicht häufig; Magnetit; Glasbasis. °„Basanit.“
,25..13,85 . 22,9
1,73 101,40 — 5,63.13,12 .25,30 | 0,741 | Makroskopisch nur Augit (anal.) sichtbar. Unter dem Mikroskop
noch Nephelin, Orthoklas, Plagioklas, Augit, Magnetit, Hauyn.
| In Salzsäure unlöslich über 45%. „Nephelin - Tephrit.“
2,97 101,41 — 10,08 .7,52.22,97 | 0,766 | Gang in Foyait. Dicht, schwarz. Unter dem Mikroskop Nephelin,
Glühr. 7,00 .12,15 .22,97 | 0,531 Augit, Plagioklas, Magnetit, Kalkspath. „Nephelin - Tephrit.“
0,91 93,41 | 2,745 7,56 . 7,33 .26,32 | 0,566 | Nephelin, Plagioklas, Augit, Magneteisen, vereinzelt Olivin. Unter
dem Mikroskop körnig, noch dunkler Glimmer und Apatit (ber.
3,343). „Nephelin - Tephrit.“
14,59 100,15 | 2,1148 | 4,02. 7,71.27,78| 0,422 | Hydrotachylyt. In Splittern braundurchscheinendes Glas, das
b. 15° als 10—30 mm. breite Zone einen Einschlufs von Sandstein um-
giebt. In Salzsäure löslich, dabei Kieselsäure pulverig abgeschie-
den.
Salzsäure.
— 90,02 — 7,14 — 2,66) — ja. In Salzsäure löslich (ohne Wasser und Glühverlust berechnet).
— 11,18 —_ 03 — 3171 — |b. Rest.
3,78 5073| — 3,90.6,25. 9,96 | 1,019 |a. Von Salzsäure zersetzbarer Theil.
|
|
—_ 48,98 - 3,77. 4,28 .14,17 | 0,568 |b. Rest.
3,12 100,00 | — 11,64. 8,76.18,81| 1,084 | @. In verdünnter Salzsäure nach halbstündiger Behandlung bei ge-
‚ linder Wärme löslich.
en 100,00 | — |10,03.16,63.12,16) 2,192 |b. Rest (zu wenig Titansäure).
Phys. Cl. 1884. Abh. 1.
Jüngere Eruptivgesteine.
LXVI
= Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe | Fe | Mn|Mg| Ca |Na’ K?| Sonst.
C. Feldspath vorwaltend
Pantelleria. | |
il Khanja über Förstner | Zeitschr. für | 68,33 | 10,94 | 3,74 5,41) — |0,16| 1,36 7,09 |4,08/CuO 0,25
li Duei Krystallogr. | 364 | 511 | 1,12 | 1,%0 0,06 | 0,39 | 1,83 | 0,69 005
8. 170. 1883 |
2 Khartibugal e ib. 173 |70,80| 6,32|9,23 1,40) — |0,89| 0,84 |7,702,50| —
37, | 2,9 | 2,77 | 0,31 0,36 | 04 | 1,99 | 0,48
3 ib. x ib.173 6961| 8,02 7,17 |2,83| — 10,65 | 0,88 |za7 2808| —
37,13 | 3,74 | 2,15 | 0,63 0,26 | 0,235 | 1,93 | 0,49
4| Sidori bei Fossa : ib.179 |68,75| 5,91 |5,81|5,33) — |0,08| 2,11 |7,52 |4,28 |CuO 0,23
del Gallo 36,67 | 2,76 | 1,74 | 1,18 0,08 | 0,60 | 1,94 | 0,73 005
b) Cuddia Mida 5 ib. 182 69,02 | 10,09 | 4,42 | 4,56 | — | 0,76 1,45 | 6,29 | 3,70 |CuO 0,29
36,81 | 4,71 | 1,33 | 1,01 0,30 | 0,41 | 1,62 | 0,63 0,06
1}
| - |
6| Monte $. Elmo, R ib. 186 67,48 | 9,70 |7,42\2,21| — [0,77 1,45 |z21l2,94| —_
Südseite 35,99 | 4,53 | 2,23 | 0,49 0,31 | 0,41 | 1,86 | 0,50
7 ib. 2 ib. 186 67,89 |11,58\4,51|4,52| — |0,62 | 1,51 | 5,29 | 3,71 =
36,21 | 5,38 | 1,35 | 1,00 0,25 | 0,43 | 1,49 | 0,63
|
|
2. Dacıt und
Siebenbürgen. |
al Budösch - Hegy vom Rath Verh.d. natur- | 63,49 | 20,54 |5,53| — |0,31|0,23| 3,39 | 3,52 | 1,61 —
(Fr. Koch) | hist. Vereins 33,86 | 9,59 | 1,66 0,07 | 0,09 | 0,97 | 0,91 | 0,27
f. Rheinl. und |
Westf. 32. | |
Correspond.- |
Bl. 95. 1875
Bosnien.
2 Ljubovija C. von | Grundlinien |69,17!17,9014,00| — | — \1,08| 3,72 *3,20 —
John der Geol. VON | 36,99 5,36 | 1,20 0,41) 1,03 —
Bosnien - Her-
cegovina. |
| 1880. 292 |
Columbien: : |
3| Monte Tajumbina, | Höpfner |Jahrb. Miner. | 63,19 | 18,65 |4,01 |1,89 | 0,13 | 1,20 | 4,36 | 3,69 | 1,95 [TiO? 0,18
Laguna 1881. II. 189 | 33,70 | 8,1 | 1,20 | 0,42 | 0,08 | 0,48 | 1,39 | 0,95 | 0,33 Ds Os
|
Pantellerit. Dacit und Amphibolandesit. - LXVI
O von &
Wasser | S%. |s»2.6.| „» x 5 Bemerkungen.
R.&.Si
(©)
[2 . =,
trıklin. 1. Pantellerit.
_ 101,36 | 2,48 4,22. 6,23. 36,44 | 0,237 |In grünem, durchsichtigem, mikrolithführendem Glas sind einge-
sprengt Plagioklas (anal.), Cossyrit, Augit.
0,82 100,00 | 2,69 |3,33. 5,72.37,49| 0,41 | Krystallin. Hellgrün. In Grundmasse aus Feldspath und Augit-
mikrolithen Plagioklas (anal.), Cossyrit, Augit.
>
-ı
1
„
©
iS
0}
or.
AQ)
Ha
ft
Rn
or
an
SA
[7]
2
.37,13 | 0,254 | Glasig; mit Plagioklas, Cossyrit, Augit.
_ 100,02 | 2,47 4,53. 4,50.36,67 , 0,246 | Glaslava mit vielen Mikrolithen. Eingesprengt Plagioklas, Cossy-
rit, Augit.
— 100,58 2,46 4,03. 6,04..36,81 | 0,274 Die Grundmasse besteht aus grünem, durchsichtigem Glas fast ohne
Mikrolithe. An Cossyrit und Plagioklas (anal.) reiches Ge-
stein.
2,68 3,57. 6,76.35,99 | 0,2857 | Krystallin, sehr porös. Grundmasse aus Plagioklas, Augit und Zer-
1. setzungsproducten. Plagioklas, Cossyrit, Augit, Titanit, selten
Hornblende eingesprengt.
0,33 100,41 | 2,43 3,30. 6,73.36,21| 0,291 ' Glasig, mit denselben Einsprenglingen wie Nr. 6.
Amphibolandesit.
0,86 99,48 — 13,42. 9,59.33,86 | 0,394 | Frisch. In lichtröthlicher Grundmasse Plagioklas; Hornblende und
Glührv. ' 2,31 .11,55. 33,86 | 0,400 Biotit in nahe gleichen Mengen; Magneteisen; accessorisch Quarz-
| körner. Daeit.
0,98 100,00 — — 9,56.36,99| — In grauer Grundmasse Plagioklas, Hornblende, Glimmer. Glimmer
Glühv. z. Th. verwittert. Mikroskopisch Grundmasse krystallin, mit Pla-
gioklas, Quarz, Glimmer, etwas Hornblende, Apatit. Quarz mit
Glaseinschlüssen. Daeit.
0,07 100,07 — 3,60. 9,91.33,77 | 0,400 | In dunkelgrauer, poröser Grundmasse Plagioklas, Magnesiaglimmer,
Glühv. Hornblende; sparsam Augit. Unter dem Mikroskop noch Apa-
tit, Magneteisen, Glasbasis. Plagioklas oft zonal. [Angabe des
Fundortes in „Peru“ ist irrig.]
LXVIH Jüngere Eruptivgesteine.
I I I |
= Ort Analyt. | Quelle | Si | Al | Fe | Fe|Mn|Mg| Ca Na’| K? | Sonst.
| | |
7 Re erg mem Fa mar D-Bao an URN (GETEeN Wrammer fepeeR
Californien. | |
4| NW. der Spitze, | Hague und | Amer. Journ. | 69,36 | 16,23 | 0,88 |1,53| — |1,34| 3,17 | 4,06 | 3,02 —
Lassen's Peak Tddings |of sc. (8) 26. | 36995 | 7,57 | 0,96 | 0,94 054 | 0,91 | 105 | 9,51
232. 18853
|
| |
5 ib. a ib. 76,25 \12,32| — |1,36| — | — | 1,18 |3,55 | 3,98 a
samen) 10,93 | 5,76 0,30 0,34 | 0,91 | 0,68
6 ib. 5) ib. 225 62,94 |18,14 | — | 3,82| — [3,06 | 6,28 | 3,83 | 1,22 TiO2 0,41
33,57 8,47 0,85 | 1,22 | 1,79 | 0,99 | 0,21 . 16
P2050,10
Ecuador.
7| Chimborazo, Süd- Gümbel | Sitzungsber.d. | 58,00 | 18,00 212,73) — |3,56 | 6,96 |4,36 | 2,12 E
ostseite (Schwager) | Bayer. Akad. 30,93 8,40 | 1,12 | 0,61 2 | 1,9 | 1,14 | 0,36
d.Wiss. 1881.
342
8 Ilinissa 5 ib. 353 62,60 26,00 — | — /1,10| 5,30 |5,10 | 0,70 _
33,39 ; 0,44 | 1,51 | 1,32 | 0,12
Leyte. |
9 Insel Limansua Oebbeke |Jahrb. Miner. | 54,48 | 19,44 | 1,80 | 4,90.) — |3,72 | 7,08 | 3,58 | 3,32 eo
Beilagebd. I. | 29,08 | 9,07 | 0,54 | 1,09 1,49 | 2,02 | 0,98 | 0,57
461. 1881 | |
3. Augit
Insel Pantelle- |
ria. |
1 Montagna Förstner | Groth, Zschr. | 61,47 | 18,09 | 5,14 13,06 | — [1,32 | 3,00 | 5,85 | 2,83 _
en 32,78 8,45 | 1,54 | 0,68 0,53 | 0,86 | 1,51 | 0,48
2 ib. ib. 60,24 | 20,28 | 2,32 |3,8s| — |0,50 | 1,96 | 7,80 | 4,28 =
a) 32,13 | 947 | 0,70 | 0,86 0,20 | 0,56 | 301 | 0,22
3 Porto Scauri 5 ib. 164 61,43 | 17,51 | 5,11 | 2,30 | — [0,54 | 2,45 | 6,22 | 3,95 —
32,76 | 8,18 | 1,53 | 0,51 0,22 | 0,70 | 1,61 | 0,67
Biancavilla.
4 Monte Calvario v. Lasaulx | Der Aetnaete. | 57,32 | 19,42 | 9,82 — — ‚1,90 | 7,24 4,86 —
1880. II. 435 | 30,57 | 9,07 | 2,50 | a |
Armenisches
Hochland. ö
5) Alagez Abich Geol. d. arme- | 66,69 | 15,72 | 3,10 0,68 | — |1,18| 1,98 | 4,45 | 2,97 _
(Plohbn) | nischen Hoch- | 35,57 | 7,34 | 0,3 | 0,15 0,47 | 0,57 | 1,15 | 051
landes 1882.
35
6 Palandokän 5 ib. 91 63,19 | 17,58 4,90 — [0,36 | 0,56 11,70 =
332708 0481204 | rue es De I Te
Daeit und Amphibolandesit. Augitandesit. LXIX
O von ©
Wasser | S%. I2.C.| „ya. | o Bemerkungen.
R.&.Si =
0,45 100,04 — 13,35. 7,83.36,99 | 0,302 ‚In poröser Grundmasse Plagioklas (anal.), Quarz, braune Horn-
Glühv. blende, Glimmer, sehr selten Augit. Unter dem Mikrosk. Grund-
masse wasserhelles Glas (anal. Nr. 5) mit wenig Plagioklas,
Hornblende, sparsam Glimmer, Augit, Magneteisen, Apatit, Zir-
kon. Daeit.
0,54 99,68 — |2,23. 5,76.40,93 | 0,195 | Glasmasse von Dacit Nr. 5.
Glühv. 1,93 . 6,21 ..40,93 | 0,199
0,60 100,40 — 15,06. 8,47.33,73 | 0,401 | Plagioklas, Hornblende, Hypersthen, etwas Augit, Magneteisen.
Glühv. 4,21. 9,74.33,73 | 0,414 Hornblende-Andesit.
0,32 99,77 — [5,52. 9,52.30,93 | 0,486 | Weilsgrau; Andesin (anal.) und Hornblende (anal.). Unter dem
Glühv Mikroskop Basis; hellgrüner Augit; Magneteisen. Vor der Ana-
lyse mit Salzsäure Karbonate entfernt und mit Kalilauge 6,52%
Kieselsäure ausgezogen. Aus 13600 Fufs Höhe.
—_ 100,80 _ _ — |Grofsblasig, an den Wänden Glasfäden. Zahlreiche, schwärzlich-
grüne Hornblendenadeln.
1,70 100,02 — [6,10. 9,61.29,01 | 0,541 | Sehr feinporös. In Grundmasse Plagioklas; (Sanidin?); schwarze
Hornblende. Unter dem Mikroskop noch hellfarbiger Augit,
Magneteisen, Apatit, Basis. Secundär Eisenglanz. Horn-
blende-Andesit.
andesit.
_ 100,76 | 2,72 [4,06 . 9,99 . 32,78 | 0,398 | Viel Plagioklas, wenige lauchgrüne Augite, einzelne Magneteisenkry-
ı stalle in Grundmasse, die aus Plagioklasleisten, Magnetit, Eisen-
glanz und chloritischer Substanz besteht.
—_ 101,26 | 2,51 4,35 . 10,17 .32,13 | 0,452 | In glasiger Grundmasse viel Plagioklas; Augit; Magneteisen ein-
zeln; Mikrolithe reichlich.
a: 99,51 | 2,34 |3,71. 9,71.32,76 | 0,410 | Porös. Grofse Plagioklase, sehr wenig Augit in meist glasfreier
Grundmasse, welche aus Feldspathmikrolithen, Magnetit und
reichlichen eisenhaltigen Zersetzungsproducten besteht. [Spee.
Gew. zu niedrig.)
0,56 100,62 | 2,670 | — 11,87.30,57) — |Im lichtgrauer, matter, poröser Grundmasse glasige Andesine (anal.),
Augit, Magneteisen, Apatit, vielleicht etwas Basis. Sublimirt:
Eisenglanz, Szaboit, Hornblendenadeln in Hohlräumen. Augit-
Andesit.
2,86 99,63 | 2,287 |2,35.. 8,97.35,57| 0,313 | „Rothe Tufflava.“ In Glasgrundmasse Plagioklas mit Glasein-
Glühr. schlüssen und lichtgrüner Augit. Pechstein.
1,81 100,10 | 2,536 | — — 3370| — |In dichter, bräunlichgrauer, zu einem Drittel glasiger Grundmasse
Glühv. Plagioklas, sparsam Sanidin, Magnetit. Unter dem Mikroskop
Augit. Augit-Andesit.
LXX Jüngere Eruptivgesteine.
2 Ort Analyt. | Quelle Si | A | Fe | Fe| Mn |Mg, Ca |Na’| K? | Sonst.
Chimborazo.
7 ‚Nordwestspitze nahe, Gümbel |Sitzungsber.d.| 57,10 | 17,25 10,75 — 1250| 5,00 | 5,1%] 2,10 =
der Schneegrenze | (Schwager) | Bayer. Akad. | 2045 | so | ———— m a | nen | ma:
d.Wiss. 1881.| i ; : } :
345 |
8 | Bei der Hacienda x ib. 348 |60,32|16,92| 5,88 |1,40| — |3,52| 5,64 | 3,83 | 2,42 =
von Chuquipoyo 217 | zo | 1% | 0,31 1,41) 151 | 0,9 | 04
Tunguragua.
9 Pastassathal h ib. 360 | 56,50 | 15,06 13,52 — 1272| 6234,55 |1,35 _
S0ras0 U 6'037 | ms ‚a | 1,79 | 1,17 | 0,8
Panama.
10 Bei Paraiso 5 ib. 364 54,88 | 16,64 14,87 — [1,04 | 5,25 5,75 CO? 0,80
Sa 05421 111..1:052 | ee zum
Uruguay. '
sin Catalan 5 ib. 337 |54,96|14,40| 9,67|)6,183| — |2,59| 5,34 | 2,65 | 1,70 |C02 1,76
29,31 | 672 | 2,90 | 1,36 1,04 | 1,67 | 0,68 | 0,29
Oregon. |
12 Mount Hood Jannasch | Tschermak, | 58,04 | 17,57 | 3,06 |3,34| 0,38 |2,70 | 7,32 | 3,86 | 1,21 |Ti02 0,23
u. Kloos | Miner. Mitth. | 30,95 | s,20 | 0,92 | 0,74 | 0,09 | 1,08 | 2,09 | 1,00 | 0,20 0,09
1881. 107
Stiller Ocean.
13 Cohen |\Jahrb. Miner.| 62,29 | 15,97 | 3,77 3,73) — |2,05| 4,98. 4,80 | 2,40 |Ti02 0,80
an Wer | 1880. IT. 41 3.22 | 746 | 1.13 | 083 | 082 | 1,02 | 1,9% | 9,41 0,32
|
Insel Krakatoa.
14 Sauer | Berickteder | 63,30 | 14,82 9,82 0,23 |1,66 | 4,00 5,14 | 1,43 1102 1,08
naturf. Ges. | 33,76 | 6,78 j 0,05 | 0,66 | 1,14 | 1,33 | 0,24 0,43
zu Leipzig.
1883. 92
Luzon.
15 | Spitze der Sierra | Oebbeke |Jahrb. Miner.| 54,62 | 16,96 | 4,50 |4,27| 0,35 |5,20 | 8,56 |3,26 | 1,80 |TiO?Spur
von Alkuiyeles Beilagebd. I. | 29,13 | 92 | 1,355 | 095 | 0,08 | 2,08 | 2,45 | 0,84 | 0,31
3 471. 1881
16 | Nordseite der Bucht > ib. 476 57,16 |16,44| 4,75|2,78| — ,2,88| 6,49 | 4,47 |1,95 |CO? 0,40
von Mariveles 30,49 | 7,68 | 1,42 | 0,62 1,15 | 1,85 | 1,15 | 0,33
17 Vulkan Taal R ib. 481 58,42 |17,64| 5,66 |4,00 | 0,48 |2,54| 4,50 | 4,44 | 2,52 |Ti02 0,31
31,16 | 5,24 | 1,0 | 0,89 | o1 | 102 | 1,99 | 1,14 | 0,48 0,12
18 | Taal, Binangtiang 5 ib. 482 56,02 |16,52 | 5,02 |5,51| 0,36 |4,67| 4,20 | 5,83 | 1,66 _
grande 29,88 as 1,57 1.320 0.0522 W2X6 rang ere50g More
Ile de la Reu- | |
nion. | |
19 | Falaises du bras | Velain | Deser. geol. 157,35 |12,80| 6,16 | — — 3,96 | 10,24 | 4,57 | 2,79 |TiO? 0,83
Touse | 1878. 171 | 30,59 | 5,98 | 1,8 155 | 2393 | 118 | 0,4 0,33
20 | Krater Commer- | a ib. 69 57,49 16,41 | 10,65 | — | 0,06 |1,23 | 7,52 | 3,64 | 2,92 —_
son 30,36 | 7,66 | 3,19 0,02 | 0,49 | 2,15 | 0,94 | 0,50
Augitandesit. LXXI
2 = O von 3 n i
asser , sa emerkungen.
BIBrs |< 2
je)
0,25 100,07 — — 3%4| — |Hellfarbig. Unter dem Mikroskop enthält die reichliche glashelle
Glühv. Basis Plagioklas, Augit, Magneteisen. Plagioklas —= Andesin
nach 61% SiO?.
0,44 100,37 4,73 . 9,66 .32,17 | 0,447 | Schlackig, porös. Unter dem Mikroskop grauliche, faserige Par-
Glühv. tieen mit Plagioklas, Augit, Magneteisen und bräunliche Partieen
mit Plagioklas.
0,30 100,23 — — 30%] — |Tiefschwarz. Glasbasis mit Plagioklas, Augit, Magneteisen. In
Glühv. kochender Salzsäure 19,91% löslich.
0,65 99,88 — — 2997| — |Feinkörmig, schwarz. Mikroskopisch Plagioklas, Augit, Magnet-
Glühv. eisen. Zwischensubstanz nicht amorph. In kochender Salzsäure
43,4% löslich.
0,96 100,66 5,04. 9,62. 29,31 | 0,500 | Bräunlichschwarz. Mäfsig feinkörnig. Mikroskopisch Basis, Plagio-
klas, Magneteisen, kleine Augite. Enhydrosgestein. In Kali-
lauge bis 11,849 SiO? löslich. Nicht frisch.
0,73 98,44 5,20. 9,12. 31,04 | 0,461 |Hornblendeführender Augitandesit. Hellgrau. In basis-
Glühv. haltiger Grundmasse Andesin (anal.), Augit, Hornblende, Magnet-
eisen. Lavastrom.
0,73 101,52 4,72. 8,59.33,54 | 0,397 | Augitandesit-Bimstein. Plagioklas, Augit, Magneteisen. Un-
ter dem Mikroskop in Plagioklas und Augit braunes Glas ein-
geschlossen; Augitmikrolithe; Grundmasse fast farblos. Zwi-
schen Neu-Brittanien und Neu-Irland aufgefischt.
2,17 99,35 — — 3419| — |Auf Java gesammelte, weilslichgraue, feine Asche vom Ausbruch
Glühv. am 26. und 27. August 1883. Lichtgraue Bimsteinfragmente,
schwarze schlackige Glaspartikel, Plagioklaskörner, Augit, Bron-
eit, Magneteisen. In Wasser löslich noch 0,82%, vorwiegend Kalk-
sulfat. Augitandesit-Asche.
0,73 100,25 6,71. 9,97 .29,13 | 0,549 In dunkler, graubläulicher Grundmasse Labrador (anal.); Sanidin
Glühv. fraglich; Augit (anal.); Olivin vorhanden; Magneteisen. Etwas
Glasbasis. In CIH 73,45% unlöslich.
3,64 100,96 5,10 . 9,10. 30,49 | 0,466 | Plagioklas; Augit und Hornblende verwittert. Secundär Kalkspath,
Zeolithe, Chalcedon. In Hohlräumen Tridymit. Verwittertes
Gestein.
0,42 100,93 4,88. 9,94. 31,20 | 0,473 | Dicht. Plagioklas; wenig Augit; Magneteisen; Glasbasis. Olivin
fraglich. In Grundmasse etwas gekörneltes Glas.
0,47 100,26 6,95 . 9,22 .29,88 | 0,541 | Dicht. Glasbasis mit Magnetit und Krystalliten; darin reichlich La-
Glühv. brador (anal.) und Augit.
0,82 99,52 7,39 . 5,98 .30,92) 0,432 | Dieht; grünlich, compact. Plagioklas, Eisenkies. Unter dem Mi-
Glühv. 6,16 . 7,83. 30,92 | 0,452 kroskop in Plagioklas-Grundmasse Augit, etwas Titaneisen, Apa-
tit; secundär grüner Chlorit. Kein Olivin.
0,13 100,05 6,23 . 7,66 . 30,36 | 0,457 | Feinkörnige, bläulichgraue Lava mit Olivin. Mikroskopisch Plagio-
Glühv. 4,10 . 10,85 . 30,36 | 0,492 klas, viel Augit, Magneteisen, etwas Olivin, sehr sparsam Horn-
blende. Ganz krystallin. Im Olivin Einschlüsse von Magnet-
eisen und Gasporen.
de Jüngere Eruptigesteine.
= Ort Analyt. , Quelle Si | Al | Fe | Fe |Mn| Mg, Ca | Na?| K? | Sonst.
Insel Amster-
dam. ; ’
91 | Pointe Goodenough | Velain | Deser. geol. | 55,60 | 18,31) 10,04 | — — |4,16| 5,52 |4,95| — EL
1878. 348 | 9905 8,55 | 3,01 1,66 | 1,58 | 1,28
Cotopaxi.
22 Asche Santos |Jahresbericht | 56,66 | 19,40 | 7,52 | — — | — | 6,23 | 6,12 | 2,43 PbO 0,57
Chem. 1879. | 30,98 | 9,05 | 2,26 1,78 | 1,59 | 0,41
1256
Südchile. 3 j
23| Vulkan Yate, Ost- | Ziegen- | Über das Ge- | 63,69 | 15,03 | 2,51 | 2,41 | 0,55 0,80 | 3,30 | 6,54 | 2,46 |P? O5,
seite speck |steindesVul-| 3,97 | zo | 075 | 054 | 012 | 0,32 | 0,94 | 1,69 | 0,12 | SO®, CI,
kans Yate. Cu Spur
Jena 1883.
42
94 ib. e ib. 46 [63,49 12,42 | 6,41| 1,34 |0,85 |1,32| 4,17)4,90 | 1,78 |p2os,
33,86 5,80 1,92 | 0,30 | 0,19 | 0,53 1,19 | 1,26 | 0,30 | SO®, Cl,
Cu Spur
Colorado.
25 Buffalo Peaks, \W. Cross |Amer. Journ.| 56,19 | 16,12 | 4,92 | 4,43 | Spur| 4,60 | 7,00 | 2,96 | 2,37 \P20° 0,27
South Park (Hillebrand) of sc. (3) 25.) op97 | 7,58 | 148 | 0,98 1,84 | 2,00 | 0,76 | 0,40 |Cl 0,02
142. 1883
Californien.
26 Mount Shasta Hague u. ib. 230 62,00 | 17,34 — 4,40 ! Spur| 2,64 | 5,37 | 4,29 | 1,47 |Ti0? 0,17
Iddings 33,07 | 8,33 0,98 1,06 | 1,53 | 1,11 | 0,8 0,07
(Shimer) P?2050,29
37 ib. ” ib. 69,94 | 15,63 _— 1,89| — |0,28 | 2,49 | 3,83 | 2,85 —_
37,30 7,30 0,42 0,11 | 0,71 | 0,99 | 0,49
Färoer.
28 Kolter Osann |Jahrb. Miner.) 52,30 118,22) — [/11,50| — | 7,24 | 10,23 2,65 —_
1884. 1.49 | 27,9 | 8,5 2,44 a | a |
4. Dolerit und
Schlesien.
1| _ Breiteberg bei E. Cohen | Mitth. 1884 | 45,94 |14,17 | 6,74 7,81| — |9,21 | 10,32 4,52 |TiO? 1,08
| Striegau 24,50 | 6,61 | 2,02 | 1,74 3;6BF |) 2:95, | re 0:43
! Vogelsberg. | :
2 Ziegenhals bei Sommer- |Ber. der ober-| 55,70 14,55 | 1,68 |10,71| — 5,81 | 6,91 4,12 |0,51 'TiO? 0,20
in. | I}
Wohnfeld lad hess. Ges. für 29,71 6,80 0,50 2,38 | 2,32 1,97 | 1,06 | 0,09 | us
(Ledroit) .| Naturk. 22. P?05 0,88
Hessen. 2835. 1883
3| Bereitfirst, Frauen- |Fr. Knapp) Doleritische | 52,82 | 12,51 | 9,07, 3,98 | Spur| 4,74 | 8,08 | 2,58 | 2,44 |TiO? 2,08
berg zwischen Heu- Gesteine des | 9g,17 | 534 | 2,72 | 0,88 1,90 | 251 | 0,87 | 0,42 0183
bach und Sparhof Frauenbergs. co? 0,21
Würzb. 1880. P?O0° 0,49
15 Cu, Co, Ni,
As
Augitandesit. Dolerit und Doleritbasalt. LXXIIT
Wasser Ss.
O von
R.R.Si
O quot.
Bemerkungen.
2,82 | 101,40
0,86 99,79
2,23 99,52
Glührv.
2,88 99,56
Glühr.
1,03 99,91
1,66 | 100,13
Glühv.
3,25 100,16
Glühv.
== 102,14
Doleritbasalt.
0,32 100,11
0,59 101,66
Phys. Cl. 1884.
D
Die}
6,53.
4,52 .11,56.
3,78
Abh. I.
. 29,65
29,65
30,92
. 33,97
. 33,86
. 29,97
. 24,93
. 29,79
29,00
Graue, compacte bis feinporige Lava. Wenige Plagioklase und
verwitterte Olivine. Mikroskopisch Grundmasse mikrolitisch mit
wenigem wasserhellen Glas und überwiegendem Augit; Plagioklas;
Magneteisen; Olivin. [Kein Kali?].
Am 23. August 1578 in Bahia de Caraguez, Küste von Ecuador,
gesammelt. Glas mit Eisenoxyd-Einschlüssen. „Blei als Silikat
vorhanden.“ [Keine Magnesia?].
In dichter, dunkelgrauschwarzer Grundmasse Plagioklas, Augit. Un-
ter dem Mikroskop Plagioklas, Augit, Magnetit, Apatit. In Grund-
masse etwas isotrope Substanz. Augit-Andesit.
In schwarzer Grundmasse Plagioklas, Augit, Magneteisen. Unter
dem Mikroskop noch Apatit. Basis mit Mikrolithen und Fluidal-
structur. Augit-Andesit.
Schwarz; mit glasigen Feldspäthen und wenigen grünen Körnern.
Unter dem Mikrosk. Plagioklas, Hypersthen (anal.), etwas Augit,
Magneteisen, Apatit, Glasbasis. „Hypersthen-Andesit.“
Strohgelber Bimstein.. Unter dem Mikroskop farbloses Glas mit
Plagioklas, braunem Hypersthen (anal.), wenigem grünen Ausgit,
Apatit; Spur Magneteisen. „Hypersthen-Andesit.*
Glasmasse des Bimsteins Nr. 26.
Graubraun; feinkörnig; Plagioklas; Diallag (anal.).. In Hohlräumen
Opal und Heulandit. Unter dem Mikroskop braunes, globulitisch
gekörneltes Glas. „Diallag- Andesit.“
Durchbricht Granit. Nach 3— 4stündiger Digestion mit verdünn-
ter Salzsäure lösen sich 52,654.
ı Grobkörnig. Plagioklas reichlich; Augit; Magneteisen; Apatit;
Olivin sparsam. Dolerit.
Grobkörnig, hellgrau, scheinbar ganz frisch. Überwiegend Plagio-
klas; Orthoklas; Augit; Olivin; Titaneisen; sparsam Magneteisen.
Apatit. Glas nur im Augit. Dolerit.
Jüngere Eruptigesteine.
LXXIV
z Ort Analyt. | Quelle Si | Äl | Fe |.Fe | Mn| Mg | Ca | Na’ K? | Sonst.
4| Ostabhang des |Fr.Knapp; Doleritische | 52,23 | 12,21 | 10,10 | 2,76 |Spur| 5,47 | 7,13 3,83 | 2,15 'TiO? 2,05
Frauenberges Gesteine des | 97,85 | 5,70 | 3,03 | 0,61 2,19 | 2,03 | 0,99 | 0,97 052
7 Frauenbergs.) ; ? ; ” z i 7 IC02R0BR
Würzb. 1880. P?O° 0,09
22 Co, Ni, As,
Cu
5| Schelmeneck bei n ib.24 146,92 11,75 [11,67 | 3,85| — | 6,61 | 10,68 | 3,73 | 0,37 |TiO2 0,72
Schwarzenfels 25,02 | 5,49 | 3,50 | 0,6 2,64 | 3,05 | 0,96 | 0,06 | 0,29
CO? 0,20
P:05 0,24
Cu, As, Sn
0,21
Co, Ni,Mn
0,57
Rhön.
6 SW. von Gersfeld, | Sommer- ‚Jahrb. Miner.| 42,68 | 9,42 | 11,55 | 7,23] — |10,09 | 13,15 | 2,71 | 1,16 |TiO? 0,51
Todtenköpfchen lad |Beilagebd. IT| 50,6 | 4,40 | 3,4 1,61 404 | 3,76 | 0,70 | 0,50 0,20
1882. 155 3 P2051,29
7 Sparbrod = ib. 41,01 [11,58 | 12,54 | 7,60) — | 8,67 | 12,20 | 2,57 | 1,45 |TiO? 0,48
| Ya 21,87 | 541 | 376 | 1,68 347 | 3,49 | 0,66 | 0,25 P20s 0,75
8 | Blöcke am Kirsch- 3 ib. 156 [49,92 |10,54|19,20|) 6,68 — | 4,55 | 11,35 | 2,s0 | 1,36 [Ti 02 0,41
berg bei Rasdorf 22,89 4,92 | 5,76 | 1,48 1,32 | 3% | 0,72 | 0,3 0,16
P205 0,95
| Westerwald.
9 Zwischen Härtlineen » ib. 44,14 |14,67 |13,07| 4,78) — | 7,23 | 10,86 | 3,25 | 1,54 |TiO2 1,34
und Schönberg a | on | 8 un 2,59 | 3,10 | 0,4 | 0,26 P2050,80
Capverden.
10 | S. Thiago, oberes | Dölter ‘| Capverden. [42,65 115,35 | 6,46| 8,19| — | 7,14 11,96 |5,02 147 | —
Picosthal Eee] 1882.01 a | Al 1,94 | 1,82 2,56 | 3,42 | 1,30 | 0,25
Oregon.
11| Cascadegebirge |Jannasch | Tschermak, | 47,54 |19,52| 4,24 | 6,95 |0,18 | 6,66 | 11,70 | 3,09 | 0,16 [T10? 0,18
u. Kloos Miner. Mitth. 25,35 9,1 1,97 1,54 0,04 2,66 3,34 0,80 0,03 0,07
1881. 102
12 |Dalles, östlicher Fus , ib.115 152,14 |14,21| 2,43 |11,45 |0,37\ 4,65 | 9,90 | 0,79 | 0,20 |TiO2 0,67
des Cascadegebirges 2751| 66 | 0 | 254 | 008 | 1,86 | 2,73 | 0,20 | 0,03 927
13 Dalles 5 ib. 116 51,58 | 11,92! 2,96 | 13,05 |0,34| 4,09! 8,52 0,95 | 0,34 |TiO? 1,27
27,51 | 556 | 0,89 | 2,90 | 0,08 | 1,64 | 2,43 | 0,94 | 0,06 0.52
P?O°Spur
Südchile. x,
14 ‚Portaiuela am Nord-| Ziegen- | Über dasGe- | 52,02 |17,14| 7,96 | 3,52,0,85 | 3,13 | 11,57 | 2,38 | 0,60 |P?O°Spur
fuls des Vulkans | speck |steindesVul-| 97.4 | 500 | 239 | os | 0,10 | 1,25 | 3,81 | 0,61 | 0,10 |SO° Spur
Yate kans Yate. CIH Spur
Jena 1883.
29
Dolerit und Doleritbasalt.
LXXV
Bemerkungen.
Olivin sparsam, z. T'h. in Nigrescit umgesetzt. Unter dem Mikros-
kop Grundmasse aus Augit, wenig Feldspath, viel Titaneisen,
Dicht, blaugrau. Sparsam Olivin:;: Augit. Grundmasse aus Pla-
gioklas, Augit, Olivin, Magneteisen. „Basalt.*
In dichter, dunkelblauschwarzer Grundmasse viel Hornblende, we-
niger Augit und Olivin. In Grundmasse (unter dem Mikroskop
aus Plagioklas, Augit, Magnetit, Nephelin) porphyrisch Augit,
Hornblende, Olivin; Glimmer und Apatit sparsam (3,15%). Horn-
Wie Nr. 6 zusammengesetzt. Apatit (berechnet 1,839). Gelatinirt
In dichter Grundmasse Hornblende, Augit, Olivin sichtbar. Mi-
kroskopisch wenig Plagioklas, viel Augit und Magneteisen; spar-
sam Nephelin; Basis ein Mal beobachtet. Gelatinirt nicht. Apa-
tit (berechnet 2,322). Hornblendebasalt.
Dicht, dunkel. In feinkörniger Grundmasse (aus Plagioklasleisten,
Augit, Magnetit, Hornblende, Olivin) sichtbar Hornblende, Augit,
Olivin, Magneteisen. Gelatinirt nicht. Apatit (berechnet 1,96%).
Dicht, mikrokrystallin. Unter dem Mikroskop herrschend Augit;
Plagioklas, Magnetit, etwas Olivin. Plagioklas und Augit ana-
Von den unteren Stromschnellen des Columbiaflusses, unter Basalt
anstehend. In brauner, poröser Grundmasse Labrador (anal.) und
Olivin; Augit nur mikroskopisch; Magneteisen.
In schwarzer Grundmasse Plagioklas und Olivin. Unter dem Mi-
kroskop noch Augit und Magneteisen. Keine Basis. Nicht
Äufserst dicht; nur Olivin erkennbar. Unter dem Mikroskop Pla-
gioklas, Augit, Olivin, Magneteisen, aber keine Basis. Nicht
In dichter, grauschwarzer Grundmasse Plagioklas (anal.), Olivin
: = O von <
Wasser RE Sp. Sure
B ee ©
(®)
0,75 99,09 | 2,869 | 6,19 .8,73 . 28,68 | 0,520
wenig Magneteisen. Nicht frisch.
1,21 98,73 | 2,953 | 7,57 .8,99 . 25,31 | 0,654
1,06 100,85 | 3,114 | 10,41 . 7,86 . 22,96 | 0,796
blendebasalt. Gelatinirt schwach.
1,37 100,72 | 3,024 | 9,56 .9,17..22,06 | 0,848
wie Nr.6. Hornblendebasalt.
1,70 102,46 | 2,759 | 7,49.10,68 . 23,05 | 0,788
1,57 103,55 | 2,797 | 8,15.10,77 .24,08 | 0,786
Nicht frisch. Hornblendebasalt.
1,28 99,52 — 9,65 . 9,11. 22,75 | 0,825
lysirt. „Feldspathbasalt.“
— 100,22 | 2,981 | 3,41.10,38 . 25,42 | 0,739
4,09 100,91 | 2,890 | 7,44 . 7,36 „28,08 | 0,527
b. 20°
frisch. Basalt.
1,52 97,48 | 2,989 | 7,35 . 6,45 .28,03 | 0,492
aq und b.28°
0,94 frisch. Basalt.
Glühv.
0,28 99,45 | 2,76 6,24.10,39 . 27,74) 0,599
Glühv. b. 15°
(anal.), wenig Augit, Magnetit. Glasbasis vorhanden. Basalt.
Ik
Jüngere Eruptivgesteine.
LXXVI
z Ort Quelle Fe| Fe Mg Sonst.
Insel Ferdinan-
dea.
15 Tschermak, 1,77 | 10,33 5,00 =
Miner. Mitth. 0,538 | 2,30 2.00
393. 1883 i ;
Insel Pantelle-
ria.
16 S. Marco ib. 8,25 | 6,88 6,77 _
2,47 1,53 2,71
17| _Cuddie Monti ib. ‚«4| 6,96 5,71 er
2,23 | 1,55 2,28
Aetna.
18) Lavastrom Lar- Gazz. chimie. Spur| 11,18 3,69 TiO? 0,47
misi ital. 11. 149. 2,48 1,48 0,19
1881 Sso3 0,23
P?O5 2,65
' : Cl Spur
19| Lava dell’ Ognina ib. 150 — |10,48 5,09 TiO? 0,31
2,33 2,04 12
SO? 0,08
P?O5 3,16
Cl Spur
20| Lava unter der del ib. 151 Spur | 12,05 5,35 6 Ti02 0.88
Rotolo (wohl zu der 9.68 214 re
Lava dell’ Ognina) E. x so: 011
b)
P:053,21
Cl Spur
21| Lava Fratelli Pii ib. 152 Spur | 11,23 4,11 TiO? 0,54
2,4 1,64 0.22
SO? 0,21
P?05 3,65
= Cl Spur
22| Lava vom Ponte ib. 153 — |10,83 4,76 TiO? 0,33
dell Ognina 2,41 1,90 0,13
so? 0,06
P?O> 3,67
Cl Spur
23 | Lava della Carvana, ib. 155 Spur| 11,61 3,13 TiO? 0,37
122 a. Ch. 2,58 1,3 0,15
SO? 0,16
P?O° 3,22
24 | Lava del Crocifisso, ib. 157 Spur | 10,67 5,10 TiO? 0,51
1381 2,37 2,04 0:20
i SO? 0,15
P?O° 1,80
25 Lava von 1852 bei ib. 159 Spur | 10,64 2,21 TiO? 0,49
Molini di Zafferana 2,36 0,88 0.16
SO3 0,09
P?03 3,21
Cl Spur
+
Dolerit und Doleritbasalt.
LXXVII
| Own +5
Wasser | St. \sp- ©. on, = Bemerkungen.
| R.&.Si
| (@)
0,63 99,86 — 18,00. 9,43.26,26 | 0,664 | Schwarz, blasig, sehr feinkörnig. Unter dem Mikroskop Basis zu-
rücktretend, Plagioklas, Augit, Olivin, Magnetit. Basis mit zahl-
reichen Mikrolithen. „Plagioklasbasalt.“ Doleritbasalt.
0,45 99,87 = 17,76. 9,38.26,10) 0,659 | Dichte, ganz krystalline Lava. Plagioklas, Augit, Olivin, Magne-
tit. „Plagioklasbasalt.“
0,49 99,73 | 2,98 |7,61. 9,57.26,32| 0,653 | Wie Nr. 16 beschaffen. „Plagioklasbasalt.
1,03 100,27 | 2,781 |s,31. 9,00.24,75 | 0,699 | Dunkelgrau, porös. Wenig Olivin, Labrador nadelförmig. Prähisto-
Glühv Mittel | 5,33 . 12,73 . 24,75 | 0,750 rische Lava.
0,45 100,89 | 2,811 |8,65. 7,26.26,91 | 0,591 | Grau, porös. Gemengtheile deutlich erkennbar. Prähistorische
Glühv 6,32 .10,75..26,91| 0,634 Lava.
0,21 100,68 | 2,813 |s,77. 6,85.26,97 | 0,579 | Hellgrau. Gemengtheile erkennbar.
Glühv 6,09 . 10,87 . 26,97 | 0,629
0,48 101,34 | 2,681 |s,06. 6,85.27,81| 0,536 | Hellgrau. Augit nur in der Grundmasse. Lava von 693 a. Ch.
Glühv. 5,57 . 10,59 . 27,81 | 0,581
0,26 101,01 | 2,658 |s,28. 5,14.29,82| 0,450 | Hellaschgrau. Sehr feinkörnig. Labrador nadelförmig; wenige und
Glühv. 5,97 . 8,75.29,82 | 0,490 kleine Augite.
0,64 | 100,61 | 2,835 | 7,30. 7,74.27,93 | 0,539 | Hellgrau. Von erkennbaren Gemengtheilen Labrador vorherrschend.
Glühv. 4,72 „11,61. 27,93 | 0,885 Augit nur in Grundmasse.
0,10 100,57 | 2,664 |s,76. 7,32.27,19| 0,591 | Dunkelgrau, mit weilsen Labradoren. Augit nur in Grundmasse.
Glühv 6,39 . 10,88 . 27,19 | 0,635
0,22 100,72 | 2,809 |7,07.. 9,59. 26,38 | 0,632 | Dunkelgrau.
Glühv. 4,71 „13,14 . 26,38 | 0,677
LXXVIN Jüngere Eruptivgesteine.
= Ort Analyt. | Quelle Si | Äl | Fe | Fe | Mn| Mg| Ca | Na’ K? | Sonst.
26 | Lava von 1879 bei | Riceiardi | Gazz.chimie. | 49,66 | 18,08 | Spur | 12,07 | 0,63 | 4,21 | 9,60 | 2,49 | 0,84 |TiO? 0,67
Passo Pisciaro ital. 11. 160. | 95.49 3,44 268 | 010 | 168 | 274 | 0,64 | 0,14 0,27
1881 so® 0,11
| P2OSI7E
£ Cl Spur
27| Lava von 1669 bei = ib. 12. 49,51 | 16,82 | 8,388 | 4,46 | — |4,56 | 12,44 | 1,64 | 0,63 |TiO? 0,71
Catania 458. 1882 | 4 | 7,6 2,51. | 0,99 1,2 | 355 | 042 | ou 028
P20> 1,23
SO3 0,07
28| Lava von 1787 bei |v. Lasaulx| Der Aetna. | 50,03 | 17,71! 6,30 | 6,59; — |[2,65, 9,76 | 3,10 | 3,30 |TiO? 0,70
Casa inglese Ge) IL | 965 | ser | 19 | 146 1,06 | 2,79 | 0,50 | 0,56 0,28
45
29| Lava von 1802, 2 ib.456 |Aas10|21,61| 3,13 | 7,72| — |2,728| 8,82 4,19 | 4,05 |TiO?
Val del Bove 25,65 | 10,09 | 0,94 | 1,72 1,11 | 2,52 | 1,08 | 0,69 Spur
30 Lava von 1614, 5 ib. 459 46,25 | 21,54| 5,00| 7,29| — | 2,03 | 10,20 | 3,97 | 2,62 |TiO? 1,16
0 di la- a
Be 24,67 | 10,06 | 1,50. | 1,62 0,81 | 2,91 | 1,02 | 0,45 0,46
31 Lava von 1766 > ib. 47,91|19,44| 5,33| 6,17 | — [2,15 | 9,94 | 5,57 | 1,72 |TiO? 1,80
25,55 |. 908 | 1,60 | 1,37 0,86 | 2,54 | 1,4 | 0,9 0.2
32| Lava von 1809, » ib. 460 48,47 | 22,67 | 2,76| 7,33] — |2,18 | 10,72 |4,50 |1,59 _
Bosco von Lingua 25,85 | 10,58 | 0,83 | 1,63 0,87 | 3,06 | 1,16 | 0,27
grossa
33| Asche, am 29. Mai Gümbel Jahrb. Miner.| 50,36 | 20,04 | 2,28 | 6,71 0,56 | 3,64, 3,20 |5,02 | 2,43 |TiO? 2,46
1379 in Reggio ge- | (Schwager) | 1979. 361 286 | 36 | | 1 | 106 | 288 | 1,0 | 01 0,98
sammelt ’
ı
34 ib. = ib.‘ 53,73 | 21,04 5,21 1,05 | 2,88 | 8,17 | 5,67 | 2,66 |TiO?
23,66 gig2M| ns Tem 10234] 1815 2,33 | 1,46 | 0,45 Spur
35 | Asche vom 23. Juni | Riceiardi | Gazz.chimie. | 37,82 | 9,97) — | 14,05 | Spur | 3,64 | 11,98 0,95 SO3 20,57
1882, Catania ital. 12.58. 19,17 4,65 3,12 1,45 3,42 —— Hl 1,02
1882 P2Q>
Spur
36| Motta S. Anasta- | Riceiardi ib. 11. 53,36 |11,47| 9,99| 3,18] — |6,89 | 10,01 1,20 | 2,81 P?O5 0,58
sia u. Speciale) 373. 1881 | 93,46 | 3,35 | 3,00 | oyrı 2,76 | 2,86 | 0,36 | 0,48
37 ib. = ib. 374 52,10 13,46 11,70 | 2,49 | Spur| 6,14 | 10,55 | 1,78 | 0,93 |P?05 0,62
7,79 6,28 3,51 0,55 2,46 3,01 | 0,46 | 0,16
| |
38 ib. v. Lasaulx| Der Aetna. | 47,63 | 14,78 | 8,82 | 5,08 | — | 5,43 | 10,52 6,51 cO? 0,36
1880. II. | 2400 | 6,90 | 2,50 | 1,12 a1 | 301 | |P&Os
424. Spur
39 Paternd E ib. 426 |49,21|12,53|10,76) 6,72| — |3,89/1042| 4,37 |CO? Spur
2,25 | 5855| 318 | 1,9 TERtBS MSSICHL | Dome an
Dolerit und Doleritbasalt.
LXXIX
OÖ von ©
Wasser, | #82.#05p2G.| U, u. = Bemerkungen.
R.&.Si
\®)
0,37 100,44 | 2,670 |8,02. 8,44.26,73 | 0,616 | Hellbläulichgrau.
Glühv. 5,34 „12,46 . 26,73 | 0,666
0,12 100,07 | 2,765 | 6,89 .10,13.26,69 | 0,638 | Mittel von 6 Analysen. Labrador; Augit; wenig Olivin; in Grund-
Glühv. bis masse noch Magneteisen und Apatit.
2,839
b. 22°
En 100,14 | 2,84 6,67 ..10,16.26,96 | 0,624 | In grauer, fast dichter Grundmasse porphyrisch reichlich Plagio-
klas, weniger Augit und sparsam Olivin. Mikroskopisch Magnet-
eisen, Apatit, sparsam Hornblende. Grundmasse augitarm. Do-
leritbasalt.
= 100,40 | 2,75 7,12 „11,03. 25,65 | 0,708 | Viel Plagioklas; Augit; Olivin; Glasbasis; Apatit sparsam; Magne-
tit. Doleritbasalt.
— 100,06 | 2,910 | 6,81. 11,56 .25,13 | 0,732 | Schwarz; Augit, Olivin. Mikroskopisch viel Magnetit; Plagioklas.
Doleritbasalt (augitreich).
— 100,03 | 2,899 | 6,50 . 10,68 . 26,27 | 0,665 Braunrothe Oberfläche mit schlackigem Magneteisen. Dolerit-
basalt (augitreich).
o 100,22 | 2,773 |6,99 „11,41. 25,85 | 0,712 | Glasreich. Grau, glänzend, blasig; Plagioklas, Augit, sparsam Oli-
vin; Magnetit. Doleritbasalt (augitreich).
— 101,70 — [7,13 .10,04.27,84| 0,617 | Hauptmasse Glas; Plagioklas, Augit und Magnetit. Feinkörnig,
schwarz. In Schwefel- und Salzsäure 47,4% löslich.
Pr 100,41 en — — 2336) — 52,6% der Asche, in Schwefel- und Salzsäure unlöslicher Antheil.
— 100,00 —_ — — 1317| — |Dunkelgrau, sehr fein. Wasser zieht Chloride und Sulfate aus.
Enthält Plagioklas, Magneteisen, Glas.
0,72 100,41 | 2,85 |7,17. 8,35. 28,46 | 0,545 | Hellfarbige, gelblichgraue Abänderung.
Glühv. br19>
(2,83 39,77 | 2,87 6,64. 9,79.27,79| 0,591 | Dunkle, grünlichgraue Abänderung.
Glührv.)
1,41 99,79 | 2,85 — 9,40.24,40| — |Feinkörnig. Olivin. Unter dem Mikroskop Plagioklas, Augit, Oli-
vin; Apatit; Basis z. Th. umgewandelt. In Hohlräumen Kalk-
karbonat. Verwittert.
1,32 99,22 | 2,873 | — 8,98.%,35| — |In dichter Grundmasse Plagioklas, Augit, Olivin. Unter dem Mi-
kroskop noch sparsam Basis, Apatit, Magneteisen, Kalkkarbonat.
Verwrittert.
Jüngere Eruptivgesteine.
Sonst.
P?O> 1,66
P?05 0,63
P?O° 1,30
TiO2 2,01
0,50
TiO? 2,61
1.04
TiO? 2,73
1,09
TiO? 1,68
0,67
CO? Spur
LXXX
= Ort Analyt. Quelle Si Al Fe | Fe | Mn Mg Ca |N® KR
il 24114 nn
40 Paterno Riceiardi | Gazz. chimie. | 49,93 | 17,72 | 7,44 | 3,61] — | 3,49 | 10,64 | 2,66 | 1,57
u. Speciale ital. 11. 170. | oe,65 | 397 | 2,23 | 0,50 1,40 | 3,04 | 0,69 | 0,32
1881
41 | Bei der Salinelle s ib. 51,25 |13,96 | 8,35 | 5,28 | Spur| 2,19 | 13,55 | 2,65 | 2,63
am Torrente S. Bia- (ef. 375) 27,33 | 6,52 | 2,50 | 1 0,88 | 3,87 | 0,68 | 0,45
gio
42 Palagonia = ib. 50,50 | 13,03 | 12,47 | 1,40 | Spur| 6,04 | 12,24 | 1,50 | 1,47
| 26,853 | 6,08 | 3,74 | 0,31 2,2 | 3,50 | 0,39 | 0,5
Hawaii. :
43 Kilauea Cohen |Jahrb. Miner. | 53,81 | 13,48 | 3,02 | 7,39 | Spur| 6,46 | 10,34 | 3,23 | 0,64
1880. IT. 41 | 95,70 | 6,29 | 0,91 | 1,64 2,55 | 2,95 | 0,83 | 0,11
44 ib. h ib. 51,41 | 12,92 | 2,87 | 9,29 | 0,16 | 5,45 | 11,46 | 2,92 | 0,70
Laya von 1843 27,2 | 603 | 0,86 | 2,06 | 0,04 | 3,18 | 3,27 | 0,75 | 0,12
45 Maunoloa u äh, 52,39 |11,55| 13,11 — | 7,10 | 10,92 | 2,79 | 0,46
(Wagner) 28,94 5,19 2,34 3,12 | 0,72 | 0,08
46 ib. £ ib. 51,12: 10,09 | 5,35 |s,59| — [9,68 | 9,72 | 3,38 | 0,56
27,26 | 471 | 1,60 | 1,91 3,37 | 25 | 0,87 | 0,10
47 Kilauea s ib. 50,82 | 9,14| 7,33 | 7,03 | 0,38 | 7,22 | 11,63 | 3,06 | 1,02
27,10 | 427 | 2,20 | 1,56 | 0,09 | 2,859 | 3,32 | 0,79 | 0,17
48 | ib. Dana Sill. Amer. | 50,75 |16,54| 2,10 7,88] — | 7,65 | 11,96 | 2,13 | 0,56
(Allan) | Journ. (3) 18. | a7,07 | 7,72 | 0,63 | 1,35 3,06 | 3,42 | 0,55 | 0,10
Tonga-Archi- 12,.1379
pel.
49 Niuafou » Jahrb. Miner. | 50,74 |11,98 | 3,41 | 8,11 | 0,54 | 7,25 | 12,42 | 2,74 | 0,24
NSS 1880. II. 41 | 97,06 | 5,0 | 1,02 | 1,50 | 0,12 | 2,9 3,55 | 0,71 | 0,04
Vicentino. :
50 Arzignano Speciale Boll. geol. | 48,25 | 13,58 | 14,083 | — |Spur| 3,34 | 8,50 | 7,15 | 4,11
d’Ital.12.474. | 95,75 | 634 | 4,21 1,34 | 2,43 | 1,85 | 0,70
1871
Philippinen.
51 | Insel Basilan, Isa- | Oebbeke | Jahrb. Miner. | 51,32 | 15,48 | 4,48 | 6,70 | 0,39 | 6,54 | 8,68 | 3,06 | 1,11
bela Beilagebd. I. | 27,37 | 7,23 | 1,34 | 1,40 | 0,00 | 2,62 | 2,45 | 0,79 | 0,19
491. 1881
4
Island.
52| Zwischen Akureyri | Schirlitz | Tschermak, | 53,62 |22,09| 4,21] — | — |6,24| 6,02| 3,16 | 0,57
und Hnausar Miner. Mitth. | 98,60 | 10,31 1,26 2,50 1,75 | 0,52 | 0,10
1582. 440 .
Dolerit und Doleritbasalt.
LXXXI
O von 8
Wasser Sa, sp. G. R ER g; Oo Bemerkungen.
Er. o
1,72 100,74 | 2,85 |6,25 .10,50..26,63| 0,629 | Dicht. Wenige Olivine. Petroleum und Aragonit in Hohlräumen.
Glühv. b. 15° Verwittert.
(6,11 100,49 | 2,45 |7,05. 9,02.27,33| 0,588 | Nur wenige Olivine sichtbar. In Hohlräumen Aragonit. Glüh-
Glühr.) DS verlust — 4,87% Kohlensäure und 1,24% Wasser. Verwittert.
(6,19 39,95 | 2,45 |6,87. 9,52.2%6,83 | 0,622 | Stark verwittert.
Glühy.) b. 20°
0,57 100,95 | 2,75 |s,11. 7,20.29,50| 0,519 | Compacte Lava, Obsidian. Unter dem Mikroskop Olivin (mit
b. 17° Glaseinschlüssen); Augit; Plagioklasleisten; zahlreiche anisotrope
Mikrolithe in lichtgelbem Glas.
0,32 100,11 | 2,69 |s,42. 6,89.28,46 | 0,538 | Blasiger Obsidian. Unter dem Mikroskop Olivin und Plagioklas
b. 7° (mit Glaseinschlüssen); Augit; Mikrolithe und Coneretionen nicht
so reichlich als in Nr. 43.
= 100,05 | 2,715] — — 3003| — |Grosblasiger, bimsteinartiger Obsidian. Lava. Unter dem Mi-
b. 16° kroskop Glas reich an Concretionen und Globuliten. Sparsam ein-
gesprengt Olivin, Augit, Plagioklas.. Im Olivin Chromit und
Picotit.
1,31 99,80 | 2,73 19,53. 6,31.27,%6 | 0,581 | Liehtgraubraune, schaumige Lapilli. Olivin, Augit, lichtledergelbes
y ’ y .! $) > P g [3
b. 16° Glas. Bimstein, in meterhohen Lagen neben der Lava von
1868.
1,74 99,37 2,66 |8,82. 6,47.27,10| 0,564 | Haarförmiger Basaltbimstein. Pele’'s Haar. Vereinzelt dünne,
y 2 $) ’ ’ ’ ) >
b. 19° tafel- und stabförmige, doppelbrechende Mikrolithe.
0,35 99,92 — |8,48. 8,35.27,01| 0,692 | Pele's Haar. Gesammelt 1840. Mittel aus zwei wenig abweichen-
Glühv. den Analysen.
0,52 99,63 | 2,98 |9,12. 6,62.27,73 | 0,568 | Schlackig - poröser Obsidian. Unter dem Mikroskop Mikrolithe
: BT
und kleine krystalline Partieen in Glas. Vom Ausbruch April
1867.
(5,06 98,96 — 1383. 6,34.25,73 | 0,590 | Schwarzer, compacter, verwitterter Basalt.
Glührv.) | 6,02 „10,55 . 25,73 | 0,644
|
1,10 98,86 — 1/7163. 8,57.27,37 | 0,592 | Graublauer, fein poröser, verwitterter Doleritbasalt. Grund-
P
masse mit braunem Glas und gelblicher isotroper Substanz. Pla-
gioklas; Augit; Olivin meist verwittert; Magneteisen. In Poren
Ocker.
5,03 100,94 — 16,01 ..10,31..28,60 | 0,571 | Rother, relativ harter, verwitterter Basalt. Hohlräume mit Zeo-
5,17 „11,57. 28,60 | 0,585 lithen erfüllt. Mikroskopisch wenig Plagioklas und Augit in
wenig pellucider, amorpher, dunkelbrauner Masse.
Phys. Cl. 1884. Abh. I. I
Jüngere Eruptivgesteine.
LXXXI
e Ort Analyt. Quelle Se Fe | Fe Mn Mg Ca | Na? K? | Sonst.
Skye.
53 Beal bei Portree Judd u. [Quart. Journ.| 52,59 | 17,35 | 11,14) — 0,66 | 2,62 | 6,47 | 4,24 2,40 BaO und
Cole |geol. Soc. 89.| 98,05 | 3,22 | 3,34 015 | 1,05 | 1,85 | 1,09 | 0,41 | Cu Spur
445. 1883
Darmstadt.
54| Garbenteich bei will |Ber. der ober-) 4,61 | 49,97 119,87 | — | — | Spur 0,558| — | — =
Giefsen (Kalkhoff) Ihess. Ges. für 2,46 | 23,33 5,96 0,16
Nat.- u. Heilk.
22. 319. 1883 .
5. „lm
S. Thiago.
1) 0. von Tarrafal Dölter | Capverden. |42,69 | 14,14 115,856 — | — | 9,06 | 11,59 3,12 | 1,75 _
1882.68 | 77 | 660 | 4,76 3,62 | 3,31 | 0,81 | 0,30
9 Orgaosthal A id.712 2028 18,18 17,02 | — | — | 5532/1353 4,38 11,45) —
(Kerischex) 21,58 | 8549| 5,12 213 | 337 | 1,13 | 0,24
S. Antao.
3 Pedra Molar e ib.73 41,12 |10,17| 2,60|9,82| — | 13,34 | 14,90 | 6,61 | 2,27 =
21,98 | a5 | 0,78 | 2,18 534 | 4,26 | 1,71 | 0,39
Rheinprovinz.
4| _ Beuelberg bei Sommer- |Jahrb. Miner.| 42,24| 8,66 7z,45| — | — | 12,27 | 11,76 | 4,02 | 1,08 |TiO? 0,92
Kircheip lad Beilagebd. IT.| 99,19 | 4,0 | 2,23 4,91 | 3,36 | 1,04 | 0,18 0,37
1882. 183 | P?O> 0,89
Cl Spur
Augi
Capverden.
5 | S. Antao, Rio das Dölter Capverden. | 41,83 | 18,60 |16,11| — | — | 4,98 | 11,83 | 4,70 | 2,47 —_
Patas (Kertscher) | 1882. 54 | 9,31 | se | 4,8 1,99 | 3,38 | 1,21 | 0,37
6 | S. Vincent, Madei- | Dölter ib. 76 [40,95 24,19| 9,51] — | — | 5,11 10,99 | 5,69 | 1,89 |SO3 Spur
val 21,84 | 11,26 | 2,85 2,04 | 314 | 1,47 | 0,32
7 Mayo, Monte B ib. 78 44,49 | 22,94 | 7,90|6,14| — | 2,96 | 5,75 | 5,36 | 2,10 =
Penoso 93,73 | 10,71 | 237 | 1,36 1,18 | 1,64 | 1,38 | 0,36
8 8. Thiago, oberes n ib. 79 45,04 |16,04| 7,10 |8,23]| — | 4,46 |10,19 | 6,11 | 2,85 _
Picosthal een) 24,02 | 749 | 2,18 | 1,83 1,78 | 2391 | 1,58 | 0,48
Dolerit und Doleritbasalt. Limburgit (Augitit). LXXXII
OÖ von g
Wasser Da sp.i&- | | näl hen. 5 Bemerkungen.
R.&.Si
(®)
3,27 100,72 | 2,72 16,73. 3,22.28,05 | 0,535 Zwei Zoll mächtiges glasiges Salband eines Ganges von basis-
Glühv. 4,55 „11,56 . 28,05 | 0,574 haltigem Doleritbasalt. Das z. Th. säulig abgesonderte Glas giebt
an Salzsäure 18,4% ab. Unter dem Mikroskop Olivin, Feldspath,
Magneteisen, Sphärolithe.
24,54 99,57 — 10,16 . 29,29 .2,46 | 11,972 | Bauxit. Rothbraune Knollen mit erhaltener Structur des Ba-
Glühv. salts.
burgit.
35,71 99,92 — 11,21. 6,60.22,77| 0,732 | Dicht, schwarz, mit wenigen Olivinen. Unter dem Mikroskop
8,04.11,36 . 29,77 | 0,852 Hauptbestandtheil Augit; Magnetit; braune, in concentrirter Salz-
säure lösliche Glasbasis.
1,20 101,39 — 10,78. 8,49. 21,58 | 0,893 | Porphyrartig. Olivin, Augit, Magnetit, Glasbasis; Biotit. Glas-
Glühv. 7,37..13,61..21,58 | 0,972 basis wasserhell und in Salzsäure löslich.
0,67 101,50 — 13,88. 5,53 .21,93 | 0,885 Olivin (anal.), Augit (anal.), wenige Plagioklase, Nephelin fraglich,
Glührv. Magnetit, Apatit, Glasbasis. Porphyrartig. Grundmasse unter-
geordnet, darin farblose Glasbasis.
St 101,36 | 2,990 | 11,35 . 6,27 .22,56 | 0,790 | Dicht, blauschwarz. Augit, Olivin. Unter dem Mikroskop Augit,
Olivin, Magneteisen, Glasbasis, Hornblendefetzchen, Glimmer.
Gelatinirt leicht mit Salzsäure. „Jüngerer Pikritporphyr.“
tit.
0,91 101,43 — 110,17.8,68.22,31 | 0,845 | Vorwiegend Augit; Plagioklas nicht häufig: Magnetit verbreitet;
Glühv. 6,95.13,51.. 22,31 | 0,917 farblose Glasbasis mit wenigen Augitmikrolithen. „Zwischenform
zwischen Basalt und Augitit.“
1,62 39,95 — 8,87.11,26 .21,84 | 0,922 |Dicht. Unter dem Mikroskop viel Augit; Magnetit reichlich;
6,97.14,11.. 21,84 | 0,965 Hauyn; sparsam Biotit; farblose Glasbasis mit Mikrolithen. Gang-
gestein. Ausgitit.
3,03 100,67 = 5,92.13,08 .23,73 | 0,801 | Dicht. Unter dem Mikrosk. Basis farblos und überwiegend; Augit;
Glühv. Magnetit; accessorisch Feldspath, Biotit. In Säure 84% löslich.
Augitit.
0,33 100,35 — | 858.962 .24,02 | 0,758 | Dicht, schwarz. Unter dem Mikroskop vorwiegend farblose Glas-
basis; einzeln Plagioklas und Nephelin; reichlich Augit; Magnet-
eisen.
1*
LXXXIV Jüngere Eruptivgesteine.
= Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe | Fe | Mn| Mg | Ca |Na’ K? | Sonst.
|
9 | S. Vincent, Madei- Dölter Capverden. | 42,91 | 24,06 |11,26| — | — | 2,01 | 12,10 | 4,89 | 1,92 |SO® Spur
zu val 1882.76 | oas6 | 11,28 | 3,88 0,50 | 3,46 | 1,26 | 0,33
6
10 | S. Thiago, oberes E ib. 79. [47,08 11,62 | 18,85) — | — | 2,57 |11,17 421 |2,17 er
zu Picosthal (eerisonen) | 25,08 | 543 | 3,65 1,08 | 3,19 | 1,09 | 0,37
8 |
11 ib. . ib. 39,18 24,42 7,53 la een —
zu onen || in || TS 3,25 | 2,22 | 2,52 | 0,70
8
6. Tachylyt, Hyalo
Vogelsberg.
1, Gethürms bei An- | Lemberg | Z.d.geol. Ges. | 45,73 | 20,15 | 12,46 | — | — |3,59| 8,67 | 5,74 | 4,11 —_
gerod 35.569. 1883 | 9439 | 941 | 3,74 a| 245 | 14 | 0,0
Irland.
2| Slievenalargy, Co. |Haughton | Delesse et de | 55,40 | 13,24 | 5,48 | 5,64 | 0,80 |1,57 | 7,07 | 2,01 | 1,64 _
Down Lapparent, | 39,5; 6,18 | 1,64 | 1,25 | 0,18 | 0,63 | 2,02 | 0,52 | 0,28
Revue de geol.
XV. 66. 1879
Wetterau.
3 Ostheim Lemberg | Z.d. geol. Ges. | 54,28 | 14,83 |14,73| — | — |3,65 | 7,02 | 4,22 | 1,27 —_
39.570. 1883 | 28,95 | 6,92, 4,42 1,46 | 2,01 | 1,09 | 0,22
Hessen.
4 Mainzer Eichen 9 ib. 54,96 | 14,95 | 12,55 | — — [7,07 | 6,99 | 3,04 | 0,80 _
29,31 | 6,98 „76 2,83 | 2,00 | 0,78 | 0,14
Osterinsel.
5 Velain | Bull. geol. |49,67|14,46|18,52| — | — |3,74| 723 2,92 1,64 | —
(3) 7. 425. | 98,49 | 675 | 5,56 1,50 | 2,07 | 0,75 | 0,28
1879
6 ib. k ib. 40,12 | 13,27 10,85 | — | — [3,32 | 9,47. 2,06 | 0,97 Pr
21,0 | 6,19 | 3,19 1,33 | 2,71 | 0,53 | 0,17
7, ib, N ib. 50,24 !ı6,62|13,33| — | — [4,16 | 11,86 | 2,58 | 1,21 =
26,79 | 7,76 | 4,00 1,66 | 3,39 | 0,67 | 0,21
Sieilien.
8 | Palagonit, Tuff von | Rieeiardi | Gazz. chimie. | 40,57 | 11,99 | 5,67 | 3,35 | Spur| 3,25 | 30,26 | 0,75 | 2,87 |P?O° 1,59
Palagonia u. Speciale| ital. 11. 389. | 21,64 5,60 | 1,70 | 0,74 1,30 | 65 | 0,19 | 0,50
(Mittel) 1881
9 ib. > ib. 389 51,83 | 11,81 | 13,45 |2,19| — |6,93| 9,00 | 1,37 | 2,37 |P?051,36
: 27,64 | 5,51 | 403 | 0,49 2,77 | 23,57 | 0,35 | 0,40
Limburgit (Augitit). Tachylyt, Hyalomelan, Palagonit. LXXXY
Glas, im Dünnschliff gelb, mit Magneteisen und Magnesia-Eisenoxy-
dulsilikat. Leicht schmelzbar. Perlitische Structur. [Ob Salband
Sideromelan, dunkelbraun. Enthält Magneteisen. Von Palago-
Palagonit, gelb, nicht ganz frei von Sideromelan und Zeolithen.
Aus Palagonittuff. Mit gelblicher Rinde bedeckte, abgerun-
O von 3
Wasser S%. sp. G. Eee =, Bemerkungen.
R.&R.Si
- (@)
*0,85 100,00 — 18,10..11,23..22,86 | 0,846 In concentrirter Salzsäure Lösliches 685. (Rest Augit aus dem
5,85 „14,61..22,86 | 0,895 Ganzen berechnet mit 0 — 2,99. 4,20 . 6,28).
#9.38 100,00 — [945. 5,43.23,08 | 0,598 In Säure Lösliches 68%.
5,68 . 11,08 . 25,08 | 0,668
_ 100,92 _ — — 2%,%| — In Säure Unlösliches 33,643 berechnet.
melan, Palagonit.
0,12 100,57 — 8,56 . 9,41. 24,39 | 0,737 | „Tachylyt“, mit Salzsäure gelatinirend.
6,07.13,15 . 24,39 | 0,788
7,20 100,05 —_ 4,88 . 7,82 . 29,55 | 0,430
eines Basaltganges?]. „Tachylyt.“
= 100,00 = 7,13... 6,92.28,95 , 0,506 \Hyalomelan. Homogenes Glas, ohne Ausscheidtungen.
4,78.11,34 . 28,95 | 0,556
0,48 100,84 = 8,26 . 6,98..29,31 | 0,520 |Hyalomelan.
5,75.10,74 . 29,31 | 0,563
a7 99,35 = 8,30 . 6,75 . 26,49 | 0,568
4,60.12,31.. 26,49 | 0,638 nit Nr. 6 umhüllt.
20,43 100,29 _ 4,74 . 9,38 . 21,40 | 0,660
Enthält Magneteisen.
> 100,00 — | 5,9.11,76..26,79 | 0,660 | Nr. 6 wasserfrei auf 100 berechnet.
(24,40 | 100,30 | — 11,38. 7,30.21,64| 0,863 | Vom Glühverlust sind 14,45% Kohlensäure. Palagonit.
Glühry.)
1,34 101,65 2.75 6,58 . 9,54 . 27,64 | 0,583
Glühv. b. 20° dete Stücke.
Jüngere Eruptivgesteine.
LXXXVI
TG
= Ort Analyt. Quelle Si | Äl | Fe | Fe |Mn |Mg| Ca |Na?| K? |. Sonst.
li en un se Er ar a Fl TE ee er en
Island. $
10 Vidoe Lemberg | Z.d. geol. Ges. | 41,03 | 10,77 |21,47| — | — 3,79 | 6,86 | 1,64 | 1,09 _
35. 569. 1883 21,88 5,03 6,44 | 1,52 1,96 | 0,42 | 0,19
11 ib. B ib. 569 44,35 13,14 |22,88| — | — |4,07| 8,44 | 2,19 | 0,70 —
23,65 6,10 6,86 1,63 2,41 | 0,56 | 0,12
Insel Edge-
combe. :
12 Bei Sitka 5) ib. 570 46,43 17,10, 11,16 | — | — ,9,78 10,38 | 2,50 — _
24,76 7,98 3,35 3,91 2,95 | 0,64
Tachylyt, Hyalomelan, Palagonit.
LXXXVII
Ki O von 3 n n
Wasser Se lSpHG. eek = emerkungen.
2 R.R.Si =
(®)
13,55 100,20 — [4,09 .11,47.21,88| 0,711 |Palagonit. Er besteht aus den Körnern Nr. 11 und einer matten,
weichen Substanz.
4,23 100,00 — [4,72 .12,96.. 23,65 | 0,747 | Glänzende braune Körner aus dem Palagonit Nr. 10 (Sidero-
melan).
2,65 100,00 — 17,50 .11,35.24,76 | 0,761 ' Glasige, z. Th. von Zeolithen und veränderten Partieen durchsetzte
Körner aus Palagonit.
LXXXVIII
Uebersicht des Inhaltes.
Seite
Einleitung . . ONE. 0 0. 64) 0.10 Den Kom
I. Gesteine der stalliniachen Bee
a. Gmneils GER ah a aa chi BE ru nn ar I ne ee) II
bessnklornblende nei ls re Lv
c. Burit. N Ne or 8 WR) IV
or, selllaitun, © 0. © ger Ira Met Ben Pe ee) VI
Glimmer-, Thon- und Chloritschiefer ee te 210) VIII
e. Aus krystallinischen Schiefern . . ». ». 2.2... 11 X
II. Aeltere Eruptivgesteine.
A. Feldspath vorwaltend Orthoklas.
l, Cam oo a XI
2. Felsitporphyr (eechstein). Keane ds XVI—XX
SHE TUN 3 SE en Le es ne 6 XXI
4, Neihelnyanıısına 0 alaleın eo oral XXI
De Glimmersvenitis(@Minette) al XXIV
B. Feldspath vorwaltend triklin.
IB im merdieniaund@ Ken an ee rl XXIV
DR TDIOLIT, acc, een et a ee ee DD XXX
OREBOrpRiyikiln, Senıznus., 0 2 eneeh re ee Di XXX
a: CANON el 0 oa er) XXXIV
SIEB rabası zum. a ee ee XXXVI
GBMelaphyr aaa 2 en N dt XLIV
III. Jüngere Eruptivgesteine.
A. Feldspath vorwaltend Sanidin.
1. Liparit 28 XLVIII
2. Trachyt . 30 L
3. Phonolith : 30 LII
B. Leueit- und Nephelin- @esteihel
1. Leucitophyr und Leueitbasalt . 34 LVI
2. - Nephelinit und Nephelinbasalt 36 LXI
C. Feldspath vorwaltend triklin.
1. Pantellerit 39 LXVI
2. Daeit und erahnen Modes 40 LXVI
3. Augit-Andesit . rs 42 LXVIII
4. Dolerit und Doleritbasalt . 47 LXXII
5. Limburgit (und Augitit) öl LXXXII
6. Tachylyt, Hyalomelan, Delhi 52 LXXXIV
Über alte Schädel von Assos und Cypern.
Von
EB VIRCHOW.
Phys. Cl. 1884. Abh. II. 1
ee
Er
“ Au
+
SS
_ Vorgelegt in der Sitzung der physik.-mathem. Classe am 8. Mai 1884.
!
" meiner akademischen Abhandlung vom Jahre 1882 über „Alt-
trojanische Gräber und Schädel“ hatte ich Alles, was mir von mensch-
lichen Überresten, insbesondere von Schädeln, aus der Troas bekannt war,
mit der Sorgfalt gesammelt und beschrieben, welche so seltene und ehr-
würdige Gegenstände mir zu erfordern scheinen. Diese Sorgfalt ist wie-
derum die Veranlassung geworden, dafs mir mehrere seitdem in Assos
aufgefundene Schädel zugesendet worden sind. Indem ich nachstehend
eine genauere Beschreibung derselben gebe, möchte ich nicht blos den
freundlichen Gebern meinen Dank ausdrücken, sondern auch für spätere
zusammenfassende Darstellungen das craniologische Material — das ein-
zige, was von diesem berühmten Orte überhaupt existirt, — zur Be-
nutzung stellen. Daran werden sich einige Bemerkungen über die physi-
schen Eigenthümlichkeiten der alten Trojaner anknüpfen lassen.
An diese Mittheilungen schliefse ich sodann einen Bericht über zwei
alteyprische Gräber und die darin gefundenen Schädel, welche schon um
deshalb einiges Interesse erregen werden, als bis dahin überhaupt keine
genaueren Nachrichten über die Craniologie der alteyprischen Bevölkerung
veröffentlicht sind.
1°
4 VIRCHOW:
I: Assos
Bis in das dritte Decennium unseres Jahrhunderts galten die Ruinen
von Assos als die besterhaltenen Überreste einer griechischen Stadt über-
haupt!). Erst seit dieser Zeit hat die Zerstreuung und Vernichtung der
Monumente eine solche Ausdehnung angenommen, dafs den Nachkommen
wenig mehr als ein öder Platz hinterlassen werden wird. Im Jahre 1838 wurde
ein Theil der vorzüglichsten Architektur- und Skulptur-Stücke nach Paris
gebracht; 1864 liefs die türkische Regierung die besten Steine, wie im
einem Steinbruch, sammeln, um damit in Constantinopel Hafenbauten
aufzuführen. Unter diesen Umständen kann es als ein besonderer Glücks-
fall angesehen werden, dafs das junge Archäologische Institut von America
den Plan fafste, durch umfassende Ausgrabungen wenigstens dasjenige,
was noch übrig geblieben war, offenlegen und einer wissenschaftlichen
Untersuchung unterziehen zu lassen. Diese Ausgrabungen begannen 1881
und sind 3 Jahre hindurch fortgesetzt worden. Bis jetzt liest jedoch
nur der, mit zahlreichen Plänen und Ansichten ausgestattete Bericht über
das erste Jahr?) vor, welchen der verdiente Leiter der Expedition, Mr.
Joseph Thacher Clarke erstattet hat. Dem freundlichen Entgegen-
kommen dieses Herrn verdanke ich auch die Schädel, über welche ıch
demnächst handeln will. Vorher dürfte es jedoch gerathen sein, einige
Mittheilungen über die Lage und die Geschichte des Ortes zu geben.
Ich war selbst in Assos oder, wie der jetzige türkische Name lautet,
Behram (Bejram) Köi am 27. April 1879. Mit Herrn Schliemann
hatte ich eben dıe Quelle des Skamander am Ida besucht. Von da waren
wir über Bujuk Bunarbashi und Aiwadjik in die südliche Troas und zwar
gerades Weges auf Assos gegangen. Es war an einem prachtvollen
Frühlings-Vormittag, als wir nach einem längeren Ritt durch das Gebirge
plötzlich von den letzten Höhen aus das Meer vor uns erblickten. Zu
1) William Mart. Leake, Journal of a tour in Asia Minor. Lond. 1824. p. 128.
The whole gives, perhaps, the most perfect idea of a Greek eity that anywhere exists.
*) Papers of the Archaeological Institute of America. Classical Series. I. Re-
port on the investigations at Assos 1881 by Joseph Thacher Clarke. Boston and
London 1882.
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 5
vorderst der Meerbusen von Edremit (Adramyttion), gleich drüben zu unserer
Rechten in nächster Nähe das bergige Mytilene (Lesbos), zur Linken, ge-
trennt durch eine weite glänzende Meeresstrafse, die langgestreckte Küste
des kleinasiatischen Festlandes bis zu den Höhen am Eingange der Bucht
von Smyrna. Zu unseren Fülsen erstreckte sich, der Küste parallel, das
vielbesungene Thal des Satnioeis (jetzt Tuzla-Tschai); jenseits desselben,
hart an der Küste, erhob sich der steile Trachytkegel von Assos, dessen
Spitzel) noch jetzt von den Resten der alten Festungsmauern umschlossen
wird. Ein zauberhaftes Bild, an jeder Stelle belebt durch alte Erinnerungen
der Geschichte und der Dichtung!
Freilich erscheint der Name von Assos in keinem der homerischen
Gedichte. Aber es ist um so weniger glaublich, dafs ein so wichtiger
Punkt nicht schon in frühester Zeit bewohnt gewesen sein sollte, als
bekanntermaafsen die ältesten Ansiedler dieser Küsten und Inseln gerade
Bergspitzen zur Anlage ihrer Burgen auswählten. Hier aber fanden sie
einen isolirten Bergkegel, der fast 800 Fufs senkrecht vom Meere aufsteigt
und der an seinem Fufse den einzigen, einigermalsen brauchbaren Hafen
der langen Südküste der Troas besitzt. Hr. Schliemann?) möchte
daher an dieser Stelle das homerische Chryse suchen, während Mr.
Clarke?) vielmehr Pedasos, die von Achilleus erstürmte Hauptstadt
der Leleger, hierher setzt und in der Endigung dieses Namens den Anklang
an Assos wiederfindet. Jedenfalls sind die Leleger die ältesten bestimmt
bezeusten Bewohner dieses Küstenstriches. Damit ist freilich nicht aus-
geschlofsen, dafs schon vorher oder auch neben ihnen andere Besiedelungen
statthatten. Der Name Adramyttion*) weist mit grofser Bestimmtheit auf
semitische, vielleicht phönicische Einwanderung, und Kilikier, ein semitisches
Volk’), werden in der Ilias als Bewohner von Thebe, der Geburtsstadt
der Andromache, genannt. Ob die Leleser, wie Strabon annimmt, mit
!) Ich bestimmte die Höhe derselben über dem Meere zu 229” (Beiträge zur
Landeskunde der Troas. 1880. S. 181); die amerikanische Commission hat sie zu 234"
berechnet (1. c. p. 166).
2) Heinrich Schliemann, Troja. London 1884. p. 318.
3) Papers of the Arch. Inst. p. 60.
4) Olshausen, Monatsberichte der K. Akademie 1881 S. 584.
5) Heinr. Kiepert, Lehrbuch der alten Geographie. Berlin 1878. S. 111.
6 VIRcHow:
den Karern verwandt waren oder ob sie mit den thracischen Mysiern
in ein näheres Verhältnifs zu stellen sind, mag vorläufig dahingestellt
bleiben; das darf jedoch nicht übersehen werden, dafs gerade dieser
Küstenstrich schon früh zu Mysien gerechnet worden ist.
Nachher, jedoch schon im 11. Jahrhundert v. Chr., wurde das
Land hellenisirt und von diesem Zeitpunkte an erscheint auch der
Name Assos als der einer aeolischen Colonie, gegründet von Lesbos aus!).
Als hellenische Stadt behauptetete es seine Unabhängigkeit durch ein
halbes Jahrtausend; als es 560 v. Chr. unter die Iydische Herrschaft fiel,
galt es als die vornehmste Stadt der Troas. Nachher ging es in die
Hände der Perser über, aber nach den Niederlagen derselben in Europa
erlangte es unter griechischen Tyrannen von Neuem eine äufsere Unab-
hängiskeit. In dieser kurzen Zwischenzeit war es, wo sich ein besonderer
Glanz um die kleine Stadt verbreitete. Der grofse Aristoteles, durch
seine Heirath mit dem Tyrannen Hermeias verwandt, weilte hier drei Jahre
(848— 345 v. Ohr.); mit ihm der Philosoph Xenocrates. Durch Verrath
wurde die Stadt 345 von den Persern wieder gewonnen und dann so lange
behauptet, bis Alexander die Orientalen auf immer aus Vorderasien zurück-
trieb. 241 wurde Assos dem pergamenischen Reiche einverleibt; 135 v. Chr.
gelangte es an die Römer. Während ihrer Herrschaft verschwindet der
Name Assos von Neuem, nachdem er, abgesehen von seiner Erwähnung
durch medicinische und naturwissenschaftliche Schriftsteller, noch zweimal
in der Kirchengeschichte hervorgetreten ist: einmal, wo die Apostel-
geschichte (Cap. 20, v. 13—14) berichtet, dafs Paulus, als er von
Alexandria Troas zurückkehrte, sich in Assos einschifite, um nach Mytilene
überzusetzen, und zum zweiten Male, wo der Bischof von Assos, Maximus
als Theilnehmer des dritten allgemeinen Kirchenconeils zu Ephesus 431
n. Chr. aufgeführt wird. Welche Schicksale inzwischen und weiterhin die
Stadt betroffen haben, ist gänzlich unbekannt. Ihr türkischer Name Bejram
erscheint zuerst in einem Vertrage, den Sultan Mahomed II. mit den
genuesischen Herrschern von Lesbos, den Gatelusiern, abschlofs?). Von
!) Strabonis Geographica Lib. XII. cap. 1. $ 58.
2) Papers of the Arch. Inst. p. 77.
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 7
letzteren dürften einige der noch stehenden Bauten, namentlich ein grofser
viereckiger Thurm!), herrühren.
Die türkische Stadt hat zu keiner Zeit eine wirkliche Bedeutung
gewonnen. Die Ruinen des alten Assos sind von derselben kaum berührt
worden. Nur an dem nördlichen Abhange ist eine geringe Zahl von
Häusern angebaut worden; eine noch weit kleinere, mit griechischen Be-
wohnern, findet sich unten um den Hafen. So konnte es geschehen, dafs
die englischen und französischen Reisenden, welche den Platz in den
ersten drei Decennien dieses Jahrhunderts besuchten, ihn in emem Zu-
stande von relativer Integrität vorfanden. Insbesondere die weite Gräber-
stadt besals noch zahlreiche Monumente. Darin ist nun freilich seitdem
stark gewüthet worden. Freilich stiefsen wir noch auf einzelne grolse
Sarkophage, frei am Wege stehend, als wir den Satnioeis überschritten hatten
und allmählich den alten, immer noch mit grofsen Steinplatten der griechischen
Zeit belegten Weg zur Stadt hinaufritten. Offenbar hatte die Schwere der
gewaltigen Steindeckel die Beraubung einzelner Gräber gehindert. Zahl-
reiche andere geöffnete und zertrümmerte Sarkophage gaben jedoch Zeug-
nifs davon, dafs weder Pietät, noch Scheu vor den Todten die Habgier
der Schatzsucher zu zügeln vermocht hatten.
In der Zeit der römischen Kaiser waren die assischen Sarko-
phage weit und breit berühmt. Die Schilderungen des Plinius, der
wiederholt darauf zurückkommt, lassen die Vermuthung aufkommsn, dafs
der Name Sarkophagos hier zuerst in Anwendung gekommen sei. Üirca
Asson Troadis, heisst es?), lapis naseitur, quo consumuntur omnia corpora:
Sareophagus vocatur. An einer anderen Stelle?) wird noch ausführlicher
berichtet: In Asso Troadis sarcophagus lapis fissili vena seinditur. Corpora
defunetorum eondita in eo absumi constat intra XL diem, exceptis dentibus.
Mucianus specula quoque et strigiles et vestes et calciamenta illata mor-
tuis lapidea fieri auetor est. Und Plinius setzt noch hinzu: Ejus generis
et in Lycia saxa sunt et in Oriente, quae viventibus quoque adallıgata
erodunt corpora.
1) Papers of the Arch. Inst. p. 122. Pl. 23.
2) Plinius Hist. nat. Lib. D. cap. 98.
3) Ibid. Lib, XXXVI. c. 27.
s VIRCHOoWw:
Diese Schilderung ist offenbar übertrieben. Die amerikanische
Commission hat 124 Sarkophage geöffnet, aber in den meisten fand sie
gebrannte Überreste. Von den “übrigen enthielten nur wenige vollständige
Körper und nur zwei davon besser conservirte Schädel. Diese letzteren
Sarkophage waren dicht geschlossen und befanden sich in einem verhält-
nifsmälsig trockenen Abschnitte der Gräberstralse. Die daraus gewonnenen
Schädel sind die nachher unter Nr. 2 und 3 zu beschreibenden; sie sind
also nicht nur nicht von dem Stein verzehrt worden, sondern sıe haben
sich mehr als anderthalb Jahrtausende darin erhalten. Nur an Nr. 2
zeigen sich hinten und am Grunde Veränderungen, welche durch „Ver-
zehrung“ von Knochensubstanz bedingt sind, und es ist wohl möglich,
dafs der Stein zu ihrer Erzeugung etwas beigetragen hat. Aber das
Hauptagens wird doch wohl Sickerwasser, welches in den Sarkophag
eindrang, gewesen sein, denn die Erosion der äufseren Knochentafel und
das vollständige Fehlen der Theile um das grofse Hinterhauptsloch, noch
mehr die zu beschreibende Verdrückung der Knochen, welche eine Durch-
feuchtung und Erweichung derselben voraussetzt, lassen sich ohne eine der-
artige Annahme nicht wohl erklären.
Wahrscheinlich wirkte der sarkophagische Stein in erster Linie
durch seine Porosität, indem er den eingelesten Körpern die Feuchtigkeit
entzog und auch die sich zersetzenden Flüssigkeiten aufnahm. Vielleicht
kam dazu eine gewilse chemische Wirkung, eine Art von Aetzung. Die
Angabe des Mucianus von der Versteinerung der Kleider und Schuhe,
ja der Spiegel und Schaber, zeist deutlich, dafs durch Feuchtigkeit oder
Sickerwasser Theile des Steins aufgelöst wurden und auf die verschiedenen
eingelesten Gegenstände gelangten. Was konnte dies anderes sein, als
Kalk? Dafür sprechen auch die weiteren Angaben des Plinius über die
medicinische Verwendung des Sarcophasus, namentlich bei Gicht. Assius
(lapis) gustu salsus podagras lenit, pedibus in vase ex eo cavato inditis.
Praeterea omnia erurum vitia is lapieidinis sanantur, cum in metallis
omnibus crura vitientur. Ejusdem lapidis dos appellatur, in farınam mollis,
ad quaedam perinde efficax. Est autem similis pumici rufo. Admixtus
aeri Oyprio mammarum vitia emendat: pici autem resinaeve strumas et
panos discutit. Prodest et phthisieis linetu. Cum melle vetera ulcera ad
eicatricem perducit, exerescentia erodit. Et ad bestiarum morsus utilis.
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 9
Repugnantia curationi ac suppurata siccat. Fit et cataplasma ex eo poda-
grieis, mixto fabae lomento!).
In ähnlicher Weise äusserte sich auch Celsus über die Behandlung
der Gicht: Lapis etiam, qui carnem exedit, quem ragrob@yev Graeci vocant,
exeisus, sic ut pedes capiat, demissos eos, cum dolent, retentosque ibi
levare consuevit. Ex quo in Asia lapidi Asio gratia est?). Ein Codex
hat statt des letzten Satzes: Ex quo in Asso sepulera faciunt. Et lapidi
Asio gratia est ad juvandum. Auch bei den griechischen Autoren wechseln
die Lesarten Asios und Assios. Dioscorides?), der ihn "Arısv AlSov nennt,
berichtet schon Manches von dem, was Plinius compilirend wiedergiebt,
zum Theil mit denselben Worten; seine Beschreibung verweilt etwas länger
bei den äusseren Eigenschaften des Steins: Asıus lapis assumi debet
pumieis colore, levis, fungosus, item friabilis, scissiles venas lutei coloris
ad imum actas habens. Ejus flos salsugo subflava est, summo lapide in-
sidens, compage tenui, colore in aliquibus albo, in alııs pumici simili,
ad luteum vergente: admotus linguae aliguantum mordet. Galenus#)
dagegen sagt: Est lapis in Asso proveniens, quem ob id ipsum Assion
cognominant, non durus ut petrae. Siquidem color illi est pariterque
consistentia ceu tophi, friabilis et laxus. Innascitur ei quiddam farinae
tenuissimae simillimum, qualis in molarum parietibus adhaerere visitur.
Appellitant hoc medicamentum petrae asıae florem.
Die erste Angabe über die Natur des Gesteins der Sarkophage aus
neuerer Zeit finde ich bei Texier?). Er berichtet, alle assischen Gräber
seien aus vulkanischem Gestein, hauptsächlich aus Trachyt hergestellt.
Nun gäbe es freilich gewisse Laven, die mit salzigen Stoffen imprägnirt
seien und die eine Einwirkung auf die in ihnen eingeschlossenen Körper
ausüben könnten. Aber gerade auf den assischen Trachyt passe dies
1) Plinius Lib. XXXVI. cap. 28. cf. Lib. XXVIIl. ce. 37.
?) A. Cornelii Celsi Medieinae Libri octo ex recensione Leon. Targae.
Lugd. Batav. 1785. Lib. IV. e. 24. p. 192. not, 25. ef. Lib. V. c.7 et VL e. 6,31.
3) Dioscoridis Libri octo. Parisiis 1549. Lib. V. cap. 142.
*) Cl. Galeni Pergameni De simplieium medicamentorum facultatibus Lib. IX.
Edit. Basil. 1561. p. 138.
5) Charles Texier, Deseription de l’Asie mineure. Paris 1849. Vol. II. p. 195.
Phys. Cl. 1884. Abh. I. 2
10 VIRCHOWw:
nicht, und daher zweifelt er, ob man darin den Sarkophagos-Stein
sehen dürfe.
Aber auch die neuesten Untersuchungen haben eine Lösung des
Räthsels nicht gebracht. Nach den Angaben des Mr. Diller!), des Geo-
logen der amerikanischen Expedition, giebt es aulser dem Trachyt des
assischen Berges in der Nähe nur noch ein Conglomerat, welches haupt-
sächlich aus Mergel und Bruchstücken von Kalkstein bestehe; er rechnet es
dem mittleren Tertiär zu. Aber das Gestein der Sarkophage ist auch nach
diesem Beobachter Trachyt, und zwar von dem der zweiten und letzten
Eruption des assischen Vulkans, aus dem auch die Mehrzahl der Mauern
und Gebäude errichtet sei?). Mr. Diller bezweifelt jedoch gleichfalls, dals
dieses Gestein so wunderbare Eigenschaften gehabt haben könne, wie ihm
die Alten zuschrieben. Ich habe es leider versäumt, Proben von den Sar-
kophag-Steinen mitzubringen; die von mir gesammelten und dem minera-
logischen Museum übergebenen Trachytproben von dem anstehenden Ge-
steine des assischen Berges sind so hart, dafs sie schwerlich „verzehrende*
Eigenschaften besitzen konnten. Das eine ist ein dichtes, schwarzes, mehr me-
laphyrähnliches Stück, das an sich nicht in Betracht kommen kann, das andere
enthält nach der Bestimmung des Hrn. Justus Roth in sparsamer hell-
grauer Grundmasse Sanidin, reichlich Plagioklas und Biotit, sparsamer
srünen Augit. Es dürfte daher eher wahrscheinlich sein, dafs der im
Alterthum berühmte assische Stein ein vulkanischer Tuff oder ein Kalk-
stein gewesen ist).
Die eigentliche Gräberstadt breitete sich westlich, wo der Berg
weniger steil abfällt, aulsen um die Befestigungen aus. Leake*) beschreibt
ım Jahre 1824 dieselbe folgendermalsen: On the western side of the city
the remains of the walls and towers, with a gate, are in complete preser-
vation; and without the walls is seen the cemetery, with numerous sarcophagi
1) Papers of the Arch.. Inst. p. 166, 175.
2) Ebendaselbst p. 171, 175.
%) Nach einer mir nachträglich zugehenden Mittheilung des Mr. Clarke ist es
ihm gelungen, den Nachweis zu führen, dafs der assische Stein (nicht der Stein der
Sarkophage) Ätzkalk war. Die weitere Ausführung wird sein demnächst erscheinendes
Werk bringen.
Dr beakel.c. p. 128.
Über alte Schädel von Assos und Öypern. 11
still standing in their places and an ancient causeway leading through
them to the gate. Some of the sarcophagi are of gigantic dimensions.
Die Untersuchungen der amerikanischen Commission haben es wahr-
scheinlich gemacht, dafs hier 3 breite Terrassen über einander errichtet
waren, deren Aufsenrand mit den Grabmonumenten besetzt war, während
die Flächen als Erholungs- und Aussichtsplätze benutzt wurden!). Die
Gräber selbst waren sehr mannichfaltig. Aulser freistehenden Sarkophagen
fanden sich verschiedenartige Grabgewölbe, aber in nicht geringer Zahl
auch eine der sonderbarsten Arten von Grabgefälsen, von denen ich schon
aus anderen Gegenden der Troas in meiner Schrift über Alttrojanische
Schädel und Gräber Nachrichten gesammelt habe. Es sind dies die be-
kannten grofsen Thonkrüge, riScı, welche im Alterthum weit verbreitet
waren?) und welche noch bis auf den heutigen Tag an vielen Orten des
Südens und Ostens als Aufbewahrungsgefälse, namentlich für Wein, Öl,
Feigen u. s. w. im Gebrauche sind. Ich traf sie sowohl in Spanien?),
wo sie den Namen Tinaja führen, als in Transkaukasien, wo sie Kwewri
genannt werden. Hr. Wetzstein*) hat ähnliche Weingefälse, „thönerne
Weinfässer“, räküd, aus Syrien beschrieben. Nach Mr. Newton?) nennen
die heutigen Griechen die grofsen Wassergefälse, welche sie an ihrer Haus-
thür bis zur Mündung in die Erde eingraben, Kupas (nach seiner Mei-
nung von dem arabischen kuÖ, Keller).
Die Benutzung solcher Thonkrüge zur Bestattung von Leichen hat
zuerst in der Troas Mr. Calvert®) nachgewiesen. Er fand sie nament-
lich in dem Gräberfelde von Ophrynion am Megaloremma, von welchem ich
1) Papers etc. p. 126. P]. 29.
2) Sam. Birch, History of ancient pottery, Egyptian, Assyrian, Greek, Etrus-
can and Roman. London 1873. p. 30, 134, 359, 390, 531. Diese Gefälse wurden durch
eine Steinplatte, z.S@v genannt, verschlossen.
?) Zeitschrift für Ethnologie 1880. Bd. XII. Verhandl. der Berliner anthropol.
Gesellschaft S. 430.
*) Zeitschrift f. Ethnol. 1882. Bd. XIV. Verhandl. S. 464. Anm. 2. Mit dem
Namen Kawära, welcher dem grusinischen Awewri ähnelt, bezeichnet man in Syrien vier-
eckige Thonbehälter für Getreide.
5) C.T. Newton, Travels and discoveries in the Levant. London 1865. Vol. I.
p- 135.
6) The Archaeological Journal 1859. Vol. XVI. p. 2.
’%*
12 VIRCHOWw:
eine genauere Beschreibung geliefert habe!). Die Krüge lagen horizon-
tal und ihre Mündung war durch eine Steinplatte verschlossen; in den-
selben befanden sich menschliche Gerippe im ausgestreckter Stellung.
Nur ausnahmsweise wurden daneben Steinsärge ausgegraben. Nach den
Angaben des Mr. Calvert gehörten die Thongefälse, welche in diesen
Gräbern enthalten waren, der ältesten griechischen Kunst an, demnach
dürfte man die Gräber kaum für jünger, als aus dem 5. oder 6. Jahr-
hundert v. Chr. halten. Die früher von mir erwähnten Kaisermünzen des
3. Jahrhunderts n. Chr. sind nicht an dieser Stelle gesammelt worden,
sondern in dem gegen Dumbrek hin gelegenen Gräberfelde, aus welchem
die Mehrzahl der von mir gemessenen Schädel stammt.
Ganz in der Nähe scheint noch eine zweite Stelle zu sein, welche
gleichfalls Pithos-Gräber besitzt. Wenigstens kann ich die Angaben von
Mr. Newton?) über ein hellenisches Gräberfeld südlich von Renkoi auf
dem Vorgebirge etwas vor dem Platze des alten Rhoiteion nicht mehr
auf Ophrynion beziehen. Vielleicht ist es es die Stelle, welche jetzt
Palaeocastro genannt wird®). Hier fand sich an dem Absturz zum Helles-
pont, 8 Fuls unter der Oberfläche, eine Schicht, in der Scherben kleiner
Gefälse, Knochenstücke und Brandspuren bemerkt wurden. Dann heilst
es: It appears that the dead here were interred in large jars of coarse
red earthenware.
Eine weitere Stelle, wo Mr. Galvert*) derartige Grab-Pithoi traf,
ist der grofse Hügel Hanai Tepe in der vorderen Troas, am Fufse des
Fulah Dash. Auch von diesem Funde habe ich eine eingehende Dar-
stellung geliefert). Die Pithoi lagen im Grunde der oberen, im Ganzen
historischen Schicht. Sie hatten eine Höhe bis zu 5 Fufs und lagen
horizontal, zuweilen in Aushöhlungen des Felsens; die gegen Süden
1) Virchow, Alttrojanische Gräber und Schädel S. 9.
2) C. T. Newton l.c. Vol.I. p. 133.
3) Frank Calvert, Über die asiatische Küste des Hellespont. Zeitschrift für
Ethnologie 1880. Bd. XII. S.34. Virchow, Die Küste der Troas. Ebendas. S. 43.
4) Calvert bei H. Schliemann, Ilios S. 795. Vgl. die Skizzen S. 785 u. S. 794.
9») Nkeelaoız &; ©: (0. SS: 87, 108)
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 13
oder Südosten gerichtete Mündung war mit einer Platte von Glimmer-
schiefer geschlofsen. Darin fanden sich auf einer dünnen Schicht von
Rollsteinen menschliche Gerippe in der Rückenlage, mit gebogenen Knieen,
umgeben von allerlei Figuren und Gefälsen aus Thon und Glas. Mr. Cal-
vert rechnet letztere zum Theil dem 4. Jahrhundert vor Christo, jedoch
vorwiegend dem archaischen Styl zu. Jedenfalls hat er hier keine Pi-
thoi gefunden, welche einer nachchristlichen Zeit angehörten.
Sehr ausführlich beschreibt Mr. Newton!) eine Ausgrabung, die
Mr. Calvert 1853 auf einem zwischen dem Hanai Tep€ und dem Her-
man (oder Harman) Tepe?) am Ufer des Kemar Su (Thymbrios) in
der Nähe seiner Meierei von Aktschekoı gelegenen hellenischen Grab-
felde veranstaltete. The dead were here buried in large erocks or jars
of coarse red pottery. Die Pithoi lagen nur einige Zoll unter der
Oberfläche, so dafs der Pflug sie beinahe erreicht hatte. Ihre Gröfse
war verschieden, die gröfsten hatten eine Höhe von etwa 4 Fuls 6 Zoll.
Sie lagen auf der Seite, die Mündung meist nach Südosten gerichtet
und mit einem flachen Stein geschlossen. Jeder enthielt ein oder
mehrere Skelette. In mehreren fanden sich gemalte Gefälse; in einem 8
kleine Gefälse zwischen den Gebeinen. Sie waren schon von Alters mit
Bleiklammern (rivets) geflickt, von denen sich zahlreiche zwischen den
Gebeinen fanden, einzelne fast einen Fufs lang. Unmittelbar unter den
Pithoi stiefs man auf den natürlichen Felsboden. Die auf den Thonge-
fälsen gemalten Figuren waren theils schwarz auf rothem, theils roth auf
schwarzem Grunde; alle schienen aus sehr später Zeit (of a very late
period) zu stammen. Die Gefälse waren zweihenklige Trinkschalen von der
Form der Kylikes und Kothones, sowie Öl- und Salbenfläschehen (Lekythoi
und Aryballoi). Die Malerei darauf glich nach Gegenstand und Zeichnung
der aus später Zeit in Athen. Alle Schalen waren umgekehrt, die Mündung
nach unten. Aufserdem traf man zwei kleine Fläschchen aus blauem,
gelbeingelestem Glase, ein Terracotta-Relief mit einer gut stylisirten Aphro-
dite und ein Marmorstück mit einer unvollständigen griechischen Inschrift.
1) Newton l.c. p. 134, 355 Note 62.
2) Virchow, Beiträge zur Landeskunde der Troas. Karte, T11 und T 12.
14 VIRCHow:
Im Gegensatze zu diesen Funden stehen die von Hissarlık, wo
meines Wissens auch nicht ein einziger Bestattungs-Pithos ausgegraben
ist!). Alle daselbst entdeckten Pithoi standen aufrecht, zum Theil in
Reihen, im Untergrunde von zerstörten Häusern; keiner enthielt mensch-
liche Überreste, weder Gerippe, noch gebrannte Knochenstücke?); sie
können also zwanglos als blofse Wirthschaftsgeräthe, speciell als Keller-
gefälse, gedeutet werden.
Von gröfstem Interesse ist daher das Auffinden von Grab-Pithoi
in der Nekropole von Assos. Nach den Mittheilungen, welche mir Mr.
Clarke neuerlich darüber machte, sind freilich nur 7 davon gefunden
worden. Über das Alter derselben spricht er sich sehr vorsichtig aus.
Er sagt: „Soviel ich gegenwärtig aus meinen weitläuftigen und leider noch
nicht geordneten Tagebüchern ersehen kann, ist es nicht erweisbar, dafs
die Verwendung von Pithen für Beerdisungszwecke sich in später Zeit
erhielt. Sämmtliche 7 Pithen, von denen ich in meinen Notizen Erwähnung
finde, waren entschieden archaische. Alle lagen tief in der Erde, dicht
an dem Naturfelsen. Vier davon enthielten Töpferwaaren, die theilweise
sicher dem 6. vorchristlichen Jahrhundert zuzuschreiben sind und von
denen kein Stück später, als das 4. Jahrhundert, sein kann. Zwei andere
Pithen, ohne Beigaben, waren von dem Fundamente eimes gut-griechischen
monumentalen Sarkophages mitten durchschnitten, und müfsen folglich
bedeutend älter gewesen sein, als dieses Bauwerk. Man kann natürlich
nicht bestimmt behaupten, dafs solche Gefälse in später Zeit niemals zu
einem derartigen Zweck verwendet wurden; dazu genügt die Anzahl der
Funde bei Weitem nicht. Sicher ist es nur, dafs alle Begräbnifs-Pithen,
die in Assos gefunden wurden, älter sind, als das 3. Jahrhundert vor
Christus“.
Aufserhalb der Troas giebt es auch sonst an der kleinasiatischen
Küste Pithos-Gräber. Einen solchen Fall beobachtete Mr. Newton?) auf
der Insel Kalymnos; es war ein vereinzelter Fund in einer grolsen Ne-
1) Virchow Alttroj. Gräber S. 24.
2) Zeitschr. f. Ethnol. 1884. Bd. XVI. Verhandl. der Berliner anthropol. Ge-
sellschaft S. 165.
3) Newton Il. c. Vol. I. p. 290.
Über alte Schädel von Assos und Oypern. 15
kropole, 6 d&ues genannt, welche im Übrigen Steinkisten mit Skeletten
zeigte. Reichlicher scheinen diese Funde in einem Gräberfelde von Halı-
karnassos (Budrum) gewesen zu sein, wo die äufserste Mannichfaltigkeit
der Bestattungen herrschte!): meist waren es Skeletgräber, aber es
fanden sich auch Aschenurnen; die Skeletgräber aber waren theils unter-
irdische (Hypogaea), theils oberirdische mit Grabkammern aus Stein und
Ziegeln u. s. w.
Aus anderen Ländern ist mir nur noch ein einziges Gebiet be-
kannt, wo ähnliche Begräbnils-Pithen gefunden worden sind: das ist die
Krim. Zur Zeit des Krim-Krieges wurden von englischen Offizieren an
verschiedenen Orten Nachgrabungen veranstaltet. Ob die von Dr. Mac-
pherson in dem Hügel des Mithridates bei Kertsch aufgefundene grolse
Amphora mit den Resten eines Kindes hierher gehört, wage ich nicht
bestimmt zu behaupten. Aber bei Balaclava stiefs man auf grofse Thon-
gefälse, die bis 6 Fuls hoch und 44 Fufs weit waren; sie lagen horizon-
tal, waren mit Steinplatten verschlossen und enthielten aufser einem Ske-
let, das auf dem Rücken lag, mit gebogenen Knieen, die Fülse gegen die
Mündung gerichtet, Gefälse von Thon, Glas u. a.?). Dafs dies genau die-
selbe Art von Begräbnils-Pithen war, wie wir sie aus Kleinasien kennen
gelernt haben, kann nicht dem mindesten Zweifel unterliegen; vielleicht
darf man daraus auf gewisse alte Beziehungen der beiderseitigen Bevölke-
rungen schlielsen.
Fassen wir diese Erfahrungen zusammen, so ergiebt sich, dafs die
Bestattung unverbrannter menschlicher Leichen in horizontal gelegten
Thonkrügen derselben Art, wie sie sonst zu Wirthschaftszwecken verwen-
det wurden, sowohl im Norden als ım Süden der Troas, aber auch weiter-
hin in Kleinasien und in der Krim üblich war. Vergleichen wir die
Funde in den Nekropolen von Ophrynion und Assos mit denen, welche
an der unteren Grenze der oberen Schicht des Hanai Tep& gemacht wur-
1) Ebendas. Vol. II p. 64. Large wiSc: or jars of baked red clay laid in the
earth.
2) Abbe Cochet De la coutume d’inhumer les hommes dans des tonneaux en
terre euite. Revue archeologique. Paris 1857. Ann. XIV. p. 617. Abbildung nach den
Illustrated London News. 1856. 23. Aug. p. 205.
16 VIRCHow:
den, so kann kein Zweifel darüber sein, dafs es sich nicht um prähisto-
rische Gräber im strengeren Sinne des Wortes handelt. Damit stimmt
die Thatsache, dafs in keiner der prähistorischen „Städte“ von Hissarlik
etwas Ähnliches getroffen worden ist. Andererseits spricht eine Anzahl
von Funden für jene ältere Periode der geschichtlichen Zeit, welche den
Übergang von der eigentlich archaischen Cultur zu der ausgeprägt helle-
nischen bezeichnet. Wie lange sich von da an die Pithos-Bestattung
noch erhalten hat, muls erst durch fernere Beobachtungen sichergestellt
werden. Im Ganzen dürfte als wahrscheinliche Grenze vorläufig das 4.
oder 3. vorchristliche Jahrhundert festgehalten werden können.
In dieser Zeit scheint sich die Sitte des Leichenbrandes mehr und
mehr ausgebreitet zu haben. Die Sarkophage gehören wesentlich der
griechischen und römischen Zeit an, und da die Mehrzahl derselben ge-
brannte Knochen enthält, so folgt daraus, dafs der Leichenbrand trotz
aller traditionellen Vorurtheile m Bezug auf die Wirkungen des Sarko-
phagos-Steines allmählich herrschender Gebrauch geworden sein muß.
Was Dioscorides und Plinius, Celsus und Galenus von dem assischen
Stein erzählen, trägt so sehr den sagenhaften Charakter, dafs man schon
daraus schliefsen kann, der Stein sei zu ihrer Zeit nur noch selten zur
einfachen Beisetzung von Leichen verwendet worden.
Sonderbarerweise scheint in der Troas eine Benutzung der Pithen
zur Aufnahme von Resten des Leichenbrandes überhaupt nicht in Übung
gekommen zu sein. Dies war vielmehr, so weit es sich bis jetzt über-
sehen läfst, ein überwiegend occidentalischer Gebrauch. Aus Griechen-
land selbst kenne ich nur einen einzigen Fall: es ist dies ein grofses, mit
Figuren bemaltes Dolium in unserem Antiquarium, welches in einem Felsen-
grabe des Hymettos gefunden wurde; es enthielt ein kleines, gleichfalls
bemaltes Gefäfschen aus Thon und die gebrannten Knochen eines Kindes.
Zahlreicher sind die Beispiele aus Italien. Die ersten Spuren davon fin-
den sich im jener archaischen Zeit, welche man hie und da als pelasgische
oder protoetruskische bezeichnet hat. In meiner Abhandlung über die
Zeitbestimmung der italischen und deutschen Hausurnen!) habe ich den
!) Gesammtsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften vom 7. Juni 1883.
Sitzungsberichte Nr. XXXVI. S. 1010. Vgl. Zeitschrift für Ethnologie 1883. Bd. XV.
Verhandl. der Berliner anthropolog. Gesellschaft S. 321. Fig. 1.
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 17
Gebrauch grofser Dolien in dem berühmten Gräberfelde von Marino am
Albaner Gebirge geschildert. Aber diese Dolien standen aufrecht und
an ihrem Boden waren aufser zahlreichen Thongefälsen und einzelnen
Bronzegegenständen Hausurnen niedergesetzt, welche die calcinirten Ge-
beine der Todten enthielten. Ähnliche Dolien sah ich in dem städtischen
Museum zu Corneto. Hr. Helbig hatte die grofse Freundlichkeit, mir
über diese und einige andere verwandte Fundstellen Folgendes mit-
zutheilen:
„Diese Beisetzungsweise findet sich vereinzelt in der Cornetaner
Nekropole, indem einige der sogenannten Tombe a pozzo statt der ge-
wöhnlich üblichen eylinderförmigen Behälter aus Kalkstein ein thönernes
Dolium enthalten, in welchem das Aschengefäls und die dafselbe be-
gleitenden Manufacte geborgen sind. Übrigens machen diese Gräber
sowohl nach ihrer Lage wie nach ihrem Inhalte den Eindruck, dafs sie
zu den jüngeren unter den „Tombe a pozzo* gehören. Indefs scheinen
sie, da sich in ihnen keine griechischen Vasen gefunden haben, vor den
Beginn des Verkehrs der griechischen Kolonien zu fallen, also wohl
noch dem 8. Jahrhundert v. Chr. anzugehören. Im Chiusiner Gebiet da-
gegen treten die Dolien enthaltenden Gräber nicht vereinzelt auf, wie bei
Corneto, sondern bilden einen umfangreichen Theil der Nekropole, welche
sich unmittelbar an die älteste Gruppe der „Tombe a pozzo“ (Poggio
Renzo, Sarteano) anschliefst und mit der letzteren topographisch wie
inhaltlich auf das Engste verbunden scheint. Man nennt diese Dolien-
gräber in Chiusi „Tombe a zira“. Was ihren Inhalt betrifft, so ist er
dem der vorhergehenden Gräbergruppe nahe verwandt. Doch kenne
ich zwei Fälle, dafs in Chiusiner Doliengräbern neben dem Aschenge-
fälse griechische Lekythoi mit braunen Gürteln auf gelblichem Grunde
gefunden wurden, — eine Thatsache, die darauf hinweist, dafs die Bei-
setzung der Aschengefäfse in Dolia in Chiusi länger festgehalten wurde,
als in Tarquinii.“
„Dafs jemals Skelette in Dolien geborgen worden seien, davon
ist mir, wie gesagt, in Italien kein Fall bekannt. Doch scheint ein
verwandter Gebrauch auf Sardinien üblich gewesen zu sein, der Gebrauch
nämlich, unverbrannte Leichname in grofsen thönernen Amphoren bei-
zusetzen.“
Phys. Cl. 1884. Abh.II. 3
o
18 VIRCHOWw:
Kleinere, jedoch verwandte ÖOssuarien (vasi-tombe) sind in den
Gräberfeldern von Villanova und Este zu Tage gekommen. Dieser Ge-
brauch mufs sich bis in sehr späte römische Zeit erhalten haben, denn
Abbe Cochet!) hat eine grolse Zahl von Beispielen sowohl aus Frankreich,
namentlich aus den nördlichen Departements, als auch aus England bei-
gebracht, in welchen solche Aschengefälse, dolia cineraires, wie er sie im
Gegensatze zu den doha tumulaires nennt, nachgewiesen wurden. Er
schreibt sie wesentlich der gallo-römischen Zeit zu. Leider ist das
interessanteste Stück dieser Art, das Dolium von Nerae (im Museum zu
Rouen), nicht unverdächtig; wäre es ächt, so würde es sich vortrefflich
zu einer Zeitbestimmung eignen, denn es trägt eine Inschrift, nach welcher
Kaiser Tetricus darin gegen 268 n. Chr. die Asche seines Freundes, eines
vornehmen Aquitaniers, Mertorix, beigesetzt habe. Fast alle diese Dolien
enthalten aufser gebrannten Knochen noch Gefälse aus Thon, Glas oder
Blei. Ja, die Erinnerung an diesen Gebrauch muls sich noch bis tief
in die christliche Zeit erhalten haben. Wie Abbe Cochet?) zeist, giebt
es im den Kathedralen von Reims und Amiens noch alte Darstellungen
der Auferstehung, wo die Todten sich aus grofsen Össuarien erheben.
Diesen „Aschendohen“ reihen sıch offenbar auch die, freilich ın
der Regel viel kleineren Urnen mit Leichenbrand und mannichfaltigen
Beigaben an, welche den gewöhnlichsten Bestandtheil unserer Urnenfelder
bilden. Je weiter dieser Verbreitungsbezirk ist, um so auffälliger muls
es erscheinen, dals er sich, soweit es scheint, in einem direkten Gegen-
satze zu dem Gebiet der orientalischen Grab-Pithoi befindet. Hr. Helbig
hat mir auf meine Frage ganz bestimmt erklärt: „Gräber mit umgelesten
Dolien, welche Skelette enthalten, kommen in Italien nicht vor.“ Die
Aufmerksamkeit war freilich bis jetzt auf diese Verhältnifse wenig oder
gar nicht gerichtet; trotzdem ist es bemerkenswerth, dals mit Ausnahme
der Krim kein europäischer Ort bekannt ist, wo Skelet-Pithoi zu Tage
kamen. Dagegen wird es sich vielleicht der Mühe lohnen, weiter zu er-
forschen, ob der vielfach aus dem fernen Osten berichtete Gebrauch,
1) Revue archeologique 1857. Ann. XIV. p. 608.
2) Ebendas. p. 617.
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 19
Leichen in Honig einzulegen, nieht vielleicht in Beziehung zu der hier
erörterten Bestattungsweise gestanden hat.
In Bezug auf die Häufigkeit des Leichenbrandes in Assos theilt
mir Mr. Ölarke mit, dals „das Verbrennen recht häufig und in fast allen
Zeitaltern vorkam. Alle Aschenurnen (Osteothekai) enthielten caleinirte
Knochen, aber merkwürdigerweise fanden sich durchaus keine Zähne dabei
vor. Die archaischen Urnen, von denen wir etwa 20 fanden, waren ent-
weder mit einem leichten Bronzedeckel versehen oder mit eigens hierfür
hergestellten schalenartigen Gefäfsen bedeckt. In der pergamenischen Zeit
setzte man die verbrannten Knochen in kleinen kubischen Steinkasten bei,
welche etwa 1—14 Fufs malsen. Erst in ganz später Zeit kamen wieder
Urnen vor, die dann manchmal mit Bleideckeln versehen waren“.
Nach dieser Darlegung der allgemeinen Verhältnisse gebe ich zu-
nächst die Berichte des Mr. Clarke über die Fundverhältnisse der zu
beschreibenden Schädel. Ich bemerke dabei, dafs die ersten beiden mir
unter dem 17. November 1882 durch Hrn. Dr. Helferich in München
zugingen; der dritte wurde von Mr. Clarke persönlich im vorigen Jahre
überbracht.
In Betreff des Schädels Nr. 1 berichtet Mr. Clarke in einem aus
Assos, 12. Mai 1882, datirten Briefe Folgendes: „Er ist der ältere von
den beiden. Er war beigesetzt in einem mächtigen Thonkruge (prthos)
von 1.95" Länge und 0.9" im gröfsten Querdurchmesser, der hart an
dem Mutterfelsen des Berges lag. Die Mündung war mit einer dünnen
Steinplatte bedeckt. Obwohl das Gefäls durch das
Gewicht der bedeckenden Erde geborsten (cracked)
war, hatte sich doch kein Schutt (debris) mit den
Knochen vermischt, welche durchweg in einem voll-
kommenen Zustande waren. Die Arme waren gekreuzt. Die beste Zeit-
bestimmung liefert ein kleines Ölgefäfs mit dem wohlbekannten Muster
der vier Augen zur Abwendung des bösen Blicks (technisch apotropai-
scher Aryballos genannt). Der Unterkiefer war auf die Brust gesunken
und zu zerbrechlich, um mitgesandt zu werden. Ein Eindruck am Knochen
über dem Auge scheint auf eine Verwundung, welche während des Le-
2%
6]
20 VIRCHOoWw:
bens durch ein Schwert oder eine andere ähnliche Waffe hervorgebracht
wurde, hinzudeuten.“
In einem neueren Briefe fügt Mr. Clarke noch hinzu, dafs der
betreffende Pithos (Nr. 5) gezeichnet wurde, ehe er ganz ausgegraben
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7
Über alte Schädel von Assos und Uypern. al
wurde. Er hat die Güte gehabt, mir auch diese Zeichnung zu sen-
den (s. den Holzschnitt S. 20). Die Dicke der Wände des Pithos war
verhältnilsmälsig gering: unten etwa 3, in der Mitte nur 2°“. Er war
gänzlich zerdrückt, behielt aber, bis er zur Hälfte ausgegraben war, seine
ursprüngliche Form. In das Innere war fast gar keine Erde eingedrun-
gen. Der Kopf der Leiche lag nach der Mündung des Gefälses zu, die
Arme waren deutlich über der Brust gekreuzt. Der kleine Aryballos ist
später in der Theilung den Türken zugefallen, indefs wurde an Ort und
Stelle eine Photographie desselben aufgenommen. Darnach ist der nach-
stehende Holzschnitt angefertigt worden.
Mr. Clarke sagt darüber Folgendes: „Nach dem Vergleich des so
charakteristisch bemalten Aryballos mit ähnlichen Stücken glaube ich
sicher zu sein, wenn ich das Jahrhundert von 550 bis 450 v. Chr. für
den ersten Schädel annehme. Mr. Newton, dem ich die Photographie
zeigte, nahm bestimmt an, dafs der Aryballos dem 6. Jahrhundert zuzu-
schreiben sei, und seine sachkundigen Assistenten stimmten hierin bei.
Ganz ähnliche Aryballen, durch eingekratzte Inschriften ausgezeichnet,
namentlich einer aus Korinth, sind von Philologen auf etwa 550 datirt!).
1) In einem neuesten Briefe bemerkt Mr. Clarke, dafs er auch im Berliner An-
tiquarium solche kleine Aryballen als korinthische bezeichnet gefunden habe; Schliemann
habe einen in Mykenae (Nr. 3857 des Museums) gewonnen und die Form erscheine auf
einem archaischen Relief (Grabstele) in Neapel.
DD) VIRCHow:
Der assische Aryballos ist aber sicher etwas jünger, — solche archaische
Kunstformen wurden in der südlichen Troas erst spät eingeführt, dann
aber lange unverändert beibehalten, — wie beispielsweise recht gut an
den assischen Tempel-Skulpturen zu sehen ist. Die Arbeit ihrer Reliefs
würde im europäischen Griechenland auf etwa 580 bis 520 schliefsen
lassen, während ich entschieden nicht zu fehlen glaube, wenn ich nach
architektonischen Gründen behaupte, jener Tempel sei erst nach den
Perserkriegen erbaut. Hierin stimmt mir Professor Conze bei (vgl.
Deutsche Litteratur-Zeitung, 25. November 1882). Ich glaube daher, dafs
nach allen Anzeichen der Mann, dessen Schädel mit Nr. 1 bezeichnet ist,
im 6. Jahrhundert lebte, aber wahrscheinlich erst in der ersten Hälfte
des 5. Jahrhunderts v. Chr. starb.“ —
Von dem Schädel Nr. 2 sagt Mr. Clarke in seinem ersten Briefe,
es sei aus einem grolsen Steinsarkophage (Nr. 32) genommen und stamme
aus der Zeit der pergamenischen Herrschaft. Dies gehe hervor aus Mün-
zen und kleinen Gefälsen, welche in Sarkophagen aus derselben Gräber-
abtheilung gefunden’ wurden.
In einem späteren Briefe giebt Mr. Clarke folgende Details: „Der
Sarkophag No. 32, in welchem der Schädel gefunden wurde, gehörte einer
Umfriedisung (im zweiten Bericht Larichos Enclosure genannt, nach einem
häufig darin vorkommenden Namen) an, welche sowohl nach dem archı-
tektonischen Styl der Exedrae, als auch nach den Schriftzeichen der Grab-
stelen dem 2. vorchristlichen Jahrhundert zuzuschreiben war. Auch trugen
sämmtliche, in dieser Umfriedisung gefundenen Töpferwaaren diesen Cha-
rakter. — Diese Zeitbestimmung ist aber jetzt ganz sicher geworden durch
die Analyse von 4 Münzen, von denen 3 direkt dieser Umfriedigung ent-
stammten, die vierte aber in nächster Nähe unter gleichen Verhältnissen
gefunden wurde. Im Sarkophag Nr. 16 der Larichos Enclosure, gleich
neben Nr. 32, befand sich eine athenische Silberdrachme mit den Namen
TAAY und EXE (abgekürzt für TAAYKOZ und EXEKPATHE), welche im
British Museum von Numismatikern als 196 bis 186 datirt ist. Im Sar-
kophag Nr. 35 der nämlichen Umfriedigung lag unter Resten gebrannter
Knochen eine Silberdrachme von Ephesos, nach athenischem Münzfuls
geprägt, die einer Serie angehört, welche zwischen 202 und 133 emittirt
wurde. Dicht daneben in der Umfriedisung fand sich eine ganz gleiche
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 233
Münze, worauf weiter der Magistrat-Name BIANNP zu lesen ist. Eine
dritte gleiche ephesische Münze lag in dem Sarkophag Nr. 58 in einer
daneben befindlichen Umfriedigung, die offenbar gleich alt war; darauf ist
der Name AKPOMENHZ zu lesen. — Hiernach ist der Schädel Nr. 2
ganz sicher aus pergamenischer Zeit und zwar wohl ungefähr aus der
Mitte des 2. Jahrhunderts, da die erwähnte athenische Münze am ge-
nauesten datirbar ist und offenbar noch als neues Stück der benachbarten
Leiche beigelegt worden ist.“
Mr. Clarke fügt hinzu, „dafs die Leichen in dieser Zeit sowohl
verbrannt, als inhumirt wurden, wobei letzteres Verfahren offenbar als das
vornehmere angesehen wurde. Ein Grund hierfür mag wohl in den be-
deutenden Kosten eines Steinsarkophages zu suchen sein. In der Larichos
Enclosure waren beide Verfahren vertreten, obwohl alle Leichen-Überreste
offenbar fast gleichalterig waren.“ —
„Der dritte Schädel“, schreibt Mr. Clarke, „den ich selbst, seines
stark beschädigten Zustandes wegen, in meinem Handgepäck nach Berlin
brachte, wurde in einem steinernen Sarkophage (Nr. 116 meiner Sarko-
phag-Liste) gefunden. Dieser Sarkophag war nicht Monolith, sondern
bestand aus 6 zusammengefügten Platten. Er stand auch etwas abseits
von der Hauptgräberstrafse, weiter entfernt von dem Stadtthor, und Alles
deutete darauf hin, dafs die Personen, die in dieser Gegend bestattet: waren,
nicht zu den reicheren und angeseheneren Bürgern gehörten. Die Beigaben
in sämmtlichen Gräbern dieser Reihe waren ärmlich und für die Zeitbe-
stimmung nicht charakteristisch. — In dem betreffenden Sarkophag Nr.
116 waren sonst noch zwei unglasirte, durch Nichts ausgezeichnete Tassen
und ein stark zerfressener Bronzespiegel. Das Vorkommen eines solchen
Spiegels spricht vielleicht gegen allzuspätes Datum, aber ich mufs gestehen,
dafs ich keine archäologischen Mittel kenne, wonach man dieses Grab
innerhalb des Zeitraumes eines halben Jahrtausends bestimmen kann.
Nach Fundort und Beigaben zu urtheilen, kann das Individuum, defsen
Schädel Sie jetzt als Nr. 3 bezeichnen, wohl nicht später als im 3. Jahr-
hundert n. Chr. und kaum früher, als in der Diadochenzeit, gelebt haben.“
In dem späteren Briefe heifst es: „Das Zeitalter des dritten Schädels
ist am wenigsten zu bestimmen. Es mag nur soviel sicher sein, dals er
bedeutend jünger ist, als Nr. 1; der Metallspiegel spricht dafür. Derselbe
24 VIRCHOWw:
ist merkwürdig klein und ohne jegliches Ornament. Ich finde jedoch die
Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlofsen, dals dieser Schädel älter ist,
als Nr. 2. —
Wir haben somit in den 3 Schädeln Repräsentanten der 2 oder,
wenn man will, 3 Hauptformen der Bestattungsgräber in Assos: der Pithoi
und der beiden Arten von Sarkophagen. Aller Wahrscheinlichkeit nach
folgen sie einander auch zeitlich in der Art, dafs Nr. 1 einer ziemlich
alten Periode, ich möchte glauben, der Zeit der Iydıschen oder der ersten
persischen Herrschaft, angehört, Nr. 2 aus der Zeit der pergamenischen
und Nr. 3 aus dem Anfange der römischen Occupation stammt. Den
letzteren Schädel erst in die Zeit nach Christo zu setzen, scheint mir
deshalb unthunlich, weil in dieser Zeit die Leichen der ärmeren und
mittleren Bevölkerung wohl durchweg verbrannt sein werden; ihn schon
vor Nr. 2 bis in die Diadochenzeit zurück zu datiren, hat Mr. Olarke,
wie ich aus seiner ersten Notiz über den Schädel Nr. 3 entnehme, selbst
nicht beabsichtigt, und sein jetziges Zugeständnils ist wohl nur der grofsen
Vorsicht zuzuschreiben, mit welcher er diese Angelegenheit mit Recht
behandelt. Für mich ist einigermaalsen bestimmend der Umstand, dals
die Schädel Nr. 1 und Nr. 2 sowohl ihrem Aussehen, als ihrem Typus
nach unter einander übereinstimmen, während Nr. 3 in beiden Beziehungen
verschieden ist: letzterer hat, ich darf wohl sagen, ein mehr recentes Aus-
sehen. Indefs gestehe ich offen, dafs dasselbe täuschen kann.
Die zwei ersten Schädel sind sich, wie eben erwähnt, in ihrem
äufseren Verhalten sehr ähnlich. Ihre Oberfläche ist an vielen Stellen
mit einem dunkelgrauen, etwas ins Bräunliche ziehenden, erdigen Überzuge
versehen, der sich nur zum Theil abwaschen läfst; die Knochen selbst
haben eine weniger dunkle, gelblich- oder bräunlich-graue Farbe, und sind
im höchsten Grade brüchig, auf dem Bruche kreidig weils. Nr. 3 ist
ihnen in letzterer Beziehung ähnlich, sonst recht unähnlich. Alle drei
kleben an der Zunge, am wenigsten der Schädel Nr. 1, am stärksten der
zeitlich jüngste Nr. 3. Von keinem derselben ist der Unterkiefer erhalten.
Tabellen über die durch Messung gewonnen Zahlen und über die daraus
berechneten Indices werden am Schlufse beigefügt werden.
[89]
or
Über alte Schädel von Assos und Öypern.
1.
Der Schädel Nr. 1 (Taf. I) gehörte einem älteren Manne, vielleicht einem Krie-
ger, denn er hat durch Hiebe von vornher tiefe Wunden empfangen. Die Zähne sind
defekt und zum grolsen Theil tief abgenutzt, die Muskel- und Sehneninsertionen stark
ausgebildet, längs der Knochenränder leichte Hyperostosen. Eine scharfe, aber geheilte,
eindringende Hiebwunde von 3°% Länge zieht schräg von der Mitte der Stirn gegen
die Mitte des linken Supraorbitalrandes (Fig. 1). Eine zweite kleinere Narbe der Art,
nicht genau in der Fortsetzung, aber parallel der Stirnwunde, liegt am linken Infraorbi-
talrande; sie ist nur 3%" lang, aber der Knochenrand war durch das schiefe Eindringen
der Hiebwaffe an der äufsern Seite etwas aufgerichtet und ist in dieser Stellung verwach-
sen. Trotz seiner Brüchigkeit ist der Schädel schwer, was auf Diekwandigkeit hinweist.
Seine Capaeität von 1400°® deutet auf ein gut ausgebildetes Gehirn. Irgend welche Spu-
ren künstlicher Deformation sind an ihm nicht sichtbar. Die Nähte sind grofsentheils
vorhanden, obwohl vielfache Spuren von Synostose hervortreten: die seitlichen unte-
ren Theile der Kranznaht sind vollständig, die anstofsenden Theile der
Sphenoparietal- und Sphenofrontal-Naht, namentlich links, in grölserer
Ausdehnung synostotisch; auch an der stark zackigen Sagittalis sind mehrere ver-
wachsene Stellen, gleichwie an der noch stärker gezackten und rechts mit einem gröfse-
ren Schaltknochen versehenen Lambdanaht. In dem Winkel, wo Coronaria und Spheno-
parietalis zusammenstolsen, findet sich eine grubige Vertiefung (Stenokrotaphie). Dafür
ist die Sphenotemporal-Naht in Form einer scharfen Leiste vorgetrieben. Ebenso zeigt
sich an der Sagittalis nur ein einziges, kleines und zwar median gelegenes Emissarium
parietale innerhalb einer synostotischen Stelle. Breite, aber flache hyperostotische Rand-
zonen begleiten beiderseits sowohl die Sagittalis, als namentlich die Lambdanaht.
Die Schädelform ist kurz, aber breit und voll, mit guter Wölbung des Hinter-
kopfes. Der Breitenindex beträgt 82,1, der Höhenindex 77,7; es ist also eine hypsi-
brachycephale Form. Die Verkürzung betrifft hauptsächlich den Mittelkopf, denn die
sagittalen Umfangsmaalse vertheilen sich folgendermaalsen:
Stirnbein 34,4
Sagittalis 31,6
Hinterhauptsschuppe 33,9
Ganzer Sagittalumfang 100,0
Die leicht zurückgeneigte Stirn ist voll, ohne Glabellarvertiefung, breit (100""); die
Supraorbitalwülste mälsig, der Nasenfortsatz nur ganz wenig vorgewölbt. Die Tubera
wenig gegen die Intertuberalgegend vortretend. Der hintere Theil des Stirnbeins grols
und stark gewölbt. An den sehr breit ausgelegten Scheitelbeinen gehen die Plana tem-
poralia bis zu den mälsig entwickelten Tubera in die Höhe; die Scheitelgegend flach ge-
wölbt, der hintere Abfall langsam, von der Intertuberallinie beginnend. Die Squama oe-
eipitalis hoch und breit, die Oberschuppe gut gewölbt, aber sehr hügelig, die Protuberanz
breit, aber nicht hoch, Linea suprema fehlt, die superior stark abgesetzt, die Unterschuppe
fast horizontal gestellt, kurz, mit tiefen Muskelzeichnungen, besonders starken Eindrücken
zu beiden Seiten der Mittellinie. Cerebellar-Wölbungen wenig ausgebildet.
In der Oberansicht (Fig. #) erscheint der Schädel im Ganzen breit, am stärksten
in der untern und hintern Parietalgegend. Nach vorn verschmälert er sich ziemlich gleich-
Phys. Cl. 1884. Abh. II. 4
26 VIRCHow:
mälsig und ist daher phaenozyg. In der Seitenansicht (Fig. 3) tritt die Höhe und die
seitliche Auswölbung ganz besonders in die Erscheinung. Die Norma oecipitalis (Fig. 2)
zeigt einen breit gerundeten, oben leicht dachförmigen, an den Seiten nach unten schwach
eonvergirenden Contour. Ganz besonders breit und kurz stellt sich die Unteransicht
(Fig. 5) dar, bei welcher die grofse Mastoidealbreite besonders auffällt. Das Foramen
magnum ist von mälsiger Gröfse, 36 auf 30", langoval, mit stark vortretenden Condy-
len und unregelmäfsig verdiektem Rande. An der sehr breiten und platten Apophysis
basilaris ein kräftiges Tubereulum pharyngeum.
In der Vorderansicht (Fig. 1) sieht man den Kopf hoch und breit gewölbt; der
sichtbare Contour gehört noch ganz dem Stirnbein an. Das Gesicht, dem leider der Un-
terkiefer fehlt, ist nicht besonders hoch; die Backenknochen sind kräftig und höckerig,
die Jochbogen jedoch nicht stark vortretend; Mittelgesichtsindex 74,7, leptoprosop. Or-
bitae breit und eckig, die Stirnfortsätze der Wangenbeine etwas eingebogen, die äulseren
Abschnitte der Supraorbitalränder dachartig überhängend, die Infraorbitalränder dagegen
höckerig vortretend; Index 78,9, chamaekonch. Nase schon am Ansatz etwas breit,
synostotisch, der Rücken oben schwach eingebogen und gerundet, der untere Theil der
Nasenbeine verloren, die Apertur etwas schief; Index 50, mesokonch. Am Öberkiefer
die beiden Vorderflächen höckrig; eine kleine, aber tiefe Fossa canina über dem Praemo-
laris II, dessen Wurzelspitze links eine wirkliche Protuberanz der Alveolarwand in der
Fossa canina hervorgebracht hat. Alveolarfortsatz 21”” hoch, leicht prognath. Vor-
derzähne mit ungewöhnlich langen Wurzeln (am medialen Schneidezahn 172%). Auf der
rechten Seite fehlen die Molares I und III, deren Alveolen ganz obliterirt sind; dafür
stehen die Praemolaren dieser Seite mehr nach innen (Fig. 5) und ihre Kronen sind fast
ganz intakt, während die der linken Seite tiefe Abnutzungsflächen zeigen. Der Gaumen
ist tief und verhältnifsmälsig breit; leider ist sein Index (85,1?) wegen der Abweichung
der Zahneurve rechts und gewisser Verletzungen nicht sicher zu bestimmen; es scheint
jedoch, dafs er brachystaphylin war.
2.
Der Schädel Nr. 2 (Taf. II) stammt von einem noch älteren, gleichfalls kräf-
tigen Manne mit geheiltem Bruch der Nasenbeine. Er hat noch 11 Zähne im Ober-
kiefer gehabt, von denen 7 nachträglich verloren gegangen sind; die noch restirenden 4
sind bis auf die Wurzeln abgeschliffen. Die Backzähne waren bis auf den Molaris II
der rechten Seite sämmtlich schon im Leben verloren: die vollständige Obliteration der
betreffenden Alveolen und der gänzliche Schwund des Alveolarfortsatzes zeigen, dafs der
Verlust sogar schon vor längerer Zeit stattgefunden hatte.
An der Basis (Fig. 5) ist ein umfangreicher Defekt, welcher die Gegend neben
und hinter dem Foramen magnum betrifft. Die Apophysis basilaris, der grölste Theil des
linken Processus eondyloides und ein kleiner Theil des rechten sind noch vorhanden. Der
Defekt betrifft daher einen Theil der Squama oceipitalis, den grölsten Theil der Bogen-
stücke und die nächstanstolsenden Theile des rechten Schläfenbeins, von dem insbeson-
dere der Warzenfortsatz und die unteren Gegenden des Felsenbeins mit zerstört sind.
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 27
Das so entstandene Loch hat daher wesentlich eine querovale Gestalt mit vorzugsweiser
Entwiekelung gegen die rechte Seite hin und es gleicht insofern in nicht geringem Maafse
dem Basilardefekte einer Reihe von Schädeln, über welche ich wiederholt im Laufe der
letzten Jahre gehandelt babe!), bei denen der Defekt durch gewaltsame Verletzung des
Schädelgrundes, namentlich durch Abschneiden des Kopfes oder durch Pfählen, hervor-
gebracht ist. Nun kann darüber kein Zweifel sein, dafs der vorliegende Defekt nicht
etwa erst, wie es nicht ganz selten geschieht, durch eine Verletzung beim Herausnehmen
des Schädels aus dem Grabe erfolgt ist; sämmtliche Ränder desselben sind mit derselben
schwärzlich-erdigen Schicht überzogen, welche auch die benachbarten Knochenoberflächen
bedeckt. Auf der anderen Seite constatire ich, dafs auch nicht an der kleinsten Stelle
die Einwirkung eines scharfen Instrumentes, einer Hieb- oder Stofswaffe, zu bemerken
ist; sämmtliche Ränder sind rauh und sehen gebrochen aus. Aber dieselben sind zu-
gleich so unregelmäfsig, dals sie nicht füglich dem Lebenden zugefügt sein können; stel-
lenweise haben sie sogar ein wie ausgefressenes Aussehen. Indefs findet sich eine wei-
tere Reihe von Veränderungen, welche auf eine fortschreitende Erweichung, Auflösung und
Abnagung von Knochensubstanz nach dem Tode hinweisen. Über das ganze Schädeldach
bis zur Stirn hin sieht man eine grolse Anzahl unregelmäfsiger, aber seichter „Ausnagun-
gen“, welehe mit dem schwärzlich-erdigen Überzuge gefüllt sind. Hier fehlt die Tabula
externa. An den Parietalia wird die Zahl dieser Defekte grölser, an den hinteren Ab-
schnitten überwiegt die Grölse der „ausgenagten“ Fläche sogar die Gröfse der noch in-
takten Stellen. Nahe an der Lambdanaht fehlt die Tabula externa ganz und ebenso bei-
nahe an der ganzen Oberfläche der Hinterhauptsschuppe. Auch diese Erscheinung
ist nach rechts weiter ausgedehnt, wo noch die ganze Pars mastoidea davon be-
troffen ist. Schon dieser Umstand macht es sehr wahrscheinlich, dafs der totale Defekt
um das Foramen magnum mit dieser cortikalen Auflösung der Knochen in Beziehung
steht.
Es kommt aber noch ein drittes Verhältnils in Betracht, nehmlich eine so starke
Verdrückung des Hinterhaupts, dafs man an künstliche Deformation denken könnte.
In der That bleibt der Schädel stehen, wenn man ihn auf die Gegend der hintern Fontanelle
stellt; die Spitze der Oberschuppe und die anstolsenden Theile der Parietalia sind ganz
abgeplattet. Dafs jedoch auch diese Abplattung posthum ist, geht daraus hervor, dafs
sie sich in erkennbarer Weise, wenngleich sehr viel weniger ausgeprägt, über die ganze
Hinterhauptsschuppe, und zwar stärker über die rechte Seite derselben, fortsetzt
und hier auch das Parietale mit betrifft, so dafs der Schädel im Ganzen schief (Fig. 5)
erscheint. Die letzten Abschnitte der Unterschuppe, welche direkt die Ränder des grolsen
Loches bilden, sind sogar nach innen umgelegt.
Diese Veränderungen können nur durch eine posthume Erweichung der Knochen
erklärt werden, welche am wahrscheinlichsten durch kohlensäurereiche Sickerwässer erfolgt
ist. In Verbindung mit den früher erwähnten Veränderungen machen sie es wahrschein-
lich, dafs auch der grolse Defekt um das Hinterhauptsloch durch eine solche Erweichung
wenigstens vorbereitet ist. Wenn man annimmt, dafs sich allmählich grölsere Massen
1) Zeitschrift für Ethnologie 1882. Bd. XIV. Verhandl. d. Berliner anthrop. Gesellsch. S. 226. —
1883. Bd. XV. Verh. S. 310. — 18834. Bd. XVI. Verh. S. 53. Taf. II u. S. 150.
4*
38 VIRCEHOW:
eingeschwemmter Erde über dem Kopfe sammelten und dafs dieser mehr und mehr gegen
die Halswirbel angedrückt wurde, so läfst sich auch das gebrochene Aussehen der Rän-
der des Defektes wohl deuten. Eine solche Bedeckung mit Erde würde zugleich erklä-
ren, dals die Einwirkung der Sickerwässer später geringer geworden ist, endlich vielleicht
ganz aufgehört hat, und dafs es deshalb nicht zu eiuer vollständigen Auflösung des Hin-
terkopfes gekommen ist.
An der rechten Seite (Fig. 3) fehlt auch ein Stück der Squama temporalis an
der Schuppennaht, indels dürfte dies erst nachträglich, nach der Herausnahme des Schä-
dels aus dem Grabe, eingebrochen sein. Die Knochen sind hier so brüchig, dals es auch
mir noch passirt ist, einen weiteren Einbruch hervorbringen.
Die Capaeität des Schädels ist unter diesen Umständen nicht zu bestimmen und
selbst die Maalse der Schädelkapsel sind unsicher. Dazu kommt, dafs die unteren La-
teralabsehnitte der Kranznaht synostotisch sind und dafs links die Synostose
auch die Sphenofrontal- und Sphenoparietal-Naht umfalst. Nichtsdestoweni-
ger bezweifle ich nicht, dafs der Schädel auch ursprünglich hypsibrachycephal war:
nur die sehr hohen Indices (Breitenindex 87,3, Höhenindex 79,2) wären zu ermälsigen.
Bei der Betrachtung des Sagittalumfanges zeigt sich, dafs eine gewisse Verschiedenheit
von dem vorigen Schädel vorhanden ist, indem das Mittelhaupt etwas mehr ausgebildet
ist. Von der Hinterhauptsschuppe sind noch 104” im Sagittalumfange übrig, und da der
Rand des Defektes um 12” jenseits der Confluenz der beiden Lineae semieire. inferiores
liegt, so kann nieht sehr viel von der Unterschuppe verloren sein. Während im vorigen Falle
der Sagittalumfang des Stirnbeins den des Mittelkopfes um 10, den des Hinterhauptes nur
um Jmm überstieg, ist derselbe an dem Schädel Nr. 2 nur um 3" gröfser, als der des
Mittelkopfes, dagegen war er vielleicht um 6— 8” gröfser als der des Hinterhaupts.
Die Stirn (Fig. 1) ist von erheblicher Breite (96%), ziemlich gerade und nur
wegen der grolsen Prominenz des Stirnnasenwulstes scheinbar etwas schräg ge-
stellt. Letzterer setzt sich aus einer etwas niedrigeren medianen und zwei sehr starken
lateralen Vorwölbungen (Sinus frontales) zusammen; die lateralen dehnen sich sowohl
nach unten gegen die Augenhöhlen, als nach oben und aufsen auf die Stirnfläche aus,
jedoch von den lateralen Abschnitten des Supraorbitalrandes durch einen tiefen, schräg
nach aufsen gerichteten Thaleinschnitt getrennt. Über dem Nasenwulst ist so eine tiefe
Glabella entstanden. Tubera schwach. Hinterer Theil des Stirnbeins hoch und nament-
lich breit gewölbt. Die Scheiteleurve am Mittelkopf bis zur Intertuberallinie fast gera-
de, von letzterer ab beginnt die Abplattung. Tubera parietalia schwach, gröfste Breite
des Schädels an den unteren und hinteren Theilen der Scheitelbeine.
In der Oberansicht (Fig. 4) sieht man deutlich die hintere Abplattung mit der
stärkeren Eindrückung rechts und die ziemlich beträchtliche Verjüngung des Schädelcon-
tours nach vorn. Leichte Phaenozygie. In der Seitenansicht bemerkt man die Plana
temporalia, obwohl grofs, doch voll gewölbt; die Lin. semieireul. sup. erreichen die Tu-
bera nicht. Schläfengegend hügelig, aber nicht verengert. In der Hinteransicht (Fig. 2)
ist der Schädeleontour breit gerundet, das Dach mehr flach, die Seiten gewölbt und nach
unten convergirend. Lambdawinkel stumpf, Oberschuppe grofs, aber abgeplattet. In der
Unteransicht (Fig. 5) erscheint der Schädel extrem breit und kurz; in der That beträgt
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 29
die Mastoidealdistanz (Spitzen) 108, die Aurieulardistanz sogar 126, die oceipitale 114mm, —
ganz ungewöhnliche Maalse.
Das Gesicht (Fig. 1) ist niedrig, verhältnilsmälsig breit und eckig; trotzdem be-
rechnet sich ein leptoprosoper Mittelgesichtsindex von 77,2. Die Augenhöhlen grols,
aber mehr breit, der äufsere Theil des Supraorbitalrandes überhängend, der innere durch
den grofsen Stirnwulst aufgetrieben; von der Gegend der Ineis. supraorb. aus eine breite,
schief auslaufende Furche; Index 82,0, mesokonch. Interorbitaldistanz gering. Nase
grols, aber verhältnilsmäfsig schmal, sehr stark vortretend, mit eingebogenem und am
Ende wieder gesenktem Rücken, hoher schmaler Apertur, starker Spina: Index 5l, am
Beginn der Platyrrhinie. Die Nasenbeine sind gegen den Ansatz hin synostotisch,
am Ende des zweiten Drittheils quergebrochen und nur mit geringer Callusbildung und
unter Verschiebung nach rechts unvollständig geheilt. Fläche der Wangenbeine unregel-
mälsig; sehr starker Vorsprung der Tuberositas zygomatico-maxillaris. Jochbogen stark
gewölbt und abstehend. Vordere Fläche der Oberkiefer nach oben hin flach vortretend,
hintere gegen die Sphenomaxillargrube stark gewölbt. Infraorbitallöcher grols, aber
sehr schräg gestellt, rechts in so starkem Maafse, dafs der Eingang horizontal,
ja etwas nach oben und innen gerichtet ist (Fig. 1). Alveolarfortsatz etwas
schräg, 17%” hoch. Gaumen im Ganzen schmal, aber wegen der vielen Zahndefekte und
der senilen Veränderungen zweifelhaft, wahrscheinlich leptostaphylin gewesen. Gaumeu-
platte sehr höckerig, mit kleinen Knochennadeln und Höckern besetzt.
3.
Der Schädel Nr. 3 (Taf. III) ist von den beiden vorhergehenden wesentlich
verschieden. Er gehörte einer jugendlichen, vielleicht 20jährigen, allem Anschein nach
weiblichen Person an, deren Weisheitszähne noch nicht ausgebrochen und deren Zahn-
kronen noch fast ganz intakt sind, während die Sphenooceipitalfuge schon geschlossen ist.
Nirgends sind ausgeprägte Muskel- und Sehnenvorsprünge zu bemerken, Alles erscheint
glatt und zart. Die Knochen, welche eine mehr lichtgelbliche Oberfläche und nur stel-
lenweise harte und rauhe, fast warzige, fest anhaftende Überzüge besitzen, zeigen äulser-
ste Brüchigkeit. In Folge davon war der Schädel in seinem hintern Abschnitte auf der
Reise hierher ganz zerbrochen, indefs haben sich die Bruchstücke durch Zwischenlagen
von Gyps gut zusammenfügen lassen, so dafs die jetzige Form als sicher gelten darf.
Die Nähte, soweit man sie erkennen kann, sind erhalten und meist stärker gezackt.
Die Capaeität ist natürlich nicht zu bestimmen, aber die Umfassungsmaalse er-
geben geringere Verhältnisse. Nur der Sagittalumfang ist beträchtlicher; er beträgt 71,2
Procent des Horizontalumfanges. Dabei zeigt sich eine vollständige Umkehrung der Ver-
hältnisse im Einzelnen, indem das sagittale Maafs der Hinterhauptsschuppe um 7" das
des Stirnbeins und um 12” die Länge der Sagittalis überschreitet:
Stirnbein Sal
Sagittalis 31,8
Hinterhauptsschuppe 35,0
Gesammter Sagittalumfang 100,0
30 VIRCHow:
Auch der gerade horizontale Durchmesser des Hinterhaupts beträgt 35,1 Procent der
Gesammtlänge. ö
Die Schädelform ist ausgemacht orthodolichocephal: Breitenindex 74,7, Hö-
henindex 72,0. In der Oberansicht (Fig. 4) erscheint sie lang, mälsig breit und etwas
phaenozyg. Ganz analog ist die Unteransicht (Fig. 5), in welcher namentlich das lange
Hinterhaupt breit gerundet aussieht, während die Distanz der Warzenfortsätze (115”")
und der Ohreingänge (109"%) gering ist. Am auffälligsten aber macht sich der Eindruck
der Länge und der relativen Niedrigkeit in der Seitenansicht (Fig. 3) geltend: der Absatz
an der Stirn ist ein schneller, hinter der Coronaria eine leichte Senkung, von der Tube-
ralgegend an ein langsamer Abfall, der erst in der Mitte der Oberschuppe sein Ende fin-
det. Die Anguli parietales und die Alae sphenoideales so tief liegend, dafs eine wirkliche
Stenokrotaphie entstanden ist; der Schläfendurchmesser 126, an der Stelle der tiefsten
Einsenkung jedoch nur 110”®, Da die Breite nach hinten zunimmt, so ist auch der oc-
eipitale Querschnitt (Fig. 2) verhältnifsmäfsig breit und flach gewölbt. In der Unteran-
sicht (Fig. 5) sieht man die Gelenkhöcker stark vortretend, das Hinterhauptsloch lang-
oval, die Apophysis basilaris schräg aufgerichtet, die Kiefergelenkgruben tief.
In der Vorderansicht (Fig. 1) tritt der Vorderkopf sowohl durch seine Breite, als
durch seine hintere Höhe hervor. Die eigentliche Stirn ist sehr breit (101”®), aber nie-
drig, die Mitte stark vorgewölbt, ohne Glabella, der Nasenfortsatz breit, aber ohne Wulst,
ebenso die Supraorbitalränder ganz glatt. Tubera schwach. Hinterer Abschnitt des Stirn-
beins leicht dachförmig, Mitte vorspringend, Seiten etwas platt.
Das Gesicht ist höher, die grolsen Wangenbeine treten vorn weniger auffällig
vor, obwohl die Jochbogen stark ausgebogen sind; der Mittelgesichtsindex ist daher gering,
66,3. Auf der Fläche der Wangenbeine jederseits 2 gröfsere Gefälslöcher (Fig. 3). Die
Augenhöhlen sind gro[s und verhältnifsmälsig hoch, Index 84,2, mesokonch; sowohl die
Supra-, als die Infraorbitalränder stärker vortretend, aber nieht verdickt. Interorbitaldi-
stanz etwas grölser; Nasenfortsatz des Stirnbeins 26”® breit. Nase oben schmal, mit
eingebogenem Rücken, leider im unteren Verlauf zerbrochen, Index 50,0, mesorrhin.
Fossae caninae ganz gefüllt, die Fläche des Oberkiefers breit vortretend und plump ge-
bildet, die Foramina infraorbitalia grofs. Alveolarfortsatz sehr kurz (16”®%) und ortho-
gnath. Gaumen tief, ganz vollständig, mit stumpfer und kurzer Spina nas. post., daher
im Ganzen etwas kurz und breit; Index 80,8, mesostaphylin. Zahncurve leicht huf-
eisenförmig (Fig. 3).
Wir haben hier also zwei hypsibrachycephale und einen
orthodolichocephalen Schädel vor uns. Die beiden ersteren sind,
trotz der posthumen Veränderungen, welche Nr. 2 erfahren hat, so sehr
übereinstimmend unter einander, dafs sie nothwendig auf gleiche Ab-
stammung bezogen werden müssen. Dagegen ist Nr. 3 so verschieden,
dals von einer blofsen Variation innerhalb desselben Stammes, den wir
durch die beiden ersten Schädel repräsentirt sehen, nicht die Rede sein
Über alte Schädel von Assos und Uypern. ap
kann. Hier kommt also ein anderes Element der Bevölkerung zur Er-
scheinung.
Da aller Berechnung nach Nr. 1 einer ziemlich alten Zeit angehört,
vielleicht bis zum 6. Jahrhundert vor Christo zurückgesetzt werden muls,
während Nr. 2 der Zeit der pergamenischen Herrschaft, wahrscheinlich
dem 2. Jahrhundert vor Christo angehört, so läfst sich daraus schlielsen,
dals die Assier während mehrerer Jahrhunderte der vorchrist-
lichen Zeit hypsibrachycephal waren, zum mindesten, dafs die
gleiche Hypsibrachycephalie während dieser Zeit in der Bevölkerung fort-
lebte. Will man es nicht als einen besonderen Zufall ansehen, dafs gerade
solche Schädel und nur solche uns erhalten worden sind, so wird man
auch geradezu sagen können, dafs der alt-assische Typus hypsibrachy-
cephal war. Fügt man dazu eine mälsig leptoprosope Gesichtsbildung
mit ehamae- oder mesokonchen ÖOrbitae, mesorrhiner Nase und
brachystaphylinem Gaumen, so erhält man ein ziemlich deutliches
Bild von der physischen Beschaffenheit des Kopfes dieser Zeit. Wäre es
möglich, durch Vergleichung von gleichalterigen Skulpturwerken auch die
Weichtheile in die Betrachtung zu ziehen, so würde vielleicht ein ganz
authentisches Gesammtbild gewonnen werden.
Von dem Schädel Nr. 3 hatte Mr. Clarke, als er ihn mir über-
brachte, die Ansicht, dafs er einer späteren römischen Zeit angehöre.
Nachher hat er in gewissenhafter Anerkennung der geringen Zahl guter
chronologischer Merkmale die Möglichkeit zugestanden, dafs er bis zur
Diadochenzeit, also noch bis vor den Schädel Nr. 2, zurückreichen könne,
indefs hat er damit, soweit ich ihn verstehe, doch nicht den Gedanken
aufgegeben, dafs mehr Gründe für eine spätere Datirung vorhanden sind.
Mülste angenommen werden, dals er einem Mädchen der ärmeren Be-
völkerung angehört habe, so liefse sich denken, es trete in ihm ein altes
Element der Bevölkerung hervor, solchen Schichten entsprossen, welche
sich neben der wohlhabenderen Bevölkerung, wie sie in Nr. 1 und 2 ver-
treten ist, erhalten haben. Mr. Clarke führt in dieser Beziehung an,
dals der Sarkophag, aus welchem dieser Schädel genommen wurde, ab-
seits von der Hauptgräberstrafse und weiter entfernt von dem Stadtthore
stand, und dafs die Beigaben in allen Gräbern dieser Gegend ärmlich
waren, und er schliefst daraus, dafs hier wahrscheinlich reichere und an-
32 VIRCHOW:
gesehenere Bürger nicht bestattet worden seien. Das mag sein, indels
scheint mir daraus noch nicht zu folgen, dafs es gerade die ärmere Be-
völkerung war, welche hier bestattet wurde. Der Sarkophag war kein
Monolith, aber doch immerhin ein Sarkophag aus grolsen Steinplatten;
man hatte dem Mädchen ein paar Tassen und einen Bronzespiegel mit-
gegeben; vielleicht waren kleinere Schmuckgegenstände im Laufe der Zeit
zerstört, denn auch der Spiegel, trotz seiner Kleinheit ein verhältnifs-
mälsig grolses Metallstück, war stark zerfressen. Das Alles dürfte mehr
für die Meinung sprechen, dals das Mädchen dem Mittelstande ange-
hört hat.
Ihre Schädelform würde sich im Nothfalle mit einer römischen
Abstammung, vereinigen lassen. Indefs die Gesichtsbildung, welche mehr
breite und niedrige Formen zeigt und sich durch mesokonche, me-
sorrhine und mesostaphyline Gestalt den anderen Schädeln emiger-
maalsen annähert, begünstigt eine solche Annahme wenig. Auch bemerkt
Mr. Clarke, dafs unter einigen 80 Inschriften in Assos nur 2 lateinische
zum Vorschein gekommen sind, dafs ferner die architektonischen Eigen-
thümlichkeiten der Griechen (im Gegensatze zu denen der Römer) weit
länger beibehalten wurden, als dies z. B. in Mytilene oder Pergamon der
Fall war, und dafs eine ächt griechische (äolische) Bevölkerung und spe-
eifisch hellenische Sitten in dem stark provinciellen Assos sich verhältnifs-
mäfsig lange und unvermischt erhalten haben. Man wird daher auch wohl
darauf verzichten mülsen, gerade ein Mädchen der Mittelklasse den spär-
lichen römischen Einwanderern zuzuzählen. Die osteologischen Eigen-
thümlichkeiten lassen sich unzweifelhaft am leichtesten deuten, wenn man
die auch historisch beglaubisten Einflüßse der ionischen Stämme Klein-
asiens und später der Athener zu Hülfe nimmt.
Vergleicht man die assischen Schädel mit den sonst aus der Troas
bekannten, wie ich sie in meiner früheren Arbeit beschrieben habe, so
ergiebt sich, dafs auch an anderen Plätzen brachycephale und dolicho-
cephale Schädel neben einander gefunden worden sind.
In den Ruinen von Ophrynion wurde in einem Pithos-Grabe der Stadt,
welches Mr. Calvert in das 5. oder 6. Jahrhundert v. Chr. setzt!), ein
!) Virchow, Alttrojanische Gräber und Schädel S. 16.
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 33
dolichocephaler Schädel gefunden. Dagegen waren von 15 Schädeln
der jüngeren Nekropole im Süden der Stadt, abgesehen von 2 theils patho-
logischen, theils verdrückten, 8 brachycephal und 5 mesocephal, und
der mittlere Index der guten Exemplare berechnete sich auf 811). Freilich
sind sie weniger hoch, als die assischen; ihr Höhenindex ist orthocephal.
In einem Steinkistengrabe von Tschamlidscha lag ein weiblicher
Schädel, der orthodolichocephal, mesokonch und platyrrhin
war. Mr. Calvert setzt dieses Grab in das 3. oder 4. Jahrhundert vor
Christo?).
In Hissarlik kam aus 14" Tiefe der brachycephale, chamae-
konche, mesorrhine und zugleich prognathe Schädel eines jungen
Mädchens zu Tage?), dagegen aus 7” Tiefe ein subdolichocephaler
und wahrscheinlich leptorrhiner und em dolichocephaler, chamae-
koncher und mesorrhiner, beide männlich®), endlich aus einer grofsen
Urne der dritten Stadt ein weiblicher, dolichocephaler und wahr-
scheinlich chamaecephaler Schädel?).
In dem Hanai Tepe ist zwischen den Funden der tiefsten prä-
historischen Schicht und denen der oberen Schicht zu unterscheiden. Aus
der ersteren ist leider fast nur unbestimmbares Material erhalten; der
einzige, erträglich restaurirte Schädel war hypsidolichocephal®). Ebenso
ergaben sich unter 16 einigermaalsen bestimmbaren Schädeln der oberen
Schicht, welche wesentlich der historischen Zeit, aber wenigstens theil-
weise dem 4. Jahrhundert vor Christo angehörten (8.9), 9 dolicho-
eephale und 7 mesocephale, aber kein einziger brachycephaler”?). Hier
zeigt sich demnach eine weit gröfsere Homogeneität der Bevölkerung
durch lange Zeiträume, als an einer der anderen Stellen.
Ich habe mit diesen Schädeln der alten Zeit diejenigen verglichen®),
1) Ebendas.
2) Ebendas.
3) Ebendas.
#) Ebendas.
5) Ebendas.
6) Ebendas.
7) Ebendas.
3) Ebendas.
Phys. C1. 1884. Abh. II. 5
>
{er}
34 VIRCHOoWw:
welche Hr. Weisbach von modernen Griechen aus verschiedenen Gegenden
Kleinasiens, insbesondere aus Bithynien, beschrieben hat. Nach den Unter-
suchungen dieses sorgsamen Beobachters waren unter 45 Schädeln ana-
tolischer Griechen 26 Brachycephalen, 12 Mesocephalen und nur 7 Dolicho-
cephalen; der gemittelte Index war hypsibrachycephal.
Meine eigenen, leider nicht zahlreichen Messungen an lebenden
Einwohnern von Renköi!) haben ein orthomesocephales Maafs ergeben.
Damals falste ich das Ergebnils meiner Untersuchungen dahin zu-
sammen, dafs, mit Ausnahme des brachycephalen Weiberschädels von
Hissarlik, die ältesten Schädel der Troas einen dolichocephalen Bau hätten?).
Darin hat auch die jetzige Untersuchung nichts geändert, denn es liest
kein Anzeichen vor, dafs der assische Schädel Nr. 1 bis in so alte Zeiten
zurückreicht, wie dıe Schädel von Hissarlik und die aus der unteren
Schicht des Hanai Tepe. Aber in einer andern Beziehung hat sich meine
Auffassung geändert: die Brachycephalie ist in Assos älter, als die bis-
herigen Funde der Troas, immer abgesehen von dem einen Schädel von
Hissarlık, mich hatten vermuthen lassen.
Freilich darf man nicht so weit gehen, zu sagen, dafs in der Pe-
riode der Pithos-Bestattung in der ganzen Troas eine brachycephale Be-
völkerung lebte. Denn in der oberen Schicht des Hanaı Tepe giebt es
Pithosgräber, aber keine brachycephalen Schädel. Auch der alte Schä-
del aus dem Pithosgrabe von Ophrynion hat einen Index von ungefähr
75, steht also auf der Grenze zwischen Dolicho- und Mesocephalie, kann
jedoch immer noch der Dolichocephalie zugerechnet werden. Es tritt hier
ein gewisser Gegensatz zwischen der nördlichen und der südlichen Troas
hervor, welcher auf eine Verschiedenheit in der Besiedelung der einzel-
nen Landestheile hindeutet. Eine allgemeine Mischung beider Typen
scheint damals jedenfalls nicht stattgefunden zu haben.
Ich möchte in einer so schwierigen Untersuchung nicht vorzeitig
durch Formulirung strenger Sätze der weiteren Forschung vorgreifen. Es
ist durchaus nothwendig, dafs durch weitere Ausgrabungen das thatsäch-
liche Material erweitert, aber auch, dafs durch eine archäologische Revision
1) Ebendas. S. 18.
2) Ebendas. S. 103.
Über alte Schädel von Assos und C 'ypern. 35
der chronologische Werth der verschiedenen Localfunde genauer geprüft
wird. Von ganz besonderer Wichtigkeit wäre eine Feststellung des äolischen
Typus, über den meines Wissens bis jetzt gar nichts bekannt ist. Die
Möglichkeit, dafs er ein brachycephaler war, läfst sich an sich nicht be-
streiten. Würde diese Möglichkeit bestätigt, so könnten wir sowohl die
Brachycephalie der Assier, als auch die der späteren Ophrynier, vielleicht
sogar die der modernen Bithynier darauf zurückführen. Waren dagegen die
Äolier dolichocephal, wie das assische Mädchen, dem der Schädel Nr. 3
gehörte, so mülsten wir uns nach einer anderen Ableitung umsehen.
In dieser Beziehung habe ich schon in meiner früheren Abhandlung
hervorgehoben, dafs sich zunächst zwei mögliche Lösungen darbieten!).
Auf der einen Seite die Ableitung der trojanischen Bevölkerung aus
Thraeien. Sie ist im Alterthum selbst behauptet worden und der Name
Mysien, welcher zu Zeiten auch das assische Gebiet mit umfafste, scheint
zu beweisen, dals ein thracischer Stamm sich auch an der Südküste der
Troas angesiedelt hat. Aber leider wissen wir von thracischer Craniologie
herzlich wenig. Der andere mögliche Fall wäre der, dafs in alter Zeit
eine Bevölkerung, welche den heutigen Armeniern verwandt war, bis nach
Vorderasien wohnte. So fern diese Möglichkeit auch zu liegen scheint?),
so sind doch vorläufig die Armenier das einzige, uns bekannte, alte Volk
Kleinasiens, welches dem brachycephalen Typus angehörte. Indefs mag
die schärfere Präcisirung der Frage für jetzt genügen; eine weitere Dis-
eussion kann dann wieder aufgenommen werden, wenn weiteres Material
herbeigeschafft sein wird. ‘Der Verzicht auf ein abschliefsendes Urtheil
ist gegenwärtig um so mehr geboten, als eine Entscheidung über die
ethnische Ableitung der Brachycephalen zunächst eine Zerlegung der-
selben in Untergruppen nach anderen Merkmalen erfordern würde. So
nähern sich die alt-assischen Schädel in Beziehung auf den Höhenindex
am meisten den modern-bithynischen, welche wenigstens in überwiegender
Zahl hypsicephal sind, während unter den ophrynischen die Mehrzahl
orthocephal ist. Der älteste Schädel von Hissarlik, ein weiblicher, ist
1) Ebendas. S. 20, 126.
2) Der Name des Flusses Kaikos in Mysien hat eine verführerische Ähnlichkeit
mit Haik oder Haig, dem Nationalnamen der Armenier.
5%
36 VIRCHow:
sogar chamaecephal; er findet nur eine einzige Analogie in einem Weiber-
schädel der jüngeren Nekropole von Ophrynion. Gerade umgekehrt ver-
hält es sich mit dem Orbitalindex. Derselbe ist bei dem ältesten Assier
chamae-, bei dem nächstfolgenden mesokonch, bei dem ältesten Hissar-
lik-Schädel chamaekonch, dagegen bei den Schädeln der späteren Ophry-
nier und der modernen Bithynier hypsikonch.
Es ist nicht einmal ganz sicher, ob alle diese Angaben unter ein-
ander vergleichbar sind, da die Methode des Messens, welche Hr. Weis-
bach angewendet hat, nicht genau mit der meinigen übereinstimmt. Wollte
man sich aber auch über diesen Mangel hinwegsetzen, so läfst sich doch
bei der geringen Zahl von Schädeln, welche von einzelnen Localitäten,
und zwar gerade von Assos und von Hissarlik, vorliegen, nicht beweisen,
dafs die bei diesen Schädeln gefundenen Indices dem mittleren Index der
alten Bevölkerung entsprochen haben. Dieser Mangel wird voraussichtlich
niemals ausgeglichen werden, da wenig Aussicht vorhanden ist, dafs an
einem der genannten Orte noch neue Schädel gleichen Alters werden
gefunden werden. Es ist daher immerhin ein kleiner Trost, dafs von
Assos wenigstens zwei Schädel vorhanden sind, welche trotz grolser zeit-
licher Differenz in den Hauptsachen so viel Übereinstimmung zeigen, dafs
man ihnen ohne Zwang den gleichen ethnischen Ursprung zuschreiben
darf. Damit ist mindestens die Möglichkeit gegeben, die alten Assier
mit den Ophryniern der Kaiserzeit in eine Vergleichung zu stellen. Diese
aber ergiebt Verwandtschaft, nicht Identität der Typen.
Schliefslich will ich noch hervorheben, dafs die beiden ersten
männlichen Schädel Merkmale starker Gewalteinwirkung an sich tragen.
Bei Nr. 1 sieht man eine grölsere geheilte Hiebwunde an der linken
Stirngegend und eine kleinere am linken Infraorbitalrand (Taf. I. Fig. 1);
Nr. 2 hat einen geheilten Querbruch der Nasenbeine (Taf. II. Fig. 1).
Dazu ist noch ein drittes Stück gekommen, welches Mr. Clarke mir
nachträglich hat zugehen lassen mit der Bemerkung, dafs es gleichfalls
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 37
aus der Larichos Enelosure stamme, folglich auch dem 2. vorchristlichen
Jahrhundert angehöre. Es ist das gebrannte und caleinirte, ganz zerdrückte
und abgeplattete obere Ende des rechten Oberarmbeins eines starken
Mannes, in welches auf der hinteren Seite ein halb eingedrungener, halb
vorspringender, aus verbrannter Bronze bestehender Körper, aller Wahr-
scheinlichkeit nach eine Pfeilspitze, eingekeilt ist. Dieser Körper liegt
ganz horizontal, ist 32”" lang und im hinteren Theile 12"" breit; seine
Spitze ist medianwärts gerichtet und eine kleine Strecke in das Caput
ossis humeri eingedrungen. Sein hinteres Ende ist breit und diek und
scheint eine Dülle enthalten zu haben; es steckt halb in der Spongiosa
des Tubereulum majus. Da, wo man den Eintritt des von hinten her
abgeschossenen Pfeiles zu suchen hat, am hinteren Umfange des Tuber-
culum, zeigt sich eine halbrunde Absplitterung der Knochenrinde als An-
deutung der Eingangsöffnung. Chronologisch bemerkenswerth ist dieser
Fund, weil er den Gebrauch von Bronze-Pfeilspitzen in einer sehr späten
Zeit bezeugen würde.
38 VIRCHOoW:
I. Öypern.
Im letzten Herbst regte Hr. Georg von Bunsen, als er bei einem
Besuche des Metropolitan Museum of Art in New York zahlreiche, nicht
bearbeitete Schädel aus eyprischen Gräbern in den Reserveräumen bemerkte,
den Gedanken an, wenigstens einige derselben aus gut bestimmten Gräbern
zu einer genaueren Untersuchung nach Europa abzugeben. Unter dem
3. Januar gab ihm General Luigi Palma di Cesnola Nachricht, dafs
das Fxecutive Committee of the Trustees ihn ermächtist habe, ihm zwei
alte Schädel von Oypern nebst den mit denselben gefundenen Beigaben
zu senden, um sie mir zu übergeben. Die Sendung ist im März hier
eingegangen und mir zugestellt worden. Ich sage dafür zunächst Herrn
von Bunsen, dann aber ganz besonders dem General dı Gesnola und
dem Vorstande des Metropolitan Museum meinen aufrichtigen Dank. Ist
es doch auf diese Weise möglich, wenigstens den Anfang einer geordneten
Beschreibung der alteyprischen Schädel zu machen, von denen man trotz
der erstaunlichen Menge von Gräbern, welche allen General dı Cesnola
geöffnet hat, und trotz der Masse von Skeletten, welche dabei zu Tage
gekommen sind, noch gar nichts weils.
Leider sind mir die in Aussicht gestellten Notizen über die Fund-
stellen noch nicht zugegangen. Trotzdem möchte ich meine Besprechung
nicht länger hinausschieben, da die Beigaben die Funde recht gut charak-
terisiren, namentlich aber, da die Schädel von Assos in dieser Verbindung
sich deutlicher herausheben. Auch gewährt es mir eine persönliche Ge-
nusthuung, beide Geschenke, welche ich der Liberalität amerikanischer
Geber verdanke, gleichzeitig zu besprechen.
Ich beginne mit eimer Beschreibung der beiden Schädel und werde
später dıe Beigaben in Bezug auf die chronologische Frage erörtern:
1.
Der Schädel Nr. 1 (früher 5) ist an der Basis stark verletzt: die ganze Um-
gebung des Foramen magnum von der Gegend der Lineae semieirc. oceip. inferiores bis
zum Siebbein fehlt vollständig (Taf. IV Fig. 5); soweit Bruchflächen vorhanden sind, er-
scheinen sie weils und frisch. Aufserdem fehlen beide Jochbogen und ist jederseits ein
Loch in der Schläfenschuppe. Es läfst sich daher weder die Höhe, noch die Capaeität
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 39
bestimmen. Die Knochen sind sehr leicht und brüchig, sie kleben stark an der Zunge
und haben eine gelblichweilse, sehr lichte Farbe, auf der rechten Seite mit zahlreichen
Manganzeichnungen.
Es ist der Schädel eines älteren Mannes; die Zähne sind ganz tief und unregel-
mälsig abgenutzt, die Pulpa stellenweise ossifieirt. Die horizontalen und vertikalen Um-
fangsmaalse sind klein, nur das sagittale muls beträchtlich gewesen sein, denn es beträgt
noch jetzt trotz der Verletzungen am Hinterhaupt 350”"". Die gröfste Entwickelung fällt
dem Stirnbein (Umfang 130"=) und dem Mittelkopfe (Länge der Sagittalis 122") zu.
Nähte stark gezackt, besonders die Sagittalis, deren hinterer Theil zu verschmelzen an-
fängt und die im Ganzen rinnenförmig vertieft liegt. Die parietalen Emissarien fehlen.
Beiderseits Synostosis coronaria later. inf., links zugleich Synostosis spheno-
frontalis und sphenoparietalis, ohne bedeutende Vertiefung der Ala, jedoch mit Ver-
kleinerung des Schläfendurchmessers (116),
»Die Schädelform ist dolichocephal; Index 74,7. Der Höhenindex liels sich
nicht bestimmen, jedoch weist der Auricularindex (61,5) auf ein orthocephales Maals.
In der Norma vertiealis (Taf. IV Fig. 4) erscheint das Schädeldach lang und schmal;
erst gegen die Basis hin verbreitert sich der Contour. Die Norma temporalis (Fig. 5)
zeigt eine niedrige Stirn über starken Orbitalwülsten, eine flache, sehr lange Hinterstirn-
wölbung, sodann eine ganz schwach gewölbte, gestreckte Scheiteleurve und von der In-
tertuberallinie an einen langsamen, bis zur Mitte der Oberschuppe gleichmälsig gewölbten
Abfall. Die Plana temporalia sehr grols; die stark abgesetzte Linea superior übersteigt
das Tuber parietale noch um 14 Querfingerbreite und geht an der Lambdanaht hoch hin-
auf (Fig. 2 u. 4). In der Norma oceipitalis (Fig. 2) ist der Querdurchschnitt nicht hoch,
aber im Verhältnils zu vorn breiter, die Seitenflächen fast senkrecht abfallend. Die Hin-
terhauptsschuppe vorgewölbt, äufserlich ohne stärkere Vorsprünge. Auch die Cerebellar-
wölbungen schwach. In der Unteransicht (Fig. 5) macht der Schädel einen breiteren Ein-
druck; die hintere Länge kommt wegen der Defekte nicht recht zur Wirkung.
Die Vorderansicht (Fig. 1) zeigt eine stärkere Höhe der Hinterstirn in der Nähe
der Coronaria. An sich ist die Stirn niedrig, mälsig breit (95""), der Stirnnasenwulst
kräftig und jederseits in einen starken Supraorbitalwulst fortgesetzt, die Glabella tief, die
Tubera erkennbar. Das Gesicht zart und dem Anschein nach mehr schmal und hoch;
der Index wegen der Zerstörung der Jochbogen und der Zweifelhaftigkeit des Unterkie-
fers leider nicht zu bestimmen. Der Mittelgesichtsindex beträgt 69,1. Orbitae grols, be-
sonders nach unten und aulsen ausgeweitet, mälsig hoch, Index 32, mesokonch. Der
äuflsere Theil der Supraorbitalränder stark überragend; die beiden Ineisurae supraorbitales
in förmliche und zwar quergestellte Kanäle verwandelt. Nasenbeine unten verletzt, oben
schmal, stark vortretend (Fig. 3), Index unsicher, etwa 48, mesorrhin. Wangenbeine
schwach, etwas hüglig, wenig vortretend. Fossae caninae ziemlich tief, die Foramina
infraorbitalia dicht unter dem Rande der Orbitae. Alveolarfortsatz kurz (15”"), fast senk-
recht. Zähne grols, eigenthümlich ausgehöhlt durch Abnutzung, so dafs namentlich die
äulseren, zum Theil auch die inneren Schmelzränder stärker vortreten. Die Weisheits-
zähne sind ausgefallen; hinter ihren Höhlen sind noch wieder kleine, tiefe Gruben, die
fast wie supernumeräre Alveolen aussehen, jedoch wohl nur weitmaschige Spongiosa dar-
40 VIRcHow:
stellen. Die Zahneurve leicht hufeisenförmig. Gaumen tief und länglich, Index 58,9,
leptostaphylin. |
Der dabei befindliche Unterkiefer, von dem ich annehme, dafs er nieht dazu ge-
hört, ist verhältnifsmälsig stark und schwer, von mehr bräunlich weilser Farbe; er klebt
kaum an der Zunge. Die Gelenkköpfe und die Spitzen der Kronenfortsätze sind abge-
brochen. Die Äste sind breit (32"®) und sehr schräg angesetzt (122°). Die Seitentheile
sehr dick, etwas kurz und weit gespannt (Distanz der Winkel I99==). Kinn vortretend,
am untern Rande etwas ausgeschweift, der Vorsprung dreieckig. Die Medianlinie darüber
eingebogen, der Alveolarfortsatz vorgeschoben und die Schneidezähne prominirend. Letz-
tere grols und mälsig abgenutzt. Der rechte Weisheitszahn mit ganz intakter Krone, der
linke fehlend und sein Alveolus stark verkleinert. Rechts fehlt auch der Molaris I und
seine Höhle ist fast ganz verschwunden, während der Molaris II tief 'eariös ist. Links
fehlen sämmtliche Molaren, nur von II ist noch eine abgestockte Wurzel übrig; die Al-
veolen sind obliterirt.
2.
Der Schädel Nr. 2 (früher 9) ist der eines älteren, offenbar kephalonischen
Mannes (Taf. V). Er besitzt eine Sutura frontalis persistens. Der Unterkiefer
fehlt. Am Oberkiefer sind die sämmtlichen Schneidezähne schon vor längerer
Zeit ausgeschlagen und statt der Alveolen findet sich eine ganz dünne Leiste von
16" Länge (Zwischenraum zwischen den Eckzähnen). Auch der linke Praemolaris I
fehlt und sein Alveolus ist obliterir. Die vorhandenen Zähne durchweg mit stark abge-
nutzten Kauflächen.
Der hintere und untere Theil des Schädels war stark zertrüämmert, hat sich je-
doch ziemlich gut restauriren lassen. Die Jochbogen fehlen gröfstentheils und die Basis
ist nur zum Theil wieder reparirt worden!). Glücklicherweise hat dies keinen Einfluls
auf die Schädelform ausgeübt.
Das Aussehen der Knochen ist von dem des andern Schädels ganz verschieden.
Die Oberfläche hat fast überall eine zerfressene Beschaffenheit, am stärksten auf der linken
Seite und hinten, jedoch bemerkt man nirgends die Einwirkung von Pflanzenwurzeln.
Da die Veränderung sicher nach dem Tode entstanden ist, so wird man wohl nicht fehl-
gehen, wenn man annimmt, dals Feuchtigkeit, insbesondere Sickerwasser, die Oberfläche
erodirt hat. Trotzdem ist der Schädel ziemlich schwer. Seine Farbe ist eine bräunlich-
graue, nach vorn, besonders am Gesicht, mehr weilsliche.
Die allgemeine Form ist orthomesocephal (Breitenindex 77,9, Höhenindex
72,8). Die schon erwähnte Stirnunaht geht im Ganzen ziemlich einfach, jedoch in grofsen
Windungen bis an die Coronaria, welche sie in einem Abstande von 7m yon der Sagit-
talis erreicht (Fig. 4). Die unteren Seitentheile der Coronaria, sowie die
Sphenofrontal- und Sphenoparietal-Naht sind vollständig obliterirt. An
der Sagittalis finden sich zahlreiche partielle Synostosen, sowohl in dem
1) Leider hat nachher noch einmal ein Bruch stattgefunden.
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 41
fontieulären Abschnitte, als hinten in der Gegend der Emissarien. Letztere fehlen und
sind durch ein einzelnes, 2—3"" im Durchmesser haltendes Loch in der Nahtlinie selbst
ersetzt (Fig. 2 u. 4). Etwas weiter rückwärts liegt noch ein zweites, kleineres Loch, das
gleichfalls einem Emissarium zu entsprechen scheint. Die Sutura lambdoides sehr stark
gezackt; an der Spitze und im linken Schenkel, sowie in den Seitenfontanellen je ein
grölseres Schaltbein (Fig. 2).
Die Capaeität des Schädels ist eine sehr geräumige; mit einiger Wahrscheinlich-
keit hat sie sich bei der Messung mit Schrot auf 1815°" bestimmen lassen. Dem ent-
sprechend sind auch sämmtliche Umfangsmaalse ungewöhnlich grols: das horizontale er-
reicht 556, das vertikale 533, das sagittale ungefähr 416”; von letzterem entfällt ein
beträchtlicher Theil (139"®) auf das Stirnbein, aber ein noch weit grölserer auf die Hin-
terhauptsschuppe (144”®). Dies sind in keiner Weise hydrocephalische Verhältnisse, viel-
mehr entsprechen sie in bestimmter Weise der Kephalonie.
In der Norma verticalis (Fig. 4) erscheint das Schädeldach etwas schief, hinten
rechts leicht abgeflacht, im Übrigen grofs und breit, phaenozyg. In der Seitenansicht
(Fig. 3) tritt die Massenhaftigkeit besonders stark in die Erscheinung, und zwar haupt-
sächlich zu Gunsten des Hinterhauptes und demnächst der Stirn, welche beide stark
gewölbt sind. In der That beträgt die gerade Länge des Hinterhauptes 75"m — 38,5
pCt. der Gesammtlänge. Die Stirn ist gerade, hoch und von den Gesichtstheilen durch
geringe Vorsprünge abgesetzt; der Übergang zu dem hinteren, ungemein langen Abschnitte
des Stirnbeins geschieht durch eine starke, fast eckige Wölbung. Gegen die Coronaria
senkt sich die letztere und geht hinter der Naht in eine seichte Vertiefung über. Die
Scheiteleurve hebt sich dann wieder etwas, geht aber schon von der Intertuberallinie an
schnell in einen schrägen Abfall über, der sich bis zur Mitte der Oberschuppe fortsetzt.
Die Tubera parietalia treten mit breiter Wölbung vor. Die Plana temporalia reichen mit
ihren oberen Linien bis an sie heran. Alae sphenoideales etwas tief liegend, Squamae
temporales kurz.
In der Norma oceipitalis zeigt sich der Schädeleontour breit und flach gewölbt,
mit wenig gewölbten und nach unten convergirenden Seitentheilen. Die Squama oceipi-
talis ungemein grofs. Die hintere Breite ist leider nicht recht zu bestimmen, weil an der
Stelle jeder der Seitenfontanellen ein gröfserer Schaltknochen liegt. Indels erkennt man
auch in der Basilaransicht (Fig. 5), dafs der Eindruck der Breite, welchen der Schädel
macht, nur zum Theil durch die Gröfse der tiefgelegenen Durchmesser bedingt wird, wie
aus folgender Zusammenstellung leicht hervorgeht:
Coronardurchmesser 133"
Temporal „ 126 „
Aurieular „ 1295,
Mastoideal „ I0RS
Am auffälligsten ist die wegen der Atrophie der Pars incisiva verhältnilsmälsig geringe
Grölse des Gaumens.
In der Vorderansicht (Fig. 1) überwiegt gleichfalls der Eindruck der Breite.
Milst doch selbst die Stirn in der unteren Breite 103""! Die Tubera frontalia sind deut-
lich, die Glabella wenig vertieft, der Nasenfortsatz breit, sehr wenig vorgewölbt. Das
Gesicht im Ganzen ist mälsig breit, namentlich sind die Wangenbeine mehr angelegt. Mit-
Phys. Cl. 1884. Abh. II. 6
43 VIRCHOW:
telgesichtsindex 65,6. Orbitae grols, etwas schräg, indem der äulsere obere Rand stark
überragt, der innere obere und der untere äulsere dagegen ausgeweitet sind; Index 35,3,
hypsikonch. Nase kräftig, hoch, überall schmal; Nasofrontalnaht hoch in den Nasen-
fortsatz des Stirnbeins hinaufgreifend, Nasenbeine selbst zum Theil verwachsen;
auf dem linken ein grolses Foramen nutritium; die unteren Enden abgebrochen; der
Rücken breit gerundet, wenig eingebogen; Index 46,1, leptorrhin. KFossae caninae flach.
Oberkiefer, wie schon erwähnt, atrophisch, übrigens mit senkrechtem Alveolarfortsatz.
Gaumen sehr tief und kurz, Index wahrscheinlich 30,4, mesostaphylin.
Es tritt sofort bei der Betrachtung hervor, dafs die beiden Schädel
ungemein verschieden von einander sind. Obwohl beide Männern und
‘zwar älteren angehörten, so zeigen sich doch so zahlreiche Abweichungen
von einander, dafs man leicht auf den Gedanken kommen könnte, sie
verschiedenen Stämmen zuzuschreiben. Aber es tritt eine andere Frage
in den Vordergrund: Ist die Bildung jedes der beiden Schädel mit einiger
Wahrscheinlichkeit als eine typische anzusehen? Diese Frage muls man
meiner bestimmten Meinung nach verneinen. Der Schädel Nr. 2 ist
dureh individuelle Variation so verändert, dafs er nıcht mehr
als ein typischer betrachtet werden darf.
Seine Gröfse reicht an sich über das typische Maafs irgend eines
Stammes hinaus. Obwohl sich die Capaeität wegen der Zertrümmerung und
der nicht ganz vollkommenen Restauration des Hinterkopfes nicht mit
mathematischer Genauigkeit hat feststellen lassen, so wird sich doch die
Zahl 1815 derselben ziemlich nähern. Dies ist eine auffällig hohe Zahl.
Dazu treten die ganz ungewöhnlichen Durchmesser, namentlich die Breiten-
und Höhenmaafse. Sowohl der Vorder- als der Hinterkopf sind in ex-
ceptioneller Weise verlängert und ausgeweitet. Für den Vorderkopf ist
eine gewilse Erklärung in der Persistenz der Stirnnaht gegeben, welche
das Wachsthum des Stirnbeins ausnehmend begünstigt hat. Aber für die
anderen Abtheilungen der Calvaria fehlen solche, schon im Groben er-
kennbaren Motive vermehrten Wachsthums, und wir sind darauf ange-
wiesen, sie in inneren Zuständen des Gehirns zu suchen. Hier aber
bleiben uns nur die Fälle der Hydrocephalie und der Kepha-
lonie.
Das Verhalten des Schädels in diesen Zuständen habe ich früher!)
!) Virchow, Untersuchungen über die Entwickelung des Schädelgrundes im
gesunden und krankhaften Zustande und über den Einfufs derselben auf Schädelform, Ge-
Über alte Schädel von Assos und Üypern. 43
ausführlich erörtert. Bei den Wasserköpfen läfst sich ein Mifsverhältnifs
in dem Wachsthum des Schädelgrundes, insbesondere des Tribasilarbeins,
zu den Knochen des Schädeldaches nachweisen. Nun fehlt im vorliegenden
Falle schon äufserlich der Habitus des Wasserkopfes: die grofse Höhe
des Schädels, die vollere Wölbung des Scheitels, die verhältnifsmäfsig
geringe Grölse der Parietalia bei der ganz unverhältnifsmäfsigen Entfaltung
der Squama occipitalis, der im Ganzen einfache Zustand der Nähte, —
alles dies entspricht wenig dem uns geläufigen Bild der Hydrocephalie.
Aber auch die basilaren Maafse geben keimen Anhalt dafür: die (freilich
nicht mit voller Sicherheit zu messende) gerade Entfernung des grofsen
Hinterhauptsloches von der Nasofrontalnaht beträgt bei diesem Schädel eben-
soviel (98""), wie bei dem assischen Schädel Nr. 5, und die Entfernung des
äulseren Ohrloches von der Nasofrontalnaht ist sogar um 7"" (110—105)
srölser. Nun ist die gerade basilare Länge von 98”" nicht aufserhalb
derjenigen Möglichkeiten, welche auch bei hydrocephalischer Vergröfserung
der Schädelkapsel eintreten können, wie eine ältere Maafstabelle von mir!)
lehrt, aber in Verbindung mit dem für die Entfernung des Ohrloches von
der Nasenwurzel ermittelten Maafse beweist sie doch, dafs die Entwickelung
des Schädelgrundes eine kräftige gewesen ist.
Obwohl ich daher geneigt bin, den Schädel Nr. 2 als den eines
Kephalonen, somit nicht als einen im engeren Sinne pathologischen an-
zusehen, so will ich doch besonders bemerken, dafs auch die Annahme
eines hydrocephalischen, also eines bestimmt pathologischen Zustandes in
der Schlufsfolgerung, dafs wir hier eine individuelle Abweichung vor
uns haben, nichts ändern würde. Ich kann diese Unsicherheit nur be-
dauern, insofern der Werth dieses Schädels für die craniologische Be-
stimmung des Stammes, dem er zugehörte, durch die individuelle Ab-
weichung auf das äufserste beeinträchtigt wird. Denn es wird nur mit
grölster Vorsicht möglich sein, die an ihm gefundenen Zahlen für die
Feststellung des Typus zu verwerthen.
sichtsbildung und Gehirnbau. Berlin 1857. S. 96— 102. Beiträge zur physischen An-
thropologie der Deutschen mit besonderer Berücksichtigung der Friesen. Berlin 1876.
S. 314.
1) Virchow, Gesammelte Abhandlungen zur wissenschaftlichen Mediein. Frank-
furt a. M. 1856. S. 974.
@*
44 VIRCHOoW:
Nun ist es von besonderer Bedeutung, dafs die mit beiden Schädeln
gefundenen Beigaben in mehreren Stücken so sehr übereinstimmen, dals,
wie es mir scheint, trotz der Verschiedenartigkeit der Schädel doch ihre
Gleichalterigkeit oder wenigstens ihre Zugehörigkeit zu derselben Qultur-
periode angenommen werden kann. Ich will zu diesem Zweck die mit
übersandten Beigaben kurz aufführen:
I. Als Zubehör des Schädels Nr. 1 sind bezeichnet:
1) Ein kleiner Aryballos (Holzschnitt « u. b), 8,8°“ hoch, mit ein-
fachem, weitem Henkel, weitem, unten gerundetem, an der Vorder- und
Hinterfäche etwas abgeplattetem, tonnenförmigem Bauche, langem, engem
Halse und weitem, trichterförmigem Eingufs; die Oberfläche geglättet,
glänzend, schön roth mit aufgetragener Zeichnung in schwarzer matter
Farbe. Jederseits auf der Mitte der Scheibe ein niedriger Vorsprung.
(3 der natürlichen Grölse.)
2) Vier, zum Theil noch kleinere, ähnliche Gefäfse, jedoch mit
plattem, zum Stehen eingerichtetem Boden, und mit je einem Henkel. Drei
sind roth mit schwarzer Linearverzierung, davon eines mehr braunroth.
Das vierte, sehr archaische dunkelbraun, glänzend, weit schwerer und
dicker, hat einen breiten Boden. Von den rothen besitzt das eine mehr
Über alte Schädel von Assos und Cypern. 45
kannenförmige, jedoch nur 5°" hohe einen zweimal eingebogenen Rand,
ähnlich den etrurischen Schnabelkannen. Die drei rothen tragen runde
Augen oder sonnenartige concentrische Kreise.
3) Zwei schwarze Lampen aus mattem Thon: die eine ohne
Henkel, mit langem röhrenförmigem Schnabel und centraler Eingufsöffnung,
mit geprelster, jedoch sehr undeutlich gewordener Zeichnung, in welcher
man zwei kleine geflügelte Figuren (Eroten?) zu erkennen vermag,
die Unterfläche grau und rauh, die Oberfläche mit schwarzer Farbe über-
zogen; die andere, gleichmäfsig schwarz, mit hohem Henkel und sehr
vorgeschobenem, breitem Schnabel und mit erhaben aufgesetzten, blatt-
artigen Ornamenten.
II. Beigaben des Schädels Nr. 2:
1) Ein doppelhenkliger Aryballos (Holzschnitt a u. b), 8,6°° hoch,
unten gerundet, mit weitem, jederseits etwas abgeplattetem Bauche, en-
gem, in der Mitte abgesetztem Halse und weitem Einguls. Auf rothem
Grunde schwarze Linearzeichnung. Jederseits in der Mitte der Vorder-
und Hinterfläche ein kleiner Vorsprung.
(3 der natürlichen Gröfse.)
2) Ein weites, 8°“ hohes, doppelhenkliges Gefäfs mit centralem
46 VIRCHoWw:
solidem Ansatz und daneben einem seitlichen Einguls, weitem Bauch, weils-
lichgelb mit rothen und braunen Streifen.
3) Ein flaches Thonschälchen, 8,6°“ im Durchmesser, mit ganz
kleinem, scheibenförmigem Fuls, am Rande jederseits zwei flache Vor-
sprünge mit 3 Knöpfen, von denen der mittlere senkrecht durch-
bohrt ist. Der Grund ist hellgelbsrau, darauf sind innen und aulsen
schwarze Ringe angebracht. Die marginalen Vorsprünge mit Spuren von
dunkelrother, fast cochenillefarbiger Malerei.
4) Eine einfache, offenbar gebrauchte Lampe aus grobem gelbro-
them Ziegel. Sie ist in der Weise hergestellt, dals eine breitrandige Schale
von 12,5°“ Durchmesser an einer Seite doppelt eingebosen wurde, wo-
durch eine schnabelförmige, oben offene Dülle gebildet ist. Der Rand
dieser Dülle ist durch Feuer geschwärzt.
5) Ein ziemlich grolser, 10,7°® hoher, an der Basis 9°” langer,
sitzender Hahn aus grauweilsem Kalkstein, mit ganz plattem Boden.
Das Thier ist mit Kopf, Schnabel, Kamm, Kader und gebogenen Fülsen
dargestellt; statt des Schwanzes ein gestreifter Kamm.
6) Ein kleines, sehr verwittertes Gefäls aus Alabaster, einem stark
verkleinerten Pithos ähnlich, 8,5°“ hoch, mit spitzem Fuls und sich all-
mählich erweiterndem, konischem Bauch, der durch einen breiten, sehr
flachen Absatz in den engen und kurzen Hals übergeht.
7) Ein grofser Glasscherben, das Randstück einer weiten Schale aus
wundervollem blauem Glase mit eingeprefsten Horizontalfurchen an der
inneren Seite. Das Stück irisirt jetzt prachtvoll.
Unter diesen Beigaben sind zunächst die in den Holzschnitten auf S. 44
u.45 in Vorder- und Seitenansicht wiedergegebenen beiden Aryballen!) zu er-
wähnen, welche in Form, Gröfse und Zeichnung so sehr übereinstimmen,
dals es wohl nur einer Vergleichung bedarf, um von der Zusammenge-
hörigkeit derselben überzeugt zu werden. Beide bestehen aus sehr feinem
Thon und haben eine ganz glatte Oberfläche, welche schön roth gefärbt
und mit schwarzen Linien bemalt ist. An beiden ist der kuglige Bauch
!) Ich gebrauche die Bezeichnung Aryballos in dem in der hellenischen Kera-
mik geläufigen Sinne, wenngleich die cyprischen Gefäfse manche Besonderheit dar-
bieten.
Über alte Schädel von Assos und Öypern. 47
jederseits etwas abgeplattet und mit einer aus concentrischen Ringen ge-
bildeten, gemalten Scheibe verziert, deren Mitte leicht nabelförmig vortritt.
Auch die Aufsenfläche der Henkel zeigt an beiden Gefäfsen dasselbe Mu-
ster: an den Rändern je einen breiten schwarzen Streifen, zwischen welchen
Querstriche angebracht sind. Unter dem Ansatze des Henkels, zwischen
zwei breiten, aus Parallellinien gebildeten Gurten, dieselbe in Schwarz
ausgeführte Figur: ein nach unten offener spitzer Winkel, in welchen zwei
gekreuzte, den Schenkeln des Winkels parallele Linien eingeschoben sind,
deren Zwischenräume mit kurzen Querstrichen erfüllt sind. Endlich um
Hals und Eingufs eine Reihe breiterer und schmalerer Horizontallinien.
Die übrigen Gegenstände in den beiden Gräbern zeigen keine so
vollständige Übereinstimmung, aber es befinden sich in jedem gewisse
Stücke, welche sich den eben besprochenen in Bezug auf die Technik ganz
nahe anschliefsen. Dahin zähle ich aus dem ersten Funde die unter 2)
aufgeführten 4 kleinen Gefälse aus rothem und braunem Thon mit schwarzen
Linear- und Kreiszeichnungen, welche Übersangsformen von dem Aryballos
zum Lekythos darstellen; aus dem zweiten Funde die unter Nr. 2, 3 und 4
erwähnten kleinen Stücke, welche durchweg den archaischen Charakter
der alteyprischen Keramik an sich tragen. Daneben finden sich in jedem
von beiden Funden einzelne Stücke von mehr entwickelter Kunsttechnik,
so im ersten die schwarzen Thonlampen, im zweiten der blaue Glasscherben,
der Hahn und das Gefäls aus Alabaster. Von diesen hält Hr. Furt-
wängler, dem ich die Sachen vorlegte, die Lampen für entschieden junge
Fabrikate, welche man nicht früher, als in das 2. oder 1. Jahrhundert
vor Christo setzen könne. Es wäre seiner Meinung nach sehr merkwür-
dig, wenn sie aus demselben Grabe mit den übrigen alteyprischen Sachen
stammten, was ganz unzweifelhaft bezeugt werden müsse, um es zu glau-
ben, und auch dann wäre es noch fraglich, ob das Grab nicht in ge-
trennten Perioden zweimal benutzt worden ist. Ich vermag dieses Be-
denken im Augenblick nicht zu lösen, doch genügt es wohl, es berührt
zu haben. Von den anderen Artefakten reicht meines Erachtens keines
über die archaische Kunstperiode hinaus.
Samuel Birch!) sagt über den Aryballos Folgendes: The ary-
1) Sam. Birch ]. ce. p. 374.
48 VIRCHOWw:
ballos was a vase always described as like a purse. This name has been
attributed to a vase resembling a ball, with a short neck, globular body,
and small handle, just sufficient for a throng to carry it with, called by
the Italians vaso a palla. It is chiefly found among vases of the earliest
style, and was carried with the strigil to the bath. In the later style
the form was more elongated, and a base or foot was added. Diese
Bemerkungen beziehen sich auf griechische Topfwaare, indefs dürfen
sie wohl in gleicher Weise auf cyprische Anwendung finden. Ja, ich
meine, wir würden danach berechtigt sein, die gedachten Funde der
späteren Zeit der archaischen Periode nach Eintritt des hellenischen Ein-
flusses zuzuschreiben.
In dem Werke des Generals dı Öesnola!) befinden sich mehrere
Abbildungen, welche sowohl der Form, als der Zeichnung nach den be-
schriebenen Aryballen recht nahe kommen, sich jedoch, wie schon aus
den Abbildungen und Beschreibungen zu ersehen ist, durch ihre Gröfse und
durch weitere Ausführung der Zeichnung unterscheiden. Ich erwähne be-
sonders das auf Taf. L. Fig. 2 abgebildete Gefäls von Amathus, welches
S. 415 als Oenocho& mit „Filtrierer in Terracotta“ bezeichnet wird, sowie das
in der Mitte der Taf. VII dargestellte, sehr ähnliche Henkelsefäfs von Ida-
lium, welches in der Erklärung auf S. 404 zu den Thonvasen phönieischen
Kunststyles, der früheren, vormacedonischen Zeit angehörig, gerechnet
wird. Beide Gefäfse befinden sich gegenwärtig im Antiquarium des
Berliner Museums: es sind ein Paar recht stattliche, grofse Stücke. Mögen
auch meine Aryballen sehr viel kleiner und weniger künstlich ornamentirt
sein, so fallen sie doch unter dasselbe Muster; ja die unter Nr. 2 in dem
ersten Funde aufgeführten Stücke lassen auch in Bezug auf Zeichnung
nichts zu wünschen übrig. Die weitbauchige kleine Vase mit Doppel-
henkel und centralem Ansatz des trichterförmigen Halses (Nr. 2 aus
Fund U) findet ihre Analogien bei Cesnola Taf. XXXVIH. Fig. 1 (Throni)
und Taf. XIV. Fig. 6 (Idalium). Nimmt man hier noch phönieische Ein-
flüfse an, so würde möglicherweise auch für unsere Funde ein höheres
Alter zugestanden werden können, jedoch jedenfalls kein höheres, als das
1) Louis Palma di Cesnola, Cypern, seine alten Städte, Gräber und Tempel.
Deutsch von Ludw. Stern. Jena 1879. S.71 u. a.a.0.
Über alte Schädel von Assos und Öypern. 49
der ersten hellenischen Besiedelung, welche bis an die trojanische Zeit zu-
rückdatirt wird. Achäer, Athener, Lakedämonier und andere Stämme
werden als älteste Kolonisten auf Cypern senannt.
Der Schädel Nr. 1, den wir als den zunächst wichtigen betrachten
müssen, fügt sich einer solchen Betrachtung leicht ein. Er hat eine
unverkennbare Ähnlichkeit mit dem dritten assischen Schädel aus dem zu-
sammengesetzten Sarkophag; in zahlreichen und zwar prineipalen Maafsen
stimmen beide fast genau überein. Er ist dolichocephal und zwar
aller Wahrscheinlichkeit nach orthodolichocephal. Die Verhältnisse des
Gesichts, obwohl, wie so häufig, der individuellen Variation etwas mehr
unterworfen, zeigen doch nur in der Gaumenbildung eine merkliche Ver-
schiedenheit von dem assischen Schädel. Die Orbital- und Nasenindices
sind in beiden fast gleich: mesokonch und mesorrhin; auch der Mittel-
gesichtsindex differirt nur um ein Geringes. Die Mehrzahl der bisher
bekannten alten Schädel aus dem europäischen Griechenland ist übrigens
in ähnlicher Weise gebaut.
Der Schädel Nr. 2 weicht durch zahlreiche individuelle Variationen
ab, wie oben eingehend dargelegt ist. Er entspricht keinem bekannten
Stammestypus, und es kann sich nur fragen, ob nach Abzug der Variationen
ein Grundstock übrig bleibt, welcher sich dem Typus von No. 1 anschliefst.
Ich wage dies nicht mit Sicherheit zu behaupten, aber ich kann sagen,
dafs die Verhältnifszahlen keine so grolsen Verschiedenheiten zeigen, als
man nach der äulseren Betrachtung vielleicht erwarten möchte. Der
einzige, wesentlich von No. 1 abweichende Index ist der palatine, und
gerade dieser stimmt ganz mit dem Graumenindex des assischen Schädels
No. 3. Somit scheint es mir nicht unwahrscheinlich, dafs auch der cypri-
sche Kephalone einer hellenischen Gruppe angehört hat.
Beschränken wir unsere Vergleichung auf die kleinasiatischen Schädel,
welche uns aus dem Alterthum erhalten sind, so ergiebt sich, dafs sowohl
die älteren assischen, als die späteren ophrynischen Schädel in den beiden
eyprischen keine Analogie finden, dafs dagegen die Schädel des Hanai
Tepe zahlreiche Berührungspunkte darbieten!). Auch der Schädel von
Tschamlidscha läfst sich hier anreihen, obwohl er einzelne gröfsere Abwei-
1) Virchow, Alttrojanische Gräber und Schädel S. 122.
Phys. Cl. 1884. Abh. 1. 7
50 VIRCHoWw:
chungen zeigt. Dagegen sind die dolichocephalen Schädel aus der ge-
brannten Stadt von Hissarlık weniger sicher hierher zu ziehen, da ihr
Höhenindex durchschnittlich niedrigere, mehr zur Chamaecephalie neigende
Zahlen ergiebt!).
Wie weit diese Gruppirung bei einer mehr ausgedehnten Reihe
kleinasiatischer Schädel sich bewähren wird, mufls dahingestellt bleiben,
bis eine gröfsere Anzahl davon vorliegt. Das Mitgetheilte kann ja nur
als ein erster Versuch gelten, einige Ordnung in das verworrene und
noch so ärmliche Material zu bringen. Dieser Ordnung ist jedoch nur
in sehr beschränktem Maalse ein ethnologischer Werth beizulegen, da bis
jetzt nur mit approximativer Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, dafs
die beschriebenen dolichocephalen Schädel mehr zu den Formen des klas-
sischen, hellenischen Alterthums hinneigen, die brachycephalen dagegen
einem besondern Stamme, vielleicht sogar einer besondern Rasse ange-
hört zu haben scheinen.
1) Ebendaselbst S. 40.
Über alte Schädel von Assos und Öypern.
R
Maalse
Capaeität
Grölste Länge
Grölste Breite
Gerade Höhe
Ohrhöhe
Hinterhauptslänge
Horizontalumfang
Querer Vertikalumfang
Sagittalumfang
a) Stirn
b) Mittelkopf
c) Hinterkopf
Stirnbreite
Coronardurchmesser
Schläfendurchmesser
Oceipitaldurchmesser
Mastoidealdurchmesser |
Basis
Aurieulardurchmesser
Spitze
Gemessene Zahlen.
Entfernung des Foramen magnum
von der Nasofrontalnaht 103
Entfernung des Meatus auditorius
von der Nasofrontalnaht 108
Gesichtshöhe 4
a B
Gesichtsbreite 4’
» Bi
» c'
Orbita, Breite
, Höhe
Assos
Kypros
1)5| 205
—_ 1815(?)
182 195
136p 152p
— 142
112 121
75
507 596
295 333
— 416?
130 139
122 133
u 144
93 103
115 133
116 126
109 119?
98 110
122 132
dran 129
—_ 98?
104 110
110? _
65 67
94 102
99 E=
39 41
33 35
Ze
51
52 VIRCHoWw:
Assos Kypros
Maalse
165 26 39 16)6 2(9) 65
Nase, Höhe A eh) 52 52 52
» Breite u 2 26 25? | 24
Gaumen, Länge 47? 52 47 56 46??
4 Breite 40 _ 38 33 37
Sut. fr. pers.
| Kephalon.
Atrophia
alveol. med.
II. Berechnete Indices.
Längenbreiten -Index 82,1 SZ R 74,7 77,9
Längenhöhen- 5 FÜRTERT, 7952 72,0 — 72,8
Ohrhöhen- 5 65,9 67,6 60,9 61,5 62,1
Mittelgesichts- „ (BB) 74,0 |) 71.2 | 66,3 69,1 65,6
Orbital- 3 78,9 | 82,0 84,2 32,0 35,3
Nasen- 2 50,0 | 51,0? | 50,0 | 480? | 46,1
Gaumen- N Sl | 80,8 58,9 30,4?
Über alte Schädel von Assos und Öypern. 53
Nachtrag.
Die noch ausstehende Nachricht von Hrn. L. P. di Cesnola über
die Fundverhältnisse der beiden eyprischen Schädel ist mir in einem Briefe
desselben aus New York, 19. Juli, zugegangen, und ich bin glücklich, diese
so nothwendige Ergänzung meinem Berichte noch anfügen zu können.
Ich eitire in möglich genauer Übersetzung aus dem Briefe:
„Der mit Nr. 5 bezeichnete Schädel!) ist absichtlich von mir
ausgesucht worden, weil ich sicher war, dals er einem Oyprioten ionischer
Abkunft angehörte, freilich nicht auf Grund irgend welcher ceraniologischer
Kenntnisse, sondern in Erwägung der Beigaben, welche in dem Grabe
gefunden sind. Dieser Schädel stammt aus einem Grabe bei dem
kleinen Dorfe Magrastica (oder Makrastika), NW. von den Ruinen von
Salamis (an der Ostküste der Insel). Das moderne Dorf scheint über
einem alten Gräberfelde erbaut zu sein, denn Gräber sind überall in
seiner Umgebung zerstreut. Der archaisch -griechische Charakter der
Objecte, welche man in diesen Gräbern antrifft, und welche auch in
dem Grabe, aus dem der Schädel Nr. 5 stammt, vorhanden waren, be-
stimmt mich, die wahrscheinliche Zeit des letzteren zwischen das 6. und
7. Jahrhundert vor Christo zu setzen.“
„Der mit No. 9 bezeichnete Schädel?) wurde an einem Orte
Namens Alambra (vgl. Cap. III meines Werkes über Oypern) ausge-
graben. In meinem Werke findet sich eine vollständige Beschreibung
sowohl der Gräber, als ihres Inhalts. Nach dem Topfgeräth und anderen
Beigaben der Gräber von Alambra bin ich der Meinung, dafs der
!) Im Text als Nr. 1 bezeichnet, abgebildet auf Taf. IV.
2) Nr. 2 der Beschreibung, Taf. V der Abbildungen.
54 VIRCHow:
Schädel nicht viel später, als aus dem 9. Jahrhundert vor Christo sein
kann, zumal da alle Gefäfse von Alambra aus freier Hand gemacht
sind und keine Spuren der Drehscheibe erkennen lassen.“
Die erwähnte Beschreibung findet sich in der deutschen Ausgabe
des Werkes von Hrn. di Oesnola S. 81. Darnach liest das Dorf Alambra
westlich von Dali, im Centrum der Insel, und die Gräber, welche in den
Felsen gehauen waren, bedeckten den Abhang emes benachbarten Hügels,
dessen Spitze früher ein grolses Gebäude getragen zu haben scheint. Es
wurden zu verschiedenen Zeiten 82 Gräber entdeckt und ausgebeutet;
zahlreiche Terracotten und kupferne Gegenstände, namentlich Waffen,
meist von sehr alterthümlicher Beschaffenheit, wurden daraus gesammelt.
In jedem Grabe lag nur ein Skelet.
Nach dieser Mittheilung erscheint es allerdings zweifelhaft, ob alle
die Stücke, welche mir übersendet wurden, aus einem Grabe von so hohem
Alter herstammen. Um so wichtiger wäre es, die Besonderheit der Schädel
festzustellen. Hr. di Öesnola bemerkt in seinem Werke!) ausdrücklich,
dafs man in Alambra Schädel ausgrub, welche eher gröfser, als die in
Dali, waren und einer anderen Rasse anzugehören schienen. „Dies war
nämlich“, sagt er, „die Meinung der gelehrten Specialisten, welche sie
untersuchten, und auch des Directors des anthropologischen Museums
in Turin, woselbst sich diese Schädel jetzt befinden“. Was die beträcht-
liche Gröfse anbetrifit, so stimmt diese Angabe mit dem, was ich von
dem mir zugegangenen Schädel mitgetheilt habe. Ob die Schädel von
Alambra einer anderen Rasse angehörten, als die von Dali, vermag ich
nicht zu beurtheilen, da mir Schädel von Dalı nicht vorliegen. Nachdem
aber jetzt constatirt ist, dals sich weiteres Material in Turin befindet,
wird es nicht schwer sein, diese Frage eingehend zu prüfen.
In Bezug auf den Schädel von Salamis freue ich mich, dals meine
Untersuchung in dem Hauptergebnifs mit der Auffassung des Hrn. di
Cesnola übereinstimmt. Dieser Schädel zeigt den uns bekannten ionischen
Typus in voller Ausbildung.
!) Cesnola, Cypern. Deutsche Bearbeitung von L. Stern. S. 33.
or
or
Über alte Schädel von Assos und Cypern.
Erklärung der Tafeln.
Sämmtliche Abbildungen sind von Hrn. Maler Eyrich in geometrischer Weise
nach der Natur in 4 Gröfse gezeichnet und darnach von Hrn. Edm. Gaillard photogra-
phisch auf 4 verkleinert und durch Lichtdruck vervielfältigt. Als Horizontallinie ist die soge-
nannte deutsche (von der Mitte des oberen Randes des äufseren Ohrloches bis zu dem
tiefsten Punkte des Infraorbitalrandes) genommen.
Auf allen Tafeln finden sich die 5 Hanptansichten: 1. Vorderansicht (Norma fron-
talis), 2. Hinteransicht (Norma oceipitalis), 3. Rechte Seitenansicht (Norma temporalis),
4. Oberansicht (Norma verticalis), 5. Unteransicht (Norma basilaris).
Taf. I. Der Schädel Nr. 1 aus einem Pithos von Assos (S. 25).
Taf. II. Der Schädel Nr.2 aus einem monolithischen Sarkophag von Assos (S. 26).
Taf. III. Der Schädel Nr. 3 aus einem zusammengesetzten Sarkophag von Assos
(S. 29).
Taf. IV. Der Schädel Nr. 1 (früher 5) von Magrastica auf Cypern (S. 38).
Taf. V. Der Schädel Nr. 2 (früher 9) von Alambra auf Cypern (S. 40).
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Physik. Ah. 1884, Tal. 1.
Lichtdruck von Edm. Gaillard in Berlin. Emil Eyrich, del.
K. Preuss. Akad. d. Wissenschaft, Physik. Abh. 1884. Tat. 2.
Virchow, Schädel a. Assos und Cypern. Lichtdruck von Edm. Gaillard in Berlin. Emil Eyrich, del.
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En
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ve)
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KB Akad. d. Wissenschaft.
Virchow, Schädel a. Assos und Cypern.
Liehtdruck von Ed. Guillard in Berlin.
Physik. Abh. 1854. Taf. 3,
Emil Kyrich, del.
K. Preuss, Akad. d. Wissenschaft. Physik. Abh, 1884. Taf. 4
Virchow, Schädel a. Assos und Cypern. Liehtdruck vom Edın. Gaillard in Berlin. Emil Eyrich, del.
ur
© K. Preuss, Akad. d. Wissenschaft. "Physik. Abh. 1834 Tat. 5.
Virchow, Schädel a. Assos und Cypern. Lichtdruck von Edm. Gaillard in Berlin. Einil Eyrich, del.
Über die Bestimmung des Ohm.
Von
GUSTAV WIEDEMANN,
eorrespondirendem Mitglied der Akademie.
Phys. Cl. 1884. Abh. III.
NE AUS RTURTE Ne
sr Hin yaktrin!
N achdem der im Jahre 1881 bei Gelegenheit der electrischen
Ausstellung unter dem Vorsitze des Herrn Cochery, Ministers der Posten
und Telesraphen, in Paris tagende Öongrefs der Electriker den Beschlufs
gefalst hatte, die im Öentimeter-Gramm-Secundensystem ausgedrückten,
zuerst von Gauss und Wilhelm Weber aufgestellten electromagneti-
schen Einheiten der Gonstanten des Stromes als Grundmaalse in die Praxis
einzuführen, erwuchs für die Physiker, und insbesondere für die Theil-
nehmer an dem Congrels, die Aufgabe, die früheren, zum Theil nicht mit
hinlänglichen Hülfsmitteln ausgeführten Untersuchungen genauer zu prü-
fen und weiter zu führen.
Aus diesem Grunde hatte ich bereits im Jahre 1882 in der elec-
trotechnischen Zeitschrift Bd. IH p. 260 in allgemein verständlicher Weise
die bisher angewandten Methoden zur Bestimmung des Ohm mit Aus-
nahme der damals noch nicht für definitive Messungen benutzten sinn-
reichen Methode von Lorenz kritisch besprochen. Bei genauer Discus-
sion der Fehlerquellen schien mir, abweichend von vereinzelten gegen-
theiligen Behauptungen, keine der bisher vorgeschlagenen oder benutz-
ten Methoden allen übrigen so unbedingt überlegen zu sein, dals man
1%
4 WIEDEMANN:
auf sie allein hin die Bestimmung basiren sollte. Vielmehr erschien es
wünschenswerth, auf verschiedenen Wegen das vorgesteckte Ziel zu er-
streben und die gewonnenen Resultate mit einander zu vergleichen.
Als eine der vorzüglichsten Methoden hatte ich schon damals die
auch von Wilhelm Weber in seiner Abhandlung zur. Galvanometrie
besonders empfohlene hingestellt, bei welcher eine Drathspirale mit verti-
caler Windungsebene mit ihrer Längsaxe in die Richtung des erdmagne-
tischen Meridians gebracht und um eine verticale Axe um 180° gedreht
wird. Die Intensität der hierbei indueirten Ströme wird an einem Gal-
vanometer von bekanntem Reductionsfactor gemessen.
Ich habe mir deshalb die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, wie weit
diese Methode sichere und constante Resultate zu liefern vermag, und
habe dann aus den Beobachtunssreihen den Werth des Ohm in Quecksil-
bereinheiten abgeleitet. Hierzu bot sich mir noch eine besondere Ver-
anlassung. Bereits in den Jahren 1879 und 1880 hatte Wilhelm We-
ber im Verein mit Fr. Zöllner in Leipzig einen grolsen Apparat con-
struirt, vermittelst dessen sich nach dieser Methode jederzeit der Wider-
stand eines Leiters in absolutem electromagnetischen Maalse bestimmen
und danach auch der Widerstand anderer Leiter, Etalons und dglm., in
demselben Maafse ausdrücken lielse.
Der Apparat war aus einem im Jahre 1844 zur freien Disposition
für Wilhelm Weber gesammelten, inzwischen von der Jablonowski-
schen und später von der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissen-
schaften verwalteten Weberfond beschafft worden.
Die Vorversuche mit demselben, welche unter Betheiligung der
Herren Riecke, Heinrich Weber, Weineck, Mechanicus Krille
angestellt worden sind, sind in den Berichten der mathematisch-physischen
Klasse der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften vom
Jahre 1880 Heft II veröffentlicht worden.
Leider ist es Wilhelm Weber selbst nach dem inzwischen er-
folgten Tode Fr. Zöllners und seiner dauernden Rückkehr nach Göt-
tingen nicht möglich gewesen, die Arbeiten weiter fortzusetzen. Es er-
schien mir demnach als eine Pflicht der Pietät gegen den ehrwürdigen
Begründer der absoluten eleetromagnetischen Maalseinheiten, die Unter-
suchungen wieder aufzunehmen und möglichst einem definitiven Abschluls
Über die Bestimmung des Ohm. 5
zuzuführen. Hierzu ist mir der erwähnte Apparat, welchen W. Weber
nach Beendigung seiner Vorversuche zu diesem Zweck der Königlich
Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften übergeben hatte, Seitens der
letzteren zur Verfügung gestellt worden.
Die zur Ausführung der Versuche erforderlichen finanziellen Hülfs-
mittel wurden mir in liberaler Weise von der Königlichen Academie der
Wissenschaften in Berlin gewährt.
TrLocat:
Das zu den Untersuchungen sehr geeignete Local, ein im Augu-
steum in Leipzig zu ebener Erde gelegenes früheres Klosterrefeetorium, ist
mir in liebenswürdiger Weise von dem Vorstand der Universitätsbiblio-
thek, Herrn Geheimen Hofrath Professor Dr. Krehl für die Dauer der
Versuche überlassen worden. Dasselbe ist 17,6” lang, 8,2" breit (vgl.
den Grundrifs Taf. 1 Fig. 1); die gewölbte Decke wird durch vier Pfeiler
von Rochlitzer Sandstein getragen. Auf den Längsseiten ist das Local
von wenig benutzten Höfen, auf der einen Schmalseite von einer
Wand, hinter welcher eine nur zu gewissen Tageszeiten begangene Treppe
hinaufführt, auf der andern durch einen schattigen, während der Beob-
achtungszeiten, Abends, sehr wenig benutzten Kreuzgang begrenzt. Un-
ter demselben befindet sich ein Keller, in welchem Fässer in etwa 4,5"
Tiefe unter dem Fufsboden lagern, die während der ganzen Versuchszeit
unverändert an ihrem Platze blieben.
Nur von der einen Längsseite fallen während der Mittagsstunden
im Sommer die Sonnenstrahlen ein wenig über das gegenüberstehende
hohe Bibliotheksgebäude in das Refectorium. Die Fenster blieben über-
dies fast stets durch Laden geschlossen. Die Temperatur war aus-
nehmend constant, sie schwankte von Mitte December 1883 bis Ende
Februar 1884, auch in Folge der für die Versuche sehr günstigen
Witterungsverhältnisse des verflossenen Winters, nur ganz langsam zwi-
schen 4,5 und 6,5° ©. Hierdurch fielen die mannigfaltigen Schwie-
6 WIEDEMANN:
rigkeiten und Fehlerquellen in Folge der häufig so sehr störenden Tem-
peraturveränderungen fort).
Die erforderlichen baulichen Einrichtungen sind auf Anordnung
des K. Sächsischen Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unterrichts
durch das unter Leitung des Herrn Hofrath Graf stehende K. Rentamt
der Universität mit dankenswerther Bereitwilligkeit ausgeführt worden.
I. Beschreibung der Apparate.
1. Inductor und Galvanometer. Zu den ersten Versuchs-
reihen wurden die bereits von W. Weber und F. Zöllner benutzten
und in ganz vorzüglicher Weise von Herrn Repsold in Hamburg con-
struirten Apparate verwendet, an welchen indefs mehrfache Abänderun-
gen angebracht worden waren. Dieselben bestehen aus Drathspiralen
(Fig. 2 und 3), welche auf etwa 25,4°° breite Hohleylinder von sehr
altem, getrockneten und mit Oel getränkten Mahagoniholz von etwa
96°“ äufserem Durchmesser aufgewunden waren, die beiderseits von Ma-
hasoniringen von 6°” Breite und 23° Höhe begrenzt waren und sich in
festen, aus starken Eichenholzbalken geformten Statifen drehten. Die
unten angeführten genaueren Zahlenwerthe beweisen, dafs sich diese
Drathrollen seit ihrer Benutzung durch W. Weber und F. Zöllner
nicht geändert haben. Auch war ihr Umfang durch die Drathwindun-
sen nicht im Geringsten eingedrückt. Sie enthielten in 12 Lagen 792
Windungen von doppelt übersponnenem, etwa 3,27"” dickem Kupferdrath.
Jede Rolle war mit ihrer Axe in horizontaler Lage auf ein
96°" im Durchmesser haltendes, 4°” dickes, kreisförmiges Mahagonibrett
1) Das von F. Zöllner (]. ec.) beschriebene, zu den Vorversuchen benutzte Lo-
cal, der 35” über dem Erdboden befindliche, früher zur Aufstellung des Refractors die-
nende achteckige Saal der alten Sternwarte auf der Pleissenburg, unter welchem sich für
die definitiven Versuche eine scheinbar sehr günstige Räumlichkeit befand, war ebenso
wie letztere nicht zu verwerthen, da die Temperatur in ersterem in Folge der freien Lage
und der nach allen Himmelsrichtungen weisenden grolsen Fenster sehr stark wechselte,
die Fufsböden nicht ganz fest waren und unterhalb beider Locale zum Tragen der Eta-
genböden eine etwa 15" hohe Eisensäule, sowie auch seitlich eine eiserne Wendeltreppe
angebracht worden war.
Über die Bestimmung des Ohm. ?
(A Fig. 2 und 3) geschraubt, welches von einem durch eine Schrau-
benvorrichtung hoch und nieder zu stellenden, in einem Messinglager
laufenden Conus von Messing getragen wurde. Oben war auf jeder
Rolle ein 3°” dickes, 39°" im Quadrat grofses viereckiges Mahagonibrett
B befestigt, welches in der Mitte eine aufsen 3°, innen 1,4°° weite
Messingröhre Ü als obere Drehungsaxe der Rolle trug. Dieselbe lief in
einer Messinghülse, welche in ein über dem ganzen Apparat hinlaufen-
des Brett E eingesetzt war. Letzteres war oben an dem Statif befes-
tist, in welchem die Drathspirale sich drehen konnten. Durch die
Messingröhre waren die zusammengedrehten Enden der Dräthe hindurch-
geführt, welche daselbst durch einen Kautschukschlauch vor Verletzun-
gen der Isolation geschützt waren. In ihrem weitern Verlauf waren die
äulseren freien Enden der Dräthe mit festem Leinenband zusammenge-
flochten.
Um die Inductionsrolle Z (Fig. 1 und 2) genau um eine in ihren
Windungsebnen liegende, verticale Axe um 180° hin- und herdrehen zu
können, waren bei meinen Versuchen folgende Einriehtungen getroffen.
An dem einen verticalen Ständer g (Fig. 2) des Statifs war ein 2° brei-
tes, 5°” hohes und 4°" nach innen hervorragendes, auf eine 1°” dicke
Messingplatte aufgelöthetes Parallelepiped A (Fig. 4) von Messing ange-
schraubt. Auf die die Drathrolle tragende Holzscheibe A waren zwei
E förmige, in radialer Richtung 4°" breite, in peripherischer 7,2° lange
Klammern © von Messinggufs, welche die Peripherie der Holzscheibe ge-
nau umfalsten, mittelst zweier starker Messingschrauben aufgeschraubt
(s. die Details in Fig. 5). Dieselben trugen nach aulsen hervorragende
starke Vorsprünge k, in welche sich in tangentialer Richtung zur Holz-
scheibe 1,8°” dieke Messingschrauben einsetzten. Durch Gegenmuttern
konnten dieselben in jeder Lage festgestellt werden. Die abgerundeten
vorderen Enden dieser Schrauben schlugen beim Umwenden der Induc-
torrolle gegen das Messingparallelepiped h, welches mit ganz dünnem
Handschubleder überzogen war. Um die Stöfse beim Anschlagen, welche
eine Verrückung des Apparates hätten verursachen können, zu vermeiden,
war über dem Parallelepiped A an dem verticalen Statifbalken eine den-
selben umfassende viereckige Klammer 7 von 4°” starkem harten Holz
mittelst zweier Holzschrauben befestigt, an welcher unterhalb ein <> för-
8 WIEDEMANN:
miger, von oben mit seinen mit Kautschukzeug überzogenen federnden
Armen bis an das Parallelepiped heranreichender Messingbügel m ange-
schraubt war. Die Breite desselben betrug 5°", die Länge jeder Hälfte
40°, die Metalldicke 0,2°, der Abstand der unteren Arme von dem
oberen Theile in der Mitte 7,5°. Beim Umschlagen des Inductors drückte
der Vorsprung k gegen die Arme des Bügels und dadurch wurde die Be-
wegung allmählich gedämpft. Dabei war darauf zu achten, dafs durch
die Federkraft des Bügels die Inductionsrolle nach dem Anschlagen von
dem Messingparallelepiped nicht wieder zurück gedrückt wurde.
Zur Einstellung der Multiplicatorrolle des Galvanometers war auf
dem untern Holzbrett (Fig. 3) desselben ein 2,2°* breites, 1,1°” dickes,
2,7°“ hohes Messingparallelepiped n (Fig. 6), an dem verticalen Balken
des Statifs eine sehr feste, horizontale 12°” breite und 3°” dicke Holz-
gabel befestigt, in deren Armen zwei horizontale Messingschrauben pp,
mit Gegenmuttern in Messinglagern liefen, durch deren Drehung das
zwischen ihnen eingeprefste Parallelepiped und somit die Rolle verscho-
ben und festgestellt werden konnte.
In der Galvanometerrolle hing an der bereits zu den Vorversu-
chen benutzten Aufhängungsvorrichtung g (Fig. 7) an einem Bündel von
möglichst wenigen, vorher mit verdünnter Sodalösung ausgekochten und
mit Wasser sorgfältig ausgewaschenen und getrockneten Coconfäden das
durch die Ströme abzulenkende Magnetsystem. Dasselbe bestand zunächst
aus dem Stahlmagnet a (Fig. 8 besonders gezeichnet) von länglich paral-
lelepipedischer Form, welcher an den Enden zugespitzt war, in der Rich-
tung der horizontalen Diagonale 7,5°“, in der der verticalen 2,4°” maals
und 0,24°“ diek war. Dieser Magnet wurde zwischen zwei verticalen
parallelen Messingrahmen 5 durch Schrauben festgehalten. Dicht vor den
letzteren war zwischen drei Schrauben, welche je eine kleine, mit einer
tiefen Nuth versehene Messingplatte trugen, ein dünner Glasspiegel e ein-
gesetzt!). Unten war an dem Rahmen ein 0,6°” dicker, 27,9°” langer,
horizontaler Messingstab d befestigt, auf welchen 57 Gr. schwere, eylin-
drische Gewichte ee an verschiedenen Stellen zur Veränderung des Träg-
heitsmomentes aufgeschoben werden konnten.
1) Leider gelang es nicht, einen Stahlmagnet mit direet aufgeschliffenen spiegeln-
den Flächen zu erhalten, welche hinlänglich deutliche Bilder gegeben hätten.
Über die Bestimmung des Ohm. 9
Der den Magnet in sich schliefsende Doppelrahmen hatte zwei
Haken, welche sich in zwei, in einen horizontalen cylindrischen Stab von
3,5°* Länge eingedrehte Nuthen genau einfügten. Der letztere Stab trug
oben einen [förmigen Bügel g von Aluminiumblech, dessen oberer hori-
zontaler Theil von einem feinen Loch durchbohrt war, durch welches die
das Magnetsystem tragenden Coconfäden hindurchgingen. Unterhalb wa-
ren dieselben an einer kleinen, innerhalb des Bügels angebrachten Rolle A
befestigt, durch deren Drehung das System gehoben und gesenkt werden
konnte.
Mit ihren oberen Enden gingen die Coconfäden durch ein vertica-
les Messingrohr © (Fig. 7 u. 9), welches oben mit einer Messingplatte
mit einem \förmigen Ausschnitt bedeckt war, in den sich die Coconfä-
den einlesten, so dafs sie bei der Verticalstellung des Apparates genau in
der Axe des Rohres hingen. Hinter dem Ausschnitt waren sie an einen
drehbaren Messingknopf geknüpft. Das Messingrohr selbst drehte sich in
einer, auf eine Messingplatte mit nach unten schräg zusammen laufenden
Rändern aufgesetzten Fassung und war mit einem Theilkreis versehen,
welcher an einem an der Messingplatte angebrachten Zeiger vorbeilief.
Die Platte selbst setzte sich zwischen zwei oben an der Rolle auf einer
besondern Messingplatte befestigten Messingleisten ein und wurde dazwi-
schen durch eine seitliche, in einen dreieckigen Ausschnitt eingreifende
Schraube stets in derselben Lage festgehalten.
Das Magnetsystem war von einem Holzkasten (Fig. 7) umgeben,
welcher durch einen verticalen Längsschnitt in zwei Hälften getheilt war,
deren eine leicht entfernt werden konnte. Der Kasten setzte sich mit-
telst dreier Stellschrauben auf ein in die Drathrolle eingeschraubtes Brett
auf. Vorn vor dem Spiegel am Magnetsystem war er mit einer Öffnung
versehen, welche mit einer etwas schräg nach unten gestellten, planpa-
rallelen Glasplatte verschlossen wurde.
2. Ablesefernrohre. Als Ablesefernrohre behufs Bestim-
mung der Ablenkung des Magnetsystems u.s. f. dienten zwei auf Messing-
dreifüfsen drehbare Fernrohre von Steinheil mit 5°” grofsen Objec-
tivöffnungen. Jedes Fernrohr lag mit seiner horizontalen Axe auf zwei
an einer starken Messinggabel a (Fig. 10) angebrachten Lagern. Letztere
war auf einer verticalen, in dem Dreifufs drehbaren und durch eine seit-
Phys. Cl. 1884. Abh. III. 2
10 WIEDEMANN:
liche Schraube festzustellenden Axe befestigt. Auf die Messinggabel war
ein starker Arm db von Buchsbaumholz aufgeschraubt, auf welchem sich
unterhalb des Objectivs des Fernrohrs ein gegen die Axe desselben na-
hezu senkrechter horizontaler, 2,2°” dicker, 6,5°” breiter und 40°” lan-
ger Stab c von gleichem Holze mittelst einer in einem Messinglager lau-
fenden verticalen Messingaxe drehte. Letztere konnte durch eine Flügel-
schraube fixirt werden. An beiden Enden waren in den Stab zwei ver-
ticale Messingfutter eingelassen, in welchen sich durch seitliche Schrauben
festzustellende runde Messingstäbe d von etwa 1°" Durchmesser (vgl.
Fig. 11) verschieben liefsen. Dieselben trugen oben längliche Messing-
rahmen, durch welche die zur Spiegelablesung dienenden Scalen e ge-
steckt wurden. Eine unten in dem Rahmen angebrachte Schraube « mit
breiterem Kopf diente bei der feineren Einstellung zum Heben und Sen-
ken, vier Schrauben @ y de in den Seitenflächen der Rahmen zum Vor-
und Zurückstellen und Verticalisiren der Ebene der Scala. Ein hinten
an dem Holzarm 5b angebrachtes Gegengewicht f (Fig. 10) aequilibrirte
die vorderen Theile des Arms mit der Scala.
Die so häufig verwendeten Papierscalen schienen mir für die de-
finitiven Messungen zu wenig fein. Abgesehen von den durch Ausmes-
sung zu corrigirenden Ungleichheiten sind die Millimeterstriche zu dick,
um eine hinlänglich genaue Messung zuzulassen. Es wurden deshalb auf
etwa 0,7°® dicken, 125°” langen und 4°” breiten Streifen von Spiegelglas
sehr schön getheilte Secalen von Herrn Otto Wiegand in Würzburg ver-
wendet. Herr F. Kohlrausch hatte die Freundlichkeit, dieselben in
seinem Laboratorium controlliren zu lassen. Die Abweichungen waren
nur sehr gering. Dieselben Resultate ergaben sich in meinem Labo-
ratorium.
Die Scalen wurden auf der Hinterseite mit einer sehr dünnen,
durchschimmernden Schicht von weilser Ölfarbe überzogen und von hinten
durch kleine Petroleumlampen mit horizontalen, halbeylindrischen Rever-
beren beleuchtet. Die Lampen waren so weit von den Scalen entfernt,
dafs dieselben nicht merklich erwärmt wurden. Event. konnten Glas-
kasten mit Alaunlösung zwischengestellt werden.
Obgleich sich die Fehler in Folge einer geringen Schiefstellung
der Scalen gegen die Fernrohraxen bei den Beobachtungen in den meisten
Über die Bestimmung des Ohm. 11
Fällen compensirten, hielt ich es doch für zweckmälsig, auch diese Feh-
lerquelle von vornherein durch richtige Einstellung der Scalen, genau
senkrecht gegen die Fernrohraxen, zu beseitigen. Hierzu wurden die bei-
den Fernrohre mit ihren Scalen auf zwei gleich (70°) hohen, sehr soli-
den und schweren Dreifüfsen von Eichenholz in einem Abstand von etwa
7" von einander aufgestellt und mittelst einer auf die Lager an der Mes-
singgabel aufgesetzten Libelle «a durch Verstellen der Stellschrauben des
Dreifulses die Drehungsaxen der Fernrohre vertical gestellt. Darauf
wurden die Scalen durch eine Libelle horizontalisirt. Nun wurde in der
Mitte zwischen den Fernrohren ein dünner, unten belasteter Silberdrath
(T) als Hülfsloth aufgehängt und das eine Fernrohr B mit seinem Faden-
kreuz auf letzteres eingestellt. Darauf wurde das Fadenkreuz des andern
Fernrohrs A vom Ocular aus beleuchtet und dasselbe so lange verscho-
ben bis bei Verstellung des Oculars von B dessen Fadenkreuz auch mit
dem von A und mit Loth (7) coineidirte. Hierauf wurde vor die Mitte
des Objectivs des Fernrohrs A ein zweites Loth (IT) mit Silberfaden auf-
gehängt und letzteres so lange seitlich verschoben, bis es ebenfalls bei
Durchsicht durch Fernrohr B mit dem Loth (7) und den Fadenkreuzen
von A und B zusammenfiel, also in der durch die Axen beider Fernrohre
gelegten Verticalebene hing. Die analoge Einstellung wurde mit einem
vor Fernrohr B aufgehängten Loth (II) vorgenommen. Das Loth (IT)
wurde nunmehr durch eine seitliche Lampe und einen im Winkel von
45° dahinter gehaltenen Spiegel hell beleuchtet und die Scala des Fern-
vohrs B so lange um ihre verticale Axe gedreht, bis das durch Fernrohr
A gesehene Spiegelbild von Loth (IT) in der erwähnten Scala mit dem
Loth (III) vor B zusammenfiel. Dann stand die Scala von Fern-
rohr B auf der Axe beider Fernrohre senkrecht. Auf gleiche Weise
wurde die Scala von Fernrohr A richtig orientirt. Durch Wiederholung
des Verfahrens konnte die Genauigkeit der Einstellung weit über die Gren-
zen der übrigen Beobachtungsfehler hinaus getrieben werden. Eine Ab-
weichung des Spiegelbildes des Lothes (IT) in der gegenüberliegenden Scala
um ein Millimeter von der verlangten Lage, welche Abweichung lange
nicht erreicht wurde, würde nur einen Winkel von 14 Secunden zwischen
der auf der Axe des Fernrohrs B senkrechten Ebene und der Ebene der
Scala in horizontaler Richtung bedingen.
9*
12 WIEDEMANN:
Bei diesen Beobachtungen waren die Fernrohre so aufgestellt, dafs
sie, ohne von ihrem jeweiligen Standpunkt verrückt zu werden, mit ihren
Scalen nur um ihre verticalen Axen gedreht zu werden brauchten, um
sofort zu den Messungen der Ablenkungen des Magnetsystems verwendet
werden zu können.
Zwischen den Versuchsreihen wurde wiederholt untersucht, ob auch
die Scalen ihre richtigen Lagen bewahrt hatten.
IM. Aufstellung der Apparate.
1. Zuerst wurden die Drehungsaxen des Inductors und Galvano-
meters vertical gestellt. Auf das obere Ende der auf einen jeden dieser
Apparate aufgesetzten, als Drehungsaxe dienenden Metallröhren wurde
eine horizontale Metallplatte aufgeschraubt und darauf eine Libelle mit
drei Stellschrauben gesetzt, deren Scalentheile je einer Minute entsprachen.
Durch sehr spitze Keile von hartem Holz, welche unter die Ecken der
Gestelle der Apparate geschoben wurden, konnte bewirkt werden, dafs
nach richtiger Einstellung der Stellschrauben der Libelle die Luftblase in
derselben nicht um einen Theilstrich von der Mitte auswich, wenn die
Spirale um ihre Axe gedreht wurde. — Eine Einstellung der Apparate
durch Stellschrauben war bei ihrem grofsen Gewicht nicht ausführbar;
doch genügte vollkommen die Anwendung der Keile.. In der That er-
forderte eine Änderung der Neigung der Axe um eine Minute je nach
der Richtung eine Hebung der einen Seite der Gestelle um 0,7 oder
0,300 ;
Nach jeder Versuchsreihe wurde geprüft, ob die richtige Einstel-
lung der Apparate sich nicht geändert hatte.
2. Darauf wurde untersucht, ob die Ebene der Spiralen der Dre-
hungsaxe parallel war, letztere also nicht gegen die mittlere Ebene der
Spiralen geneist war und zugleich, ob die Drehungsaxe in die verticale
Halbirungsebene der Spiralen in der einen oder andern Richtung fiel.
Über die Bestimmung des Ohm. 13
Zu diesem Zwecke wurde die Breite der Spirale selbst, sowie die der sie
seitlich begrenzenden Holzringe an verschiedenen Stellen gemessen. Dieselbe
erwies sich überall als wesentlich gleich. Sodann wurde die Spirale fest-
gestellt, auf die auf dieselbe aufgesetzte Metallplatte ein Tisch mit drei
Stellschrauben und darauf eine planparallele Glasplatte mit ihrer Ebene
in verticaler Lage gestellt und etwa in der Entfernung von 1,7” davon
ein Fernrohr / mit einer Scala so aufgestellt, dafs das Spiegelbild des
unter der Mitte seines Objeetivs befindlichen Nullpunktes der Scala mit
dem Fadenkreuz desselben coincidirte. Hierauf wurden zwei Lothe zu
beiden Seiten der Spirale aufgehängt und so lange verschoben, bis sie
genau mit der einen Seitenfläche derselben in eine Ebene fielen, also
beim Visiren mittelst eines 3” entfernten Fernrohres // mit derselben
eoineidirten. Dann wurde die Spirale um ihre verticale Axe um 180°
gedreht, bis der Nullpunkt der Scala des Fernrohres / wiederum in der
Hinterfläche der Glasplatte in Coineidenz mit dem Fadenkreuz erschien.
Die Ebene der zweiten Seitenfläche der Spirale fiel dann wiederum mit
der Ebene der Lothe zusammen, ein Beweis, dals, dank der ganz vorzüg-
lichen Ausführung durch Herrn Repsold, die Seitenflächen der Spirale
nicht nur der verticalen Drehungsaxe parallel, sondern auch gleich weit
von ihr entfernt waren.
Das gleiche Verfahren diente dazu, um nachzuweisen, dafs auch
die Windungen der Spirale in der durch den horizontalen Durchmesser
gelesten Horizontalebene nach beiden Seiten gleich weit von der Dre-
hungsaxe entfernt waren.
Diese Übereinstimmung bewährte sich sowohl bei der Inductor-,
wie bei der Galvanometerrolle in ausgezeichneter Weise.
3. Eine dritte Untersuchung betraf die Frage, ob das Magnet-
system mit den tragenden Coconfäden genau in der Drehungsaxe in die
Spiralen eingehängt werden konnte. Dazu wurde nach dem Einbringen
der dasselbe tragenden Röhre mit dem an den Coconfäden hängenden
System in die eine oder andere Spirale mittelst eines entfernten Fern-
rohrs mit Fadenkreuz auf das Bündel Coconfäden visirt und die betref-
fende Spirale um ihre verticale Axe gedreht. Auch wurde der Magnet
des Magnetsystems durch eine gleich schwere und gleich gestaltete Mes-
14 WIEDEMANN:
singplatte ersetzt. Dabei verschob sich bei den verschiedenen Stellun-
gen der Spiralen das Bild der Coconfäden höchstens um 0,5””.
4. Sodann wurde geprüft, ob der Kupferdrath der Spiralen einen
merklichen Magnetismus besals. In dem Spiegel des in die eine oder an-
dere Spirale eingehängten Magnetsystems (s. unter Nr. 6) wurde mittelst
eines der oben beschriebenen Fernrohre die 3—4” davon entfernte Scala
beobachtet und die Spirale gedreht. Durch Einvisiren auf einen Punkt
des Torsionskreises an dem Träger des Magnetsystems konnte die Gröfse
dieser Drehung abgelesen werden. Der Torsionskreis wurde darauf um
ebensoweit zurückgedreht, sodafs der Coconfaden wieder torsionsfrei war.
Dabei blieb das Bild der Scala im Fernrohr unverrückt. Zunächst in der
Mitte der Spiralen ist also ein etwaiger Gehalt des Drathes an magneti-
schen Stoffen auf das Magnetsystem ohne Einflufs.
Auch wurde auf einem an einem besondern Statif befestigten,
durch die untersuchte Spirale hindurchgehenden Brett die auf drei Stell-
schrauben stehende, dicke, dämpfende Kupferhülse eines Spiegelgalvanome-
ters!) meiner Construction, in welcher an einem einfachen Coconfaden
ein kreisförmiger magnetisirter Stahlspiegel hing, an verschiedenen Stel-
len, in der Mitte und möglichst nahe den Windungen, aufgestellt, das
Bild einer Scala in dem Stahlspiegel mittelst Fernrohr beobachtet und
die Spirale gedreht. Auch hierbei wurde der Masnetspiegel nicht merk-
lich abgelenkt.
Bei der grofsen Masse des Kupferdrathes hätte sich schon ein ge-
ringer Eisengehalt zeigen müssen.
5. Nach diesen Vorversuchen wurden die Spiralen mit ihren Axen
gegen den erdmagnetischen Meridian richtig orientirt.
Bei der Galvanometerrolle geschah dies zunächst annähernd da-
durch, dafs auf das sie tragende Holzbrett eine Feldmefsbussole mit qua-
dratischer Bodenplatte aufgelest, mit der einen Kante gegen die eine
äulsere Fläche der Rolle geschoben und die Rolle gedreht wurde, bis die
Nadel auf Null stand, der Ebene der Rolle also parallel war. Zur ge-
naueren Einstellung wurde möglichst in der Mitte der Spirale, welche
durch ein von der Suspensionsvorrichtung des Magnetsystems herabhän-
!) G. Wiedemann, Elektrieitätslehre 3. p. 289.
Über die Bestimmung des Ohm. 15
gendes Loth, sowie die Kreuzungspunkte zweier über die beiden Öffnun-
gen der Spirale diametral gespannter Fadenkreuze bezeichnet war (Ss. w. u.),
der Dämpfer der Spiegelbussole mit dem Magnetspiegel aufgestellt und
durch die Spirale der Strom einer Noöschen Thermosäule geleitet. Der
Strom ging vorher durch einen Pohlschen Gyrotrop und einen Umschal-
ter von constantem Widerstand, bestehend aus einem Brett von Hart-
summi mit vier Quecksilbernäpfen (Fig. 12), in welche sich ein Doppel-
bügel von 5”" dickem, an den Enden amalgamirten Kupferdrath einlegte.
Waren die Näpfe « und 5 mit der von der Säule durch den Gyrotrop
kommenden Leitung, die Näpfe c und d mit der Spirale verbunden, so
wechselte der Strom in letzterer die Richtung, wenn die Bügel nacheinan-
der die Näpfe ac und bd oder ad und bc untereinander verbanden. Bei
wechselnder Stellung des Gyrotrops wurde die Spirale so lange gedreht,
bis bei Umlegen des Umschalters die an einer etwa 4,3” entfernten
Scala mittelst eines der Beobachtungsfernrohre abgelesenen constanten
Aklenkungen des Magnetspiegels (circa 500 Scalentheile) nach beiden
Seiten gleich waren. Dann wurde die Spirale des Galvanometers fest-
gestellt.
6. Nach dieser Einstellung wurde die das Magnetsystem tragende
Röhre in die Spirale eingeschraubt, und die Länge der Coconfäden durch
Drehen der daran befestigten Rolle so weit verändert, dafs die horizon-
tale Längsdiagonale des Maenets mit der Ebene der horizontalen Fäden
der beiden Fadenkreuze auf den Öffnungen der Spirale zusammenfiel.
Diese Einstellung geschah durch Visiren auf dieselben mittelst eines so
lange verschobenen entfernten Fernrohres, bis beide Horizontalfäden und
zugleich die horizontale Diagonale des Magnets mit dem Fadenkreuz des
Fernrohrs coincidirten. Auch bei Drehung der Spirale um 180° mulste
die Coincidenz bestehen bleiben.
Dafs die Mitten der Fadenkreuze gerade mit den Mitten der Spi-
ralöffnungen zusammenfielen, wurde auch durch Messung mittelst eines
vertical oder horizontal gestellten Kathetometers constatirt.
Nachdem die die Coconfäden tragende Röhre so lange gedreht war,
dafs man den Nullpunkt der Scala am Fernrohr gerade in Coineidenz
mit dessen Fadenkreuz erblickte, wurde der Magnet mit einem ihm gleich
gestalteten Messingparallelepiped vertauscht. Die Stellung des Spiegels
16 WIEDEMANN:
am Magnetsystem blieb unverändert, falls der dasselbe tragende Faden
vorher keine Torsion besafs. Sonst wurde die die Coconfäden tragende
Röhre gedreht und das Beobachtungsfernrohr mit der Scala verschoben,
bis dieses Verhalten eintrat.
War die Galvanometerspirale richtig nach dem Meridian orientirt,
so mulste wiederum beim Durchleiten des Thermostromes im einen oder
andern Sinne die Ablenkung des Magnetsystems die gleiche und entgegen-
gesetzte sein.
In einzelnen Fällen wurde die Einstellung der Galvanometerrolle
nicht soweit fortgeführt, dafs die beiderseitigen Ablenkungen völlig gleich
waren. Sind dieselben « und ®, so ist die Abweichung & der Rolle aus
der Meridianstellung gegeben durch die Formel:
ctsp — L(etga— cetgß)!).
7. Bei der Einstellung der Inductorrolle wurde zuerst dasselbe
Verfahren eingehalten. Um sodann die Anschläge so zu richten, dafs die
Ebene der Rolle beim Anliegen derselben an das an dem Statif des Ap-
parats befestigte Messingparallelepiped nach der einen oder andern Seite
auf der Ebene des magnetischen Meridians senkrecht stand, wurde auf
die oben auf die Drehungsaxe aufgeschraubte Messingplatte eine zweite
Platte mit drei Stellschrauben und darauf ein rechtwinkliges Glasprisma
gestellt. Dann wurde ein mit einer Scala versehenes Fernrohr im Ab-
stand von 1,68" so aufgestellt, dafs das Spiegelbild des unter dem Ob-
jectiv liegenden Nullpunktes der Scala in der einen Kathetenfläche mit
dem Fadenkreuz zusammenfiel. Jetzt wurde die Inductorrolle so lange
gedreht, bis auch bei der Reflexion des Bildes der Scala von der zweiten
Kathetenfläche dieselbe Coincidenz eintrat. Hierbei war von vornherein
das Prisma so eingestellt, dafs sich das Bild der Scala bei der Drehung
in verticaler Richtung nicht verschob, also die Kathetenflächen vertical
waren. Eine kleine Abweichung des Winkels des Prismas von 90° wurde
dabei berücksichtist und nach der Einstellung die Schraube des einen
Anschlags so gedreht und mittelst der Gegenmutter fixirt, dafs die In-
ductionsrolle beim Gegenliegen derselben gegen das Messingparallelepiped
diese Einstellung beibehielt. Das gleiche Verfahren diente zur Einstellung
1) G. Wiedemann, Elektrieitätslehre 5. p. 249.
Über die Bestimmung des Ohm. 17
des zweiten Anschlags, wobei die Spirale gegen ihre erste Lage um 180°
gedreht war.
Endlich wurde zur Controlle statt des Prismas eine einerseits ver-
silberte Glasplatte mit spiegelnder Silberfläche mit ihrer Ebene vertical
auf den das Prisma tragenden Tisch gestellt, so dafs beim Anliegen
des einen Anschlages das in der einen Fläche der Glasplatte gesehene
Spiegelbild des Nullpunktes der Scala unter dem vorher zur Einstellung
der Spirale dienenden Fernrohr mit dem Fadenkreuz des letztern coinci-
dirte, und beobachtet, ob beim Drehen der Spirale um 180° und An-
drücken des zweiten Anschlages an das Messingparallelepiped sich das-
selbe bei der Reflexion des Scalenbildes von der andern Fläche der Glas-
platte ergab. — Da ein Scalentheil einer Drehung der Spirale um etwa
eine Minute entspricht, ist die Genauigkeit dieser Einstellung mehr als
genügend. Während des Gebrauches des Apparates wurde wiederholt
constatirt, dafs dieselbe unverändert geblieben war.!)
8. Die durch die röhrenförmigen oberen Enden der Drehungs-
axen fortgeführten, mit Band zusammengeflochtenen Enden der Dräthe
des Inductors und Multiplicators wurden durch einen Quecksilberschlufs
mit einander verbunden, welcher zugleich gestattete, schnell in den Schlies-
sungskreis beliebige Widerstände, z. B. Siemens’sche Etalons, einzuschalten.
Drei überall dick mit geschmolzenem Schellack überzogene Holz-
kästchen, a, b, ce (Fig. 13), deren mittlerer d durch eine Glaswand in zwei
Abtheilungen getheilt war, wurden mit Quecksilber gefüllt und ebenso dick
lackirte Deckbretter daraufgeschraubt, welche von den Löchern 1 bis 8
durchbohrt waren, von denen je zwei aufeinander folgende 1, 2 resp. 3, 4
dicht aneinander lagen. In die Löcher 6 und 8 setzten sich die Enden
I und // des Drathes der Inductionsrolle, in die Löcher 3 und 7 die
Enden /// u. IV des Drathes der Galvanometerrolle ein, welche dazu mit wohl
amalgamirten, 0,6°" dicken und 3,5°“ langen Kupferstäben verlöthet wa-
1) Die Anordnung des Statifs des Apparates gestattete nicht, durch directe Be-
obachtung des in der Spirale aufgehängten Magnetspiegels zu untersuchen, ob bei der
richtigen Einstellung der Spirale beim Durchleiten eines Stromes der erstere keine Ablen-
kung zeigte. Statt dieses direeten Weges zur Einstellung mulste deshalb der obige einge-
schlagen werden.
Phys. C1. 1884. Abh. Il.
=
18 WIEDEMANN:
ren, in 4 und 5 zwei oberhalb durch ein sehr dickes Kupferstück (von
0,7 °” Dicke, 0,5°” Breite und 3,4°” Höhe) verbundene 0,6°” dicke und 3,6 °”
lange, sehr gut amalgamirte Kupferstäbe (Fig. 13”) ein. Sollte ein Widerstand,
z. B. ein Siemens’scher Etalon, eingefügt werden, so wurde das Ende von
Drath ZV in Loch 1 eingelest, und die amalgamirten Enden des Etalons,
welche den oben erwähnten Kupferstäben gleich waren, in die Löcher 2
und 5. Auf diese Weise wurde der, freilich fast verschwindende Wider-
stand der Zuleiter zu den eingeschalteten Etalons eliminirt.
In die Spiralen wurden zwei auf Fünftel-Grade getheilte, mit einem
Luftthermometer verglichene Quecksilberthermometer eingelegt.
9. Etwas seitlich von den Visirlinien zwischen den Fernrohren
und den Mitten des Inductors und Galvanometers standen 70°” hohe
Tische, auf welche nahe in ostwestlicher Lage etwa 24°” lange und 6,5 °”
dicke Drathspiralen lagen, welche durch zusammengeflochtene Dräthe mit-
telst je eines nahe an dem am Fernrohr sitzenden Beobachter aufgestell-
ten Quecksilbergyrotrops mit einem Ohromsäureelement verbunden wurden.
Wurde der Strom wechselnd in entgegengesetzter Richtung rechtzeitig
durch die Spiralen geleitet, zuerst mit Einlage eines Eisenkerns, dann
ohne denselben, so konnte das schwingende Masnetsystem schnell so weit
beruhigt werden, dafs seine Elongationen nur etwa 0,5 bis 1 Scalentheil
betrugen.
IV. Messungsmethode.
Die Messungen wurden nach der Multiplicationsmethode ausgeführt,
da ein einzelner Inductionsstols bei Umdrehung der Inductorrolle um
180° das Magnetsystem im Galvanometer nicht hinlänglich stark ablenkte.
Nachdem das Magnetsystem möglichst beruhigt war, wurde die mit
der Galvanometerrolle verbundene Inductorrolle möglichst schnell um
180° gedreht und so em Inductionsstrom durch das Galvanometer ge-
schickt. Die Inductorrolle wurde wiederum jedesmal auf ein Zeichen
des am Fernrohr sitzenden Beobachters um 180° zurückgedreht, sobald
Über die Bestimmung des Ohm. 19
das Magnetsystem durch die Nulllage hindurchging und dieses Umschla-
gen wiederholt, bis die Ausschläge die Grenzen der Scala erreicht hatten.
Dieselben wurden von Anfang an notirt.
Die Dauer des Umschlagens betrug höchstens 2 Secunden.
Bei wiederholten Versuchsreihen wurde die Inductorrolle beim er-
sten Stols häufig nach der entgegengesetzten Seite gedreht.
Herr Mechaniceus Krille hatte, wie schon bei den Vorversuchen
von W. Weber und F. Zöllner, die Güte, die ermüdende und andauernd
grofse Aufmerksamkeit erfordernde Arbeit des Umschlagens zu übernehmen
und mit aufserordentlicher Regelmälsigkeit während der ganzen Beobach-
tungsreihen durchzuführen.!) Hierfür, sowie für die schnelle undvortreff-
liche Ausführung der zu den Versuchen erforderlichen Hülfsapparate bin
ich ihm zu ganz besonderm Dank verpflichtet.
V. Berechnune.
1. Behufs der Berechuung der hierbei erhaltenen Resultate wol-
len wir annehmen, der Magnet im Galvanometer habe auf irgend eine
Weise (s. w. u.) eine in der Länge eines Bogens für den Radius Eins ge-
messene Ablenkung x, aus seiner durch die Richtung der Horizontalcom-
ponente der erdmagnetischen Kraft bedingten Ruhelage erhalten und
schwinge aus ersterer in letztere zurück. Er erhalte dadurch die Ge-
schwindigkeit (,. Ist A das logarithmische Deerement, 7’, die Schwin-
gungsdauer des Magnets ohne Dämpfung, so ist, wenn wir
x a
—aretg <
-
— 4
setzen,
1) Die Anwendung eines zu diesem Zweck von Herrn Repsold construirten
grolsen Uhrwerkes hatte sich schon bei den Vorversuchen von Weber und Zöllner
nicht bewährt.
20 WIEDEMANN:
I RE
0, = iy.2:7r € } (1)
Erhält nunmehr die Nadel durch einen Inductionsstols die Geschwindig-
keit ©, so ist ihr erster Ausschlag
Y Net
ne ul
Zur Nulllage zurückgekehrt hat sie die Geschwindigkeit
— (O,+0)e*.
Erhält der Magnet hierzu die Geschwindigkeit — Ü, so ist die jetzige
Geschwindigkeit f
— Haare)
und der folgende Ausschlag
2
2, —= — ((,e”+lAa+e”)) a :
In der darauf folgenden Nulllage hat die Nadel die Geschwindigkeit
Ar IG,e”+lAa—+e")} ai 06,271. 0(e, 4 622°) Ä
wozu sie noch einmal die Geschwindigkeit C erhält. Dann wird der dritte
Ausschlag
EN
ZE
u, = + IGe "+ la+e’—e”))—
Somit werden die gesammten Schwingungsbogen
=
g
1
nm”
su —% = [C,üa+e’)+le@+e”)
= — (2) = [le He) +l@+ 2er te} 2!
und ebenso ist der nte gesammte Schwingungsbogen
„st @, — %4) = IC AG ee em)
N
m 0@ — 2” ge... „4 ger Dre | nn:
— (n—1)A X I — (er EeRUON) T ı
n [& (e ke ) +0 a = — } = z (2)
Über die Bestimmung des Ohm. 21
Setzt man hier den Werth für C, aus Gleichung (1) ein, so wird
= (BE er mtr) Er, 1 ; (3)
1—-e*
2
—— ri _n“ —(r+1)? =
SI—IE(e "Irre )+C ne
Ist 2, = 0 oder (, = 0, so ist der Schwingungsbogen s, derjenige,
welchen der Magnet durch n +1 Inductionsstöfse erhalten hatte, wenn
er bei dem ersten derselben in absoluter Ruhe in der Nulllage gewe-
sen wäre.
Ist n = ©, so ist
Pe 2 T, {
ae m 2 (4)
” 1—eE
der gesammte Schwingungsbogen, welchen die Nadel nach unendlich vie-
len Inductionsstölsen zurücklegen würde.
2. Es sei nun
D das auf das in der Nulllage befindliche Magnetsystem
im Galvanometer durch einen Strom von der Intensität
Eins ausgeübte Drehungsmoment,
K das Trägheitsmoment des Systems,
M das magnetische Moment desselben,
J die Intensität des durch Umdrehung des Inductors um
180° erzeugten und durch das Galvanometer flielsenden
Stromes,
Ü© die dem Magnetsystem in der Nulllage durch diesen Strom
ertheilte Geschwindigkeit,
? das logarithmische Decerement der Schwingungen dessel-
ben bei geschlossenem, aus Multiplicator und Galvano-
meter bestehenden Kreise,
H, und H, die Gröfse der Horizontalcomponente des Erd-
magnetismus an der Stelle des Galvanometers und an
der des Inductors,
T, und T, die Schwingungsdauer des Magnetsystems beim
Einbringen in das Galvanometer und in den Inductor bei
geöffneter Kette,
22 WIEDEMANN:
& die Torsionsconstante der Aufhängefäden des Systems,
F die von dem Drath des Inductors umspannte Fläche,
r der reducirte Radius des Multiplieators des Galvanome-
ters,
n die Windungszahl desselben,
Ga onzalm,
W der Gesammtwiderstand der den Inductor und das Gal-
vanometer enthaltenden Schliefsung,
dann ist zunächst:
D=""M=@.M,
und, wenn der Inductor aus der Lage, in welcher die Ebenen seiner Win-
dungen auf dem erdmagnetischen Meridian senkrecht stehen, um 180°
gedreht wird,
2H;F.
we
daher
0—_ ID _2HF GM
A TREE TIE
Ferner ist
GO) MEI — ER,
woraus folgt:
a RENDENDEENGE
ERENTO
Führen wir diesen Werth in die Gleichung (3) pag. 21 ein, so erhalten wir
we Er NEN F @2 — (IL es), 1 — Z aretg (5)
I+2T mer ea te)
Hiernach sind zu bestimmen die Werthe F,G,7,, T,, 8,2, 5,,%-
Über die Bestimmung des Ohm. 23
VI. Beobachtungen.
1. Ausmessung der Dimensionen des Inductors und
Galvanometers (Bestimmung von F und @).
a. Bei den ersten Beobachtungsreihen wurden die von
W. Weber und F. Zöllner verwendeten Spiralen direct benutzt. Nach
den von denselben angestellten Messungen des Umfangs der äufseren
Windungsfläche und des ceylindrischen innern, von ihnen umschlossenen
Bodens mittelst herumgelester und mit Nadelstichen versehenen Papier-
streifen, welche nachher auf einem Brett mit Holzmaafsstäben auf ihre
Länge geprüft wurden, betrug beim
Inductor
der innere Umfang 301,854 °”,
der äufsere Umfang 326,387".
Der Draht war in 12 übereinander liegenden Schichten zu je 66 Windun-
gen, insgesammt in 792 Windungen, um die Rolle gelegt. Hieraus wurde
die von dem Drath umfafste Windungsfläche zu 6222.10%" berechnet.
Die von den Windungen eingenommene Breite des Holzrahmens betrug
25,42”.
Ich habe diese Messungen in abgeänderter Weise wiederholt. Hierzu
wurde die Rolle nach Entfernung des den obern Theil ihrer Axe führen-
den Bretts des Statifs in die Höhe geschraubt und in ihr mittelst Schraub-
bolzen ein genau hineinpalsendes eisernes Futter befestigt, welches aufser-
halb ein 97° im Durchmesser haltendes eisernes Zahnrad mit 180 Zähnen
trug. Sodann wurden an die verticalen Balken des Statifs Stützen mit
Axenlagern geschraubt, auf welche die Axe des Zahnrades durch Nieder-
schrauben des Zapfens unten an der Rolle gesenkt wurde. Die Rolle
wurde darauf gedreht und von ihr die den obern und untern Theil der
Axe tragenden Holzstücke abgeschraubt.
Nachdem auf diese Weise die Rolle frei gemacht war, wurde mit-
telst eines 1,5°" breiten Stahlbandes an aequidistanten, vorher bezeichne-
ten Stellen der Peripherie ihr Umfang bestimmt. An das eine Ende des
94 WIEDEMANN:
Stahlbandes war ein Bügel gelöthet, durch welchen das andere Ende des-
selben hindurchgezogen wurde. An einer Stelle waren in das Band fünf
kleine Löcher nebeneinander gebohrt. Dasselbe wurde vermittelst des
Bügels und einer an dem freien Ende befestigten Schraubenzwinge an den
betreffenden Stellen der Rolle fest angezogen und durch eine Stahlspitze
die je unter einem Loch liegende Stelle des Bandes markirt.
Auf dem Stahlband waren in Abständen von etwas weniger als
einem Meter feine Transversallinien gezogen, deren Abstand bei vertica-
ler Aufhängung desselben durch ein Kathetometer bestimmt war. Auch
der Abstand der Löcher und Punkte von den nächsten Strichen wurde
in gleicher Weise gemessen.
Aufserdem wurde das Stahlband auf einem langen horizontalen
Lager ausgebreitet. Auf ein 3,2°° starkes und 4” langes Brett war der
Länge nach ein zweites 16°“ hohes und 4,2°* breites, auf seiner oberen
Fläche möglichst ebenes Brett aufgeschraubt, auf welchem drei zu-
sammen 4” lange, 4°" breite und 0,8°“ dicke Streifen von Spiegelglas
mittelst Glaserkitt befestigt waren, so dafs sie bei Prüfung mit einer
Wasserwage in einer Horizontalebene lagen. Durch von der Seite über-
greifende Klammern wurde das Stahlband auf dieser ebenen Bahn der
Länge nach ausgespannt. Mittelst einer auf Glas getheilten Scala, welche
mit der getheilten Seite auf das Stahlband gelegt wurde, konnte der Ab-
stand der Löcher und Punkte vom nächsten Theilstrich des Bandes bis
auf 0,1”" genau abgelesen werden.!)
Auf diese Weise ergab sich der äufsere Umfang der Inductorrolle
resp. gleich
326,630 326,590 326,630°,
im Mittel gleich 326,617°“, also der Durchmesser gleich 103,966 °".
Zur Controlle wurde der Inductorrolle in der Ebene ihrer mittle-
ren Windung ein Kathetometer gegenübergestellt und das Fernrohr an
1) Papierstreifen eignen sich für ganz exacte Messungen dieser Art nicht gut, da
sie durch Spannung und Belastung gedehnt werden. So verlängerte sich nach Katheto-
meterbeobachtungen ein durch 2668" belasteter Streifen von Zeichenpapier von 47"
Breite bei weiterer Belastung mit 10738” von 604,66 bis 605,02 "0; ein mit Hausenblase
gefirnilster, 27m breiter Längsstreifen von Pausleinewand (bei den Vorversuchen ge-
braucht) von 796,32 bis 797,58 m,
Über die Bestimmung des Ohm. 25
demselben bei drei je um 60° gedrehten Lagen der Rolle so eingestellt,
dafs der Horizontalfaden seines Fadenkreuzes gerade die unterste oder
oberste Stelle der Windungen tangirte. Dabei ergaben sich folgende
Durchmesser:
104,104 104,152 103,933 ®;
also im Mittel
104,063 ®,
Ins Gesammt würde danach der mittlere äuflsere Durchmesser der Induc-
torrolle gleich
104,0145 °"
sein.
Bei gleicher Ausmessung des innern Umfangs der Inductorrolle
nach dem Abwickeln des Drathes ergab sich derselbe mittelst des Band-
maalses an fünf Stellen gleich
302,066 301,91 301,81 302,31 301,71
also im Mittel gleich 301,96°”, woraus der Durchmesser gleich 96,117 °“
folgt.
Die Messung mittelst des Kathetometers ergab für den Durch-
messer
96,104 96,072 96,060,
ım Mittel 96,079 °“.
Als Mittelwerth wurde für der Durchmesser genommen
96,098 °”,
Aus den Messungen von W. Weber folgen die Längen des äufsern
und innern Durchmessers zu 103,892 und 96,0828 °".
In Folge der Rauheiten der Überspinnung des Drathes und der
unvermeidlichen geringen Verschiedenheiten der Lage der einzelnen Win-
dungen müssen die Messungen des innern Durchmessers der Rolle ge-
nauer untereinander übereinstimmen, als die des äulsern.
Bei der Abwickelung der Rolle wurde ihr Drath auf eine Holz-
rolle von etwa 1" Durchmesser gewickelt, welche mit ihrer, der Axe der
Rolle parallelen Axe in einem Abstand von etwa 3—4" auf zwei Lagern
ruhte und mit den Händen gedreht wurde. Durch Andrücken eines star-
ken Tuches gegen die Holzwände der Rollen wurde der Drath dabei stets
Phys. Cl. 1884. Abh. III. 4
©
5]
6 WIEDEMANN:
k
gespannt gehalten. Durch ein auf die Axe der Inductorrolle aufgescho-
benes Zählerwerk wurde die Zahl der Umwindungen jeder Lage wieder-
holt gemessen; zugleich wurden die Theile des Umkreises daselbst über
oder unter einer vollen Umwindung mittelst der 180 Zähne des Zahnra-
des notirt. Dabei wurde für die schrägen Stellen, wo der Drath von
einer zur anderen Lage überging (etwa 4°"), für jede derselben die Hälfte
gerechnet.
So ergaben sich die Windungszahlen 2 der von der untersten an
gezählten Lagen wie folgt. Denselben ist der Radius r der mittleren
Faser der sie bildenden Drathkreise in Centimetern, sowie die von ihnen
umfafste Fläche / beigefügt.
No. 2 r F
ils 66,067 48,250 482800
2 65,994 48,557 488854
3. 66,028 48,884 495689
4. 65,994 49,211 502093
58 66,006 49,538 508870
6. 66,011 49,865 515656
7. 65,989 50,192 522266
8. 66,017 50,519 529318
» 65,972 50,346 535831
10. 66,011 51,173 543065
10% 66,000 51,500 549935
12. 65,861 51,827 555770
791,950 6230127 U"
Von der untersten Windung steigt der Drath an der Seitenwand
der Rolle schräg auf bis zur Höhe der obersten Windung in einer Bogen-
länge von 18° — 0,05 Umfang, sodals die Gesammtzahl aller Windungen
732 beträgt. Der von den Radien am Anfang und Ende des aufsteigen-
den Stelle begrenzte Flächenraum beträgt 386,3°”, sodals die gesammte
Windungsfläche des Inductors gleich
Über die Bestimmung des Ohm. 27
F = 6230513"
ist.
Aus den Messungen von W. Weber und Zöllner hatte sich
dieser Werth zu 6222000” ergeben.
Das gleiche Verfahren wurde bei der Berechnung des Durchmes-
sers des Galvanometers eingehalten, dessen Windungen nicht ganz so
gleichförmig verliefen, wie die des Inductors.
Der äufsere Umfang der Multiplicatorrolle ergab sich mittelst des
Bandmaalses an fünf Stellen zu
327,55 327,55 327,40 327,39 327,31
im Mittel gleich 327,44°”; also der Durchmesser gleich 104,227 °”,
[
Mittelst des Kathetometers wurde der Durchmesser an drei um
60° voneinander entfernten Stellen gleich
104,278 104,482 104,276
also im Mittel gleich 104,345°" gefunden. Das Mittel aus diesen Wer-
then ist
104,286 °°,
Der innere Umfang beträgt nach den Messungen mit dem Bandmaafs an
fünf Stellen
301,97 302,00 301,99 301,96 301,95
im Mittel 301,97°”, woraus der mittlere Durchmesser gleich 96,120 °“
folgt.
Mittelst des Kathetometers wurde der letztere an drei Stellen gleich
96,140 96,110 96,104
im Mittel gleich 96,118°“ beobachtet. Das Mittel der erhaltenen Werthe ist
36.119”.
W. Weber und F. Zöllner hatten den inneren und äufseren Durchmes-
ser der Multiplicatorrolle gleich 104,1594 und 96,064°" gefunden.
Die Breite des Multiplicatorrahmens betrug 25,40 °”,
Um das Drehungsmoment @ des Multiplicators auf einen in seiner
Mitte gelegenen, unendlich kleinen Magnet von Moment Eins zu berechnen,
wurde das Drehungsmoment g jeder einzelnen Schicht, deren Windungs-
2
238 WIEDEMANN:
zahl nicht immer die gleiche war, bestimmt und dann die Summe aller
g genommen. Ist » der mittlere Radius der Schicht, 25 die Breite des
Multiplicatorrahmens, z die Zahl der Windungen, so ist
272
AN ZEN —ZZ———e
9 Vr+ 0b?
Auf diese Weise ergab sich von der untersten Schicht an
No. z r g
1lL 66,934 48,239 8,430860
2. 66,138 48,578 3,276279
3% 66,827 48,916 3,308300
4. 66,058 49,255 8,159766
5 65,993 49,593 3.099533
6... 65,928 49,932 8,040045
Te 66,033 50,270 8,001900
8 65,988 50,609 7,946140
9. 65,079 50,947 7,787663
10. 65,872 51,286 7,833554
11. 65,128 51,624 7,697192
12. 65,950 51,963 7,746444
791,928 96,327676
Zuletzt stieg der Drath von der untersten Windung zur obersten
auf 0,072 Theilen des Umfangs schräg auf, so dafs die Gesammtzahl der
Windungen, wie beim Inductor, 792 betrug. Das diesem Theile ent-
sprechende Drehungsmoment ist 0,00848, so dafs das gesammte Drehungs-
moment
G = 96,33616
wird.
Berechnet man dieses Drehungsmoment unter der ungenaueren An-
nahme, dafs die Windungen einem massiven Oylinder von Metall gleich
gesetzt werden können, dessen Höhe der Breite des Multiplicatorrahmens,
dessen Radien dem Radius e der innersten und dem Radius (1--a)c der
äulsersten Windungen gleich sind, so erhält man nach der Formel
Über die Bestimmung des Ohm. 29
Ita Vater
1+Vı+ 2?
272
G = — log.nat
ac
G — 6,3492, während nach derselben Formel W. Weber und Zöllner
96,4015 ‚gefunden hatten.
b. Dimensionen der Apparate bei den späteren
Beobachtungsreihen.
Nach wiederholten Messungen mit diesen Apparaten wurden die-
selben von Neuem gewickelt. Dabei wurden die Rollen des Inductors
und Multiplicators durch ein kleines eisernes Zahnrad, welches in das
srolse, an ihnen befestigte Zahnrad eingriff und auf einer ihrer Axe
parallelen Welle befestigt war, gedreht und so der Drath von der ihn
haltenden Holzrolle wieder aufgewunden. Die Holzrolle wurde von unten
durch eine Bremsvorrichtung geprelst, bestehend aus einem Brett, welches
gegen ihre Ränder schleifte und an einem 2,5" langen Balken befestigt
war, der sich um eine nahe dem Brett angebrachte Axe drehen konnte
und an seinem freien Ende belastet war. Bei gleichförmiger Drehung
wurde so der Drath mit möglichst gleichförmiger Spannung auf die Rollen
aufgewunden. Beim Beginn war er von dem äufsersten Rande des Holz-
rahmens der einen oder andern Rolle in einer Nuht direct in radialer
Richtung bis auf den Boden desselben geführt und dann herumgelegt.
Dabei wurden Keile von Prefsspahn zwischen die erste Windung und die
Holzwand der Rolle gedrückt, so dafs sich der Drath nach einem Umgang
ganz allmählich um eine Drathdicke von der zuerst von ihm berührten
Seitenfläche entfernte und ohne scharfe Biegung an die erste Windung
anschlofs. Der Drath wurde beständig während des Windens beobachtet
und jede einzelne Windung mit grolser Sorgfalt von Herrn Mechanicus
Krille so geschoben, dals sie ganz gleichmälsig die vorhergehende be-
rührte. Auf diese Weise gelang es ohne besondere Pressung, auf die
Rollen nebeneinander, statt 66 Windungen, deren 67 ım Mittel zu bringen.
Von der letzten, obersten Windung wurde der Drath noch bis zum Aus-
gangsradius der ersten, innerten Windung weitergeführt, mit dem Anfangs-
ende des Drathes nach Überschieben eng anschliefsender Kautschukrohre
zusammengedreht und dann weiter geführt.
30 WIEDEMANN:
Die Dimensionen der Rollen wurden in der früheren Weise be-
stimmt. So waren dıe Dimensionen des Inductors:
Der äufsere Umfang, gemessen mit dem Stahlband an drei Stellen,
war bezw.
396,45 326,46 8326,45
im Mittel 326,453°", woraus der Durchmesser gleich 103,913°" folst.
Mittelst des Kathetometers ergab sich derselbe an drei Stellen gleich
103,958 104,098 103,902
im Mittel gleich 103,986°”. Als mittlerer äulserer Durchmesser ist also
der Werth
103,949
anzunehmen. Der innere Durchmesser (96,089 °°) ist der bereits bei der
ersten Umwindung angegebene.
Die Zahlen z der Windungen jeder einzelnen Schicht, welche auf
die oben angegebene Art bestimmt waren, ihr Radius r und der von ihnen
umfafste Flächenraum beträgt, von der untersten Schicht anfangend:
No. z r f
1. 66,728 48,230 487632
2. 67,000 48,554 496220
3. 67,000 48,878 502865
4. 67,000 49,202 509554
5. 67,000 49,526 516287
6. 67,000 49,850 523064
do 67,000 50,174 529886
8. 66,883 50,498 535814
9. 67,039 50,822 543978
10. 67,056 51,146 551075
il; 66,989 51,470 557522
12. 67,039 51,794 564984
803,734 63188317"
Hierzu kommt noch der Flächenraum zwischen den Radien des
bis zum Ausgangspunkt der Windungen von dem Ende der obersten der-
selben reichenden Drathstücks, welches 0,266 des Umfanges der Rolle
Über die Bestimmung des Ohm. sl
umspannt, so dals die Gesammtzahl der Windungen 804 beträgt. Dieser
Flächenraum ist 2179%",. Die ganze von den Windungen des Inductors
umspannte Fläche ist also gleich:
F= 6321060”.
Die Dimensionen der neu gewundenen Multiplicatorrolle ergaben
sich wie folst.
Der äufsere Umfang, gemessen mit dem Stahlband, war an vier
Stellen
327,14 3237,18 327,30 327,50
im Mittel 327,280°°, also der Durchmesser gleich 104,176 °".
Mittelst des Kathetometers wurde derselbe an drei Stellen gleich
104,500 104,146 104,172
im Mittel gleich 104,206 °” gefunden.
Der mittlere äulsere Durchmesser ist also gleich
194,191.
Der innere Durchmesser ist nach dem früheren gleich 96,119 °”.
Das aus den Drehungsmomenten g der einzelnen Schichten zu-
sammengesetzte Drehungsmoment der neu gewundenen Multiplicatorrolle
betrug: he
0. 2 r g
1. 66,872 48,239 8,423059
2. 67,117 48,574 8,399503
3. 66,794 48,908 8,305738
4. 66,978 49,942 8,275425
5% 66,995 49,576 3,225189
6. 67,016 49,911 8,176009
zZ. 67,117 50,245 8,137149
8. 66,939 50,579 8,064649
9% 67,077 50,913 8,031837
10. 67,039 51,248 7,978950
id 66,855 51,582 7,906427
12. 67,000 51,916 7,376500
803,789 97,800435
WIEDEMANN:
©
[&>)
Hierzu kommt noch das Drehungsmoment eines 0,211 des Umfangs
umfassenden, über der obersten Schicht bis zum Anfang der Windungen
geführten Drathstücks, durch welches die Gesammtzahl der Windungen
auf 804 kommt. Dieses Drehungsmoment ist 0,02454, so dals das ge-
sammte Drehungsmoment der neu gewundenen Multiplicatorrolle
G — 91,82497
ıst.
Berechnet man das Drehungsmoment der Windungen, indem man
annimmt, dafs sie den durch ihre Grenzflächen bestimmten Cylinder ganz
ausfüllen, so ergiebt sich dasselbe gleich 97,8505.
Die Drehungsmomente G sind für eine unendlich kleine, in der
Mitte der Galvanometerrolle liegende Magnetnadel berechnet. Sie sind
deshalb noch wegen der endlichen Länge der Nadel zu corrigiren. Bei
dem grofsen mittleren Radius der Rolle kann man annehmen, dafs die
Magnetismen der Nadel in ihren Polen concentrirt seien. Ist dann / der
halbe Abstand der Pole, r der Radius einer Windung der Spirale, e der
Abstand ihrer Ebene von dem Mittelpunkt der Windungen, so ist das
Drehungsmoment der Windung mit dem Werth
- P(4e—r?
en
zu multiplieiren.
Bei der breiten rhombischen Gestalt der Nadel schien es zweck-
mässig und ausreichend, den Polabstand durch Ablenkungsversuche zu
bestimmen.
In die dämpfende Kupferhülse des von mir construirten Galvano-
meters wurde an einem Coconfaden ein dünner Glasspiegel von 1°” Durch-
messer zwischen zwei ihm möglichst genäherten planparallelen Glasplatten
eingehängt, auf dessen Rückseite sieben in gleicher Richtung magnetisirte,
0,3°® lange Stücke einer Uhrfeder in horizontaler Lage aufgeklebt waren.
Auf einem ost-westlich gerichteten und mit dem Kathetometer verglichenen
Glasmaafsstab, durch dessen Mitte die die Kupferhülse tragende Axe
hindurchging, wurde der Magnet mit seiner Längsrichtung in der ost-
westlichen Lage in verschiedene Entfernungen e, ,e,,... von der Drehungs-
axe des Magnetsystems gebracht und die jeweilige Ablenkung «, ,«
Snnugl®
desselben mittelst Fernrohr und Scala in Scalentheilen bestimmt. Die
Über die Bestimmung des Ohm. 33
Mitte des Spiegels befand sich 1,75°“ über der mittleren Horizontalebene
des Magnets, die zur Ablesung der Ablenkungen bestimmte Scala 176,5 °"
vom Spiegel. So war z.B.
e [44
270,23 464,55,
299,90 336,47 ,
450,53 98,46,
500,34 71,70.
PowH
Nach bekannten Formeln berechnet sich hieraus der halbe Pol-
abstand des Magnets:
aus 1 und 4 922,56 °”
aus, Krundaa, 20.19
aus. 2 .und:4.. 21,00 °°
Bei der Berechnung des Werthes & mittelst dieser Bestimmungen
ergiebt sich im Mittel
ß = 1,00108.
3. Abstand der Scala am Fernrohr von dem im Galvanometer
.. N « >
hängenden Spiegel des Magnetsystems.
Diese Messung wurde der Controlle wegen in doppelter Weise aus-
geführt, einmal direet, sodann vermittelst eines Theodolits. Bei der
directen Messung wurde vor der Scala und dem Öbjectiv des Fernrohres
über derselben ein Loth in der Weise aufgehängt, dafs es, beim Hindurch-
visiren durch den das Magnetsystem im Galvanometer tragenden Cocon-
faden auf den Nullpunkt der Scala mittelst eines zweiten hinter dem Galvano-
meter aufgestellten Fernrohres, in die Ebene des Coconfadens und des Null-
striches der Scala resp. der Axe des Fernrohres fiel. Der Abstand dieses
Lothes von der Scala wurde durch einen horizontal gestellten Elfenbein-
maalsstab direct gemessen. Sodann wurde der Horizontalabstand des
Lothes von dem Spiegel des Magnetsystems bestimmt. Hierzu diente die
bereits pag. 24 beschriebene, mit Glasstreifen belegte Bank, auf welche
das Stahlband festgeschraubt war. Sie wurde mittelst einer Libelle
zwischen dem Loth und dem Spiegel genau horizontal gestellt. Auf ihre
Phys. Cl. 1884. Abh. II. 5
34 WIEDEMANN:
Enden wurden Schlitten geschoben, welche vorn zugespitzte, 20°" lange
Elfenbeinmaalsstäbe trugen. Die Bank wurde so hingestellt, dafs die
Spitzen derselben beim Vorschieben das Loth und die Mitte des Spiegels
trafen. Dann wurden die Stellungen der hinteren Enden derselben auf
dem Stahlband durch feine, mit einer Stahlschneide eingeritzte Linien
verzeichnet und deren Abstände von den nächsten Theilstrichen gemessen.
Zur Messung des Abstandes von Spiegel und Scala mittelst des
Theodolits wurde wiederum ein Fernrohr hinter dem Galvanometer so
eingestellt, dafs die Ebene des das Magnetsystem tragenden Coconfadens
und des Nullpunktes der Scala durch seine Axe hindurchging. Sodann
wurden zwischen der Galvanometerrolle ‚und Scala in derselben Ebene im
Abstand von etwa 120°" zwei Lothe aufgehänst. Gegen dieselben wurde
genau bis zur Berührung die sorgfältig horizontirte Scala des zweiten
Beobachtungsfernrohres als Hülfsscala geschoben und nun durch einen
vor der Scala befindlichen, vorher richtig eingestellten Theodolit auf
einzelne Punkte der Hülfsscala, auf den Nullpunkt der Theilung der Fern-
rohrscala und einen in der Mitte des Spiegels bezeichneten Punkt visirt.
Dabei wurde über die Mitte des Objectivs des Theodolits ein Loth ge-
hängt, und die Einstellung desselben bestimmt, bei welcher das Spiegel-
bild des Lothes gerade in der Hülfsscala gesehen wurde, welche hierbei
auf der durch die Axe des Theodoliten-Fernrohrs gelegten Verticalebene
senkrecht stand, Diese Einstellung wurde als Nullstellung des Theodo-
lits angenommen.
So ergab sich bei den Beobachtungen:
a. Mit der älteren Umwickelung der Multiplieatorrolle der Ab-
stand der Fernrohrscala von der Mitte des Spiegels des
Masnetsystems
1) mittelst des Bandmaalses 432,50 °
2) mittelst des Theodolits!) 432,55 °
also ım Mittel 432,53 °°.
Hierzu kommen noch 2 der mittelst eines Sphärometer gemessenen
1) Bei dieser Messung betrugen die Einstellungswinkel, welche von der oben er-
wähnten Nullstellung des Theodolits aus gemessen sind:
Über die Bestimmung des Ohm. 35
Glasdicke des Spiegels mit 0,16°“, so dafs der in Betracht kommende
Abstand gleich
432,69 °"
ist.
b. Bei der zweiten Aufstellung der neu gewickelten Spiralen
wurde bei einer gleichen Messung des Abstandes der Vorder-
fläche des Magnetspiegels von der Fernrohrscala gefunden:
1) mittelst des Bandmaalses 432,07; 432,18 °"
2) mittelst- des Theodolits!) 431,81"
also im Mittel 432,02 °”.
Nach Addition von 0,16°“ als $ der Spiegeldicke ergiebt sich der
in Berechnung zu ziehende Abstand gleich
432,18”.
3. Messung der Schwingungsdauer und des logarithmischen
Decrementes des Magnetsystems im Galvanometer oder
Inductor.
Das Magnetsystem wurde durch rechtzeitige Erregung des Be-
ruhigungsmagnets in Schwingungen versetzt und die Ausschläge nach
beiden Seiten wurden während etwa 20 Schwingungen notirt. Zugleich
Winkel am Theodolit
— 38° 18' 52" Nullpunkt der Fernrohrscala
— 4° 22! 45" Scalentheil der Hülfsscala 1200
0° 0 0" R 2 „.. 1022,4
14° 42 35" R N 2 600
—+20° 41’ 55" „ n > 300
+18° 11" 5" " 5 Y 0
—+51° 27' 45" Punkt am Schraubenkopf, 1,5" vom Spiegel.
1) Bei der zweiten Messung betrugen die Einstellungen:
Winkel am Theodolit
—38° 34 40" Nullpunkt der Fernrohrscala
— 10° 38' 30" Scalentheil der Hülfsscala 1185
— 30 25 50" $ x r 890
0° .0' 0" e n . 751,5
+ 3° 45' 50" h N 2 600
+11° 4 0" 5 e : 300
218° 3 10" N # 4 0
+47? 22' 50" Punkt am Schraubenkopf 1,1” vom Spiegel.
5*
36 WIEDEMANN:
wurden die Durchgänge der im Spiegel am Magnet reflectirten Scalen-
theile 0, = 100, = 200, = 300 durch das Fadenkreuz des Beobachtungs-
fernrohres mittelst eines Chronographen von Hipp registrirt. Die Zeichen,
welche durch eine Uhr mit Secundenpendel mit Krille’schem Unterbrecher
(in welchem ein feines Glimmerblatt einen die Leitung vermittelnden
Quecksilbertropfen zwischen zwei feinen, horizontal einander gegenüber
liegenden Öffnungen durchschneidet) auf dem Papierstreifen des Chrono-
graphen angegeben werden, haben einen Abstand von etwa 10"””, so dals
sich vierzigstel Secunden mit Hülfe einer mit ihrer Theiluns auf den
Papierstreifen aufgelesten Glasscala bequem schätzen lassen.
Die Uhr wurde von Zeit zu Zeit mit der Normaluhr der hiesigen
Sternwarte verglichen und die übrigens für die vorliegenden Zwecke sehr
geringfügigen Abweichungen vom richtigen Gange (15—16 Secunden in
24 Stunden) wurden in Rechnung gezogen.
Durch directe Versuche wurde nachgewiesen, dals die Electro-
magnete des Chronographen weder die Einstellung, noch die Schwingungs-
dauer des Magnetsystems irgend merklich beeinflufsten.
Die Schwingungsdauer im Galvanometer wurde erst beobachtet,
nachdem das Magnetsystem etwa 12 Stunden darin aufgehängt und während
dieser Zeit wiederholt in Schwingungen versetzt war, da unmittelbar
nach dem Einhängen sich die Elasticität und namentlich die elastische
Nachwirkung der Coconfäden noch zu sehr änderte. Deshalb konnte auch
nach dem Umhängen des Magnetsystems in den Inductor, welches un-
mittelbar nach den Inductionsbeobachtungen, resp. der Bestimmung der
Schwingungsdauer 7, im Galvanometer erfolgte, die Ablesung der Schwin-
gungen daselbst nicht sofort sichere Resultate für die Schwingungsdauer
T, im Inductor ergeben, vielmehr musste dazu ebenfalls eine längere Zeit
gewartet werden.
Wenn sich nun auch die erdmagnetische Horizontalintensität inner-
halb dieser Zeit nicht bedeutend veränderte, so war es doch sehr wünschens-
werth, durch unmittelbar aufeinanderfolgende Beobachtungen das Ver-
hältnıfs der Intensitäten des Erdmagnetismus am Orte des Galvanometers
und des Inductors feststellen zu können. Hierzu diente in vortrefflicher Weise
Über die Bestimmung des Ohm. 87
wurden an dem Apparat einige Abänderungen angebracht, welche die
Einstellung erleichterten.
Das Instrument (Fig. 14) wurde dicht vor dem Galvanometer in der
einen Ecke einer auf einen tragbaren Tisch aufgekitteten dicken Spiegel-
scheibe mittelst dreier Metallunterlagen festgestellt und der das Fernrohr
F mit Scala tragende Arm A auf 85,2° verlängert. Hierzu war an den
um die Axe des Instruments drehbaren Messingstab M ein Holzstab an-
geschraubt, welcher sich mittelst zweier Schrauben SS auf die Glas-
scheibe aufsetzte.. Nach Horizontirung des Instruments und richtiger Ein-
stellung der Schrauben konnte der Arm leicht und sicher um einen Winkel
von etwas über 90° gedreht werden. Die den Magnetspiegel B in sich
schliefsende Kupferhülse e wurde drehbar auf einen in der Axe des In-
strumentes liegenden verticalen Zapfen aufgeschliffen und so eingestellt,
dafs sie ihre eine Öffnung z. B. nach Westen kehrte. Darauf wurde der Arm
A eingestellt, bis das Spiegelbild des Nullpunktes der über dem Fernrohr
befindlichen Scala, welcher in die durch die Fernrohraxe gelegte Vertical-
ebene fiel, mit der Mitte des Fadenkreuzes coincidirte. Dann wurde der
Astasirungsrahmen DD mit seinen vier Röhrenmagneten aufgelegt und so
eingestellt, dafs der um 180° aus seiner ersten Lage gedrehte Magnet-
spiegel wieder den Nullpunkt der Scala erblicken liels.
Auf die dämpfende Kupferhülse wurde nunmehr ein rechtwinklig
gebogenes, 1,7”" dickes Blech E geschoben, dessen beide Seitenflächen
mit Glasspiegeln versehen waren, die durch Schrauben eine Neigung von
genau 90° gegeneinander erhalten hatten. Die Hülse hatte hierzu zwei
Schrauben ff, in welche sich fest und sicher zwei in das Winkelblech &
eingefeilte Schlitze einsetzten.
In dem nach Westen gekehrten Spiegel erblickte man einen be-
stimmten Theilstrich der Scala. Jetzt wurde die Kupferhülse um 90° ge-
dreht, bis derselbe Theilstrich im anderen Spiegel erschien, und der Arm
A mit Fernrohr und Scala nachgedreht, bis wiederum derselbe Theilstrich
im ersten Spiegel zu sehen war, der Arm also ebenfalls um 90° gedreht
war. Darauf wurde der Winkelspiegel entfernt.
Auf den Astasirungsrahmen waren Anschläge geschraubt und so
gestellt, dafs sich bei der Drehung desselben um etwa EP — 40° der
Spiegel um nahezu + 90° umwendete und in seiner vorderen oder hinteren
38 WIEDEMANN:
Fläche annähernd der Scalentheil Null, resp. die ihm benachbarten Theil-
striche + «a und — «, zu sehen waren.
Dieselben Entstellungen wurden dicht vor dem Inductor vorgenom-
men. Zur schnellen Horizontirung waren dazu auf dem Boden Bretter von
richtiger Höhe befestigt und darauf Punkte markirt, auf welche die Fülse
des Tisches aufgesetzt wurden. Sind beim Anschlagen des Astasirungs-
rahmens jetzt die im Fernrohr beobachteten Scalentheile + und —®,,
so ist, wenn aa —=n, +, =n,; ist, wie F. Kohlrausch gezeigt
hat, das Verhältnifs des Horizontalintensitäten 7, und A, des Erdmagne-
tismus an beiden Beobachtungsorten |
H, tSp
H = | A
wo A der Abstand der Scala vom Spiegel ist. Die Beobachtungen liefsen
sich in sehr kurzer Frist hintereinander an beiden Orten ausführen und
die Angaben des Instrumentes bei wiederholtem Hin- und Herstellen waren
sehr regelmäfsig und constant.
Da in der Umgebung des Beobachtungslocals gröfsere Eisenmassen
nicht vorhanden waren und kleinere nicht bewegt wurden, blieb das Ver-
hältnifs 7,/H, während längerer Zeit sehr nahe das gleiche.
Aus diesem Verhältnißs folgt das Verhältnifs der Schwingungsdauern
T, und 7, zunächst ohne Einflufs der Dämpfung. Ist 7‘, direet beobachtet,
so wird
H,
Di ER 2779
Die direct beobachteten Schwingungsdauern bedürfen noch einer
zwiefachen Oorrection, einmal für das logarıthmische Decrement, sodann
fur die Schwingungsweite.
Ist T, die beobachtete Schwingungsdauer unter Einfluls der Däm-
pfung, A das logarıthmische Deerement, so ist die Schwingungsdauer 7
ohne jenen Einflufs
5 2, m +9
Bei den verschiedenen Versuchsreihen war A etwa gleich 0,007.
Demnach ist diese Correction ganz zu vernachlässigen.
Über die Bestimmung des Ohm. 39
Ist ferner bei der Schwingungsweite « die Schwingungsdauer gleich
T, so ist sie für unendlich kleine Bogen
T, = T(i-+4sin’le).
Der grölste Ausschlag bei Bestimmung der Schwingungsdauern be-
trug allerhöchstens 60°“ bei einem Abstand der Scala vom Spiegel von
etwa 432°“. Danach ist das Maximum des Ausschlagswinkels 3° 57’ 18”,
also Isin?4« = 7,440.10°°. Auch dieser Werth liest ganz innerhalb der
sonstigen Beobachtungsfehler.
4. Bestimmung der Torsion des Aufhängefadens.
Die Bestimmung der Torsionscoöfficienten & geschah in üblicher
Weise, indem der die Fäden mit dem Magnetsystem tragende Kopf um
eine bestimmte Anzahl Grade Y nach rechts und links gedreht und die
entsprechenden Ablenkungen V des Magnetsystems beobachtet wurden.
5. Bestimmung des Ausschlags s, des Magnetsystems im Galva-
nometer in Folge der Inductionsstölse bei Umdrehung des
Inductors.
Bei der gewöhnlichen Anwendung der Multiplicationsmethode wer-
den dem Magnetsystem bei dem jeweiligen Durchgang durch die Nulllage
in abwechselnder Richtung so viele Anstöfse ertheilt, bis die endliche
Schwingungsweite s, constant wird. Bei diesem Verfahren hat ein kleiner
Fehler in der immerhin etwas schwierigen Bestimmung des logarithmischen
Decrementes einen grolsen Einflufs auf das Resultat.
Steigt z. B. die Differenz A der Briggischen Logarithmen zweier
aufeinander folgenden Schwingungen von 0,0030 bis 0,0031, die der na-
türlichen Logarithmen A von 0,00691 bis 0,00714, so ändert sich der
Werth e”* von 0,9931 bis 0,9928, also 1— e”* im Verhältnifs von 69:72,
und im umgekehrten Verhältnifls der aus den Versuchen abgeleitete Werth
des Widerstandes W (vgl. die Formel p. 21u.22). Aus diesem Grunde habe
ich es vorgezogen, die Zahl der Inductionsstölse nur so weit zu vermehren,
etwa bis auf 19 oder 20, als die Ausschläge noch innerhalb der Grenzen
40 WIEDEMANN:
der Scala fielen. Dabei wird auch der Übelstand vermieden, dafs bis zur
Constanz der Ausschläge mindestens dreiviertel Stunden vergehen, wobei
die Aufmerksamkeit der Beobachter am Fernrohr und Inductor ermüdet
und sich auch die äulseren Versuchsbedingungen, die Ruhelage des Magnet-
systems u. s. f. sehr bedeutend ändern können.
Bei nur 20 Stöfsen würde eine Änderung der Differenz A von 0,0030
bis 0,0031 in dem Werth (2 —e”— e"*”) / (1—e””) nur eine Änderung
im Verhältnifs von 36,5 zu 36,6 hervorrufen, und dementsprechend auch
in dem resultirenden Werth des Widerstandes.
Auf diese Weise war es möglich, eine gröfsere Anzahl einzelner
Beobachtungsreihen auszuführen, bei denen die ersten Ausschläge ab-
wechselnd nach entgegengesetzter Seite gerichtet waren.
Auf die Anwendung der Subtractionsmethode und anderer com-
binirter Methoden habe ich verzichtet, nicht nur, weil in ihnen zur Ein-
haltung der richtigen Zeit der Stölse eine weitaus gröfsere, und somit
leichter ermüdende Aufmerksamkeit erforderlich ist, sondern auch, weil
dabei die Benutzung jeder einzelnen Beobachtung weniger einfach ist.
In den folgenden Tabellen sind die Beobachtungsresultate verzeich-
net. Zunächst sind die Torsionsbeobachtungen aufgeführt, dann die bei
den Schwingungen des Magnetsystems im Galvanometer bei geschlossenem
Kreise beobachteten Elongationen und die daraus berechneten logarithmi-
schen Decremente A. Denselben schliefsen sich die Bestimmungen der
Schwingungsdauern 7, und 7, des Maenetsystems im Galvanometer und
Inductor an. Wir haben schon p. 58 erwähnt, dafs dieselben durch die
geringe Dämpfung, auch bei geschlossener Kette, nicht merklich beein-
Hufst werden. Auch sind an dieser Stelle die Ablesungen am Variometer
aufgeführt. Endlich sind die Elongationen verzeichnet, welche das Magnet-
system nach den einzelnen Inductionsstöfsen erhielt, die beim Durchgang
durch die Nulllage abwechselnd in entgegengesetzter Richtung darauf
wirkten. |
Diese Versuche sind ausgeführt, einmal indem Induetor und Gal-
vanometer unter sich zu einem geschlossenen Kreise vereint waren, dann,
als in den letzteren noch ein Siemens’scher Widerstandsetalon von 10
Quecksilbereinheiten eingeschaltet war.
Über die Bestimmung des Ohm. 41
ERSTE ABTHEILUNG.
Zahl der Umwindungen des Galvanometers und Inductors 792,
Fläche des Inductors H=462305132
Drehungsmoment des Galvanometers — %,3362,
Abstand der Scala vom Spiegel am Magnetsystem 432,69 °”.
A. Inductor und Galvanometer allein in der Schlielsung.
Torsionsbeobachtungen.
Stellung des Torsionskreises N Sealentheil &,
0 598
— 90 383,75
— 90 811,35
Hieraus folst der Werth 1-+ = 1,01555.
Wiederholte Beobachtungen zwischen den einzelnen Reihen erga-
ben die gleichen Resultate.
Reihe I
Aufschiebegewichte 2°” vom Ende des Stabes am Magnetsystem.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 597,8 — 598,5.
Elongationen
72 1114 1,9119 1074,2
85 1107,2 126 1067,6
92,2 1100,6 132,4 1061
106,1 10873 145,6 1048
112,8 _1080,6
Daraus folgt: A — 0,0068143 (logbr — 0,0029594).
Schwingungsdauer: 7, = 54,96 Sec.; T, = 55,28 See.
D
99 1094 | 139 1055
|
|
Phys. Cl. 1884. Abh. III. 6
42 WIEDEMANN:
b) Induetionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 598,25 2. Nullpunkt 597,8
539,1 715 6572 480,1
423,2 829,9 775 366,1
309 945,5 887 252,2
196,2 1055,9 999,8 140
84,9 1167 1111,6 28,3
3. Nullpunkt 597,9
539,8 713,9
424,2 828,6
310,1 942
197,1 1054,3
85,2 1165,6
Temperatur 5,35°.
Reihe Il.
Aufschiebegewichte 1,5“ vom Ende des Stabes.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 609,7 — 609,4.
Elongationen
ea lat 1077 145,6
1103 119,6 1070,6 151,8
1096,5 - 124,9 1064 158
10893 13955 1057,9 164,5
1083,2 139 SA 17085
Daraus folgt A — 0,0068096 (logbr — 0,0029574).
Schwingungsdauer: 7, = 57,15 Sec.; 7, = 57,51 See.
ı
Über die Bestimmung des Ohm.
db) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 608,4
495,8
385,3
276,6
168,9
62
3. Nullpunkt 609
665,9
TI7
887
995,4
1102,6
Temperatur 5,25°.
496,9
386,4
277,6
169
62,5
Reihe II].
. Nullpunkt 608,7
551,9 722
440,6 832,7
331 941,4
222,5 1049,9
115 1156,8
. Nullpunkt 608,7
551,6 721,5
440,5 832
331 941
222,1 1049,1
114,9 1156,1
Aufschiebegewichte 1°” vom Ende des Stabes.
Elongationen
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 597,07— 598,75.
139
145,1
152,1
158,8
164,8
171,6
177,8
183,9
190
1053,1
1045,9
1039,6
1033,3
1028,6
1021,4
1015,6
1009,8
1004,2
Daraus folgt A = 0,0070917 (logbr —= 0,0030799).
Schwingungsdauer: 7, — 59,43 See.; T, — 59,80 Sec.
6*
43
44 WIEDEMANN:
db) Induetionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 599,2 2. Nullpunkt 600,1
544,1 707,7 654,8 492,1
438 814,2 762 386,8
5 919,8 367 232
229 1023,2 971,2 178,6
126 1125,7 1074,2 76
24,8 Em a,
3. Nullpunkt 601,5 4. Nullpunkt 598,5
547,9 708,1 652,9 490,2
440,9 813,9 759,2 384
335,2 918,4 864,6 279,6
231 1021,5 968,1 175,8
127 1126,2 1071 73,1
25 — 1173,2 —
Temperatur 5,35° ©.
B. Inductor, Galvanometer und 10 S. E. in der Schlieflsung.
Aufschiebegewichte 2°" vom Ende.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 604,6—603,6
Elongationen
1158 54,9 1120 91,1
1150,7 62,1 1113 98,9
1143 70 | 1105,6 105,7
1 1098,6 113
1128 84,1 | 1091,6 119,4
Daraus folgt A = 0,0069906 (log br = 0,0030360).
Schwingungsdauer: 7, —= 54,96 Sec.; 7, — 55,28 See.
Über die Bestimmung des Ohm. 45
b) Induetionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 600,35
629,5
688,4
746,8
304,3
861
917
972,1
Temperatur 5,70°
540,9
482
424
366,1
309,8
253,8
198,1
2. Nullpunkt 599,45
570 659
510,9 718
452,9 776
395 833,1
338 889,9
282 945,9
227 1001,3
3. Nullpunkt 601,75
631,7
691
749,9
808
864,8
920,8
976,6
542,5
484
426
369
312,9
257
202
46 WIEDEMANN:
ZWEITE ABTHEILUNG.
Zahl der Umwindungen des Galvanometers und Inductors 804,
Fläche des Inductors 2632106022,
Drehungsmoment des Galvanometers G —= 97,8250,
Abstand der Scala vom Spiegel am Magnetsystem 432,18 °”.
Torsionsbeobachtungen.
Stellung des Torsionskreises \/ Sealentheil Y,
I 0 602,95
eins 196,75
— 108,8 413,15
ae 716,48
+ 111,2 806,4
II. 0 602,1
+ 50 694,5
—- 100 734,7
— 5% 509
— 100 424,9
Ist & der Torsionscoefficient, so ergiebt sich 1-+& im Mittel
nach der ersten Reihe Mr 000
nach der zweiten Reihe I -u& = 110192
im Mittel — KB,
Die Reihen I und II waren am Anfangs und Ende der übrigen
Beobachtungsreihen ausgeführt; der Torsionscoefficient hatte sich also
während derselben nicht merklich geändert.
Über die Bestimmung des Ohm. 47
Erste Reihe.
Gewichte 2° vom Ende des Stabes.
A. Inductor und Galvanometer allein in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 595,62 — 597,32.
1142 53,2 1104,8 92,1
1134,1 61,4 1097,6 99,1
1126,7° 69,1. 1090,9 106,4
ENTE Aare 1083,9 113,9
1112,1 84,6 1077,2 121
Daraus folgt: A = 0,0071237 (logbr = 0,0030938).
Schwingungsdauer: 7, — 55,44 Ti Hau
Nach den Angaben des Variometers ist
| n, — 37 n,=—81 n,—n, — 45,1
Daraus folgt: 7?/T? = 1,011105, während die direct gefundenen Werthe
7,17, = 1,0102 ergeben.
b) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 599,25 2. Nullpunkt 601,5
657,1 482,2 660,1 485,1
773 367,2 776 370,1
887,3 253,9 890,2 257
1000 141,1 1003 144,5
11122 29,6 1114,8 33
3. Nullpunkt 602,5
543,9 719,1
428 834
313,8 947,6
201 1059,8
89 an
Temperatur 5,65° C.
48 WIEDEMANN:
B. Inducetor, Galvanometer und 10 S.E. in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 603,0 — 603,8
40 1162,1 79,1 1124,3
As. 87 1117
56 1146,6 94 1109,8
64 1139,2 101,2 _ 1102,6
720 ae 108,6 1095,6
Daraus folgt: A = 0,0070452 (logbr — 0,0030597).
Die Schwingungsdauern sind die gleichen wie ohne Einschaltung
von 10 8. E.
db) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 603,6 2. Nullpunkt 603,5
572,4 664 633,35 548,1
512,5 723,6 693,6 483,3
153,5 782,2 752,5 424,9
395 840,1 310,9 367,1
337,2 897,5 868,2 309,6
280,9 953,9 924,6 252,9
Temperatur 5,85° C.
Zweite Reihe.
Gewichte 1,5°" vom Ende des Stabes.
A. Inducetor und Galvanometer allein in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 603,6 — 605,9
1091,55 119,6 1058 155,1
108336. mas a O5, 16a
1077,5 134 1045,1 169
1071 141,2 | 1039 176
1064,5 148,1 1032,83 182,1
Hieraus folgt: A — 0,0073327 (logbr — 0,0031845).
Schwingungsdauer: 7, = 57,77 P, 98,09.
Über die Bestimmung des Ohm. 49
Nach den Beobachtungen am Variometer ist:
n, — 35,7 n, = — 10,5 N, —n, = 46,2.
Daraus folgt: T?/T} = 1,01137, während die direct gefundenen Werthe
T}/T, = 1,0111 ergeben.
b) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 606,5 2. Nullpunkt 607,8
663 495,1 551,5 720,1
T7A,T 386,4 440,4 830,9
884,8 276,2 330,6 939,8
993 168,5 222,2 1048
11002 61,9 115 1154,9
3. Nullpunkt 610,6 4. Nullpunkt 610,4
554,2 722,1 554 723
443 832,6 443,9 833,2
333,1 941,2 333,1 943
224 1049,2 225 1050
117 1155,6 117,8 11565
Temperatur 5,90° C.
B. Inductor, Galvanometer und 10 S.E. in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 607,3 — 607,8
sus 117,2 | 77 1134,5
452 1165 85 1127
535, © 117,1 | 9,6 »1119,5
61,1. 1149,6 | 100 1112,2
ed, |. 107 1105,2
Daraus folgt: A — 0,0071378 (logbr — 0,0030999).
Die Schwingungsdauern sind die oben erwähnten, wie ohne Ein-
schaltung von 10 S. E.
Phys. Cl. 1884. Abh. III. 7
50 WIEDEMANN:
b) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 610,9 2. Nullpunkt 610,6
581,4 669,2 639,1 553
523,9 726,4 696,6 495,8
467 782,6 753,1 439.
411 338,3 809,1 383,3
355,7 893 864,3 328,5
301 947,2 918,9 274
Temperatur 6,1° C.
Diriitte Roeichre.
Gewichte 1° vom Ende des Stabes.
A. Inductor und Galvanometer allein in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 602,8 — 602,7
1171 39,1 1130,8 78,9
112,3, RE | 1123 86,6
a N 1115,2 94
Tao es one 101,2
|
[
ulseLe) ale) 1100,6 108,3
Daraus folgt A — 0,0072401 (logbr = 0,0031443).
Schwingungsdauer: 7, — 60,06 1300,30
Nach den Angaben des Variometers ist:
n,— 34 ne— n,—n,—4l.
Daraus folst: 7/7? = 1,010095, während die direct gefundenen Werthe
T?/T, = 1,0103 ergeben.
b) Induetionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 607,3 2. Nullpunkt 607,3
661 499,7 553,2 715,4
71680107393. 2 446,1 322 F
SEEN N 340,2 926,8
978 133,8 236 1030,4
1081,5 s1 132,7 1153
1183,4 — 29,8 Er
Über die Bestimmung des Ohm. 51
3. Nullpunkt 607,7
662,2 499,8
769,5 393
875,
1 238
979,6 184
1082,8 31,2
1185
Temperatur 5,75° C.
4. Nullpunkt 608,1
555 716
448 822,3
342,2 997,1
238 1031,1
134,1 1134,1
32 _—
B. Induetor, Galvanometer und 10 S.E. in der Schlielsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 597,4 — 599,5
1114,3
1107
1100
1093
1086
84,2
92,8
99,9
107
114,8
1079,1
1072,2
1065,6
1059
1052,5
122
129
136
143
149,9
Daraus folgt: A = 0,0072285 (logbr = 0,0031393).
Die Schwingungsdauern sind die gleichen wie ohne Einschaltung
von 10 S. E.
629,3
685,5
740,2
794,5
847,9
900,1
951,9
b) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 600,8
544,7
490
436
382,8
330,3
278
226,8
3. Nullpunkt 608,0
579,1
524
469,6
416
362,6
310,2
258,1
664,5
719,6
774
828
880,5
932,5
983,6
Temperatur 5,75° C.
2.
4.
Nullpunkt 605,5
633,6 550
689,1 495,4
744,2 441,5
798,1 388,2
852,2 335,9
905,2 283,8
957 233
Nullpunkt 608,3
636,7 551,5
692 496,1
746,3 441,8
800,1 388
853 335
905,4 282,9
957 231,3
7%
2 WIEDEMANN:
Vierte Reihe,
Gewichte am Ende des Stabes.
A. Induetor und Galvanometer allein in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 597,6 — 599,3
1122,6 76,6 1083,8 116,3
1114,6 34,8 1076,6 124,2
1106,6 92,9 1069,2 132,1
1099 100,8 1062,1 139,9
1091,35 108,8 1055,20 146,9
Daraus folgt A = 0,0077855 (logbr — 0,0033812).
Schwingungsdauer: 7, = 64,67 N
Nach den Angaben des Variometers ist:
N, — 35,2 ee N, —R, — 42,9
Daraus folgt: 7?/T}’=1,01056, während die directen Bestimmungen
T?/!T} = 1,0108 ergeben.
6) Inductionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 600 2. Nullpunkt 601,4
549 701,3 652,2 500,9
449,6 800,1 752,1 402,9
351,8 898 850,1 305,3
259,8 994 947 209,2
160. 1089;1 1042 114,2
66 1183 11362 20
3. Nullpunkt 602,6 4. Nullpunkt 603,4
552,5 703 654 502,5
452,9 801,8 753,2 403,9
358 399 851,2 306,3
258 = 947,9 210,3
162,2 1090 1043 115
67,9 1183,9 137.6 20,6
Temperatur 5,90° C.
Über die Bestimmung des Ohm. 53
B. Inductor, Galvanometer und 10 S.E. in der Schliefsung.
a) Schwingungsbeobachtungen.
Nullpunkt 601,8 — 601,6
25 1174 67,9 1131
34 1165,1 76 1123
43 1156,5 34 1115
51,6 1148 91,8, ., 1107,2
59,8 1139,3 99,8 1099,8
Daraus folgt: A —= 0,0076271 (logbr = 0,0033124).
Die Schwingungsdauern sind die gleichen wie ohne Einschaltung
von 10 8. E.
b) Induetionsbeobachtungen.
1. Nullpunkt 604,2 2. Nullpunkt 604,6
578,8 656 631,1 552
527,1 707,1 682,8 501
464 757,2 733,1 450,4
426,8 807,1 783,2 401
377,2 356 832,5 352,1
328,9 904,3 881,2 303,9
280,9 951,6 929,1 256,3
Temperatur 5,90° C.
VI. Berechnung der Versuchsresultate.
Aus diesen Beobachtungen sind nach der Formel
ee). en
1 6 T3 1er Sn — zo(le ?’+ a)
die Widerstände W der aus Inductor und Galvanometer mit und ohne
Einschaltung von 10 S. E. gebildeten Schliefsungskreise bei beiden Um-
wickelungen zu berechnen. Dabei bedarf es indefs noch mehrerer Cor-
rectionen.
54 WIEDEMANN:
Zunächst erfolgen die Inductionsstöfse nicht, wie in obiger Rech-
nung vorausgesetzt ıst, momentan beim Durchgang der Masnetnadel durch
die Nulllage, sondern verlaufen während einer Zeit von etwa 2 Secunden.
Es bezeichne v, die Geschwindiskeit, welche die Nadel bei einem Durch-
sang durch die Nulllage hat, y die durch einen momentanen Stofs ihr
in dieser Lage von neuem ertheilte Geschwindigkeit. Erfolst dann der
Inductionsstofs nicht momentan, sondern während eimer die Zeit 29
dauernden gleichförmigen Drehung des Inductors, so ist nach den gründ-
lichen Berechnungen von Dorn!) die Geschwindigkeit, welche sie beim
Durchgang durch die Nulllage haben mülste, um die gleiche Geschwin-
digkeit, wie hierdurch, zu erhalten:
DR RR m 92 BC?) mr — Kl | E
6 hr n+y2T ty 2TVRrR ra
wo 7 die Schwingungsdauer der Nadel ist.
Berechnet man aus den Ausschlägen & die Geschwindigkeiten v,,
welche die Nadel bei jedem Durchgang durch die Nulllage besitzt, nach
der Formel m Sarete
® = IT e rm A
und danach den Zuwachs y an Geschwindiskeit bei jedem Inductionsstols,
so läfst sich nach obiger Formel bestimmen, wie viel gröfser die jeweilige
Geschwindigkeit der Nadel gewesen wäre, wenn sie, wie bei der Auf-
stellung der Formel angenommen war, in der Nulllage von dem ganzen
Inductionsstofs getroffen worden wäre. Der Factor sei A. So ist z.B.
bei der Reihe 3 der zweiten Abtheilung der Beobachtungen (Gewichte
2° vom Ende) die Schwingungsdauer T — 55,44 Secunden und
19°», — 152093 189660 226175 263390 299555 336141 371900
10° 4 — 37344 37567 36515 37215 36165 36586 35759
\U 2 = 39 30 29 24 22 18 16
Analoge Resultate ergeben sich z.B. bei der Reihe 4 der zweiten Abthei-
lung (Gewichte am Ende), wo die Schwingungsdauer 64,67 Secunden ist:
10°», = 13966 16736 19398 22106 24713 27439 29988
10° y = 27180 27700 26620 27080 26070 27260 25490
DS ar se le, A oe 8
Ähnliche Rechnungen wurden für die übrigen Reihen durchgeführt.
1) Dorn Wied. Ann. 17 p. 654 1882.
Über die Bestimmung des Ohm. 55
Diese Correetionen sind freilich nur klein, sie sind indefs doch in
Rechnung gezogen worden.
Ferner ist eine geringe Correction für den Gang der Uhr anzu-
bringen, welche während der Versuche pro Tag etwa um 16 Secunden
vorging. Danach sind die Zeiten 7, und 7‘, durch 1,000185 zu dividiren.
Der Widerstand W wird in Biker Verhältnils gröfser.
Aufserdem ist zu berücksichtigen, dals (abgesehen von der Dämpfung)
die Geschwindigkeit der Nadel nicht direct dem a a pro-
portional gesetzt werden kann, sondern vielmehr dem Werth 2 sin $« ent-
spricht. In Folge dessen erscheinen die direct aus den Außschläen be-
rechneten Widerstände etwas zu klein. Indefs ist auch diese Correction
sehr klein; sie beträgt bei den gröfsten Ausschlägen nur 24 / 100000, ist
aber auch bei den Berechnungen mit beachtet worden.
Bei der Ableitung der oben erwähnten Formel wird ferner voraus-
gesetzt, dafs jeder Inductionsstofs der Nadel einen gleichen Zuwachs an
Geschwindigkeit nach der einen oder andern Seite ertheilt und dieselbe
während der Einwirkung der Inductionsstöfse sonst keinen Antrieb erhält.
Geht man daher von der Nulllage des Magnetsystems (2, — 0) aus, und
giebt demselben in dieser Lage den ersten Inductionsstols, so müssen
unter obiger Voraussetzung die aus den Summen je zweier aufeinander
folgenden Ausschläge s = u, — %,, , = 4,—1t, .... berechneten Wider-
stände W einander gleich sein. Dies trifft auch in der That bei den ein-
zelnen Reihen sehr annähernd zu, abgesehen von den ersten Werthen, bei
denen die Ausschläge nur klein sind und deswegen geringe Ungenauig-
keiten in der Ablesung schon sehr grofse Fehler in den Resultaten be-
dingen. Zuweilen beobachtet man dabei eine, freilich sehr geringe stetige
Zu- oder Abnahme der Werthe W. Dies rührt davon her, dafs einmal
das Magnetsystem bei dem ersten Inductionsstols nicht völlig in der Null-
lage war; sodann, dafs anfangs, bei dem Übergang aus der Ruhe in die
Bewegung, ein durch die Reibung der Coconfäden aneinander bedingter
gröflserer Widerstand zu überwinden ist, als nachdem die ein wenig an-
einander haftenden Fasern von einander gelöst worden sind. Endlich
ändert sich durch den Einflufs des Erdmagnetismus die Nulllage des
Masnetsystems während der Versuche im einen oder andern Sinne. In-
defs ist letzterer Einflufs sehr gering, da nur an Tagen beobachtet
56 WIEDEMANN:
wurde, an denen sich die Declination nur sehr langsam und regelmäfsig
änderte.
Es erschien deshalb angezeigt, um diese, wenn auch sehr kleinen
Fehler zu eliminiren, bei Entwickelung der Formel anzunehmen, das
Magnetsystem habe gleich von vorn herein vor den Inductionsstölsen eine
bestimmte Geschwindigkeit ©, erhalten, die in der pag. 19 ff. erwähnten
Weise einem Initialausschlag x, entspräche, und zu welcher sich dann die
ihm durch die späteren Inductionsstöfse neu ertheilten Geschwindigkeiten
addirten.
Die hier erwähnten Einflüsse könnten einzeln in Rechnung gestellt
und so der Werth x, abgeleitet werden. Immerhin haben indefs die
Beobachtungsfehler bei den ersten kleineren Elongationen einen relativ zu
grolsen Einfluls. Deshalb erschien es zweckmäfsiger, aus den späteren
gröfseren Elongationen jenen Werth x, zu berechnen.
Da die verschiedenen in einer Reihe beobachteten Werthe von s,
zu demselben Werth W führen müssen, läfst sich bei Einsetzung zweier
derselben in die Gleichung der Werth x, der ersten Elongation ableiten,
welcher dieser Bedingung entspricht. Die relative Gröfse der hierbei ver-
wertheten s,, z.B. s,, oder s,, bis s, vermindert bei diesem Verfahren die
Störungen durch etwaige Beobachtungsfehler.
So ist in den folgenden Reihen x, berechnet und nach Substitution
desselben in die Gleichung aus jedem einzelnen Werth s, der Widerstand W
abgeleitet. Entsprechend den geringen Abweichungen der Werthe W
untereinander, wie sie sich schon ohne diese Correcetionen aus den auf-
einanderfolgenden Beobachtungen von s, in jeder einzelnen Reihe ergeben,
sind die derartig berechneten Werthe x, nur wenig von den wirklich
beobachteten ersten Ausschlägen verschieden.
Im folgenden sind die aus den je letzten sechs Werthen s, bei
jeder Beobachtungsreihe resultirenden Werthe von W verzeichnet. Wegen
der schon wiederholt hervorgehobenen gröfseren Einflüsse zufälliger Fehler
bei den kleineren Elongationen sind die aus diesen letzteren abgeleiteten
Werthe als weniger zuverlässig nicht mit in Betracht gezogen.
Den Werthen W sind für jede Reihe die beobachteten und berech-
neten Werthe des ersten Ausschlages &, in Secunden beigefügt. Wie man
sieht, sind diese Werthe nur bei einzelnen Reihen, bei welchen sich auch
Über die Bestimmung des Ohm. 57
sonst in der Lage des Nullpunktes durch Änderung der Richtung des
Erdmagnetismus Abweichungen zeigten, von einander verschieden, und
dann auch meist unerheblich.
Bei der Ausführung der weitläufigen Rechnungen bin ich nament-
lich durch Herrn Dr. Rudolf Overbeck mit grofser Hingebung und un-
ermüdlicher Sorgfalt unterstützt worden; auch die Herren Carl, Oole
und Dr. Wittstein haben sich an denselben betheiligt, wofür ich hier-
mit meinen besten Dank ausspreche.
I. Drathrollen mit je 792 Windungen.
a) Inductor und Multiplicator allein in der Schliefsung.
Gewichte 2°” vom Ende. Temperatur 5,35° C.
1. 9,90771 9,90168 9,90204 9,90012 9,90631 9,90770
2. 9,83830 9,87406 9,88559 9,35890 9,39085 9,39090
9,89249 9,88998 9,88901 9,89102 9,89012 9,89206
Er
Mittel 9,3389.
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. 2. 3.
x, beob. 59,10 59,40 58,11
&, ber. 59,75 59,40 58,11
Gewichte 1,5°" vom Ende. Temperatur 5,25° C.
1. 9,89999 9,90414 9,89687 9,89920 9,89993 9,90003
2. 9,89988 9,90514 9,90203 9,89275. 9,89199 9,89278
3. 9,89807 9,90155 9,89811 9,89265 9,89361 9,89921
4. 9,88834 9,88970 9,86686 9,86898 9,88745 9,88706
Mittel 9,89401.
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. 2. 3. 4.
x, beob. 56,60 56,80 56,90 57,70
&, ber. 57,90 57,90 57,30 57,30
Phys. Cl. 1884. Abh. III. 8
58 WIEDEMANN:
Gewichte 1°" vom Ende. Temperatur 5,35° C.
1. 9,87986 9,88156 9,88485 9,89076 9,88932 9,90030
2. 9,89411 9,89437 9,89397 9,89364 9,89235 9,89348
3. 9,88740 9,88583 9,89385 9,88130 9,89189 9,89505
4. 9,88393 9,88227 9,89461 9,89592 9,88844 9,89151
Mittel 9,3900.
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. 2. 3. 4,
x, beob. 552 54,7 53,6 54,4
2, ber. 552 54,7 53,6 54,4
Der Mittelwerth des Widerstandes ist hiernach:
9,89251
bei der Temperatur 5,314° C.
b) Inductor, Multiplicator und ein Siemens’scher Etalon von 10 Queck-
silbereinheiten Widerstand in der Schlielsung.
Gewichte 2° vom Ende. Temperatur 5,70° C.
1. 19,2807 19,2881 19,2930 19,2862 19,2901 19,2729
2. 19.2593 19,2516 19,2642 19,2396 19,2663 19,2612
3. 19.2786 19,2806 19.2828 19,2882 19,2787 19,2722
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. 2, 3.
x, beob. 39,15 29,55 29,95
ziNber. 99,15 39,55 29,95
Der Mittelwerth dieser Widerstände ist:
19,9741
bei der Temperatur 5,70° C.
Die bei diesen Reihen erhaltenen Mittelwerthe bedürfen noch einer
Correction, da die Rolle des Inductors sowie die des Galvanometers mit
ihrer Axe nicht genau richtig zum magnetischen Meridian orientirt war.
Über die Bestimmung des Ohm. 59
Zuerst wurde die Inductorrolle aus den Lagen, bei welchen sie
durch die Anschläge arretirt wurde, und die genau um 180° gegen-
einander in der Horizontalebene geneigt waren, um 90° sedreht, was
mittelst des auf die Axe der Spirale aufgesetzten Prismas sehr genau ge-
schehen konnte (vgl. pag. 16). Sodann wurde der Strom einer N o&@’schen
Thermosäule durch einen Pohl’schen Gyrotrop und den p. 15 beschrie-
benen Umschalter geleitet und wurden bei abwechselnder Stromesrichtung
die Ausschläge « und @ des in die Spirale eingehängten Magnetsystems an
einer 391,0°” entfernten Scala in gewohnter Weise abgelesen und mittelst
der Formel etg $ = 4 (etgs«— ctg®) die Abweichung $ der Spirale aus
ihrer normalen Lage bestimmt (vgl. p.16). Die Ablenkungen « und Q
betrugen bei mehrfachen Beobachtungen
@ 560 559 558 558
ß 562 561 560 560
Daraus folgt: ® = 1° 23’ und cos $ — 0,999709. Mit diesem Werth sind
die beobachteten Widerstände zu multiplieciren, da in demselben Verhält-
nils die bei der Induetion in Betracht kommende Fläche kleiner ist, als
die direet bestimmte Windungsfläche F des Inductors.
Bei ähnlichen Versuchen am Galvanometer, wobei die Scala von
dem Spiegel des Magnetsystems um 301,5°“ abstand, ergab sich
«@ 422 422 422
[6 423 494 494
woraus folst: $ = 2° 0' 16" und cos = 0,999387. Da wiederum das
Drehungsmoment @ der Galvanometerrolle in diesem Verhältnifs kleiner
ist, als berechnet wurde, muls der berechnete Widerstand mit diesem
Werth multiplieirt werden. Danach wird
der Widerstand der aus dem Inductor und Multiplicator bestehen-
den Schliefsung
9,88357
bei 5,314° C.,
der Widerstand der Schliefsung bei Einschaltung des Siemens’schen
Etalons
19,2567
bei 5,70° C.
g*
WIEDEMANN:
II. Drathrollen mit je 804 Windungen.
a) Induetor und Multiplicator allein in der Schliefsung.
Gewichte 2°” vom Ende. Temperatur 5,65° C.
1. 10,0795 10,0912 10,0987 10,0955 10,0941 10,0954
10,0804 10,0961 10,1019 10,1021 10,1021 10,1044
10,0746 10,0836 10,0907 10,0971 10,0978 10,1017
Mittel 10,0937.
os w&
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. D* 3.
x, beob. 57,85 58,20 58,60
uber. 58,90 58,82 58,98
Gewichte 1,5°” vom Ende. Temperatur 5,95° C.
1. 10,1077 10,0815 10,0882 10,0917 10,0937 10,0962
10,0932 10,0963 10,0967 10,0930 10,095 10,0955
10,1004 10,1076 10,0926 10,0912 10,0958 10,1003
10,1043 10,0868 10,0929 10,1072 10,1060 10,1079
Mittel 10,0967.
en
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. 2) 3 4.
x, beob. 56,50 56,50 56,40 56,40
£, ber. 56,50 56,68 56,34 56,40
Gewichte 1°® vom Ende. Temperatur 5,75° C.
1. 10,0944 10,0973 10,0909 10,0886 10,0894 10,0943
2. 10,0944 10,0977 10,0988 10,0991 10,0943 10,0944
3. 10,0855 10,0847 10,0833 10,0860 10,0868 10,0885
4. 10,0852 10,0922 10,0876 10,0808 10,0814 10,0853
Mittel 10,0900.
Die Werthe x, sind:
a TE 3. a
x, beob. 53,30 54,10’ 54,50 53,10
&, ber. 54,23 53,60 54,50 53,56
Über die Bestimmung des Ohm.
Gewichte am Ende. Temperatur 5,90° C.
1. 10,0976 10,0982 10,0930 10,0895 10,0932 10,0921
2. 10,0866 10,0849 10,0907 10,0885 10,0857 10,0870
3. 10,0854 10,0756 10,0756 10,0739 10,0757 10,0769
4. 10,0860 10,0890 10,0928 10,0846 10,0823 10,0799
Mittel 10,0860.
Die Werthe «, sind:
Reihe 1. 2: 3% 4.
x, beob. 53,00 51,70 50,10 50,60
x, ber. 53,00 51,70 50,64 50,60
Als Mittelwerth der Widerstände folgt hieraus:
10,0913
bei der Temperatur 5,82° C.
d) Induetor, Multiplicator und der Siemens’sche 10 Q.E. Etalon
in der Schlielsung.
Gewichte 2°“ am Ende. Temperatur 5,65° C.
1. 19,4754 19,4792 19,4691 19,4636 19,4854 19,4888
2. 19,4924 19,4985 19,4956 19,4832 19,4999 19,4925
Mittel 19,4853.
Die Werthe «, sind:
Reihe 1. 2.
x, beob. 30,70 30,50
x, ber. 30,78 30,38
Gewichte 1,5°” vom Ende. Temperatur 5,90° ©.
1. 19,4760 19,4632 19,4644 19,4750 19,4693 19,4740
2. 194802 19,4797 19,4831 19,4877 19,4863 19,4779
Mittel 19,4764.
Die Werthe «, sind:
Reihe 1. 2.
x, beob. 29,50 28,50
x, ber. 29,29 28,70
“
62 WIEDEMANN:
Gewichte 1°" vom Ende. Temperatur 5,75° C.
1. 19,4574 19,4684 19,4655 19,4669 19,4794 19,4841
19.4464 19,4635 19,4665 19,4513 19,4343 19,4400
19,4999 19,4708 19,4602 19,4763 19,4746 19,4838
19,4835 19,4675 19,4815 19,4749 19,4774 19,4786
Mittel 19,4689.
> 80 I
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. Dr 3) 4.
aebeob. 28,50 28,10 23,90 98,40
2, ber. 23,62 97,53 28,73 28,75
Gewichte am Ende. Temperatur 5,95° C.
1. 19,5184 19,4914 19,4682 19,4661 19.4756 19,4705
2. 19.4338 19,4472 19.4446 19,4455 19,4407 19,4424
Mittel 19,4537.
Die Werthe x, sind:
Reihe 1. IR
%, beob. 25,40 26,50
2 ber. 36,02 26,63
Als Mittelwerth ergiebt sich hieraus der Widerstand
19,4723
bei der Temperatur 5,80° C.
Da bei diesen Reihen die Rollen des Inductors und Galvanometers
sich in ihren normalen Stellungen befanden, ist für eine etwaige Abwei-
chung von derselben keine Oorrection erforderlich.
Wegen der kleineren Ausschläge sind die unter /d und I//b an-
geführten Zahlen weniger zuverlässig, als die unter /a und /Ja ver-
zeichneten.
Über die Bestimmung des Ohm. 63
VI. Vergleichung der Widerstände der Drathrollen
mit denen von Quecksilber -Einheiten.
Nach der Bestimmung des Widerstandes der aus Inductor und Gal-
vanometer gebildeten Kette in absolutem Maalse wurde derselbe, aufser
durch direete Einschaltung, auch noch durch die Wheatstone’sche Brücke
mit der 10 S. Einheit, sowie mit anderen Widerständen, auch die 10 S.
Einheit mit einer eigens dazu hergestellten Quecksilber-Einheit verglichen.
Die hierzu verwendete Wheatstone’sche Brücke hat im Wesent-
lichen die bereits in meiner Electricitätslehre Bd. I $ 433 beschriebene
Construction, bei welcher die Enden des Neusilber-Mefsdrathes durch einen
8° breiten, 1°" dieken, an dem einen Ende durch einen schmalen Schlitz
durchbrochenen Kupferstreifen miteinander verbunden sind. Neben dem
Mefsdrath, einem 0,5”" dicken, sorgfältig gezogenen Neusilberdrath trug
ein auf Silber getheilter Millimetermaalsstab von Pistor und Martins
einen Schieber mit einem Nonius, welcher hundertel Millimeter abzulesen
gestattete. An demselben war der durch eine Feder in die Höhe zu
stellende Contact (vgl. 1. c.) angebracht.
Die Verbindung mit den zu vergleichenden Widerständen geschah
an dem einen Ende des Mefsdrathes vermittelst einer Vorrichtung, welche
zugleich in einfacher Weise die Graduirung des Rheostaten gestattete.
A und E (Fig. 15) sind die Enden des Kupferstreifens und des
einen dieken Kupferstückes, in welches das eine Ende des Mefsdrathes
eingeschraubt ist. Vor demselben ist ein durch isolirende Querwände in
vier Abtheilungen getheilter, überall dick mit geschmolzenem Schellack
überzogener Kasten von trockenem Buchsbaumholz aufgestellt, welcher
mit einem, über jeder Abtheilung von drei Löchern « bis u durchbohrten
Deckel bedeckt ist. In die Löcher e und £ senken sich zwei 6"”" dicke,
von A und E kommende, amalgamirte Kupferbügel.
Zur Graduirung des Mefsdrathes wird neben der Brücke eine zweite
einfachere Brücke (Fig. 16) aufgestellt, welche nicht getheilt zu sein
braucht und aus einem zwischen zwei Wirbeln auf einem Holzbrett auf-
gespannten Neusilberdrath bestehen kann, dessen Enden durch dieke an-
gelöthete und amalgamirte Kupferbügel mit den Löchern A und u ver-
64 WIEDEMANN:
bunden sind!). Auf dem Neusilberdrath verschiebt sich eine Schneide ©
von Messing. Aulserdem sind an einem viereckigen Ebonitbrett B Fig. 17
6”” dieke, unten amalgamırte Kupferfülse /, m, n, o befestigt, welche in
die in den Ecken eines Quadrats stehenden Löcher «, £, y, & hineinpassen.
Die Fülse ? und m sind oben durch ein dickes Kupferblech, n und o durch
einen in einem Glase voll Terpentinöl befindlichen, zickzackförmig zu-
sammengelegten, übersponnenen Neusilberdrath verbunden, dessen Wider-
stand etwa dem von 30—50”" des Melsdrathes gleich ist. In die Löcher
ı und z werden zwei mit den Polen einer Säule verbundene, amalgamirte,
dicke Kupferdräthe eingesetzt.
Als Säule diente bei diesen, wie bei den folgenden Bestimmungen
eine kreisförmige No&@’sche Thermosäule von 20 Elementen, deren Mitte
nur so schwach durch eine kleme Weingeistflamme erwärmt wurde, dafs
die Contactstellen höchstens die Temperatur von 60° C. erreichten.
Zuerst wurde in das Loch S ein dicker amalgamirter Kupferstab ein-
gesenkt, und dieser, sowie der Contact © mit einem empfindlichen Spiegel-
salvanometer verbunden. Der Einsatz B war so gestellt, dafs die Neu-
silberspirale zwischen y und d, der dieke Kupferbügel zwischen « und ß
lag; der Contact G@ der Mefsbrücke kann geöffnet bleiben. In den Schlies-
sungskreis der Säule sowie in die das Galvanometer enthaltende Brücken-
leitung war ein Doppelschlüssel?) eingefügt, durch welchen zuerst der
zweite, dann der erste dieser Zweige geschlossen wurde. Der Contact
der Hülfsbrücke wurde verstellt, bis die Nadel des Galvanometers bei der
Schliefsung auf Null stand. Dann wurde der Einsatz B um 180° gedreht,
dafs der Neusilberdrath zwischen @ und @, der Kupferbügel zwischen Y
und ö lag. Darauf wurde der Kupferstab aus S entfernt, dafür aber der
Contact G der Mefsbrücke mit dem Galvanometer verbunden und ver-
schoben, bıs dasselbe auf Null einstand. Der Widerstand des Stückes des
Mefsdrathes von @ bis zum Ende E und der Zuleitung bis zu $ war dann
dem des Neusilberdrathes gleich. Wiederum wurde Einsatz B um 180°
zurückgedreht, der Neusilberdrath dadurch zwischen y und & eingefügt
1) Bei den vorliegenden Versuchen wurde hierzu eine besser construirte Brücke
verwendet.
?) Vgl. Wiedemann Eleectrieitätslehre I p. 643 Fig. 213.
Über die Bestimmung des Ohm. 65
und der Contact Ü der Hülfsbrücke bis zur Nullstellung des Galvanometers
verschoben. Durch Drehen des Einsatzes 5 wurde darauf der Neusilber-
drath zwischen « und @ gebracht und durch Verstellen des Contacts @
das Galvanometer wieder auf Null eingestellt u. s. f.
Bei der Verwendung der Brücke zur Vergleichung zweier Wider-
stände r, und r, (Fig. 15) wurde die Hülfsbrücke entfernt. Dann wurden
die Enden derselben mit dieken, amalgamirten Kupferbügeln verbunden,
deren eine amalgamirte Enden dicht neben einander in einen dick mit
Schellack lackirten Holztrog D mit dreifach durchbohrtem Deckel voll
Quecksilber eintauchten. Dicht neben dieselben wurde ein dritter amal-
gamirter Kupferbügel 7 eingesenkt, welcher mit dem Galvanometer in Ver-
bindung stand. Die an den andern Enden der Widerstände », und »,
befestigten Bügel tauchten in die Löcher A und «. In die Löcher z und ı
wurden die von der Thermosäule kommenden Leitungen eingesetzt, zwi-
schen « und £, sowie y und d, dicke Kupferbügel, welche an den Bret-
tern 5b’ und BD" (Fig. 18 und 19). befestigt waren und entweder direct «
mit ® und y mit d, oder gekreuzt « mit ö und ß mit y verbanden.
Auch hier war in den von der Säule kommenden Theil der Leitung, so-
wie in die das Galvanometer enthaltende Brückenleitung der Doppel-
schlüssel eingesetzt, welcher beide schnell nacheinander schlofs. Es war
dies namentlich bei Einschaltung der Spiralen des Inductors und Galva-
nometers des grossen Apparates nöthig, um den Emfluls der Extraströme
zu vermeiden.
Der Widerstand der dicken Kupferbügel an den Brettern E und F
war vollständig zu vernachlässigen. Bei der grofsen Constanz der Tem-
peratur ım Beobachtungslocal waren auch die störenden Einflüsse etwaiger
Änderungen derselben beseitigt. Die verwendeten Ströme waren so schwach
und wurden immer nur so kurze Zeit geschlossen, dafs ihre erwärmende
Wirkung ebenfalls ohne jede Bedeutung war.
Mittelst dieses Apparates wurde zunächst die Änderung des Lei-
tungswiderstandes des Kupferdrathes der Drathrollen mit der Temperatur
bestimmt.
Zwei etwa 10” lange Stücke r, und r, des Drathes wurden sorg-
fältig mit Schellackfirnils überzogen und in hin und hergehenden Win-
dungen in zwei mit Petroleum gefüllte Glaskästen von 50° Länge, 6°
Phys. Cl. 1884. Abh. III. 9
66 WIEDEMANN:
Breite und 15°“ Höhe gelest. Ihre einen Enden wurden durch dicke
Kupferbügel mit den Löchern A und », ihre andern Enden durch ebenso
dicke Bügel mit den Löchern D, und D, (Fig. 15) verbunden.
Der eine Kasten mit dem Drathstück », blieb auf der Temperatur
der Umgebung, der andere war auf 35° erwärmt und erkaltete unter
beständigem Umrühren des Petroleums sehr langsam.
So ergab sich u. A. das Verhältnils v, :r, der Widerstände:
Temperatur elle 7 Ta
r, Ta uncorrigirt corrigirt
4,20 31,5 535,25 : 590,50 532,35 : 587,60
4,40 29,23 538,45 : 589,20 935,09 : 986,90
4,60 27,95 539,60 : 586,90 536,70 : 584,00
3,05 19,70 548,75 : 877,85 545,85 : 574,95
5,21 18,20 550,40 : 577,50 547,50 : 574,60
Die uncorrieirten Werthe von r, und r, entsprechen den directen
Ablesungen, die corrigirten den Resultaten nach der Correction derselben
in Folge der Graduirung der Rheostaten.
Hieraus und aus anderen wiederholten Bestimmungen ergiebt sich
die Zunahme des Widerstandes des Kupferdrathes für 1° C. gleich 0,00429.
Die Änderung des Widerstandes des 10 S. Etalons ist wiederholt
in dem Laboratorium der Herren Siemens und Halske mit deren so
höchst vollkommenen Einrichtungen unter freundlicher Leitung des Herrn
Dr. O. Frölich gemessen worden. Danach beträgt der Coefficient der
Zunahme des Widerstandes für 1° C. 0,000301.
Nach den wiederholten Bestimmungen in demselben Laboratorium
ist der 10 $. Etalon richtig gleich 10 Quecksilber-Einheiten bei 16,9° C.
Wenngleich diese Bestimmungen nicht wohl anderswo mit vor-
trefflicheren Einrichtungen und mit gröfserer Sorgfalt ausgeführt werden
können, als in dem Laboratorium des Herrn Siemens, habe ich doch
noch der Vollständigkeit halber den 10 S. Etalon mit einem besonders
hergestellten Quecksilber-Widerstand verglichen.
Über die Bestimmung des Ohm. 67
Dieser Widerstand bestand aus zwei 7,9°" hohen und 4,2°“ weiten
Glasflaschen (Fig. 20) mit eingeschliffenen Glasstöpseln, welche seitlich
Tubuli trugen, in die eine sorgfältig calibrirte Gapillarröhre eingeschlif-
fen war. Der Stöpsel der einen Flasche A war nicht durchbrochen,
der der anderen B trug ein Rohr mit einem Schliff, an welchen der
Hals einer diekwandigen Retorte R angesetzt war. An das Rohr war
seitlich ein anderes Rohr Ü mit einem Hahn angeschmolzen. In die Re-
torte wurde möglichst reines Quecksilber gefüllt, welches aus reinem käuf-
lichen Quecksilber durch Auflösen in reiner Salpetersäure, Abdampfen der
filtrirten Lösung, Erhitzen des Rückstandes bis zur Bildung von Queck-
silberoxyd in einer offenen Schale und Destillation des letzteren aus schwer
schmelzbaren Verbrennungsröhren erhalten war. Das durch ein Leder-
filtrum hindurch geprefste Quecksilber wurde in einer Weinhold’schen
Pumpe nochmals im Vacuum destillirt. Nach dem Einbringen in die Re-
torte wurde der Apparat ABR wiederholt während mehrerer Tage sorg-
fältigst evacuirt und mit Luft, welche durch wasserfreie Phosphorsäure
getrocknet war, gefüllt. Dann wurde nach erneutem Evacuiren das Queck-
silber in der Retorte zum Sieden erhitzt und nachher das Vacuum noch
mehrere Tage unter wiederholtem Auspumpen erhalten, um alle an den
Glaswänden anhaftenden Spuren von Gas zu entfernen. Hierauf wurde
die Retorte am Schliff! um 180° gedreht und so das Quecksilber in den
Apparat eingebracht. Nach dem Öffnen der Hähne wurden die Stöpsel
entfernt und dafür nur lose schliefsende, oben in Glasröhren endende
Stöpsel (Fig. 20a) eingesetzt, in welche 10°“ dicke Kupferstäbe einge-
kittet waren, die in dem Quecksilber der Gläser 0,2°” dicke, 3,3%
breite und 4°” hohe, sehr sorgfältig amalgamirte Kupferplatten trugen.
Dieselben verblieben nur während der Zeit der Messungen im Queck-
silber. Die Kupferstäbe waren oben mit etwa 20° weiten Quecksilber-
näpfen versehen, in welche 1°" dicke, an den Enden sehr gut amal-
gamirte Kupferstangen mit ihrem einen Ende eingesenkt werden konnten,
durch die die Verbindung mit den Löchern A und », sowie D, und D,
hergestellt wurde. Der ganze Apparat wurde in einen langen Trog voll
Petroleum gestellt, welcher aulsen durch Eis gekühlt werden konnte.
Die Länge des Oapillarrohres wurde bestimmt, indem über die ab-
gerundeten Enden desselben zwei Messingröhren mit seitlichen Druck-
g*
68 WIEDEMANN:
schrauben geschoben wurden, welche an zwei diametral gegenüberliegen-
den Stellen Ringe zur Befestigung von Schlingen von Seidenschnüren tru-
gen. Mittelst der einen derselben wurde die Röhre vertical aufgehängt,
die andere durch ein Gewicht belastet. Die Länge wurde dann an einem
Kathetometer aus der Werkstatt der Societe Genevoise pour la construc-
tion d’appareils de precision abgelesen. Dieselbe betrug 106,398°" bei
5,6° 6. — Die Calibrirung des Rohres geschah mittelst einer Theil-
maschine von Lingke in Freiburg in bekannter Weise durch Messung
der Länge eines in demselben verschobenen Quecksilberfadens. Die Ab-
weichungen von der Cylinderform waren relativ nicht erheblich.
Zur Bestimmung des Volumens der Röhre wurde das eine Glas-
gefäls (Fig. 20) von derselben über einer Porzellanschale abgezogen und
während des Ausflusses des Quecksilbers aus der Röhre das freie Ende
mittelst einer mit einem dünnen Kautschuküberzug bedeckten, gegenge-
drückten Eisenplatte geschlossen. Dann wurde das eben geschlossene Ende
nach unten gesenkt, das zweite Quecksilbergefäls entfernt und das andere
Ende der Röhre in gleicher Weise geschlossen. Nach Abstreifung aller etwa
noch seitlich haftender Quecksilbertröpfehen wurde die Röhre über einem
Platintiegel geöffnet und sämmtliches Quecksilber hinausgelassen. Das
Gewicht wurde nach der Borda’schen Methode mit Hülfe eines Nor-
malgewichtssatzes von Platin ermittelt. Nach den erforderlichen Correc-
tionen für den Gewichtsverlust in der Luft war das Gewicht bei 22° C.
gleich 9,6928®, das Volumen bei derselben Temperatur gleich 0,715693 °°”.
Mit Berücksichtigung des (eubischen) Ausdehnungs-Üoefficienten des Gla-
ses (0,000024), ist das Volumen bei 1?0 ©. (bei welcher Temperatur die
Vergleichung des Widerstandes vorgenommen wurde) gleich
O,715333 m
der mittlere Querschnitt gleich
0,672318 0m ,
und der für diese Dimensionen und für die Temperatur des Quecksilbers
gleich 0° berechnete Widerstand in Quecksilber-Einheiten gleich 1,58225,
wobei zunächst die Röhre als ceylindrisch angenommen ist.
Mit Berücksichtigung der Calıbrirung der Röhre wurde dieselbe
in eine Anzahl (10) Abtheilungen von der Form abgestumpfter Kegel ge-
Über die Bestimmung des Ohm. 69
theilt, welche sich aus der graphischen Verzeichnung der Länge der Röhre
als Abscissenaxe und der Radien der einzelnen Stellen als Ordinaten er-
geben hatten. Der Widerstand der abgestumpften Kegel wurde einzeln
berechnet und summirt. Dadurch erhöht sich der Gesammtwiderstand
der Röhre auf 1,582600 Q. E. bei 0°.
Hierzu kommt noch der Widerstand an den Ein- und Austritts-
stellen von der Röhre zu den Zuleitungsgefälsen, welcher nach Lord
Rayleigh gleich dem einer Quecksilbersäule vom Querschnitt der Röhre
und einer Länge gleich 0,82 ihres Radius gesetzt werden kann. Danach
wird der Widerstand bei 0° gleich 1,583568. Mit Berücksichtigung des
Temperatur-Ooefficienten des Widerstandes des Quecksilbers, 0,000869 nach
Lenz, wird der Widerstand bei 1,00° gleich
1,58506 Q. E.
Bei der Vergleichung dieses Normalwiderstandes W, mit dem W,
einer Siemens’schen (1) Einheit ergab sich im Mittel aus vielen Ver-
suchen, welche um nicht mehr als 0,1"" bei den einzelnen Einstellungen
von einander abwichen, während die Temperatur der Siemens’schen Ein-
heit 5,60° C. betrug:
uncorrigirt eorrigirt
W,:W, 691,20: 435,10 1100,08 : 691,60
also
W, = 0,996423 Q. E.
Nach den Bestimmungen im Laboratorium des Herrn Siemens ist
die 1 S. Einheit richtig bei 15,5°, der Temperatur -Ooefficient 0,000340.
Danach berechnet sich der Widerstand bei 5,6° zu 0,996651.
Die Differenz zwischen dem direct bestimmten und aus den letzt-
erwähnten Versuchen hervorgehenden Widerstand beträgt also nur 0,0002,
war also jedenfalls weit aulserhalb der von der Pariser Conferenz ver-
langten Genauigkeit (1/1000).
Mit der so geprüften 1 S. Einheit wurde der bei den Hauptver-
suchen verwendete 10 S. Etalon verglichen, indem erst die 1 S. Einheit (/)
mit einer etwa aus dem Jahre 1860 stammenden alten 1 S. Einheit (Z,)
(in schwarzer Holzbüchse), dann der Widerstand beider, durch tiefe Queck-
silbernäpfe hintereinander verbundenen Einheiten mit denen zweier, aus
70 WIEDEMANN:
übersponnenem und in zwei Hälften übereinander gelegten Neusilber-
drath hergestellten Etalons /Z, und II, von annähernd 2 Q. E. Wider-
stand in Vergleich gestellt wurde. Die hintereinander combinirten Eta-
lons 7 IZ,—+ II, wurden mit zwei ebenso hergestellten, nahe 5 Q. E.
entsprechenden Etalons V, und V, verglichen, und letztere hintereinander
verbunden mit dem 10 S. Etalon. Aulserdem wurden mannigfache Zwi-
schenvergleichungen der verschiedenartig combinirten Etalons, z. B. ZZ,
mit IT,, V, mit V, vorgenommen, welche die directen Bestimmungen
vollkommen bestätigten. Alle Versuche wurden bei 9,91° Ö. angestellt.
Wir führen nur die directen Vergleichungen an, bei denen jede Zahl
das Mittel aus 4 Einzelbestimmungen ist, die je nur um 0,1”” unter
sich abwichen. Der Mefsdrath ist ein anderer, als bei den früheren
Versuchen.
1. Vergleichung der Siemens’schen (1) Einheit 7 mit der alten
Einheit /,:
uncorrigirt corrigirt
ED 564,46 : 564,16 566,11: 565,81
Daraus folgt:
10005320:
2. Vergleichung des Etalons //, mit /+1,:
uncorrigirt eorrigirt
II: I+1, 566,15 : 562,36 567,80 : 564,01
Daraus folst:
Ile
3. Vergleichung des Etalons //, mit I+1,:
uncorrigirt eorrigirt
I1,:I+1, 567,76 : 560,75 569,41: 562,35
Daraus folgt:
112402969. 1:
4. Vergleichung des Etalons V, mit I+- II, +L;:
uncorrigirt eorrigirt
Vo: n-= In9 70,00 1558418.:0570,500 1559; 78: 572,15
Daraus folst:
UN 14,9306617%
Über die Bestimmung des Ohm. 71
5. Vergleichung des Etalons V, mit + II, —+1IJ;:
uncorrigirt eorrigirt
V,: II, +1, 565,25 : 563,60 566,88 : 565,25
Daraus folgt:
v, — 5,05415 I.
6. Vergleichung des 10 S. Etalons mit V,—+V;:
uncorrigirt corrigirt
1085:97,—+V, 564,87 : 563,90 566,52 : 565,55
Daraus folst:
10 SE = 1,00020 I'bei 9,90° C.
Die nach der Bestimmung im Siemens’schen Laboratorium bei
15,5° richtige 7 S. Einheit hat den Temperatur -Coefficienten 0,000340.
Danach berechnet sich der Widerstand bei 9,90° C. gleich 0,99757 Q. E.
In Folge davon wird der Widerstand der 10 8. E., deren Temperatur-
Coefficient nach den oben erwähnten Bestimmungen gleich 0,000301 ist,
bei 16,9°, bei welcher Temperatur er nach ebendenselben richtig sein
soll, gleich
10,0011.
Die Übereinstimmung ist also sehr befriedigend.
Die alte Siemens’sche Einheit /, ist als richtig angegeben bei
20,5° C., der Temperatur -Coefficient gleich 0,00043. Danach würde der
Widerstand derselben bei 9,90° C. gleich 0,99548 sein. Bei derselben
Temperatur ist der Widerstand der bei 15,5° richtigen / S. Einheit gleich
0,99757 Q.E. Das Verhältnifs des Widerstandes der letzteren zu dem
der ersteren bei dieser Temperatur ist danach 1:0,997905. In Anbe-
tracht, dafs die alte Einheit schon vor langer Zeit hergestellt und durch-
aus nicht gerade sorgfältig gehütet worden ist, dafs von nicht besonders
geübten Practicanten im Laboratorium wohl auch zuweilen stärkere Ströme
durch sie hindurchgeleitet worden sind, kann die Veränderung um etwa
nur 2/1000 bei obiger Temperatur innerhalb etwa 21 Jahren als eine
relativ kleine bezeichnet werden. Der Neusilberdrath bewährt sich also
auch hierdurch für die Herstellung des Normal-Etalons.
Zur weiteren Sicherung wurde auch. die 10 S. Einheit mit einem
73 WIEDEMANN:
Etalon verglichen, welchen Lord Rayleigh die Güte hatte, mir zur Ver-
fügung zu stellen. Nach seinen Angaben besitzt derselbe einen Wider-
stand von 9,9961 B. A. U. bei 16°C. Der Etalon (R.E.) wurde vor den
Versuchen längere Zeit in ein Wasserbad von 16° gelegt; die 10 S. Ein-
heit hatte die Lufttemperatur 7,4° C.
Das an der Brücke abgelesene Verhältnifs der Widerstände der
108. E. und der R. E. betrug im Mittel uncorrigirt 549,35 : 577,225,
nach der Correction wegen der Graduirung 546,45 : 574,32. Mit Berück-
sichtigung des Temperatur-Coeffieienten der bei 16,9° richtigen 10 S. Ein-
heit ist der Widerstand derselben bei 7,4° gleich 9,97157 Q. E., also der
des R. Etalons gleich 10,4801 Q. E. oder 1Q. E. — 0,95418 R. E., bez.
gleich 0,95381 B. A. U. Direct folgt dieses Verhältnifs gleich 0,95384.
Die Übereinstimmung ist also wiederum sehr befriedigend.!)
Schliefslich wurde der Widerstand der aus Inductor und Multipli-
cator bestehenden Kette mit dem des 10 S. Etalons verglichen, indem
dieselben an Stelle der Widerstände r, und r, Fig. 15 in den Brücken-
apparat eingeschaltet wurden. Die Schliefsung der Leitungen durch den
Doppelschlüssel durfte nicht allzu schnell geschehen, damit vor der end-
lichen Verbindung mit dem Galvanometer die Extraströme in den Spira-
len abgelaufen waren.
Auch wurde die Rolle des Inductors so gedreht, dafs durch die
vereinte Wirkung des Stromes in ihr und in der Multiplicatorrolle der
Magnetspiegel des Galvanometers nicht abgelenkt wurde.
Von den wiederholten Vergleichungen dieser Art, welche alle bis
auf 1/5000 miteinander übereinstimmende Resultate gaben, erwähne ich
beispielsweise nur die folgenden:
1. Erste Umwindung.
Verhältnifs des Widerstandes des 10 S. Etalons zum Widerstand
der Kette, direct beobachtet
24 20, 1946,99.:914.00
not 2,089 (D.
1) Vgl. Grylis Adams Conference Internationale pour la Determination des
Unites Electriques. Deuxieme Session p. 38. 1884.
Über die Bestimmung des Ohm. 73
Bei der Correction in Folge der Graduirung des Mefsdrathes ver-
wandelt sich dieses Verhältnifs in
Trac — 944,05 : 574,10.
Der Widerstand der Kette war gefunden.gleich 9,88357 Ohm bei
5,314° C., also mit Berücksichtigung des Temperatur-Coefficienten gleich
9,91000 bei 5,95°.
Der Widerstand des 10 S. Etalons ist richtig bei 16,9° C. gleich
10 Quecksilber-Einheiten, also in Anbetracht des Temperatur - Öoefficien-
ten 0,000301 gleich 9,96720 Quecksilber-Einheiten bei 5,95° ©.
Danach verhält sich
9,91000 Ohm : 9,96720 Q. E. = 574,10 : 544,05.
10 Quecksilber-Einheiten sind also gleich 9,42219 Ohm oder
1 Ohm — 1,06133 Q. E.
2. Zweite Umwindung.
Verhältnifs des Widerstandes des 10 S. Etalons zum Widerstand
der Kette direct beobachtet
r,:r, = 544,00 : 584, 975
bei 5,95° ©., welches Verhältnifs bei der Correction in Folge der Gra-
duirung, des Mefsdrathes sich umwandelt in
ae u 19, 103582075:
1(c) * © 2(c)
Der Widerstand der Kette war gefunden gleich 10,0913 bei 5,82°,
also mit Berücksichtigung des Temperatur-ÜÖoefficienten des Kupferdrathes
0,0043 gleich 10,0968 bei 5,95°.
Der Widerstand des 10 S. Etalons ist bei derselben Temperatur
gleich 9,96720 Q. E.
Danach verhält sich
10,0968 Ohm : 9,96730 Q. E. — 582,075 : 541,10,
woraus folgt
10@. BE. = 9,41703 Ohm
oder
Ohm 106191 0. E.
Phys. Cl. 1884. Abh. IN. 10
74 WIEDEMANN:
Als Mittel der bei beiden Beobachtungsreihen mit verschiedenen
Umwindungen des Inductors und Multiplicators erhaltenen Resultate folgt
1Q.E. = 0,94196 Ohm
oder
1:Ohm = 1,06162 Q. E.
Das Ohm entsprieht also dem Widerstand einer Quecksilbersäule von 1
Querschnitt und
qmm
106,162 °”
Länge bei 0° ©.)
Die bei Einschaltung des 10 S. Etalons in den Schliefsungskreis
des Inductors und Galvanometers erhaltenen Beobachtungsresultate sind
wegen der kleineren Ausschläge weniger genau, als die ohne diese Ein-
schaltung erhaltenen. Deshalb wurden sie nicht zur direeten Vergleichung
des Ohm mit der Quecksilber-Einheit hinzugezogen. Wohl aber können
sie als annähernde Controlle der erhaltenen Werthe dienen.
Berechnet man mittelst derselben den Widerstand der den 108.
Etalon enthaltenden Schliefsung des Inductors und Galvanometers bei der
jeweiligen Versuchstemperatur, so ergiebt sich:
beobachtet berechnet
Reihe I 19,2567 19,2876
Reihe II 19,4723 19,4796
Die Unterschiede betragen also bei der ersten Reihe etwa nur
16/10000, bei der zweiten 3,5/10000.
1) Dieser: Werth weicht um den geringen Betrag von 0,028 von dem in einer
vorläufigen Mittheilung „vorbehaltlich einer nochmaligen Revision der Rechnungen“ gegebe-
nen Werth 106,19 in Folge genauerer Berücksichtigung einiger kleinen Fehlerquellen ab.
Über die Bestimmung des Ohm. 75
Durch die vorliegende Untersuchung glaube ich gezeigt zu haben,
dafs die dabei benutzte Methode von Wilhelm Weber sehr wohl geeig-
net ist, auch bei Abänderung der Versuchsbedingungen, übereinstimmende
und zuverlässige Resultate für die Herstellung von Widerständen von be-
kanntem Werth in electromagnetischem Maafse, sowie für die Bestimmung
des Ohm zu liefern.
Der gefundene Werth des Ohm, der Widerstand einer 106,162“
langen Quecksilbersäule von 1°"" Querschnitt bei 0° stimmt mit den von
anderen Beobachtern gefundenen Werthen 106,32 nach Mascart, 106,28
bez. 106,24 nach Lord Rayleish, 106,14 nach Heinrich Weber, 106,03
nach Wild, 106,50 nach Glazebrook, 106,19 nach Lorenz, 106,13
nach Lenz, auch noch 105,91 nach F. Kohlrausch und 105,90 nach
Roiti, sehr gut überein. Nur die von H. F. Weber erhaltenen Werthe
105,26 und 105,37, auch der Werth von Dorn 105,46 und von Rowland
105,79 weichen erheblicher von obigen Werthen ab. Indels dürften die
Untersuchungen der letzterwähnten Physiker wohl noch nicht als ganz
abgeschlossen anzusehen sein.
aa
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FE UP
ae
u
Abhandlungen der Berl. Akad, der Wiss. 1084. Taf.
h 6.Wiedemann: Bestimmung des Ohm.
RR De J
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Abhandlungen der Berl. Akad. der Wiss. IB4.
zum Galvanometer
Fig.16.
6.Wiedemann: Bestimmung des Ohm.
Tith Anst.v. 0. Kirst, Leipzig
PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU BERLIN.
AUS DEM JAHRE
1884.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1885.
BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. vogn).
Inhalt.
ToBLer: Das Buch des Ugugon da Laodho . . .». ». . „2... Abh.T. S.1—%.
DILLMANN: Über die Regierung, insbesondere die ge:
des Königs Zar’a Jacob . . . . . le Te
IMHOOF-BLUMER: Die Münzen der Dynastie von eranion (Mit
AUNascl ne RS ehe, Se kun „ DI. „ 1—40.
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‚artnet alle erst ymeigel all mel im
BR: dose ra ara
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Das Buch des Ugucon da Laodho.
Von
H”" TOBLER.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I.
Gelesen in der Sitzung der philos.-histor. Classe am 31. Januar 1884.
Au die im vorigen Jahre von mir herausgegebene Prosaauflösung samt
Übersetzung der Disticha Catonis folgen in der nämlichen Handschrift zu-
nächst 23 Blätter lateinischer Prosa, von welcher später die Rede sein
soll. Hieran schliefsen sich, mit Blatt 50 ro beginnend und auf Blatt 83 1°
oben endend, Verse in der Volkssprache, geschrieben von der nämlichen
Hand, wie mir scheint, doch ein klein wenig enger, dergestalt dafs hier
die Seite meist 28, oft auch 29, selten 27 oder 26 Zeilen ‚aufnimmt statt
der im Cato konstanten 27; auch hier sind die Initialen abwechselnd blau
und rot ausgeführt, doch nur noch am Anfange längerer Abschnitte, und
kleine Randmalereien begleiten auch hier den Text, meist auf der rech-
ten Seite, und mit rot geschriebenen lateinischen Legenden versehn, Ma-
lereien, die von der nämlichen Hand herzurühren scheinen wie die des
Cato, und deren Farbe hie und da, nicht immer ohne Schädigung des
auf der Rückseite stehenden Textes, das Pergament durchfressen hat.
Es beginnt dieser Abschnitt des Codex mit der roten Überschrift
In zpi nomine. Questo e lo comencamento delo libro de ugucon da laodho.
Als ein Buch wird uns also der Inhalt der 33 Blätter bezeichnet.. Doch
würde er diesen Namen kaum verdienen, wenn man ihn nur dem wollte
zukommen lassen, was als ein nach erkennbarem Plan ausgeführtes, jeder
Gedankengruppe ihre zweckmälsig gewählte Stelle anweisendes, die Teile
angemessen verbindendes Werk schriftstellerischer Thätigkeit dem Leser
1%
4 ToBLER:
sich darstellt. Schon die metrische Form ist nicht für das Ganze die
selbe: ein erstes, etwas mehr als ein Drittel desselben umfassendes Stück
zeigt die einreimigen im alten Frankreich einheimischen Laissen unglei-
chen Umfangs aus gemischten zwölf- und zehnsilbigen Zeilen, das Übrige
sind Paare achtsilbiger Verse. Es entspricht aber diesem Wechsel keiner-
lei Änderung im Wesen des Vorgetragenen, welches vielmehr von Anfang
bis zu Ende gleichartig bleibt, ja sogar mehr als einmal geradezu, wenn
auch in andern Worten, sich wiederholt. Auch die Hauptmassen, in wel-
che man das Ganze nach Malsgabe des Formwechsels zunächst zerlegen
mag, bilden nicht etwa jede für sich eine Einheit. Ist auch bisweilen
der Anfang eines der Stücke, die im ersten Teile gleich je einer Laisse
sind, im zweiten wenigstens durch die grofsen Initialen gesondert werden,
der Art, dafs er auf Vorangegangenes zurückweist (z. B. Z. 197, 235, 380,
1067), so giebt es ihrer daneben genug, die völlig für sich bestehen kön-
nen, oder auch geradezu einer engen Verbindung mit dem Umgebenden
widerstreben, wie denn die Gebete Z. 500—702 eine Sonderung ebenso
von den vorangehenden Betrachtungen wie von den nachfolgenden Mah-
nungen verlangen, obschon die erste von diesen noch mit einer Anrede
an Gott anhebt, und dadurch der Übergang erleichtert wird. Ein wohl
angelestes Buch würde auch die wiederholte Rückkehr auf den selben
Gegenstand vermieden haben (wenigstens soweit es sich um schildernde
Ausführungen handelt), die hier dem Leser unangenehm auffällt. Es
durfte oder mulste vielleicht von den Höllenstrafen mehr als einmal re-
den; aber es durfte die Darstellung der schrecklichen Einzelheiten nicht
auf verschiedene Abschnitte verteilen (10— 28, 74—79, 97—104, 439
— 446, 475 —485, 684—697, 763— 768, 1576—1585, 1807 — 1834),
wenn sie Wirkung thun solltee Und solcher immer wieder zur Sprache
kommender Punkte sind mehrere: das lieblose sich Abwenden von den
Toten (153 — 155, 188— 194, 454—473, 817 —-860), die Schrecken des
Grabes (70, 147—152, 451 —453, 534—536, 812-816), die Verderb-
nis der Sitten (105—114, 130—134, 254—259, 961—1020), die Hilf-
losigkeit der Menschen dem Tode gegenüber (115—117, 162—169, 170
— 181, 777—.800), Gottes Erbarmen für den Reuigen (205 — 214, 1253
— 1262), das jüngste Gericht, die Scheidung der Guten von den Bösen
(236 — 356, 613— 628, 672—678, 1705 — 1834), Rede der Seele an den
Das Buch des Ugucon da Laodho. 5
Leib (486 —499, 1625— 1704); die. Hartherzigkeit gegen die Armen (987
— 992, 1108—1158). So wird denn der Ausdruck Buch im weiteren
Sinne zu verstehn sein; jedenfalls bezeichnet er hier ein Ganzes, das aus
nur teilweise unter sich zusammenhängenden Stücken gleichartigen, näm-
lich erbaulichen Inhalts gebildet ist, dem Schreiber aber vielleicht mit
Recht als Gesamtergebnis der dichterischen Arbeit des Verfassers galt.
Als Verfasser nennt die Überschrift Ugucon da laodho, also einen
Uguceione, um dem Namen toscanische Form zu geben, aus Lodi; denn
° diese Stadt wird man in /aodho wohl erkennen dürfen, da doch auch in
caofa, aor lateinisches au (it. 0) durch ao unseres Denkmals, in vedhes,
credhe, cuftedhir lateinisches d zwischen Vokalen durch dh wiedergegeben
wird, und das e von Laude mit o vertauscht sein kann wie in fufto, principo,
albro, abadho, enfanto o für e eingetreten ist (hier allerdings in männ-
lichen Appellativen).. Damit ist uns denn ein Name angegeben, der bis-
her der Litteraturgeschichte unbekannt gewesen ist. Leider wird bis auf
weiteres auch in Zukunft über den, der ihn getragen hat, sich wenig an-
deres sagen lassen, als dafs er die nachstehend veröffentlichten Verse ver-
falst habe. Etwas noch erfahren wir freilich aus ihnen, so wenig sie sonst
persönliche Verhältnisse, Beziehungen, Erlebnisse ihres Urhebers erkennen
lassen: er hat sie im Greisenalter gedichtet (eu fon veglo canuo 521, eu
Jon veio e ferranto 552, eu fon vetran 629); die Zeit jugendlicher Stärke
liest hinter ihm (Enfin g’eu fui vigoros et aıdhente 508); er hat Lanze
und Schild getragen im kräftigen Mannesalter (Enfin g’eu puti portar lanca
ni feuo 520), und mit dem Schwerte umgürtet hat er sich für besser ge-
halten als den Grafen Roland (Mai eu era fi fole, quand avea centol brando,
K’eu me tegnia mero de lo conte Rolando 556); auf seine Lebensführung
von der Jugend bis in ein spätes Alter blickt er freilich mit bittrer Reue
zurück; doch sind die Vorwürfe, die er sich macht, sehr unbestimmter
Natur, und es ist fraglich, ob man das conbatre encontra deu, dessen er
sich an den angeführten Stellen zeiht, etwa von einem Gebrauch der
Waffen gegen kirchliche Gewalthaber oder blofs von Widersetzlichkeit ge-
gen Gottes Gebot zu verstehen hat. Vielleicht hat ihn die Sorge um das
Heil seiner Seele in seinen alten Tagen in einen geistlichen Orden geführt.
Dies wird man weniger aus der Bemerkung, dafs er nicht Abt sei (Se
vor me vole crere, anc no fe' eu abadho 389) schliefsen dürfen, als aus
6 TOBLER:
der oft sich kundgebenden Neigung ein gewisses bescheidenes Mals theo-
logischer Bildung erkennen zu lassen, sich wenigstens im allgemeinen auf
die Schrift, Apostel, Propheten, Evangelisten, selbst auf namhaft gemachte
Kirchenväter zu berufen. Ob er dies jedesmal mit Recht und aus siche-
rer Kenntnis genau entsprechender Belegstellen heraus thut, wage ich
nicht zu entscheiden: 396, wo er auf das guagnelio Jainto verweist, hat
er Matthäus 15, 14 im Sinne; 541 können ihm zahlreiche Stellen des
guagnelio vorschweben, Jacobus 2, 5 oder Römer 8, 13 oder Galater 6, 13;
die Empfehlung der Demut kann er „im Evangelium, bei Propheten, Jün-
gern“ (939) an mehr als einer Stelle gefunden haben; ebenso die Auf-
forderung zu Werken der Barmherzigkeit und zum Bekenntnis der Sün-
den im „Evangelium“ (1684); die „Schrift“ führt er 597 an (vielleicht
Apostelgesch. 3, 19 und 20), 1345 (der Widerchrist wird viele vertilgen,
die nicht an ihn glauben, etwa Offenb. 13, 7), 1402 (Bulse erwirkt Ver-
gebung der Sünden); den „Apostel“ 749 (liebet euch unter einander, etwa
Römer 13, 8), 1424 (wer den andern hasset, macht aus einer Sünde zwei
und zwar schwere, I. Joh. 3, 15); den „Propheten“ 959 (ein zerknirschtes
und demütiges Herz wird dem Herrn angenehm sein, Jesaj. 57, 15); noch
weniger bestimmt die „göttliche Lehre“, /a divimitate, 576 (ewige Freude
ist denen verheilsen, die in Keuschheit leben und Barmherzigkeit üben),
und damit wohl in gleicher Bedeutung lo devin 1294 (in Chorazin und
Bethsaida wird der Widerchrist Gericht halten, was an Matth. 11, 21,
Luc. 10, 15 wenigstens erinnert, wenn auch nicht damit gleich lautet),
den Spruch, la fentencia 1558. Mit Namen nennt er die vier Evangeli-
sten 1765, wo er besser sich nur auf Matthäus 25, 21 berufen hätte;
Lucas 16 entnimmt er 1161 die Geschichte vom Reichen und dem armen
Lazarus, ist aber nicht ganz sicher, ob sie wirklich daher stammt; Pau-
lus führt er 947 an und hat dabei Römer 2, 7 im Sinn. Schwerlich steht
in der „Schrift“, was er 1721 (vgl. 615) darin gefunden zu haben glaubt.
Ob er Augustinus und Clemens 72 mit Fug eitiert und 946 Ambrosius,
Gregorius, Augustinus, lasse ich dahingestellt; bei der wenig genauen Art
seines Verweisens und der Unbefangenheit, mit der er fremde Gedanken
in eigene Verse umsetzt, wird es nicht leicht dergleichen zu ermitteln.
Von der Speisung der fünftausend spricht er Z. 606, von Paulus’ Bekeh-
rung Z. 555 ohne Angabe der Quelle, wie er auch Z. 1519 die alte An-
Das Buch des Ugucon da Laodho. 7
wendung der Flügelschläge, die der Hahn sich giebt ehe er kräht, auf
die geistlichen Lehrer, die sich zum Thun der guten Werke aufraffen sol-
len, bevor sie andre mahnen, ohne weiteres wiederholt. Bei der Ausfüh-
rung dessen, was er 1263—1348 ohne Hinweis auf Gewährsmänner von
dem Wirken falscher Propheten vor dem Weltende und von dem Walten
des Widerchrists meldet, erinnert er zunächst an Matthäus 24, 24, her-
nach mehr als an einzelne evangelische Stellen, die er erst zusammen ge-
sucht und kombiniert hätte, an die Darstellung, die auch dem Anhange
des provenzalischen Nicodemusevangeliums zur Grundlage gedient hat, die
des Honorius Augustodunensis (s. Suchier, Denkmäler provenz. Lit. u.
Sprache I 489). Doch hat diese ihm schwerlich unmittelbar vorgelegen;
denn wenn auch ihre hauptsächlichen Elemente sich hier wieder finden,
so sind dieselben doch sehr gewaltsam aus der richtigen Ordnung ge-
bracht, und wenn bei Ugucon einmal weiter ausgeführt und veranschau-
licht wird, so ist dafür anderwärts ohne erkennbaren Grund gekürzt, so
dafs, wenn nicht eine andre Darstellung sich noch findet, welche der des
Honorius nahe stehend doch in Änderungen an derselben dem Ugucon
vorangegangen ist, man wird annehmen dürfen, dieser habe hier den Ho-
norius so wiedergegeben, wie derselbe vielleicht im Laufe langer Jahre in
untreuem Gedächtnis sich umgewandelt hatte, oder wie er dem Dichter
etwa ım Munde eines willkürlich damit schaltenden Predigers entgegen
getreten war.
Sein dichterisches Vermögen und seine litterarische Bildung sind
gleich gering; es ist beinah das höchste, was man von ihm rühmen kann,
dafs er die Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus leid-
lich nacherzählt hat, und dafs die herrliche Bibelstelle, die er im letzten
Abschnitt wiedergiebt, auch in seinem Munde ihre eindringliche Macht
bewahrt. Ein gewisses Mafs von Talent für realistische Schilderung, das
nicht mifsachtet werden soll, giebt sich, wenn der Dichter nicht auch hier
blofs wiederholt, an den Stellen zu erkennen, die das herzlose Treiben
und Reden der Verwandten, Freunde und Erben am Sarge eines Verstor-
benen vorführen; da fehlt es nicht an kräftigem Erfassen der Wirklich-
keit in ihren charakteristischen Zügen. Sonst ist die Arbeit Ugucons
wenig erfreulich, ein unbeholfenes Nachstammeln von Gemeinplätzen, die
nieht einmal mit etwelcher Überlegung geordnet werden, und in ihrer
8 TOoBLER:
oft durch blofse Ideenassociation bestimmten Folge, tiefer gehende Wir-
kung auf kein Gemüt üben können. Bonvesin in seiner gedrungenen
Kraft und der wohlgeordneten Gliederung seiner Rede erscheint solcher
Zerflossenheit gegenüber als ein weit überlegener Künstler; auch Giaco-
mino, mit dessen Schilderung der Hölle, des Gerichtes sowie mit Stück
D und E der Monumenti antichi Ugugon sich in den Gedanken und in
dem derben Realismus der bereits erwähnten Schilderungen vielfach be-
gegnet, erscheint als der geschiektere Schriftsteller.
Dies ist, was ich von Ugucon zu sagen weils. Vielleicht bringt
weiteres Nachforschen, wenn auch nicht andere und bessere Werke seines
Geistes, doch möglicherweise Zeugnisse über seine Person und seine Ver-
hältnisse ans Licht. In Cesare Vignatis Codice diplomatieo laudense habe
ich zwar III 223 einen Ugentionus de Pantıliata und 158 einen Ugonzonus
de Vrftarino in Urkunden vom Ende des 12. Jahrhunderts gefunden, und
gütiger Mitteilung des Verfassers dieses bedeutenden Werkes verdanke ich
die Kenntnis einer ungedruckten Urkunde vom Jahr 1304, in der ein
(verheirateter) Ugucio aus dem ebenfalls lodischen Geschlechte de Me-
lexe genannt wird. Aber damit ist zunächst nichts anzufangen. Wenn
unser Dichter den Zusatz zu seinem Namen nicht blofs von dem Schrei-
ber unserer Handschrift als einem Nichtlodigianer erhalten, sondern auch
sonst geführt hat, so hat er jedenfalls oft oder länger aufserhalb Lodis
gelebt, und auf ihn eher in Urkunden dieser Stadt als in andern zu fahn-
den, ist kein Grund vorhanden.
Ugugons Buch ist uns in der Handschrift, aus der allein wir es
kennen, nicht eben gut überliefert; abgesehn von Schreibfehlern, wie sie
auch in der eigenhändigen Niederschrift des Verfassers vorkommen kön-
nen, begegnen Lücken, unverständliche Stellen, Umstellungen, die auf
grolse Nachlässigkeit des Schreibers oder geringe Güte seiner Vorlage zu
schliefsen erlauben: es ist auf diese Gebrechen jeweilen in den Anmerkun-
gen aufmerksam gemacht. und öfter eine Besserung vorgeschlagen worden.
Auf eine seltsame Thatsache ist noch hinzuweisen: die Verse 1067 —
1080 unseres Buches (jedoch nicht die Zeilen 1072—3) finden wir gleich-
lautend oder doch nur mit ganz geringfügigen Abweichungen in dem Ge-
dichte des Pietro da Barsegape, das nach einer Handschrift von 1264
(oder 1274) Biondelli in seinen Studi linguist. 1856 (kurz zuvor im sel-
Das Buch des Ugueon da Laodho. 9
ben Jahre in seinen Poesie lombarde inedite) herausgegeben hat, S. 223 ff.
Beide Dichter haben vorher vom Verlust des Paradieses unabhängig von
einander gehandelt, kommen nun auf den Zwiespalt zwischen Seele und
Leib in gleichen Worten zu sprechen, dann aber trennen sie sich sofort
wieder, indem Ugugon bei seinem Gegenstande bleibt, Pietro dagegen an
die Darstellung des Krieges geht, den die Welt samt ihren sieben Mägden
(den Todsünden) gegen die Seele führt. — Und ein zweites Mal tritt uns ein
derartiges zeitweises Zusammengehn der beiden Dichter entgegen: fast das
ganze Stück des Ugugon von Z. 1713 bis ans Ende liest man bei Pietro
S. 317— 327, blofs ist es mehrfach und nicht eben glücklich erweitert,
zuerst nach 1734 durch umständlichere Ausführung der Scheidung in Böcke
und Schafe, hernach nach 1739 —1742 durch eine erste etwas breitere
Wiedergabe der Rede an die Gerechten, an welche sich nun Ugucons
Fassung der nämlichen Rede anschliefst 1743— 50. Auf die Frage aus
Ugucon 1751—4 folgt bei Pietro die nämliche Frage in zweiter Redak-
tion, darauf eine Pietro eigentümliche Antwort, an welche sich wieder
Ugugons. Antwort samt Fortsetzung bis 1770 schliefst. Die Rede an die
Sünder giebt Pietro dann zunächst in eigentümlicher, darauf in Ugucons
Fassung. Mit diesem stimmt er nun auch weiter bis zu Ende, nur dafs
er die Antwort des Herrn 1801—1854 erst folgen läfst, nachdem er eine
solche von gleichem Inhalt, aber in eigener Fassung vorangestellt hat.
Bei solchem Sachverhalt scheint mir ziemlich sicher, dafs nicht Ugucon
den Pietro ausgeschrieben hat. Ugugon verfährt beidemal einfach, schlicht;
an der zweiten Stelle hält er sich ohne weiteres an die biblische Vorlage,
und niemand wird, wenn er unbefangen an seinen Text herantritt, auf
den Gedanken kommen, es liege Arbeit mehrerer Hände vor ihm. Pietro
dagegen nimmt in sein Werk an der ersten Stelle etwas auf, was darin
mit dem Umgebenden nicht verwachsen ist, und an der zweiten giebt er
in einer Weise, die jedem auffallen mufs, die Hauptsachen je zweimal.
Ohne Zweifel hat er den Ugucon zu jenen ditaori ki an dito de bel fer-
mon? gerechnet und es angemessen erachtet mit einigen Stellen aus des-
sen Werk das eigene zu schmücken, was er an der zweiten Stelle um so
eher thun durfte, als er die Mühe eigener Redaktion der nämlichen Dinge
sich nicht erspart hatte.
Die nachfolgende Darstellung der Sprache des Denkmals schliefst
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 2
24
10 ToBLER:
sich an diejenige aufs genaueste an, die von den Besonderheiten der
Sprache des Cato gegeben ist. Unter den gleichen Zahlen findet man an
beiden Orten die sich entsprechenden Thatsachen erörtert. Die Reihen-
folge der einzelnen Punkte ist nicht die, welche ich gewählt haben würde,
wenn ich nur die Rücksicht auf die Theorie hätte walten lassen. Die
Genusthuung, die es gewähren konnte streng systematisch zu verfahren
oder grölfsere Selbständigkeit dadurch zu erweisen, dafs ich dasselbe, was
andre so gethan, meinerseits auf andre Weise that, habe ich gern zum
zweiten Male preisgegeben, damit dem Leser die Vergleichung mit den von
Aseoli im dritten Bande seines Archivio $. 248 ff. dargestellten That-
sachen und die Benutzung der dort gegebenen Hinweise auf andere, na-
mentlich Mussafias Arbeiten möglichst erleichtert sei..
Das Buch des Ugugon da Laodho. 11
I. Betonte Vokale.
1. Einwirkung eines tonlosen © im Auslaut auf den Tonvokal fin-
det sich wieder bei dem persönlichen Fürwort der 3. Person und bei
quelo im männlichen Plural, aufserdem in migrı 16, 475, 690 (meben ne-
gra 163, negro 407), digni 1770, möglicherweise in armın, farrafın 622,
weiter in bu/ci 371; dann in den 1. Personen der Einzahl der starken
Perfecta puti 520, 1790, vit 1753 (neben der dritten vete 1030), vıgnı
531, 1743 (neben der dritten ven 221, 1166), tign’ 630 (neben ‚oftene
217), in den zweiten der Einzahl des Perfekts auf -/fi oder -is neben
-effe oder -es der Mehrzahl (Belege unten). Dagegen haben wir plenı
15 mit e wie im Singular plen 645, margefi 267, engegni 102, parent 153,
cortei 114, profeti 939. S. auch die Nachbildungen der Konjunktive
auf vam Nr. 55.
3. Sanetum giebt Jainto 396, 412 (neben anto 425, 555, onto 439,
planto 559), womit man zusammenhalten mag fruito 19, trurta 1578 (ne-
ben deftruta, -i 480, 733), aiygua 913, 1106 (neben aqua 221, 1317) und
bei tonloser Stellung des Diphthongs afatadhi 364 (vgl. gitaa 121, eıtaa
476, neben a/petadho 438) neben fato 123, trato 190.
3. Ed und @ in offener Silbe: ‚jiero 32, 646 (neben fera 149), heva
849 (leve 13), prere 424, vien 68 neben preg 30, de 48, eu 32, deu 1
(neben die „Gott“: pie 1381). Beachte auch tieffer 1474. ciel 42, fregolo
44, 52, gwer 1691 neben cego 397, fegolo 130.
4. ö: fuogo, luogo 1117, 1148, truova 91; aber fogo 6, 1319, bon
10, omo 18, foia (foha) 20, po 26, fuolo 27, cor 59, ovre 81, v0co 1127,
vole 263 (aber tuol 1369, 15841).
5. 7 wird in geschlossener Silbe in weiterem Umfange zu e als
im Toscanischen: comengo 1, fengle 1035, /penti 1045, cento 556. An-
dererseits ist es in /eite 368 erhalten, freilich als zweites Element des
Diphthongs e für a. Auch digitum giebt dedo 1223. % verhält sich
entsprechend: onto 439, concont 631, gonce 177.
6. Das Partieipium von dire hat durchweg ?: dito 935, contradıto
936, dıite 584, während maladheto 488, malaeta 985, benedheti 1739, wie
afz. maleoit, beneort gegenüber dit, Wiedergabe eines 7 zeigen.
DEI
.
12 TOBLER:
7. au, womit abu gleich zusammen gefalst werden darf, erscheint
erhalten in caufa 88, caufe 109, auro 418; es findet sich ao dafür in
caofa 141, 313, aor 276, taole (zweisilbig) 345, und o in o 21, 1123,
coffa 289, cofa 331, pover 291, or 63, tefor 61, poqi 58, 91, parole 198.
(In tonlosen Silben die nämlichen drei Laute oder doch Lautbezeichnun-
gen: gauder 122, audir 71, 89, baufia 183, deraubar 273; aoftor 13; ro-
/tir 104, daneben noch a im Agoftin 72, afeoltar 594, agura 167, agura-
dhi 358, endlich efcoltar 99, feoltar 235.) Nie findet sich hier al für au,
wohl aber umgekehrt caud 75, autro 111, 129 neben altre 109, falfa 132,
malta 464, marefcalco 103, und in tonloser Silbe baudor 33, [baudir 106,
baudamen 295, faufitad 966, ja selbst o/berg 1508, ofbergi 364 neben cal-
car 107, altura 134. Wie im Cato trifft man bei Ugucon aumor 654,
aonorar 313, und hier auch alcır 114, 367 (occidere).
Hier sei noch plura 153 (plorat), dazu plurad 819, plurado 467
erwähnt, und co 22 (gleich tose. gi, aber alt groso), eine durch fü noch
nicht beeinflufste Form.
II. Tonlose Vokale.
8. Für den Schwund von auslautendem e, :, o giebt ‚hernach die
Übersicht über die Flexion ausreichende Belege.
9. Schwund von e, ?, u der vorletzten Silbe der Proparoxytona:
albro 17, li povri 326, alget: 822, repo/to 850, Jengle 1035.
10. der tonlosen vorletzten wird e: altı/femo 40, erudelffema 80,
Jantiffema 331, fplendediffema 332 (peffima 163), mede/femo 536, medefemo
928, toffeg 179, femene 108, aneme 101.
11. e vor der Tonsilbe erhält sich, wo es toscanisch zu 2 wird:
remenbra 6, negun 18 (nigun 19), defende 31, revelar 1324, enpratate 572;
vor m tritt es leicht in o, über: roman 1649, romagna 682, doman 449,
803 (neben reman 825, remita 1086); vor die Silbe schliefsendem r in «a:
marce 525, 547, 562, 588 (merce 631, 649), armıtan 630; anderwärts
assimiliert es sich einem @ der folgenden Tonsilbe: damanda 1111, da-
mandai 1046, damandard 1619, enpiatate 572, piatadhe 329 neben pie-
Das Buch des Ugugon da Laodho. 13
tate 566, wie es auch mit z geschehn ist in ananti 1343, balanca 1448,
managa 113. Anderwärts ist ” für protonisches e eingetreten, doch wie
es scheint vorzugsweise unter der Einwirkung eines folgenden tonlosen ?:
viritate 568, viftimente 674, 812 (viftementa 457), fignor 33, 40 (/egnore 62),
covignente 79. Ülimente 62 und vftate 1064 stehn allein; dinari 142 war
auch im Cato hervorzuheben. Protonisches # wird vorherrschend zu e,
wenigstens wenn es kurz ist: menor 3, defduto 13, domenedeu 29, mene-
manca 1072, während ınverno 1064 das (lange) « bewahrt; inferno 17, 74
hat enfernor 31 neben sich. Die Nachfolge eines betonten © hat Eintritt
eines e für protonisches, auch langes « begünstigt: fenir 120, devin 1089
(auch devinitadhe 328 neben divinitate 576, divina 708), devicia 492, 1096,
devifo 722, vefina 979 (aber vıfın 1440, cıbilin 882). Auffällig ist /eretura
1402 (neben /eritura 1606), während meraveia 606, 1081 wenigstens
durch entsprechende Formen der Schwestersprachen gerechtfertigt wird.
miftier 1056 (neben mefter 1089) wird das ? der ersten Silbe der Ein-
wirkung des tonlosen der zweiten danken. Assimiliert ist der Stammvo-
kal dem der betonten Endung in mitis (it. metteft!) 720.
o vor der Tonsilbe ist durch « wiedergegeben in cwwertor 12, eu-
gar 108, 245, fugacine 376, mwias 1223, vgl. uxor 26, mwer 153, sucura
1104; durch e in feror 27, cuftedhir 93, colegadho 463, trement 1812.
13a. eu aus &+u(0): deu 1 (deo 215), eu 32, 205, veumetria 1305,
meu s. unten Nr. 44a, und sekundär dreu — de ret(r)o 1614, 1636.
135. Rücktritt eines 5 an @« der vorangehenden Silbe hat ar erge-
ben in vaırı 12, vair 267 (reimt auf -ar), fai 195, ar, aibe u. s. w., vermut-
lich auch in mainente 55, 66; ie in deftrier 159, 360, penfier 178, volon-
tiera 1525, baleftier 1510; daneben stellen sich Formen teilweise der sel-
ben Wörter mit blofsem e: /parver 15, primer 46, enprimeramente 44,
penfer 448, volonter 292, levrer 363, ganbere 1509; in Star (it. /taio) 189
ist die Tonsilbe unberührt. In avolteri 131, meftier 1509 zeigen sich ent-
sprechend verschiedene Vorgänge bei e in der Tonsilbe; fwro 404 ist ein
Beispiel der Attraktion an «. Anderer Art ist die Entstehung des az in
martin 1090 (matin 315), welche Form auch das Provenzalische kennt;
s. Arch. glott. I 432, vgl. aber pwrtane im Cato.
Wegen des au von taupina 494, taupini 728, 782 s. Diez Wb. Ic
tapur.
14 ToBLER:
13c. Aphärese ist ungemein häufig und findet sich nicht blofs in
den Wörtern, die sie auch im Toscanischen erleiden wie feura 163, ‚ftro-
lomia 172, lemofena 318, 341, guagnelhio 396, vagneho 1666, glefia 460,
sondern auch in /coltar 315, 235, /embladhe „versammelt“ 347, fidhradhx
(it. affiderati), faitadhe 378, rivadho 434, bandonadho 471, parıfente 504,
legreca 577, feonde 859, regle 926, comunar 1080; vielleicht hat man sie
anzunehmen auch in 105, 1646 (vgl. 112) ge co pofa vegnir (= awegnir),
114 afolar (= a afolar), 152 rea voltura (= avolt.), 160 rıca flibadhura
aflıb.), 166 quela ventura (= au.).
13d. Ein paarmal findet sich e, einmal « vor gedecktem n in a
übergetreten: tonlos in /plandor 36, 652, refplandente 675, betont und im
Reim in atanda 744, halb betont in antre 1128. In keinem dieser Fälle
ist die Erklärung zuläfsig, welche Mussafia für Bonvesins afanta vor-
geschlagen hat.
III. Konsonanten.
14. 4 ist zunächst durch ? vertreten: fora 20, vora 21, funolo fira
27, regoio 56, meraveia 60, mwier 153, meio 557, mwmas 1223 (“molla/fet),
nu om 99, nwia mefura 253 (prov. nulh, nulha); in bugente 75 wird g
wohl nur ein anderes Zeichen für den nämlichen Laut sein. Die Prono-
minalformen auf «9 (= üh) und die Plurale der Nomina auf -elo s. unten.
Fili steht 218, miha 98, 608 (mia 954), mobıha 826.
15. cl, pl, gl, bl, fl erscheinen unverändert clama 25, clofura 143,
clave 174, chnadho 469; pleni 15, plui 16, plancera 92, plas 106; anbla-
dura 159; glacaa 485; flor 19, 35, fladho 451. Doch haben wir für in-
lautendes z/, cl entweder gl oder ?: veglo 521, ogli 696, (o)regle 926 und
veio 552, wo gl bereits /) bezeichnen wird.
16. t zwischen Vokalen zeigen erhalten creator 1, Jalvator 2, pec-
cator 21, ommipotente 43, peccati 54, vamıtadhe 82, zu dh gewandelt, wel-
ches Zeichen dem Cato abgeht, radhelo 27, percodhe 78, vamıtadhe 82,
agudhi 92, peccadhi 94, dadhe 105, /padhe 114, ganz getilst albergaor 10,
percoe 696, guardaura 149, faiga 1059, farıgar 1453, s. auch die schwa-
Das Buch des Ugucon da Laodho. 15
chen Participia perfecti. d erscheint gewahrt in paradıfo 36, credo 38,
redentor 39, audir Tl, benedir 84, crudelhffema 80, gauder 122, coftedir
237, /plendediffema 332, odıo 571, mit dh vertauscht in vedhes 18, eufte-
dhir 93, erudhel 103, credhe 105, tradhiment 131, odhio 967, geschwun-
den in trair 111, norbia (morbida) 60, traıfon 207, queerdon 671, malaeta
983. ende (gentem) 52 steht hier so vereinzelt, dals man darin vielleicht
einen Schreibfehler erblicken darf.
p zwischen Vokalen oder zwischen Vokal und r: favi 85, 188, Ja-
vrd 94, ovre 81, 90, fovra 313 (Jopra 134), averta 856 und andere auch
toscanisch gleich behandelte. Im Cato,begegnet nicht, was hier ein paar-
mal sich zeigt, dafs das aus p oder db entstandene oder ursprüngliches v
im Auslaut zu f wird: caf 469, 1382, terraf 1275 (neben porave u. a.),
corf 690, Joaf 159, 554.
17. Gutturales ce zwischen Vokalen ist g geworden: fiegolo 44, 52,
fogo 75, agudhi 92, digo 92, fuog 104, gugar 108, 245, toffeg 179, avo-
gol 359, dazu wie im Toscanischen /uogo, feguwa; auch algun 1113, al-
get (aliguid) 259, 822; dagegen ist ce geblieben in pog: 58. "mandicare
giebt auch hier mangar 107, Perf. manca 48, und neben cudıyar 294, 1377
stellt sich eueamento 193.
18. Das Zeichen & ist selten verwendet, in uxor 26, conplexıon
658, lawar 251, lawadho 473 neben laffard 188, ohne Zweifel mit dem
Sinne eines tonlosen /. ce vor e, ? im Anlaut giebt c, vermutlich tonlo-
ses 2, in cıtad 65, cielo 312, ebenso nach Konsonanten alcır 371, caleina
464, während es im Inlaut / wird: pafe 57, pas 59, refente 76, plas 106,
dus 165, cros 226, meefina 1776, cafer 1472, lufir 1467 (aber lucerna 332).
c), 4 ergeben £, vermutlich tonloses 2, in manaca 113, faga (faciat) 127,
placa 588 (neben plaqua), socura (tosc. mit tönendem z!) 131, laz (tose.
laccio) 437, glacaa 485, celico 815 reimend mit rico 816 (ericius), nach
Konsonanten calcar 107, langa 220; rigeca 66, nach Konsonanten comencol,
anci 24, 57, drecar 250; dagegen tönendes / in verafio 2, 43, endufiar
794, eudhifio 346; palafio 28, 161, 173, fervifio 127, wo i sich erhalten
hat, und rafon 197, traıfon 207, delivrafon 211, pofone 378. In den we-
niger volkstümlichen /pecie 452; gracia 55, devicia 491, aflıccion 201, re-
dencion 213, Jalvacıon 204, faciadhe 356, refaciafti 610 ist unter Fortdauer
des ? es bei c geblieben. /j, das toscanisch g wird, ergiebt hier tönen-
16 ToBLER:
des /, bisweilen mit noch erhaltenem 7 (v): mafone 187, prefon 684, fa-
fan 1577, 377, gris 267, Plural grıfi 63, malvas 9, malafıo 152, afia-
mento 187, defafiadhe 326. je vor i oder e giebt ein ohne Zweifel ton-
loses / in efiente 51, 58, cognofente 60 (cognofeente 507), parıfente 504,
das als solches auch gekennzeichnet ist in pe/fi 607, pe/fon 216, pa/fu-
dho 381.
19. Anlautendes 7 ist gewöhnlich durch £ wiedergegeben: ca 85,
eugar 108, /per-cura 132, gonge 177, gugamento 193, cafer 242, cudhifio
346, (uan 1765; bisweilen auch durch v: ia 1645, Jonas 216, Iefü 224,
Iofafat 347, üufte 350, 501, auch g findet sich: gitaa 151. Ähnliche Un-
entschiedenheit ist beim Inlaut wahrzunehmen; peeor 14, pecord 736 ha-
ben maor 17, 98, maiefta 2, 43, mareftadhe 337 neben sich. Gleich ver-
hält sich 9 vor 2, e: cente 105 (gende 52); fogir 102, lee 743, 1265 (aber
le 1597, 1774), arcente 63, plangera 92, gonge 177, engegnar 252; aber
teumetria 1305 und gente 80, religion 1524, fragel 1647, wo g wohl das-
selbe wie :, aber noch nicht dasselbe wie eg bedeutet, während es in pre-
gemo 699, prege 307 die tönende Gutturalis darstellt, gleichwie c in /cer-
naiv 291 die tonlose. Was mag g in Long: bedeuten 219? dj hat c er-
geben in guace 927, vergonga 1145, sowie in einigen Verben mit d im
Stammesauslaut: creco, avecuo u. dgl. Das d der Gruppe ist geschwun-
den in ancoi 449, 803, perme 1636.
31. tr ist zwischen Vokalen erhalten in patrenoftro 303, fratre
581, vetran 629; zumeist ist das Z untergegangen: pare 1, 42, laron 206
(neben ladro 404), piere 424, 1314, norigadho 456, porave (tosc. potrebbe),
parin 1393 (neben padrın. 1398). Übereinstimmend ist dr behandelt: vr
108, defirar 290, aleir 114, quareig (tosc. quadrelli) 368; s. auch Nr. 565.
22. 23 s. 16.
24. w erscheint als gu in guarir 80, guardaura 149, guadagna-
dho 182, guai 246, guifa 270, als v in revardar 112. Mit den Wörtern
ersterer Gruppe ist auch guagneho 396 zusammen zu stellen, das vagnelio
1666 neben sich hat.
94a. Gemination ist ganz vereinzelt, hier noch seltener als ım
Cato; sie fehlt in roca. 28 (aber nicht in peccator 21, 41), fertura 7,
leto 11, defduto 13, tuti 15, fredor 24, vıle 64, fradhelo 27, caftelo 28
(nicht in ‚/telle 715), vord 93, voria 90, enganar 111, pena 675, Jeno 1070.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 17
Sie findet sich bei r und / bisweilen: guerra 56, terra 143; pauffar 242,
cofja 289, coffe 575 (neben caofa 141, cofa 331), wo das Toscanische
tonloses / spricht; aber sie fehlt, wo sie nicht minder angebracht war,
in antecefor 7, afaı 41, altıfemo 42, enftefo 663, nifun 359 (miffun 290),
während hinwieder // in mede/femo 536 (928 medefemo) einem tönenden
/ des Toscanischen gegenüber steht, an sich freilich vollkommen berech-
tigt ist. Irrtümlich steht nn in penne 923.
24c. Auslautendes m hat sich erhalten in der Präposition cum
159, com 92 (daneben con, sogar co). Das aus quomodo entstandene
como 433 hat com 38, con 436, co 1519 neben sich, eben so omo 18 ein
on 222, 302. Vor p und 5 steht gemeiniglich n: conprar 143, canpi 143,
enperador 164, conpagno[n] 227, fenpre 247, lanpe 339, tenpefta 406, en-
porıdho 405; remenbra 6, anbladura 159 (aber fembladhe 347). Anlau-
tendes m ist dem die folgende Silbe beginnenden 5 dissimiliert in nor-
bia 160, s. Mussafia Beitr. S. 82 Anm.
24d. Das auslautende n ist gefallen in der Negation, die zwar
vor Vokalen oft non, aber vor Konsonanten immer und häufig genug
auch vor Vokalen no lautet, ja auch ihr o einbüfsen kann. e für en
kommt nur 251 und 334 vor und ist darum vielleicht nicht völlig sicher.
Ursprünglich inlautend ist » geschwunden in Longi 219, conpagnd 227,
vei (= venis) 1632, zu vergleichen dem /ofte! im Cato 18 v 8 oder dem
boi bei Bonves. B 24, ferner in cowen 570, 1232, 1514. — Vor i ist n
mehrfach zu ü (gn) geworden: retegnir 59, vegnir 70, envegnir 1645,
mantegnir 81, permagnir 127, 578, tegnia 509, Jovignia 1175, vigni (1.
Ps. Pf. neben vene in 3. Ps.), agnı 24, 1061, 1269. Merkwürdig ist, wie
Ar sich zu blofsem verflüchtigt hat in Zuitan 755, während cwtar we-
nigstens 953 sicher cogitare wiedergiebt, in 592 dagegen auch *cogmitare
darstellen kann; s. über die beiden Wörter Mussafia, altmail. Mundart
S. 9 und Mon. ant. S. 107. n finden wir mit / vertauscht in molimento
463 durch Dissimilation (neben monimento 858) und in ftorlomia 1303.
n ist vor / (nicht blofs aus x) eingeschoben in enfir 101, 139, enfi 913
(neben effe 73), enftefo 663, 749 (neben e/tefi 1460) und vor f in onfende 5,
53, man möchte hier sagen durch Assimilation, wenn man es nicht
auch in onfefo 310, 446, onfeffion 210 (neben ofenfione 113, 1246) vor-
fände.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 3
18 ToBLER:
94e. r hat häufig Metathesis erfahren: regoio 56, 150, regorofo
1429; formento 189, perdeftinadho 386, Storlomia 1305 (Strolomia 172);
umgekehrt trement (torm.) 1802, feremir 117; entregamentre 1703, entrie-
gamentre 1288. (So auch in fhbadhura 160, flabe 197.) Es ist hinter
nt eingeschaltet in mentre, womit Adverbia gebildet werden, das freilich
mit mente, ment, men wechselt, und in dolentre 156, 467, dolentri 822,
1046 (dolente 502). Es ist in albegaras 35 getilgt (vgl. afz. herbegier),
ist aber in alberga 79, albergafon 214, albergar 292, albergaffe 1050 be-
wahrt. Es ist für 7 eingetreten durch Dissimilation in corteli 114, nicht
eingetreten in colegadho 463 (tose. coricato).
24f. Ursprünglich auslautendes / trifft man auch hier in einigen
einsilbig gewordenen zweiten Personen des Singulars, die meist die For-
men mit i an seiner Stelle neben sich haben. Aufserhalb der Konjuga-
tion findet sich dieses < an Stelle des /, oder dasselbe ist gänzlich ge-
schwunden: plwi 16, 22 (plu 238), nu, vor, poi (po), max. Die Form
cenca 85, 590 (/enga 38, 98) begegnet auch hier.
IV. Flexion der Nomina und Pronomina.
35. An Nominativformen gewährt der Text das gewöhnliche omo 18
(on 222, 302), ferner das fremde fire 5, 53 (beidemal in der Verbindung
mit deu und in der Anrede); vielleicht ist 43 maie/fta paroxyton, wahr-
scheinlich sind es tenpefta 406 und poefta 655. Sichere Genitivformen
und zwar in Genitivfunktion sind (pene) ’nfernor 31 und (paradıs) deh-
ciaro 1043 (vgl. paraıs delieial, Mon. ant. E 25). tenebror 8 wird wie die
entsprechenden altfranzösischen und provenzalischen Formen eher eine
Bildung auf -orem sein. contor 4 könnte an sich gleich gut den Singula-
ren auf -dor (-torem) wie den Pluralen auf -or (-orum) nachgebildet sein;
dafs ich das altfranzösische contor in älterer Zeit immer nur im Plural
vorfinde, macht mir wahrscheinlich, dafs hier Anbildung an die bekann-
ten Genitive des Plurals vorliege (Singular ist es Richart 2180, Baud. de
Seb. VII 267, Hug. Cap. 34). Die wie geschlechtige Adjectiva gebrauch-
ten Komparative peco 433, 846 (neben peeör 14, 459), meio 557, vgl.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 19
1370 (neben menor 3, mar 17, 29, 482), wird man eher geneigt sein
als adjektivisch gebrauchte Adverbia denn als Nominative anzusehn.
36. Die Feminina gehn im Plural fast sämtlich auf e aus, nicht
blofs die auf « wie rofe 35, vile 64, ovre 81, pene 97, blange 417, son-
dern auch die auf e: le rige mafone 187, 371, le vanıtate 1552, molte (?)
bontadhe 324, tute parte 620, le cente 620, (viftimente) refplandente 675,
(parole) fole 1518. Dafs die Pluralendung e abfällt, ist wie im Cato nur
da zu bemerken, wo ihr im Toscanischen ? entspricht: bone rafon 197,
le vanıtad 286, le grand pene I7, (pene) maior 98. « im Plural zeigen
wie im Cato von den Femininen nur die, welche vor der Endung einen
Vokal haben: le ovre bone e rei 348 (le ree 251), le foi aneme 237, le
Joi lanpe 339, le for ovre 517, tute for ofenfion 1246, fol parole 1517,
foi ale 1522, dor we 322, dor cofe 506. — Die Maseulina bilden ihren
Plural meist auf 2: pleni 15, agnı 24, encegni 102, comandamenti 128;
li profeti 939; parenti 153, margefi 267 (s. auch die umlautenden oben
Nr. 1). Gutturaler Stammesauslaut verändert sich davor in den hier vor-
kommenden Wörtern nicht, obschon die Schrift bisweilen darüber im Zwei-
fe] läfst: pogı 58, fcagi 245, blangi 364; bafahfei 77, bufei 371; borgi 65,
ofbergi 364. Die Masculina auf -elo zeigen neben dem Plural auf -el
(wie corteli 114), eine besondere Form: vaffieg 186, quareig 368; vgl. die
persönlichen und die demonstrativen Fürwörter. Natürlich erscheinen
auch die männlichen Plurale ohne Endung: dus e cont 267, Armin, Sar-
rafın 622, plen 645. Männliche Plurale auf e begegnen ein paarmal:
Serpente 77T, vufti e penetente 501, & tor comandamente 511, rigi e mainente
730, for conpare 1622, an allen diesen Stellen im Reim und vermutlich
um des Reims willen so geschrieben, während die thatsächliche Ausspra-
che des Dichters hier vielleicht überhaupt keinen vokalischen Ausgang
oder zwar ein :, aber so undeutlich hören liefs, dafs der Klang desselben
von dem des e im gegenüberstehenden Worte sich kaum unterschied (8.
unten über den Reim). dolentre statt dolentri 467 im Versinnern ist wohl
nur ein Schreibfehler, den das Vorhandensein eines richtigen dolentre in
der folgenden Zeile herbei führte; doch bietet auch 692 d’ardente ‚forcon.
Neutrale Plurale auf a sind cento mihia tanto 98, wobei die Ein-
zahl tanto auffällt, cento mia (Meilen) 954. norbia veftimenta 160, pre-
ciofiffema veftimenta 413, la mobilia 826, rıca veftimenta 1167, la foia 20
5*
20 TOoBLER:
dürften bereits kollektive Singulare sein (una vıl vıftementa 457); von sol-
chen Singularen aus gebildete Plurale haben wir in le rıqge veftimente 185,
bele veftimente 244, le vi/timente 674, le pradhe 370, le brace 466.
38. Es zeigen sich übrigens auch im Singular teils Unsicherhei-
ten teils Abweichungen vom Toscanischen bezüglich des Endvokals: was
bei albro 17, fufto 20, trifto 1060, trifta 73 in Übereinstimmung mit dem
toscanischen Verfahren geschehn ist, ist aufserdem noch in prinerpo 165,
grevo 1658, /erpento 179, abadho 389, enfanto 551, en prefento 1333, co-
vinento 1639 eingetreten; indessen stehn diese Formen mit Ausnahme der
zwei ersten sämtlich im Reim, und es mag sich mit ihnen gleich wie mit
den eben erwähnten Pluralen verhalten. Umgekehrt weisen e statt o auf
talente 56, 59 (talento 178), arcente 63 (arcento 186), tenimente 64, co-
mandamente 65, guace: oftaco 928, sämtlich im Reim, wobei im letzten
Falle allerdings nichts hinderte beiden Reimwörtern o zu geben.
39. Der bestimmte Artikel: lo comengamento Titel, fia lo pegor
14, e lo fufto 20, lo fiegolo 44, lo |empio e l’avar 317; linferno 17, Fun
om 111. — a lo di 346, al to nome 1, al conpagnon 49; de lo hbro Ti-
tel, de l’or e de l’arcente 63, del fogo 6, del mondo- 30, del cıel 42; da
lo to deftro la 614, dal levant al ponente 62; en lo quagnelio Jaınto 396,
en lo cor 100, en lo grand fuog 104, en! fo Jervifio 127, enl prad 347,
enl pecor luogo 1118, dolentre quel ge 'nl mal demora 780, el regno 283,
el monimento 192, el fegnor 391; col cor 314; per lo meu efiente 51, 58;
denantıl re 83; cencal meu fomonir 85; va dreol cego 397; montal pecca-
tor 21, co fol primer engano 51, gel tefor 61.
la feritura 7, la gende 52, la forte 68, la| anema 73, la | ovra 90,
196, l’altura 134; a la foa 137; de la cofta 47, de la toa 55, de l’ovra
133, de l’anema 239; en la grand tenebror 8; da la deftra 1767; con la
|ovra 90, con la boca 100, con la mente 314.
hi grandi 3, li principi 4; li omini 108; de li foi peccatı 54, de li
grifi 63, de li povri 1110; dig vaır 65, dig pecadhi 139, dig mer peccadhi
234; da li foi peccadhi 94; h marges ei contor 4, la muier ei parenti 153,
hi boni eig rei, li iufti eig peccator 634 (aber li principi e li re 4, le cı-
tad e li borgi 65; bisweilen hinwieder ist ei zu lesen, wo e i geschrieben
ist: e li noftri antecefor 7, e li for comandamenti 128); fi gig (= che ı)
Das Buch des Ugucon da Laodho. 21
noftri peccadhi 316, peffi gig apoftoli trovan 607, fig povri (fe i poveri)
1140.
le vile 64, le cıtad 65, le voftre vanıtadhe 82, le femene 108, le|
ovre 81, le aneme (drei Silben) 101, l’onfenfe 582; de le pene 31.
40. An wenigen Stellen erscheint da für de gebraucht, vor dem
bestimmten Artikel wie in der Mehrzahl der von Ascoli Arch. glott. II
263 unter Nr. 40 angeführten Fälle; der Artikel ist dabei keinesfalls wesent-
lich, darum auch dieser Ort im Grunde nicht der richtige für Erwähnung
der Sache. Z. 596 heilst es dal fegnor defperar und 1770 Quig ge fera
da man feneftra, Qe no fo digni da la deftra. Vgl. Sta da preffo da quili 1144,
da fervir a deu no ve tardate 866, da rar 1076 (vgl. da raro Cato 3 v 27).
41. Persönliches Fürwort.
a. eu 32. Betonter Casus obliquus: ge mi no cal de dir (im
Sinne des Dativs) 109, « mi 261, aber oime 471. Tonloser Casus obli-
quus: no me po valer 26, tu me defende 31, no me voia tegnir 88. —
avrem nur lo regno 916, Se nw farem I17, ge mu penfemo 931, noi lo
lafem 808, altrefi fafemo nut (Reim altrın!) 809. Casus obl. betont: de
mu 203, per nun 422, 901, per noi 916; tonlos: ge ne faca perdon 202,
carıtad ne fai dar 264, fi ne l’a comandadho 401, 918, dor vie n’a mo-
/tradhe 322, ela n’e daa 758, 777, auch fe: de que fe devem percagar 311,
Tuna fenga laltra no fe po ben falvar 321, wo fe jedoch dritte Person
sein könnte, ca mar no fe devem fevrar 1662, no fe porem afcondre 1708;
auch ge: ben ge par g’el fea noftro 807.
b. tu 31, 35. Casus obliquus betont: a ti 3, 230, envers ti 54;
tonlos: gi te ferve 33, qui te portara 34, no te fo a talente 56; gi Fonfende
5, 53. — que fai vu (:quelu) 891, mo vivre vu 1054, vor me vole crere
260, vor vole 1837, vo fenpre mai ftare con hu 1839. Casus obl. betont:
a vor 261, 335, de vor (lu) 1840; tonlos: ve parrıa 76, ve degne Jalvar
84, ve digo que ve n’a avegnir 96, ve ftovera fofrir 97, frecawe 337, no
v’avi convertir 95.
c. aver g’elo te po/fa dar 273, g’elo no volfe 927 (oder ge lo zu
schreiben?), ca no fo el danadho 426, g’el fel mis al dente 50, f’el ton-
fende 53, g’el unca ve degne falvar 84; neutral: el ie fo perdonadho 427,
Sel li remenbra 6, g’el te plaqua 40, f’el e fi como dıfe Agoftin 72, fel
foffe afai de qui 89, f’el gen ven volontadhe 355, k’elo no fe po far 867.
22 ToBLER:
Casus obl. betont: de lu 47, con lu 452. Dativ tonlos: el li remenbra 6,
cent agni h par 24, lo cor li tramudha 178, Iefü ki fe perdon 224, no li
Sera tardadho 385, que lin poffa avegmir 112; mit no vereinigt: nor porave
valer 67, noi po durar da ladho 455, daltri noi ven mai pietate 1166,
auch in merit nol a falır 125 ist noh einsilbig zu sprechen; mit ge ver-
einist: d’un palıo .. gei vien poco la/fadho (das ihm nicht lang gelassen
wird) 461, a qwig geli a onfefo 310 verlangt ger; aufserdem lautet der
Dativ ve: tal ie mena gran dol 154, ve ven 221, el ie fo perdonadho 427,
quelui ge ie !’a merıtar 293, no ve l’a vedhar 296, und kann sein e durch
Elision verlieren: que/to «e deftinadho 420, molto i’e daloncaa 492, no ve
en grad 820. Accusativ tonlos: Negro lo faı vegmir 70, lo plura 153, tu
Valbegaras 35, tantol capıtola 50, fel mis 50, nol toıa 69, neutral: ben
Swer lo dev’on 222, gel voi’ audir 91, ie a meritar 293.
ela manga 48, g’ela no Sara 175, g’ela va 176. Casus obl. betont:
encontra lei 164, a lei 1008. Dativ tonlos übereinstimmend mit dem
Masculinum: ela manga del pomo ge li de un ferpente 48, la gola n’e do-
lentre e grama, Ne no ie cal de conpagnia 991, 986, l’anema molto fe con-
plance Qel corpo tropo ie refrance 1098; ie 106 bezogen auf la cente
könnte Plural sein. Aceusativ tonlos: la (la lemofena) da en caritate 342.
dı 358, dlhl eva 849, el! l’a delivradho 465; auch ig ist zweisil-
big Mai per g’igi e foi parenti 821; amderwärts begegnen einsilbige For-
men: Qrg a nwa mefura no ve poffa lacar 253, 1142, f’ig lo voleffe far
266, 1046, quand ig Sera 614, quant ig po 762, auch «li 1245 muls ein-
silbig gesprochen werden. Casus obl. betont: de lor 25, 732; a lor 1738,
en lor 1623; in dem Ausruf taupim fi 728, taupin fi 782 steht die Form,
die eigentlich dem Reflexivum vorbehalten ist, statt /or, oder sollte man
das Adverbium /? darin zu sehen haben, wie es für 470 allerdings nötig
scheint? Dativ tonlos gleichlautend mit dem Singular: & ferd meritadhe
346, ge deu hi faca remifion 1563; noig vorra 626, ge deu plu no li (spr.
norg) damandara 1619, e fig dıffel noftro fegnore 1053, no len calfe 1200;
ie vol el perdonar 309, ie plafe 375, no te cal 836, deu ie tramıs veft-
mente 1038, que ie n’auiegna 712, f’el gen ven volontadhe 355, co ge ve
vedhadho 421, quefto \’e deftinadho 446, le femence ı’ aprefta 1057. Ac-
eusativ tonlos: Zuti fig tole (fe hi) 798, no trovava gi g’alberga/fe 1050.
le laffara 188.
Das Buch des Ugugon da Laodho. 23
Bemerkenswert ist das Neutrum im Plural la: multa bona recepift
E da deu no la cognovifti 1230.
d. Betont: de fi amaeftrar 301, wo Nachdruck auf dem Prono-
men liest. Tonlos: no fe trovard 10, no fe cerne 14, fe vorıa tegnir 90,
Je repente 54, favra departir 94, fel mis al dente 50; siehe auch unter «
und c.
42. Demonstratives Pronomen und Adjektiv: quefto e lo
comengamento Titel, queftw poria ben lavorar 1121, en fto fiegolo 52, en
to mondo 53, 106, fta ereenga 387. — Nominativ: quelo fe tien plui alto
369, quel ge folfe Jegnore 62, quel d’una fornafe (fogo) 76; Aceusativ:
quel tiegn’e[u] per fol 118, 138, ähnlich 135, daneben prego quelur ge 125;
aber die nämliche Form quelu ist Nominativ 177, 1290, 1511, 1515.
So ist auch im Plural que, gel! 688 Nominativ, ebenso qwig 115; die sel-
ben Formen Accusativ: de qui 58, de quli 89, a quih 333, da quilı 1144,
de quig 91, a quig 310, «ie no vol veder qwig g’e defafıadhi 358. quelor
ist Aceusativ: a quelor 193, quelor 230, aber auch Nominativ 231, 236, 342,
781. Bei dem Mangel eines Unterschieds in der Verbalflexion zwischen der
dritten Person des Singulars und der des Plurals würde es ein paarmal
möglich sein quig als Singular, entsprechend dem toscanischen Singular
quegli, aufzufassen, so queli ge e la dentro molt a malvas fegnor 9, ähnlich
79; bis ein sicheres Beispiel solcher Verwendung dieser Form sich findet,
wird man besser den Plural darin sehn. Weiblich: quele. Adjektivisch:
quel dolor 32, quel fogo 75, quel’ ora 68. — Neutra: go 38, 5l, tuto
queft 39, quefto 583, quelo 693. —
tal 146 (manch einer); cotal penetencia 146, en cotal mefura 309,
cotal merito 1232, cotal come l’onbria 1635; tanto [plandor 36, cotant com
1620, cotantı 869. medeffemo 536, medefemo 928; de mi enftefo 663,
Tapoftolo enfteffo 749, de nur eftefi 1460.
42a. Relatives und interrogatives Pronomen und Ad-
jektiv. Relativ beziehungslos im Nominativ männlich: g 5, 33, 86, 1433,
Accusativ neutral aura tropo que dir 1732; bezogen ge 9, 11, 48, vor
Vokal q’ ohne Unterschied der Zahl, des Geschlechts, des Casus; a cur
30, per cu 135, auch auf Sachnamen bezogen per cur 341, en lo qual
217. Fragend neutral: ve digo que ve n’a avegnir 96, no revardara que
24 ToBLER:
lin poffa avegnir 112, que pora dir li peccator? 1726; no fe cerne qual
Jia lo pecor 14. Konzessiv: de qual arte ge fia 268; quantı ge vive 710.
43. Das aus inde entstandene Adverbium zeigt nirgends einen
Vokal vor n, nicht wenn ein Konsonant oder Pause vorangeht chafeun n’a
fentir 116, n’ai fofpirad 559, noch wenn es sich an vokalischen Auslaut
anlehnt alon fe un prefente 49, que lin poffa avegnir 112, non fea del
tuto faciadhe 356; man schreibt daher richtig fen (nicht en) truova 91,
fen poffa feremir 117, gen fard gucamento 193, no ven laffas (non ve ne
lafeiafti) 219, f’el gen ven volontadhe (ne viene loro volonta) 355, dagegen
fe n’effe 73, que ve n’a avegnir 96, poco n’a cura 155, una n’e ancor 257.
Zweimal treffen wir Formen mit erhaltenem d: no nd’a enfir 101, fin ge
ndel trafe (me lo tra/fe) 1066. Auffällig ist, dafs ne ein paarmal als Orts-
adverbium auf die Frage wo? oder wohin? antwortet: co fol prıimer en-
gano .. Ke fo fat en fto fiegolo, poi ge ne fo la gende 52, f’el ne vien nı-
gun 989, f’el n’e pan dur 1115, biadı quili ge ne (dabei) perman 1543.
Dem toscanischen »x aus ibi entspricht ve nur einmal: molto po
ben feanpar Da le pene d’inferno, ge ca no v’a tocar 305, wenn der Sinn
wirklich ist gi@ non vi tocchera, sonst ie oder ge: no ve val firolomia 172,
no ien lajfas negun 229, afai ie n’e 1143, te vol (ci vuole) 580; no g’averd
valor 37, no ge Jon 532, 535, de tute parte le cente ge fera 620, afai ge
ne 1155, 1251, guai a quelor ge no g’atende 1607. Einmal steht ge im
Sinne von ne: pentid ge fon 648.
44. Possessives Adjektiv.
a. lo meu efiente 51, cencal meu Jomonir 85, ancoi e meu 803,
per meu amor 1758, da un me bon amıgo 383, era me mejfo 1760, dıy
mei peccadhi 234, li mei menor 1757.
Adam, noftro primer parente 46, deu noftro fıgnor 110, li noftrı
antecefor 7, le noftre aneme 204.
b. al to nome 1, da lo to deftro la 614, doman e to 803, la toa
gracia 55, per toa bontad 523, ta(?) befogna 1793, li tor comandamente 511.
le voftre vanitadhe 82.
c. al fo comandamente 65, lo Jo amor 264, quig gel Jo de gauder
122,”la Joa figura 137, la joa portadura 154, clamda foa colpa 224, fo’
anema}189, fo’ albergafon 214, li foi peccat! 54, 94, der weibliche Plural
Joi ıst,oben Nr. 36 belegt.
Das Buch des rn da Laodho. 25
27
per foa foperbia fo deftruti 733, le er aneme 257, le for lanpe 339.
Ein possessives /oro giebt es hier nicht.
45. Komparative aufser den überall vorhandenen kennt das Denk-
mal nicht, es sei denn plufor, wovon Nr. 46 handelt. Von den adjektivisch
gebrauchten Adverbien ist unter Nr. 35 die Rede.
46. Zahladjektiv und Zahlwort.
un albro 17, um fogo 23. mul bon albergaor 10, nul omo 205, 241,
428, nula mafericordia 298, mu om 99, nug omo 319, nına mefura 253, nun
altra guerra 1056, nına religion 1100. negun 18, mıigun frwito 19, nigun 117;
nffun om 290, nıfun pover 359; tut era miente 45, tut tornara niente 61,
no val niente 1213. tanto ge eu ne altri (Singular?) no favria dir quanto 550,
ogmund' altro fegnor 636, no po altro far 258, de l’autrul aver 247, per
Fautrui envolar 271. algun bocon 1113. fe par en alget menemar 259,
en alget dolentri 822. pogi fon de qui 58, fen truova pogi 91. To plu
(pl 374) de la cente 238; lo plufor de la cente 141, 279, voravel plufor
gel fos el monımento (vorrebbe ıl piu) 192, li plufor 1493. tut fon pleni
15, de tut! es mamior 29, tuto queft e vero 39, tuta la cente 57, ftratuto fi
com tu ei (adverbial?) 1663. cafcun de lor 25, cafeun Sera 1736, cafcuna
mafon 199, cafeun a radegadho 448, chafcun n’a fentir 116, chafeun avra
tropo 1732. ogno tenor 38, 648, ogn om 60, ogna tencon 232, ogna poe-
State 565, ogna fafone 1174; aber auch ogna di 396. ogmımca hom 265,
ognunc' altro fegnor 636, ognunca creatura 135, ognunca menemanga 1072,
agnuca (Punkt über «) peccadho 431 mag ein Schreibfehler sein; doch
findet sich agnunca auch im Pamphilus 136r, 15lv, agnuncana dolore
eb. 140r. el foffe afaı de quii 89. de fengle foie 1035. entranbi 1039,
1044, entranbi dur 1423.
doi camını 398, dur pelfi 607, dın Saponi 1052, dw (peccati) 1422;
weibl. dor s. Nr. 36, cingue pan 606, cent agnı 24, novocent agni 1061, mil
agni 1269, cinque mihia omim 608, 1063, cento milia tanto maor 98 (vol.
plui de feto tanto, Mon. ant. A 191, mile cotanto, Pamphilus 144r).
noftro primer parente 46, go fol primer engano 51, lo quart (Vier-
tel) d’un provencan 626.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 4
26 ToBLER:
V. Flexion des Verbums.
47. Die dritte Person des Singulars dient auch als dritte des
Plurals. Eine nur als Plural fungierende Form hat einzig das Präsens von
effer: tuti fon pleni 15, pogi fon de quhi 58, pogqi fon TT1, pogi funt 951,
zweimal auch en: del fogo e del calor .. ge en en inferno 8, Quihi ge ben
en afiadhi 1137, wenn nicht die Nachbarschaft eines auf en ausgehenden
Wortes hier Schreibfehler veranlafst hat; aber auch bei diesem Verbum
ist der Gebrauch der Singularform häufig: qui que e la dentro 9, et e
plu nıgrı 16, la entr’ e bafahfer 77, quefte n’e miga flabe 197 und oft.
Ganz vereinzelt steht die Perfektform trovan reimend mit pan: dw peffü
gig apoftoli trovan 607.
48. Zweite Personen des Singulars auf s kommen mehrfach vor,
nur einsilbise im Präsens des Indikativs und mit solchen, die ein © an die
Stelle des s setzen, wechselnd: tu no as mal ne ben 489, concont m’as 631,
as la forca 641 (no nd’aı ne cor ne mente 1634); daher denn auch Fu-
tura: albegaras 35, retorneras 1638, veras 1642, poras 1645, /eras 1660
(porai 1644, avrai 1653); de tuti es maior 29 (tu ei maior 636, 707, 1631);
co ge no vos c'on faca a ti 302 (vor 1630); fas 1631, 1639 (ai 382,
665, 1657); vas 1632, daneben far 527, por 1236, da 1689. Im übri-
gen hat die zweite des Singulars e zur Endung, Präs. Ind.: governe 500,
porte 1626, penfe 1628; ver 1632 hat, weil der Endung nach Schwund des n
ein Vokal vorhergeht, e mit « vertauscht, vgl. /oftei im Cato; in mantien
633 ist Apokope eingetreten. Ipf. Ind.: fafeve 490. Das Perfectum hat
fti oder fi oder mit Apokope s, wobei, wenn ein e voranging, dieses
Umlautung durch < erfährt, was in der zweiten Person des Plurals, die meist
auf e endigt, selten eintritt: Zevafti 505, refaciafti 610, mandaftı 57, for-
majfı 44, creaffi 504, moftraffi 506, formas 47, 713, perdonas 226, laffas
229; ffh 721, 1231, farffie 219, traifi 216, fais 46, trais 227, mitis 720
(Jaffo 720 ist wie das Reimwort abr/fo, dem zuliebe es mit o geschrie-
ben ist, ohne auslautenden Vokal zu sprechen); guari 215 ist in guarıs
zu ändern. Das Präsens des Konjunktivs weist meist wie das des Indi-
kativs e auf: degne 589, laffe 1675, dibie 594, poffe 1694, aibe 526, abie
Das Buch des Ugucon da Laodho. 27
657; ein paarmal findet sich © und zwar nicht blofs nach Vokal wie in
fü 1682, sondern auch in fecori 513, 567, defendi 650. Das Imperfec-
tum des Konjunktivs findet sich in der zweiten Person des Singulars nur
in fuffi 554. Der Imperativ zeigt folgende Formen: perdona 41; defende
31, fai 234, 655, condu 651, 666, va 1640, toi 1677, qwer 1691.
49. Gerundia finden wir nur zwei vor: en ploranto 547, dessen
auffällige Schreibung ein apokopiertes plorand verbergen mag, und conba-
tando 553. Ist hier der Ausgang der ersten Konjugation Vorbild gewor-
den, so sehn wir bei den Participien des Präsens das Umgekehrte, neben
cognofente 60, dolente 73, ardente 74, cognofcente 507, conbatente 510, vi-
vente 515, poffent 703, pongente 816, bugente, bwiente 75, 1810, parıfente
504, auch pefente 70, aidhente 508, fidhent 775, über welche drei man
jetzt Salvıoni, Fonetica del Dial. moderno di Milano S. 47 vergleiche.
50. Die flexionsbetonten Participien des Perfectums weisen, wie
nach Nr. 16 zu erwarten ist, ausnahmsweise ? auf: clavelato 905, martu-
riato 906, pervecuto 384, te/ffuto 414, paffuto 993, refponduto 1227, veftiti
1039; häufiger dh, d: dadhe 103, formadhx 137, apreftadhi 1051, enmane-
gadı 1052, paffudho 381, decadudi 1441, confondudı 1442, veftidhi 813,
cofidho 415, enpentudo 1211, fovegnudo 1212; sehr oft ist der Dental
ganz geschwunden: portaa 74, reverfaa 149, brufaa 480, vendua 493, on-
Fenduo 518, cognofuo 519, renduo 525, vencuo 528, recreuo 529, metuo
534, enprometuo 540, aveguo 542, folvuo 546, nafuo 1271, metuo 1118,
pafua 1105, vegnuo 526, tegnuo 535, tegnue 1518, veftio 1177, roftia
480. Das o des Masculinums geht dabei oft ebenfalls verloren: rece-
vut 412, pentid 648, percevu 140, voru 496, vegmu 560, remagnu 561,
Fferi 425. Bemerkenswert ist Zoleio 1410, eine auch im Altfranzösischen
(toloıt) begegnende analogische Bildung. Unter diesen Participien weisen
mehrere den Stamm in der Gestalt auf, die ihm in der ersten Person des
Singulars im Präsens zukommt. vecuo, permagnu, vegnuo, voru; einige
stellen sich stammbetonten Formen des Toscanischen gegenüber, haben
wohl auch hier selbst stammbetonte neben sich. So findet sich mes 110,
me/fo 790, onfe/o 310, naa 482, nato 1291; auch die übrigen starken sind
im Toscanischen heimisch. Besonders zu erwähnen sind etwa dito, dite
584, 955 neben maladheto 488, 491, malaeta 983, benedheti 1739 (afz. dit,
maleoit), recreto 560, porta 1184.
4*
38 TOoBLER:
51. Die Verba auf ar bilden im Perfeetum die dritte Person auf
a: porta 19, manga 48, capıtola 50, anda 1042, niemals anders.
52. Anderweitige Perfecta. Starke: III. Person /tet 1061, tete
1037, 340; III de 48, 1153; III fe 49, 224, 1242, deffefe 1612; I wt
1753, III vete 1030, 1208; I puti 520, 1790; I wıymi 531, 1743, III vene
627, ven 2231, 1166; I tign’ 630, III tene 1040, foftene 217, 899, Joften
1235, mantene 1380; II calfe 1200; III diffe 427, 959; divıfe 1603; dolfe
1172; adufe 1599; mis 50, tramıs 1038; pars 919; ferife 1403, deferıfe
960; trafe 1066; valfe 877; volfe 683, 769, 927, vols 922, 618. afıfo 1192
ist wie das Reimwort paradı/o mit konsonantischem Auslaut zu sprechen;
vgl. ailfo in Nr. 48. Von aver haben wir III ave 184, 492, 653, von
effer I fuwi 495, 508, III fo 51, 52; von för scheint f2 1210 IlI des Perfekts.
Schwache: III atende 1027, 888 (9); viwe 1059; I audi 511; Jervi
1754; obedi 511; III feri 220; fofri 895; enfi 1044.
Über die zweite der Einzahl im Perfeetum s. Nr. 48. Die erste
der Mehrzahl ist vertreten durch veefemo 1793, veefamo 1797, avefemo
1794, von denen die letzten beiden freilich Imperfecta des Konjunktivs
sein können, vielleicht müssen. Häufiger findet sich die zweite: mo/trafe
1778, alberga/fe 1805, vea/fe (tose. vietafte) 1806, albergaffi 1745, donajji
1746; vee/fe (tose. vedefte) 1757, vedhes 254, fae/fe 1772, feffe 1758, fefe
1759, creeffe 1773, voleffe 1789; avıfı 1749, avıftı 1788.
Dazu stellen sich die Imperfecta des Konjunktivs: III recordajfe
147, baftafe 840, mandas 1179; I devefe 596, creeffe 1796, III vee/fe 767,
poe/je 1335, voleffe 1356, dı/e/fe herzustellen 1795, vedhes 18, deves 287,
avelfe 496, aves 64; vegnilfe 1333. I foffe 499, fos 496, II fufji 554,
III foffe 62, fos 192.
53. Der Conditionalis ist in dreifacher Form vorhanden; mit dem
Perfekt ave ist der Infinitiv verbunden in I vorav' 669, III porave 67, 99,
445, vorrave 277, terraf 1273, ferave 730, mit dem Imperfekt von aver
(das übrigens avea lautet) in I /avrıa 876, III Javria 550, parria 76, vo-
rıa 90, devria 162, ereria 441, endlich mit dem Imperfekt des Konjunk-
tivs von aver in III vores 740.
55. Das Präsens des Indikativs giebt zu mehreren Bemerkungen
Anlafs. Die erste des Singulars zeigt wenig Auffälliges; von Verben
auf ar findet sich comenco 1, prego 125, moftro 1386, apokopiert preg,
Das Buch des Ugucon da Laodho. 29
ador 30, von solchen auf er credo 38, dıgo 96, cognofeo 1124, apokopiert
cred 180, ere 860, dig 355, von solchen auf ir mento 188, repento 544;
daneben mit verschiedenen Besonderheiten po/fo 961, pos 502; voro 124,
voig 514, 569; far 195, 260 neben fo 874, 1238, 1268; creco (neben
credo s. oben) 623, cree 635, erez 1161, creco 1204 bedeutet cereco; fo
725 wird in ho oder a? zu ändern sein; do 545 (tosc. devo, deggio); von
(vado) 553; tegno 637, 664, tiegne 118 (]. tiegn’eu, wie 138 tegn’ eu steht).
Von aver heilst es aı 493, 518, 522, 549 oder o 541, daher auch im
Futurum dirai 311, 1073, farai 135 und diro 1359, aurö 393, fer6 528,
fürs 533; von effer fon 41, 140, 1531. Über die zweite der Einzahl
s. Nr. 48. Die dritte giebt nur bezüglich der Apokope zu Bemerkungen
Anlals, insofern das e der zweiten und. der dritten Konjugation schwin-
den kann: onfende 5, cerne 14, dıfe 72, 136, credhe 105, cree 1133,
atende 120, mete 133, gonge 177, plafe 379, dazu noch cage 23 und die
als Plurale gebrauchten morde, percodhe 78, entende 246, vole 263, vive
710, condufe 1616 haben zur Seite dis 7, cre 705, plas 106, caz 397,
par 24, 189, ve 71, 706, val 102, vol 118, 141, cor 176, twol 1569, tol
792, cal 980, de5 und die Plurale fuol 1584, condus 850, de 958. Dazu
kommen die auch im Toscanischen oxytonen po 26, fai 70, 264, 372,
va 176, fa 262, im Plural po 199, 762, far 762, 448, fa 116, va 851.
Von Verben auf ır, Singulare: ferve 33, repente 54, mente 68, fente 72,
effe 73, lufe 1475, pue 453, Plural ferve 612, neben den Singularen wen
68, ven 355, /ovren 1110, mantien 135, mor 434, aud 706, reman 825,
confent 1701 und den Pluralen ven 148, foftien 343, dorm 781, 1082,
Jerv 800, mor 1585. Von aver lautet die dritte des Singulars und des
Plurals « 96, 110; 9, 79, von effer e 17,36; 77, 197, von fir fi 332,
380, 396. “
Die erste der Mehrzahl hat bei den Verben auf ar und er glei-
chermalsen emo: penfemo 801, lafem 808; favemo 806, fafemo 809, facemo
1480, devem 311, 757, Savem 779 (devon 222 wird man in dev’ on zu
zerlegen haben), bei denen auf ir «mo: fervimo 1483. Neben avemo 201,
805, avem 933 stellt sich femo 137, 1457. Die zweite zeigt durchweg
Schwund des ? und von Verben auf ar infolge dessen ai: afcoltaı 1835,
penfai 1836, € oder i von denen auf er: deve 80, vole 81, 260, podhe 270,
devi 170, 274, Javi 85, 136, 188 (ob far 891 einsilbig oder zweisilbig zu
30 TOoBLER:
sprechen sei, lasse ich unentschieden; der Imperativ fad 338 und das Ver-
halten des Toscanischen sprechen für ersteres, der Bau des Verses eher für
letzteres), © von denen auf er: fervi 892, audi 1835. Von aver findet
sich zufällig nur avi 95, das Futurum, das neben criari 1817, moveri 1055,
pojfederi 1740, enfiri 1506, auri 1808, Jeri 1832 auch brufare 1809, vi-
vre 1054, avre 83, ja selbst fared 752 aufweist, zeugt für das Vorhanden-
sein auch andrer Formen.
Im Präsens des Konjunktivs haben die Verba auf ar dıe Endung e,
die sie nur selten abwerfen. Die erste Person der Einzahl fehlt, von
dritten finden sich degne 84, torne 210, prege 307, monte 838, manleve
1215, aber comens 1520. Auffallen muls /trangofa 827, wenn der Infini-
tiv /trangofar lautet; besonders zu erwähnen sind dea 1156, 1591 und
tea 1419. Von denen auf er und @r ist etwa hervorzuheben, dafs neben
placa 588, 975 einmal plagua 40 vorkommt; toia 69 (tosc. tolga) folgt
voia 21; dibia 239, 283 zeigt Umlaut im Stamme, enfenga 847 andere
Behandlung des g als conga 1349. aver und e/fer gewähren III abia 203,
493, 788, I fea 527, 656, III Jia 14, 165, fea 55.
Die erste der Mehrzahl unterscheidet sich nicht von der ent-
sprechenden des Indikativs: pregemo 699, penfemo 931, laffemo 1067, co-
mencemo 1069 (letztere zwei sind imperativisch gebraucht); rendemo 932,
difemo 1068; nur /ervemo 1697 (imperativisch) zeigt eine von der des
Indikativs abweichende Endung, was man bei dem Mangel mehrerer Be-
lege für jeden Modus vielleicht als zufällig, nicht auf verschiedener Bil-
dungsweise beruhend ansehn darf. Die zweite kommt nur einmal vor:
amad 751; auch hier wird man sagen dürfen, der Konjunktiv falle mit
dem Indikativ zusammen, wenn wir gleich im letztern nur -ax vorgefun-
den haben; fand sich doch auch im Futurum -ed neben -€ und -i. Von
aver trifft man aibam 941, abiem 1594, axbar (imperativisch) 391, von
effer nur feai 1501.
56. Von den Imperfekten des Konjunktivs ist in Nr. 42 die Rede
gewesen. Die des Indikativs zeigen -ava, -eva oder -ea und -wa oder -2a.
Von e/fer haben wir era. Belege für die erste und die zweite des Plu-
rals fehlen.
56a. Imperative sind aufser den in Nr. 48 erwähnten die Plurale
defmentegate 865, tardate 866, pregai 250, guardai 271, 830, freear 337,
Das Buch des Ugugon da Laodho. 31
damandaı 1046, guarda 252; mete 249; vegni 1739; endlich fad 338.
Sie stimmen zu den Indikativformen.
565. Die Behandlung des Infinitivs im Futurum zeigen trovara
10, portara 34, dara 673, retorneras 1638; plancera 92, favra 1303 (Ja-
vere 170), recevra 196, devra 765, movera 1002, /tovera 97, vera 1399,
verrd 1723 (vedher 121, veder 146), vora 93, varra 626 (valer 26), para,
parra 414, 1074 (parer 1264), pora 121, dıra 829 (dir 100), farem 917, 935
(far 109), defendra 167 (vgl. entendre 306, prendre 431); vignıra 409
neben vera 1705 (vegnir 70), foftignira 579 neben terra 1241 (retegnir 59,
deftegnir 175), repentira 625, enfira 1368 (enfir 101, 139), eira 400, 684
(tose. gira). Dazu kommen die in Nr. 55 angeführten Futur- und die in
Nr. 53 erwähnten Konditionalformen. Von Infinitiven selbst sind etwa
noch hervorzuheben rır 108, 1091, alcir 367, crere 260, percore 1827,
tor 370, tuor 804, die in Nr. 24d erwähnten auf a und lufir 1467,
1737, EN 110, querir 295, 1145.
Übrigens ist hier diejenige Bildung des Ausdrucks für künftiges
Geschehn sehr häufig, wobei das Präsens von aver, bisweilen statt des-
selben das Futurum, dem Infinitiv vorangestellt oder doch nicht mit ihm
ein Wort wird: o dir 1356, eu da ti m’ai departir 1652, eu tai ardar
1674; tu .. a mient ai devegnir 1656; que ve n’a avegnir 96, ge chafcun
na fentir 116, tal la femenar, no la veder madura 146, gi .. da li for
peccadhi no f'auvra departır 94; pregar avemo 201; no v'avi convertir 95;
como vavre fcondir? 83, en proffeman lavri veer 1808; le voftre vanı-
tadhe v’a condur a perir 82, le aneme .. ga mai no nda enfr 101.
57. Zum Ersatz passiven Ausdrucks dient fir: un fermon ge molto
fi ufadho 380, fi cantadho 396, lucerna .. fi apeladhe 332, firo car tegnuo
533, fira aprefentadhe 353, en ciel fird portadho 410, l’anema fira ben
pagaa, (a no fira miga enganaa 861.
VI. Adverbien.
a. Der Zeit und der Wiederholung: adefo (eben jetzt) 1349, aguan
(heuer) 145, alo (sofort) 49, 301, 457, 1000, 1005, 1528, qw alo 513,
anc (auch) 259, 573, ancı (zuvor) 1264, ancol (heute noch) 449, 803,
32 ToBLER:
ancora ancor (noch) 18, 580, ca (ja doch) 85, (.. no, nicht etwa) 112,
139, camar .. no (niemals) 19, 101, da rar (selten) 1076, doman (morgen)
449, 803, enfra tanto (unterdessen) 434, lora (damals) 1772, enlora (da-
mals) 307, 919, 1221, 1484, en prefente (sofort) 47, 96, 356, 513, 1633,
damit gleichlautend en prefento 1333 und gleichbedeutend «a prefente 1768,
enprima (zuerst) 1516, enprimier 1023, enprimeramente 44, enfenbre 1080,
mai... no (niemals) 32, 814, mo (nunmehr) 26, 560, 1054, 1193, oımaz
(nunmehr) 1067, or (nun) 523, por (hernach) 352, 1120, 1311, po 1185,
1392, pofta (hernach) 46, /enpre (immer) 522, 1084, fenpre mai 514, fovenz
(oft) 327, Jovenge fiadhe 559, /peffo (oft) 361, tofto, toft (bald, schnell)
74, 1051, toft et ınelamente 69, unca (je, irgend) 84, unca no (niemals,
in keiner Weise) 133, 171.
b. Des Ortes: ad un (zusammen) 1661, co (nieder) 22, en cos
(nieder) 1317, dentro (hinein) 175, (drin) 9, 79, davanto (vor Augen) 548,
dreu (hinterher) 1636, de dreu (hinterwärts) 1614, entro (hinein) 478,
(drinnen) 77, fora (hinaus) 191, 1042, de fora (draulsen) 340, 1389,
«lö (dort) 859, la (da) 9, 77, 79, 102, 613, lad a ladho (neben einander)
398, daladho (zur Seite) 455, pre/ffo (nah) 1350, da preffo 1143, qui (hier)
834, us (oben) 905, fu (aufwärts) 21 (oben) 22, en /us 1318. Endlich
o (wo?) 879, 1754, lao 239, 1149.
c. Der Weise, des Grades: altrefi (ebenso) 809, a man a mano
(sofort) 1044, afaı (sehr) 41, 468, (viel) 89, ben (wohl) 85, certo (ge-
wils) 974, 1401, como (wie?) 80, 83, co/fi, cofi (so) 554, 1084, 1315,
cotanto (so sehr) 1754, forfi (vielleicht) 1113, fort (sehr) 467, 906, gua-
gre (sehr) 834, 1412, mero (besser) 388, miga (im geringsten) 197, molto
(sehr) 9, 74, 85, plui (mehr) 16, 22, 475, poco (wenig) 155, pur (ein-
zig, ausschliefslich) 35, 230, 345, 1171, (auch) 305, fx (so) 23, 38, 72,
1037, tanto (so sehr, so viel) 50, 106, tropo (zu viel) 86, 138, Zut (ganz)
44, del tuto (gänzlich) 356, vraco (rasch) 1227, volonter (gern) 292, volontera
299, volontiera 984, 1525. Neben der Form mente treten in Adverbialbildun-
gen ment, men und mentre auf: verafıa- 1387, vera- 1275, feguramente 1351;
Jerament 464; fera- 279, 425, 454, bauda- 295, veramen 1102; longa-
1057, vilana- 1119, verafia- 95, 209, mala- 254, prima- 301, fola- 345,
viaca- 460, forte- 498, hivra- 600, entriega- 1288, entregamentre 1703.
Auch hier wie ım Cato werden mit mefura adverbiale Ausdrücke des
Das Buch des Ugucon da Laodho. 33
Modus gebildet: en rea mefura 248, a na mefura 253 (con grand mefura
1014 dagegen heilst „recht mälsig“). con 462, 488, 495, com 502, cum
615.
d. Des Grundes: perö (darum) 340, 1013; per co (darum) 428,
1428.
Die Negation tritt als non nur vor Vokalen auf: non e 53, non a
166, non ave 339, sonst lautet sie no: no fe trovara 10, no fe cerne 14,
no voleE 81, no me voia 88. In letzterer Form begegnet sie jedoch oft
genug auch vor Vokalen, und zwar bald Hiatus mit ihnen bildend, bald
mit ihnen zu einsilbiger Artikulation zusammen tretend, bald ihr o ein-
büfsend: no a 13, no e 205, 213, 435, no entende 388, no as 489 mit
Hiatus; no avra 231, no e 417, no audi 511 mit Verschleifung; endlich
n’e 197, n’avra 1575, n’avıfti 1788. f
VI. Präpositionen.
a erscheint vor Vokalen als ad: ad ufura 142, ad alta vofe 470.
aprefo ist lokal in aprefol fuogo 1117, temporal in -aprefo quelo 693.
Gleichbedeutend damit ist aprof de 1815. con 90, 100, 201, 1189 hat
noch com, cum neben sich: com agudhi fofpir 92, cum foaf anbladura
159, com una mola 498, cum alegrega 1190, daneben: co mi 429, 1695.
da und de sind im ganzen nach toscanischer Weise behandelt, ersteres
steht für letzteres in einigen Nr. 40 angeführten Fällen; auffallen darf
auch andar dal feur (im Dunkeln) 1469. daqw a (bis) 1546. denantıl
re 83, denantı lui 1706, denanz lo criatore 353; aber anantı fi 1343.
dreol cego (hinter dem Blinden her) 397. entre vor 751 (unter euch);
d’antre 1128. entro dagegen heilst „in“: entro Tinfern 74, 1202, entro
la terra 151, entrol guagnelio 541. fin al morir 1376 stimmt zum tosca-
nischen Brauch; daneben fin quefto di 552 und enfin a tanto 521. en-
fra ist mit heutigem fra gleichbedeutend: mandaftı pafe enfra tuta la gente
57; enfra tanto 434. perme ist tosc. per mezzo 1636. Neben contra 382,
1048 findet sich kein contro; encontra lei 164, encontra la morte 171,
encontra ti 510, 522 in encontr’a lei u. s. w. aufzulösen liegt kein Grund
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. b)
34 TOoBLER:
vor, und Entsprechendes gilt von oltra 150, 969. Von cenca neben fenca
ist in Nr. 24f die Rede. Die übrigen Präpositionen geben zu keinen Be-
merkungen Anlals.
VIN. Konjunktionen.
Der Beiordnung: e vor Konsonanten 3, 4, 7, 34 et (r) vor Voka-
len 30, 34, 35, 60, 69. e fi „und doch“ 116, 745, vielleicht auch 1081;
blofs „und“ bedeutet e f£ 903, 1159. Auch / heilst „und“ 437, 506,
651, 1538; dagegen „und so“ 539. ne und nv wechseln, ohne dafs er-
sichtlich würde, was dabei den Ausschlag giebt. Der mit ne eingeleitete
Satz erhält vor sein Verbum noch eine Negation: ne no fe cerne 14, ne
camar no porta 19, no po audir ne no ve ne no fente 71. Ohne negati-
ven Sinn, unter gleichen Umständen wie ım Altfranzösischen steht ne öf-
ter: fin g’el po en fto mondo ne andar ni vegnir 119, enangı g’el fo/fe na-
Judo Ne g’el avefe cognofudo 1372, f’eu fw enfermo ne amalato 1747, ben
hi fera meritate Quante el n’a fate ne dite ne penfadhe 583, que ie valfe la
Joa grandeca Ne la foperbia ne la mateca 878. 0... 0... „ob.. oder..“ 0
vora o no vora 21. mai „aber“ 58, 91, 105, 530; mo, das im Cato mit
mar ohne Unterschied wechselt, kommt auch hier häufig vor, ist aber an
manchen Stellen sicher Adverbium der Zeit (s. oben) und dann ohne
Zweifel aus modo entstanden, an andern ist nicht mit voller Sicherheit
zu entscheiden, ob es „aber“ heilst, in welchem Falle es mit max eins
scheint, so 140, 147. Bestimmt darf man ihm letztere Bedeutung beile-
gen 794, 815, während 270, 311, 380, 429, 698, 731, 847 es eher dem
tosc. or gleichbedeutend sein wird. mar fi heilst „gleichwohl“ 595, 600,
1264 („aber so“ 1131). ancı, das oben als Adverbium anzuführen war,
darf im Sinne des tosc. anzi „vielmehr“ als Konjunktion bezeichnet wer-
den: 57, 125, anz 197, 292, 408; beachtenswert ist die Form anco 755,
944; gleichbedeutend ist enancı 1821. pero heilst „aber“ 1139.
Der Unterordnung: a. des Ortes: o 36, 438; lao 88, 432; ond
664 (kausal), dond 66, don 507. b. der Zeit: quand 22, quando 68;
ancı ge 24, anz ge 499, enanci ge 1571, 1520, avantı ge 1271; por ge
52; da ge 451, 1399; alo ge (sobald als) 1029, 1308, alo com 1279; fx
Das Buch des Ugucon da Laodho. 35
tofto con 436, entro ge (bis jetzt da) 629; fin ge (bis) 50, 1066, (so
lange als) 119, 1473, (seitdem) 629, enfin ge (so lange als) 508, 520,
528, 987, 1109, 1287, (seitdem) 551, defin ge (seitdem) 384. c. der
Weise: como 20, 72, fi com (so gewils als) 38, fi con (so wie) 959,
1519, 1637; /egondo ge 123, 1161; ft ge 84, 204, fü... ge 24. d. der
Bedingung: /e 6, 89, 95, 111, (mit fu verbunden tu 554, 1689, eine
noch bei Boccaceio begegnende Form); pur ge 40, 472. e. des Grun-
des: ge (denn) 35, 102, 129, 576; pero ge (weil) 1226; ge (damit) 32.
f. der Einräumung: anc 389, anc fe 440; como ge 433.
IX. Syntaktisches.
Besonders bemerkenswerte syntaktische Erscheinungen wülste ich
in Ugugons Gedichte nicht aufzuweisen; doch soll wenigstens folgendes
erwähnt sein.
Obliquer Casus im Sinne des Genitivs begegnet (von den in Nr. 35
berührten Genitivformen sehe ich ab) ein paarmal: per amor deu 249, li
povri deu (vielleicht) 1175 (auch Bonvesin sagt per deo amor F 53, li
deo fervify F 23), lautru aver 247, Tautrui 271,,Tautrur cofJa 289, lautrur
terra 370; endlich al di cuifio 1667. Derselbe im Sinne des Dativs: mr
no cal 109, co g’el vol moftrar altrun 1527.
Neben »oco d’ora 451, 868 findet sich das bei Diez III 152 er-
wähnte poca d’ora 349.
Als Reflexivpronomen der ersten Person fungiert im Plural fe s.
Nr. 41a und Mussafia Altmail. Mundart $ 91.
Das Reflexivpronomen tritt zum transitiven Verbum: no vel defmen-
tegate 865, Sen moftra aver grameca 823, fe mantien erıftentadhe 330, wenn
hier erft. nicht Subjekt ist; zum intransitiven: fe conce la 432, ig fan-
dafe 1049. Es fehlt sehr oft in den zusammengesetzten Zeiten der Re-
flexiva: fon recognofuo Qe raegava 524, a toa merce fon renduo 525, Eva fo
percevua Qel’era defcoverta 1031, quand elo fo percevuo De Lagaro 1207,
quel ge de effer conbatud (efferfi combattuto) 1507, malamentre fe recui (vi
fiete condotti) 1779.
5*
36 TOoBLER:
Wie fi den Nachsatz einleitet: gr? nol fa entendre, fi fel de far /pla-
nar 306, Quig ge no cre morire, fi a molto faladho 447, Quelu c’a odıo en
autrui, Si fai de un peccato dui 1422, so auch das Verbum nach erwei-
tertem Subjekt: deu, ge de !aver a In, Sıl porave dar ad altrur 1154, nach
adverbialer Bestimmung: En un poco de drapo fi fi avolupadho 458, a la
fine fi firö car tegnuo 533, Mo fi e da meraveiar 1253, Mo fi Jon percevu
140, Mo fi e un fermon 38.
X. Versbau und Reim.
Die zur Anwendung kommenden metrischen Formen sind schon
im Eingang gekennzeichnet worden.!' Der Versuch, die zwölfsilbigen
Verse den zehnsilbigen je einer Laisse oder diese jenen anzugleichen,
würde sich ohne weitgehende Gewaltsamkeit nicht haben durchführen
lassen, und was hätte ihn rechtfertigen können? Wo richtiges Mafs kei-
ner der drei Versarten eingehalten war, — es war nicht eben oft der
Fall, — ist die Herstellung desselben in den Anmerkungen versucht.
Dafs man die Worte oberitalienischer Gedichte oft anders zu lesen hat
als die Schrift zu verlangen scheint, ist bekannt; man weils, dals von
den alten toscanischen Versen in der ursprünglichen Niederschrift ähn-
liches gilt, nur dafs die Beschaffenheit der nördlichen Mundarten die Ver-
nachlässigung auslautender Vokale und andre Abweichungen von der durch
die Schrift angedeuteten Aussprache in noch viel weiterem Umfange ge-
stattet. In den vorliegenden Abdruck zum richtigen Lesen anweisende
Änderungen oder Andeutungen einzuführen habe ich mich gleich wenig
entschliefsen können, wie in die von ihm herausgegebenen verwandten
Texte Mussafia, auf dessen $. 19 der Mon. ant. und Romania II 114
zu findende einsichtige Äufserungen über diesen Punkt sowie über die
mit den hier begesnenden gleichartigen Erscheinungen bei Bonvesin und
1 Es darf nicht unerwähnt bleiben, dafs auch die achtsilbigen Verse von 1551
und wieder von 1555 an sich zu Gruppen von je vier einreimigen, endlich von 1559 bis
1594 zu einer langen Laisse verbinden.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 37
Giacomino hinzuweisen ich nicht versäumen will. Eine Menge Verse
werden richtig durch Apokope von tonlosem e, 0, i des Auslautes, die
hier nicht blofs nach Liquiden möglich ist, sondern auch nach £ (in erı-
Stentate 757, tuto 806, pecato 1462, molto 812, 909, 1048, 1749, parte
811, alto 512, fürmamento 719, niente 1228), nach d (in mondo 875, 1257,
Segondo 1161, quando 1801), nach p (in tropo 1732), nach v, das dann f
wird (in /erave 730, corvi 16), nach e (in defco 987), nach y (in prego 679),
nach / (in pafe 770, crofe 905, volfe 769 vgl. 922, valfe 877), nach € (in
creco 711, enfence 804), nach 7 (in regoio 995, confero 1024); und die
Berechtigung dieser Arten von Apokope wird dadurch aufser Zweifel ge-
stellt, dafs Formen, in denen sie auch schriftlich vollzogen sind, in gro-
(ser Zahl begegnen. Auch dadurch werden Verse auf das erforderte Mals
herunter gebracht, dafs tonlose Pronominalformen und Artikel unter Ver-
lust ihres (geschriebenen) Vokals enklitisch vokalischem Auslaute sich an-
heften: la luxuria fe vorrave (l. luxurias vorrave) 277, con deu fe po acordar
288, no fe caftiga 1434, en poco d’ora fe muda 868, volontiera fe trova 984;
da g’eu me (l. eum) repento 544, mefericordia te clamo 512, 566, era
lo fo aunor 654, ama lo frare 1417, volontiera lo corp engraffa 1018, Taiyua
lo fuog amorca 1148, Molt(o) pregava enlora lo dives 1221, dentro lo ferra
859. Wo es sich um den Artikel oder das Pronomen Zi handelt, ergeben
sich dann die Verbindungen, deren Ausgang anderwärts als :g erscheint.
De li (spr. dig) peccadhi c’a fati 308, Qel guagnelio lo dis e li (spr. eig) profet,
939, Clauda li fo le man e li pei 907, Ananti fi ii fara condur 1343, Mar ca-
ritate no li fo porta 1184, Qe deu li faca remifion 1563, Deu, quanto li pre-
vedhi fe triga (spr. quantoig oder auch quant li) 835, con h fanti 1209, no
hi damandara 1619, Quand voi veeffe li! mei menor E feffe W ben per meu
amor 1757, Vor no creeffe li mei minaftri 1773. Entsprechendes ist bei
Pluralen von Wörtern auf -elo zu vollziehn: E K vafeli d’arcgent e d’or (d.h.
Ei vafeıig oder eıg vafeh) 880, Quih (d. h. Quig) ge va al verfor 269, Biadı
quili (d.h. Biadi qwig oder Biai quih)) c’a bona fe 864, vgl. 938, 1463,
1475, 1650, Qui no avra briga ne tormento 887. Oft gestattet der Reich-
tum an Paaren gleichwertiger Formen, über den die Sprache verfügt, von
dem Überlieferten aus auf mehr als einem Wege zu einem richtigen Verse
zu gelangen; und dazu kommt, dafs auch hinsichtlich der metrischen Gel-
tung von vokalischem Auslaut neben vokalischem Anlaut eine durchgrei-
38 TOBLER:
fende Regel nicht erkennbar wird, vielmehr Elısion, Aphärese, Hiatus,
Verschleifung gleichermafsen gestattet sind, wie auch im Innern des Wor-
tes Paare neben einander stehender Vokale nicht immer gleiche Geltung
für den Vers haben. Nicht überall bestimmt entscheiden läfst sich die
Frage ob Proparoxytona, die im Vers unter Verbleiben des Accents auf
seiner Stelle paroxyton gesprochen werden müssen, den Vokal der letzten
oder den der vorletzten Silbe einbüfsen: in Le aneme ge la entra 101
hat man vielleicht anme, sowie 1094, 1561 lemo/na für lemofena zu sprechen,
aber daraus folgt nicht ohne weiteres, dals /pirto 538, merito 593, 765,
medefemo 928, apoftoli 607, defipuli 940, miracul 1342 entsprechend zu
behandeln seien; vgl. ment 123.
Genauen Reim giebt Ugugon durchaus nicht überall; es fehlt an
Übereinstimmung der betonten Vokale in fenir: parer 1264, maeft[r]o:
Orifto 1358, miniftri: maeftri 1774, der denselben folgenden Konsonanten
in veftimenta: legenda 1168, noftra: devofta 812, morto: fepolto 818, pa-
renti: dolentri 822, refponde: confondre 1000, grieva: quera 1084, arfa:
alfa 1226, fcarfo: falfo 1488, mal: far 1446, agua: plaga 914, hen: rei
710; fate: fratre 581 (die mit 547 beginnende Laisse vereinigt Reimwör-
ter wie, tanto, conbatando, canpo, /tanco), und natürlich auch der tonlo-
sen Auslautvokale, die freilich bisweilen, wo die Grammatik ihre Ungleich-
heit verlangt, dem Reime zuliebe in Übereinstimmung gebracht sind, wie
in talente, arcente, tenimente (statt ento) 56 ff., abı/fo: fauffo (2. Sing.) 720,
paradılo: afıfo (3. Sing.) 1192, averto: reverto (3. Sg.) 1642, en prefento:
tenpo 1334; apeladhe (statt -adha) 332, recomandadhe (statt -adhr) 334,
alvadhe (statt -adhi) 341, meritadhe (statt -adho) 346, ‘fembladhe (statt
-adhi) 347, penetente (statt -() 501, comandamente 511; meritate (statt -0)
583, encoronadhe (statt 0) 586. Die mit 604 beginnende Laisse bringt
die Ausgänge «a, an, as als Reime neben einander.
Die Stelle, wo in den längeren Versen die Cäsur liegt, ist in der
Handschrift regelmäfsig wie das Versende durch einen Punkt bezeichnet;
fehlerhaft steht dieser Punkt 233 nach pare, und in V. 96, 99, 553, 567,
693 ist er weggeblieben; ein paarmal haben auch achtsilbige Verse den
Cäsurpunkt bekommen, er steht 706 nach cent, 707 nach verafia, 1079
nach dem ersten vol. Im Abdruck sind die Cäsuren der längern Verse
Das Buch des Ugucon da Laodho. 39
durch kleine Zwischenräume angedeutet, die zwischen den Versgliedern
gelassen sind.
Die Handschrift bezeichnet mehrmals den betonten Vokal mit einem
Accent, sie schreibt richtig mazefta 2, porta 19, cira 684, penfa 728, pe-
cora 736, porta 1190, und seltsamer Weise giebt sie den Accent in der
Laisse 474— 498 jedem der beiden a am Versende, gwad u. s. w., nur
das Schlufswort delvraa 499 hat ihn nicht. Die übrigen Accente sind
Zuthat des Herausgebers.
Lexikalisches.
agar cugar ad acar 245. Bei Fra Paol. ec. XXVII ist über Ursprung und
Namen des Spieles (£090 de l’acaro) gehandelt.
acatar gewinnen. -deu 265; vgl. Cato.
adormencar einschläfern 435; über venez. indormenzar oder indromen-
zar s. Flechia, Arch. gl. U 31 A. 2.
adornar bereiten 339, ordnen 351; schmücken 416. Wie in afz. aor-
ner lat. adornare und adordinare sich begegnen, so, scheint es, in
unserem adornar; auch das Adverbium adornamente, eigentlich ador-
naamente bei Bonvesin N 10 hat schwerlich mit ornare irgend Zu-
sammenhang.
afigurar zeichnen, darstellen, 947. Auch toscanisch.
afolar schädigen 1438, 1512. Uber die Herkunft des glbd. afz. afoler
s. Zts. f. vgl. Sprehf. N. F. III 419. S. auch das Glossar von Foer-
sters galloit. Pred. und bei Bonvesin: Per k’eo te vo/fe'fa rico, venu
Sont affollao, D 188.
40 TOBLER:
agura Vorbedeutung 167. Auch alttoscanisch.
ardhar helfen 589.
aidhente kräftig 508; glbd. tosc. ajutante, autante, afz. ardant, welchem
letzteren bei Godefroy dieser Sinn freilich nicht beigelegt ist, obschon
seine Belege denselben deutlich erkennen lassen.
albergaor Herberge 10. Wie comencador 653 zu den von W. Meyer,
Schicks. d. lat. Neutr. S. 145 besprochenen gehörig.
alget etwas s. Nr. 46. Die italische Form zu afz. pr. alques, sp. algo.
alö alsbald, s. Adverbien der Zeit, Mon. ant. unter gwnlo’, Kathar. unter
alo’, Galloit. Pred. unter « lo.
alö ge, com sobald als, s. Konjunktionen, der Unterordnung, der Zeit.
altor Höhe 22.
ante/for Vorfahr 643. Man könnte anceffor einzuführen vorschlagen,
auch anteceffor (wie Z. 7) würde der Vers dulden; indessen findet
sich ante/for auch bei Fra Paolino.
aparar ausstatten 413.
aprender, a lor no fe n’aprende 1240 „es haftet davon nichts in ihnen“?
aprof de nach, s. Präpositionen. Vgl. apruovo bei Fra Paol., provo in
Mon. ant.
arguarto Hinterhalt 777, 1657, s. Cato.
afiamento Bequemlichkeit 187; (pr. aizimen), afz. atfement, tosc. agia-
mento. [
a/tuar austilgen 1149. Vel. Mussafia, Beitrag unter diftuare. Bezüg-
lich des Verhältnisses von atudhar bei Bonvesin A 356 zu aftuar
s. Mussafia, Katharina unter aftonedir; vgl. afticar Mon. ant., a/-
morzar Bonvesin B 100.
atendre halten, beobachten 539, 1027; ebenso afz., prov., übrigens auch
tose.; erwarten 852.
avogol blind 359.
barlir verwalten, hüten 103, 1283; auch alttose.
baldo froh 1129. Das Stammwort samt den Ableitungen zeigt nur den
Sinn des afz. baut, nicht den des tosc. baldo.
baudeca Freude 1189. Bei Bonvesin D 364 ist der Sinn von boldesa
minder @ntschieden.
baudor Freude 33.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 41
balefto Schleudergerät 368.
banca Bank 11. Den nämlichen Anlaut findet man bei Pateg: En fto
mondo ne'n l’autro no ftara en legra banca, 302.
bandıfon Gericht 1173, tose. imbandigione.
bandon, a- ohne weiteres, rückhaltlos 220; fe metre a b. sich preisgeben,
sich gehn lassen 1564; vgl. In grand defprefiamento lo corpo mete a
bandon (der h. Alexius), Bonves. P 74.
baufia Lüge 961. Vgl. bofia Mon. ant.
befa, getar en befe sich nichts machen aus 374.
benecion 673, aber benedicion 701.
bitefredho Turm 365, s. Diez Wb. battifredo.
blando mild 554; auch tosc., während afz. und prov. das Wort nur
„schmeichlerisch“* zu bedeuten scheint: Ke por ce faul a amie, Ke ne
seux faintis ne blans, Berner LHs. 496, 6; blans: blandus, Huc Faid.
49, 27.
bricon Narr 664. Der Sinn des Wortes ist derselbe wie im Afz., worü-
ber Rom. IX 626 zu vergleichen, und im Prov., für welches P. Meyer
im Glossar zum Albigenserkrieg ihn mit Recht behauptet; s. auch
Mahn W. d. Tr. II 227, wo gen bricona den Gegensatz zu hi enten-
den bildet.
briga Geschäft, Sorge 836, 887; auch toscanisch.
caler, no ve cal.. ihr sollt nicht... 273. Auch dieser Gebrauch ist dem
afz. entsprechend: Et ne te chalt a demorer, Mes toft te remet el repaire,
Troie 1740; ne ten caut a douter, Alexis (Herz) 552; ne vos caut
d’efmaier, wie die bei Bekker in GViane 417 und danach bei Diez
Gr. III 225 falsch geschriebene Formel jetzt mit Recht überall ge-
schrieben wird.
calura Hitze 1815; trop grand calura, Bonves. & 97, auch tosc.
capitolar tr. zureden, ermahnen 50; vgl. fz. chapitrer und capitulare bei
Du Cange 1512.
carbon Karfunkel 677; auch toscanisch.
celico vauhes, Stachel-Hemd 815.
ciglaton Prachtgewand 1580; s. Diez Wb. ciclaton.
claudar nageln 907; s. Mussafia, Beitr. chroldo.
clavelar nageln 905; tosc. chiavellare, afz. claveler, pr. clavelar.
Philos.-histor. Ol. 1884. Abh.1. 6
43 ToBLER:
clofura umschlossenes Grundstück 143, 371; tose. chwufura ist nicht
gleichbedeutend.
cobiticia Begierde 573, 1331, 1688; stimmt besser zu afz. covorhfe als
zu prov. cobeeza, tosc. cupidigia; in den galloit. Pred. cobetfia, cove-
bıfia, cubitıfra.
cubitanca Begierde 1364.
comencador Anfang 653. Vgl. albergaor.
conportar fe, amor erweisen, halten 255. Anderen Sinn hat comporter
amor im Lyoner Ysopet 1366 „aufrecht erhalten“.
contor Graf 4; s. Nr. 35.
contribular in unruhige Bewegung setzen 1310.
covencel Jüngling 551, pr. afz. jovencel.
covignente Lage, Befinden, Sachverhalt 79, covinente 1205, covinento
1639; so auch alttoscanisch convenente, wie afz. covenant.
criar schreien 1183.
crio Geschrei 1178.
erucio adj. en erucia flama 1217 (Mussafıa frägt „erucia = crocea,
saffranfarbig?*); s. Anm. zu 1217.
cuitar denken 953. Dagegen scheint 592 das Wort „aufzählen, erzäh-
len, aussprechen“ zu bedeuten. In ersterem Sinne steht cumter un-
zweifelhaft bei Bonvesin: E Job k’ill! no peccaffeno, Jempre era in
grand cwinter © 64; s. oben Nr. 24d und Mussafia, Mon. ant.
cuitar und Altmail. Mundart S. 9 A.
cunar fasten 1019; tose. gumare, afz. juner neben jeuner, s. Romania
VII 96.
custedhir penetencia Bulse beobachten 93, 124.
daloncar entfernen 492.
daguia bis 1546, s. Cato.
da rar selten 1076; it. di rado; darar auch im Cato 3 v 27.
darecer behandeln 532 — dirigere, etwa wie menare, afz. mener? vgl.
recer.
degolar köpfen 1348; tose. .dicollare. Doch kann g ursprünglich sein;
auch afz. besteht degoler gleichbedeutend neben decoler; so falst das
Wort auf Mussafia, Kathar.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 45
delinquir, delenguir sündigen? 110; verlassen 379, 1552, 1655. Bon-
vesin hat derelinguwir: Da tugi li ben del mondo feran derelingwdhr
D 139.
delivrar hingeben, ausliefern 193, 499; tose. diliverare hat diesen Sinn
nicht, wohl aber afz. dehvrer.
delivrafon Befreiung 211; tosc. dihberagione scheint in diesem Sinne
nicht vorzukommen; dagegen hat ihn afz. dehvraıfon Rou II 882, F
Candie 37 u. s. w.
demetre erlassen 1397; auch tose. In anderem Sinne bei Bonvesin Ma
demetivi le arme, ne fivi defenfion F 14, auch afz. nur in verschiede-
nen andern Bedeutungen.
derradhe, far grande derradhe (sg. oder pl.?) wohlfeil geben 372.
defalbergado ohne Wohnstatt 1437, s. Manuzzi.
defertar unglücklich machen 490, tosc. dıfertare.
defefperar verzweifeln 428; daneben defperar 596, defperason 783, defpe-
rato 1157. Auch das Afz. hat de/perer neben defefperer.
deflavar rein waschen 546; nahe steht tose. dilavare; afz. deflave dagegen
heifst grade „ungewaschen“, so wahrscheinlich auch an der von Go-
defroy unter delaver beigebrachten Stelle, mit der er die Bedeutung
„purifier, laver“ zu erhärten meint.
defmentegar vergessen 286, refl. 865. Pe. pf. vergefslich dementega-
dhe 338.
defmefurar intr. das Mafs überschreiten 130. Auch alttosc., während
sichere Beweise für intransitiven Gebrauch im Afz. mir fehlen.
deftegnir abhalten, fern halten 175. Vgl. detegnir im Üato.
deftinato, en forte d. „ın bedeutsamer Stunde“? 1292.
devoft (deposita?) vıftimenta molto devofta 812.
dives reich 1163, 1178, (: secorres) 1221. Wie ein Eigenname behandelt
687. Das lateinische Wort ist als kaum verstandenes Fremdwort,
daher auch als Oxytonon, festgehalten. Lazarus wurde appellativ.
enbataiar mit Zinnen versehn 365. S. bataille im lexik. Anhang mei-
nes Auberi.
encriadho unerschaffen? 1270.
enfanto Kind 551; im Cato ante.
6*
44 ToBLER:
enfencer vefl. träg sein, säumen 804, 847, 1445, 1464. In anderem
Gebrauch im Cato, dagegen wie hier: Naxun hom ın queft mondo ın-
Jenzer fe devria De dar a quella cafa confejo e grand aıdha, Bonve-
sin B 251, wohl auch an der bei Manuzzi unter ınfingere beige-
brachten Stelle aus dem Dittamondo. Dafs das Verbum auch im
Toscanischen den Sinn des afz. for feindre hatte, zeigt der Gebrauch
von infingardo. |
enleteradho gelehrt 383. Mit ganz entgegengesetztem Sinn besitzt das
Tosc. inletterato; dagegen ist mit Ugucons Wort glbd. afz. enletre:
Li uns des efewers fi fu bien enletres, De la letre en Fefeu fut moult
efpoentes, Ch. cygne 46 (Hippeau).
enmanegado mit Stiel versehen 1052. Tose. immanicato, fz. emmanche.
enpentifon Reue 665, empentixon bei Fra Paol. Vgl. pentıfon.
enpentir, enpentudo reuig 1211.
enporidho verfault 405. Sp. empodrecer; afz. empourrir bei Godefroy
scheint nicht völlig sicher.
enprender entzünden 483, vgl. afz. e/prendre; lernen 1238, 1611, in
diesem Sinne auch tose. Weitere Belege in der Kathar. und im
Cato.
enprimeramente zuerst, s. Adverbien; im Cato inprimeramentre.
entriegamentre vollständig 1288. intregamente Bonves. B 79.
entrigar refl. sich abgeben 763.
entro ge bis jetzt da, s. Konjunktionen.
envegnir finden 1645, auch toscanisch.
enviar auf den Weg, in eine Richtung bringen 352, leiten (Wasser) 478;
mal env. ivre leiten 387. Tosc. inwiare; dem Sinne nach entspricht
besser tose. auızare, afz. avoner.
faitar zurecht machen, galıne ‘faitadhe 378, noch ohne Aphärese 364.
Wie afz. afaitıer vom Subst. fait eigtl. „zur That, zum Thun, zum
Handeln bereit machen“, woraus sich alle Arten des Gebrauchs leicht
erklären. Siehe auch Schneller 140 und Mussafia, Mon. ant. faıtar.
Jamolent hungrig 1783. /poliao e famolento, Bonves. B 945, weiteres
bei Mussafia Mon. ant. Glossario.
Fafina Zauber 786. Vielleicht ist fa/ina zu sprechen im Gegensatz zu tosc.
Jafeino, da es sonst wohl *fa/ena heilsen würde. Das Wort ist auch
Das Buch des Ugucgon da Laodho. 45
afz.: fafeinum: un faine, Gloss. 7692, 403; das zugehörige Verbum
Fwfnier kommt ein paarmal vor.
Jatura Hexerei 787. Auch toscanisch, provenzalisch, altfranzösisch.
S. Diez Wb. unter fattizo.
fermamento Verschluls 174.
Jerranto grau 552. S. Diez Wh. Ile ferrant.
Fidhent vertrauenswert 773. Scheint gleicher Art wie die afz. Partieipia
praesentis, von denen Zts. f. r. Ph. I 17 gehandelt ist.
Flibadhura Umhang 160. Für aflıb. — afz. afubleure.
Jortuna Sturm 1326, 1717. Gleichen Sinn hat das Wort auch toscanisch
und altfranzösisch.
/ragmento Speiserest 1180. Carpentier bei Du Cange weist aus dem
12. Jahrh. entsprechenden Gebrauch des Plurals fragmenta nach;
vgl. Et fi me pais de chel menut frament Ki dow manghier remaint
devant te gent, Alexis M 707.
/rafio mürbe 1678. S. Mussafias Beitrag unter frafio.
fratre, frare Bruder 581, 1214, 1417.
frecar refl. sich beeifern 337. S. afrecar im Cato.
fregofamentre eilig 462.
freeofo eilig, eilfertig 853.
/redor m. Kälte 24. Auch toscanisch.
Jugacina Kuchen 376. Zum tosc. focaccia.
Juiro Dieb 404. Auch bei Bonvesin findet sich die Form H 79, wo
zu lesen ist Donca f’eo toho dra roba, per quel no font eo fuwira
(statt fiura). Tose. fwjo. Die Mon. ant. haben das einfache fur.
gamarto Schlag 1658; vgl. Quam plu gamaitı e anguftie el havra fofte-
nudho, Tant con major conforto in ce fird recevudho, Bonves. O 291;
E ferit (feran) ab ma efpaza tan mil gamah, Ja non guerran fotz
elme cap ni carah, GRoss. 3610 (Oxf. 4286 gemainch); ab bels ditz
et ab faitz Li dava tals gamaitz Al cor que per petit La dona non
morit, Arn. Guill. de Marsan in Bartsch Leseb. 135, 56 (beide
Stellen im Lex. rom. und im Gloss. oceit.; s. auch Honnorat
gamas); no pren ni dona gamag, PVidal 25, 48.
grifo Grauwerk 63, Adj. grıfi pelicon 1579.
guace Pfand 927.
46 TOoBLER:
guagre (no) recht, sonderlich 834, 1412 stellt sich willkommen neben
gaigre im prov. Boethius.
gwerra Widerstand? 860, 1056.
guiar behandeln? 474. Vgl. darecer.
il dort. S. Adverbien des Ortes, Mussafias Mon. Ant. unter qunlo'.
irar tr. in Zorn, Aufregung bringen 1509.
laco, laco del leon Löwengrube 215. Rönsch, It. u. Vulg. S. 315 giebt
die zahlreichen Bibelstellen, wo lacus (Aaxxos) Grube bedeutet.
laimentar refl. sich beklagen 486. Mit ai auch im Cato 5 v20.
lanpa Ampel 339.
laton Messing 676. S. Mussafia Beitr. unter laton.
ligur Molch 695. S. Mon. ant. unter lgoro, Schuchardt, Vokal. III 89.
Iivramentre durchaus 600. Im älteren Toscanisch desgleichen; aus Ita-
lien wird auch das schweiz. „alles liberments“ stammen. Afz. ist
dehvrement, a delivre gleichbedeutend.
livrar tr. den Garaus machen? 1828. Vgl. mi po hvrar de morir (vol-
lends sterben), Bonves. L 221; Inanze k’ella livraffe (aufals) tri pan,
eb. 376; s. Mon. ant.
lonca Lendenstück 376. Frz. longe.
lora s. Adv. d. Zeit.
mae/to — it. maeftro? 1357.
mainente reich 55, 66, 730. Gelegentlich findet sich manente auch bei
alten Toscanern in der Bedeutung, die es im Afz., im Prov. und
hier hat.
malpearlier lästersüchtig 659.
malta Schlamm 464, 720. Auch toscanisch. S. Diez Wb. Ila.
a man a mano sofort 1044, tosc. Beispiele bei Manuzzi; den nämlichen
Sinn hat (neben andern) auch afz. mam a main: Oi faut dou leu tout
main a mam, Barb. u. M. III 55, 72; Li chevahers tout main a mam
Sarfı Ja fille par la main, IV 478, 189; Vie Moyses 32e.
manlevar tr. bürgen 1215. Tosc. mallevare, pr. malevar.
mar f. Meer 478, 716 (1309).
margareta Perle 416, 678. Wie erklärt sich hier und im deutschen
Personennamen e aus 2? Hat man in dem Wortausgang das Dimi-
nutivsuffix gesehn ?
Das Buch des Ugugon da Laodho. 47
matin Mette 315, maxtin 1090. Das Toscanische braucht in diesem Sinne
mattutino. S. Mon. ant.
meno, e/fer meno fehlen 1665. Ganz ebenso braucht das Provenzalische
effer menhs, s. P. Meyer im Glossar zu Flamenca unter meinz, das
Altfranzösische eftre moins: nule gent ne vaufıft plus (als die Temp-
ler), Se tant en fuft mains com je di (wenn das, wovon ich rede,
nicht wäre), Barb. u. M. II 403, 283; Ces chofes dons ne mie dites
Qui plus plainement font eferites Et qu'en Fevangıle Iıfons, De ceus qui
mains ı font, dıfons, Nativ. NDame 854 (wo dous statt dons gedruckt
ist). Toscanisch hat man wenigstens venir meno, „ein Ende nehmen“,
was sich im Altfranzösischen wieder findet.
menton Kinn 221, 696.
meritar vergelten 293.
mefeienca Streit 1004. "mafeit-entia, zum Verbum me/cear, über welches
Mussafia Beitr. 79, Ascoli Arch. glott. III 280 zu vergleichen sind.
mefura Weise, en rea mefura 248, a nwa m. 253, en quefta m. 288, en
cotal m. 309. S. Adverbien und Cato.
molar (für amolar?) nachlassen, lo fren 1286. Verschieden von dem
amolar „schleifen“ in Mussafias Beitrag. Vgl. Manuzzi ammol-
lare VU.
montar, monta lora die Zeit vergeht? 838.
murdar benetzen 1223. Eins mit afz. morlher, pr. molhar u. s. w.
nao (natus) vorhanden 482. Von Leblosem gebraucht wie ne in afz.
rien nee, das freilich auch, aber nicht allein, von Personen gebraucht
wird: Bien nee fors eftrif ne qwierent; vgl. Diez Gr. III 434, Wb.
IIb nada.
nece/fo Not 343, 1144, 1681.
norbio weich 160. S. Mussafia Beitr. 82 Anm. DBonvesin hat noch
mit dem ursprünglichen Anlaut: Que te nox, f’eo font ben morbio?
E 238.
obedir tr. befolgen 1596, 1857. So mit sächlichem Objekt auch im
Altfranzösischen: Co quwApollon vient a plefir Me covient fere et
obeir, Troie 5894; bien le voeıl obeir, Gaufr. 156; alttoscanische Bei-
spiele gleichen Gebrauches giebt Manuzzi.
oi Interjektion 488, 502, 655, 665, 1595. oime 471.
48 TOBLER:
onbria Schatten 1635. S. Cato. Hier wie an den dort angeführten
Stellen ist die Betonung des x sicher. Man erinnert sich des bei
Bonvesin zweimal begegnenden tenebria H 144, 145.
oriente, la via d’oriente 509 bezeichnet den Weg, der zum ewigen Heile
führt. |
ornafon Schmuck 678. Man könnte Joa ornafon der Hs. auch in /o’
aornafon trennen; schreibt sie doch auch /a legro.
paor Furcht 5.
parin Beichtvater 1393, padrin 1398. patrn Bonves. B43, L 255; s.
Manuzzi patrıno. Auch tosc., wie bei Manuzzi zu sehn, in die-
sem Sinn.
pentifon Reue 1391, 1591. Vgl. enpentıfon.
per- als Präfix an der Stelle von pro-: percacar 590, percago 1228, per-
curator 465; an der Stelle von prae-: perveguto vorhergesehn 384,
perde/tinadho 386.
percever refl. gewahr werden 140.
pe/fina Schlamm 399. Mon. ant. E 38 in gleichem Sinn. Tose. prfeina
und afz. pecine scheinen nur „Teich“ zu bedeuten.
pe/fon Fisch 216; pexon in Mon. ant. © 66 ist schwerlich dasselbe Wort;
eher möchte dort powon (= pofone unseres Denkmals) zu lesen
sein.
plufor. Auch im Oato, s. Zahladjectiva.
portadura Hinaustragen (zum Grabe) oder eher äufseres Verhalten, Tracht?
154. Letzteren Sinn hat tosc. portatura.
pofone Trank 378. Wie hier, so scheint auch an der unter peffone er-
wähnten Stelle ein bestimmtes, leckeres Getränk gemeint zu sein.
po/ta hernach, s. Zeitadverbien. Auch in dem Gedichte fuper natura fe-
minarum fol. 100 r E de dohbiana (1. E Dido hbiana) ge regnao en
Tire E pofta en Cartaco, com av audıto dire.
preera Wurfmaschine 366. Afz. perriere; vgl. pietriera im Toscanischen.
S. auch die Artikel Mussafias prea in Mon. ant. und preda in Bei-
trag.
pregantar bitten 793.
preganto Bitte 787.
prevedhe(o?) Priester 835. S. Mussafia Mon. ant. preveo.
Das Buch des Ugugon da Laodho. 49
provengan Münze der Grafen von Provence? 626. 8. Du Cange un-
ter provincrales und monetae baronum 8. 527e.
querir heischen 295.
radegar, raegar irren 278, 448, 524. S. Cato.
rancura Obsorge 168. Über das Verbum rancurar s. Cato.
rapina 272 Raub. Samt den beiden Derivaten auch toscanisch. Afz.
ravine und rapine, ersteres auch in anderer Bedeutung.
rapinamento Beraubung 184, 1360.
rapinar rauben 248, 1629. Afz. raviner.
raffadha Pe. von raffar oder Subst. 376? Von dem Verbum handelt
Mussafias Beitrag.
recer vefl. sich benehmen 1779; auch im älteren Toscanisch und oft bei
Bonvesin: Se tu te rezi al meo fenno, E 82; ma fe rece villanamente
L 298; un fancto monego, ke molto ben fe rezeva, L 417; N 89; und
wie hier ohne Reflexivpronomen: Per ti fu (1. Pers.) ben rezudho,
F 152. Daher rezemento L 475. Vgl. darecer.
reclore einschliefsen 844, Pe. reclofa.
reclus geborgen 1117.
recre/fer zum Überdrufs werden 842. Tosc. (r)inerefcere, afz. encroiftre.
refranger widerstehn? 1098; im Sinne von „bändigen“ toscan. und afz.
transitiv.
refredar kühlen 1224. Tose. rıfreddare, afz. refroidıer.
remudar tr. an etwas rühren, rücken 831. Fz. remuer.
requiar ruhen 1834. tu nom laffi regwar, Bonvesin E 233.
refente kühl 76. Atz. roifant, s. Mussafia, Beitrag und Zts. f. r. Ph.
III 270.
revertir werden 1316, 1642 (vgl. 1638). Afz. revertir a ausschlagen zu.
revifitar besuchen 1748. Tosc. riwifitare und row/tare haben nicht völ-
lig gleichen Sinn, wohl aber afz. revifder.
rieca Bosheit 856. reeza Bonves. D 227, 353, E 65, G 70.
rucenento rostig 407. 8. Mussafias Beitrag ruzenente.
Sapon Hacke 1052. Tosc. zappone.
Safone Zeitpunkt 1761. Afz. faıfon. Vel. Mon. ant. Jafun.
Sbaudir froh sein 106. Zu baldo „froh“; afz. e/baudır.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 7
50 TOoBLER:
Jeacaor Räuber 206. Ein von Godefroy milsdeutetes Verbum efkiekrer
„rauben“, zu eschiec „Raub“ gehörig, besals das Altfranzösische.
Jeirupo oder feimpo —? 996.
Seondir rechtfertigen 1731, refl. 83.
Jcovar stäupen 440. Tose. /copare; anderen, dem Toscanischen auch
nicht fremden Sinn hat afz. efcover (säubern, räumen).
Seremir verteidigen 366 (Lesart unsicher), refl. sich erwehren 117. S.
Mussafias Beitrag unter /erimir. ftremir an der ersten Stelle zu
lesen erlaubt die Hs.; dies würde ein Bonvesin geläufiges Wort sein,
das „erschrecken“ heilst. B 576, 600, 690.
feita Pfeil 368. Vgl. fitare, fitador bei Fra Paol., fita in Mon. ant.
Seolento durstigs 1783. S. Mon. ant. famolento.
Serore Schwester 27, 455. S. Mon. ant.
/merar läutern, /meradho lauter 419. Bonvesin sagt: Li corpi .. Jeran ..
plu kal Jol fmerrai D 574; ähnlich die galloit. Pred. 5, 26.
Jocernar 247. Das Substantivum /ozerno begegnet bei Bonvesin: /e per-
caza de leternal Jozerno D 308; ftaran li jufti in gloriofo fozerno 377;
(380 ist es mit /cherno zu vertauschen); Eo fo in grand fozerno cole
done e coli baron H 25, das Verbum ebenfalls: A fozernar le membre
in quefto delectamento E 216. Darf man annehmen, es heifse an un-
serer Stelle „sich wohl sein lassen“? „Aufenthalt“ heilst übrigens in
unserem Gedicht /ocorno 834, und „sich pflegen“ /ocornar/e 1122. Bei
Pietro da Befcape reimt /ocorno (Behagen) mit inverno S. 314 von
Biondellis Studi.
Sofrenar verschütten? 464; „ım Zaum halten“ dagegen bei Bonvesin E
374, was hier auch nicht völlig unannehmbar sein würde. Darf man
an eine Ableitung von it. frana denken?
Sogna Sorge 1035, 1182, 1794. S. Mon. ant.
Jomonir mahnen 85. Afz. femondre, pr. fomonre.
Sorprendre, forprefo de traıfon Verrates überführt 207.
fovenz s. Adverbien und Cato.
Stamegna grober Stoff 815. Tosc. /tamigna, afz. e/tamıne, nfz. etamine.
Stover not thun 97. Auch bei Bonvesin: a dir zo no m’aftove, D 22, s.
auch Foerster im Glossar der galloit. Pred. unter eftover.
Strangofar 827. Vgl. tosc. Strangofeiare und Pietro da Barsegape S. 297,
Das Buch des Ugucon da Laodho. 51
der nach der Ausführung von Marias Klage am Kreuz fortfährt:
Quando el’ ave go dito et a tuta fiada Si fo in terra Strangofada.
Stratuto ganz und gar 1663. Afz. treftot, pr. traftot.
tela Kienspan (taeda)? 840.
tenebror f. Finsternis 8.
tenor Rückhalt 38, 648, 711, 1536. S. Mussafia im Glossar zur Ka-
tharinenlegende.
torfel Bündel 152. S. Diez Wb. torciare und GParis Rom. IX 333.
trabucar intr. stürzen 22. Tose. trabuccare, fz. trebucher.
traca Weg, Pfad 760. Tose. traccıa, fz. trace.
traverfar hinübergehn 449, 1187. Auch Bonvesin nennt eine Verstor-
bene femena traverfadha B 380, 389. Also wie afz. trefpaffer.
tremor Zittern, Furcht 1625, 1725. Auch toscanisch.
triga Autenthalt 1496. S. Mon. ant.; auch Bonvesin: fenza nexuna triga
B 1022; lo mette zofo fenza triga H 30.
trigar vefl. säumen 835.
tron Himmel 233. Zu pr., afz. tron „Himmel“. S. Diez Wb.
truita Forelle 1578. Stimmt besser zu fz. trıuite, sp. trucha, als zu tosc.
trota.
ubertadhe Fülle 354.
uxor Gattin 26. Afz. oı/for.
vair Grauwerk 12, 63, 814. Adj.? 1579.
vavafor tosc. varvafforo 870. S. Mon. ant.
veltres Jagdhund 363. Die Form fällt durch ihr s auf, dem in den
Formen der Schwestersprachen nichts gegenübersteht; man erinnert
sich des heredex (Erbe) bei Bonvesin B 451, das Mussafia, Altmail.
Mundart $ 132 aus *hered-icem erklären will.
ver, a ver wahrhaftig? 1386.
verafio wahr. Dreisilbig 2 (Adv. 95), 233, veras deu 547, verafia 564;
viersilbig 219, Adv. 209. S. Ascoli, Arch. glott. III 284.
verfiato umgeschlagen (Wein) 1115. Wegen der Ableitung mit © vgl.
tose. rovefeio, und perverfio bei Bonvesin: No fü perverfio ni bruto,
no fy luxuriofo E 74 (dagegen Tant e la zente del mondo ffalfadha
e perverfia L 65).
7*
52 TOBLER:
verfor Pflug 269. S. Cato.
vetran alt 629. S. Cato.
viacamentre rasch 460, 851.
viaco Adv. rasch 1227. S. Cato.
voltura Umhüllung 152 (vielleicht woltura?).
Das Buch des Ugucon da Laodho. 53
In xpı nomine. Quefto e lo comencamento (50r°)
de lo libro de Ugucon da Laodho.
l to nome comengo, pare, deu, creator,
Diuina maieltä, ueralio faluator.
-A ti prega et adora Jı grandi e li menor,
Li prineipi e li re, li marges ei contor.
5 Sire deu, qi t’onfende, de auer grand paor,
S’el li remenbra del fogo e del calor
Qe la feritura dis e li noftri antecefor
Qe en en inferno en la grand tenebror;
Quili ge e la dentro, molt a maluas [egnor.
ı0o La no fe trouaraA nul bon albergaor,
Leto ni banca ge fia da onor,
Vairi ni armelin, eoltra ne cuuertor.
No a defduto de fparuer ni d’aoftor,
Ne no fe cerne qual fia lo pecor.
15 Tuti (on plenı d’ira e de furor
Et e pl[ulı nigri de corui ni d’auoltor
E [en] l’inferno e un albro maior,
Q’e [mJaior de negun c’omo uedhes ancor;
Ne camai no portä nigun fruito ni flor;
20 La foia e lo fulto tronca como rafor.
OÖ uola o no uola, Ju montal peccator,
E co de fu trabuca, quand e plui en altor,
E cace en un fogo ge de fi grand calor,
Qe cent agni li par, anci ge fial fredor.
25 ‚Deu miferere‘, clama cafcun de lor,
Neben Titel und Z. 1—-4 Christus auf dem Throne, knieende Beter zu beiden Seiten;
die zu seiner Linken durch Beschneiden des Blattes und dadurch verloren gegangen, dafs die
Farbe das Pergament zerstört hat. Die ziemlich zahlreichen Löcher solches Ursprungs, die
die ganze Handschrift hindurch sich finden, und durch die öfter auch der Text geschädigt ist,
sind mit grofser Sorgfalt verklebt. (Überschrift des Bildes .xps.)
Neben Z. 10—21 arbor del inferno, ein teilweise erhaltener palmenartiger Baum,
von dem zwei menschliche Gestalten in rote Flammen stürzen. Zu den Seiten des Feuers je
ein Teufel.
Nach 13 scheinen ein paar Verse zu fehlen, in denen von den quälenden Geistern
der Hölle die Rede war, vgl. 1832. 16, 17 und 18 überklebte Löcher im Pergament.
54
ToBLER:
‚Mo no me po ualer parente ni uxor
Ne fiiolo ne fiia, fradhelo ne feror
[N]e caftelo ne roca, grand palafio ne tor‘.
Domenedeu propicio, ge de tuti ef maior,
30 Del mondo faluatore, a cui preg et ador,
Tu me defende de le pene ’nfernor,
Q’eu mai no fenta de quel fiero dolor.
Signor deu, gi te ferue de auer grand baudor,
E gi te portaraä bona fe et amor;
35 Qe tu lalbegaras pur en role et en flor
En paradifo, oe tanto [plandor,
Qe fol ne luna no g’auerä ualor.
E fi com eu co ceredo lenca ogno tenor,
Qe tuto queft e uero, deu, magno redentor,
40 Pur g’el te plaqua, altiffemo fignor,
Tu me perdona, c’afai [on peccator.
are del ciel altifemo, re de gloria polente,
Gloriofa maiefta uerafi omnipotente,
Lo fiegolo formafli tut enprimeramente,
45 Ciel e terra e mar, ge tut era niente;
Pofta faıs Adam, noltro primer parente,
De la cofta de luuı formas Eua en prefente.
Ela manga del pomo ge li de un ferpente,
Al conpagnon Adam alon fe un prefente,
50 Tantol capitola fin q’el fel mis al dente.
Co fol primer engano per lo meu efiente,
Ke fo fat en [to fiegolo, poi ge ne fo la gende.
Non e om en [to mondo, fire deu, l’el t’onfende,
S’el de li foi peccati enuers ti [e repente,
55 Qe de la toa gracia no fea ric e mainente.
28 Loch im Pergament.
Neben Z. 42—46 Christus stehend, auf der linken Hand eine Kugel, auf der rechten
etwas nur noch teilweise Sichtbares (.xps.).
Nach 55 ist eine Lücke anzunehmen.
(50 v°)
(5lr°)
Das Buch des Ugucon da Laodho. 55
Qe guerra [ne] regoio no te fo a talente,
Ancı mandaftı pafe enfra tuta la cente.
Mai pogi fon de quili per lo meu efiente,
Qe de pas retegnir abia cor ni talente;
60 Et e grand meraueia; c’ogn’om e cognofente
Qel tefor de fto mondo tut tornarä niente.
Quel ge folfe fegnore dal leuant al ponente
Dig uair e de Ii grifi, de l’or e de l’argente,
Le uile e li cafteli aues en tenimente,
65 Le citad e li borgi al fo comandamente,
E tuta la rigeeca dond lo mond e mainente,
Tuto co noı poraue ualer un gran de lente,
Quando uien en quel’ ora ge la forte no mente,
Qe la morte nol toia toft et isnelamente.
70 Neg|[r]o lo faı uegnir, pugolent e pefente,
Si q’el no po audir ne no ue ne no [ente.
S’el e fi como dife Agoltin e Climente,
La anema fe n’effe grama, trifta e dolente,
Molto toft e portaa entro l'infern ardente
75 En quel peffimo fogo, qe fi caud e bugente
Qe quel d’una fornafe ue parria refente.
La entr’ e bafalifei, lcorpion e ferpente,
’ Qe morde e percodhe de uenen e de dente.
Quig ge la dentro alberga molt a reo couignente. (51v°)
80 gente crudeliffema, como deue guarir,
Qe le oure de deu no uole mantegnir?
Le uoftre uanitadhe u’a condur a perir.
Denantil re de gloria como w’aure [condir,
Neben Z. 56—69 eine Art Bauwerk mit Türmen, Zinnen, Fähnchen, ähnlich wie
Blatt 4.
56 ne ist vom Herausgeber herrührender Zusatz, den hier wie später in eckige Klam-
mern Gesetztes, wo nicht das Gegenteil ausdrücklich gesagt ist, nur Sinn oder Vers zu ver-
langen schienen, ohne da/s ein Loch im Pergament vorhanden.
Neben Z. 80—86 Mann und Weib bei einer gehobenen Hand einander haltend und
den freien Arm etwas hebend sind mit einer Kette (einem Strick) an einander gebunden, die
56 ANOSBILIEIRE
Si q’el unca ue degne laluar ni benedir?
ss Ca [aui molto ben cencal meu fomonir,
Qi uol feruir a deu, no de tropo dormir.
Molt e grand meraueia, como po auesnir,
D’una caufa, lao deu no me uoia tegnir.
S’el foffe afaı de quili qe uolefle audır,
90 Con la oura de deu [e uoria tegnir;
Mai molt fen truoua pogi de quig gel uor’audır.
E gi no plancer& com agudhi fofpir
E uera penetencia no uorä cultedhir,
E da lı foi peccadhi no l’aurä departır.
9 E le uerafiamentre no w’aui conuertir,
En prefente ue digo que ue n’a auegnir.
Le grand pene d’inferno ue [touerä lofrir,
Q’e cento milia tanto maior fenca mentir
Qe nui om no poraue efcoltar ni audir
ı0o Ne en lo cor penfar ni con la boca dır.
Le aneme ge la entra camaı no nd’a enfir;
Qe la no ual encegni ni arte per fogir.
A crudhel marelcalco (erä dadhe a bailır,
En lo grand fuog d’inferno a brufar e roftır.
ı05 Mai no credhe la gente ge co pola ’ueenir. (52r°)
Tant ie plas en [to mondo alegrar e sbaudır,
Ben beuer e mancar, ben calcar e ueltir,
Li omini e le femene molto gugar e rir
Et altre caufe fr ge mi no cal de dir,
ı10 Qe deu noltro [isnor a mes a delinquir.
E fe un om po l’autro enganar e trair,
Ca no reuardara que lin poffa auegnir.
am ihren Hälsen befestigt mit .ihrer Mitte bis zur halben Höhe der Figuren herunter hängt.
Von dieser Mitte geht, miltelst eines Ringes befestigt, eine zweite Ketie aus, an deren unterem
Ende ein Teufel abwärts zieht (ifti balant).
87— 91 ungeschickt gebauter Satz. „Sehr zum verwundern ist eine Sache, an der
Gott mich nicht möge beteiligt sein lassen, dafs nämlich so wenige hören wollen“? Nach
94 abermals eine Lücke. 110 „die Gott zum Sündigen gestellt, gerechnet hat“ oder
„denn von Gott sind sie abgefallen“? in beiden Fällen ist mes auffallig.
Das Buch des Ugugon da Laodho.
Per leue ofenfione
De fpadhe e de corteli
115 Quig q’e [ani et alegri,
E fi fa molto ben
Nigun e [i ardit
Mai quel tiegn’e[u] per fol
Fin q’el po en [to mondo
120 Ke l’el (atende tanto
K’el no porä parlar
Quig gel fo de gauder,
Segondo g’el aurä fato,
Mai cotal penetencia
ı25 Anci prego quelui
Lo magno re de gloria,
Qe’nl fo feruilio far
E Iı (oi comandamenti
Qe tut l’autr’e nient
varicia en lto [egolo
Tradhiment ef engano,
Camai no fo la cente
Qe de loura de deu
Del magno re de glorıa
ı35 Quel per cui fe mantien
Ben faui que ue dise
Tuti femo formadhi
Mai quel tegn’eu per fole
Ni d’enfir dig pecadhi
140 Mo fi [on perceuu,
130
118 nach 138 gebessert.
fon accorto, pochi fon quei che lä (oder la) durano*.
auolteri e focura.
fi falfa ni (percura;
unca no mete cura,
ge fta fopra l’altura,
ognunca creatura.
la dıuina feritura:
a la (oa figura;
ge tropo l’alegura
ca no uol auer cura.
pogi e qig ge la dura;
Nach 122 scheint wieder etwas zu fehlen.
97
manaca [’a ferir,
afolar et alcır.
camal no cre morir,
ge chafeun n’a [entir.
ge fen polla [cremir.
ge no fen uol partir;
ne andar ni uegnir.
gel uiegna al fenir,
nı uedher ni audır,
tolto l’a sepelir.
merit no lı a falır.
no uoio cultedhir.
ge me de mantegnir,
ge no degnä mentir,
me faca permagnir
feruar et obedir;
fe no a deu [eruir.
abunda e defmefura,
(52 v°)
140 „ora mi
Neben Z. 129— 30 ein Mann und ein Weib hinter einem Tische sitzend, auf dem eine
Schale sieht; ersterer weist mit der Linken auf einen nach dem Tische blickenden Mann, der
“ mit einem gro/sen Stabe in der Linken seitwärts steht.
grinus).
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. 1.
(ifti dilnant . ilte et unus pere-
58 ToBLER:
Lo plufor de la gente uol autra caofa dura.
Qi po auer dinari de liurar ad ufura
E conprar de la terra, canpi, uigna e clolura,
Deu, como [e percaca d’auer bona coltura,
145 E dis: ‚aguan faraı riqa lemenadhura‘;
Mai tal l’a ([emenar, no l’a ueder madura.
Mo f’el fe recordalfe de la (carfa mefura,
Como uen con la cana a far la fepoltura!
Quando e reuerfaa la fera guardaura,
150 La foperbia el regoio c’auea oltra mefura
Molto toft e gitaa entro la terra dura.
Lo torfel e maluafio et a rea uoltura.
La muier ei parenti de grand uertu lo plura.
Tal ie mena gran dol en la foa portadura,
155 S’el lo po abandonar, afai poco n’a cura.
E lanema dolentre a pres rea paftura
Entro Yinfern ardente, en quela grand calura.
La no fe trouarad bela caualcadhura,
Deftrier nı palafren cum (oaf anbladura
ı6o Ne norbia uestimenta ne rica flibadhura, (53r°)
Palafio nı tor ni negun’ armadhura.
Mai ben deuria la cente auer molt grand paura
De la morte erudhel, negra, pellima e [cura;
Qe re ni enperador encontra lei no dura,
ı65 Ne prineipo nı dus ge fia d’alta natura.
L’apoftolico de Roma non a quela uentura,
Qa no lo defendraä ne forte ne agura
Ne la eriftinitad c’a tuta en [oa rancura.
Mai qig [erä biadhih c’a uiure con melura.
170 aı ben deui [auere lenc’altro (agramento,
C’unca encontra la morte non e defendimento,
No ie ual ftrolomia ni art d’encantamento.
143 „chi puö aver danari con dare ad ufura*. 148 C’omo?
Neben Z. 170—2 zwei Personen beugen sich über eine auf vierbeiniger Bahre lie-
gende (ilti plorant mortuum).
Das Buch des Ugugon da Laodho. 59
Palafio ni torre ne nigun baftimento
Ne roca ni caltel, claue ni fermamento
175 No la po deftegnir q’ela no faia dentro.
Q’ela ua molto tofto, plui ge no cor lo uento.
Quelui ge ela conge molt a grand [marrimento;
Qe lo cor li tramudha el penfier el talento;
Ben par gq’el fea tocadho da toffeg de ferpento.
180 Camai no ered q’el faca ben ne mal teftamento;
Q’aballad el regoio, Talteca e l’ardimento.
L’auer c’a guadagnadho con dol e con tormento,
Con baufi’ et engani e con gran tradımento,
La pecunia q’el aue con grand rapinamento,
185 Le rige ueltimente e l’autr’ adornamento,
Deftrieri e palafreni, uaflieg d’or e d’argento
E le rige mafone el grand afıamento,
A tal le laffarı, ben saui q’eu no mento, (53 v°)
No darä per [o’ anema un fol ftar de formento.
190 (a me par gq’el aurä de nouel guarnimento;
Toft ferä trato fora del rico calamento;
Ca uorauel plufor gq’el fos el monimento,
Deliurad a quelor gen far& gucamento,
Ke tut lo mangarä e de fora e [de] dentro.
195 De l’anema fai ben fenca retenimento,
Qe fegondo la oura receurä pagamento.
veste n’e miga flabe, anz e bone ralon
Et e tute parole de lıbri e de fermon,
Qe fe po ben contar en calcuna malon
200 Qe fea de carıtad e de religion.
Pregar auemo con grand afliecion
Neben Z. 173—4 zum Teil zerstört ein Jüngling liest in einem Buch, das er auf dem
Schofse hält (ilte legit).
179 Hs. totadho.
Neben Z. 197—9 ein Mann in brauner Kutte mit grüner Kapuze liest in einem Buche,
das auf seinen Knieen liegt (ilte legit); vor einer Kirche, aus deren Fenster eine unverhältnis-
mä/sig grofse Person etwas herausreicht, kniet ein Mann mit erhobenen Händen (eclesia).
g5*
60
IINoSBILIE RE
Lo eriatore, qe ne faca perdon
E ge de nui abia remelfion,
Si ge le noftre aneme abia faluaeion.
2065 No e nul omo tanto reu ni felon,
Seomunicato, f[cacaor nı laron,
Qe fia [orprefo de mortal traifon,
S’el uol tornar a deu e demandar perdon
E uerafiamentre uol far confellion,
210 Q’el mai no torne en quela onfelffion,
El e guaridho et a deliurafon,
Si ge’n inferno no trouara malon;
Qe’n quel tormento no e redencion.
En paradifo Sera [o’ albergalon.
215 Deo, ge guari[s] Daniel del laco del leon
E traifi Ionas del uentre del peflon,
En lo qual el foftene molto grand pallion,
Li filiı d’Ifrael de man de Faraon
Et a Longi faiffi wuerafio perdon,
220 Qe de la lanca te feri a bandon,
Qel fangue e Paqua ie uen fotol menton,
En ueritad ben fauer lo deu’on
C’aluminadho fo de faluacion,
Clamä foa colpa, lIefu lı fe perdon;
225 Si com e uera la nolftra oracion,
Qe en la cros perdonas al laron
E trais de l’inferno Eua el conpagno[n];
Dauid profeta, leremia e Naon,
No ien laffas negun qe folle bon,
230 Mai pur quelor ca ti menä tencon,
Quelor no aur& camai remillion;
Si com eu credo [enca ogna tencon,
Verafio deu, pare, fignor del tron,
Dig mei peccadhi fai me remillion.
(541°)
Das Buch des Ugugon da Laodho. 61
[7
[271
3 vefte parole e bone et utel da fcoltar,
E fi fara quelor ge uorä deu amar
E uorä le foi aneme coftedir e faluar.
Mai lo plu de la gente uol auer guadagnar
E no penfa de l’anema, lao ela dibia ’ndar.
240 Mai ogn’ om po fauer, f’el fe uol ben penfar,
La gracia de deu, nul om la po trouar
Per galer en bon leto e dormir e paullar,
Per beuer forte uino ne per tropo mancar,
Per bele ueftimente ne anc per ben calcar; (54 v°)
245 No uol gugar a [cagi, a taole ne ad acar.
Guai a quelor ge molt entende a fornicar
E de l'autrui auer fenpre uol fogernar,
Si ge ’'n rea mefura lo deues rapinar.
Per amor deu, fegnori, mete ue a caltigar,
250 Pregai lo re de gloria qe ue degne drecar
E mantegnir bone oure e le ree laxar.
Guarda ue da quelor qe ue uol encegnar,
Qig a nuia mefura no ue polla lagar.
Qe mai no uedhes lo fegolo fi malamentre andar:
255 Vnca ne fe ne amor no le uol conportar
Ne fradhel ne cofin ne parent ni conpar.
Mai una n’e ancor, ge no le po laflar,
(o e pare a fiiolo, qe no po altro far;
Mai anc quela (fe par en alget menemar.
260 Se uoi me uole crere, ben ue fai enlegnar.
Co ge digo a uol, a mi conlenta far.
La feritura lo dıfe, ge ben uel fa moftrar,
Molt ama deu quelor qe uole lauorar
E per lo fo amor caritad ne fai dar.
265 [O]gn.unea hom po deu molto ben acatar,
[Re] e? enperador, fig lo uoleffe far,
Neben Z. 235—7 aus einer Kanzel ragt ein mit vorgestreckten Armen predigender
Mann; von der Zuhörerschaft ist nur noch ein Mann erhalten (ilte praedicat.).
254 Qe zu tilgen? 357 una nämlich fe. 261 ist vielleicht mit E an der
Spitze nach 251 einzuschalten. 265 vor und nach gu und 266 vor et Löcher.
62 TOoBLER:
Dus e cont e margefi, ge porta gris e uair,
De qual arte ge fia, caualier o guglar,
Quili ge ua al uerfor arar e lemenar.
270 Mo ue dig en qual guifa ue podhe ben faluar.
Guardai ue da mentir per l’autrui enuolar
E da falfa rapına, d’ufura e d’enganar;
Strada nı camino no ue cal deraubar. (557°)
Deu uel comanda ben, ge no deui gugar
275 Ne falfo teftemonio per nigun omo far
Per aor ni per auer g’elo te polla dar.
La luxuria fe uorraue molto fort amorcar;
No e caufa en [to mondo, [fi faca radhegar;
Lo plufor de la gente fai feramen peccar;
2so Tal entra en la fola, ge no [en la guardar,
O’unca no ie fer& a dir nı a penlar.
Mai quel q’e omecida me fai meraueiar,
Com el regno de deu camai dibia entrar,
Se no per una guifa, fel lo uolefle far:
285 Verafia penetencia e lofrir e durar,
Le uanitad del mondo tute defmentegar,
Si ge ’'n peccad mortal mai no deues tornar;
Et en quefta mefura con deu fe po acordar.
Molt e greue peccadho l’autrui coffa enuolar;
290 Niffun om nol deuria uoler nı delirar.
Ne ane un pouer omo ne [cernir nı gabar;
Anz lo de uolonter leruir et albergar
Per amor de quelun qe ie l’a meritar.
Quel c’a mifericordia, lao el po cudigar,
295 Ben la porä querir, baudamen demandar
A [deu] omnipotente, ge no ie la uedhar;
E gi no la en altrı, ben fe po delperar;
[Njula mifericorda en deu no a trovar.
[Blen de un om a l’altro uolontera moltrar;
30o Ki (a l’oura de deu, ben la de enfegnar.
273 1. Straa oder Ni [trada oder Camin ni I[tr. 274 1. gurar? 276 1. elo
ue p.? 281 Relativsatz, der sich auf folia bezieht. 29, 8, 9 Löcher.
Das Buch des Ugueon da Laodho. 63
Mai alö primamentre de fi amaelftrar.
Co ge no uos c’on faga a ti adaltri no lo far. (55v°)
. E pur al patrenoftro ue podhe caltigar;
Qi fai co qel comanda, molto po ben [canpar
305 Da le pene d’inferno, ge ca no u’a tocar.
E qı nol fa entendre, fi fel de far fplanar.
Enlora prege deu, com’el uien a cantar,
De lı peccadhi c’a fatı li degne perdo(r)nar;
Pur en cotal mefura ie uol el perdonar
310 A quig ge li a onfelo et en dir et en far.
Mo ue dirai de que fe deuem percagar:
Lo eriator del cielo molto glorificar
E foura tute caofe feruir et aonorar
Col cor e con la mente et en dir et en far,
315 E dir oracione, mefla e matin f[coltar,
Si gig noftri peccadhi ne degne perdonar.
Molto poc ama deu lo empio e l’auar.
La lemofena certo no fe uol oblidar;
Senca quela nug omo no fe porä faluar.
320 L’oura e la bona fe le uol aconpagnar;
Ke l’una fenca l’altra no fe po ben faluar.
o ceriator del cielo doi uie n’a moftradhe,
L’una de bone oure e de grand nobilitadhe
E de mifericorda e de molte bontadhe,
325 De pas e de concordia, de bona uolontadhe,
E de ueftir li pouri e le defafiadhe,
De uifitar enfermi fouenz e le maladhe.
Li decreti uel dse e le deuinitadhe:
Molt ama deu quelor ge d’altrı a piatadhe;
302 ist ein vierzehnsilbiger Vers zu dulden oder soll man, mit schwacher Cäsur (wie
327, 413, 628) nach faca, das zweite Versglied lauten lassen a ti, altrui nol far? 307 „wie
das Vaterunser kündet“. 308 1. Qig. 323 tilge e.
Neben Z. 322— 7 Chriftus auf dem Thron (.xps.). Links scheint ein Mann einem
Nackten ein Gewand zu reichen (ilte facit bonam uiam), rechts ein Mann ein Weib zu um-
armen (jite facit malam uiam).
64 TOoBLER:
330 Qe per lo fo amore fe mantien criftentadhe.
Pura cofa e fantilfema e la uirginitadhe;
Lucerna ([plendediffema en ciel fi apeladhe.
A quili no fer& le porte unca [erradhe;
E fanto paradilo [erä recomandadhe.
3355 Tut co q’eu dig a uol, per cert e ueritadhe.
Se uole mantesnir la lfanta criftentadhe,
Frecaı ue de ferur la uera maieltadhe,
E no fad como quele ge fo dementegadhe,
Qe non aue al befogno le foi lanpe adornadhe,
340 Perö ftete de fora dolorofe et iradhe.
La lemofen’ e quela per cui ferä faluadhe
Quelor c’a bona fe la da en carıtadhe
E ge foftien al mondo neces e po(r)uertadhe,
Lafarä la foperbia, cignerä umelitadhe
345 Pur per deu folamentre lenc’altra uanıtadhe.
A lo dı del geudhifio lı ferä meritadhe;
Qe’nl prad de lofafat lerä tute [embladhe.
Le oure bone e rei tute ferä moftradhe,
En molto poco d’ora [erä tute peladhe.
350 Quele ge [erä iufte, en bon’ ora fo nadhe,
Dal deftro lad de deu f[erä& ben adornadhe,
En fanto paradılo [erä poi enuiadhe,
Denanz lo criatore fir& aprefentadhe.
De la gloria de den aurä tanta ubertadhe,
355 Qe ca no [erä cola, [el gen uen uolontadhe,
Qe’n prefente non fea del tuto faciadhe.
o me befogna dir de quig mal aguradhı;
Q’ili no uol ueder quig q’e delafıadhi,
Nifun pouer de deu n’auogol ne [idhradhi;
seo Mai graffiı palafreni e deftrier (ecornadhi,
(56 r°)
(56v°)
341 f. die reimenden Participia sind teilweise männlich gemeint; ihre weibliche Form
scheint ein paarmal weibliche Form auch im Innern des Verses herbeigeführt zu haben, so 347,
350. 349 poco in der Hs., danach zu berichtigen S. 35 Z. 20.
Neben Z. 355—7 Mann und Weib hinter gedecktem Tisch; ihnen nähert sich ge-
bückt am Stabe mit erhobener Rechten ein Mann (ilti sedunt ad tabulam; ifte est pauper).
360 Hs. fecornadhi.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 65
De belle ueltimente fpeflo effer mudhadhi,
Aoftor ao [paraueri wol e faleon mudhadhi
E ueltres e fegus, leurer encadhenadhi
E bon ofbergi blangı et elmi afaitadhi,
365 Palafı e bitefredhih e tor enbataiadhe
E manganı e preere per feremir le contradhe,
Aleir Fun omo lautro e de lanc’ e de [padhe,
De quareig, de balefti e de feite 'npenadhe.
Quelo fe tien plui alto, ge po far plui maltade
370 E l’autrui terra tor, le canpagn’ e le pradhe,
Li bufei e le mafone, le clofure ferradhe.
Mai d’una cola fa l’omo grande derradhe,
De facrament, ge molt era ca redotadhe;
Mai lo plui de la cente I’a en befe cetadhe.
Qe tanto ie plafe le calde peueradhe,
Bele longe roltie, fugaeine raffadhe
E fafanı e pernile et altre dignitadhe,
Forte uin e pofone e galine faitadhe,
Delenquid a Iefu, la uera maieftadhe.
>}
1
a
380 o fie un fermon qe molto fi ufadho:
Mouanao om e paffludho e ben (aben) abeueradho,
Dife un contra Y’autro: ,‚fai que m’e enfegnadho
D[a uln me bon amigo, q’e ben enleteradho?
Ke tut e peruecuto, de fin ge !om e nadho,
ss5 Co q’elo de auer; no li ferä tardadho.
Paradis et inferno, tut e perdeftinadho‘. (57r°)
Mai quel q’a [ta creenca, me par mal enuiadho,
S’el no entende meio qelo a comencadho.
Se uoı me uole crere, anc no fe’ eu abadho,
390 Et el ue plas entendre quel q’eu ai comencadho,
366 ebenso gut wie leremir erlauben die Züge [tremir zu lesen. 372 das c von
cola scheint aus d zurecht gemacht. 376 1. fugacin’e ralladhe?
Neben Z. 379—80 Prediger in blauer Kutte mit Kapuze auf einer Kanzel; zwei
Personen, von denen nur die obere Hälfte sichtbar, wenden die Gesichter von ihm ab (jfte
praedicat; ilti nolunt audire). 383 Löcher.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh.]. I
66
TOoBLER:
Aıbaı bona [peranga
Per cui tuto lo mondo
Et [U] el ue plas entendre,
Cafeun de uoi aurä
395 Tuti deue fauer,
En lo guagnelio fainto,
Quelo ge ua dreol cego,
Moftrano doı camını,
L’un e fang e pelflina,
400 Qi cirä per lo bon,
E deu noftro l[egnore
L’apoftol el profeta
Quel peccator c’aurä
Per ladro ni per fuiro
405 No [erä enporidho,
Ni uento ni tenpelta
No ferä rugenento,
Anz [erä pur e mondo
Quand uignira la fin,
410 El cira con Ii agnolı,
De le beatetudene
Quand el ferä dai faintı
De molto preciolilfema
Qe no parä ge lea
415 Ni per negun encegno
De clare margarete
Blange plui qe no e neue,
Corona ’urä celariffema
Qel fol, quand el fe leua,
420 A qı faı la bon’ oura,
Mai quili ge uol far
Da lefocerilt altiffemo,
En la cros fo metudho,
De pier’ e de baftoni
435 E feri de la lanca
391 Hs. (peranca. 398 1. Molträ n’e.
el (egnor coronadho,
e guarid e faluadho.
quand eu l’aurö (planadho,
lo cor enlumenado.
tanto u’e nonciado
c’ogna dı fi cantado,
el caz en lo foladho.
ge molt e lad a ladho:
Yaltr’ e mond e [pacado;
ca no lerä locado.
fi ne l!’a comandadho,
ben fe n’e acordadho.
en ciel tefauricadho,
no lı fer& enuoladho;
roto ni magagnado,
no l’aur& deuoradho;
negsro ni fumegadho,
plui de Yaur lauoradho.
ben Ii fer& (aluadho.
en ciel firä portadho,
fera molt alegradho,
receuut e clamadho,
ueltimenta aparadho,
te(luto ne filadho
cofidho nı taiadho.
ferä& tut adornadho,
ne de flore de pradho.
plui de l’auro coladho;
no e tanto [meradho.
quefto ie deltinadho.
pur co qe i’e uedhadho
ge per nui fo penadho,
feramen claueladho,
batud e lapidadho
en lo fo fanto ladho.
(57°)
425 Der Satz wird nicht vollendet.
Das Buch des Ugugon da Laodho. 67
Mai quel ge lo fer, ca no fo el danadho,
Per g’el diffe foa colpa, el ie fo perdonadho.
Per co no de nul omo efer desefperadho.
Mo trouo de quelor ge co mi a faueladho,
430 Qe dise c’un altr” ano uol efler caftigadho
E prendre penetencia de agnüca peccadho.
E felo fe conge ao ell e terminadho,
Como ge fia peco, no me par meioradho.
E f’el mor enfra tanto, a mal port e riuadho:
435 Quel cui el a [eruidho, no e adormencadho;
Si tofto con lo fpirito e dal corpo feuradho,
Vn laz li get’ al colo, fi !’a encadhenadho,
Entro Tinfern lo porta, o el fi afpetadho.
Mai unca no fera ni onto nı bagnadho;
440 Mai anc [’el folfe pur o batud o fcouadho,
Elo creria effer un re encoronadho:
De grand forcon de ferro fpefo firä tocadho,
Cento fiadhe al di per lo corpo foradho;
Le altre pen’ e tante qe nefun leteradho (581°)
45 No le poraue [eriuere en un ano paflado.
Quili e’onfende a deu, quefto i’e deftinadho.
Quig ge no cre morire, fi a molto faladho;
De quel penfer q’ig fa, caleun a radegadho.
C’ancoi e l’om alegro, doman e trauerfadho
De quefto mond a laltro, fi com e deftinadho.
En molto poco d’ora, dac’a perdud lo fladho,
No par ge fia con lu ne [pecie ne molcado,
Anci pue plui tofto de can mort en foffadho.
Da quig ge plui ’amaua, e feramen fciuadho,
Serore ne colino noi po durar daladho,
Nel pare ne la mare ge lo a norigadho.
D’una uil uiftementa alö uen adobadho,
En un poco de drapo fi fi auolupadho,
De lo pegor gig po, Tel de effer conpradho,
460 Molto uiagamentre a la glefia portadho.
45
o
45
a
430 Der folgenden Singulare wegen wird man Qi lesen müssen. 431 1. ognunca?
9*
68 TOBLER:
D’un palio fi couerto, gei wien poco lalladho.
Deu, con fregofamentre lo meftier fi cantadho!
Portal al molimento, lao el fi colegadho,
De malta e de calcina ferament fofrenadho.
465 A tal percurator eli Pa deliuradho,
Qe li manca la boca, le brac’e lo coltadho.
Fort (e moltra dolentre quili ge l’a plurado;
Tal par molto dolentre, qalaı aur& ceridadho,
Qe ua molto deuoto e portal caf clinadho
470 E clama ad alta uofe ,‚gramo! fi mal fadhadho!‘
Et ‚oime, car cofino, qe tu m’aıi bandonadho!‘
S’el po tornar a cala, pur q’el fea alıadho, (58 v?)
Groffi boconi a far de co gel a laxadho.
ole audır de ’anema com ela e guiaä?
475 Plui nigri e de carbone quili ge l’a portäa,
En le pene grandiffeme de l’infern l’a citäa,
En quel peflimo fogo, qe de fi grand duräa,
Qe fe tuta la mar entro fos enuiää,
Altrefi arderia como cera colää.
4s0o Quand e molto deftruta, roftia e brufää,
Poi fi getaa en un’ aqua ge li freda e celä:
Se la maior montagna qe 'n quelto mond e
Folfe del noftro fogo enprela et abralaa
Per art e per engegno, e ’ntro fos enuiäa,
435 En un [olo momento leria tuta glacaa.
L’anema fe laimenta, q’e molto tormentää,
Del corpo fe reclama ge l’a mal albergäa:
Oi corpo maladheto, con tu m’ai enganää!
Tu no as mal ne ben, pena no te liuräa.
490 L’alio ge te fafeue, m’a molto delertää.
La gola maladeta, ge fo tant alıaa,
r
e)
rr
naa,
461 „das ihm nicht lange gelassen wird“. 470 vgl. 728, 762 und $ 41c.
478—9 vgl. Mon. ant. B 35.
Neben Z. 4850— 2 zwei dunkle Gestalten, die gemeinsam eine wagrecht ausgestreckte
menschliche Gestalt auf den Schultern tragen ([dijaboli qui por[ta]nt animam).
Das Buch des Ugugon da Laodho. 69
La deuicia gel’ aue molto i’e daloncää.
Ki ge(l) Tabia uendua, eu laai cara conprää.
Mifera mi taupina, dolentre, mal fadhaa,
495 En con fort auentura al mondo fui creaa!
Deu Yaueffe uoin q’eu no fos unca nää!
En profondo de mar anci fol eu zitää
Com una mola al colo fortementre lıgaa,
Anz q’a tanto martorio eu folfe deliurää.
500 lto deu gloriolo, qe gouerne la gente, (59 1°)
Li boni e li rei, iufti e penetente,
Oi deu, com eu pos eller gram e trift e dolente,
L’anema mia e lo cor e la mente!
Tu me creaffi en forma parifente,
505 Poı me leuafti grand e fort e poflente,
Sı me moftrafli doi cole ueramente,
Lo ben el mal, don eu fon cognolcente.
Enfin q’eu fui uigoros ef aidhente,
Eu no tegnia la uia d’oriente,
510 Encontra ti fui fer e conbatente,
No audi ni obedi Hi toi comandamente.
Mifericordia te clamo, alto deu omnipotente,
Qe me fecori qui alö en prefente,
Qe fenpre mai uoig efler penetente.
515 Qe fenca ti no e omo uiuente
Qe, (el no t’ama, pola ualer niente.
Et el e le foı oure tornarä a niente.
omenedeu propicio, molto t’ai onfenduo,
Tropo fon ftato, qeu no t!ai cognofuo.
520 Enfin qeu puti portar langa ni feuo,
Enfin a tanto qeu fon ueglo canuo,
499 deliuräa die Hs., danach 8.36 Z.7 zu berichtigen.
Neben Z. 500—2 Chriftus auf dem Throne, zu beiden Seiten Knieende mit erhobe-
nen Händen (.xps.). Neben Z. 518— 21 Chriftus auf dem Throne, das Gesicht etwas seit-
wärts gekehrt nach einem (teilweise unsichtbar gewordenen) Mann, der einen Schild trägt, und
neben dem eine Lanze im Boden steckt (‚xps.).
70 TOoBLER:
Encontra ti [enpre ai conbatuo.
Per toa bontad or [on recognofuo
Qe raegaua fi com omo perduo.
525 A toa marc‘, [egnor, eu fon renduo,
De mi aibe ’ndulgencia, ge a ti fon uegnuo.
Se tu fai tanto gq’eu [ea receuuo,
Enfin q’eu uiua, mai no [erö ueneuo, (59 v°)
Del to feruifio f[tanco nı recreuo.
530 Mai d’una colfa me [on eu perceuuo:
Ben fai q’eu uigni en quefto mondo nuo,
Mai no ge [on tropo ben dareguo;
Mai a la fine fi firö car tegnuo!
En un celicio firäl corpo metuo,
535 Tutol plui ul ge ge firä uenduo,
E quel medeffemo f[erä afai perduo.
Que unca uoia, del corpo [ea ’uegnuo,
Lo {pirito meo uoio ge fea renduo,
Si fer elo, (el me fi atenduo
540 Lo rico don qe m’e enprometuo,
K’entrol guagnelio alai l’o entenduo.
S’eu fui fi fole qg’eu non fui auecuo
Qe’n li peccati on longamen caluo,
Da q’eu me repento de co ge m’e aueg[n]uo,
545 En la toa corte do efler receuuo,
Dis mei peccadhi deflauad e foluuo.
arce te clamo, ueras deu, en ploranto,
Qe la toa ira no me lea dauanto.
Ben fai eu, deu, g’eu tai onfendu tanto
50 Qe eu ne altri no fauria dir quanto;
Enfin q’eu fu couencel et enfanto
532 Mai ist vielleicht aus dem folgenden Verse an Stelle eines E oder Ne einge-
drungen.
Neben Z. 547 — 9 Christus auf dem Thron einem Mann in langem Gewande zuge-
kehrt, der geneigten Hauptes und mit flehend erhobenen Händen daneben steht. (.xps. und
ifte elamat mercedem.).
Das Buch des Ugugon da Laodho. 71
Fin quefto di, qeu fon ueio e ferranto,
Encontra ti uon fenpre conbatando.
Mai (tu no fulfi coffi soaf e blando,
555 No ereria qe Paul fos uegnu lanto.
Mai eu era fi fole, quand auea centol brando, (60r°)
K’eu me tegnia meio de lo conte Rolando.
Mai entro li peccati eu ai demorad tanto
Qe fouenge fiadhe n’ai folpirad e planto.
560 Mo e uegnu tal tenpo q’eu [on recreto e ftanco,
E pur con ti, uer deu, fon remagnu a tanto.
Marce, dolce fegnor, no me laffar al canpo!
Qi qeu me fia, pur a ti me comando.
vita deuinitad, wueralia maieftate,
5656 MÖmnipotente deu four’ogna poeltate,
Mifericordia te clamo con grande pietate,
Qe me fecori per la toa bontate;
Qe ben fai eu qe queft’ e uiritate,
S’eu uoig ueder la toa maieltate,
570 Q’el me couien laflar la eniquitate
E Yodio e !ira e la rea uolontate
E tuta Tauaricia e la enpiatate
Et anc la cobiticia con l’altra uanitate.
Melftier m’e tegnir pale e grand omilitate
575 E far ben penetencia de le coffe mal fate.
Qe ben fe troua en la diuinitate
Qe fenpre de auer legreca e bonitate
Quili cd’a permagnir per deu en calftitate,
E ge foftignira quili c’a pouertate.
» 580 Et ancora ie uol una maior bontate:
Se un omo t’onfende de fiiol o de fratre,
Per amor deu l’onfenfe de effer perdonate.
555 I. Eu no creria oder No cereria eu; vielleicht ist aber die sogenannte lyrische
Cäsur zugelassen.
Neben Z. 564— 7 Christus auf dem Thron, ein Knieender mit erhobenen Händen
rechts ihm gegenüber (.xps. und ilte elamat mijericordiam.).
m> ToBLER:
E gi quefto far, ben li fer& meritate:
Quante el n’a fate ne dite ne penfadhe, (60 v°)
535 Al di nouiflimo no [erä recordadhe.
En paradifo lerä encoronadhe.
efu de gloria, no me abandonar.
us te clamo, pur gel te placa a far,
Qe tu me degne fecorrer et aidhar;
590 Qe cenca ti no me ual percacar.
Q’eu t’aı onfelo et en dir ei en far
Oltra mefura, fi q’eu nol fai cuitar,
E no fon desno ne merito de pregar
Qe tu me dibie audir nı aleoltar.
595 Mai fi me par greue cola a penfar
Q’eu me deuefe dal feonor defperar;
Qe la [eritura me fai molt alegrar,
Qe manefefta qg’eu me pos ben faluar
Per penetencia, conuertir e mondar.
60o Mai fi fe uol liuramentre lauar,
Qi en cel de permagnir e regnar;
Qe’n quela glorıa no fe po albergar
Nefuna caula ge [ea da mendar.
olce fesnor, humel, foaf e plan,
605 Iefu de gloria, wuerafio deu certan,
Grand meraueia fais de cinque pan
E de dui pefli qgis apoltoli trouan:
Ben cinque milia omini et enfermi e lan,
Qe te [eguiua e per mont e per plan,
610 Refacialti de quel pefe e del pan;
583 ben li darf vielleicht eimsilbig gesprochen werden (beig); vielleicht aber auch
hat man mertate (= mertato) zu lesen. 584 mit Quante sind onfenle gemeint.
Links neben Z. 587 — 90 Christus auf dem Thron (.zps.). Rechts neben Z. 604 —
606 Christus sitzend nach rechts gewandt segnet die auf einer Art Tisch liegenden fünf Brote
(und Fische?); auf der andern Seite des Tisches (drei) Sitzende (xps).
Das Buch des Ugucon da Laodho. 73
Per quel miracol aflai (en baticä. (61r°)
Quig ge te ferue, grand merito n’aurä:
Al di nouillimo la fe confortarä,
Quand ig fera da lo to deftro la.
615 Cum grand paura li defipuli aurä,
Quando li arcagnoli de paura tremarä.
Poi que dira I falfi eriftian
. C’unca per deu no uols effer human?
Al departir reu comiad aura.
620 De tute parte le cente ge [erä,
Ongarı e bolgarı, rofli, blachi e cuman,
Turchi et armin, farrafin e pagan.
Li eudhei ereco qe le recordarä
Del mal c’a fato; grande paura aurä.
25 Con fortementre la fe repentirä!
Ca noig uarrä lo quart d’un prouencan,
Se no a quili ge uene criltian,
Qe per Famor de deu [e baticä.
Fin ge fui picol, entro q’eu fon uetran,
630 No tign’eu ula ne uita d’armitan.
A toa meree uoig [tar, qe concont m’as.
ti me rendo, ueralio faluator,
Tu ge mantien Jı grand e li menor,
Li boni.eig rei, li iufti eig peccator.
635 Sı erec’eu ben lenc’altro enlegnador,
Qe tu ei maior d’ognunc’altro legnor.
Qi co no ere, ben lo tegno traitor.
No e marges, duf ni enperador
Ne apoftolico, re ne altro [egnor (61 v°)
640 Qe polla auer uertute ne ualor
Se no da ti, c’as la forga el uigor.
Marc de mi, c’affai [on peccator,
615 vgl. 1722. 616 paura hier zweisilbig, 615 und 624 nicht.
Neben Z. 632 —5 Christus auf dem Thron, rechts knieender Beter (.xps. und ilti
rogant deum.).
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh.I. 10
74 ToBLER:
Plui ge no fo nilfun meu antelflor,
Luxuriofo, falflo e fornicadhor,
645 Plen de foperbia, d’ira e de furor.
Encontra ti fui fier conbatedor,
No te portai bona fe ne amor.
Pentid ge [on lenga ogno tenor.
Merce te clamo, iufto perdonador,
650 Qe me defendi dal pellimo calor,
Si me condu al preciof odor
En lo to regno, lao e tanto Iplandor,
C’unca no aue nigun comencador,
Mai fenpre fo e ferä lo [o aunor.
655 Oi, grand poefta, tu me fai queft aunor
Q’eu fea con ti, ueralio crlator.
e mi, fegnor, abie remilion,
Qe molto fun de rea conplexion,
Empio et auar, malparlier e felon;
e6o De li alltri] peccadhi eu no fai far rafon.
Encontra ti] fui forte canpion,
Ne no [auldi toa predicacion.
De mi enftefo faeua trailon,
Ond’eu me tegno molto fol e bricon.
665 Oi deu, ge fai la mia enpentilon,
Tu me condu a uera guarifon.
Per penetencia e per confelfion (62 r°)
E per lemofena e per oracion
Vorau’eu [tar al uoftro confalon;
670 Qe ben fai eu, gel lo dis la rafon,
Quig ge te ferue, aur& grand gueerdon:
Al dı nouiffemo la receurä lo don,
655 für aunor dürfte hier amor zu setzen sein. 660— 2 Löcher.
Neben Z. 657—9 Christus sitzend und mit der Rechten auf eine Tafel oder ein auf-
gerolltes Blatt deutend, rechts von ihm kmniet ein Ritter mit grünem Kleid über dem Halsberg,
ein Schwert an der Linken (xps qui legit. und ilte clamat mercedem).
Neben Z. 668—74 ein in einen Erdhaufen gepflanztes Banner.
Das Buch des Ugueon da Laodho.
Quand lo fignor darä benecion.
Le uiftimente
675 Plui refplandente
Corona aurä
De fin (meraldi,
De clare margarete
Mai eu prego deu,
eso Qe ben atende
Q’el me conduga
Q’eu no romagna
Qe [empre uolle
Quili eirä en la mortal prefon,
es5 Entro l’inferno en tribulacion.
Apolin e Macon
Diues e Faraon.
La trouarä
E Triuigant,
Qilı non a
Soi marefcalchi
690 Afai plui nigri
Qe li da fpelo
De fpedhi agudhi
Aprefo quelo a maior palıon,
De bafalifei, »de pelimi dragon,
695 Rofpi e [erpenti,
Qe lı percoe lı ogli
Mai unca en perpetuo
Mo ben me par
Qe nui pregemo
zoo Lo re de gloria,
E gel ne duga
En lo fo regno,
ferä de tal facon,
de pena de paon.
ne d’or ne de laton;
robin e de carbon,
ferä foa ornafon.
de bona enbandifon:
e cruel e felon,
de corf ne de carbon,
de mace e de balton,
e d’ardente forcon.
75
c’alegra Simion,
la [oa promilfion,
da la part de lı bon,
daig pellimi felon,
ftar en delfperafon.
ligur e [corpion,
el uifo e lo menton.
no aurä redencion.
gel fia de rafon
con grand deuocion
(62 v°)
qeel ne faca perdon
con [oa benedicion
g’e de faluacion.
686 vgl. 1568 f., wo der dives (s. 1163 f.) den Artikel hat; seine Aufnahme unter
die jalschen Götter oder Teufel ist mir sonst nicht vorgekommen.
Pilatus und des Nero nicht eben auffallend, ist auch die Pharaos.
Selten, aber neben der des
693 1. quela?
10*
76 TOoBLER:
e de gloria, [re] poffent,
Verafio deu omnipotent,
705 A ti prega ef adora e cre
Tuta la cent ge aud e ue.
Tu ei ueralia poeltate,
E iufta diuina maieltate;
Per la toa forca l[e tien,
ıo Quanti ge uiue, boni e rei.
Per cert eu ereco lenca tenor
Qe tu ei ueralio faluator,
Lo ciel e la tera formas
E le altre caufe tute creas,
715 Le (telle el fol, l’aer e la luna,
Lo plan el mont e la mar tuta.
Per ti e fate tute le cofe,
Le palefe e le relcofe,
Lo firmamento fin a V’abıllo;
720 Non mitis malta, [il faiffo.
L’inferno fHifti el paradıfo,
Mai un da l’altro molt e deuilo:
Entro l’inferno e dol e torment,
Paradis e plen d’oliment. (63r°)
725 Mai grand merueia fo de quelor
Qe reuelä al criator
E’n ciel a lui contraria.
Taupini fi, per quel penlä?
Qe’n latoa gloria, deu omnipotente,
730 Tuti ([eraue rigi e mainente.
Mo camai non aurä conforto,
Calcun de lor uoria elfer morto.
Per (oa foperbia fo deftruti,
Entro l’inferno citai tutı
735 En quel pelimo ardente fogo.
E deu, quant a pecoräa logo!
Camai no aurä remillion,
Longa lerä [oa pallion.
Ne mai a fin no de uegnir,
740 E uolontier uores morir.
Mai ben de hom auer paura
De cofli peflima paura
E far co ge la leg comanda.
Mai pogi e quili ge la atanda,
745 E fi enpromete lo noltro fignor
A quili ge’'n lui aura amor,
Qe qi fara (oa uolontate,
No aurä pena, dol ne maltate.
L’apoftolo uel dis enfteflo,
750E deu del ciel ue l’a tramelflo,
Qe uoi ue amad molt entre uoi.
Mai (el fared, biadhı uoı.
(63 v°)
Quelui gel (o fradhel non ama,
Lo re de gloria unca nol clama,
755 Ancol farä ftar da luitan,
Per g’el non e bon criftian.
Criftentate deuem noi entendre,
Q’ela n’e daa pur per defendre
Da quili ge molt fe percaca
760 De noi condur en rea traca.
Mai criftiani effer no po
Neben 703—7 Christus auf dem Thron, knieende Beter zur Rechten (.zps.).
708 1. Iufta e.
stellen oder zu
742 darf man
tilge lo.
tilgen. 723
714 altre oder tute zu streichen?
!. En V’inf.
paura durch ein so ungenau reimendes Wort wie demora ersetzen?
722 e ist vor molt zu
729 tilge la®
745
725 I. merveia ai.
z
Das Buch des Ugugon da Laodho. 77
Quili qe fai mal, quant ig po;
- E quel ge tropo fe n’entriga,
765 L’anema aur& longa fadiga.
Lo merito q’ela deurä auer,
Sera eruel pur a ueder.
Nigun hom e, f’el lo ueeffe,
Qe greue anguftia no auelfle.
" Lo re de gloria no uolfe guerra,
70 Anz mandä pafe de ciel en terra.
Pogqı fon qe la mantegna,
Mai ca no [a que ie n’aulegna.
Quelta uita no e fidhent,
Encontra laltra tut e nient;
775 No deuemo ben fauer
Qe Yaltra (uita) fin no de auer.
Mai un arguaito n’e delcuuert,
Qe de la mort ogn’om e cert.
Noi no fauem lo dı ne l’ora;
780 Dolentre quel ge 'nl mal demora!
Quelor ge dorm en lo peccad,
Taupin fi malauenturad! (64r*)
Quel ge mor en defperalon,
L’anema ua en perdicion.
785 E ben faui uui ge la mort
No teme fafına ne fort;
De preganto ne de fatura
Vnea no par q’el’abia cura;
Q’ela no laflal fo percaco,
790 Lao ela a meflol [o laco.
E nıfun hom no [en defende;
De quantin tol, gamai no rende.
Ben la po homo pregantar,
Mo ca no [’a enduliar
771 nach fon ist quig einzuschalten; vgl. 951.
795 Tant c’om (om) poffa andar un
palfo.
No laffal magro per lo grallo
Ne quel q’e fauio per lo fole;
Ad un ad un tuti fig tole.
Ela no lafa (ne) bon ne reu.
soo Biad quelor ge feru a deu!
Mai unca no penlemo ben
Com l’auer del mond ua e uien:
Ancoi e meu, doman e to,
No fe n’enfence qi tuor fel po.
805 E queft auer, ge nui auemo,
D’altrui fo tuto, ben lo fauemo;
E ben ge par q’el fia noltro,
Mai noı lo lafem molto tofto;
Et altrefi fafemo nuı,
sıo Qe tutol lafem ad altrui,
(64 v°)
L[a] pecor parte ne l[erä noftra.
De uiftimenta molto deuolta
Serem ueltidhi a la fin,
Mai no de uair ne d’armelin,
815 Mo de ftamegna o de celico
Pongente com un pel de rico.
Si tofto como l’om e morto,
Viacamentre el fi fepolto,
E fieramentre fi plurad
820 Da tal ge miga no Tee en grad.
Mai per qigi e foi parenti,
Sen moltra en alget dolentri;
E tal fen moftra auer gramega
Qe’n fo cor n’a grand alegreca,
825 Q’el li reman tuto lauer
775 I. Mo noi.
78 TOoBLER:
E la mobilia e lo poder.
Et altri par ge ne [trangofa,
Qe non aur& miga d’angoffa
E ge dir& con plana uofe
s30,Per deu, guardai (’el uien la
cerofe.‘
Soauementre lo remuda
E dife ‚ca me par q’el puda‘.
Refponde quig ge [ta atorno
‚Qui non e guagre bon focorno.
35 Deu, quanto li preuedhi fe triga!
El no ie cal de l’autrui briga.
Per certo molto fe demora,
Qe tropo par ge monte l’ora.
Non e ancor fate le candele;
s40 Baftale g’ele folle tele. (6ör°)
Per fi grand alıo [fe fa,
Ad ogn’omo recrelfe ga‘.
En tutol mondo non e cola,
Plui uolontier fia reclofa.
845 Vnca non e rea ralon,
C’afai n’e peco la malon.
Mo no [’enfenga del cridar
‚Viesna quelor gel de portar“.
Et ıllil lieua molto tofto
s5oE condus lo lao fi repolto.
Deu, como ua wiacamentre!
Vnea l’un l’autro no atende.
Mai quel meftier e molt frecolo,
Qe cal uoraue auer alcolo.
s55 Viacamentre da l’oferta,
E molto fta la rieca auerta.
Tuti me pare d’un talento
Pur de condurlo al monimento.
Ilö lo feonde e dentro lo ferrä,
sco Camai no cre gel faga guerra.
L’anema firä ben pagaa,
Ca no firä miga enganaa,
Sesondo l’oura q’ela fe.
Biadi quili c’a bona fe!
865 arıllımı no uel defmentegate
E da feruir a deu no ue tardate;
K’elo no fe po far per tempo,
(65 v°)
Qe ’n poco d’ora fe mudal tenpo.
Penfai o e l’enperador
370 El papa e li uaualor
E re e dus, marges e conti,
Qe deftrencea plan e monti.
Q’eu men recordo mortı tantı
Qe de uiui non fo cotantı,
s5 Qe [taua al mondo fi altamente
Q’eu nol faurla dir a mente.
845 „es ist keineswegs schlechter Grund (die Leiche gern einzuschlie/sen) vorhanden,
denn das Haus leidet sehr darunter“.
847 1. D”’enfenge?
Neben Z. 865—7 ein Mann in grauer Kutte mit blauer Kapuze an gedecktem Tisch
führt Speise zum Munde; vor ihm kniet ein andrer und fa/st des Sitzenden rechten Fufs;
aus eimer Wolke ragt ein Vorderarm, so dafs die Hand über den Tisch ausgestreckt ist
(jfte ceomedit.).
865 1. Carillim, nol defmentegate,
medelem zu sprechen sein wird.
Da feruir deu no ue tardate? vgl. 928, wo
Das Buch des Ugugon da Laodho. 79
Mo que ie ualfe la foa grandega
Ne la foperbia ne la mateca?
O e li uairi el grand tefor
sso E li uafeli d’arcent e d’or,
Pali, fcerlate et armelin,
Rigı cendalı e cibilin,
Deftrier e muli e palafren,
Caftes e roge et altro ben?
sss Mai ben faui c’altrı l’a tuto;
Caleun de lor e ford e muto.
Quili no aurä briga ne tormento,
S’ıli atendel comandamento
Qe deu manda en la feritura.
90 Biadhi [quig] qe n’aue cura!
mici mei, que faı uui,
Qe no ferui pur a quelui
Da cui uien tute le bontate,
La terra el ciel a en poeltate,
895 Ke fofri dol e tormento (66 r°)
Per noi condur a f[aluamento
Per la foa farnta uolontate,
E per (la) noftra necellitate
Soltene fiera pallione
900 E grande tribulacione?
Ca fo el per nui marturiado,
Prefo e batuo e lapidado,
E fi fo defpuiato nuo,
De piere e de bafton batuo,
905 Sus en la crose fo clauelato,
878 Ne zu tilgen?
Per noi forte marturiato.
Claudä li fo le man e li pei
Da quili peflimi eudei;
De {pine ague molto poncente
910 L’encoronä la mala cente,
Poi lo feri dal deftro lato
D’una lanca per lo coftato,
Si q’el n’enli fangue et aigua
Per quela fantilfema plaga.
915 Per quel fangue preciofillimo
Aurem nui lo regno [antillimo,
Se nui farem lo fo plafer
E co q’el ne comanda crer.
Enlora pars com el n’amä,
920 Quand el tanto l’omiliä
Q’el fe laffa per noi morir;
Q’el ne uols faluar e guarir
Da quele penne crudeliffime, (66v°)
Q’e tanto pellim’e fortiffeme,
925 Qe boca nol poria parlar,
Ne regle audir ne cor penlar.
Q’elo no uolfe metre zuace
Mai fi medefemo per oftaco
Per noi condur a guarifon
930 De crueliffema prefon.
Mai fi e ben ge nui penfemo
Qual gueerdon nui li rendemo.
Se nui auem en lui temor,
Bona fperanca, fe et amor,
935 Se nui farem co gq’el n’a dito,
A nui no l[erä contradito
Neben Z. 8931—4 Christus stehend, die Rechte lehrend erhoben, in der Linken eine
Tafel, links ein knieender Beter (.ilte rogat deum. und .xps.).
895 1. E ke.
E per noi fort.
897 Hs. [oa [ca u.
933 1. aurem wegen farem 935.
301 el zu tilgen? 906 1.
80 TOoBLER:
Lo (o regno a pofeder.
Biadi quili gel de gauder!
Qel guagnelio lo dis e li profeti
940E lı defipuli de deu eleti,
Qe nu aibam umilitate,
Pas et amor e caritate;
Qe deu no uolfe mai defcordia,
Anco ama pas e concordia,
945 Si como dife lo deuin
Ambros, Gregor et Agultın.
Meffer fant Paulo ben afıgura
En la lantillima (eritura
Quelor ge [ta en paciencia;
950 Ben a ueralia penetencia.
(67r°)
Mai pogı funt quig ge fe coura
De caritat e de bon’ oura;
E tal euita effer al couerto,
Q’e cento muna en lo delerto.
955 Q’el no fe uol con uana gloria
Seruir a lalto re de gloria;
Mai (con) cor contrito et umi-
liato,
Quelo auräl fegnor en grato,
Pur fi con lo profeta difle,
960 Qe la diuinıta deferife.
Ben pollo ir fenca baufia
Qe pogi tien per quela uia
Qe lo conduga a dreto porto,
Qe l’anema n’abia conforto.
965 Mai d’engano e de felonia,
945 1. 1id.? 963 1. Qeli.
vielleicht ist aolterio zu sprechen, was aber 1104 nicht nötig ist.
com faca, vgl. 986.
vielleicht de l’anma f’elas d.
981 1. per.
De faufitad e de baulfıa,
D’ira e d’odhio e de maltalento,
De fpergurio e de tradımento,
De quefto n’e oltra mefura.
970 Vnca de deu no mete cura;
Maı d’auolterio e de fornicar,
De tropo beuer e de mangar
Poqi fon quili qe fe defenda;
Mai certo molt e rea menda.
975 Sel corpo a ben quel ge Iı placa,
No Iı cal de l’anema com ela faca;
Mai ella no(n) a forca niguna
Contra la gola q’e enportuna.
La gola e molt rea uelina, (67 v°)
930 Noi cal de quela meefina
Qe Panema uol pur guarır,
Qe grand paur’ a de morir.
E quela malaeta gola
Com uolontiera fe troua [ola!
955 Quando a ben co q’ela uole,
No ie cal de l’anema, l’ela le
dole.
Enfin gel defco ferä couerto,
No uol ge l’ufo ftea auerto;
E f’el ne uien nigun ge clama,
990 La gola n’e dolentr’e grama,
Ne no ie cal de conpagnia;
Qi uol, fi uaa per la uia.
Mai quandol corpo e.ben palluto
Et aur& feramen beuuto,
995 Con grand regoio uien a la placa
971 de vor fornicar wird schwerlich fehlen dürfen;
976 1. Noig cal...
986 1. Noig cal de l’anema [es d. oder
Das Buch des Ugugon da Laodho. 81
Con lo feirupo e con la maca.
S’el e nefun ge uoia dir
Se no quant elo uol audır,
Con grand foperbia ie refponde,
1000 Alöl manaca del confondre,
Per molto pigola rafon
Li mouerä fiera tencon,
Viagamentre ge comenca
Per grand folia una melfcienca.
1005 Alö fe meträ a morir
La(0o) 0 non aurä que partır.
(681°)
Mai per la gola uien fto mal;
Que ge n’auengna, a lei no cal.
L’anema fe teme molto forte,
1010 Qe grand paur’ a de la morte;
Qel corpo Ya fi mal conduta,
Per lui fe cre efler deftruta.
Perö calcuna eriatura
Deuria molto eon grand mefura
1015 Mancar e beuer e dormir,
El re de gloria leruir.
Mai quela gola far nol lafla,
Sı uolontiera lo corp engrafla,
E fe l’anema uol cunar,
ı0%0 La gola no iel lalla far.
E lo noftro premier parente
Fo enganato dal ferpente
Per la gola tut enprimier
E per conleio de la muier.
1025 Per confeio d’Eua peccä
996 die Hs. erlaubt [cirupo oder fcinipo zu lesen.
E per lo pomo g’el mancä.
No atendel comandamento,
Et el n’aue grieue tormento.
Alo gq’el fo en lo peccato,
1030 Se uete nuo e defpuiato.
Mo quando Eua fo perceuua
Q'el’era defeouerta e nua,
No fai fe Adam ge n’aue [ogna,
Mai Eua pur n’aue uergoigna;
10355 De fengle foie fe cuuerfe, (68 v°)
Mai no a guila de conuerfe.
Mo fi no Itete longamentre;
Qe deu ie tramis ueltimente.
E quando entranbi fo uelftiti,
1040 Molto fe tene per guariti.
Mai molto poco demorä
Qe Yun e l’autro fora anda.
Del paradıs deliciaro
Enfi entranbi a man a mano.
1045 A grand onta fo fora Ipenti;
N[o] damandai (ig fo dolentri.
E quand ig fo en la canpagna,
L’un contra l’autro molto fe lagna;
Qig no faueua lao ig l’andale,
1050 E no trouaua gi g’albergafle.
Mai tofto ie fo apreftadhi
Dui grand faponi enmanegadi,
E fig diffel noftro fegnore:
‚Mo uiure uui con grand fudore.
1055 Con quefti moueri la tera;
No u’e miltier nui’ altra guerra‘.
1017 vielleicht Mai ge la,
vgl. Dentro ella volle intrar.., Ma k’el no plaque a deo k’ella n’havelle balia, Bonv. L 311.
1036 Du Cange führt unter converlae aus Honorius August. an: converlae quae eumdem
habitum (ae viduae) gerunt.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh.].
1049 1. ([auea lao oder l[aueua o.
1050 1. Ne tr.
11
82 TOBLER:
E le femence i’apreftä
C’Adam et Eua femena.
Molto uiu& con grand faiga
1060 Adam et Eua [oa nemiga.
Nouocent agnıi [tet al mondo,
Mai de peccati no fo mondo,
E einque milia en inferno (69 1”)
Tuta l’iftate con l’inuerno,
1065 Gram e dolentre, molto trilto,
Fin ge ndel trafe Iefu Crifto.
’Adam e d’Eua oimai laffemo,
De go qe po eller, difemo,
E comencemo tal iftoria,
100Qe [ea de feno e de memoria.
Et eu ai ben en deu fianca
Senga ognunca menemanga,
Q’eu ue dirai de tal (enblantı
Qe no parrä [eno d’enfantı.
1075 En quefto mond e una defcordia,
Qe da rar fen troua concordia:
L’anema el corpo fe gueria,
Cafeun uol prendre la foa uia.
De co ge Yun uol, l’autro no
uol far,
1050 No fe uol enfenbre comunar;
E fi e fiera meraueia
Qe ad un dorm et ad un l’esueia.
Co ge Yun uol, a l’altro grieua;
Cofi perman ig fenpre en guera.
1085 L’anema uol far bona uita
E ftar a guila de remita,
El corpo fe uol alegrar
E ben beuer e ben mangar.
(69 v°)
L’anema uol meftier deuin,
1090 Prima e terca, mefla e maitin,
Lo corpo uol eugar e rir
E ben calcar e ben ueltir.
L’anema uol umilitate
E far lemofena e caritate,
1095 De pietate e d’auaricia
Lo corpo uol auer deuicia.
L’anema molto fe conplange,
Qel corpo tropo ie refrange;
Q’el no ie cale de ralon
1100 E de nuia religion.
L’anema uol [tar monda e calta,
Mail corpo ueramen la gualta;
Qe molto par q’el abia cura
D’auolterio e de fucura.
1105 L’anema uol efler palua
De pan e d’aigua e d’erba crua;
Lo corpo uol uin dolz e forte,
Quand el manduga, (erra le porte;
1061 von hier bis zu Z. 1066 ist von Adam allein die Rede; spräche man die Reim-
wörter des ersten und des dritten Zeilenpaares ohne vokalischen Auslaut, so könnten mond
und trilt auch Plurale sein, dann mü/ste aber am Ende geschrieben werden Fin ge ndeig trafe.
Neben Z. 1067—9 ein Mann auf einem Stuhle in einem Buche lesend. Rechts da-
neben ein nackter Mann und ein macktes Weib hinter ihm wandelnd (homo qui legit. und
.eua.adam.).
1079 I. L’un no uol co ge l’autro far oder Co ge l’un, l’autro no vol far.
1. D’enpietate, zu auer gehörig, wobei d’ — tosc. da, oder E pietat(e) fene’ auaricia?
1. manga oder tilge el.
1095
1108
Das Buch des Ugucon da Laodho. 83
Enfin gel corpo non e plen,
ı110 De li pouri no li fouien,
Qe li damanda en caritate,
Qe molt a grand necellitate.
Forfi dara li algun bocon
De la pecor enbandilon.
1115 S’el n’e pan dur o uin uerfiato,
Al pouer de deu fi mandato.
S’el le reclus aprefol fuogo, (70r°)
Firä metuo enl pecor luogo,
El farä (tar uilanamentre,
ı120 Poi lo reprende fieramentre:
‚Queftui poria ben lauorar,
Mai elo fe uol [ocgornar.‘
OÖ el dira q’el e truante,
‚Eu lo cognofeo a lo fenblante‘.
1125 El pouer unca no fauela,
Qe molt atende a la feuela.
Mai non e ioco ben partito
D’antre lo nuo el ben ueltito.
Lo ben ueltio e molto baldo
1130 E cre c’ogn’omo lea caldo.
Mai fi Yaı audid en antigo
Da un meu molto bon amigo,
Qel (an no ceree a l’amalato,
Nel ben pafuo a l’afamato;
1135 No cre l’alegro a l’ociofo
Q’e molto grame e corocolo.
Quili ge ben en afıadhı,
No credhe a lı defafiadhi.
Perö aur& plui mal ge ben,
1140 Sig pouri de deu no fouien
E de mancar e de uelftir,
1117 vielleicht fe (ledet).
1155 c’ ist hier chi.
Si qig fe pofla mantegnir.
Afai ie n’e ge fta da preflo
Da quili ge a grand neceflo,
1145 Qe fe uergonga de querir; (70v°)
Mai quili e ben da fouesnir.
Qe la lemofena a grand forca;
Qe [i con l’aigua lo fuog amorca,
Cofi altu’ elal peccato
1150 De quel q’e ben umiliato.
Lo rico ben deuria penlar,
Com el de P’anema fcanpar;
Qe deu, qe de l’auer a lui,
Sil poraue dar ad altrui.
1155 Afai ge n’e e’unca no penla
Qe deu ie dea co q’el defpenfa.
Quel me pare q’e defperato,
Da deu partito e defeurato,
E fi ue digo la figura
1160 De la fantillima feritura
Segondo ge dis Luca, crez eu,
El fanto guagnelio de deu.
Lo diues aue molt auer,
Mai pur a [fi lo uols gauder.
1165 Tant aue grant empietate,
D’altri noi uen mai pietate.
Molt aue rica ueltimenta,
Si como dife la legenda,
Porpora e biffo naturale,
1170 Qe ben parea enperialfe].
Al mondo aue pur quant el uolfe;
Ca de li pouri no fe dolfe.
De molto rige bandifone (71r°)
Auea per ogna fafone.
1123 vielleicht ist die direkte Rede mit gel, das =
quel sein könnte, zu beginnen; so scheint qili 688 —= quili zu sein.
1136 1. gramo.
®
RI
84 TOoBLER:
1175 Li pouri de deu no fouignia
Qe ’n caritate iel queria.
Lacar enfermo e mal ueltio
AI diues metea grand crio,
Q’el ie mandas per deu del pan,
“ı1s0o Del fragmento g’el daua al can.
El il queria per grand belogna,
Lo diues no nd’auea l[ogna.
Molto eriaua da la porta,
Mai caritate no li fo porta.
ı1ss Mai po no fo longa demora,
Qe deu tramis lo dı e l’ora
Qe Lacaro fo trauerfato,
De quefto mondo a l’altro andato.
Li agnoli con gran baudeca
1190 Lo: portä en ciel cum alegrec[a],
En la gloria de paradılo
En lo fen d’Abraam l’alılo.
Mo fia Lacaro, quant el uol,
Niguna caufa no ie dol.
1185 Lo diues, q’era coli forte,
Molt aue fobitana morte.
Lo grand tefauro e la rigeca,
L’enpietate e la fcarfeca
Contra la morte no ıe ualle;
1200 Afai fo queli ge no len calfe.
Lo diues, q’era rico molto, (71 v°)
Entro linferno fo fepolto.
En quel pefimo grand calor
- Creco ge fo et e ancor.
1205 Molt a cerca lo couinente
Del grand fogo d’infern ardente.
Mai quand elo fo perceuuo
1175 tilge de. 1190 Loch.
1204 1. Creco.
De Lacaro, q’el uete nuo,
Q’era con li [anti aconpagnato,
1210 Et el fi tuto ars e brulato,
Ben creco gq’el fos enpentudo,
Q’el no Vauea fouegnudo;
Mai quel pentir no ual niente.
La no e frare ne parente,
ı215 Pare ne mare gel manleue;
Qe quel tormento e tropo grieue.
Lo diues era en crucia flama,
Ad alta uofe forte clama:
‚Pater Abraam, milerere;
1220 Qe molti e quili qe me fiere‘.
Molto pregaua enlora lo diues
A Lacaro, gel fecorres
El ded menore fe muias
E la lengua li refredas,
1225 Qe molt era deltruta et arla;
Co fo perö gel’ era falfa.
Refponduto li fo ulaco:
‚Tut e niente lo to percago;
Ke multa bona recepilti (72r°)
ı230E da deu no la cognouilti.
Onca no fifti oura de ben;
Cotal merito te couien..
Mai Lacaro fo noltr’amigo;
Enfermo, pouer e mendigo
1235 Tute co[le (often en pale;
Mo poi ueder com el ne plafe.‘
De. quefto alfaı auem entelo,
No fo fe uoi n’aui enprelo.
Queli ge l’aud e no l’entende,
1240 Ne unca a lor no fe n’aprende,
1205 eher als acerca oder
acerca oder a cerca „hat ringsum“ wird a cercä „hat durchsucht, durchgemacht“ zu verstehn
sein.
1217 1. etwa Lo d. crgeiadho en la fl.?
Das Buch des Ugucon da Laodho. 85
Quelor terrä per lo camin
Del diues qe fe la rea fin,
S’lı no fe uorä pentir,
Per penetencia conuertir
1245 Et ılli no fai confefion
De tute foı ofenfion.
Tanti e li peccai erimenali,
Li auolterü e li autri malı
E la pecunia mondana,
1250 L’oura q’ig fa, e molto uana.
Alai ge n’e en defperanga,
Qe’n deu non a bona fianga.
Mo fi e da meraueiar,
Q’el fe deuele defperar
1255 Nifuna umana criatura
Qe deu a fata a [oa figura.
(72 v°)
No e al mondo fi peccator
Ne fi fel omo ni traitor,
S’el dig peccati fe repente
1260 Con tutol cor e con la mente,
Qe deu no li faca perdon,
Si q’el aurä laluacion.
o mondo e certo de fenir.
Mai fi deurä anci parer
1265 Quig ge de falfa lez auer;
Molti ferä ge li a crer.
Grand meraueia e de quelui
Qe de naffer de no fo ceui;
Mil agni a q’el fi mentoadho,
ı270 No fo ancor [’el e encriadho.
Auanti q’el fea nafuo,
Per tutol mondo e cognofuo.
Mai fil terraf om a baulıa,
S’el no folle la profecia
1275 Q’a nui lo moltra ueramente;
Qe la deuinitad no mente.
Mai quela peflima figura
Serä diuerfa creatura.
Alö com el ferä creato,
1280 Serä con Jui aconpagnato
Vn diauol fier e forte,
@Qel de condur a rea morte.
Quel lo de auer a bailır;
(731°)
No Y’a moftrar ne far ne dir
1285 Nuia oura ge [ea de ben;
E maı no ı’a molar lo fren,
Enfin q’el no l’aurä deftruto;
Entriegamentre l’aurä tuto.
Molto ferä de reu aquilto
1290 Quelui c’aur& nom antecrilto.
En Babelonia ferä nato
En molto forte deftinato.
En Befaida et en Corogain,
Sı como dife lo deuin,
1295 De mantegnir [o cugamento
De fals’oura e d’encantamento.
Neben Z. 1263—6 stehende, rot gekrönte männliche Gestalt, auf den vorgehaltenen
Händen etwas Unkenntliches tragend; rechts daneben ein Bauwerk mit Türmen (antieriftus).
1268 naler mit über a eingeflicktem kleinem 1.
1281 ein e nach diauol einzu-
schalten; wäre diavol zweisilbig, so würde noch eine Silbe fehlen.
Neben Z. 1284—95 grofses Bauwerk mit flatternder Fahne auf dem mittleren Turm.
1293 |. e en?
86 ToBLER:
Con lui ferä encantadorı,
Felon e falfı enganadori.
Lo mondo a metre en ruina;
1300 Qe molt aur& falfa dotrina.
Qe per engegno e per mal’ arte
Del mondo de auer grand parte.
Molto faur& de ftorlomia
E d’art e de nigromancia,
1305 De ieumetria e de retorica;
Mai no terrä la fe catolıca.
De grand miraculı fara:
Alö g’elo comandarä,
Lo mar a fieramentre irar,
ısıo E molto l’a contribular;
(73 v°)
Poi la fara& fi plana e monda,
Qel non parr& uento ni onda.
El moftrar& de grand tefauro.
De piere a far arcent et auro,
1315 Cofi far& crer a la cent;
Mai tut a reuertir nıent.
L’aqua ge fol en cos andar,
El la far& en [us tornar.
Fogo far da ciel uegnir,
ı320 E lesno (eco farä florir
E farä lo florır en man;
Mai no fara de piera pan.
Per tre miraculi de guaagnar,
Mai molti lı a reuelar:
La terca [erä per auer;
Q’a tuti quili ge n’a uoler,
Darä len pur al fo talento,
1330 Vor& or ouara argento.
Per cobiticia d’enrigir
Afai [erä ge l’a leguir.
E feel uegniffe en presento,
Camai no cre, per nigun tenpo
1335 Q’el ne poelle plui auer,
Pur q’el uoleffe dar auer.
Qe tanti e li defperadhi,
Feloni e falfı renegadi,
(74r°)
Qe tutig boni poria deffar,
1340 Ocire e prendre e ligar.
Quili e’a lui no uorä erere
Per miraculi ne per auere,
Anantı fi hi farä condur,
Ardre n’a far molti e deftrur,
1345 Si como dile la [eritura.
La cent aurä& fi grand paura,
C’unca no f’aufarä defendre;
Molti n’a far degolar e pendre.
Li foi me par ge conga adelo,
1350 Ognunca di me par plui preflo.
Ben po uegnir [eguramente;
Qe maior part a de la gente
Me par ge tien per quela uia
De quela falla conpagnia.
1325 Per li miraculi (era la una, 1355 E (’el ue plas ancor audir,
L’autra ferä per grand fortuna, D’alquanti cre q’eu ue n’o dir
1304 1. arte de? 13091. La nach 1311, vgl. 478, 716). 13201. verdir? 1323 für
miraculi wird mainere einzuführen sein; guaagnar wird man so gut wie traitor als zweisilbig
ansehn dürfen; sonst wäre a statt de (deve) zu setzen. 1325 tilge li oder lies miraecul
oder miracli, vgl. 1342. 1330 1. o uora. 1352 1. la m. p. de. 1356 cre
pa/st hier übel; darf man ein ore, zweite der Mehrzahl des Futurums von audir annehmen?
Das Buch des Ugugon da Laodho. 87
De quel falfıffemo maefto
Qe de uegnir encontra Orifto.
Mo ue diröl comengamento
1360 Del renegad rapinamento
Qe’n quelto fiegolo mantien;
Per bonä uia unca no tien.
Quelo ge falfa la iuftifia
Per cubitanca d’auarilia,
1365 Per gola de l’auer del mondo,
Quelui ferä metud al fondo
(74 v°)
Del pelfimo fuogo eternal,
Camai no enlirä de mal.
Quelui qe tuol l’autrui a torto,
1370 Meio feria q’el folfe morto,
Enangı qg’el foffe nafudo
Ne g’el auele cognoludo
Lo merito q’el auerä,
S’elo no fe repentirä.
13755 Mai no dig eu de quel pentir
Qe l’endufia fin al morir;
Qe gudigar unca no pollo;
Q’eu no fai ben l’el e refcoflo
Da quela falfa conpagnia
1380 Con cui mantene la folıa.
Mai quel ge uol plafer a die,
Lauar fe de dal caf aı pie,
Si qe unca no ie remagna
Nifuna menda ne magagna.
1385 Ki penetencia uol auer,
Eu Ii la moftro ben a uer:
Pentir fe uol ueraliamente
Con tutol cor e con la mente,
1357 1. maeltro.
stellen.
1361 mantien ist Plural.
Adverbium, das 1413 poi lautet, nicht das Verbum wie 1393.
Sı q’el no remagna de fora
1390 Niflun pecato qe no mora.
E quand el a la pentifon,
Po fe uol far confeflion.
S’el po auer lo bon parin,
Qe fapıa lo meftier deuin,
1395 A lui fe de manefeftar, (75r°)
De lı peccati confefar.
Elo lin demeträ grand parte,
E fel padrin fa ben de l’arte,
Da g’el uerä q’el e pentid,
1400 A deu rendut e conuertid.
Qe certo molto me conforta
Qe la feretura no e torta,
Quela ge deu enftefo [erile
E con la foa boca lo diffe:
1405 Vnca no e fi grand peccato
Q’elo no fia perdonato,
Da c’om a uera penetencia,
S’el no ronpe l’obediencia.
Qi penetencia ben uol prendre,
1410 Lo mal toleto fe uol rendre;
Quelui ge l’autrui uol tegnir,
No guagre ben fe po pentir.
E poi fe uol molto guardar
E d’auolterio e d’enuolar
1415 E de [pergurio e d’engano,
Qel proximo no nd’abia dano.
Quel ge no ama lo frare lo,
Vnca defendre no fe po
Q’el no ftea en mortal peccato,
1420 Ond el ferä marturiato.
Quelui c’a odio en autrui,
1386 1. da uer? 1392 po ist wohl das
1397 ist nach 1398 zu
88 TOoBLER:
Si fai de l’un peccato dui;
Entranbi dui e crimenal, (75 v°)
L’apoftol dis qiig e mortal.
1425 Qe la foperbia e rea caula,
O’unca no fina ne no paula.
No uol concordia ne pale;
Per co a deu molto defplafe.
L’omo foperbio e regoiolo,
1430 S’el e meltier, e nequitolo;
“ Vnea no uol enfir de guera,
Enfin g’el a uigna ne terra.
Mai qi de guera le faiga
E da l'autrui mal no le caltıga,
1455 Quel no a [eno natural
E no cognos lo ben dal mal.
@Qe molti n’e defalbergadı,
Morti, deftruti et afoladı;
La guera li a fi mal conduti,
1440 Qig foi uilin li tien deftruti.
A quefto mondo e decedudi,
E a l’altro (era confondudi.
Qi mor en guera et en defcordia,
Deu no Iı faı milericordia.
1445 Alaı (enfenz lalfar lo mal,
Quand illiı no lo po plui far.
Sesondo l’oura e la [peranca
Sera pagad a la balanca.
Quele parole e ben da crer.
1450 E fi deuem tuti lauer
Q’a mantegnir la caftitad (76 r°)
Se uol forgar la uolontad.
Quel e biato ge l’esforca
E ge quel fogo en [i amorca.
1455 Qe molto e fiera hataia,
1434 „durch fremden Schaden sich nicht belehren läjsı“.
a folia g’en nui paufa oder E tal folia en nui paula.
1458 I. E tal
Lo mondo n’e tut en trauaia.
Qe nui femo fi fragel cola,
E la folia genui paula,
Qe grand meftier n’e de forgar
1460 De nui efteli caltigar.
Qe la luxuria afai n’engana;
Per quel pecato molti fen dana.
Biadi quili ge la deftrenge,
Mai quili e mati ge l’enfence.
1465 Quel ge [e uol ilumenar,
No fe de feondre fotol ftar
La candela [qe] de lufir;
El candeler la de tegnır.
Quelui ge uol andar dal fcur,
1470 Tofto fe po ferir al mur
Et en tal logo po cacer,
Vilanamentre n’a cafer.
Mai fin ge lufe la candela,
Sı e bon tieller de la tela.
1475 Bia quili ge l’a ordıa,
Pur q’ig la poffa auer conplıa.
Qe ca (a molto ben la cent
Qe tutı femo de nient
Et a nient retorneremo; (76v°)
1450 E tuta l’oura ge facemo,
Torna[ra] pur a uanitate
Se no feruir la maieltate.
Mai quando nui [eruimo a lui,
Enlora lauoremo a nui.
1455 Lo mondo e plen de tradımento,
D’ira, d’engano e de tormento.
Molt e auar et inpio e [carlo,
Osnunca di me par plui falfo.
De, quanta fiera pallıon
1441 1. decadudi.
Das Buch des Ugueon da Laodho. 89
1490 E dol e tribulacion
E quanta angulftia e pena
En quefto mondo fe demena!
E fi me par ge Iı plufor
Viue al mond con grand dolor
1495 E con engano e con fadiga;
Et unca no nd’a longa triga,
Qe quelta uita e curta e leue,
E l’autr’e molto longa e greue.
Meftier n’e effer auecui;
1500 Qe molto femo conbatui.
Guardai ge no feai trouai
Al grand befogno defarmai;
Qe (el ue conce li enemili
Qe fieramentre u’a afıli,
1505 Al col u’a metre tal cadena,
Camai no enfiri de pena.
Quel ge de effer conbatud, (77r°)
Vol bon ofberg e fort efeud,
Elmo e ganbere i’e meltier,
1510 Qe no Ilı onfenda balelftier.
Quelui q’e molto ben armato,
Ca no po eller afolato.
Maı una cola lai eu ben,
Qe ueramentre [e couien:
1515 Quelui e’altri uol predicar,
Enprima de fi caftigar,
Sı ge le foı bone parole
No lea tegnue mate ne fole.
E fi col galo deuemo far:
1520 Enanci gq’el comenz cantar,
Sı enftefo (fe conbate
E con le foi ale fe bate.
E fi me par gq’el e rafon,
Qi uol tegnir religion,
1525 Qe uolontiera de moftrar
L’oura de deu, con fe uol far;
E co g’el uol moftrar altrui,
Alö fe de trouar en lui.
En quefto mondo i’e honor,
1530 E’'n quel de deu ferä maior.
Mai ueritad e co ge digo;
Sauio fon, [’eu me caltigo
E ben cognofco ueramente
Qe tuto l’autro e niente,
153 Se no lferuir lo eriator
Per bona fe fenca tenor.
La oura de deu per cert e bona,
Si fen guaagna grand corona.
Quelui qe ben prega et adora,
1540 No perderä co q’el lauora.
Qe mai non e perfecto amore
Ne e’abia forca ne ualore,
Biadi quili ge ne perman;
Qe tuto l’autr’amor e uan.
1545 Quelui c’a ben a deu feruir
Daqui a la fine permagnır,
Molt aurä rico gueerdone,
En ciel ferä [oa abitafone.
E deu, como ferä biadı
(77°)
1521 1. A fi; zur Sache vgl. was Hippeau zum Bestiaire d’Amour S. 99 aus Hugo
von S. Victor beibringt.
nach 1536.
1541 und 1542 werden vor 1535 zu setzen sein, 1543 und 1544
1545 vielleicht ist zu schreiben Quelui ge ben a permagnir Daquia la fin a deu
feruir; denn schwerlich wird a von permagnir, zu dem es gehört, so weit getrennt werden
dürfen, wie es nach der handschriftlichen Lesart geschehn würde.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I.
12
90 TOoBLER:
1550E cum en bon’ ora fo nadı
Queli c’a far [oa uolontate
- E delenquir le uanitate!
Qe l[anta cola e ueritate,
Vergenitate e caltitate,
1555 Grand paciencia ef abitinencia,
Obediencia e l[apiencia
E (tar en uera paciencia,
Si como dife la (entencia.
Quelor ge uol faluacione,
1560 De mantegnir religione
E far lemolfena et oracion,
Pregar con grand aflicion,
Qe deu lı faca remilion. (78r°)
Mai quig ge fe met a bandon,
1565 Qe no uol far confefion,
Qig andara en perdicion
En quela pefima prefon
De Barachin e de Nerron
E d’Apolin e de Machon,
1570 Del diues e de Faraon,
Sı creco gen gana lo bon
Sı con dig [ete conpagnon
Qe fe la fiera traıfon.
De quela tribulacion
1557 1. penitencia?
1575 Oamaı n’aur& redencion.
La no fe truoua enbandifon(e)
de falan ne de paon,
De truita ne de fturion
Ne uair ne grili peligon
1550 Ne armelin ne ciglaton,
Mai grand feride de [ticon,
De fpedi ardenti e de forcon.
Cotal receuel gueerdon
Quelor ge tuol Y’autrui ralon
1555 E ge mor en defperalon.
Mo ben me par q’el (ea bon
Pregar con grand aflıcion
Deu per la [oa refureceion
E per la mirabel afenfion,
1590 Per tron e domenacion,
Dea a nui uera pentilon (78 vi)
E bona conuerlacion
E la (oa benediccion,
Qe nui abiem [aluacion.
1595 I deu, como deurä guarir
Quelor qe no uol obedir
La lanta le ge deu tramis
Et en li apoltoli la mis
1561 vielleicht E zu tilgen.
1568 vgl. zu 686; den Barachin kennt als einen der vier Hüter des Höllenthors
auch Giacomino, Mon. ant. B 26, und es nennt ihn auch Mousket, der den Agolant zuerst
seinen Glauben an Mahomet bekennen und dann fortfahren läjst: Et li avommes autres dieux
Que nos tenommes moult a preus, C’est Tervagans et Apollins Et Jupiter et Barrakins
5322.
1571 bis 1573 sind mir völlig unverständlich; ich vermute, dafs die Stelle verdorben
ist und am Schlufs von 1571 sich die Trümmer von Ganalon (Qe fe la fiera trailon) erhal-
ten haben.
1589 1. mirab!’.
Mit Ganalon würden der Genossen sieben sein.
Neben Z. 1594—7 Prediger in blauer Kulte auf‘ der Kanzel, rechts ihm gegenüber
zwei sitzende Zuhörer (frater qui praedicat.)
Das Buch des Ugugon da Laodho. 9
E la mandä e fi l’adufe?
1600 Per nui a morte fe condule;
Quefto deuem nui ben lauer
E molto fermamentre erer
@el fe diuife en trinitate,
Sı con fo la [oa uolontate;
1605 E mofträ ne la foa dotrina,
Öo e la feritura diuina.
Guai a quelor qe no g’atende
E uolontera no l’aprende!
Quel ge la fa e no la dir
1610 A quig ge la uoraue audir,
Molto fo fole, quand el la enprefe;
Qe fi meefemo deffele.
Quel ge la fa et el la cella,
De dreu fe mete la candela.
1615 Mai co no e ueralia lule;
A mala parte fe condufe.
Et una caula dife molti, (79 r°)
Ond illi me par molto ftulti,
Qe deu plui no li damandara,
1620 Se no cotant com ig fara.
E quelti cre deu enganare,
Si como fofle foi conpare.
Mai pur en lor torna l’engano,
Ond ig aurä pellimo dano.
1625 L’anema dis con grand tremor:
‚[u no me porte fe ne amor,
Mifero corpo et impio e trilto:
Vnea no penfe d’altro aquifto
Se no de rapinar auer.
1630 L’oura de deu no uoi lauer,
E fi no fas co ge tu ei,
Ni como uas ni como uei.
Mai eu tel dirai en prefente;
Mai tu no nd’ai ne cor ne mente.
1635 Tu ei cotal com e l’onbria
Qe te uien dreu perme& la uia.
Si col fumo qe le delfas,
Colfi nient retorneras.
E fe no [as lo couinento,
1640 Va a ueer lo molimento
Qe per li morti fi auerto,
E fi ueras @’omo reuerto.
La grand foperbia ge tu porte,
Porai cognofer a la morte.
1645 Ja lo poras ben enuegnir, (79v°)
Co ge de ti deurä ’uegnir.
Sı fragel cola e da crer
Qe grand paura e da ueder.
No li roman neruo ni polpa.
1650 Biai quili q’e fenca colpa!
Cre ben ge tu deuras morir,
Et eu da ti m’ai departir.
Tu aurai lo to auer laffao
A tal ge no te n’aurä grao.
1655 Li toi t’a tuti delenguir,
Et a nient ai deuesnir.
Mai tu no fai d’un fier arguaito,
Qe t’a ferir greuo gamaito.
1620 Gott werde nur über ihr eigenes Thum Rechenschaft von ihnen verlangen, nicht
auch über das Leben derer, die von ihnen hätten unterwiesen werden sollen.
Nach 1624
ist eine Lücke nicht zu verkennen; was folgt, gehört vermutlich einem andern Stücke an.
1642 reuerto kann erste Person nicht sein; es wird als dritte gelten müssen, mit konsonanti-
schem Auslaut zu sprechen wie das Reimwort; statt e’omo könnte man como lesen.
1645 1. paura de auer.
12*
-
Se tu no ei ben auegudo,
ıs60 Molto toft feras confondudo.
E ancor deuem ad un tornar;
Camai no fe deuem feurar.
Stratuto [fi com tu ei;
Tefta e bufto e man e pei,
1665 No [er&ä men cauel ne dente;
Qel (anto uagnelio no mente.
Quelto fer& al dı euilio;
La receur&ä lo beneficio,
Qi aur& fato mal o ben;
1670 Tut aur& go qe [e couien.
Pregar te uoig per caritate
E per la uera maieftate,
Qarillimo, ge tu me cre, (80r°)
Q’eu t’aı aidar a bona fe,
1675 Qe tu laffe le uanitate;
E torna ad umilitate
E penetencia toi ueralia,
E ge lea ferma ne no frafia.
De co ge deu t’a apreltato,
ı6so Fai [i com el a comandato,
Secor quili c’a grand necello;
E dig peccati fin confello.
Qe deu enftelo lo comanda
Et enl guagnelio lo manda.
ıss5 Quelui ge al pouro fai ben,
A fi medelemo louen.
Amigo meu, no te recrer
Per ceobiticia de l’auer;
Stu dai a deu, deu te dalrä]
1690 E mai no te bandonara.
1663 1. Stratut leras li com?
aidar a bona fe als Parenthese.
TOoBLER:
E quier merce al criator
De ti, ge molt ei peccator,
Qel te degnafe perdonar,
Si ge tu te pofle [canpar.
1695 E (e faras co mi concordia,
De nui aurä& milericordia.
Seruemo molto ben a deu
Comunalmentre tu et eu;
Qe molt e bon laffar lo mal
1700 Per lo regno celeftial.
E deu, ge ne conlent a dir, (80 v°)
Ne dia forca de complir
L’oura e la fe entregamentre
Con tutol cor e con la mente.‘
1705 uand lo fesnor uerä a nui,
E nui feremo denantı lui,
Q’el ne befognarä refpondre,
Qe noı no fe porem alcondre,
Con [i grand forca de uegnir,
ııo Qe no fe po penfar ne dir.
Con ueritad en maieltate
Sera la iufta poelftate.
Le grand uertud del cel aurä,
En lolafat le condurä
1715 L’altillemo ueralio deu
Per cudegar lo bon el reu.
Mai la (era fi grand fortuna,
Torbar fe n’al fol. e la luna,
Le (tele el ciel e l’element
1720 E l’aer tuto el fermament.
E ben lo dife la leritura,
1673 vielleicht zu lesen e tu me cere Q’eu t’ai
Neben Z.1703—7 Christus auf dem Throne; zu seiner Rechten drei knieende Beter,
die er segnet; links entfernen sich drei Verdammte (.zps qui iudicat.).
Das Buch des Ugueon da Laodho.
Li apoftoli aur& grand paura,
Quand ig uerrä lo ciel plegar
E li archagnoli tremar.
1725 Mai quando quili aurä tremor,
Que porä dir li peccator
Qe no ferä mondi e lauai
Dalı grandi mortal peccai?
Molto porä effer dolenti. (81r)
ı730 Qe la no trouarä parenti
Qe polfa un Vautro fcondir;
Qe chafeun aur& tropo que dir.
E deu, como f[erä biai
Quig ge ferä mondi trouai!
1735 Tutı fer& dal deftro lato;
Caleun ferä encoronato,
Sı con lo fol deurä lufir.
El re de gloria a lor a dir:
‚Voi benedheti, a mi uegni.
1740 Lo regno meu poffederi,
Q’eu u’ai ’preftad e preparato,
Si com a uoi e nonciato.
Eu uigni a uui pouer e nuo,
Con legreca fui receuuo;
1745 Per caritate m’albergaffi
E ueftimenta me donalli;
S’eu fui enfermo ne amalato,
Da uui fui ben reuifitato;
Molto n’auifi pefanca e dol,
1750 Si como pare de fiiol.‘
Dirä li iufti ad una uofe,
La o ferä la uera crole:
‚Quando te uit eu, pare [anto,
Et o te ferui eu cotanto?”
1755 E Iefo Crifto a lor a dir,
Qe no degnä unca mentir:
1773 I. Qe no bezogen auf lora?
93
(81v°)
‚Quand uoı ueeffe li mei menor
E feffe li ben per meu amor,
Voil fese enlora a mi enfitefo;
1760 Qaleun de lor era me melflo.
Mo e uegnua la [alone
Qe uoı n’aur& bon gueerdone.‘
Li iufti oimai po [tar en pase.
Co gq’eu ai dito, molto li plafe.
176 Cuan lo dif, Mare e Matheu
E Luca, defipol de deu,
Qel re de gloria a apellar
Et a prefente demandar
Quig ge ferä da man [eneltra,
ızzo Qe no fo digni da la deftra.
Diräl fegnor celelftial:
‚Lora faellel uoltro mal,
Voi no creeffe li mei miniftri
@Qe de la le era maelftrıi,
1775 Qe ben lauea la dotrina
Q’e uerafia meefina.
De far li mei comandamenti
Voı ue moltrale molto lentı,
E malamentre fe recui
ı7s0 De quili q’era enfirmi e nul.
Voi me uee[le encarcerato,
Pouro e nuo e defpuiato
E famolent e feolento
E foftesnir dol e tormento,
1735 Et en carcer et en prefon (821°)
Soltene fiera pallion
De grand mal et enfirmitate.
De mi nauifti pietate.
No me uoleffe fouegnir,
ı790 Per uui no puti unca guarir.
1786 1. Soltegnir oder das Perfectum Soltigni.
94 TOBLER:
Refponderä li pecator
Con grand paura e con tremor:
‚Mo quando te ueefemo en ta be-
fogna,
Qe de ti no auelemo [ogna?
1795 Se altra perfona nel di[fe]lfe,
A mi no par q’eu iel creelle,
Qe te ueelamo enfermitate
Ne foferir necelfitate.‘
El magno deu, q’e criator,
ısoo Refponderä e dirä a llor:
‚Quando ueefle lo menemo meu,
Qe ue queria ben per deu,
Voi nol uolefe albergar
No lı deffe beuer nı mancear.
1506 Mai quando lor no albergaffe,
A mi enfteflo lo ueafle.
Lo merito ge deui auer,
En proffeman l’auri ueer.
Vui brufare en fogo ardente,
ısıo Cruel e pefllimo e buiente,
En grieue puca et en calor
Et en trement ef? en dolor,
(82 v°)
En fumo grand e tenebros,
Molto fort et angoltios.
ısı5 Et aprof de la grand calura
Aure fi pellima fredura,
1795 Il. Mo quandot ueefem en belogna.
1808 das eine f ist über dem o von proleman eingeschaltet.
Qe tuti criari al fuogo;
Camai no trouari bon luogo.
E fam e [ed aure& crudel,
ıs20 Mai non aure& late ne miel;
Enanci aur& diuerfe pene:
De crueliffeme cadene
A dui a dui lere ligai,
Molto fere marturiai
ıs25 De [corpioni e de ferpenti
E de dragoni fier e mordenti,
Qe wa percore e deuorar,
Mai fi no ue porä liurar.
E quili marturij (erä tanti,
ıs30 Duol et anguftie e crid e plantı,
Q’el ue parrä& mil agnı loora,
E plui feri nigri qe mora
Quig qe ue de marturiar,
Camai no deui requiar.‘
1835 Voı ge m’audi e£ alcoltai,
Se’n uoftro cor ben ue penfai
E uoi uole ben obedir
Co gel fesnor ue manda dir,
Vo fenpre mai ftare con lui,
ı8s40 Ne ca no [’a partir de uol
E darä ue uita eternal (83r°)
En la gloria celeftial.
ıs433E deu ne la dea, [’a lui plas.
[Der Rest der Seite ıst leer.]
1798 1. Soferir ne neceflitate.
1832 1. [era.
Das Buch des Ugucon da Laodho. 95
Ifte funt conplexiones et certa de hominibus. (83 v°)
‚Sanguineus.
Largus, amans, ylaris, ridens rubeique coloris,
Cantans, carnolus, fatis audax atque benignus.
.Collericus.
Verlatus, falax, irafcens, prodigus, audax,
Aftutus, gracililgue cutis erocique coloris.
.Fleumaticus.
5 Homo fompnolentus, piger, in (putamine lentus;
Eft lebes huie fenfus, pinguis facies, color albus.
.„Melanconicus.
Inuidus et triltis, eupidus defterague tumaci,
Non expers fraudis, tenuis palidifque coloris.
Zu jedem Verspaar ein Bild: 1. ein auf einer Bank sitzender Mann reicht einem,
der vor ihm das Knie beugt, einen Beutel; 2. ein Sitzender hält in der Rechten einen Stock
mit dickem Ende, der mit seinem abliegenden Teile den Kopf eines von links Kommenden
berührt (dieser soll wohl geschlagen werden); 3. ein Mann sitzt, den Kopf auf die Hände,
die Ellenbogen auf die Knie gestützt; ein zweiter stöfst ihn von hinten; 4. ein Sitzender mit
breitkrempigem Hute wendet das Antlitz von einem tanzenden Paare ab, auf das er mit der
Rechten hinweist.
4 1. eroceique. 5 1. Sompnolentus homo. 6 1. hebes. 7 1. dextraque
tenaci. 8 1. palidique.
84r° und 850° sind leer, dagegen füllen 840° und 85r° je eine Zeichnung in Far-
ben, jede ein Festungswerk mit Türmen darstellend, das, das eine von zwei Seiten durch
Kriegsschiffe, das andre durch Krieger zu Pferd und zu Fu/s angegriffen, durch eine Besatzung
verteidigt wird.
96
TosLer: Das Buch des Ugueon da Laodho.
Inhalts -Verzeichnis.
Das Werk und der Dichter
Sprache .
Betonte Vokale
Tonlose Vokale
Konsonanten
Flexion der Nomina und der Pronomina .
Flexion des Verbums
Adverbien
Präpositionen . . . .,,
Konjunktionen .
Syntaktisches
Versbau und Reim
Lexikalisches
Lo libro de Ugucon da Laodho .
(Complexiones et certa de hominibus) .
Uber die Regierung, insbesondere die Kirchen-
ordnung des Königs Zar’a-Jacob.
Von
H” DILLMANN.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. II. 1
Gelesen in der Sitzung der philos.-histor. Classe am 13. März 1884.
W.; man über die abessinische Geschichte vom 6ten Jahrhundert
bis zum Beginn des neuen Reiches, d. h. bis zur Thronbesteigung des
Yektnö-Amläk im Jahre 1270 weils, beschränkt sich bekanntlich auf
dürftige Königslisten und einige zerstreute Notizen über einzelne Personen
und Ereignisse. Erst von Yekünö-Amläk abwärts fliefsen die Nachrichten
reichlicher. Jedoch die ausführlichen Beschreibungen der Königsregie-
rungen aus den ersten 160 Jahren der neuen Dynastie sind, mit Aus-
nahme der Heldenkriege des ‘Amda-Siön (J. 1314— 1344) gegen die
Muhammedaner von Adel, verloren und erst von Zar’a-Jacob (J. 1434 —1468)
an beginnt eine ununterbrochene Folge eingehenderer Nachrichten, Anfangs
allerdings knapper und lückenhaft, aber vom 16ten Jahrhundert an an
Vollständigkeit und Umfang zunehmend. Nach diesen Quellen hat J. Bruce
im 2ten Band seines Reisewerks seinen Entwurf der Geschichte Abessi-
niens geschrieben; indessen ist diese Bearbeitung sehr frei und summarisch,
voll von eigenen Zuthaten und nicht ohne viele Ungenauigkeiten und
Misverständnisse. In Abessinien selbst wurden von jenen vielbändigen
Annalen auch Auszüge oder kürzer gefalste Übersichten über die gesammte
Königsgeschichte hergestellt, dabei theilweise auch Quellen benutzt, die
"Anmerkung. Ich transscribire As, F&, 5, MM, &y Pe & A unds.
1*
4 Dınımann: Über die Regierung,
jetzt verloren oder wenigstens bei uns in Europa nicht handschriftlich
vorhanden sind, und haben darum durch die aus ihnen geschöpften Nach-
richten auch diese Auszüge ihren Werth. Von einer dieser epitomato-
rischen Übersichten hat nach einem aus dem 18ten Jahrhundert stammen-
den Pariser Manuscript!) neuerdings Herr R. Basset?) eine verdienstliche
Ausgabe, Übersetzung und Bearbeitung gegeben, die ich weiterhin, wo
ich sie anführe, als B bezeichnen werde. Die älteren Regierungen kom-
men aber darin alle sehr kurz weg; erst von Lebna-Dengel (J. 1508 —40)
an wird diese Epitome stoffreicher. , Einen Begriff von dem Zustand des
Reichs unter den älteren Königen vor Lebna-Dengel kann man sich nach
dieser Schrift nicht machen; um einen solchen zu bekommen, mufs man
auf die noch erhaltenen ausführlicheren Beschreibungen zurückgehen.
Im Folgenden werde ich versuchen, über die älteste der Regierungen,
über die wir noch etwas genauer unterrichtet sind, über die des Zar’a-
Jacob, des Zeitgenossen Papst’s Eugen IV. und des Concils von Florenz
(s. unten), das noch vorhandene geschichtliche Material mitzutheilen. Ich
benutze dazu theils den ihn betreffenden Theil der ausführlicheren Chronik
in der Bruce’schen Handschrift Nr. 7, jetzt?) Cod. Aeth. Bodl. Nr. XXIX
f. 16—23, die ich der Kürze halber als A bezeichnen werde, theils das
auf der K. Bibliothek zu Berlin vorhandene Mashafa Berhän *), theils
sonstige zerstreute Notizen.
Neben ‘Amda-Siön, dem Bezwinger der Muslim im Südosten seines
Reichs, ist Zar’a-Jacob der berühmteste unter den abessinischen Königen
des Mittelalters. Er verdankt diesen Ruhm nicht blos der Kraft, mit
welcher er den Bestand seines Reiches nach aufsen und seine eigene
Königsgewalt gegenüber von den rebellirenden Vasallen aufrecht erhielt,
sondern noch mehr dem Glaubenseifer, mit welchem er gegen das Heiden-
1) Ms. Eth. 105 der Pariser National- Jahrhundert ist auf der Pariser National-
biblioth.; in Zotenberg’s Catalogue Nr.142. bibliothek (Eth. 107; bei Zotenberg
2) Im Journ. Asiat. VII Ser., t. 17 et Nr.143, 7); auch in A. d’Abbadie’s Biblio-
13; besonders ausgegeben unter dem Titel: thek Nr. 118 p. 65 —78 (s. dessen Catalogue
M. Rend Basset Etudes sur l’histoire p. 134) scheint dieser selbe Text enthalten
d’Ethiopie. Paris 1882. 8. | zu sein.
3) s. meinen Oatalogus codicum Aethi- 4) s. mein Verzeichnils der abess. Hand-
opicorum Bibl. Bodleianae, Oxon. 1848 schriften der K.. Bibliothek zu Berlin 1878
p- 76f. Eine jüngere Abschrift aus unserem S$. 28 ff.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 5
thum und Judenthum in seinem Reich zu Feld zog, und dem frommen
Ernst, womit er (in seiner Weise und nach seinen Begriffen) die Ver-
besserung und Kräftigung der Kirche und die Förderung christlichen Sinnes
und Lebens in seinem Lande sich angelegen sein liefs!). Ihn haben
manche spätere Könige zum Vorbild genommen, und die Mehrzahl seiner
Anordnungen hat dauernden Bestand gewonnen, so dafs man die spätere
und jetzige Gestaltung der kirchlichen Verhältnisse im Land allerdings
auf ihn zurückführen mufs oder kann. Gesichert wurde dieser dauernde
Einflufs auf die Späteren namentlich auch durch die mancherlei Schriften,
die er selbst schrieb oder schreiben liefs?); auch der frische Eifer für
literarische Bestrebungen, für Verbreitung der alten und Einführung neuer
Bücher, welcher allerdings schon vor ihm erwacht war, wurde durch ıhn
und unter ihm sehr wesentlich befördert. Die Kirchen und Klöster, die
er gründete, liefs er auch, zum Theil durch die Mitglieder seiner Familie,
mit den nöthigen Büchern ausstatten?). In Europa hat man noch
mehrere Handschriften, welche für ihn oder in seinem Auftrag geschrieben
wurden®).
Bei dieser Bedeutung seiner Regierung für die Abessinier ist es
wohl auch nicht ganz zufällig, dafs die geschichtlichen Nachrichten über
ihn sich etwas reichlicher erhalten haben und die ununterbrochene Reihe
1) Ein geschmückter Lobpreis auf ihn
ist zu lesen in der Vorrede zur äth. Über-
setzung der Chronik des Elmakin, in der
Berl. äth. Handschrift Nr. 62 (des Verzeich-
nisses) fol. 73.
2) s. das Verzeichnils derselben unten
unter Nr. I, 1a. E. Auch die Chronik des
Elmakin (Georg ben ‘Amid) liefs er über-
setzen (s. mein Verzeichnils der Berl. Hand-
schriften Nr. 62); ferner wurden in seinem
7ten Regierungsjahr die Taämra-Maryäm
in’s Geez übersetzt (a. a. O. Nr. 68; Basset
p- 245). Nach Bruce hätte im J. 1440
Abba Georgios, der Armener, das Organon
Mariae verfalst (s. Zotenberg p. 95).
3) A f.20,b,£.
*) so vor Allem der berühmte, von ihm
dem abessinischen Kloster in Jerusalem ge-
schenkte und mit einem Handschreiben be-
gleitete, jetzt in Rom befindliche S&nodos
(worüber s. Ludolf Hist. Aeth., Comm.
p- 300 ff.); dann eins seiner Gebetbücher im
Brit. Museum Add. 11678 (in meinem Cata-
logus Cod. Aeth. Mus. Brit. Nr. 55), ferner
ein von ihm einer Marienkirche geschenktes
Exemplar der Taämra-Maryäm in der Mag-
dala-Sammlung (in Wright’s Catalogue
Nr. 76). Manche andere der ältesten, die
man hat, datiren aus seiner Zeit oder we-
nigstens aus seinem Jahrhundert. Ältere
als Zar’a-Jacob’s Zeit hat man überhaupt
blos noch ein Paar (s. eines bei Wright
Nr. 294 und eines aus Yekünö-Amläk’s Zeit
bei Zotenberg Nr. 3, vielleicht auch 5).
6 Dıuumann: Über die Regierung,
der Chroniken gerade mit ihm beginnt. Zwar ist, wie oben gesagt, auch
über seines Ahnen ‘Amda-Siön Regierung noch ein langes geschichtliches
Stück in Umlauf!), aber dasselbe betrifft eben nur seine, auch in amha-
rischen Liedern?) gefeierten und in der mündlichen Überlieferung lange
forterzählten Heldenthaten gegen die Muslim von Adel, und ist, allerdings
unter Benutzung älterer schriftlicher Quellen, von einem Geistlichen auf
Befehl eines späteren Königs, wohl erst im 16ten Jahrhundert, in seine
jetzige Form gebracht?); es verdankt seinen Ursprung dem Wunsche, von
diesen Heldengeschichten eine lesbare und im abessinischen Geschmack
erbauliche und unterhaltende Darstellung zu haben. Nun ist freilich auch
die Geschichte Zar’a-Jacob’s, so wie sie jetzt vorliegt, erst ziemlich später,
nämlich unter Lebna-Dengel, bearbeitet, wie ganz sicher daraus hervor-
geht, dafs von Anfang bis zu Ende an gewissen Ruhepunkten der Er-
zählung gute Wünsche für diesen König angebracht sind, aber sie ruht
doch auf guten, zum Theil dem Zar’a-Jacob gleichzeitigen Quellen*), und
ist nicht, wie die des Amda-Sıön, mit so vielen erbaulichen Reden und
Phrasen ausgestattet, überhaupt wenig gefeilt und geschmückt, sondern
beschränkt sich mehr auf einfache Berichterstattung über das Vorgefallene,
und wird einem Theile ihres Inhalts nach durch das M. Berhän voll be-
stätigt. Annalistisch angelest ist dieser Tarik auch nicht, ebensowenig
vollständig; über des Königs Regierungsantritt und seine Thaten in seiner
ersten Zeit erfährt man daraus gar nichts. Vielmehr erscheint er wie ein
nach Sachordnung gemachter Auszug aus vollständigeren Quellen und
ı) in A f.5—1. (£. 13, b, « in A). Wenn also in dem Nach-
2) in Af, 37; bei Zotenberg Nr. 143 wort zum Ganzen (f. 15, b, £) um langes
T. 90. Leben für den König ‘Amda-Siön und um
%) Beweis dessen ist die überaus ge- seine Bewahrung vor bösem, schnellem Tod
schmückte und erbaulich gehaltene Dar- gebetet wird, so mufs dies entweder aus
stellung des Helden, welche selbst ein einer Quelle herübergenommen sein, oder
Schmeiehler unter ‘Amda-Siöon so nicht aber ist es absichtliche Wendung, um den
wagen konnte, ferner die grandiose Über- Schein gleichzeitiger Abfassung zu erwecken.
treibung seiner Thaten, der Zahl seiner *) wie man daraus sieht, dafs öfters
Gegner u. s. w., die Bruce in nüchternster ein Augenzeuge der Begebenheiten in der
Weise nach eigenem Ermessen in’s Glaub- 1. P. Sing. spricht, oder auch bemerkt, da
liche redueirte, besonders aber die Erwäh- und da sei er nicht dabei gewesen, habe es
nung der Könige Theodor und Claudius blos gehört, nicht gesehen.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 7
zerfällt in 2 Theile, in deren 1) ersterem f. 16, a, « — 21,a,« zum Erweis
der Kraft, Strenge und Kirchenliebe dieses Königs die wichtigsten That-
sachen seiner Regierung, meist ohne genauere Zeitbestimmung, erzählt
werden, 2) im zweiten dagegen f. 21,a,«, — 23a,« in einer Reihe von
Paragraphen mit besonderen Überschriften über seine kirchlichen Reformen,
seine Krönungsfeierlichkeit, seine Kirchenbauten, seine Strenge im eigenen
Haus und in der Reichsverwaltung gehandelt und zum Belege davon
theilweise dieselben geschichtlichen Stoffe, die schon im lten Theil mit-
getheilt waren, beigebracht werden. Da es bei dieser Beschaffenheit der
Quelle nicht möglich ist, eine chronologisch geordnete Übersicht über
den Verlauf seiner Regierung herzustellen, so theile ich im Folgenden
zunächst den Inhalt des Berichts der Chronik in einer möglichst ge-
drängten Übersetzung mit, wesentlich auch zu dem Zweck, damit man
vergleichen könne, was Bruce aus seiner Vorlage gemacht hat, und stelle
dann in einem zweiten Theil seine kirchlichen Verordnungen nach dem
M. Berhän zusammen. Für sprachliche und archäologische Dinge bieten
beide Schriften reiche Ausbeute.
I. Der Bericht der Chronik.
Ich schicke voraus, dafs nach B!) Zar’a-Jacob, mit dem Reichs-
namen Konstantin, der 4te Sohn des Königs David (1382 —1411) war,
zwischen welchem und ihm Theodor (ältester Sohn des David) 3 Jahre,
Isaac (2ter Sohn des David) 15 Jahre, Andreas (Sohn des Isaac) 6 Monate,
Takla-Maryäm (ter Sohn des David) 4 Jahre, Sarw&-Jyasüs (Sohn des
Takla-Maryäm) 4 Monate, ‘Amda-Jyasüs (anderer Sohn des Takla- Maryäm)
8 Monate regiert hatten, und dafs er 34 Jahre 2 Monate König war, am
3. Päguemen (26. August 1468) starb und auf der Insel Dägä (im Sanä-
See) begraben wurde, was aber zu dem Bericht des A (f. 28, a, « im
Tarik des Ba-’eda-Maryäm) nicht stimmt, wonach er vielmehr in Dabra-
Naguadguäd beigesetzt wurde. Aufserdem sagt B noch, dafs zu seiner
1) bei Basset p. 12 und 102.
8 Dıiuumann: Über die Regierung,
Zeit Streitigkeiten über den Glauben waren, und Abbä Giorgis mit
einem Europäer disputirte und das Mashafa-Mestir verfafste!), auch im
10ten Jahr seiner Regierung Abbä Johannes von Wifät starb. Geboren
war Zar’a-Jacob im Yalabäsä, an dem Ort Telgq, wo er später Martüla-
Michaöl und ‘Asada-Micha@l baute (A f. 20, a, @, 122 a, «); seine Mutter
hiefs Egzie-Kebrä (f. 21, b, « und in der Chronik Alexanders f. 29, a, ß).
Nach einer Andeutung im M. Berh. (f. 118, b, £) scheint er, wie andere
Prinzen, vor seinem Regierungsantritt gefangen gewesen zu sein?). Die
kurze Regierung seiner beiden unmittelbaren Vorgänger, seiner Grolsneffen,
weist darauf hin, dafs dem Reich ein starker Mann Noth that, aber dals
er, als 4ter Sohn David’s, nicht ohne Erbfolgestreitigkeiten auf den Thron
kam, folgt aus den Angaben im M. Berh. f. 76 f. (s. unten II vor $ 1).
Jedenfalls aber war er schon ein reifer Mann, als er zur Regierung kam.
Über die politischen Zustände in jener Zeit finden sich allgemeine
Angaben nicht. Die seit Yekünö-Amläk herrschende Dynastie hatte ihren
Hauptstützpunkt in Sawä (Schoa), von wo sie ausgegangen war, und wo
die Regenten sich auch meist aufhielten, aufserdem in Guajäm, Dämöt,
Amhärä, aus denen sie ihre zuverläfsigsten Heere zogen. Auch die andern
centralen, nördlichen und nordwestlichen Länder Abessiniens waren da-
mals unangefochtene Bestandtheile des Reichs, und kommen ihre Namen
in diesen Geschichten oft genug vor; nur die Länder westlich vom Sanä-
See kommen auffallender Weise nicht zur Erwähnung. Die Kriege, welche
beschrieben werden, drehen sich fast alle um die südöstlichen Provinzen
und die an sie srenzenden Küstenländer, daneben auch um die Juden in
Samen und Umgebung. In den Ländern nördlich vom Sanä-See hatte
das Judenthum starke Verbreitung und mulste von dieser Dynastie immer
wieder bekämpft werden. So wird gelegentlich in der Geschichte des
‘Amda-Siön (A £. 6, b, «) erzählt, dafs dieser König, während er selbst
gegen die Muslim im Südosten zu Feld zog, Kerntruppen unter Sagä-
Christos nach Samen, Wagarä, Salamt und Sagade schickte, um dort die
1) auch diese Notiz beruht auf einem logue p. 58; Zotenberg p. 129) hat Abbä
Irrthum, denn nach der Unterschrift des Giorgis, ein (geistlicher) Sohn des Hezba-
M. Mestir, das in 3 Exemplaren vorliegt, Siön von Saglä, vielmehr im 10ten Jahr
(s. Ewald in der Zeitschrift für die Kunde des Königs Isaae das M. Mestir geschrieben.
des Morgenlands V. 194; d’Abbadie Cata- 2) s. unten II $S.
insbesondere die Kurchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 9
aufständischen Juden zu bekämpfen, mit der ausdrücklichen Bemerkung,
dafs diese Leute einst Christen gewesen und erst zum Judenthum ab-
gefallen seien. In Wagarä und Dambeyä hat nach B!) Isaac die jüdischen
Dynasten gedemüthigt und dort viele christliche Kirchen erbaut. Gegen
Aufstände jüdisch gewordener Vasallen in Salamt, Samen, Dambeyä
mulfste auch Zar’a-Jacob kämpfen (A f. 22, a, y). Aber viel gefährlicher
waren die Muslim im Südosten, mit welchen Jahrhunderte lange Kriege
geführt wurden. Sowohl nach Magrizi?) als nach den Aussagen der
Abessinier haben diese südöstlichen Länder immer zu Abessinien gehört,
wie ja auch jetzt noch die Sprache in Harar®) den einstigen Zusammen-
hang mit den abessinischen Semiten beweist. Das Christenthum war dort
weithin verbreitet gewesen. Aber die Muslim der Adal-Länder, welche
mit Arabien in Verbindung standen, hatten durch den überseeischen
Handel, den sie in Händen hatten, und durch höhere Bildung und Ge-
schicklichkeit ein solches Übergewicht gewonnen, dafs sie sich nicht nur
immer weiter nach Westen bis in die Grenzländer Abessiniens ausbreiteten '
und dort untermischt mit Christen wohnten, sondern ihre Adelsgeschlechter
unter der ÖOberhoheit der abessinischen Oberkönige die höchsten Ver-
waltungsstellen inne hatten, auch am Hofe der Oberkönige oft hochgeehrt
und bevorzugt, und selbst durch Heirathen mit dem Königshaus verbunden
waren. Diese friedlichen Verhältnisse hatten sich unter ‘Amda-Siön
geändert: aus Anlals der Empörung des Haqq-ed-Din, Vasallenfürsten
von Ifät, war es zu einem allgemeinen Krieg der muslimischen Vasallen
von Ifät, Dawärö und Hadyä und der sich ihnen anschliefsenden Könige
und Häuptlinge von Mörä, Adal u. s. w. gegen ‘Amda-Siön gekommen,
welcher sich beiderseits zu einem Religionskrieg gestaltete, aber mit der
gänzlichen Niederlage der Muslim und der Verwüstung ihrer Länder
durch ‘Amda-Siön endete. Indessen war die Ruhe nicht von langer
Dauer. Die Unabhängigkeitskämpfe der islamischen Vasallen setzten sich
auch unter den Nachfolgern ‘Amda-Siön’s mit wechselndem Glück fort;
Magrizi’s Beschreibung dieser Kämpfe ersetzt uns in erwünschter Weise
1) bei Basset p. 11 £. 101. 3) Praetorius in ZDMG. XXIH.
2) Historia regum Islamiticorum in 453 ff.
Abyssinia ed. Rinck 1790.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 2
10 Dıuumanx: Über die Regierung,
den bedauerlichen Mangel an abessinischen Nachrichten aus der Zeit
zwischen '‘Amda-Sıön und Zar’a-Jacob. Namentlich der bei Magrizi hoch-
gepriesene Imäm der Muslım, Gemäl-ed-Din Ben Saäd-ed-Din muls eine
furchtbare Geilsel für die abessinischen Christen gewesen sein. Nach
seinem Tod im Februar 1432 trat dann Badläy an die Spitze mit dem
Sitz in JO 2%, und sein Bruder Chair-ed-Din mit dem Sitz in 5, 4:1),
Wahrscheinlich waren sie unter den kurz regierenden 3 Vorgängern Zar’a-
Jacob’s im Übergewicht; aber eben gegen sie, auf welche sich seine re-
bellischen Vasallen stützten, erkämpfte Zar’a-Jacob entscheidende Siege,
so dals wenigstens während seiner Regierung dann Ruhe blieb; nach
seinem Tod freilich unter Ba’eda-Maryäm fingen die Kriege wieder an,
jedoch für die Muslim nicht glücklicher. Die Provinzen Fatagär, Da-
wäro, Hät, Hadyä, Bäli, um die so viel gestritten wurde, gehörten damals
jedenfalls zum Reich. So viel zur Einleitung in den folgenden Bericht
der Chronik.
1. „Zur Zeit des Königs Zar’a-Jacob war grolse Furcht unter den
Leuten wegen seiner kraftvollen Herrschaft, besonders wegen seines Ver-.
-fahrens gegen die, welche sich als Anbeter des Dask?) und des Teufels
bekannten und durch ihre Lügen viele Christen in Schuld brachten. Eifernd
für Gott ging er in Verfolgung dieses Unfugs so weit, dals er selbst seine
eigenen Söhne nicht schonte, deren Namen sind Claudius, ‘Amda-Maryäm,
Zar’a-Abrehäm, Batra-Siön, und seine Töchter, deren Namen sind Del-
Samarä, Röm-Ganayalä, Adal-Mangesä, und viele, deren Namen ich nicht
kenne. Einige überstanden die Strafe, andere starben daran; die Brüder
starben alle. Er liefs am Hoflager (NAi#A:) bekannt machen: seit er den
Götzendienst und die Verehrung des Dask und Dino?) bekämpft, sei der
Satan in seine eigene Familie eingebrochen und habe seine Kinder ver-
führt. Er gab den Leuten dieselben zur Anschauung, dafs man ihre Hiebe
und Wunden sehen sollte, und Alles wurde zum Mitleid gerührt. Dadurch
veranlafst liels er überall den Befehl verkündigen, dafs man auf die Stirne
schreibe: „des Vaters, Sohnes und hl. Geistes“®), und auf die rechte Hand:
1) Magrizi p. 36 (lat. 41). 3) s. unten II $ 9.
2) s. unten I $1.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 11
„ich entsage dem verdammten Teufel, ich der Diener der Maria, der
Mutter des Schöpfers der ganzen Welt“, und auf die linke: „ich entsage
dem Dask durch Gott Christus“; wer das nicht thue, soll am Leibe ge-
straft und sein Haus geplündert werden. Den Zar’a-Siön, nun genannt
Zar’a-Saitän, der durch seine lügnerischen Angebereien viele Mönche und
Chorherrn (@f-FZ2.:) und Männer und Weiber um’s Leben gebracht hatte,
steckte er, nachdem er entlarvt war, in ein Kloster (Aao3naf1P:) und
verbannte ihn (A90NP:) nach Haigq.
In jenen Tagen war ‘Agäbe-Saät!) der Amhä-Siön, den unser
König sehr liebte. Wann er in seiner Wohnung aus- und einging, bekam
ihn Niemand zu Gesicht, aufser 2 oder 3 Kinder, und wenn er etwas
nach aufsen auszurichten hatte, sandte er einen zuverlässigen von seinen
Mönchen, das alles zur Ehre (Verherrlichung) des Königthums, denn er
hatte immer Zutritt zum König. Ebenso die Palastdiener?) kamen mit
Niemand zusammen und blieben immer drinnen. Und wann sie nach aufsen
herausgingen, gingen sie mit aA’: heraus und kehrten &NF: 70-47:
Aoo-y4:: zurück. Sie kannten keine Weibsleute und schoren das Haupt
nur auf Befehl des Königs, @ßAnd-: AANA: Ch-h:(!). Wenn sie aber in
anderer Leute Häuser eintraten, um zu essen und zu trinken und sich zu
unterhalten, wurden sie und die sie aufgenommen hatten mit dem Tod
bestraft. Einen Beht-Wadad?) der rechten und linken Seite gab es da-
mals nicht, sondern die Befehle übermittelten zwei Schwestern, Töchter
des Königs, rechts die Madhen-Zamadä und links die Berhän-Zamadä,
nachdem man dem Mann der letzteren, ‘Amda-Masqal, nachher ‘Amda-
Saitän genannt, den Procefs gemacht hatte, weil der König Beweise seiner
unglaublichen Treulosigkeit und Schlechtigkeit vernommen und ihn des-
wegen von seinem hohen Amte gestürzt hatte. Unter anderen Vergehen
liefs er sich auch zu Schulden kommen, dafs er, obwohl Gemahl einer
Prinzessin aus dem Hause Israel, heimlich ein anderes Weib heirathete
1) 0°%:0%T: lautet dieser Titel ») NAT T:
eines der höchsten Würdenträger immer, 3) ht: @RP-: (nicht Nhk:
nicht (wie Lud. lex. amh. col. 75 hat) e: Lud. hist. 2, 12, 26) lautet der Titel
DPF: AA :, sondern letzteres kommt in dieser hohen Hofbeamten immer; bei Isenb.
diesen Zur nur als Titel eines Beamten lex. p. 90 N.TOR.E-:
in den Kirchen vor (s. unten II $ 5).
9%
12 Dıuumann: Über die Regierung,
und dieses dann dem Säsargu&!) Amha-Jyasüs zur Ehe gab. Als seine
Gemahlin Berhän-Zamadä das erfuhr, zeigte sie es dem König an; er,
zur Rechenschaft gezogen, gestand es zu. In feierlicher Gerichtssitzung
der Grolsen liefs er ihn zum Tod verurtheilen?), ebenso den Säsargue
Amhä-Jyasüs und den Nebüra-ed Nöb von Dabra-Dämö, von den Mön-
chen des Dabra-Bakuer, der mit jenen beiden gemeinschaftliche Sache
gemacht hatte, und gab nun den ‘Amda-Saitän nach Amhärä in Haft
(Aron:) an einen Ort, den nur der König weils, ‘den Amhä-Jyasüıs aber
und den Nöb, jetzt Kabarö-Saitän genannt, nach Guasarö. Dem Vor-
gänger aber des ‘Amda-Saitän in der Würde des Beht- Wadad, Namens
Isaias, hatte unser König, während seines Aufenthalts in Qasöt in Amhärä,
einen grofsen eisernen Ring um den Hals legen lassen, was ich aber nur
gehört, nicht selbst mit angesehen habe, und ihn an einen Haftort ver-
bannt, wohin? weils ich nicht. Nach ‘Amda-Saitän aber habe ich von
keinem mit der Würde des Beht- Wadad bekleideten mehr etwas gefunden,
aulser den beiden Schwestern, die auf Befehl des Königs im Gemache des
Beht-Wadad verblieben. Ebenso setzte ihr Vater, der König, alle ihre
Schwestern im ganzen Land Äthiopien zu Statthalterinnen unter ihm ein:
in Tigre (92-£:) die Del-Samarä, in Angöt die Bähr-Mangasä, in-Gedem
(I8:9°:) die Sofia, in Ifät die Amata-Giörgis, in Sewä (AP:) die Röm-
Ganayalä, in Damöt die Madhen-Zamadä, in Bag&medr die Abäla-Maryäm,
in Gan (7%:) die Asnäf-Sagadü, eine Schwestertochter des Königs. Von
denen, welche in den andern Ländern eingesetzt waren, weils ich die
Namen nicht. Nach ihnen nahm der König alle Ämter Äthiopiens in
seine Hand?) und setzte Stellvertreter von sicht) in die einzelnen Pro-
vinzen, welche genannt wurden in Sewä Eräq-Mäsarä, in Fatagär Azäj
ı) IwC$:, auch RCPR:; in den :)) AH: er: ar: ahnt:
Verzeichnissen der Hofämter heilst er voller A®,U-: Das gleiche, dals Zar’a-Jacob alle
theils ZP:WEAR: und AAT:wLTe®&: Ämter in seine eigene Hand genommen habe,
(Chron. Axum. f. 90), theils GchAC$: in wird A f. 23, b, « und 28, a, « (in der Chro-
Cod. Bodl. Aeth. XXVIIH £. 1. nik des Ba’eda-Maryäm) hervorgehoben.
2?) Die Ceremonie ist: DNFTh:A
dr: waPF :NLR: PERL: DLNEP:A *) so übersetze ich das sonst unbe-
o-Ht2: DAAPS: AP: mAg N: kannte: (Duyao:) ARnNYTTT: (ot:
ENBP: INNE = AUFC:), wofür f. 22, b, y ARTÄrT:
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 13
(AHaf:)!), in Dawärö Auräri-Bager (N&C:), in Gebr ?PRZ:IME:)
Heganö, ebenso in Bäli, in Ganz und in Wag (mP-:), in Dämöt Räq-
Masrä, in Guajäm ‘Eräq-Masrä, ebenso in Bag@medr, in Tigre r94:),
in Qedä, in Angöt; in Amhärä nannte man ihn Sähfaläm (Z/h4.A9P:);
aber in Gaü, Gedem, Ifät nannte man sie Erägq-Masrä. Und alle Leute
zitterten vor der Strenge und Kraft seiner Regierung.
Als der König den Hadyä-Garäd (Statthalter von Hadyä) an seinen
Hof eitirte, mit dem Befehl die Abgaben (=94972”:) zu bringen, weigerte
sich der Hadyä-Garäd, Namens Mähik6 (e9h/n:), Sohn des Garäd Muham-
med und Bruder der Königin Jän-Zelä, Gemahlin zur Rechten?), sein
Land zu verlassen und an den Hof zu kommen. Auf die Kunde, dafs er
sich zum Rebellen erklärt, begab sich einer der Beamten von Hadyä,
Namens Gadäycö-Garäd (I4®&# : 714-& :), schleunigst zum König und
meldete ihm, dafs der Hadyä-Garäd zum Kriege rüste und Gesandte nach
Adal (ARA:) geschickt habe mit der Bitte, ihm bei einem Einfall in Da-
wärö und Bäli zu helfen. Als der König ihn fragte, ob alle Leute von
Hadyä zu ihm stehen oder nur ein Theil, und wie man am besten gegen
ihn zu Werk gehe, so sagte ihm Gadäito-Garäd (I74&-R:714-.%::), dals
auf Seiten des Rebellen stehen Guedalä-Garäd, Eläryä-G., Dihö-G.,
Haibö-G., Ganzö-G., Sögä-G., Gadab-G., Qab’en-G., Gögälä-G., Halab-G.
Das Beste sei, dafs der König den Garäd von Bämö, den Bruder des
Vaters des Rebellen, aus Dägen?) kommen lasse und ihn anstatt Mähikö’s
zum Garäd von Hadyä setze. Diesem Rath folgte Zar’a-Jacob, liels eiligst
den Garäd von Bämö aus Dögan, wo er war, zu sich nach Dabra-Berhän
kommen, übertrug ihm die Statthalterschaft von Hadyä®), und gab ihm
sowie dem Gadäylö-Garäd reiche Geschenke an kostbaren Kleidern, und
entsandte sie mit vielen Truppen, genannt (nach ihren Anführern) Basar-
Sötal und Badel-Sötal aus der Provinz Dämöt?). Und alle Leute von
1) Dann folgt noch: DLAKEHP (!) 3) 4%7:, aber gleich nachher 77:
mAnE : AIPR: TARA : MA: 7
4 °P: hp: 72.2:
&2: &.m2C: Der, : DUNP: ed ua A
1A: ALRITT = 5) PNA: NH: cher: Ad: Rhaof.:
2) ArFEAAt: TI NA: NMOC: TA: ONFA: ATA: APU7
T:NAPFYa:NAALhT = C:APT:
14 Dıiuumann: Über die Regierung,
Dawärö und Bäli gehorchten. Auch gab er ihnen den gemessenen Befehl,
den Aufrührer nicht nach dem Land Adal entkommen zu lassen. Darauf
blies man die Trompete (‚nPg-:@® PPpg:), und viele Mönche und Priester
kamen zusammen; denen befahl der König, sie sollten in ihren Kirchen
Bittgebete halten unter Aufwand vielen, Weihrauchs und unter Spenden
von Kleidern an die Armen. Auch erzählte Zar’a-Jacob den Heiligen
(Mönchen), wie ihm in der Nacht, nachdem er den Befehl zur Gefangen-
nahme des Rebellen gegeben, nach Vollendung der Weihrauchräucherung,
die Jungfrau Maria im Traum erschienen sei, und hiefs sie für die Er-
füllung dieses Gesichtes beten. Jener Hadyä-Garäd Bämö ging nun mit
den vom König ihm gestellten Mannschaften („h4.:) nach Hadyä. Bei
seiner Ankunft ergaben sich alle die rebellisch gewesenen Beamten, worauf
Mähik6 mit den Seinen die Flucht ergriff, um nach Adal durchzukommen.
Die Dämöt-Leute verfolgten ihn bis in die Landschaft Sögä; dort trafen
sie ihn, wie er eben auf den Ambä eintrat!). Auf dem Weg hatte er
viele kostbare Kleider und Stoffe?) ausstreuen lassen, damit sich seine
Verfolger mit der Einsammlung aufhalten sollten, sie aber hatten sich
nicht darum gekümmert, sondern ihm straks nachgesetzt. Sie drangen
nun auf seinen Ambä, wohin er sich begeben hatte, tödteten ihn und
schnitten ihm Kopf, Hände und Fülse ab. Die Kunde davon gelangte
bald an den Hof zum König, der sich mit seinen Grofsen (w2.P-F:) sehr
freute; man feierte ein Freudenfest, wie an Ostern, mit Singen und Tanzen,
und alle die Heiligen hielten Dankgebete zu Gott für die schnelle Er-
hörung seines Gesalbten und Niederwerfung seines Feindes. Später kamen
der Statthalter von Hadyä und jene Dämöt-Leute mit Kopf, Händen und
Fülsen des Rebellen und erzählten das Nähere. Dafür segnete der König
den Hadyä-Garäd und Gadäycö-Garäd und die Dämöt-Leute, und gab
ihnen Essen und Trinken, was sie wollten. Des Rebellen Kopf, Hände
und Fülse aber hängte man am rechten Thor, am linken Thor, am Ser-
guän-Thor?) auf; an seinem Frafs erfreuten sich die Hunde und Hyänen.
Und so hat sich das Maria-Gesicht, das ihm erschienen war, unserem
1) ENNP:NPAr:AIN: DHAD-&: (Abbadie diet. col. 197).
2) NH: FPPT : AI: ml®: 3) NAPY5: LE: NN: RE: NACH
(ostindischer Cattun) DII°Z : (Seidenstof) 7: *:
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 15
König erfüllt. Nach einigen Tagen entliefs er sie alle in ihr Land mit
reichen Geschenken an allerlei Kleidern und Stoffen. Den Gadäytö-Garäd
machte er auf Kindeskinder unabhängig vom Hadyä-Garäd, und dem
Basar-Sötal, der den Mähikö getödtet, gab er ein Lehen (FAt:) in
seinem Land.
Darauf!) liels Zar’a-Jacob in Dabra-Berhän die Königsburg?) aus-
bauen mit vielen Nebengebäuden und Zelten in dem nach aulsen durch
Umzäunungen fest abgeschlossenen Hof. Auch liefs er ein goldenes Kreuz
auf seinem Palast anbringen, eine Sitte, die er zuerst einführte. Ebenso
liefs er einen Weg von seinem Palast nach der Kirche stark umzäunen,
damit Niemand ihn sehe, wenn er zur Kirche und Communion ging, wie
denn zu diesem Kirchgang überhaupt Niemand mitgehen durfte aufser der
“Agqäbe-Saät, die kleinen Pagen und der oberste der Chorherren und ein
Mönch. Den Kirchengesang führten, aber ohne dafs sie den König sahen,
die Mönche von verschiedenen namentlich genannten Klöstern auf, welche
dann auch nach dem Gottesdienst reichlich gespeist wurden. Das alles
wird von f.17,a, y an ausführlich beschrieben, sammt dem sonstigen Hof-
halt, also namentlich die Speisen und Getränke, ihre Provenienz und Be-
reitung; die Wohnungen der Grolswürdenträger in den einzelnen Abthei-
lungen der Palastgebäude, ferner der Ort, wo Gericht gehalten wird in
Civil- und Criminalsachen, die Art der Verkündigung der königlichen Be-
fehle, bei deren Anhörung alles in die Knie sinken und die Erde küssen
muls, die Kleidung der Hofleute, die Beleuchtung der Räumlichkeiten bei
Nacht, die Feierlichkeiten, mit welchen der Gang des Königs zur Kirche
und seine Rückkehr aus derselben begleitet wird, die Räumlichkeiten zur
Aufbewahrung der Abgaben und eingehenden Geschenke, die Arbeitsräume
zur Anfertigung der Speisen, Kleider u. s. w., sammt den Pferdeställen,
bis f. 18, a,y. — Die ganze Nacht über und auch am Tage wurde von
Zeit zu Zeit von eigens dazu angestellten Priestern aus Amhärä und An-
göt in den Palasträumen die Runde gemacht und Weihwasser (7F: AN
7:) gesprengt, zugleich von den Priestern der kirchliche Nachtdienst mit
1) Den hier folgenden Absatz (in A 2) über die Überreste dieser einst glän-
f, 17,a,2 — 18,«, y) gebe ich hier nur in zenden Residenz s. Harris Gesandtschafts-
ganz kurzem Auszug. reise nach Schoa (deutsch) 1845. I. 316.
“
16 Dıiuumann: Über die Regierung,
Lesung der Evangelien und Psalmen, Renuntiation des Satans, Egziabher-
nagsa!) u.s. w. versehen. Denn die Zauberer (AnA : 2”2-&:), schelsüchtig
auf die Gerechtigkeit und den Glauben des Königs, machten allerlei böse
Anschläge gegen den König, wie er selbst in seinen Schriften erzählt,
dafs die schlechten Leute mit ihrem Zauber ihm in semer Residenz und
auf den Reisen (Märschen) nachstellten und selbst einmal am hellen Tage
das Taufgeschäft?) an Epiphanien störten, dals er deshalb im Hof der
Kirche zu Dabra-Berhän einen neuen Taufteich anlegen liefs, wohl um-
schlossen, in welchem er selbst viele Jahre bis an sein Ende sich taufte,
den auch viele Kranke benutzten, und welcher bis auf die Zeit bestand,
da die Kirche in Feuer aufging. Aus diesem Anlafs erliefs Zar’a-Jacob,
unter Androhung von Leibesstrafen und Vermögensconfiscation, den Befehl,
in allen Provinzen, zum Schutz gegen Verzauberung des Taufwassers und
gegen Satanswerk, bei den Kirchen, auf der rechten Seite derselben, Tauf-
teiche zu machen, wie das bei der in Hangüg (NP%-2:h7r7:) in Tigre
von Gabra-Masgal erbauten Kirche, und bei der Kirche auf Dabra-
Libänös schon der Fall sei, und wie auch im Buche Kidän?) ver-
ordnet sei, dafs die Taufe bei der Kirche, auf der rechten Seite derselben,
_ vollzogen werden soll. — Dann werden noch (f. 18, b, 8) die Ceremonien
beim Aufbruch des Hoflagers (Cor: F-ön:) beschrieben, wie, wenn der
König aus seinem Haus oder Zelt heraustrat, alle Leute in Scheu und
Ehrfurcht eiligst vor ihm davongehen mulsten, wie dann die 3 Schirm-
träger mit den grolsen Staatsschirmen (&nn:) und die Wedelträger (AA:
23N130-:) nahe zum Königs sich stellten, die Samä-Halter (Adnpr:Ne7:)
aber ferner von ihm ihn mit der Umhüllung rings umgaben, so dafs man
nichts vom König sah, wann er zu Pferd war (beim Aufbruch nämlich
ritt er immer ein Pferd, nie ein Maulthier).. Vor und hinter ihm, aber
weit entfernt von ihm, hatte das Musikcorps, sehr stark besetzt, seinen
Platz und spielte.*) Sie spielten auch sonst, wenn der König ausging
oder heimkam. :
1) s, weiter unten I, la.E. #4) nämlich sie blasen PALPG: ein
ß F Blasinstrument (d’Abb. e. 75) und schlagen
2) Ludolf hist. 3, 6, 45 ft. =
I mol Den ® > EN: ANA: (eine Art Trommel, d’Abb.
3) s. II, Einleitung. e. 771).
»
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 17
In Dawärö setzte er statt der alten viele neue Cawä!) (Besatzun-
gen mit Commandanten), da die bisherigen?) sich zu viel herausnahmen
und nicht gehorchten, und wenn der König sie darüber zur Rede stellte,
nach Adal durchgingen, oft wegen kleiner Anlässe; die neuen verpflichtete
er zu strengstem Gehorsam. Ebenso in Bäli und Hadyä setzte er viele
Cawä, um die Grenzen zu sichern; ebenso in Wag, Dämöt, Guajäm, Ba-
semedr (NB:PP-C:), Fatagär, lfät, Gedem, Gaü, Angöt, Qedä, Tigre3),
Saräwe. In allen diesen Provinzen setzte er viele Cawä zu den alten
hinzu, indem er sie, je nach ihren Distrieten mit besonderen Namen be-
nannte. Den Bahr-Nagäs?) aber erhob er über alle andern Beamten,
und gab ihm die Oberhoheit über die beiden Seyüm (zre&g®:) von Sir&
und Saräwe, und über die beiden Kantibä von Hamäsen und den Seyüm
von Bür. Die ganze Verwaltung von Äthiopien organisirte er neu und
vortrefflich, und „wurde die Leuchte des Landes und erhellte seine
Finsternils“.
Als unser König in das Gebiet von Axum hinabzog, um dort nach
alter Sitte die Königsweihe (genannt $*ChT: Tonsur) zu vollziehen,
wurde er von den Einwohnern und Priestern freudig empfangen. Und
die Beamten und die ganze Besatzung (sa,P:) kam ihm entgegen zu Pferd
mit Schild und Schwerdt; die Weiber mit Tänzen, nach altem Brauch.
Beim Eintritt in die Thore der Stadt stellten sich der Makuannen von
Tigr® und der Naber’ed (7NCAR:) von Axum rechts und links von ihm,
mit Gerten vom wilden Ölbaum abwehrend (A3H: &nAnd-: A}, Hav-: 77
2:Hh@-Ad:), nach altem Brauch, weshalb der Tigr&-Makuannen "Agäh£e-
Sensenyä (0P:%°%%7P:) heilst. Darnach in die Mauern (P2°C:) von
Axum eingezogen, streute er auf den für ihn auf den Boden gelegten
Teppichen (Ada: nAr: oeyn,.:HT7%4.: AF°’nPS.:) viel Gold aus, 100 Unzen
(4AP:) und drüber (ob 30 oder 50 drüber? weils ich nicht), der Zion
ı) PEN: AA: ha : Ac® 2) HPATL:CRP:NFEAIT =
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N1:0HAAFZ:NID>F:UAD.: AA: A,P *) Ah: IÜ:, s. Ludolf hist. 1,3,
Ann: hT’ov- Fr 22. Jr 4, fi vr IT er
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. II. 3
18 Dırımann: Über die Regierung,
zu Ehren, als Geschenk, nach altem Brauch.
Am 21ten Ter, am Tag
des Heimgangs (ö4€7-:) der hl. Jungfrau Maria, vollzog er den Brauch
der ®Cht:!), indem er sich auf den steineren Sitz setzte, welcher zu
1) Ich füge hier die Beschreibung der Ce-
remonie aus Kebra Nagast (Cod. Bodl. Oxon.
XXVI fol. 89 £.) ein: NAT: Ach:
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insbesondere die Kirchenordnung des Kömgs Zar’a- Jacob. 19
diesem Zweck allein steht in der Umfassung, während ein anderer Stein
da ist, auf dem er sitzt um die Segnung zu empfangen, und viele andere
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HL:0A: RI: NAT: ADAR: B&H:DCP:
3*
20 DıiuLmann: Über die Regierung,
‘Steine stehen rechts und links, worauf die 12 Gesetzeskundigen (NYA:
/h7]:) sitzen, und ein Stuhl für den Metropoliten steht eben dort. Und
der König ordnete dort alle Angelegenheiten der Kirche, und befahl das
Gebet in den kanonischen Stunden zu halten (@aA-F:A0FT2: AHN: hav:
BANG: MLHU-:), während man bis dahin das nicht so gehalten hatte!).
Zu diesem Zweck zog er viele Mönche herbei und stiftete einen Convent
(F7FNC:) mit einem Oberen (ang®yc:) an der Spitze, den er den Lig
von Axum (A,P:Ahnf-9°:) nannte, und schenkte ihm viel Ländereien,
welche Medra-Nä’der (P&2:CAßc:) genannt werden’). Das that er
aus Liebe zur Maria, und sich selbst und seinen Nachkommen zum Ge-
dächtnifs. Auch Vorsänger (a02.mPY:) liefs er kommen und stellte sie
dort an. Ferner gab er der Kirche viele Kleiderstoffe und goldene Ge-
räthe, und erneuerte alle die alten Gebräuche, und nachdem er so viel
Anlafs zur Freude gegeben, kehrte er im Frieden zurück.
Ferner als er in die Landschaft Sahay& (P&-2:8.hf:) in Amhärä
kam, traf er dort auf einen hohen und schönen Berg, der ihm sehr ge-
fiel; oben auf seiner östlichen Seite fand er einen von seinem Vater, König
David, angefangenen kleinen Bau zu einer Kirche, den dieser aber nicht
zu Ende führen konnte. In Ausführung des Wunsches seines Vaters baute
nun Zar’a-Jacob auf der Westseite des Bergs, nachdem er in Schnelligkeit
von vielen Arbeitern den Platz hatte zurichten lassen, zwei Kirchen, die
er Makäna-Göl und Dabra-Naguadguäd (oh2:7A:, ENd:TPLAR:)
benannte, und bestellte dort viele Chorpriester (AUG-F: ENT2-:)°), dotirte
sie auch mit Land; daneben stiftete er einen Convent (74NC:) für Mönche
von Dabra-Libänös, den er ebenfalls mit viel Land dotirte. Nachdem er
die Verhältnisse der Priester daselbst geordnet, auch einen regelmäfsigen
Mariendienst dort eingerichtet und goldene und silberne Prachtkleider dazu
gestiftet, zog er weiter.
oeFh@®-7: Abt: nChtPF7: AP3Y:A Ceremonie von Zar’a-Jacob erneuert wurde.
ROH EH EN TE Tg are eher
f 3 \ L 4 ie Schenkungsurkunde, neben ver-
MEOTEREE Na schiedenen anderen von ihm an MH: AN
Tr’T: ICh: PORN: @EP-: UNE: AN f1«J°:, steht in Kebra Nagast f. 93 (der
9°: Chad: AUTC: OT nat: nA: Bodl. Handschrift).
GA: @TCAh,Foo-: Ay Tt= Hier 3) s. über ANZ: Ludolf hist. 3,
ist also ausdrücklich gesagt, dafs diese alte 7, 28.
insbesondere die Kürchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 21
Dann begab er sich in die Landschaft Dagö (PR-2:&4:IN: 13 Jw:
VE:PA7,:), wo er früher residirt hatte, und gründete dort auf einem
alle andern überragenden hohen Berg, der ihm sehr gefiel, eine Marien-
kirche, die er Makäna-Maryäm benannte, gab ihr viele Vermächtnisse
und stellte Priester zum Dienst Gottes an. Er schenkte den Ort der Ge-
mahlin zur Linken (AQz:NAAthT:), Namens Fer&-Maryäm (der Mutter
der Berhän-Zamadä und der Madhen-Zamadä, der Sabala-Maryäm und
der Del-Debäbä), ihr zum Gedächtnils und zum Begräbnilsort, wie sie
denn auch später dort begraben wurde.
Im 7ten Jahr seiner Regierung begab er sich aus Amhärä in die
Gegend von Taguelat (Tegulet, PA-2:FF-AT:), genannt Eguebä (ArN:),
und erliefs dort das Taufgesetz (h1:PPPT:)!) und blieb dort, da ihm
der Ort gut gefiel. Während er dort residirte, kam vom Patriarchen Abbä
Johannes Botschaft, dafs die Muslim das Taufkloster (en: PrTJP:) in
Misr (9PAC:), aus Eifersucht darüber, dafs die hl. Jungfrau sichtbar darin
erschienen und viele Muslim dadurch zum Christenthum bekehrt worden
waren, niedergebrannt haben. Die Betrübnils darüber bei Hof, besonders
auch bei denen, welche einst die Pilgerreise nach Jerusalem gemacht
hatten, war großs. Um sich und die trauernden Abessinier darüber zu
trösten, baute er an Ort und Stelle sofort zum Ersatz eine Kirche zu
Ehren der Maria, nannte sie Dabra-Metmäg, versah sie mit Priestern,
richtete alles wohl ein, und vermachte ihr Grundbesitz in der Landschaft
von Taguelat.
Während er sich dort aufhielt, bekam er Nachricht, dafs Arw&
Badläy?) anrücke. Alsbald verlegte er sein Hoflager von Dabra-Metmäq
nach der Landschaft Dagö (P%-2:£7:)?), von da nach Markt Azör (Au
C:7N$@:), dann nach der Landschaft Afäf (P&2:A4€:), dann nach Ya-
labä$*), von da nach Markt Agäm (A>gr:N$:). Von da begab er sich
nach Dawärö mit wenigen Truppen unter Hasäb ba- Wasan°?). Dort em-
pfing er von den Heiligen (Mönchen) in Dabra-Libänös und vielen andern,
) s. oben S. 16. 5) DATPN: NAch: PR2: RP:
ya) bei Maarizi p 35 IT SE yon: mr Rt an: Biel:
ai e ae, AP: hAn:NA@®AY:; der Text ist nicht in
4) s. oben 8. 8. Yelawe:
22 Dirumann: Über die Regierung,
an die er es hatte sagen lassen, Botschaft, worin sie ihm Erhörung Gottes
und Sieg über die Ungläubigen verhiefsen. Von Muhammed, Statthalter
von Hadyä (‚h&P:714-%::), kam bei ihm ein Bote an, durch den er ihm
sagen liefs, wenn er seiner Hülfe bedürfe, so solle er es ihn wissen lassen;
er habe zugleich dem Arw& Badläy seine Hülfe angeboten, aber nur um
ihn zu täuschen. Unser König liefs ihm antworten, er solle nicht zu ihm
stofsen, sondern in Aifars (uI@:AßÖ.Ch:) bleiben, und dort ein Kriegs-
lager (nT“7:) beziehen und sich gerüstet bereit halten, bis er ihn rufen
lasse. Darauf gab ihm der König aA1%:!), und er blieb, wie ihm be-
fohlen war, in Aifars. Dieser Muhammed war nämlich der Vater der
Königin Helena (A%2:), der Gemahlin zur Rechten?), aber man traute
ihm nicht, weil er, wie Arwe Badläy, Muslim war, und wollte ihn darum
nicht auf dem Kriegsschauplatze (eon7:19NA:) haben. Zum grolsen
Staunen des Königs erschien Arwe Badläy mit einem ungeheuren Heer,
aber der König rief Gott an, gürtete sich mit der Kraft des hl. Geistes,
und schickte sich an, mit den wenigen Truppen (w2-.PF:), die er bei sich
hatte, den Kampf gegen ihn aufzunehmen. Der Agäbe-Saät Amhä-Sion
that zwar Einsprache dagegen, zumal da der König gar nicht auf das
Kriegshandwerk eingeübt sei, und rieth ihm, die Ankunft der Verstärkung
abzuwarten; aber Zar’a-Jacob wies ihn mit dem Psalmwort Ps. 33, 16 £.
zurück, und erklärte, auf Gottes Hülfe vertrauen zu wollen. Er gab Be-
fehl zum Aufbruch, liefs den Schirm halten, blasen und trommeln, und
die Umhänge rechts und links vorhalten®), in gewohnter Weise, so dals
alles vor seiner Majestät in Bewegung kam (Adh: A&rAPA#: nA: APIC
7:5N8:). Als Arw& Badläy das alles sah, erschrak er; er hatte geglaubt,
er habe es nur mit einer Abtheilung des königlichen Heeres unter Hasäb-
Wasan zu thun, und merkte nun, dafs er den König vor sich habe. Der
König griff herzhaft an und fällte manchen von des Ungläubigen Heer;
ein Soldat traf den Arwe Badläy mit dem Pfeil ins Gesicht; er brach den
Pfeil mit seiner Hand ab und drang in seinem Übermuth auf den König
ein, um ihn gefangen zu nehmen, aber dieser stach ihn mit seiner Lanze
a Eh: PACFS:DOEHNM-: 0: AINA:
2) 230:NAATAhT:; s. oben S$. 13. DP7MAD-: PP: aC$h: NneP7: of
3) ANHN: na: PA: &nN:@L7 679°:, s. oben S. 16.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 23
in den Hals. Alle in der Umgebung des Königs brüsteten sich mit ihm,
aber er rühmte laut den Dreieinigen!). Nachdem er gefallen, flohen die
Muslim und wurden auf der Verfolgung niedergemacht; viele kamen durch
Sturz (NA&°E:) um; fast keiner blieb übrig. Arwe Badläy’s Bruder Ka-
raddin (n2%,3:)?) war an den (Strom) Hawas (‚hPfAi:) entkommen; das
betrübte den König; da unternahm Jän-Sagan& (Y"7:475:) seine Ver-
folgung, traf ihn wie er eben ausruhte, tödtete ihn und brachte seinen
Kopf dem König. Dieser jauchzte und sagte: „heute ist wahrhaftig ein
Freudentag; wirklich wunderbar ist die Herrlichkeit Seiner Geburt“. Der
Siegestag war nämlich der 29te Tähsäs, das Christfest. Die Zählung der
gefallenen und gefangenen Menschen und Pferde ergab eine grofse Menge.
Viele Priester kamen an und führten Gesänge auf; allenthalben, von Ort
zu Ort, feierte man Freudenfeste und gab Gott die Ehre. Den Statthalter
von Hadyä liefs der König aus Aifars kommen, damit er mit eigenen
Augen sich vom Geschehenen überzeuge, und da er von seiner Treue sich
überzeugt hatte, beschenkte er ihn mit Kleiderschmuck. Der Leichnam
des Ungläubigen wurde verstümmelt, und seine einzelnen Gliedmafsen nach
allen Provinzen (et: n-A-:UrC:) versandt, sein Kopf aber nach Ambä,
und seine anderen Gebeine nach Axum, Manhadle, Wäsel, Gegnö, Lawö;
nach Wiz und Dabra-Naguadguäd schickte er?) seine Schmucksachen
sammt seiner Lanze und seinem Säbel (#FA:) und Staatsschirm und Hai-
kal (@.h&hA:H.Av-:) sammt allen Schmucksachen seiner Gemahlin, und
nach Dabra-Metmäg und Sion und allen (andern) Orten gab er von seinen
Geräthschaften und vielerlei Hemden (P°4,A-ku-: HN: H.Au-:4n%-:). Über
den Resten seiner Glieder wurden von allen Leuten Äthiopiens Steine zu
einem Haufen aufgeworfen.
Dann kehrte unser König hocherfreut zurück und begab sich nach
Fatagär in den Bezirk Telg, wo er geboren war und früher gelebt hatte,
und begann dort dem Michael und seinem Vater David, da wo er gewohnt
hatte, eine Kirche zu bauen, und legte viele Pflanzungen®) an, genannt
1) Dyhro0-: AA: UA@-: Pu: 3) DAN: RYAN: PRA:O
FAchR:AdrU:OAN@Z:Nde: A AN: RT: AN:AP= AN: PR: @
R:IrPT:NHch:Poehn: AN: TPRALN: EI@:
2) s. oben $. 10. 4) Auch von seinem Nachfolger Ba’eda-
24 Dıuumann: Über die Regierung,
Yalabäs6 (At: Thaoß:eAnd:). Auch baute er dort eine großse Kirche
und: nannte sie Martüla Michael, und die untere nannte er Asada
Michael, beide standen unter &inem Öberpriester, hatten aber jede ihr
besonderes Land; für beide bestellte er Priester und richtete alles wohl
ein; ohne Unterbrechung und Zögern wurde alles schnell vollendet.
Darnach begab er sich nach der Landschaft Enzördä (AZHCA:;
f. 22, a, « AFNCR:) und baute auch dort eime Kirche, die er Dabra
Sehin (Ah,7:) nannte, und stiftete einen Chor (&-N-F4-:) von Psalmisten
(Sängern) und andern zum Priesterthum tauglichen, und gab ihnen Erb-
besitz zum Lebensunterhalt, dotirte sie auch mit Land zum Gedächtnifs
der Maria und des Königs selbst an ihren Festen. Nachdem er hier alles
wohl bestellt, ging er nach dem Land Kal’at (hAAT:), wo er aber nur
kurze Zeit blieb, überschritt dann den Flufs Waräri (m2.2:), und kam in
die Landschaft Ibä (A.N:), und wollte dort bleiben, da ihm ihre Schön-
heit wohl gefiel. Kurze Zeit, nachdem er dort war, erhoben sich die
Stephaniten (&$P#:AAm,4:)!), die weder Maria noch das Kreuz anbeten
wollten. Darauf beschied sie der König vor sich, befragte sie nach ihrer
Lehre, hielt eine Disputation mit ihren Oberen, widerleste sie. Als sie
gleichwohl von ihrer Bosheit nicht abliessen, veranstaltete der König, zum
Gericht über sie, eine Kirchenversammlung mit Zuziehung der von Jeru-
salem gekommenen Pilger, welche mit allerlei Strafen bis zur Todesstrafe
gegen sie vorzugehen beschlofs. Demgemäls schnitt man ihnen Nasen
und Zungen ab und steinigte sie, am 2ten Yakätit. Am 10ten Magäbit,
38 Tage nach ihrer Steinigung, am Kreuzesfest, kamen allenthalben himm-
liche Lichterscheinungen herab, die viele Tage hindurch sichtbar wurden.
Deshalb wurde der Ort dem König sehr werth und nannte er ihn Da-
bra-Berhän (Berg des Lichts), baute auch dort eine schöne (2Cr-F:)
Kirche zu Ehren Jesu Christi, deren Bau er sehr beschleunigte, in 602) Ta-
gen, unter Betheiligung aller o@tF:rC:?) und aller Beamten von Sewä,
Maryäm wird in seiner Chronik öfters ge- stelle f. 22,a, 0 AHA: d.i. &-
rühmt, dafs er schöne Gärten und Pflanzun- 3) scheinen die Baumeister zu sein.
gen mit feinen Blumen und Obstbäumen und Sie kommen in den Beschreibungen des Hof-
Reben anleste. halts (A f. 31 ff.) öfters vor, und scheinen
1) s. unten II $ 2. mit NIMC:@Y7R-: (£. 32 £.) identisch (bei
2) im Text X, aber in der Parallel- d’Abb. 377 NFE%:@7£::).
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 25
während das Stroh zur Bedachung die Leute von Gedem bis Fatagär liefer-
ten. Auch ein 2tes und ötes mal kam das Licht herunter zur Zeit der
Messe (P»£N7:), und auch Nachts, während die Psalmisten das Nagsa Egzi-
abher in der Kirche sangen, und so dafs diese es sahen. Der König selbst
bezeugt, ganz deutlich gesehen zu haben, wie das Licht auf die Kirche
herabkam. Darauf sprach unser König eidlich das Land Ibä jener Kirche
zu, indem er es der Gemahlin zur Linken!) nahm, zur Dotirung der
Priester und des Dienstes an der Kirche. Er selbst beschlofs da seine
Residenz zu nehmen, und befahl seinen Offizieren („h<-:), sich hier ihren
Wohnort einzurichten, und den Soldaten (s5,P:), die an seinem Hof waren,
zur Herstellung der Umzäunung des Hoflagers behülflich zu sein?); allen
Beamten von Sewä befahl er, als Angebinde (I4:N&hT: AP u-:) ihm die
vielen Bohlen und Balken (9.4.#:) dazu zu liefern, ausschliefslich vom
wilden Oelbaumholz), und zwar geschält*), damit die Umzäunung ganz
weils aussehe. Während seines Aufenthalts hier in Dabra-Berhän be-
sorgte und sicherte er die ganze Ordnung des Reichs. Viele Leute, die
wegen Vergehen gegen Gott und den König angeklagt waren, wurden
dort gerichtet und zum Tod verurtheilt oder in die Haftörter geschickt
(AJ0NPov-:), und ebenso Viele, die um Gott und den König sich ver-
dient gemacht hatten, wurden dort belohnt und zu Ehren erhoben.
Nachdem der König lange dort residirt hatte, trat die Pest sehr
stark auf, und viele Leute starben, so dafs es an Begrabenden fehlte.
Deshalb, um die göttliche Plage abzuwenden, baute der König auf der
rechten Seite von Dabra-Berhän die Qirgös-Kirche (Pr:2Cc#n:)°),
eingedenk der dem Qirgös gegebenen Verheilsung, dafs weder Pest noch
Wassermangel noch Hungersnoth eintreten soll, wo man seinen Gedächt-
nifsort (aogm-A:, Martyrium) baue. Und Gott lohnte seinen Glauben
mit Wegnahme der Pest. Seinen Söhnen und Königinnen befahl er, der
Qirgös-Kirche Geschenke an Seidenstoffen (99°%&:) und Büchern zu
1) Hier Ya: N YA: ich’: geschrie- 3) Am-Abd:, Olea chrysophylla.
hen ) DPCFFL: NOFNAT: EA
2) DATNEL: EPAZ: @AchA.d:7 h: AyPAdKU-:
237.: AHNov-: nav: BCRAP : Art-deov-: 5) Quiricus oder Cyriacus, das Kind,
(sie) Gb P: AA: VAD.: at: RPoU«: ist gemeint.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 4
36 Dıuumann: Über die Regierung,
machen, und verordnete, dafs jeder Eid, den man leiste oder abnehme,
ausschliefslich bei der Qirgös-Kirche geschehen soll.
Dort ordnete und reformirte er die Kirche!), erliefs auch den Be-
fehl, dafs man den Sabbath wie den Sonntag feiern solle, gemäls der Ver-
ordnung des Petrus und Paulus im Senödös, dafs man 5 Tage arbeiten
und 2 Tage dem Herrn halten soll?); ebenso befahl er, dals man am
29ten jeden Monats das Geburtsfest Christi feiern soll?), zugleich zum
Gedächtnils seines Sieges über Arw& Badläy, ferner die 32 (sic) Mariafeste
pünktlich, wie den Sonntag, feiere, wie die Patriarchen und Metropoliten
unter Androhung der Excommunikation verordnet haben, ferner jeden
Monat das Fest Michael’s, ebenso die Tage aller Heiligen (Propheten und
Apostel), der Erzengel, himmlischen Priester und der 4 dw« feiere durch
Almosen, Opfergaben (NAdCA: aD PäT:) und Speisung der Armen; so
hat er in seinen heiligen (!) Schriften verordnet. Die Titel seiner Schriften
sind: Tomära Tesbe’et*), Mashafa Berhän, Mashafa Miläd®), Kehdata Sai-
tän®), Mashafa Bahrey?’), Taagbö Mestir®), Egziabher nagsa?). Dies
alles ordnend und einrichtend blieb er nicht weniger als 12 Jahre un-
unterbrochen in Dabra-Berhän, und während 2 Jahre war er zwar auch
in der Landschaft Falagö (P@-2:2.47:), in Dabra Metmäq und an andern
Orten in der Nähe, kehrte aber immer wieder bald nach Dabra-Berhän
zurück. Im Ganzen war er so 14 Jahre in Dabra-Berhän, bis er starb.
3. Über Gerechtigkeit und Glauben (IC: NAFT: A&P: oY
errFT:) Als Zarra-Jacob zur Regierung kam, wurde es friedlich und
ruhig in ganz Äthiopien. Er predigte Gerechtigkeit und Glauben und
glich in der Trefflichkeit seiner Predigt und Lehre einem Propheten und
Apostel. Denn die Leute in Äthiopien hatten damals der rechten Ordnung,
1) Atom: Cor: OAhTZ2-TO:Y7 über die Menschwerdung), s. I $1.
EFH+: I RL => ar BEST Catalogue Nr. 62.
2) s. Ludolf hist. 3, 1,58. ) die Verläugnung = Pa
3) Ludolf comm. hist. p. 393. 7) s. unten Il $ 7; mein Lexicon Aeth.
col. 494; im Catalogue bei d’Abbadie Nr. 69
+) meld: TONAT :, aber in M.Ber- und 207; bei Wright Nr. 270.
hän f.90a besser MI: TANOT:, scheint 8) s. unten IT $ 6.
ein Traktat gegen die Zauberei zu sein (nicht 9) s. bei Zotenberg Nr. 113.
insbesondere die Kürchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 27
des Glaubens und der Feier des Sabbaths und der Feste sich entwöhnt.
Ich selbst habe das in meiner Jugend noch erlebt und mit eigenen Augen
angesehen, wie die Leute den Sabbath entweihten, alle Arbeiten an ihm
besorgten, und erst nach der 9ten Stunde, wann man das Glockenzeichen
gab!), die Arbeit aufgaben und ruhten, indem sie sagten: von jetzt an
gilt (A4.yr:) der Sabbath; in gleicher Weise hielten sie auch die Feste
nicht in Ehren. Das alles stellte er ab und verordnete, dafs man den
Sabbath feiere wie den Sonntag, ohne zu unterscheiden, gemäfs der Vor-
schrift der hl. Apostel, ebenso die 33 Mariafeste, das monatliche Michael-
fest, das Geburtsfest Christi jeden Monat, und die übrigen Feste pünkt-
lich feiere. Ebenso befahl er, dafs man nicht blos einen, sondern 2 oder
mehr Altäre (F*nF:) in den Kirchen aufstelle und dafs immer ein Maria-
altar darunter sein müsse. Ferner verordnete und lehrte er und befahl
Männer und Weiber zu lehren das Glaubensbekenntnils (AAet:YE9?F:),
das Gebet des Evangeliums (AneF:@733%A:), die 10 Gebote des Gesetzes,
die 6 Worte des Evangeliums?), das „ein Gott und 3 Personen“, „die
Zeugung des Sohnes vom Vater ohne Mutter und die Zeugung des Sohnes
aus der Maria ohne Vater“, und Ähnliches, indem man aller Orten an
allen Sabbathen, Sonn- und Festtagen gottesdienstlich zusammenkomme.
Den Priestern, welche dieser Ordnung nicht nachkamen und die Leute
nicht lehrten, wies er die königlichen Beamten in den Provinzen an
ihr Vermögen zu confisciren.
Über die Königsweihe und die Kirchen (IC:HPChr:OA
NPtr:nchtpst:). Nach dem Antritt seiner Regierung zog Zar’a-Jacob
nach Axum, ordnete die dortigen Verhältnisse, erneuerte die Priester und
vollzog die Ceremonie der Tonsur nach der Väter Sitte, indem er dort
mit den altverordneten Gesetzeskundigen die Sitzung hielt. Auf dem
Rückweg hielt er sich im Land Sahäya (N&'ch:P&:2:9mP:?, s. oben S. 20)
auf, wo er schönen Bau aufführte?). Er befahl, den Schrein (ANh&?:)
seines Vaters David aus Siön (U74:3°P-7:) hierher zu bringen, bekam
deshalb mit den Leuten von Muwäl (PnAa:AnA:a-PA:?) Streit, indem
1) AN: mPO-: PO: eig. wann ?) Gemeint sind die Worte Matth. 25, 35f.
man die Trompete blies. 3) nämlich Dabra-Naguadguäd, s. oben
S. 20.
4*
= Dıiuumann: Über die Regierung,
sie den Schrein nicht ausliefern wollten, dazu aufgehetzt von 3 Säsargue!),
Namens Ab-radä’i und Gabrü und Metüs ?AN:24A.:07N4-: 0 m-N:),
welche ihnen hatten sagen lassen, sie sollten den Sarg nicht hergeben,
auch wenn ein Befehl des Königs oder der Metropoliten komme. Darüber
ergrimmt schickte der König die Truppe Ba’adal Jan?), um die Bürger
der Stadt mit Weibern und Kindern gefangen abzuholen und vor die
Pforte des Königs 4N:&,8:77:7”:) zu bringen. Als nun diese vor dem
König aussagten, dals die 3 Säsargu& zu ihnen gesandt und sie zu der
Weigerung aufgereizt haben, zog der König diese dreie zur Verantwor-
tung: wie sie dazu kommen, die Leute zum Ungehorsam aufzureizen,
während sie vorher, als er die Versetzung, des Schreins mit ihnen berieth,
damit ganz einverstanden gewesen wären? Sie waren ihres Vergehens
geständig, wurden hart bestraft, an einen Haftort gebracht (A90NP=-:)
und verfügt, dafs sie und ihre Nachkommen für alle Zeiten niemals mehr
Dabtarä und Säsargu& werden können. Die Bewohner der Stadt aber be-
snadigte er und schickte sie heim. Der Sarg (7&#:) seines Vaters Da-
vid wurde nun an den neugebauten Ort gebracht und er nannte diesen
Dabra Naguadguäd. Für diese Erzählung ist mein Gewährsmann der
Saräg Mäsare?) (42.&:9A&:) Johannes, „welcher bei eurer Pforte ist“*);
der weils alles. Auch seine Mutter, die Königin Egzi’e-Kebrä, welche in
der Landschaft Malz (P&2:mwAn:) dabei war, eine Kirche (für sich) zu
bauen, beredete er mit Erfolg, das aufzugeben, und sich von ıhm nicht
zu trennen, damit sie nach dem Tode in der gleichen Ruhestätte bei-
sammen wären; so wurde der angefangene Bau wieder eingerissen. Hier-
her nach Dabra Naguadguäd bestattete er also zuerst seinen Vater, später
seine Mutter, und ordnete an, einst selbst da begraben zu werden. Eben
deshalb hielt er diesen Ort hoch in Ehren und gab ihm eine reiche Do-
tation an Land für seine Priester, und zu den Gedächtnifsfeiern für unsere
1) hier WC »T: und nachher noch und heifst AL: wANd&:; in Cod. Bodl.
einmal J:Ww€Cb: geschrieben; s. oben $. 12. Aeth. XXVII f. 1 ebenso (ZEIG:
9 Bu x ; S A genannt); und trägt den PC7:PNd: zur
Be a Salbung des Königs; sonst s. auch d’Abb.
Shoe: NARA:MT: Diet. c. 972.
3) In Kebra Nagast f. 90, b (des Bodl. +) HUN: oT: KLonav-: Alan:
Ms.) ist er der erste der 12 NYA:h]: Dh: PAowc: nn:
insbesondere dıe Kürchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 29
Herrin Maria, für seinen Vater, seine Mutter und für sich. Nachdem er
hier alles geordnet, baute er einen andern Ort im Lande Dagö (s. oben
S. 21), wo er früher residirt hatte, und nannte ihn Makäna-Maryäm,
verschönerte und ordnete ihn wohl, und schenkte ihn erblich (neo: £n-g:
Chr:) der Jän-Hailä (3:"7@A:), seiner Jugendgemahlin, die den Titel
Gemahlin zur Linken führte!). Von da begab er sich nach dem Land
Taguelat (Pe-2:FFAT:), und baute dort eine Kirche, die er Dabra
Metmägq nannte (s. oben S. 21). Während er dort war, bekam er die
Nachricht, dafs Arwe Badläy anrücke. Da befahl er, dafs man an dem
Ort Bittgebete für ihn halte, und zog eilends mit wenigen Truppen, im
Vertrauen auf die Hülfe Gottes und der Maria, in’s Land Dawärö, wo
Arw& Badläy stand. Dann begann er den Krieg am 29ten Tähsäs, am
Christfest, und Gott, um seine Wundermacht zu zeigen, liels den Arw&
Badläy durch seine Hand fallen. Für diesen Sieg pries er Gott, der ihm
geholfen. Allen Kleiderschmuck des Ungläubigen und seines Weibes, so-
wie seinen Staatsschirm (&nn:) gab er nach Dabra Naguadguäd und an
andere Orte; seinen abgeschnittenen Kopf und Glieder schickte er an die
Marktplätze (N@:), damit die Leute sie sehen und Gott preisen. In
allen Provinzen war darüber grolse Freude. Bei seiner Rückkehr von
dort kamen dem König von überallher die Priester mit Festgesängen zu
seinem Empfang entgegen, ebenso die Mönche von Dabra Libänös mit
ihrem Oberen (eogeyg:) Abbä Andreas, welche ihm den Sieg voraus ver-
kündigt hatten. Der König seinerseits gab ihnen für ihre Kirche reiche
Geschenke: 150 Unzen?) (4A#:) Gold, 30 mit Gold verzierte Stück
Seidenstoffe (Jgey:), 7 Wagarat von ächter Seide?), und 7 Wedel (am
AFrhTr:) von Gold, viele Geräthe und 2000 Rinder, und machte einen
Vertrag mit ihnen*) und speiste (44.$:) in ihrem Oonvent. Dem Öonvent
gab er 100 Morgen (?oan4.cP:) vom Land Alät (PR&Z2:AATt:) zur Be-
streitung der Feierlichkeiten am 29ten jeden Monats zum Gedächtnils der
') Ah: Naht: Falk: ehrt: H >) ANOF:HhC:@ILT:; O@ILT:
TÄFP: (sic) IA: NHALEPT: (sic). ist eines der priesterlichen Kleidungsstücke,
2) s. Ludolf, hist. comm. p. 568; eine über welches d’Abb. c. 689 keine bestimmte
o+r: (= AAP:) ist jetzt nach d’Abb. Auskunft giebt.
— 12 Thaler. ı) DON. ATI.: GP: PilihV’am-:
30 Diuumann: Über die Regierung,
Geburt Christi und seines eigenen Sieges an diesem Tag. Diese Stiftung
besteht noch bis auf den heutigen Tag. Und ihr Kloster nannte er!)
Dabra Libänös; früher nannte man es Dabra ‘Asbö (Yan:). Auch später
wandte er diesem Kloster viele Geschenke zu und hielt es hoch in Ehren.
— Von Dawärö zurückgekehrt begab sich der König ins Land Yalabäsä
(s. oben S. 24), wo sein Vater früher gelebt hatte und wo er selbst ge-
boren war, und baute dort einen schönen Ort, den er Martüla Michael
nannte; dem gegenüber bebaute er seinen Geburtsort Telq (FA#:) mit
einen 2ten Martül, den er Asada Michael nannte; beiden gab er einen
gemeinsamen Oberpriester, stattete sie auch mit Land aus. — Darmach
baute er in der Landschaft Enzörgä eine schöne (2r&r-T:) Kirche, die er
Dabra Sehin nannte (s. oben S. 24). — Von da ging er in das Land
Kal’at (s. oben S. 24), wo er sich kurz aufhielt, weiter ins Land Ibä,
und blieb dort, da es ıhm gefiel. Dort kamen am Fest des Kreuzesholzes,
nachdem er die die Anbetung der Maria und des Kreuzes verweigernden
Stefaniten getödtet hatte, Lichterscheinungen, welche viele Leute in ihren
Wohnungen sahen, deshalb nannte er jenes Heiligthum Dabra Berhän,
das er in 60 Tagen schön bauen liefs, unter Betheiligung aller BF: TC,
während die Leute von Gedem, Genä (9g:), lfät, Fatagär Stroh zur Be-
dachung lieferten, und alle Beamten von Sawä. Er beschlofs, da zu
bleiben und richtete die Regierung hier ein, liefs auch ein Königshaus
sammt Umfassung da machen, so solide, wie nie ein König vorher. Er
erliefs dort viele Verordnungen; unter anderem aus Anlafs einer grolsen
Pest?) (s. S. 25), welche damals wüthete, befahl er, dafs die Leute jedes
Ortes sich gemeinschaftlich an den Begräbnissen zu betheiligen haben,
Stäbe und Zweige haltend und Weihwasser sprengend; er gab ihnen den
Namen „evangelischer Convent“, und den Stäben „Mosestab“3). Wer in
irgend welcher Provinz diesem Befehl nicht nachkomme und die Todten
1) DALNCEO-7 : APP: EN: A, 3) Die nicht ganz klare Stelle lautet:
nen: na: BPNEPo- : (A:) ad: ANA:
N i . VICE: FIN,.AI-: AN: RTAAR: (sic)
2) das kann nicht dieselbe Pest sein,
von welcher Magrizi p. 8 (lat. p. 9) berichtet AI: ANTEC: O1.-F: OA: RAPR:
und deren Anfang er in das Jahr 839 Heg. Ant: aha: APav-: JaNnd:m
(= 1435 n. Ch.) setzt. TLA:@ANTEor-: Amp: NT4: av, =
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 3l
nicht begrabe, dessen Haus soll geplündert und sein Eigenthum confiseirt
werden, so lautete sein Befehl an seine Beamten.
Über die Verleihung der Reichsämter an seine Töchter,
die Prinzessinnen IC: NAFT:PCOT: PO IT: NA Te AP: O-Nt:AR:
APAFU:OBANC:). Ein Beht-Wadad wurde während seiner Regierung
nicht eingesetzt aulser ‘Amda-Saitän (s. oben 8. 11). Der wurde, wegen
Vergehung gegen den König, plötzlich gestürzt und an einen Haftort ge-
bracht. Was im Geheimen vorging, weils ich nicht (@y7@A: A fh@ch-:
HinA:). Was aber über seine Vergehung öffentlich bekannt wurde, war,
dafs er, obwohl Gemahl einer Prinzessin (@&HE@:), eine andere Frau hei-
rathete, und sie dann dem Säsargu& Amhä-Jyasüs gab, dafs er sie heirathe.
Deshalb wurde er gerichtet und an einen Haftort gebracht, und ‘Amda-
Saitän genannt. Auch den Säsarga& Amhä-Jyasüs richtete man ebenso.
Damals gab er seiner (des ‘Amda-Saitän) Gemahlin, der Berhän-Zamadä,
die Vollmacht, im Gemach (r:) des Beht-Wadad der Linken dessen
Gewalt auszuüben, ebenso der Madhen-Zamadä im Gemach des Beht-
Wadad der Rechten (s. oben S. 11 £.). Die Del-Samerä setzte er über
Tigre, für Angöt wurde Bahr-Mansä (sic für @®47°1:) ernannt, für Ba-
gemedr (NT: 9°2:C:) Sabala-Maryäm!), für Amhärä Amata-Masih (Ar:
aofı,im:)?), für Gedem Sofia, für Sawä Röm-Ganayalä, für Guajäm Asnäf-
Samerä?); Theodor wurde Ya-Jän Sabar Räsnat?) (F»ßa: ey: ANC:
2N7T:). Aber die Gad-Yestan jener Prinzessinnen richteten alle Länder
zu Grund®). Königliche Befehle wurden damals nicht erlassen, sondern
sie waren wie der Königsbefehl, und verwüsteten Äthiopien. Um ihret-
willen (NAYt:AVoo-:) rebellirten Ambä-Nahäd (A9°N:7.AR-:), der Seyüm
von Salamt, und Sagäy der Seyüm von Semen, und Seyüma Kantibä®);
1) Oben 8.12 ANA: ICPP: bung des Hoflagers A f. 31—33 kommt
2) fehlt oben $. 12; dagegen sind oben 7°: &Am7:, 77.AmF:, 1%: em’:, 71
einige andere genannt, die hier fehlen. P%:Nm?: öfters vor, (auch zweimal in
>) DARTYE: ENNC: pen. Verbindung mit 1: N9A:EhT':) ohne
dafs klar würde, was für eine Art Beamter
FR: BAmTav-: (sie) WNr:UIE:@A, RT zu verstehen ist.
HM: Pa: ht: Naar: Nav’r: Ahon-: 4) jedenfalls fehlerhaft, vielleicht 2
hov-YE:(sic)nr:naP: PA: chF:@ Aa Ram: EFPNP:NFEN: zu verbessern, s.
NNZ-:U74: A,TP-AP = In der Beschrei- Ludolf hist. 3, 17, 8.
32 Dıuımann: Über die Regierung,
diese alle verliessen das Christenthum, wurden Juden, tödteten viele Leute
von Amhärä, welche zum Kampf gegen sie auszogen, schlugen des Königs
Truppen, verbrannten die christlichen Kirchen ihrer Länder. Das alles
trat ein, als jene Gad-Yestan sie zu Grund richteten (NFF: nA: Hn7: A
00-7F4:: 72: Em: AN: ATFAPor-:), indem sie den Leuten ihre Habe
nahmen und ihre Häuser plünderten, so dafs sie ihnen nicht einmal die
Seidenschnur (e94--N:) an ihrem Halse liessen, und das nicht blos ihren
Untergebenen, sondern allen Äthiopen.
Das Gericht über die Prinzen und die andern Leute (47€:
Hhao: FIT A: @-FneF4-: PANC:ON5837:AMNA:). Damals standen einige böse
Menschen auf, Namens Ta’awga-Berhän und Zar’a-Siön, deren Sinn der
Satan mit bösen Dingen (Reden, 27C:) füllte. Diese klagten jene Prinzen
(PYHC:) und andere Leute, welche gesagt haben sollten: „wir haben den
Dask und Dinö angebetet und auch jene haben mit uns sie angebetet“ beim
König an. Auch manche andern Anklagen brachten sie vor: diese weils
nur der König; bekannt gemacht hat er blos, dafs sie den Dask angebetet
haben. Deshalb strafte schwer und züchtiste der König jene Prinzen,
deren Namen sind Theodor, Claudius, Amda-Maryäm und Zar’a-Abrehäm,
und noch andere, deren Namen ich nicht kenne, und die (Königs-) Töch-
ter Asnäf-Samerä und Del-Samer& und die andern Schwestern (s. oben
S. 10). Auch berief damals der König eine grolse Versammlung, zeigte
den Versammelten die Züchtigungen und schweren Strafen, die er über
jene verhängt hatte, indem er sagte: „seht, wie wir unseren eigenen Kin-
dern gethan und sie nicht verschont haben im Eifer für Gott, da sie
gegen ihn gesündigt haben; und nun beschwören wir euch bei Gott, dals
ihr saget, ob diese Strafen genügen, oder ob wir noch weiteres hinzufügen
sollen“. Alsbald weinte die ganze Versammlung und sagte: „was für
Strafen sollte man noch weiter hinzufügen? sie sind ja schon dem Tod
nahe, o unser Herr König!“ Darauf starb ein Theil der Königssöhne dort
an der Stelle, ein Theil (nachher) an ihren Orten. Und noch viele andere
Leute Äthiopiens, deren Namen ich nicht kenne, wurden damals auf die
falschen Anklagen hin gerichtet und getödtet, Richter und Amtleute und
Mönche, Arme und Reiche, da jene Satanssöhne Zar’a-Sıön, Taawga-Ber-
hän und Gabra-Christos!) sie anklasten. Zuletzt aber wurden sie selbst
1) war oben nicht genannt.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar'a- Jacob. 33
gefalst (FAAr:), für ihre Bosheit auf strengste bestraft und an Haftorte
geschickt (AIYNPav-:). Zar’a-Sıön starb am Ort seiner Haft, indem er
sagte: „seht wie Abuna Andreas!) von Dabra-Libänös mit feuriger Lanze
mich durchbohrt“; er hatte nämlich früher diesen angeklagt, so dafs man
ihn gefangen setzte, und er war im Gefängnils gestorben. Den Gabra-
Christos zerschmetterte (Pp$m:) später König Ba’eda-Maryäm und tödtete
ihn; auch Taawgqa-Berhän starb an seinem Haftort.
Was der König mit den Reichsämtern Äthiopiens machte
GICS:Hh@: NL: Fr: FHt:ATP-3P:), welche er früher allen seinen
Töchtern verliehen hatte (s. oben 8. 12). Er setzte in jeder Provinz
einen Stellvertreter (A&=AyT:), dessen Amtstitel je nach der Provinz Räq
Mäsrä oder Hegano («P:"IAZz.: und 4,77:) war. Ebenso die Ämter der
Öberpriesterstellen nahm er in seine Hand und liefs nichts übrig.?) Die
Steuern von Sawä, welche dem Sahäfa-Läm (s. oben $. 13) gesteuert
werden, und den Unterhalt der Truppen, welcher an den Baäla-Dämö
und den Baäla-Dihö und an Jän-Sengä und Badel-Dagän gesteuert wird,
diese sämmtlichen Einkünfte wies er für Dabra-Libänös an?). Die übrigen
Einkünfte (Steuern, INL:) Äthiopiens aber bestimmte unser König für
sich selbst, zu seinem Tisch und allen seinen königlichen Bedürfnissen. —
Ferner erliefs unser König den Befehl: „so oft ihr den Namen Gottes
anrufet, ihr Christenleute alle, saget zuerst: ich falle nieder (AA%:)
der Grölse seines Königthums! und dann rufet seinen Namen an. Und
wiederum wann ihr den Namen unserer Herrin Maria anrufen wollt, saget
zuerst: ihrer Jungfräulichkeit gebührt Niederwerfung (Anbetung)! und dann
rufet an.“ Und zum dritten sagte er: „wann ihr unser Wort (#A?:)
höret und wann ihr vor unser Angesicht kommet, saget immer, indem ihr
euch niederwerft (FA2%.:): wir werfen uns nieder (7A]%::) dem Vater,
Sohn und hl. Geist, welcher uns Zar’a-Jacob zum König gesetzt hat“®).
') 8.29. N3A: AP: @AngaA: #0: @aAYT:AY
:) oh7u- : AA, Fr: hust: CAR: PNA: II: NrEh An:
DIV: DAT: ABU: DA FTE nA: ot: end: ANTh:AHN: (nach
6: PYtz “= amharischer Satzbildung).
3) DINL: HPA: HRTOUN:ARA
2: (sic) AP:OANA:FP:NLTOUN:A
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. I. 5
4) s. schon oben S. 15.
34 Dıuumann: Über die Regierung,
Nachdem er alles dies gelehrt und festgesetzt, und die neuen
Schriften hatte schreiben lassen, entschlief er im Frieden in Dabra-Ber-
hän, im 35ten Jahr nach dem Antritt seiner Regierung!)*.
Aus dem Anfang des Tarik seines Sohnes Ba’eda-Maryäm ist noch
Folgendes hierher zu ziehen:
Seinen Sohn Ba’eda-Maryäm, ehe er zur Regierung kam, und
dessen Mutter Siön-Mögasä traf viel Ungemach, weil Zar’a-Jacob diese
in Verdacht hatte, dafs sie ihren Sohn noch bei seinen Lebzeiten auf den
Thron bringen wolle, und dazu alle die Heiligen in den Klöstern und
Orten (eNt: ANZ: QaohgT:) bearbeitet habe. Sie zwar leugnete,
dafs ihr so etwas je in den Sinn gekommen, und bat, er möchte den
Verleumdungen nicht Glauben schenken. Er aber ergrimmt liefs sie scharf
züchtigen und hauen (ANN: PP EP: aß HNnTP:). In Folge jener Züchti-
gung und weil schon betagt, starb sie. Man begrub sie in aller Stille
(nAN-A:) in einer Marienkirche nahe bei Dabra-Berhän. Am Tage ihrer
Commemoration (FHhC:)?) brachte ihr Sohn Ba’eda-Maryäm Weihrauch
und Kerzen in die Kirche. Als der König davon hörte, liefs er ihn kom-
men, machte ihm voll Unwillen Vorhalt darüber, dafs er das sich unter-
standen habe, liefs ihn an den Händen fesseln; ebenso seinen Diener
Mahäri-Christos fesselte man und quälte (»y<p«:) ıhn sehr. Später als
seine Unschuld an den Tag kam, wurde er freigelassen und begnadigt.
Da auch die Heiligen von Dabra-Libänös und Dabra-Kös6, und Abugqer
der Obere (aeg®ye.:) von Endagabtan für Ba’eda-Maryäm gut sprachen,
kam er bei seinem Vater in hohe Gunst, und Zar’a-Jacob machte ihm
viel Freude und räumte ıhm viel Gewalt ein®). Er liels seine Söhne
schwören, keine Bestechungen von den Leuten anzunehmen, auch Ba’eda-
Maryäm schwur, den Leuten nichts abnehmen zu wollen. In seiner letzten
Krankheit rief Zar’a-Jacob seinen Sohn Ba’eda-Maryäm und sagte zu ihm
in Gegenwart des 'Agäb&-Saät: nımm dich in Acht, halte dich gut auf
deinem ganzen Weg, denn ich will dir eine Sendung geben. Nach seines
1) In dem gereimten Epilog wird er 2) s. unten I $ 9.
unter Anderem „den auserwählten Jüngern
ebenbürtig“ und „Ausrotter der Juden“ ge- d) OANTF Ah: DAR: AH: N
nannt. TA: ANA HTTERACH:
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 35
Vaters Tod bestieg er den Thron, da der ‘Agäbe-Saät Amhä-la-Siön vor
dem ganzen Lager es als den letzten Willen Zar’a-Jacob’s verkündete, dafs
Ba’eda-Maryäm sein Nachfolger werde.
Aus dieser Übersicht über seine Regierung ergiebt sich als sein
Hauptbestreben die Stärkung der königlichen Macht und Autorität, welche
unter den kurzen Regierungen seiner nächsten Vorgänger stark geschädigt
worden zu sein scheint. Jeder Ungehorsam und Empörungsversuch der
Grofsen wurde mit Kraft und Erfolg niedergeschlagen, und die Souveränität
auch über die östlichen Grenzländer voll aufrecht erhalten, schliefslich
sogar der gewils neue, und darum auch besonders bemerkte kühne Ver-
such gemacht, mit Beseitigung der Fürstengeschlechter, die die Gewalt in
den einzelnen Ländern fast erblich hatten, die Verwaltung der Provinzen
in der eigenen Hand zu concentriren, oder sie durch besonders treue und
ergebene Beamte besorgen zu lassen. Wenn er im Übrigen!) die Bräuche
und Einrichtungen des alten Axumitischen Königthums möglichst beliefs,
mitmachte, beziehungsweise restaurirte, sogar die Ordnung des Hoflagers
und die Etiquette?) theilweise neu organisirte, so zielte das eben alles da-
hin, den Nimbus, die Macht und den Glanz des Königthums zu erhöhen.
Aber als König eines christlichen Volkes inmitten heidnischer und muham-
medanischer Umgebung fühlte er sich zugleich als oberster Schirmherr
der Kirche, „von Gott gesetzter Hirte über die Heerde Gottes“®), und
fast die Hälfte dessen, was die Chronik über ihn meldet, bezieht sich auf
seine kirchliche Thätigkeit zur Sicherung der Alleinherrschaft des Christen-
thums, zur Ausrottung der vermeintlichen Ketzereien, zur Abstellung ein-
zelner Misbräuche, zur Gründung von Kirchen und Klöstern, zumal in den
bisher heidnisch gewesenen oder stark mit Juden und Muslim durchsetzten
Ländern, worin dann sein Nachfolger fortfuhr, zur Dotirung des Klerus
und der gröfseren Kirchen. Und doch ist das in der Chronik Gemeldete
1) wie ‘Amda-Sion (A fol. 1). rühmt, dafs er sich einst bei der Feier des
2) Gegenüber der S. 15, 16, 25 ge- Kreuzesfestes allem Volk öffentlich zeigte,
zeichneten Absonderung der Person des was grolse Freude machte.
Königs vor dem Anblick des Volks (mit
Ausnahme der kriegerischen Expeditionen) 3) wie er sich im M. Berh. f. 82, a.
wird A f. 23, b, £ von Ba’eda-Maryäm ge- 86, a nennt.
5*
36 Diusmann: Über die Regierung,
nur ein Theil dessen, was er in dieser Beziehung leistete. Ein vollstän-
digeres Bild dieser seiner kirchlichen Thätigkeit giebt das M. Berhän, zu
dem wir nun übergehen. Namentlich ersieht man aus diesem auch erst,
was für Ansprüche er an den Klerus machte, und wie er in allen Haupt-
sachen doch immer auch des Einverständnisses der Metropoliten (die in
der Chronik nicht berücksichtigt sind) und anderer kirchlicher Würden-
träger und Vertrauenspersonen sich zu versichern pflegte.
IL. Die Kirchenordnung des M. Berhän.
Das Mashafa Berhän (s. oben S. 26) ist eine von Zar’a-Jacob er-
lassene Kirchenordnung in Form von Ansprachen und Verordnungen, ge-
richtet an seine geistlichen und weltlichen Unterthanen, worin er seine
Reformen, die er vorzunehmen sich veranlafst fühlte, theils erzählt, theils
begründet, und zur unweigerlichen Nachachtung einschärft. „Buch des
Lichts“ nennt er es, weil es ein Buch von Christus ist, Christus aber das
Licht heifst und die Menschen zum Licht führt (Joh. 8, 12. 12, 35 f. u. a.);
so wolle auch dieses Buch die Leute in Äthiopien zu lauterer, rechter
Verehrung Gottes und Jesu führen, ohne welche alle guten Werke keinen
Werth haben (fol. 3 ff.). Meist spricht in diesem Buch der König von
sich in der Iten Person; seltener ist von ihm in der 3ten Person die
Rede. Die Anordnung der Materien ist nicht sehr streng (wohl auch
durch den Abschreiber in Verwirrung); auf manche Gegenstände kommt
er wiederholt zurück. Nach den Überschriften sind die einzelnen Ab-
schnitte als Lesestücke zum Vorlesen in den Sabbaths- und Sonntags-
gottesdiensten oder in der Charwoche bestimmt. Die Autoritäten, auf die
er sich bei seinen Festsetzungen stützt, sind durchaus die 81 hl. Schriften!)
d.h. die Bibel sammt Apokryphen und Pseudepigraphen (wie Kufäle, He-
noch, 3ter und 4ter Esra) und S@nodos?) (d.h. die Sammlung der Oanones
1) g. darüber Ludolf hist. 3, 4, 29 ff. 2) worüber Lud. hist. comm. p. 301
und meinen Aufsatz in Ewald Jahrb. der —-340, und mein Verzeichnils der Berl.
bibl. Wiss. V, 144 ff. abess. Handschriften S. 15 fl.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a - Jacob. 37
und Constitutionen nach monophysitischer Zurichtung), die Didascalia!)
und Mashafa Kidäna Egzi’ena?). Aber auch andere Bücher zieht er ge-
legentlich an, z. B. den vielgelesenen (gewöhnlich in den Psalmenhand-
schriften hinten angehängten), aber nicht mit kirchenrechtlichem Ansehen
bekleideten Weddäs® Maryäm?) (von dem er f. 29, b sagt, er sei von den
Ägyptern zu den Abessiniern gekommen), oder den Gadela Qirgös (f. 8
und 105)*), oder Gadela Afa Warq (f. 104), selbst das erdichtete Makka-
bäerbuch (f. 53. 87)°). Die kirchlichen Würdenträger, mit denen er im
Einverständnifs handelt, sind der Patriarch von Alexandria, die Metropo-
liten Abbä Michael und Abbä Gabriel und der Bischof Johannes®). Wie
zu seiner Zeit 2 Metropoliten da sein konnten’), ist nicht aufgeklärt. Nach
den Bemerkungen zu Ta’ämra Jyasüs®) waren sie schon im 7ten Regie-
rungsjahre des Königs da®); nach dem M. Berh. f. 55b kamen sie erst
während seiner Regierung aus Ägypten. Aber doch wohl ziemlich in der
ersten Zeit derselben. Denn f. 76 wird von Unruhen gegen den König
berichtet, welche mit der Frage der Anerkennung Zar’a-Jacob’s als König
zusammenhingen; damals haben sich die Häupter Äthiopiens, die Richter
und die ihm befreundeten unter den höchsten Offizieren vor dem König
und den beiden Metropoliten Abbä Michael und Gabriel versammelt, und
haben diese gebeten, bei Strafe der Excommunikation allen öffentlichen
und geheimen Widerstand gegen den von Gott eingesetzten König Zar’a-
Jacob zu untersagen, was diese auch vom hohen Stuhl herunter gethan
1) vgl. P. Platt the Ethiopie Didas-
calia Lond. 1834.
2) „Vermächtnifs unseres Herrn“, eine
angeblich von Jesu an seine Jünger erlassene
kurze Regelung der kirchlichen Ämter, Hand-
lungen u. s. w., mit den dazu gehörigen Ge-
betsformularen, s. das ausführliche Inhalts-
verzeichnils in Wright’s Catalogue Nr. 361,
362.
3) s. mein Verzeichni/s der Berl. abess.
Handschr. Nr. 7 ff.
*) s. bei Wright Nr. 257, 33; bei
Zotenberg Nr. 134, 2.
5) s. beid’Abbadie Catalogue Nr. 55,
28 — 30.
6) wonach Ludolf’s Behauptung, dafs
es keine Bischöfe in Abessinien gebe (hist.
3, 4, 14; comm. p. 444), für Zar’a-Jacob’s
Zeit zu modificiren ist.
7) gegen die Canones, s. Ludolf hist.
3, 7, 4—6.
8) s. mein Verzeichnifs der Berl. abess.
Handschr. S. 58.
%) in dem Metropolitenverzeichnils der
Pariser Handschrift bei Zotenberg Nr. 160:
wird fol. 90 blos bemerkt, dafs sie zu glei-
cher Zeit Metropoliten waren, und dafs nach
Michael’s Tod der Abbä Gabriel zum Abt
des Klosters Arärä ernannt worden sei.
38 Dıuumann: Über die Regierung,
haben. Ebenso habe auf die Kunde jener Unruhen der ägyptische Patriarch
Abbä Johannes eine feierliche Excommunikationsurkunde (die im Wort-
laut mitgetheilt ist) gegen alle, welche dem Zar’a-Jacob nicht gehorchen
oder Umtriebe gegen ihn machen, geschickt, und sei diese an seinem da-
maligen Hoflager in der Landschaft Serän (NP&2:2°2.%7:) vom Metropo-
liten Abbä Gabriel in feierlicher Versammlung bekannt gegeben worden!).
Die Übersicht über seine Reformen, nach sachlichen Gesichtspunk-
ten geordnet, ist folgende.
1. Gegen heidnischen Aberglauben und heidnische Un-
sitte. Bl. 89 f. erzählt er einige Beispiele des fortwuchernden heidnischen
Unwesens. Ein Mann in Dämöt habe nach dem Tode seiner ersten Frau,
von der er einen Sohn hatte, noch einmal geheirathet und auch von
dieser zweiten Frau einen Sohn bekommen. Als dieser herangewachsen
war, habe sie gequält von Sorgen darüber, welcher der beiden Söhne den
Vater beerben werde, sich an eine Wahrsagerin (@927:) gewendet, und
diese habe ihr gerathen, ihr Sohn soll ein Messer nehmen, den Vater ab-
schlachten, seine Rippenstücke und seinen Magen essen?), dann werde er
sein Vermögen erben. Der Sohn, von der Mutter angewiesen, führte das
aus, verzehrte seines Vaters Rippenstücke und Magen, und warf die Leiche
ins Wasser (NhC:)- Als man deshalb den Sohn vor Badl- Wand (N&A:
@7%:), den Richter von Dämöt, brachte, habe er in der Untersuchung
alles zugestanden, was er nach der Weisung der Mutter gethan, und
wirklich habe man die Leiche, ohne Rippenstücke und Magen, im Wasser
gefunden. Der Richter habe ihm dafür Hände und Füfse abhauen lassen,
1) Bl. 77, a erklärt Zar’a-Jacob selbst, PPfNFINA-: Lo: NE>F ANA: Adh:
unter Anrufung des hl. Geistes als seines Ban A0-:N9%:), welches dann gekocht
Zeugen, ein gegen ihn und das Königshaus ;
ausgesprengtes Gerücht für böswillige Lüge,
dafs nämlich der König Leute ausschicke
(Anl&4-: genannt), welche einen Krug voll
Blut aus den Nasen von Laien sammeln
dazu verwandt werde, den König zu salben.
Derartiges sei im Königshaus weder bei
seinen Vätern noch bei seinen Brüdern je
vorgekommen; man solle solches thörichte
Gerede nicht glauben.
müssen (DLATNP: ANA: AUNP:H 2) DENAd: IN: DÄNT: (ÄNC:
A.n7: hV7: @APPr: DP@dh-: Ka: kläre ich nach amh. APAC:, d’Abb.
Art: ArZ=: Acd,.2o-: NPTAT:72.7: diet. c. 162).
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 39
und er sei eines bösen Todes gestorben. Das sei vorgekommen in den
Tagen seines Bruders Isaac. So gehe es, wenn die Leute keine Priester
haben, welche sie lehren, da nehme der Satan Besitz von ihnen. In
seinen, des Zar’a-Jacobs, Tagen sei eine ähnliche Gottlosigkeit in Enda-
Gabtan geschehen!). Da wurde ein Dask-Mann?) (Adh#.: NAf.: Adn:)
eingefangen und vor sein Hofgericht gebracht. - Als man ihn da fragte,
wer sein Gott sei und wer ihn geschaffen habe, ob er Gott den Schöpfer
von Allem kenne, habe er gesagt: Gott kenne ich nicht, sondern ge-
schaffen hat mich eine Frau, Namens Wedem Ganalä; wenn sie zu mir
sagt: tödte, so tödte ich, und wenn sie zu mir sagt: lafs leben, so lasse
ich leben. Und auf die Frage, wie jene Frau aussehe, sagte er: sie sehe
ganz und gar wie Gold aus. Derartiges geschieht, wenn es an Priestern
fehlt, welehe die Anbetung Gottes lehren. Auch viel andern Aberglauben
treiben die Äthiopier in ihren Ländern, abgefallen von der Verehrung
Gottes, wie sie es von der Guedit (P#7:)?) gelernt haben, die selbst
wieder vom Satan gelehrt war: wann ein Mädchen -Fh&nT:*), und am
Tage ihrer Verschliefsung?), und am Tage ihres Gebärens, und wann ein
Kind geboren wird, und am Tage seiner Beschneidung und an seinem
Hochzeitstag. Und wiederum opfern sie auf den Bergen und Hügeln Sa-
tansopfer. Andere geniessen (&TFanf.: seq. N) Hundeblut, Eselsmilch,
Wanzen (T%,3:, auch f. 66), Flöhe (#@4,:; f. 66 $g%:), Hyänen, und
viele ähnliche und noch gröfsere Gottlosigkeiten kommen vor, wie in dem
Tomära Tesbeet®) geschrieben ist.
Verordnung: wer eine von diesen Gottlosigkeiten begeht, dessen Haus
Gegen alle diese Dinge erlälst er die
werde geplündert, er an seiner Person gestraft, und seine Habe und Erb-
1) s. oben S. 34. Endagabtan kommt
im Tarik des Ba’eda-Maryäm (A f. 23, a, ®.
25, a,2) als ein Kloster in Dagö vor.
2) s. oben S. 10, 32. Aber jene Stellen
17:0Am2IT: ao Am Fo-NLr: DAT.
Ti AmFRAFT: OAt-Near-: AA: Po
AT: MPt: @ Pr LPT:U- :
3) Die Verfolgerin des christlichen
geben so wenig, als das Folgende, Aufschlufs
über die eigentliche Bedeutung des Namens
Dask und Dino.
aus der Vorrede der Chronik des Elmakin
(Berl. abess. Handschr. Nr. 62 f. 73a) bei,
als der
DATE
Ich füge noch eine Stelle
wo Zar’a-Jacob gepriesen wird
Nat : AFrIN: AP PARU-:
Glaubens, AM: in Amhärä, P%,T: in
Tigr& genaunt, welche der Zagu&-Dynastie
voranging, s. ZDMG. VII. 349 f.; Basset
p. 227.
+) ‚hCnFt: unbekannt (menstruiren?).
5) s. unten.
6) s. oben $. 26.
40 Diuumann: Über die Regierung,
grundstück werde einem andern zu Theil!). Mit Beziehung auf solcherlei
Gräuel ermahnt er Bl. 7 die Priester, durch Unterricht aus den Herzen
der Menschen alle diese Gottlosigkeiten, die der Satan hineinsäet, auszu-
jäten und auszukehren, und sie zu lehren, dals sie nicht zu den Wahr-
sagern (FCPF:DFIET:), zu Dask und Tafant und Guedäl& und Magäwzäy
(me It:@F-An: OA AN: PPo-NR:) und Dinö und Tanquälyän (mz#2AP
”7:) und den Sternsehern gehen, und nicht zu den Zauberern (ow£.£:)
und zu allen den Götzendiensten, die Gott halst.
diese Unsitten ablegen lehren und mit allem Eifer dagegen kämpfen. Wenn
jetzt verbreitet werde, Priester, Mönche und Nonnen, welche einen NAf.:
2%: Om&.FYT:@P.An: tödten, müssen von ihren Vorgesetzten aus ihrem
Stand ausgestossen werden, so erkläre er das für satanische Lehre; viel-
Die Priester sollen sıe
mehr seien jene, wenn sie in ihrer Beschäftigung mit der Ausrottung
jener Leute getödtet werden, wahre Märtyrer um Jesu willen, und gehen
in keiner Weise ihrer Gerechtigkeit verlustig.
Zu den Unsitten, die er bekämpft, gehört auch die Verschliessung
der Mädchen. Er erzählt f. 43 f., er habe erfahren, dafs es Heiden und
Muslim im Osten und Westen seines Reiches gebe, welche am Tage der
Beschneidung ihrer Töchter die künstliche Verschliessung ihrer Scham?)
1) STACNC: BE: @&Tne77: 7F
fr: @7PRZ: @av- 2: CHF: &n7: AN
04-F:DRchR.: hr: IFLF:@A,PA
P4: N: VAD: AHP-2F:ARLI: ON
Fr: &£&RP a: Arhrt: AöCcHT:7: 14.09:
NAANSFT:@PCAHPU- : ATCYP: "AN:
VAD: AP: AFLF:ARCIT=: Op
2) s. darüber Rüppell Nubien S. 43;
Munzinger ostafrikan. Studien S. 323. 510.
144 f. Da die Stelle des M. Berhän das
älteste Zeugnils über diese Sitte ist, so lasse
ich den Text folgen, welcher leicht verständ-
lich ist: Aad: HAT: INA-F°: (sic, ADA
Fad-: DATY: BO TINTE AFLH:
naAL:DPATMI0-:NEI:AFLFI:O
er: Hat hP Ar: AOL,A: Art:
DA.BTEnN: AN: VAD: any: AIEL
F:AoAT= ORAPN: Aa: dAt:@cY
7:ARhT:oAT: RTINA-: Adcmt?:
58: @AFAT: OPINCP : PR-FV-:
PRAIL: NTE: EA: ARPY: ORTS
7:084.07-: Ad%7: AöchTtY: ha: A,
Tre: oA TTiem:AmCIP/= @
LRLAP:ATCIPT: ER: AANI.N: Def
F:APLt: ARCF: NO: FPEH:8Y
JA57: afhhY: BÄTT: NAANIF,U-: 71
ELF DAAD: IrN: oh: B&AD-d
P: Ah rU-: HRAUP: nm: BR: AAN
9V:DNT:ARLF= DAAD: ANF-:
Am: A@-At2Z: (lies Adım :@-A%2:)
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 41
mittelst blutiger Operation bewirken, und am Hochzeitstag die künstliche
Öffnung durch Drücken oder Schneiden in Anwesenheit verschiedener
Zeugen. Diese abscheuliche Sitte, welche auch die Christen von Tigre
angenommen haben, sei gegen die Schöpferordnung Gottes, der den Men-
schen gut und vollkommen geschaffen habe. Ein Kleriker, der eine künst-
lich verschlossene Jungfrau zur Ehe nehme, gehe des Priesterthums- ver-
lustig, weil er keine natürliche Jungfrau heirathe, wie die kanonischen
Gesetze vorschreiben. Auch sei der, welcher eine solche künstlich öffne,
des Mordes schuldig, wenn sie an der Operation sterbe, was wie er höre
öfters vorkomme. Die Tigr&-Leute, sonst rechtgläubig, thun es freilich
aus Unwissenheit, weil die Priester sie nicht lehren. Von jetzt ab dürfe
die Sache in seinem Reich nicht mehr vorkommen; auch der Patriarch
und die Metropoliten haben es bei Strafe des Bannes verboten.
Auch das Rasiren des Bartes sei in der Didaskalia als ein Ein-
sriff in die Natur verpönt. Dagegen sucht er die Beschneidung der
Mädchen!) f. 44—48 aus Gen. 17 ausführlich zu rechtfertigen: der Abra-
hambund gelte für Abraham und seinen Samen; das Haus Israel sei die
christliche Kirche, und gelte also das Gebot auch den Christen, so gut
als der Dekalog u. a.
Nun habe aber Abraham alle Leute seines Hauses
n® : PNA: AAN Ur: PamAch«: mA$:
DORU-NP:ADCH: no: B PNA: ARLF =
DPND-A:oCH: AmAF: @F2CO:nA
7:H ANA: CAh-: Do Yand: @CIP: m
Aho-AN: oCn: NaAI, =: DAT: Ru-
NP:AaDClY7: (erlauben ihm zur Hochzeit
mit ihr) Neo: BAM: PndYz 098:
270%: Ahr: NAP AA: ARLH: NA
N: OEDLL: DM: AEL FD: AR
TARA: HöN: An: Fm70: PA: NP.
P:AELF= ONYL:TPUCT: TINA
T:ORhLTL.:7 Ph: ANA: TAB: CA
4:97: 7149,700-: N&.md: AM.ANdC:
wie: NA: oNAh,t: NACHPFU-: ON
AFPAAu: Ana: PNVA:NAsT:HAR
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. II.
= u. s. w. Gen. 1, 27.28. IRA: nam:
BATM-: 297: NA, : AELF: ANA
NT: APPETIT: OAT9HIT: 1-7: A
+: NHAR:ETLTE — — OhRNd:TıN
C:n@H : n7n:@-#-A: AP’hI: @CH-
PERF AM.AnNdL : [H]e&.mdh : AAC
Apu-:oNAmAAU-=: DAAND:AAm-
N: te.T%: AeLw INC: AA7
ZPPh:7PP:chPA:NdAT:ONA: OA7
Pr: 7Pe:PeAT: HT: AM.AN
C:@hn: AND: ARD: Ad:h:7Ir
m: F77ATT:ANANT =
1) worüber s. Lud. hist. 3, 1,37 fi.;
comm. p. 272 ff.
42 Dıvumann: Über die Regierung,
beschnitten; in „Haus“ und „alle Leute“ seien die Weiber immer mit
eingeschlossen, wie man aus Gen. 6, 18 vgl. mit 7, 1; 2 Sam. 7,18 £.
Jon. 3, 7. Zach. 5, 4. Luc. 1, 33. Act. 16, 31 u. a. sehe. Er behauptet so-
gar, wer das nicht zugebe, handle gegen Gesetz, Propheten- und Apostel-
lehre. R
Als eine unchristliche Sitte bezeichnet er auch, dafs die Mädchen
in Tigr& bis zu ihrer Verheirathung mit Perlenschnüren um die Hüfte
kokettiren und nur die Hälfte des Körpers mit einer gegerbten Schafhaut
bedecken, sonst aber nackt gehen. Das verstolse gegen Gottes Gebot,
dafs Mann und Weib ihren Leib bekleiden sollen. Er verordne also, dals
fortan dieselben sich mit einem Kleid bedecken müssen!).
2. Wider Irrlehren und Spaltungen. Bl. 52 ff. berichtet er
von viel Beunruhigung des Landes durch Irrlehren, welche der Satan ver-
breitet habe. Za-Michael und 'Asqg& (4%#:) und viele Anhänger der-
selben haben die Dreipersönlichkeit des Dreieinigen geleugnet und Gott
das Bild des Menschen und den Menschen die Ebenbildlichkeit Gottes ab-
gesprochen; Za-Michael habe auch darüber einen Traktat (&CA7:) ge-
schrieben und den Gottesdienst in seiner Kirche darnach eingerichtet.
Auf die Kunde davon habe der König eine Versammlung von Dabtarä-
Priestern?), Erzpriestern, Nebüräna-ed und Mönchen der Kirche von Dab-
tara-Maryäm zusammenberufen, und vor dieser Versammlung dem Za-
Michael aus der Bibel (Gen. 1, 26 £., 1. Cor. 11, 7; Kuf., Mace.) und
Didascalia bewiesen, dafs Gott eine Gestalt oder Bild (ne: qt:: mAnO:
Ahaın.':) habe, wogegen jener sich auf Joh. 1, 18 berufen habe. Darauf
habe der König den Gamaliel aufgefordert, zwischen ihm und Za-Michael
!) s. Rüppell Abyss. Il. 204; Mun- 47T: B7N4-: 714.77: HwC0: AM.A
zinger ostafr. Stad. 510. Der Text: @7%: „NhC:har: ER: rIV’ao-: 58: @
EINe:dBADT:APAF:TISREHde: HaarnAandh: APLAHN:ALINg-:
gina: Aösk:NAFFA:OrFAhdd: yYrr: DA PCHP: ART: Ad: Pn®
dt:ch2V7=: OLE: (sie) nt: SenAand= AuHn-:Ar:HCch: PORN:
FERT: Ah: dAT: RCYVT: AN: PA aha: m Pre: tim?mTd:ne:
Af:oAt:Adse: annE: E£nkT: A.ELNG=NFT:Ahn:AZAIT: A7T =
NTAA:NId: chw-B: me. P: PIVTE 2) s. oben $. 20.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 43
zu entscheiden. Als aber dieser sich auf Za-Michael’s Seite stellte, weil
wenn nie Jemand Gott gesehen habe, man auch nicht sagen könne, dafs
er Jemanden ähnlich sei, habe der König ihn aufgefordert, mit ihm dar-
über zu disputiren, was aber Gamaliel vor den Ohren der Priester ab-
gelehnt habe. Darauf habe er den sämmtlichen Leugnern der Gestalt
Gottes vorgehalten, sie werden zugeben, dafs Christus Mensch geworden
und in Menschengestalt zum Himmel gefahren sei und zur Rechten Gottes
sitze; er frage also, ob dieser aufgefahrene Christus dem Vater und Geist
ähnlich sei, oder nicht? Dadurch seien Gamaliel, Za-Michael und "Asqä
verwirrt geworden und haben sich gehütet zu antworten. Er habe nun
argumentirt: wenn sie sagen, nach der Gestalt seiner Gottheit gleiche
Christus allerdings dem Vater und Geist, nicht aber nach der Gestalt
seiner Menschheit, so zertheilen sie den einigen Sohn in zwei und werden
Quaternitarier (mZNdP7%:). Dagegen haben sie nichts mehr eimwenden
können und seien in der Kraft Gottes besiegt gewesen, haben auch ihren
Irrthum vor dem König und der ganzen Versammlung widerrufen. Er,
der König, bekenne und lehre 3 wesensgleiche Personen in der einen
Gottheit!), und ebenso dafs der Vater keine andere Gestalt (mAnB:)
habe als die des Menschen, und der Sohn keine andere als die des Vaters,
und der Geist keine andere als der Vater und Sohn. Ebenso lehren alle
rechtgläubigen Leute Äthiopiens und nennen die, welche die 3 Personen
leugnen, Juden. Auch früher, unter der Regierung seines Bruders Isaac,
habe es Leute gegeben, welche behaupteten, der damalige Metropolit Bar-
tholomaeus lehre, dafs Vater, Sohn und Geist drei Erscheinungsformen?)
seien. Als sein Bruder das gehört, habe er den Presbyter Sahäy-Takasta-
Berhän und den ‘Agäbe-Saät von Haiq?) Namens Josef und den Priester
Giorgis*) und andere Dabtarä-Priester an Bartholomaeus geschickt, um
ihn über seinen Glauben auszuforschen. Dieser aber habe schriftlich ein
1) Dh: A977 FZUCH: 7 3) auf der Grenze von Schoa und
AN: NFAT:HATFNA: Fofın:® 5 NPA Gese.
N anPANT ala77] Par ee
TE HTNAFAmT: erwähnte Georg, welcher das M. Mestir ver-
2) f7A':, was aber hier nieht Per- falste.
son bedeuten kann.
6*
44 Dıuumann: Über die Regierung,
ganz orthodoxes Glaubenskekenntnils in Betreff der FAB:zran,: abge-
geben. Und so seien nun auch unter Zar’a-Jacob’s Regierung jene Drei
mit ihrem Anhange besiest worden, wofür er Gott Dank sage. — Er er-
zählt dann weiter Bl. 55 ff., dafs er die während seiner Regierung im
Monat Yakätit aus Ägypten angekommenen Metropoliten Abbä-Michael
und Abbä-Gabriel bald nach ihrer Ankunft am Charfreitag in Makäna-
Maryäm, wo er sich damals aufhielt, in Gegenwart des ‘Agäb&-Saät von
Haig, Namens Amha-la-Sıön, über ihren Glauben in Betreff der 94®:
zeäfs: befragt habe; diese aber haben mit voller Freudiskeit sich zur
rechten Lehre über die Dreipersönlichkeit Gottes bekannt und viele Zeug-
nisse dafür aus den Schriften der Väter beigebracht, auch erklärt, eine
Person zu lehren, sei jüdisch, nicht christlich und sei das der sabellia-
nische Irrthum, der längst von der Kirche verdammt sei. Über diesen
ihren rechten Glauben habe er, der König, sich so gefreut, dafs er vor
Überwallung seines Herzens sie sogar gekülst habe, obwohl man am Tag
der Kreuzigung Christi nicht küssen soll, und habe Gott gedankt, dals er
ihm solche Metropoliten, deren Glauben so rein wie die Sonne, und den
Bischof Johannes, ohne Falsch wie die Tauben, gegeben habe. Darauf
erläfst er Bl. 56—61 eine lange Ermahnung an seine Äthiopen, sich durch
obige Irrlehren nicht verführen zu lassen, und stellt ihnen die Beweise
für die rechte Lehre aus den Schriften und Vätern dar, erzählt auch,
dals die beiden Metropoliten alle excommunicirten, welche behaupten, dafs
Vater, Sohn und Geist eine Person seien und dafs die Menschheit des
Sohnes geringer (F,hA'%:A9°) sei als seine Gottheit.
Noch schlimmer war in seinen Augen der Irrthum der Stefaniten!).
Er wirft ihnen (Bl. 17, b) vor, dafs sie die Anbetung (A2%7:) der Maria
und des Kreuzes verweigern, auch bezüglich des Wortes Jesu Matth. 18,
22 behaupten, dafs dieses sich nicht auf die kirchliche Bufse und Abso-
lution, sondern auf den Privatverkehr von Mensch zu Mensch beziehe.
Sie scheinen demnach gegenüber der priesterlich-kirchlichen Praxis allerlei
reformatorische Ideen gehabt zu haben. Wie er gegen sie einschritt, ist
!) s. schon oben S. 24. 30. In der zweimal Alm.4F0: geschrieben war und
Chronik heifsen sie immer APP: ANM.F-:, nur nachträglich Fl: ausgestrichen ist.
ebenso im M. Berh. f. 88, wogegen f. 17, b
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 45
in der Chronik erzählt. Im M. Berhän erläfst er nun Bl. 88 die Verord-
nung: Ich sage euch, ihr Mariagläubigen, wer ihnen zustimmt und mit
ihnen Gemeinschaft pflegt, und sie in sein Haus oder Kirche (wo-AT:f
FENCHEPFE IN: PR&Z:Chrt:) aufnimmt, dessen Haus soll geplündert und
seine liegenden und beweglichen Güter Andern gegeben, zugleich er, wenn
er Beamter ist, abgesetzt werden; Erzpriester (A,P7:husTt:) und Nebü-
räna-ed und alle kirchlichen Beamten und Mönche und Laien, welche im
Geheimen jenen Leuten bei sich Aufenthalt geben, sollen mit den gleichen
Strafen gestraft werden. Die Stefaniten seien in Wahrheit Juden und
keine Christen, und verdienen das Zorngericht. Wer sie antrefle, möge
sie immerhin scharf strafen (&pe3Fov-: N%y.6:1-72:), aber tödten dürfe
er sie nicht, vielmehr seien sie vor das königliche Hofgericht zu führen
(ENZAHOD- : Dt: n-CAz7:), damit sie hier gehört und ordentlich gerichtet
werden.
Als eine grofse That rechnet er sich die Beseitigung des wegen
der Eustathianermönchet) in die Kirche gekommenen Schisma’s
an, Bl. 61—65. Er berichtet: wegen der (geistlichen) Söhne des Mäga-
ba-Egzi’e (App: MbpN: AM,A:) sei die eine hl. apostolische Kirche in
3 Lager gespalten worden. Diese Mönche nämlich hielten beide Sabbathe
(Sonnabend und Sonntag) heilig, betraten aber nicht das Haus der Könige
und Metropoliten, nahmen auch kein (kirchliches) Priesterthum an (mA,
IP: NVyT :), weil die Könige und Metropoliten den Sabbath nicht
heilig hielten, sondern den Werktagen gleichstellten, und vielmehr die
Mönche für Juden erklärten, in den Bann thaten und nicht in die Kirchen
zuliefsen. So lebten sie lange Zeit in Verfolgung, verliefsen ihre Häuser
und hielten sich in den Wüsten auf. Als nun sein Vater, der König Da-
vid, hörte, dafs viele von ihnen durch Hunger, Durst, Schwerdt und wilde
Thiere umkommen, sandte er Boten aus, liefs sie aus ihrer Zerstreuung
in ihre Häuser und Kirchen zurückführen, und erlaubte (@AnHar-:) ihnen,
beide Sabbathe heilig zu halten, wie die Apostel im Senodos geboten
haben. Aber auch jetzt noch betraten sie keinem König und Metropoliten
das Haus und liefsen kein Priesterthum zu, weil diese nicht beide Sabbathe
ehrten. Nämlich ihr (geistiger) Vater Mä’gaba-Egzi’e, genannt Eustathius,
1) über sie s. Ludolf hist. 3, 3,39 ff. und Comm. p. 434.
46 Dıiuumann: Über die Regierung,
‚war ein grolser Priester (AU%:0N,%:), welcher Männer, Weiber und Non-
nen den rechten Glauben lehrte und den 81 Schriften gemäfs beide Sab-
bathe ehrte, und selbst das Sakrament spendete und die Wahrheit predigte
wie die Apostel, stammte auch von rechtgläubigen Ältern (sein Vater hiefs
Christos-Mö’a, und seine Mutter Sena-Heiwat) und lebte in jungfräulicher
Keuschheit. Aber seine geistigen Söhne, die Mönche, machten sich auf
Befehl ihres Hauptes (NTANN: CAhov-:) ein Gesetz, das nicht mit den
81 Schriften stimmte, verboten den (kirchlichen) Priestergrad zu nehmen,
und setzten sich einen Laien-Oberen (argPy2: huN®:), der alle geistlichen
Geschäfte für sie besorgte; diejenigen von ihnen, welche das (kirchliche)
Priesterthum annahmen, stielsen sie von sich und ihren Kirchen aus; und
wenn Priester, Diakonen und Mönche sich zum Eintritt in ihren Convent
(JANC:) bei ihnen meldeten, nahmen sie sie erst auf, nachdem sie ihnen
Bufse und Absolution dafür gegeben hatten, dafs sie an andern Orten ge-
wesen waren. Unter ihnen selbst aber war ihr Oberer, der Laienmönch,
ihr Herr (gaoAnm-:). Wenn einer eine Sünde begangen, erlaubte er
ihnen nicht, sich an die (kirchlichen) Geistlichen zu wenden, sondern er
band nnd löste, obwohl er keine kirchliche Vollmacht hatte. Ihm mufste,
wer in Sünde gefallen ‚war, beichten; er liefs dann den Priester!) kommen,
und vor diesem mulste der Sünder seine Sünde noch einmal bekennen,
dann bestimmte der (weltliche) Obere die vom Priester dem Sünder auf-
zulegende Bulsen (P@4:7AM:), sowohl die kleinen als die grofsen; und
ehe der Sünder diese geleistet, durfte er weder in den Öonvent noch in
die Kirche und zum Sakrament gehen. Einen Priester aber, der sich
beichten liefs und von sich aus die Bufse aufzulegen wagte, schlofs er
von der Kirche aus, ebenso den, der ihm gebeichtet hatte. Nach dieser
Regel lebende Eustathianer habe es viele gegeben?): in Dabra - Maryäm
mit 81, in Dabra-Bizan (,n%:) mit 8, in Dabra-Dagyt& (&P@7-:) mit
6 Filialien (9°29-7:), Mönche, Presbyter, Diakonen, deren Zahl Gott
kennt, aber ein Priester war nirgends angestellt, aufser ein Laie?); ebenso
in den 23 zu Dabra- Maryäm gehörigen Nonnenklöstern, ferner in den 5
‘) d.h. den, den sie Priester nannten. ganz in Ordnung.
2) ob die folgenden Zahlenangaben ®) d.h. der nicht die kirchliche Priester-
richtig sind, ist unsicher; der Text ist nicht weihe hatte.
insbesondere die Küirchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 47
zu Dabra-Bizan gehörigen, mit 1146 Nonnen (eogAJ-r:), überhaupt in
den 102 zu den 3 Hauptklöstern gehörigen Nonnenfilialien. Bezüglich
der Nonnen von Dabra-Bizan war von dem Laien-Öberen angeordnet,
dals die Äbtissin (Aa®:9°y%r:) die Einkleidung (in die AAnd: PrmAs:,
nämlich Pgr:, nd: und ANM7:) vornehme, ebenso die Bufse für die
leichteren Vergehungen bestimme; in schweren Fällen hatte die Nonne
der Äbtissin zu beichten, diese dem Laien-Oberen von der Sache Anzeige
zu machen, welcher dann einen Mönch, der nicht Priester war, zu der
Sünderin sandte, der ihr die Beichte abnahm, dann dem Laien-Öberen
berichtete, worauf dieser den (sogenannten) Priester rief und ihm die auf-
zulegende Bufse bestimmte, die dann der Priester dem Laienmönch und
dieser der Sünderin ansagte. Diese durchaus gegen die Canones, welche
nur dem wirklichen Priester das Recht der Einkleidung geben, verstolsende
Sitte hatte man in Dabra-Bizan. — Bl. 117 f. erzählt er dann, wie es ıhm
in seinem 16ten Regierungsjahr am 21ten Yakätit am Marienfest gelungen
sei, die beiden Metropoliten Abbä Michael und Abbä Gabriel von der
Nothwendigkeit, beide Sabbathe zu halten, aus den Canones zu überzeugen,
so dals sie nun, gegen die Praxis ihrer Vorgänger, die Haltung derselben
anordneten, und wie er dann, nachdem so der Anlals zum Schisma weg-
gefallen, auch die Mäigaba-Egzi’e-Söhne davon überzeugt habe, dafs nach
den Canones nicht ein Laie, sondern ein ordinirter Priester Oberer der
Klöster sein müsse, worauf sie sich fügten, wieder Priester zuliessen. So
sei unter Mitwirkung der Metropoliten die Einheit der Kirche wieder her-
gestellt worden, wofür er Gottes unverdiente Gnade nicht genug preisen
könne.
3. Sabbath- und Sonntag-Feier, Heiligentage. Unter sei-
nen gottesdienstlichen Reformen liegt ihm im M. Berhän am meisten an,
die Ehre der beiden Sabbathe (jeden nach seiner 24stündigen Dauer)
voll wiederherzustellen (Bl. 9, b); darauf kommt er immer wieder zurück!).
Wie er die Gleichstellung des Sabbaths mit dem Sonntag durchsetzte, ist
eben vorhin S. 46 f. $ 2 angegeben. Seine Gründe für die Heilighaltung
des Sabbaths sind in Kürze folgende, Bl. 22—36. Die christliche Kirche
1) s. schon oben in der Chronik $. 26.
48 DıLumann: Über die Regierung,
ist auf Gesetz und Propheten, Evangelium und Apostel gegründet; die
fortwährende Gültigkeit des Gesetzes, speciell des Zehngebots, ist in
Math. 5, 18 f. Luc. 16, 17 unzweideutig ausgesprochen. Auch Jac. 2, 10
sagt ausdrücklich, dafs wer gegen &in Gebot sündige, gegen das ganze
Gesetz sündige. Wer eines der zehn Gebote aufhebt, entzieht der Kirche
von ihrem Fundament, und macht zugleich den Namen Jesu zu nichte,
denn das Math. 5, 18 genannte ’Iar« sei, wie auch die Didascalia!) sage,
der Anfangsbuchstabe des Namens Jesu und zugleich das Zahlzeiehen für
10. Ferner befehlen die Apostel in den Canones des Senodos?), dafs die
Arbeiter (AInNCT:, eigentlich Sklaven) 5 Tage arbeiten, und am Sabbath
und Sonntag feiern sollen, um in den Kirchen zu beten und die Schriften
zu hören. Desgleichen hat nach der Didascalia und dem Kidän Jesus
seinen Jüngern geboten, beide Sabbathe zu halten. Denen aber, welche
sagen, für die Christen sei das Gesetz mit allen seinen Satzungen abge-
schafft, und ihnen sei das Evangelium gegeben, hält er S. 40—42 ent-
gegen: vielmehr den Christen gilt sowohl das Gesetz als das Evangelium
(Joh. 1, 17). Auf was Grund man denn in den Kirchen Weihrauch räu-
chere, wenn nicht auf Grund des Gesetzes für die Stiftshütte? auf was
Grund man denn in der Kirche immer das Mefsopfer darbringe, als auf
Grund der gesetzlichen Vorschrift von dem ununterbrochenen Dienst
Gottes im Heiligthum? Nach seiner Überzeugung sei der Sabbath, der
Tag an welchem Gott von seinem Schöpfungswerk ruhte, für alle Zeiten
eingesetzt, und er eher bereit, Märtyrer um desselben willen zu werden,
als dafs er ihn beseitigen lasse. — Auf dieselben Fragen und Gründe
kommt er in dem Traktat (Dersän) Bl. 91 —108 ausführlich zurück, und
sucht die unzertrennliche Zusammengehörigkeit und ihre gleichmäfsige
Heiligkeit nachzuweisen. Wenn im Senodos der Sonnabend Finsternifs
und der Sonntag Licht genannt sei, so habe das Bezug auf den Anfang
der Schöpfung, sofern diese am Sonntag mit der Erschaffung des Lichts
begann, nachdem Finsternifs vorangegangen war, nicht aber auf den
Sonnabend nach der Schöpfung, der ebenso Licht war wie der Sonntag.
1) bei Platt p. 60. 77 222yse de nv Ördaozenev T7s sureßeies
>) "EoyadesIwscv oi doU%or mevre Hlnzgaes. (Const. Ap. 8, 33. 7, 34); s. Ludolf hist. 3,
SaßBarov de zur Kugaznv Y,ohageruioau wv 1,528.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 49
Über dem sei der Sonnabend auch durch die Grabesruhe Christi geheiligt,
wie der Sonntag durch die Auferstehung. Wenn ferner die Gegner Jes. 1,
13 anführen, so sei das sehr thöricht, denn hier spreche Gott zu den
Abgöttischen, deren Feste und Opfer Gott nicht möge, nicht zu den
Christen und Gerechten. Es sei ferner in der Didascalia vorgeschrieben,
am Sabbath nicht zu fasten, aulser am Sabbath der Charwoche; die andern
Sonnabende aber seien wirkliche Freudentage (Bl. 94 f.).. Auch Col. 2,
16 f. (nach der äthiopischen Übersetzung), welche Stelle die Gegner für
sich anführen, habe keine Beweiskraft, weil dort eben die jüdische Sab-
bathfeier gemeint sei, welche freilich um des Unglaubens der Juden willen
Gott ein Gräuel sei, nicht aber die christliche, die ja vielmehr von Christus
und Aposteln im Senodos, Didascalia und Kidän ausdrücklich geboten werde.
Den Juden, die Jesus verworfen haben, ist das Gesetz genommen und
uns Christen, den Kindern des Evangeliums, gegeben. Des Weiteren bringt
er dann noch Beweise aus des Ohrysostomus Auslegung des Decalogen,
aus Gregor Naz., Gadela Qirgös u. s. w. — Die Dinge, die man am Sab-
bath und Sonntag nicht thun soll, werden aufgezählt Bl. 9—12 und noch
einmal Bl. 70 f., nämlich: Feldarbeit und Pflügen, Getreide und Futter
schneiden, Holzmachen, Mahlen, Bier Wein und Hydromel pressen (AA,
4: 24:1) DAR.L:@@Y: @Z,1:), Ährenraufen, Gemüse abbrechen und
schneiden in der Nähe und in der Ferne (NEN: @ar+:2: AhJAT:NCh-P:
@nP<4-N:), Pflanzungen beschneiden, Äcker Pflanzungen und Gemüse be-
wässern, Kleider waschen, Jagd, Vogel- und Fischfang, Häuser decken,
-Reisen machen, Getreidegarben oder -Haufen machen (Ant na:nAnd
T:oM,4:nPC:), Getreide von der Tenne in die Häuser einheimsen, Ge-
hege machen, Schriften schreiben, Pergament glätten (h,.#:N4-6:), Eisen
schmieden, Thonarbeiten machen, Korngefälse (ee-AP: AnA:) machen,
Kleider weben und nähen, Baumwolle (m-P:) und Wolle spinnen, Körbe
(And-C:) und dergleichen nähen, Flechtarbeit von Palmen und dergleichen
machen (94,2: P£AAdb: oYßaofine:), Sklaven und Sklavinnen oder sonst
Jemand schlagen (nN,P:), Jemand gefangen setzen (Af.d: nA: NAh.:) und
andere ähnliche rein weltliche Geschäfte; den Weibern nahen, heirathen
(Bl. 71)2). Auch Wasserschöpfen ist Sabbathbruch, aber nur kanonisch
!) AA: = amlı. mA: 2) Auch zur Kirche gehen, wenn man
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. II. 7
50 Diuumann: Über die Regierung,
vom Priester, nicht weltlich vom Richter zu strafen. Erlaubt aber ist
am Sabbath und Sonntag: Thiere schlachten, Brod backen, Warmes kochen,
Fleisch kochen und braten und dergleichen, wie auch die Israeliten ihr
Passah, selbst wenn es auf den Sonnabend fiel, an diesem Tag bereiteten.
Die welche am Sabbath und Sonntag und an Ostern die Bereitung des
Fleisches und warmer Speisen verbieten, würden diese Tage (gegen die
Didascalia) zu Trauer-, statt zu Freudentagen machen. Da man am Char-
freitag und Charsamstag nicht schlachtet und kocht, sondern fastet, so
könnte man an Ostern nicht frohes Fest halten und würde vielmehr das
Fest brechen, wenn man da nicht Speise bereiten dürfte, und Schwache
und Kranke hätten dann für sie zu viele Fasttage hintereinander, wenn
sie auch an Ostern nichts Warmes bekämen. Was aber für Ostersonntag
gelte, müsse auch für die Freudenzeit der beiden Sabbathe gelten. Nur
dürfe man in der Östernacht erst nach Mitternacht, erst nach der Stunde
der Auferstehung Christi schlachten. — In einem besonderen Dersän
Bl. 49 —52 schärft er ein, dals man am Sabbath der stillen Woche (aber
eben nur an diesem Sabbath allein im ganzen Jahr) nicht sich schmücken
und schmausen dürfe, sondern trauern und fasten müsse (bei Wasser, Brod
und Salz), und zwar Alle, auch der König, der an diesem Tage billis auf
alle königliche Ehren und Bequemlichkeit verzichten soll.
Weiter befiehlt er Bl. 87 f. zu feiern: die 33!) Mariatage (denn
nächst Gott gebe es nichts Geehrteres als Maria), die Feste der 9 Erz-
engel, nämlich 12 des Michael (am 12ten jedes Monats), 3 des Gabriel
(am 19ten und 22ten Tähsäs und 22ten Sane), des Rufael (am 3ten Pä-
guemen), des Raguel (am ten Maskaram), des Fanuel (am 3ten Tähsäs),
des Suryäl (am 27ten Ter), des Säquel (am 5ten Haml£), des Uriel (am
21ten Hamle), der Ofanım (am Sten Hedär), „damit sie bei Gott fürbitten
und damit sie uns vor allem Bösen behüten, denn durch ihre Fürbitte
besteht die Welt und ohne sie geschieht nichts“; sodann die Feste der
Propheten im weiteren Sinn, denn sie sind Jesu, der Maria und unsere
geistigen Väter (im Maskaram Mose Judith Jona; im Tegemt Elisa Joel;
im Hedär Habacue Zacharia Obadia; im Tähsäs Elia, die 3 Männer, Na-
durch Samenergufs verunreinigt ist, wird schung sei es erlaubt.
unter diesen verbotenen Dingen aufgeführt;
x S. teht 32.
erst den Tag darauf, nach vorheriger Wa- )) oben SAG tehizs
"insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 51
hum, Haggai, David, Esther, Makkabäer; im Ter Isaia Noah Malachia!)
Jeremia Henoch; im Yakätit Hosea; im Magäbit Daniel Ezechiel; im Gen-
böt Hiob Sirach; im San& Josef Samuel Salomo Josua; im Haml& Ze-
phania Esra; im Nahase Micha Abraham Isaac Jacob; im Paguemen
Amos). „Die Feste der Apostel feiert am Tage ihrer Krönung, wie euch
befohlen ist!“
4. Kirchenbesuch und Gottesdienst am Sabbath und Sonn-
tag. Er befiehlt Bl. 42 f. im Namen Jesu allen, die Gewalt in der Kirche
haben, Priestern, Diakonen und Mönchen, dafs sie sich sammt den Laien,
Männern und Weibern, am Sabbath und Sonntag in der Kirche ver-
sammeln, Männer und Weiber aber in der Kirche von einander getrennt,
so dafs sie sich gegenseitig nicht sehen und hören, und dafs die Priester
die Gemeinde in der Verehrung Gottes und seinen Geboten unterrichten.
Wenn jedoch die Leute zu weit von der Kirche entfernt wohnen, sollen
die Priester am Freitag zu ihnen gehen und sie lehren, und zwar die
Männer in einer besondern Hütte (#A:) und die Weiber in einer beson-
dern (wo möglich ein anderer Priester); in der Winterszeit aber soll es
in einem Hause geschehen. Die Gläubigen aber sollen den Priester in
Ehren halten, und ihm zu essen und zu trinken geben (nach dem Senodos);
doch soll darin kein Zwang sein, jeder soll nach seinem Vermögen geben,
aber der Priester soll nichts als sein Recht fordern (Lue. 9, 3), auch sich
nichts zahlen lassen. — Bl. 71—75: Aber nur Reine sollen am Gottes-
dienst Theil nehmen. Durch Beischlaf, Pollution und Menstruation be-
fleckte Laien und Geistliche sollen nach den Canones um der Ehre des
Altars willen nicht in die Kirche kommen. Diejenigen, welche behaupten,
solche Unreinheit hindere nur an der Kommunion, nicht am Kirchenbesuch,
seien aus den Vorschriften leicht zu widerlegen; aber ebenso wenn man
behaupte, Kleriker im Zustand der Unreinheit dürfen zwar nicht in die
Kirche, aber unter das Thor der Kirche kommen und dort lehren, so sei
das eitel Satanslehre; nirgends in den Schriften sei davon die Rede, halb
in die Kirche zu gehen, vielmehr sage er, der König, nicht einmal in den
Hof und die Umzäunung derselben dürfen sie eintreten. Auch dürfen
1) im Text falsch: Micha.
1
52 DıiLLmann: Über die Regierung,
Mönche und Nonnen nicht behaupten, dafs sie als Gerechte durch solche
leibliche Vorkommnisse nicht verunreinigt werden können, denn die
Regeln gelten für alle, und zwischen Pollution und Menstruation eines
Sünders und eines Gerechten sei kein Unterschied. Vielmehr mülsten
durch Samenergufs befleckte Kleriker und Mönche erst einen Tag fasten
und sich waschen, ehe sie zur Kirche gehen, und können sich davon auch
nicht durch einen Priester entbinden lassen. Wenn sie aber an Sabbathen
und Festen, an denen man nicht fasten dürfe, davon überrascht werden,
haben sie das Fasten durch Almosen oder eine andere Bufse, die der
Priester auflege, zu ersetzen. — Bl. 88b und 89a: alle Gläubigen (Laien
und Geistliche), wenn sie in die Kirche kommen, haben zuerst ihr Gesicht
im Namen des Dreieinigen zu bekreuzen, indem sie sagen: „im Namen
des Vaters Sohnes und hl. Geistes, des einigen Gottes; bei der hl. Drei-
eimigkeit, an die ich glaube, suche ich Schutz; dich Satan verleugne ich
vor dieser meiner Mutter, der Kirche, die meine Zeugin ist, Maria-Zion,
in Ewigkeit Amen“!). Dann sollen sie das Glaubensbekenntnils hersagen
und das Vaterunser und das Magnificat. Ebenso soll man es halten beim
. Beten auf der Reise, oder zu Haus.
Bl. 68— 70: Nach Mitternacht, in der Frühe, soll man am Sabbath
sich in der Kirche versammeln, zuerst beten, dann Psalmen singen, dann
sollen von dem erhöhten Stuhl (An-A:=7NC:) aus die Schriften des A.
und N. T., zuletzt das Evangelium gelesen werden, während die Gemeinde
steht und andächtig zuhört, darnach ist Communiondienst. Zum 2ten
mal soll man sich bei Tag in der 6ten Stunde (N2AYF:AIC:N@YAT:)
versammeln. Ein (gemaltes) Bild der Maria soll auf einem erhöhten Stuhl
(4.1: AO-A:@YNc:) aufgestellt werden mit einem Himmel (Fe&nn:) dar-
über, rechts davon ein Kreuzesbild ("dA:mf1#A:), oder, wenn kein sol-
ches vorhanden ist, ein Kreuz aus der Hand eines Anwesenden, von Holz
oder Eisen, im Nothfall macht man eines aus Holz und Gras?). Dann
’) Adoo: AN: DDAR: Dmre.H: AYAm:YAm:k"Ly= Das ist dieselbe
PEN: Ah: AFANZNPEAT:ZrAh: Formel, mit der der König alle seine
Aa: Ah9°T: ATaoh07: Anmkn: m Traktate beginnt.
LMF: NPRan: Y:APe: Fr: ca: 2) Pr: 0: Dell: hat:
STATT: BAT: NNPÖR: ICPP: AP:
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 53
werden die Psalmen rite aufgeführt!). Darnach legt (der Priester) die
Mefskleidung an (440. BANd:P£-AT:), dann macht der Priester mit
dem aufgestellten Kreuz das Kreuzeszeichen nach den 4 Weltgegenden und
himmelwärts, im Namen der Dreieinigkeit. Ebenso bekreuzen sich die
Anwesenden das Gesicht, und sagen das Glaubensbekenntnifs her. — Auch
am Sonntag soll man Nachts den Frühgottesdienst und dann den in der
6ten Stunde am Tag ebenso halten, wie am Sabbath.
Bl. 74 f. wird (nach den Canones) ernstlich verboten, fortzulaufen,
wenn der Communiondienst anfängt; das sei eine sündhafte Verschmähung
des Leibes und: Blutes Christi, die man nicht oft genug geniessen könne.
Bl. 79 £. verordnet er gegenüber dem Unfug, der jetzt vorkomme, dafs in
der Kirche Niemand essen und trinken dürfe (1. Cor. 11, 20— 22), auch
nicht innerhalb der Umzäunung derselben, noch auch da seine Bedürfnisse
verrichten.?) Gaben (A9®:) dürfe man wohl in die Kirche bringen, auch
Efswaren und Getränke, aber geniefsen dürfe man sie nur aufserhalb der
Umzäunung.
5. Die Communionfeier, die Gemeindeabendmahle, die
Darbringungen. Bezüglich der Communion schreibt er Bl. 77b £.
vor: wenn aus dem Heilissten der Leib Christi durch den Priester und
das Blut durch den Diakon herausgetragen werden, sollen die Priester
und Diakonen der Ordnung nach folgen, so wie die Offiziere dem König
folgen, wenn er aus seiner Wohnung heraustritt; keiner soll zurückbleiben,
aulser der den Altar (9°4r@Pä:) hütet. Während dessen sollen sie, wo
möglich, die Hostie (P»£n%:) noch im Mund behalten; wo nicht, so sollen
sie singen (P4@:): „heilig, heilig, heilig ist der Dreieinige, Unauskünd-
bare; verleihe mir, dafs ich diesen deinen Leib zum Leben, nicht zur
1) DRTPN:TPTR:OYa-2: 170 1.7: PNA: HLTeOCKH= FIN: PNA
Ur: Ach$-: chPCPT:NELNPAPF: TO ch: HUST : AN: BTPTR:NAO-A:H,
5 AFN: RN: ANNT:AIH.AT:ham: cn 7: Die technischen Ausdrücke dieser Be-
NAT: PATLT:ATFT: N-t:: Added. schreibung sind derzeit noch unverständlich.
dAt: APT-A-: 7-N%-: QmyEa-: Zr: 2) A,.Th.r: @A,Fn-Nu<: AI’ dhR-
dhr= HYT:aoyao-2:p8,0-:p NZ: Abt: ncht27: Nor:
Mh: BUN: AFN: BTPTR:NAO-A:
54 Dıuumann: Über die Regierung,
Verdammnifs empfange“ u. s. w. (bis zu Ende). Und wann das Volk
communizirt hat, soll der Priester dieses Gebet sagen: „allmächtiger Gott,
Vater unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi, wir danken dir, dafs du
uns hast Theil nehmen lassen an deinem hl. Sakrament; lafs es uns dienen
nicht zur Schuld und Verdammnifs, sondern zur Erneuerung der Seele,
des Leibes und des Geistes, durch deinen einigen Sohn, welchem mit dir
sei Preis und Gewalt jetzt und zu aller Zeit. Amen“. Das Volk sagt:
Amen! und der Diakon melodisch und laut (&TF#478&:NAD-A:H.7:): „lalst
uns Gott danken, nachdem wir sein Sakrament empfangen haben“ u. s. w.!)
Der Priester: „den Preis Gottes verkündigt mein Mund“ u. s. w. Der
Diakon: „wir haben von seinem geehrten Leibe, dem Leibe Christi, em-
pfangen, und es ist recht ihm zu danken für die Theilnahme an seinem
geehrten Sakrament“. Dann nach Beendigung der Liturgie (PAh:) sagt
der Priester die Handauflesung (eNA:hV7:AFNE:AR:): „ewiger und
allmächtiger Gott, Vater unseres Herrn und Erlösers Jesu Christi, segne
deine Knechte und Mägde und ihre Kinder schütze, und hilf und lals ge-
lingen, durch die Kraft deiner Engel behüte, und stärke die Furcht vor
dir gemäls deiner Grölse; rüste (sie) aus, dafs sie das Deine denken;
schenke (ihnen), dafs sie das Deine glauben und das Deine wollen! Ein-
tracht ohne Verschuldung und Zorn schenke! um deines einigen Sohnes
willen“ u.s. w. Das Volk: „Amen“. Der Priester: „Gott sei mit Euch“.
Der Diakon: „gehet heim in Frieden!“
Unmittelbar darauf Bl. 78 f. wird die apostolische Ordnung aus dem
Senodos bezüglich des Gemeindeabendmahls?) (&z.2:74NC:) einge-
schärft. Der Diakon bringt ein Licht (e94-PF:) in das Gemeindehaus
(Sr: J4Nc:); man bringst das Brod und den Kelch herein. Der Pres-
byter nimmt das Kreuz und segnet damit nach Ost, West, Süd, Nord,
indem er sagt: „im Namen Gottes des Vaters, Sohnes und hl. Geistes,
des dreieinigen Gottes“. Dann bekreuzt sich die Gemeinde mit denselben
Worten; sagt das Glaubensbekenntnils, Vaterunser und Magnificat. Dar-
nach tritt der Priester mitten unter die Gemeinde und sagt melodisch und
1) Renandot Liturg. Orient. coll.® NLud. hist. 3, 6, 85 nur unvollständig und
I. 493 unten. ungenau unterrichtet ist.
2) über dessen Abhaltung in Abessinien
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 55
laut (NAD-A:H,7:): „Gott sei mit euch allen!“ Volk: „mit deinem Geist“.
Priester: „lalst uns Gott danken!“ Volk: „recht ist's; Gerechtigkeit,
Gröfse und Hoheit mit Lobpreis gebührt ihm“. Priester melodisch und
laut: „wir danken dir Gott, Vater deines eingebornen Sohnes Jesu Christi
unseres Herrn, dafs du uns erleuchtet hast durch die Offenbarung unver-
gänglichen Lichtes. Du hast nun die Tageszeit zu Ende gebracht, und
wir sind eingetreten in den Anfang der Nacht, gesättigt von dem Licht
des Tages, das du zu unserer Sättigung geschaffen hast. Und nun diesen
Abend des Lichtes deiner Gnade theilhaftig geworden, loben wir dich
durch deinen Sohn, Jesus Christus, unsern Herrn, durch welchen dir mit
ihm und dem hl. Geist sei“ u.s. w. Dann soll die ganze Gemeinde den
Psalm singen!): „wir loben den, der da ist, Gott den gepriesenen und
gelobten, der die ganze Welt gegründet hat“, mit &iner Stimme (NAchrk:
#A:). Dreimal soll sie ihn singen. Dann sollen sie hersagen (&&Jsv-:)
Ps. 104°). 105. 106. 111; dann wiederum jenen Psalm singen, wie zuerst;
dann hersagen: Ps. 111. 113. 114. 115. 116; dann wieder jenen Psalm,
wie zuerst, singen; dann hersagen: Ps. 117. 118. 134. 135. 145; dann
wieder jenen Psalm singen, wie zuerst; dann hersagen Ps. 146—150;
dann wieder jenen Psalm singen wie zuerst. Dann sagt der Priester
3 mal laut melodisch: „Herr erbarme dich unser!“ und das Volk ebenso;
dann der Priester dasselbe 7 mal leise melodisch (N30-A:1,07:). Dann
die Gemeinde laut melodisch (NAQ-A:H.7:): „Preis sei Gott, der uns ge-
schaffen, dafs wir ihn anbeten“. Darauf soll der Priester jedem Einzelnen
das Brod brechen und austheilen, sofern er nicht zuvor etwas gekostet
hat, und soll jeder ebenso vom Becher empfangen. Wer aber zuvor ge-
kostet hat, ist nicht würdig, von dem Brod und Becher zu empfangen.
Dies ist das gesegnete Brod, aber nicht die Hostie (P=g.N7:) wie der Leib
unseres Herrn. So hat unser König Zar’a-Jacob, genannt Uonstantinos,
bezüglich des Gemeindeabendmahls verordnet, damit nicht die apostolische
Vorschrift aufser Kraft trete. Denn Einige halten bei dem Gemeinde-
abendmahl besondere Gebete, mit Umgehung der von den Aposteln ver-
1) DAT: BRTPTR: TANC:HFT: 2) diesen und die folgenden Psalmen
ao yoo-L : (IH. : VAL: NE N@-Ak:N nach abessinischer Zählung.
LA: FBRh: AN:UN: AM, etc.
56 Dıiuumann: Über die Regierung,
ordneten. — Auch soll man nicht aus den Privathäusern Feuer in die
Kirche bringen. Vielmehr soll in der Kirche ein Feuerbewahrer (OP:
Adrt:) sein zum Backen des Brodes und der Hostie (PCN%:) und zum
Räuchern des Weihrauchs, denn es ist eine grolse Sünde, aus Privat-
häusern Feuer in die Kirche zu bringen, nach Lev. 10, 1 f. Wann aber
das Feuer in der Kirche ausgeht, so soll man vermittelst Astäl) Feuer
anmachen. Den Weihrauch aber, den man auf die Rauchpfanne legt, soll
man durch Anfachen des Feuers ganz zu Asche ausbrennen lassen und
ihn nicht unverbrannt wegwerfen; die Kohlen der Rauchpfanne aber, nach-
dem sie den Weihrauch verzehrt haben, in einen Krug (93: =176:) sam-
meln, und wenn der Krug voll ist von Ausgebranntem?), ihn in’s Wasser
(NAC:) ausschütten, denn es ist ein Altargefäls (4PP:P7-Pd:) und darf
nicht auf die Erde gegossen werden.
Bezüglich der Darbringungen (aopA:)?) an die Kirche wird
Bl. 86 verordnet: wenn man solche darbringt, Frucht (&4:) oder Erst-
linge oder Hühner und andere reine Vögel oder Speisen und Getränke,
oder, was einer vermag, Schafe, Rinder, Ziegen, so soll man sie innerhalb
der Umfassung ($P2°C:) der Kirche hineinbringen, zur Übergabe an den
Presbyter. Dieser soll im Mefsgewand (Al,d:P&-AT:) aus dem Heiligsten
heraustreten mit dem Kreuz in der Hand, und dort für die Darbringer
Fürbitte thun, gemäfs der apostolischen Verordnung im Senodos. Auch
soll er nach dem Kidän sich die Namen der Darbringer sagen lassen, da-
mit er sie namentlich segnen könne, und soll eine Registratur (PT:ATN
n2-t:) bei der Kirche sein, wo der Presbyter oder Diakon mit dem Ana-
gnosten die Namen der Darbringer aufschreiben- soll, und soll dann, wann
der Bischof die Darbringungen weiht (BPEN:aNA:), der Anagnost oder
Archidiakon ihre Namen angeben, damit Priester und Volk für sie beten.
Ferner soll der Presbyter die dargebrachten Früchte (E4PT:) einsegnen
(auch das im Kidän dazu vorgeschriebene Segensgebet wird mitgetheilt).
') BFH HATENGNF: Astä ») oh: RA: hot: ht: 9%:
(Isenb. diet. Amh. p. 120; d’Abb. c. 496)
ist ein Strauch; nach Roth in Harris Ge- 3) Auch über dieses Stück ist, was
sandtschaftsreise nach Schoa (deutsch) 1846. Lud. hist. 3, 6, 85; comm. p. 379 siebt, un-
Bd. 2, Beilage S. 29 eine (bis zu 5 Fuls genügend.
hohe) Erica.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 87
Das Grüne aber (AhJAaTr:) wird nicht eingesegnet, mit Ausnahme der
Spitzen der Bäume oder Stauden (ACANTU®-: Add@-:), welche blühen,
nnd der Rosenblüthe, alles andere nicht; wohl aber danken die Gläubigen
für alles, was sie empfangen und ehe es zubereitet wird, unserem Herrn.
Und wann gesagt wird: Herr erbarm dich unser! stechen sie das Rind,
Schaf, Huhn, das sie als Gabe dargebracht haben!). Dann nehmen sie
es hinaus vor die Umfassung der Kirche und schlachten es dort (&P-Ndh.-:).
Die Priester nach ihrer Ordnung sollen alle die der Kirche gebrachten
Gaben verzehren. „Wir haben hiermit nichts anderes verordnet, als was
wir aus den apostolischen Vorschriften in den 81 Schriften entnommen
haben. Ihr Christenleute thut nach unserem Befehl, denn Gott hat uns
zum Hirten über euch gesetzt und ihr seid die Schafe seiner Weide?).
Wenn ihr euch dessen weigert, so habt ihr keine Entschuldigung; Gott
ist mein Zeuge, dafs ich’s euch kund gethan habe. Wenn euch aber Je-
mand sagt, den apostolischen Vorschriften brauche man nicht nachzu-
kommen, sei’s ein König oder Metropolit oder Richter, so gehorchet ihm
nicht und lafst euch lieber hinrichten und werdet Märtyrer.“
6. Vorsicht mit dem Leib und Blut Christi. Darüber hat
er einen eigenen Traktat verfalst, POPN:P’Am,c: überschrieben?), welcher
in der Handschrift des M. Berhän Bl. 114—117, mit Fortsetzung in
Bl. 66a—68a steht. Er geht von den Vorschriften des Senodos aus,
welehe zur äufsersten Vorsicht mahnen, damit nicht bei der Austheilung
und dem Empfang etwas vom Leib und Blut Christi zu Boden falle und
so möglicherweise ein anderes Wesen davon zu geniessen bekomme, wer
so etwas verschulde, sei den Verleugnern Christi beizuzählen. Besondere
Strafen dafür haben freilich die Apostel nicht festgesetzt, aber wenn sie
im Senodos für die Profanirung des hl. Salböls (e%@%:), dessen Balsam
nur eine abgeleitete Heiligkeit habe (sofern nach allgemeinem Glauben die
Balsamstaude aus dem Wasser gewachsen sei, in welchem Maria das von
seinen Schweilstropfen beträufelte Kleid Jesu ausgewaschen habe), Strafen
1) DAN: BTNUA : ATIN,A: ah 2) so auch Bl. 82, a.
1: EACK-P:AAUP:OANID:DAL-CI: TI
HANh-: Ag°5 : N
Philos.-histor. Cl. 1884. Akh. ll. 6)
58 Dırımann: Über die Regierung,
festgesetzt haben, und zwar für unabsichtliche 7 Jahr Ausschluls aus der
Kirche, für absichtliche 153 Geilselhiebe und 10 Jahr Ausschluls, so mülsten
die, welche den Leib und Blut Christi profaniren, eigentlich des Todes schul-
dig sein, verdienen aber sicher ebenso Geilselhiebe. Einen Priester, der
den Sohn eines Königs oder hohen Beamten (oPe777:) zur Erde würfe,
würde er erlauben, mit dem Schwerdt zu durchbohren; wie könne also
in jenem Fall der Priester Geifselhiebe für zu schwere Strafe erachten,
da er eigentlich den Tod verdiene? Der Priester sei ja eben darum, weil
er den Leib Christi berühre, heilig, und mülste einem Laien, der ihn
schlage, die Hand abgehauen werden; um so mehr müsse der Priester
selbst auf’s sorgfältigste Leib und Blut Christi in Ehren halten. Demnach
verordne er für den amtenden Priester, der vom Sakrament etwas aus
seiner Hand oder seinem Mund fallen lasse, 153 Geiflselhiebe!) und 3 Tage
Fasten bei Wasser, Brod und Salz bis Sonnenuntergang; am Tag da er
die Hiebe empfangen, darf er Bier (aA:) trinken und sein Brod mit Fasten-
brühe (NanNch:29°:) essen; noch 40 Tage soll er bei Wasser und Brod
fasten, dann soll ihn sein Beichtvater absolviren. Wenn ein Priester,
Diakon oder Laie (Mann oder Weib) beim Empfang des Sakraments etwas
davon aus dem Mund fallen läfst, so hat er (nicht der amtirende Priester)
die genannte Strafe zu erdulden. Wer den Priester oder Diakon anstölst,
dals er etwas fallen läfst oder verschüttet, soll 100 Hiebe erdulden und
in der genannten Weise fasten. Wenn ein Christ nach der Communion
noch am selben Tage sich erbricht, so soll ihm, wenn das durch Unwohl-
sein herbeigeführt ist, der Beichtiger die Bufse bestimmen, wenn aber
durch Übersättigung, so ist seine Strafe 50 Hiebe. Er selbst, der König,
verordnete für sich 3 Hiebe, mit eigener Hand zu geben, und (sic) wenn
ihm zu Ohren komme, dafs in einer der Kirchen seines Hoflagers (nF“7:)
etwas vom Sakrament zu Boden gefallen sei, und eintägiges Fasten bei
Wasser und Brod. Diese Verordnung gelte für ihn, den König, bis an
sein Lebensende, und für seine Söhne und Enkel bis an ihr Lebensende.?)
1) 27: PNNBU-: F@iIarE N4%7 ich nur wegen der darin vorkommen-
H.&: Der Ausdruck 97H: ist sonst den Namen, Titel und seltenen Aus-
nicht nachgewiesen, muls aber eine Art drücke so ausführlich wieder; sach-
Geilsel bedeuten. lich ist es ja werthlos.
?2) Was von hier ab folgt, gebe
insbesondere die Kirchenordnung des Köngs Zar’a- Jacob. 59
— Und wenn etwas vom Sakrament zur Erde fällt in Makäna-Masgal
und Böta-Maryäm des Böta-Gemzä!l), so bekommt der #A:h%,®:?)
50 Hiebe; wenn in Makäna-Jyasüs und Makäna-Masqgal in Beta - Mangest,
so bekommt der 36C7,: 7A&: 50, und wenn in NAFCPP: HAdA-: DHF-h
*:?), der Propst der Chorherrn (AP: En -F-2«:) 50, die Herren (2P-F:) 20,
die 24@’r: und Mütter (A9F:) 12. In den andern Kirchen des Landes
haften die Oberpriester (A,#3: hycT:), die 7M2-3: AP: bei ihnen, und
alle Beamten der Kirche nach ihren Abstufungen (nN@YC1,Wa»-:); ihre
Hiebe sind dieselben wie für die Dabtara(-Kirchen), @ABT :nChrt:P%:
mnb:%F-: 20 Hiebe. Und ihr Fasten na: ENT2: 32T: PRA: chAR
7: Neohr-: AN: @E27” AU: OAATCT: Ih: DA,P: ENT Z-:n70-: Nach o-:
nr 00-: 8,4700: 2Po0-: DP-NMILUD- =
Bl. 66a — 68a (wo der letztvorhergehende Satz von: „und ihr
Fasten“ an wörtlich wiederholt ist): Ferner wie dem $ßfl: ‚hAß: und
BFSCL:7A4: und AP:eNTZz-:, so seien 50 Hiebe dem A2.:7NCA®:,
wenn in der (seiner) Kirche etwas vom Leib und Blut herabfällt, während
er dabei ist, und wenn in den Kirchen „seiner Verkündigung“ (nAnhk:),
wo er anwesend ist, 40. Und die Oberen (Äbte? mg®yZ.3:), welche die
Leitung ihrer Kirchen haben, sollen, wenn etwas fällt, 50 bekommen, der
Peh:rnm:*) 20, der «Pp*:09A2.: 20, der Archidiakon 10 und 2 der Li-
qa-Kähnat und die Neburäna-ed und die Mamherän. Wenn die Nebu-
räna-ed erfahren, dafs während ihrer Abwesenheit etwas gefallen ist,
sollen sie einen Tag bei Wasser und Brod fasten, mögen sie es sofort
oder erst lange nachher erfahren, und so alle Gläubigen jener Kirche,
Mann nnd Weib, alt und jung, 1 Tag. — Wenn in den Kelch d. i. in
das Blut Christi eine Fliege (%#347P:), Laus, Mücke (77P:), Floh ($
52%:), Wanze (%»,%:), Spinne, Biene, Raupe oder irgend ein Würmchen
oder sonst ein lebendes Thierchen oder eine Ameise (99-%:) hineinkommt,
so sind die Strafen, wenn es in Makäna-Masqgal und Makäna-Maryäm des
1) BTt:79°4:; amh. I9PE:, s. dar-
über Isenb. p. 172; d’Abb. c. 824. Be£ta-
Gemzä und Böta-Mangest sind besondere
2) Oberhofpriester, _Grolsalmosenier
(Lud. lex. amh. e. 34).
?) in der oberen und unteren Maria-
Räumlichkeiten der königlichen Residenz,
und die genannten Makän sind Kapellen
oder Kirchen daselbst.
kirche.
*) Ludolf lex. amh. c. 34: presbyter
primarius, vicarius episcopi.
g*
60 Dıuımanx: Über die Regierung,
Beta- Gemzä geschieht, 8 für den P&A:hBß:, und wenn in Makäna-
Jyasüs und Makäna-Masqal des Beta-Mangest, 8 für den 98C7:74&: ;
wenn an Ober- und Unter-Makäna-Maryäm, 8 für den AP: £nrz-:, 4 für
die >»fFr:, 2 für die Z3,FT: (sic) und AYT:, und je 12 für die 3 und
3 AN: PIZFR:NE7F:ON89P: Und wenn an Ober-Makäna-Maryäm der
$en:ch8ß: und 96C7,: 74: (sic) und A,P:£N-F2-: zusammen anwesend
sind, so bekommt jeder seine 8; wenn sie aber nicht anwesend sind,
keine; dagegen die PT: dann je 8, die AT: und 40T: je 4, der
N2:ASPT: 3; Aw: AFFP:mA%PPF: je 9. In den anderen Kirchen
des Landes sind die A,P3:£-NT2:nVST:@73N-.2-3:AP: an denselben und
alle Beamten der Kirche nach ihren Graden ebenso zu behandeln, wie es
für die Dabtarä(-Kirchen) angeordnet ist, und Abt: nCcAtPY%: me: R-
"7: ebenso wie die ANF2-:2PT = Sich selbst aber hat in solchem Fall
der König 1 Hieb, mit eigener Hand zu geben, verordnet. — Wenn die
Priester nicht zum Empfang der Eulogia (Ara@PP: Am-n7P:) herunter-
kommen, ist ihre Strafe 150 Hiebe. — Wenn vom Blut Jesu etwas auf
die Strohmatte!) und Erde vergossen wird, so soll man die Erde auf-
graben und dem, der daran gerührt, (mit Wasser) flüfsig gemacht zu
trinken geben?), das Tuch aber und die Matte (AANnNZ:@4@-4:), worauf
verschüttet ist, auswaschen, und das Waschwasser soll er (um der Ehre
des Blutes willen) trinken. Ferner soll man rechts und links, vorn und
hinten davon alles wohl zusammenfegen und in einem neuen Tuch fort-
tragen, und es in ein grolses flielsendes Wasser (oN,®:4.A]:) schütten,
das Tuch aber der Kirche geben.
Bl. 67b f.: wenn die Diakonen, welche den Dienst haben, das Brod
und den Wein nicht wohl zubereiten, so dafs das Brod ungesäuert und
angebrannt (FAT:@44.C:) und der Wein sauer (@04,2::) oder zu stark
verwässert ist (AAan: A, T0@-P: mdor-: NANNT: IE:), so ist ihre Strafe
24 Hiebe. Und der 7N4:Ag&:°), wenn er nicht zuvor nachsieht, ob
1) A@-H:, vol. AB-B: bei Isenb. als lunflm: delayer (einrühren, verdün-
und d’Abb. nen, flüssig machen).
2) EHER: OF: AN: AnG: NöN, 3) Demnach scheint der M4: AG:
Zo00-:PNF®&P: Das Verb. AANA: be- (Gutmacher) eine Art Inspector oder Revisor
deutet im Tigr€ remuer, im Amharischen zu sein.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 61
Brod und Wein, die auf den Altar kommen, tauglich sind, Leib und Blut
Christi zu werden, bekommt 12, ebenso der 7: und Diakon, und der
A.P:ENTL-:, die »Pr: und AT: und 2,27: (sic), wenn sie die
Brauchbarkeit von Brod und Wein nicht zuvor nachsehen; ebenso der
Bt:nCcAtPF:mAPb: und die »PFr: und der H%7:!) und die YA,FT:
(sic) 12, wenn Brod und Wein nicht gut sind; die Mahlmeister?) der
Rechten und Linken, der 7: und die 24,@’r:, wenn sie die Sache
(INC:) schlecht gemahlen haben, ebenfalls 12. Ebenso wenn während
des Empfangs des Sakraments der Himmel nicht gehalten wurde (AA:
AtAI:TreON:ATLH: FooFP:), 12 den ACPF:wPRT: (für wEßT:) und
den Vorgesetzten (”@@97%:) der Kirche, den andern Priestern aber, die
dabei zugegen waren, je 3. — Wenn der Priester die mitternächtliche
Räucherung Anned:?), sind ihm 50 bestimmt. — Wenn Priester und
Diakonen im Zustand der (levit.) Unreinheit und ohne die Waschung
vollzogen zu haben, in die Kirche kommen, und wenn Jemand nach der
Communion, ehe er vollständig geschluckt hat, sich etwas vom Leib und
Blut Christi von den Lippen abwischt (FeyAd:, wohl = Faoyay :), so
bekomme er 3.
7. Die Krankenölung, nach dem Mashafa Bährey*), verordnet
von den Aposteln, uns Christen gegeben zur Heilung von Krankheit des
Leibes und der Seele und zur Vergebung der Sünden, sammt der Beichte
an die Priester Bl. 108— 113. Wenn Männer oder Weiber krank sind,
soll man den Presbyter rufen lassen zur Ölung?). Zuerst soll der Kranke
dem Priester seine Sünden genau bekennen und dieser ihm, so weit mög-
S) h47:, auch Ag]: (amb. ]: 4) s. oben $S. 26. Nach der Unter-
d’Abb. c. 791) ist Stellvertreter (wohl schrift f. 113b hat der König selbst diese
4%1:) im Gegensatz zum PArA: wirk- Schrift übersetzen und schreiben lassen am
lichen Inhaber des Amtes, oft in A f. 31 Ende seines Sten Regierungsjahres (HAd
—33, z.B. 32, b, £. AP : @HAch4-: ANT: : a0 che. :AhCR:
2) Ah ernc Arne: ro ENCh: LoRn: HTRTR: BOmT
DHBIP:DAHhS-T: u. s. w. METER).
5) Da die Schrift auch sonst bekannt
3) verfrüht? oder: erst früh Morgens ist, so gebe ich von der eigentlichen Litur-
vollzieht (AN? gie nur einen kurzen Auszug.
62 Dıuumann: Über die Regierung,
lich, die Bufse auflegen (weun: 1y7: FTAh: A&D-B&: Ah: PHA: nm: en
AA: AN: AM.ANKC: oan2: NAFT: ACPT: ım,Ak:). Dann soll der
Priester das Glaubensbekenntnifs über dem Öl sprechen; folgen das Ni-
cenum; Gen. 1, 1—3. Matth. 6, 7—13. Mare. 6, 12 f. 16, 12—20; Mag-
nificat; Joh. 1, 1—5. Jac. 5, 10— 20; das Consecrationsgebet aus dem
Kidän und das aus dem Senodos. Darauf wird der Kranke 3 mal ange-
blasen, und „das Bufsgebet des Sohnes“ (Ant: Ah: H@AL-:) gesprochen.
M. Bährey habe er dieses Formular für die Krankenölung zur Ver-
gebung der Sünde genannt, weil es das Wort der Gottheit sei und durch
dasselbe Seele und Leib vom Tod der Sünde und des Verderbens errettet
werde, nach der Barmherzigkeit Gottes, der den Tod des Sünders nicht
will (vgl. auch Matth. 9, 12 £.). Die Schrift sei viele Jahre unter den
Schriften verborgen gewesen und seinen Vorfahren nicht mehr bekannt;
erst ihm, ohne sein Verdienst und Würdiekeit, und durch ıhn den un-
würdigen Zeitgenossen, sei sie als eine Gabe vom Vater der Barmherzig-
keit wieder ans Licht gebracht worden, wofür er Gott nicht genug danken
könne. Demgemäls ermahnt er nun Bl. 111 (auch Bl. 65 wörtlich eben-
so) inständig die Priester als ächte Priester des Evangeliums, keinem, der
sie rufen läfst um seine Sünden zu bekennen, mag er krank oder gesund
sein, das abzuschlagen, oder ihm die Bufse (und Absolution) zu verweigern,
unter Verweisung auf Jac. 5, 14—16. Er, der König, habe Priester ge-
troffen, welche Kranken, die gebeichtet haben, die Bulse verweigern; diese
kennen aber die Schriftlehre nicht. Wenn sie sagen, was sie denn einem
Kranken für eine Bulse auflegen können (Fasten, Niederfallen, Gebete,
Wallfahrt nach Jerusalem u. s. w.), so sei das nicht nach Gottes Sinn ge-
sprochen. Vielmehr soll der Priester ohne Verzug einen Kranken, der
ihn rufen läfst, besuchen und ihm mit Freuden Bulse und Absolution
geben.
In der Ausführungsverordnung Bl. 111 ff. unterscheidet er solche
Kranke, die noch zur Kirche gebracht werden können; diese sollen dort
vor der Ölung mit geweihtem Wasser besprengt werden, dann nach der
Ölung auch noch das Sakrament erhalten, worauf der Kranke, auch ohne
dafs er die Pönitenzen leisten konnte, um der Barmherzigkeit Gottes
willen, nach der Verheilsung in Jac. 5, 14—16 der Vergebung seiner
Sünden gewils sein und dann getrost sterben darf; kommt er wieder auf,
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a - Jacob. 63
so soll er sich nachträglich vom Priester die Pönitenz auflegen lassen und
sie nachholen. An Kranken aber, die man nicht mehr zur Kirche bringen
kann, soll der Priester in ihrem Hause die Ölung u. s. w. vornehmen!).
Weil aber so viele plötzliche Todesfälle eintreten können, so sollen die
Christen, wenn sie z. B. eine Reise unternehmen oder in den Krieg ziehen,
oder Weiber in vorgerücktem Zustand der Schwangerschaft u. s. w. bei
Zeiten und in gesunden Tagen beichten, Bufse thun und sich Absolution
verschaffen. Namentlich aber warnt er vor leichtsinnigem Hinausschieben
aller und jeder Bulse unter dem Vorwand, dafs man ja in der letzten
Ölung ein leichtes Mittel habe, ohne alle Pönitenzen den Zweck der Sün-
denvergebung zu erreichen; denn keiner wisse, ob der Tod ihn nicht so
plötzlich überrasche, dafs dazu keine Möglichkeit mehr sei.
8. Einführung der kanonischen Stunden; Reform des
Quadragesimalfastens. Bl. 118b— 119: „Als uns Gott von dem
Berg (&ncC:) auf dem wir gefangen salsen, herabführte?), in der Nacht
jenes Tages, da er uns herabführte, bestimmte (QgPam:) uns Gott nach
seiner grolsen Güte die kanonischen Stunden der Nacht und des
Tags“°), in welchen die Dabtarä-Priester nach dem Senodos mit Psalmen,
Gebeten, Lectionen Dienst thun sollen. Demnach habe er für die obere
und untere Kirche von Dabtarä-Maryäm Priester verordnet, um die Stun-
den zu feiern, und sie dazu mit Ländereien, Weihrauch und Kleidern
ausgestattet*). In Nachahmung dessen haben auch die Priester von
Dabtarä-Jyasüs die Stunden bei sich eingeführt, und weiter dann die von
Dabtarä-Masqgal; zur Belohnung für diesen wichtigen Stundendienst habe
er ihnen jährlich @©34%A:°) und feinen Cattun (oZ®:) liefern lassen.
Früher habe man die (kanonischen) Stunden in den Kirchen nicht ge-
halten®). Auch in andern Kirchen, die er selbst während seiner Regie-
1) Von Communion im Hause ist nichts 7T: DOPNA:AP:ENTL:A Por: 0g
ee CH LE NP RL: ht: NNLIT: TEmEE
) s. oben S. 3. ONUIPRY:N7V- = Unbekannt sind NE
3) s. oben S. 20.
AN: und PR: hd:
+) @W467: NUTTVa0-: PNA: 5) unbekannt,
Fer :DPAA:HCINVR-:NFAT:N 6) s. oben $. 20.
64 Diuumann: Über die Regierung,
rungszeit baute, und die sein Vater König David und sein Grolsvater
Saifa- Arrada (AB2.:AChR:) gebaut hatten, haben die Dabtarä-Priester
den Dienst der Stunden der Nacht und des Tags eingeführt.
Bl. 119b. 120 wird berichtet, dafs unter der Regierung des Zar’a-
Jacob auch bestimmt worden sei, künftighin während des grolsen (Qua-
dragesimal-) Fastens keinen Wein und andere geistige Getränke (*%N:)
mehr zu trinkeu. Des Fleisches haben die Leute sich wohl enthalten,
sogar der Fische, aber nicht der geistigen Getränke. Das sei aber gegen
die Didascalia, welche Wein während der Fastenzeit verbiete. Wer
Wein und geistige Getränke trinke, halte nicht Tage der Trauer, sondern
der Freude und Lust. Wein und geistige Getränke seien viel schlimmer
als Fleisch (3. Esr.'3, 17—23), und dafs man zum Fasten sie nicht trin-
ken dürfe, zeige 1. Reg. 17, 4—6. 4Esr. 9, 24. Dan. 10, 3. Wenn sogar
die Rekabiten, ihrem -Vater Jonadab gehorsam, sich allezeit des Weins
enthalten haben (Jer. 35, 5 ff.), wie kommen die Christen dazu, während
der Fastenzeit ihren Vätern, den Aposteln, nicht zu gehorchen und Wein
zu trinken ?
9. Vermischte Vorschriften an Kleriker und Laien. Durch
das ganze Buch hindurch ermahnt er die Priester immer und immer
wieder, mit Kraft und Eifer an der christlichen Belehrung des Volks zu
arbeiten (Bl. 82 f£.) und zu diesem Zweck die beiden Sabbathe wohl zu
benützen, denn die braven Leute Äthiopiens seien durstig nach Belehrung
(Bl. 4, b, 8), insbesondere sie von den heidnischen Sitten und dem viel-
fachen Aberglauben abzubringen (Bl. 5 f.). Auch macht er ihnen wieder-
holt zur Pflicht, denen, die Sündenvergebung suchen, Bufse und Absolution
nicht vorzuenthalten; sogar (Bl. 16 f. 21) dann, wenn die Leute oft und
immer wieder zur Beichte ihrer Sünden kommen, haben die Priester kein
Recht, sie abzuweisen, denn das hielse auf Seiten der Priester nichts
anderes, als der früheren Sünden, die doch vergeben sind, eingedenk blei-
ben, also Hafs und Rachsucht üben, und würde gegen Matth. 18, 22 ver-
stofsen. Auch Kranke, denen sie keine Bulse mehr auflegen können,
dürfen sie nicht abweisen (s. $ 7).
Bl. 20: Jedermann, vom König und Patriarchen herunter bis zum
niedrigsten Laien soll seinen bestimmten Beichtiger (my@:hyr:), der.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a-Jacob. 65
ihn lehrt, tröstet und ermahnt, haben, gemäfs den Canones, nicht aber
von einem zum andern Priester laufen, heute diesem und morgen einem
andern beichten, nur damit die Leute nicht sagen sollen, es sei bekannt,
dals N. N. einen eigenen Beichtvater habe und also muthmafslich viel zu
beichten habe, demnach auch viel sündige. Einen Beichtiger habe jeder
nöthig, weil jeder sündige. Auch ein Priester müfse einen Beichtiger
haben (Bl. 17a) und dürfe sich nicht selbst die Sünden vergeben.
Bl. 80a verordnet er, dafs man sich den Namen des Vaters,
Sohnes und hl. Geistes auf die Stirne schreibe!), zum Abzeichen seines
Christenthums; das sei sinnvoller als der Mätab (Yy4-n: die blaue
Schnur von Seide oder Baumwolle) am Hals. Die Patriarchen und alle
Christen in Ägypten tragen an ihren Händen das Kreuz eingebrannt oder
eingeätzt?). Aber die Dreieinigkeit auf der Stirn sei noch ein bedeuten-
deres (N,®:) Abzeichen?). Die Schnüre, welche die Äthiopen tragen,
seien in den Schriften nicht geboten, wohl aber das Dreieinigkeitszeichen
auf der Stirn durch Apoc. 14, 1. 22, 3 f. empfohlen und gerechtfertigt.
Ebenso befehle er, dafs alle christlichen Leute Äthiopiens an ihren Klei-
dern, Gürteln, Stäben, Waffen, Pflugscharen und allen Acker- und Arbeit-
geräthen, ebenso die Weiber an ihren Handarbeiten das Kreuzeszeichen
machen, denn das Kreuzeszeichen sei eine Pein für den Satan, wie der
Senodos sage.
Bl. 80, b und 81 verordnet er, dafs man mehr Bibel lese, im
Nacht- und Taggottesdienst. Während jetzt viele Priester eigene oder
fremde Dersänät (Traktate, Predigten u. dergl.) vortragen, und Evangelien,
Briefe und Apostelgeschichte nur nach und nach, in einzelnen Pericopen,
zur Vorlesung kommen, so verlange er vielmehr, dafs man im Gottes-
dienst sämmtliche Bücher des Alten und Neuen Testaments ganz lese und
jedes in kurzer Zeit, in einigen Tagen absolvire. Auch im Mefs- und
Communiondienst dürfe man die Vorlesung des Gesetzes und der Pro-
pheten, der Apostel und des Evangeliums nicht kürzen und vernach-
1) s. schon oben S. 10. Mörser sto[sen gehört hier nicht her;
2) BIN: DT: ARPrm-: A 0b es ein DPm: = 7, N» gab?
PCct: apa: NToPpm: ATATCH: 3) Damit ist Zar’a-Jacob freilich, un-
NCcATSVo-: Das amhar. DPm: im Seres Wissens, nicht durchgedrungen.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. Il. 9
..66 Dıuımann: Über die Regierung,
lässigen. Bl. 85: er wolle nichts dagegen haben, dafs die Priester auch
neuere Gebete und Dersänät im Gottesdienst benützen, aber vor allem
müssen die hl. Schriften getrieben werden. Ebenso sollen sie bei der
Messe nicht ihre neueren Gebete, sondern die „Liturgie unseres Herrn“
(sh: AM.Ar:), die im Kidän, und die „Liturgie der Apostel“ (PA:
hPGPt:), die im Senodos vorgeschrieben sei, gebrauchen, und das Ge-
meindeabendmahl nach der ursprünglichen, von ihm erneuerten Ordnung
halten.
Bl. 82a ermahnt er alle geistlichen und weltlichen Beamten (7f*
ZA: DMPYLYF: DmYFYT:ONE.7:P&C:), sich doch die 81 Schrif-
ten anzuschaffen, denn dieser Besitz sei besser, als alles Silber und
Gold. Bl. 88—85: Durch Lesen und Studiren in den Schriften, auch
des Alten Testaments, namentlich seiner Weissagungen, werden sie sich
am besten gegen die Anfechtungen der Juden und jüdischer Gedanken,
mit denen sie der Satan beschleiche, erwehren.
Bezüglich des Begräbnisses der Christen verordnet er Bl. 85 £.
blos, dafs Christen nicht aufserkirchlich (HA?NA: RT: nCAt:$%:) begraben
werden sollen!). Den Priestern befiehlt er (Bl. 85, b), in der Messe die
Commemoration (FHhc:) der Lebenden und der Todten (AhfP3:mAP
0-33: HO-AFo0-:4&PY:@SPAY:) nicht zu vergessen, und zwar (der
Letzteren) am 3, 7, 12, 30, 40 und 60 Tag und am Schlufs des Jahres,
weil für die Todten und ihre Seligkeit das von Nutzen sei, wie der Se-
nodos sage, und ebenda Petrus zu Clemens sage, dafs die Getauften am
40 Tag nach ihrem Tod vor Gott zum Gerichte stehen.
Über Hausgottesdienst befiehlt er Bl. 88a nach dem Senodos:
Betet Morgens früh, ehe ihr irgend eine Arbeit anfanget. Wann die
Morgenstunde kommt, rufe eine Mannsperson mit lauter Stimme: fallet
nieder dem Herrn! (29%-:AA1.And.C:). Dann versammle der Hausherr
oder die Hausherren alle Hausbewohner, und soll zusammen mit ihnen
3 mal niederfallen und sagen: wir fallen nieder dem Vater, Sohn und
hl. Geist! Lob sei Gott, der uns geschaffen hat, dafs wir ihn verehren!
Oder aber an Tagen, wo man sich nicht niederwirft, saget mit Verbeu-
gung des Kopfes und der Knie: dir Gott gebührt Lob und Preis! An-
1) Eine andere Verordnung s. oben S. 30.
insbesondere die Kürchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 67
betung und Preis aber heilst Gott danken, dafs er uns während der Nacht
behütet und aus der Finsternils zum Licht gebracht hat.
Bl. 88, b: jeder der (aufserbiblische) Namen, die nicht in den
81 Schriften vorkommen, annimmt!), werde wie die Götzendiener gestraft
und seine Habe für die Kirche confiseirt.
Vorstehendes ist der wesentliche Inhalt des M. Berhän. Der König
zeigt sich darin nicht blos persönlich als ein wirklich frommer und christ-
lich gesinnter Mann, sondern auch als ein vom Bewulstsein seiner Aufgabe
als des obersten Schutzherrn der Kirche eines grofsen Reiches tief durch-
drungener Fürst. Auch kann man nicht abstreiten, dafs er eine für seine
Zeit und Verhältnisse nicht unerhebliche theologische Gelehrsamkeit sich
angeeignet hatte, vermöge deren er nicht blos Disputationen mit seinen
Gegnern zu halten und zu leiten, sondern auch an seine geistlichen und
weltlichen Unterthanen eindringliche, treffende Ermahnungen zu richten
befähigt war. Da er zugleich in allen Reichssachen ein kraftvoller Regent
war, so kann man wohl verstehen, wie er dazu kam, bessernd in die
kirchlichen Verhältnisse seines Landes einzugreifen. Die Veranlassung
dazu kam ihm sicher nicht von aufsen?), sondern erklärt sich hinlänglich
theils aus der Wahrnehmung der mancherlei Misbräuche und Unziemlich-
keiten, die seinem Blick sich leicht als solche zu erkennen gaben, theils
aus dem natürlichen Bestreben, in seinem wegen der Mannigfaltigkeit der
Völker und Sprachen ohnedem schwer zu regierenden Reich wenigstens
in religiösen und kirchlichen Dingen die wünschenswerthe Gleichartigkeit
herzustellen. Was er nun, in Verfolgung dieses Zwecks, leistete, ist so
weit es sich auf Ausrottung des Heidenthums und heidnischer Sitten be-
bezieht, ohne Zweifel anerkennungswerth, und kann man nur bedauern,
dals er nicht auch in Ehesachen die strengeren christlichen Grundsätze
geltend machte?) und z. B. die Polygamie der Könige und Fürsten selbst
abschaffte. Ebenso seine Bemühungen um Unterricht und Belehrung des
1) Gemeint sind die Taufnamen. 3) freilich daraus zu entschuldigen, dafs
2) was J. Bruce von seinen Beziehun- in Abessinien die Ehe nie kirchliches In-
gen nach aulsen andeutet, bestätigt sich nach stitut war.
den Quellen in keiner Weise.
9*
-
68 Dınımann: Über die Regierung,
Volks, um Verbreitung und häufigeren Gebrauch der Bibel, um regel-
mälsigen Kirchenbesuch und Hausgottesdienst dürfen ihm hoch ange-
rechnet werden. Und sein Hauptgrundsatz, die Kirche seines Landes
genau nach den biblischen und apostolischen Vorschriften einzurichten,
muthet uns höchst sympathisch an. Allein gerade hier liegt auch der
Grund seines Miserfolgs verborgen. Verlassen von jeder Wissenschaft,
für die Erkenntnils des Urchristlichen zum Theil auf recht trübe, nur
durch die längst abgestorbene koptische Kirche vermittelte Quellen ange-
wiesen, und durch seine Erziehung in ein auf dogmatische Orthodoxie und
äufsere Übung kirchlicher Gebräuche zusammengeschrumpftes Christen-
thum hineingebannt, hat er thatsächlich statt wirklicher Reformation und
Neubelebung vielmehr nur Zunahme der Veräufserlichung des Christen-
thums, der Abtödtung alles Geistes und der Verfestigung in den mittel-
alterlichen Formen zu Wege gebracht. Die Überwucherung des priester-
lich-mönchischen Wesens, die maflslose Steigerung des Marien- und Hei-
ligendienstes, die an den doppelten Sabbath und die Unzahl von Engel-
und Heiligenfeste sich anknüpfende Faulenzerei, der wachsende kirchliche
Aberolaube, an welchen Kirche und Reich allmählig zu Grund gingen,
sind recht wesentlich durch ihn erst dem Volke so tief eingeprägt worden.
Die Probe brachte schon das 16te Jahrhundert, in welchem vor den an-
dringenden Adal und Galla die alte Reichsherrlichkeit zusammenbrach.
Aufserdem ist nun aber die durch die Einsicht in die Quellen ge-
wonnene Klarstellung der Bestrebungen und Leistungen Zar’a-Jacobs für
uns darum von einiger Wichtigkeit, weil man daraus ersieht, dals vor
ihm viel mehr geistige Freiheit und sowohl im Glauben als im Leben
Ansätze zu wirklich reformatorischen Bestrebungen vorhanden waren (s. II
$ 2), und vieles von dem, was wir von unserem Standpunkt aus reine
Misbräuche nennen müssen, erst durch ihn zu allgemeiner Herrschaft ge-
langt ist. Namentlich zeigt sich jetzt klar, dafs die eigenthümliche Ver-
quickung des Christenthums mit mosaischen Satzungen und Gebräuchen,
in welcher die abessinische Kirche fast einzig dasteht, nicht aus dem
früheren jüdischen Bekenntniflsstand des ganzen Volks oder grolser Theile
desselben zu erklären ist, sondern auf bewulster Zurückdrängung einer
schon stark ausgebreiteten reineren christlichen Sitte und rücksichtsloser
Erneuerung altkirchlicher, in den Canones fixirter Übungen beruht. Ohne
insbesondere die Kürchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 69 -
Frage waren ja Juden im Reich, und man könnte (mit Beziehung auf das
S. 8 f. gesagte) sogar auf die Vermuthung kommen, dafs Zar’a-Jacob aus
Politik, zur Gewinnung dieser heterogenen Bestandtheile, die Einführung
und Pflege der jüdischen Sitten sich habe angelegen sein lassen. Aber
schon die Art, wie er zur Empfehlung jener Sitten immer wieder und
ausschliefslich auf das A. T. und die Canones verweist, zeigt die Unhalt-
barkeit dieser Vermuthung, und vollends gänzlich ausgeschlossen wird sie
durch die Ausdrücke des Hasses und der Verachtung, in welchen er
überall (namentlich Bl. 99, s. auch II $ 3) von diesen Feinden seines
Glaubens, den Kreuzigern Christi, redet.
Schliefslich mögen die in Vorstehendem mitgetheilten urkundlichen
Berichte auch dazu dienen, die Illusionen römischer Historiker von einer
im Jahr 1442 zu Stande gekommenen Union der abessinischen mit der
abendländischen Kirche zu zerstreuen. In der 1Oten Sitzung des Coneils
zu Florenz am 26. April 1441, in welcher Papst Eugen IV von der Ver-
lesung der Kirchenversammlung nach Rom Mittheilung machte, verkün-
diste er zugleich „Zare Jacob magni regis Aethiopiae, quem presbyterum
Joannem vocant, legatum ad concilium oecumenicum orthodoxae fidei
suscipiendae gratia properare!)“. Nun hatte freilich der monophysitische
Patriarch Johannes von Alexandria, auf die durch den Minoriten P. Albert
ihm überbrachte Einladung Eugen’s IV zur Union, den Abt Andreas nach
Rom geschickt?). Und ebenso schickte, auf erhaltene Einladung, der Abt
des abessinischen Klosters in Jerusalem, Nicodemus, Mönche nach Rom
mit einem Schreiben, aber wie er ausdrücklich sagt, ohne Wissen seines
Patriarchen und seines Königs, jedoch in der Überzeugung, dafs der die
Einheit der Kirche eifrig wünschende König diesen Unionsversuch gern
sehen werde, und mit der bestimmten Bitte, diese Mönche über die Wün-
sche des Papstes zu instruiren und sie schleunigst nach Abessinien zur
Berichterstattung an den König zu schicken?). Diese Fremdlinge, der-
gleichen man in Italien nie gesehen, mochte man päpstlicherseits gerne
als Abgesandte des Königs selbst betrachten oder darstellen. Aber wie
!) Harduin acta Coneil. t. IX e. 1183; 2) Harduin c. 1018 ff.
E eh wu Conciliengeschichte Bd. 7 s) Harduin c. 1032 £.
70 Dıuumann: Über die Regierung,
es sich auch verhalten mag mit der Authentie der vom Sprecher dieser
Mönche am 2. September 1441 an Papst und Coneil gehaltenen, von De-
votion gegen den Papst überströmenden Ansprache, worin er die Unions-
liebe des Königs und seine Bereitwilligkeit, sich dem römischen Stuhl zu
unterwerfen, versichert!), — soviel ist sogar aus der Ansprache selbst
deutlich, dafs der Sprecher von Zar’a-Jacob keinen Auftrag hatte. Ebenso
aus Eugen’s IV Schreiben an die Kanoniker von Rom?) vom 4. October
1442 seht hervor, dafs es auch damals noch sich erst darum handelte, den
König durch die abessinischen Mönche in Rom zur Union geneigt machen
zu lassen®). Das am 4. Februar 1442 zu Florenz promulgirte Unions-
dekret*), wenn auch vom Abt Andreas, dem Delegirten des Patriarchen
von Alexandria unterschrieben, blieb doch für die Kirchen dieses Patri-
archats wirkungslos. Es ist ganz undenkbar, dafs Zar’a-Jacob ein Dekret
hätte annehmen können, worin denen, welche Beschneidung, Sabbath und
andere mosaische Bräuche halten, die Seligkeit abgesprochen wird’). Aus
der Art, wie Zar’a-Jacob selbst im M. Berhän sich über diese Fragen
ausspricht, ist sogar mit Wahrscheinlichkeit zu schlielsen, dafs dieses De-
kret niemals auch nur zu seiner Kenntnils kam. Nirgends setzt Zar’a-
Jacob sich mit diesem Dekret oder den Franken auseinander, sondern
streitet nur wider einheimische, aber alteingewurzelte Parteien und An-
sichten. Noch die Väter der Gesellschaft Jesu zu Anfang des 17ten
Jahrhunderts kennen Zar’a-Jacob nur als ein Haupthindernils der Union
mit Rom, und lassen in ihren Berichten den abessinischen König, Susneus
oder Seltän Sagad I (J. 1607— 52) seinen Ahnen Zar’a-Jacob dafür in
die Hölle wünschen®). Ein Hindernifs aber war er nicht etwa durch
direktes Widerstreben gegen Eugen’s IV Ansinnen, von dem ihm wohl
schwerlich etwas bekannt wurde, sondern durch seine kirchlichen Reformen,
indem die meisten derselben zur Zeit des Susneus schon ganz in Fleisch
und Blut der Abessinier übergegangen waren.
1) Harduin ce. 1031 £. 5) Harduin ce. 1025.
2) Harduin c. 1034. 6) s. Ludolf hist., comm. p. 468;
3) gegen Hefele S. 795. Geddes the Church History of Ethiopia
*) Harduin ce. 1021 f. Lond. 1696 p. 23 £.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob.
71
Beilagen.
1.
Der Text der oben S. 15 f. in kurzem Auszug mitgetheilten Stelle der Chronik
f.17,,8 — 18, a, y.
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74 DıiLLmann: Über die Regierung,
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2.
Zu S. 18 f.: Übersetzung des Textes der Beschreibung der Königsweihe aus dem
Kebra Nagast.
Dies ist die Schrift, welche König Salomo dem Ebna Hakim gab. Und er gab
ihm die Gesetzesleute (Gesetzeskundigen) mit nach Äthiopien. Dies sind ihre Namen: der
Volksoberste d. i. Ela "Agaität, und Qalabäs d.i. Rathgeber und der Träger des Narg!),
Ma’asar& der Träger des Königssalböls und der Qaisa Gabaz?), und der Oberste der
Diakonen, welche die Sion (-Lade) nach Äthiopien überführten mit Namen Azaryas und
Elmeyas; Arnes d.i. Ma’asar& Baäla Harir Tate, und Amis d.i. der Träger des Staats-
schirms, und Sewä Sarguäy d.i. der Freund, und Dalmakay, und Negüs Hesbay, Ver-
walter des königlichen Hauses, und Räq Ma’aserä, und Dagga Säf d.i. Aufäri, und Mes-
kuay. Alle diese treten ein, wo es sich um gesetzliche Amtsverrichtungen handelt. Sie
stehen bei der (königlichen) Tonsur, 6 zur Rechten und 6 zur Linken; aufser ihnen hat
bei der geheimnifsvollen Ceremonie Niemand Zutritt. Und wann die Tonsur des Königs
stattfindet, stehen sie dabei, jeder in seiner Funktion: Laagaität (bringt) die (wilden)
Thiere und das Vieh und Geflügel, das gesessen wird, und Qalabäs bringt die Blumen
des Feldes und die Früchte, die gegessen werden, und alle Arten Getreide, aulser Täf3),
und Sewä Sarguäy bringt Milch und Wein, und die Siontöchter bringen Wasser und Hy-
dromel und Küchenspeisen(?); und der Träger?) des Ehrenzeichens steht da mit seinem
Staatsschirm, und der Ma’asar& mit Har Tate (Seiden-Baumwollen-Stoffen?), und der
Träger des Narg mit dem Mask°) d.i. dem Königssalböl, und der Propst und Archi-
1) sonst auch Sch: Parfümflasche.
3) jetzt Tef (Poa Abessinica). *) oben Amis.
2) Propst (Lud. lex. amh. c. 34).
5) nach d’Abb. e. 78 Galbanum.
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 75
diakon stehen dabei, die Gesetzeslade tragend, und der Aufäri mit dem Pferd, und der
Liga Makuäs mit dem Maulesel. Als Huldigungsgaben bringen: grofse Antilopen die
Landschaft Belen, Büffel die Landschaften Salamt und Sagad®, Wälä-Gemsen, im Geez
Hayal genannt, die Landschaft Semen, Agazen-Antilopen die Landschaft Ahse’a, wilde
Ziegen die Landschaft Törät; Löwen und andere wilde Thiere bringt der Statthalter von
Tigre. Diese Bräuche alle, die er vorfand, erneuerte und erweiterte König Gabra-Mas-
gal unter Mitwirkung des Priesters Yared. Er begann einen zweiten Brauch und verfuhr
nach dem Brauche des Palmtages, und verordnete, dafs das Volk Zweige von Palmen
und vom Ölbaum tragen solle. Und die Priester ihrerseits stehen dabei mit Kreuz und
Rauchpfanne, und sagen, im Kreise herumgehend, von Ps. 117 (hebr. 118) V. 26: „ge-
segnet sei, der da kommt im Namen des Herrn“. Dann bringen sie das Buch des Ge-
setzes und des Evangeliums, der Propheten und Apostel, und lesen die Stellen, wo von
den Priestern und den Königen die Rede ist, und lesen die Psalmen und das Hohelied,
und führen dann melodisch eine Reihe von Gesängen auf!). Darauf versammelt sich das
Volk zu der Tonsur, indem es am Königsstuhl herumzieht, und werden Blumen und
Wohlgerüche nach dem Königsstuhl hin gestreut. Dann gehen die ab, denen dort zu
bleiben nicht zukommt, und man bindet einen Löwen und einen Büffel. Den Löwen stolst
der König mit eigener Hand nieder; die andern noch übrigen Thiere und Vögel tödtet
man im Umkreis des Lagers. Beim Hineingehen zum Königsstuhl streut der König Gold
aus, und (man) breitet Teppiche hin, und er setzt sich auf den Königsstuhl. Nun bringen
sie 2 goldene und 2 silberne Schalen; in die goldenen thun sie Milch und Hydromel, in
die silbernen Wein und Wasser. Dann salben sie nach Vorschrift (Brauch) das Haupt
des Königs, sprengen auch Jordanwasser, alles der Vorschrift gemäfs, und scheeren sein
Haupthaar, wie es Vorschrift für die Priester und Könige ist. Sein abgeschorenes Haar
nehmen, der Vorschrift gemäfs, die Priester mit den Rauchpfannen und die Diakonen mit
den Kerzen, und umgehen damit die Lade (Altar) 3 mal, indem sie im Namen Gottes des
Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes sagen. Dann bringen sie sein Haupthaar zu dem
Stein, welcher bei der Öffnung (am Eingang?) der Sion ist und Memhesäna Nagast (Kö-
nigsschutzort) genannt wird, und legen das Haar auf ihn, thun darauf Kohlen aus den
Rauchpfannen, übergeben betend den König dem Schutz Gottes und unserer Herrin Maria,
und kehren dann zu ihm zurück und berichten ihm, was sie gethan haben. Nun ertönt
ein Jubelgeschrei; man blast die Hörner, Trompeten und Zinken, und alle die Grofsen
des Reichs erheben lautes Freudengeschrei. Dann geht der König hinein zum Altar und
übergiebt sich selbst mit Gebet dem Schutze Gottes und unserer Herrin Maria. Darauf
geht der König wieder hinaus und stellt sich dahin, wo die Steine?), die Sitze der „Söhne
des Gesetzes“ (der 12 höchsten Richter) stehen, und sie stellen sich 6 zur Rechten, 6 zur
Linken, der König in der Mitte. Nun kommen die Bischöfe, Presbyter und Diakonen,
und segnen ihn, jeder besonders, und ebenso die Grofsoffiziere. Nachdem er von ihnen
den Segen empfangen, segnet auch er sie, und sie gehen heim im Frieden in ihre Woh-
1) die im Text blos mit den technischen Stichwörtern angegeben, und nicht wohl
übersetzbar sind. 2) Vgl. zu den hier und weiterhin erwähnten Monumenten auch
die Abhandlung „über die Anfänge des Axumitischen Reichs“ im Jahrg. 1878, phil.-hist.
Abtheilung, S. 232.
10
76 Dıuumann: Uber die Regierung,
nungen. Der König hinwiederum, auf seinem Heimweg zur Kathedrale von Axum, schlägt
den östlichen Weg ein, auf welchem die Säule mit Inschrift sich befindet, Me’räf (Station,
Stadium) genannt. Dort erwarten ihn die „Leute des Gesetzes“ und alle die Grolsoffiziere
des Reiches, nach ihrer Reihenfolge und nach ihren Graden. Ebenso erwarten ihn dort
die Siontöchter, indem sie nach rechts und links hin mit seidenen Schnüren, die sie wie
einen Vorhang, hinhalten, ihm den Weg versperren, dafs er nicht durch kann. Nun fragt
ihn eine unter ihnen, zum erstenmal: „wer bist du?“ und er sagt: „ich bin der König“,
und sie sagt: „du bist’s nicht“. Zum zweitenmal sagt sie zu ihm: „wessen König bist
du?“ und er sagt zu ihr: „ich bin der König“, und sie sagt zu ihm: „du bist nicht unser
König“. Zum dritten mal sagt sie zu ihm: „wessen König bist du?“ das mal nimmt er
das Schwerdt in die Hand, zerhaut damit die seidenen Schnüre, und sagt: „ich bin der
König von Sion“. Und alles Volk bestätigt das. Da entsteht ein Jubelgeschrei, und er
streut dort Gold aus; das nehmen die „Leute des Gesetzes“ d. i. die höchsten Familien
der Metropole. Und nachdem er durch das obere Friedensthor!) eingetreten ist, streut
er Gold aus, das gehört der Kirche als Huldigungsgeschenk für Sion. Alle diese Ge-
bräuche hat .der rechtgläubige König Gabra-Masgal geordnet und unser König Zar’a-
Jacob erneuert, als er nach der Metropole Axum, dem Stolz der ganzen Welt, der Zier
der Könige, herabkam.
3.
Zu S. 40 f. Übersetzung des Textes aus dem M. Berhän.
Wann sie ihre Tochter beschneiden, so schneiden sie zugleich die Ränder ihrer
Scham mit einem scharfen Messer an und lassen dieselbe vermittelst des Blutes zusammen-
wachsen; nur eine kleine Öffnung für den Abgang des Urins wird gelassen; wo die Scham
selbst sei, ist nicht mehr ersichtlich. Am Hochzeitstag des Mädchens versammeln sich
dann ihre Freunde und Freundinnen, legen sie nackt vor sich hin und sehen nach dem
Ort ihrer Scham, finden aber keine Schamöffnung bei ihr vor, sondern ihre Freundinnen
weisen mit den Fingern sie berührend darauf hin und zeigen dem Bräutigam, wo die
Öffnung der Scham der Braut sei. Darnach halten ihr ihre Freunde die Hände und Fülse
und setzen sich auf sie, damit sie nicht entfliehe oder ihren Bräutigam überwältige, und
heilsen ihren Bräutigam seine Finger an ihre Scham legen, um sie zu entjungfern, und
nun reilst er mit seinen Fingern ihre Scham auf. Ist er noch zu klein, so rufen sie
seinen älteren Bruder, damit er seine Finger an ihre Scham lege. Weigert sich auch der,
zur Aufreilsung seine Finger an ihre Scham zu legen, so holen sie ein scharfes Messer
und geben es dem Freund, dafs er ihre Scham aufschneide. Führt nun der Freund das
scharfe Messer ein, so ist der (Freundschafts-)Bund zwischen ihm und dem Bräutigam
1) &Z: ohne Zweifel s. v. a. amhar. PR:
insbesondere die Kirchenordnung des Königs Zar’a- Jacob. 177
aufgehoben, und der Freund hat mittelst des Messers geheirathet; sie erlauben ihm dann
zur Vermählung mit ihr bei ihr zu schlafen. Auch machen sie ein männliches Glied von
Thon und stecken es ihr in die Scham hinein, damit sie nicht wieder mittelst des Blutes
zusammenwachse, wie zuvor. Diese muhammedanische und heidnische Sitte haben die
Christenleute von Tigr@ angenommen, nicht bedenkend, dafs Gott Mann und Weib gut
geschaffen hat in seinem Bild und seiner Ähnlichkeit, wie es Gen. 1, 27 f. heilst, ge-
schweige denn, dals man das Fleisch, die Scham des Weibes, rechts und links mit dem
Messer anschneiden und ihr eine andere Natur werden soll. Wenn du also thust, so
fällst du vom Gesetz ab und wirst Gott abtrünnig, der dich in seinem Bild und seiner
Ähnlichkeit geschaffen hat. Die Finger der Hände (der Männer) aber sind geschaffen
zum Betasten irgend welchen Dinges, zum Aufnehmen der Waffen in der Zeit des Krieges
oder zum Aufnehmen der hl. Geräthe des Gotteshauses, nicht aber zum Öffnen des weib-
lichen Jungfräulichkeitsverschlulses.
4.
Verschiedene Verzeichnisse der 12 höchsten Hofämter.
Da das obige (S. 74) Verzeichnifs der alten 12 höchsten Hofämter, die zugleich
das Collegium der 12 Oberrichter bildeten, unvollständig, verworren und mit erdichteten
Personnamen entstellt ist, so lasse ich das Verzeichnifs derselben nach andern Stellen,
in mehrfacher Variation hier folgen, zumal da einige dieser Titel hier noch ursprünglicher
lauten als in der späteren amharischen Schreibart.
a) aus Chron. Axum. (Cod. Bodl. Aeth.
XXVI £ 90,b): PCot: bt: a9y7]7”
T= LP:WCAR:OCH= FP:wWCA: A
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ZA.P: @RA2: 572”: ANNE: T£An
7,:10, PN2:Iae md: Ad:1Od
hi: PNA: ANY: chn,P: Ir” =
78 Dıuumann: Über die Regierung,
b) aus Cod. Bodl. Aeth. XXIX f. 34;
halb amharisch: NHOdAr: APFTNA: Fi
A: Any: AAUNF: ANZ: AAUNF: N
ZA: @AL:MÜN:NLA= Ar: Aav-7
A: TENZA: Ah: APTIR: ANA =
"AP:EPPTT:HPNA:AP7:INT:@
hvst7: O@-At: FTwCo:')NopRA :
’3pe: Sch: Aa: PHA:OCP: SC
P:0798:3rTt:00-AH: twCco:NA
A2L7:ONaHF:oNAärA= "Fand: FA
A:OC$: mp32.T: PNA: h&C: IaoR-:
PNA:OCP: anNPF: @FwCo: Nü7
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Ad: chec:APFE LAT: NLA:
NAo-: @OFwCo:NoANn: arn= 'F
B: PNA: Avlar: @C$ : NY”: FÜ
2: NLA: ALTE?) @TWwCO: NINE
DO-At: BAM: chec: IR: DONAC:
- NP: ONOCP: AAF = "Fr:
: HA: @C$: P-: HNo-: PAN,T:
Fr: N: NLA: RAN: oO AR: Dr
WED: NNAP= "Inch: HP HA:GAF
d) aus Cod. Bodl. Aeth. XXVIII f. 1
(wenig correct). Hier werden als unter der
Regierung des '‘Amda-Sion zu Oberrichtern
erhobene geistliche oder levitische Ge-
schlechter aufgezählt: A-M1: AN: JA
A: PCH: Pd: AP: AF: PNA: ed. 20: A
RATE: PA: NPA: hENHZ:PnA:an
T:@C# : 177: @o-Art: OCh: %r
2:OTWLO:NFFN=: "RP:weh:H
PNA: @C$: 0p2.T: DPHA: @c$:
@ANPL: HRTN-: ME: ao NAD:AFT-
P:O@AH: Porn: ATNA:D@TFWwCD:
Nn7PN= "ART: NET: HPA: OL
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Fk: NET: NLA: Pin: @FwCco:N
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Pr: DOCH: NEATR:NAA: APFNG:
FoFn: ATnat:NAT:A2I2: PNA:
N5:MT:chß6:2P&:7PP: ARP-F7: 0
RIEN: TRCO:PF3:NATORL:: 72:
NAd:NGA: KEN: Pd: OCcP$:PAP: | MhTD@ELR- : 10x: (sie) PY: hr 1: AN:
") mit dieser Formel wird der ordentliche Wohnsitz und Amtsbezirk angegeben.
2) d’Abb. c. 193. ) = mat:
insbesondere die Kirchenordnmung des Königs Zar’a- Jacob. 79
a: BF: PDF: 1er: (sic) PEN | @E N: BAae.: 7: Tr: mNPT-:
Ti: AHIT: OP: AYT : Bin: ch4:A,$: | ORAhaoR. : APFO-IT : Ak: Ay:
ENT: AP: TAPETE DRAN: tr | E AP: amd: HP: DE PRITF:H
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13
"
5
vr.
ea
Die Münzen der Dynastie von Pergamon.
Von
Dr. FR. IMHOOF-BLUMER,
correspondirendes Mitglied der Akademie.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. III. 1
Vorgelest in der Sitzung der philos.-histor. Classe am 8. Mai 1884.
Verzeichnifs der Münzen.
A. Die Münzen mit der Aufschrift
BIAETAIPoY.
«) Silber (Tetradrachmen).
1.
Portrait des vergötterten Seleukos Nikator rechtshin, mit einer
Taenie ohne Schleife.
® ®IAETAIPoY rechts. Linkshin thronende Athene, die Rechte auf
den vor ihr am Boden stehenden Schild legend, welcher mit dem
Gorgoneion verziert ist, und im linken Arme die schief an die Schul-
ter gelehnte Lanze haltend. Der linke Arm ruht auf einer rechtshin
sitzenden Sphinx, welche die Lehne des mit Löwenfüssen und, an-
fangs mit einer Palmette, später mit dem Monogramme A, ge-
schmückten Thronsessels bildet.
Gewicht Av. im Felde des Rv. im Abschnitte am Throne
1.292 Perlkreis. 1. Pallaskopfl.; r. — Mondsichel Palmette Berlin (Fox) Taf. I, 2.
2. 29m 16,66. — a „ Herme l. „ Bogen ® 5 Meine Sammlung Taf. I, 3,
Die Köpfe von 1 und 2
sind identisch. Stem-
pels.
3. 287 16,93. — B „ Herme r. Fan e e Leake, Num. Hell. Suppl.
S. 7:
1 ed
4 ImHooF-BLUMER.
Gewicht Av. im Felde des Rv. im Abschn. amThrone
4. 29% 16,72. — 1. Epheublatt; r.Bogen @ Palmette M.S. Taf. I, 4. Cf. Mion-
net, St. V, 479, 1189
(schlecht erhalten) mit
angeblich © im Abschnitt.
5. 272 16,82. — y 5 er " Berlin, Nr. 476 der Aus-
lage, dessen Kopf glei-
chen Stempels ist wie
derjenige von Nr. 4.
28% 16,82. — Perlkreis „ r Pre e Brit. Museum; Head, Co-
ins of the ancients, pl.
37, 8.
28m 4 - > ae N L. von Hirsch in Paris;
Mionnet, St.V, 479, 1188.
6. 309 16,78. — cn = n | n Mionnet, Ree.d.pl.LXXV,
5, — Visconti, Iconogr.
gr. pl. 43, 12, = Tresor
de Num. et de Glypt.,
Rois grecs, pl. XXX, 6.
7. 282 16,94. — E\ a 5 Au A J. P. Six in Amsterdam,
ran 11, 8-
232 16,92. — > 5 > A > Cat. Bompois Nr. 1417.
I.
Portrait des vergötterten Philetairos rechtshin, mit einer Taenie
geschmückt.
® Wie der vorhergehende.
Gewicht Av. im Felde des Rv. im Abschnitte am Throne
8. 29% 16,80. — Perlkreis. I. — r. Bogen Epheublatt A M. S. Taf. I, 6.
I2292 17 — n unter dem » Haag; van Cappelle, de re-
r. Arme gibus et antiquit. Perga-
Epheublatt „ „ menis, 1842, Taf. Nr. 2.
2
10. 30% 17,11. — n an A Mionnet, St. V, 480, 1196,
pl. IV, 3 (statt des an-
geblichen Bogens hinter
dem Kopfe sind flattern-
de Enden der Taenie zu
sehen); Visconti, 1. e.
Taf. 43, 13.
28m 16,98. — > "N EILEr 5 I
16,70. — n on „ Cat. Bompois Nr. 1416.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 5
II.
Dasselbe Portrait, aber mit emem Lorbeerkranze, welcher von
einer Taenie oder einem Diadem umwunden ist.
®R Wie die vorhergehenden.
Gewicht Av. im Felde des Rv. am Throne
11. 30% 17,01. — Perlkreis. unter dem r. Arme A Mionnet, St. V, 481, 1198
Epheublatt; r. Bogen — Tresor de Num. pl.
XXX, 10; de Luynes,
Choix de med. gr. pl.
RV-ES:
12. 50m 17,18. — , 5 es BESENEE STRANG:
30m 17,07. — ” n Su, TE IIRSSEr
30m 183 — 5 m BEE: „ Brit. Mus. Head, Coins
of the ancients, pl. 37, 9.
30n = ; Pr » L. von Hirsch.
292 16,85. — 5 + sn „» 9. P.Six (der Charakter
des Kopfes dieses Exem-
plares ist etwas verschie-
den von demjenigen der
vorhergehenden).
IV.
Dasselbe Portrait, mit einfachem Lorbeerkranze, dessen schmale
Binden hinten herabhängen.
BR ®IAETAIPOY links. Athene linkshin thronend, in der erhobenen
Rechten einen Kranz, im linken Arme die schief gestellte Lanze
haltend. Hinter dem Thronsessel der angelehnte, mit dem Gorgo-
neion verzierte Schild, auf welchen sich der 1. Arm der Göttin stützt.
Gewicht Av. im Felde des Rv.
13. 29” 17,05.— Perlkreis. 1. A und Epheublatt; r. Bogen M. S. Taf. I, 8.
L. von Hirsch.
m
29" n nn n n Rz]
Auf allen bisher beschriebenen Tetradrachmen erscheint die ab-
wärts gerichtete Lanzenspitze stets zwischen dem linken vorgestreckten
Fusse und dem Throne der Athene; auf allen nun folgenden Münzen ist
6 ImMHoor-BLUMER:
die Lanze an der rechten Seite der Göttin angebracht, so dafs dıe Lan-
zenspitze vor den vorgestreckten Fufs fällt, hin und wieder aber auch
ganz unsichtbar bleibt.
Gewicht Av. im Felde des Rv.
14. 30m 17,15. — Perlkreis. l. Epheublatt und A; r. Bogen Mionnet St. V,480, 1194, Taf.
IV, 2, = Tres. de Num.
127 D:0.0.
30m 17,10. — a Rn n a Berlin, Nr. 479.
29m 5 A n et. Ermitage in St. Petersburg
(auf diesem Exemplare fehlt
die Lanze).
15. 302 17,05. — L % 5 A Klagenfurt.
30m 17. — ä e 5 © J. P. Six.
30m 16,92. — # A 5 a me München, Taf. I, 9.
30m a 5 Rule, Haag; van Cappelle, 1. c. Nr.5.
16. 31% 17,08. — 4 „ Weintraube undA „ „ M. S.
30m 17,02. — n n D 39 9 J. P. Six.
23% 17,04. — a h 5 ae Mionnet St. V, 480, 1195 =
Tres. deNum. Tf. XXX, 12.
232 16,87. — 5 5 5 EN RER: Berlin, Nr. 478.
28% 16,81. — 5 e n en Mionnet St. V, 481, 1197.
v
Dasselbe Portrait, aber mit dem von der Taenie oder dem Diadem
umwundenen Lorbeerkranze, dessen Bindeenden kaum wahrnehmbar sind.
® Wie der vorhergehende.
Gewicht Av. im Felde des Ro.
17. 30% 17,04. — Perlkreis. 1. Weintraube und A; r. Bogen J.P. Six; Haag, Taf. I, 10.
302 16,90. — 5 n ” RE 90, München.
18. 3om n er a r- Wien, Taf. I, 11.
Kopf und Perlkreis des letzten Tetradrachmons stimmen mit den-
jenigen von VI, 19 völlig überein, vgl. Taf. J, 11 u. 12.
lich hervor.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
Gewicht
238% 17. —
292717.03,
29m 16,92.
29m 16,96.
29m 17,01.
287 16,86.
30m
30m 16,53.
30m 17,01.
25m 16,98.
28m 16,96.
28m 16,92.
289m 16,90,
30m 17,02.
287m 16,96.
29m 16,87.
2
IN
„29m
s0R
. 30m 17. —
30r
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 7
Av.
im Felde des Rev.
v1.
Dieselben Typen; die Bindeenden des Kranzes treten wieder deut-
Perlkreis. ]. Palmzweig und N; r. Bogen. Wien, Taf. I, 12.
n
>)
n
n
n
n
Füllhorn
n
n
eu 0 >
S
n
n
Haag; van Cappelle l. c. N.1
(der Charakter des Kopfes
verschieden).
IABASIx.
Mionnet, St. V, 479, 1191 =
Tres. de Num. Taf. XXX, 7
(der Kopf wiederum ver-
schieden).
Berlin, Nr. 477.
München, Taf. I, 13.
Im Handel.
Berlin (Cat. Borrell 1852, 139).
Brit. Museum = Leake, |. ce.
add. S. 66.
Ed. Bunbury in London (Cat.
Ivanoff 206).
Six; Haag, van Cappelle l. ce.
Nr.'3.
Mionnet, Suppl. V, 479, 1190.
Cat. Bompois Nr. 1414.
M. S. Taf. II, 14.
Six; Haag.
Cat. Bompois Nr. 1410 und
1411.
Brit. Museum; Head, Ephesus
S. 60.
Mionnet Suppl. V, 478, 1186
(Töchon).
Berlin.
Mionnet, Suppl. V, 478, 1183
(De la Goy).
Cat. Bompois Nr. 1409.
Berlin; Fr. Trau in Wien.
Tar-Iy. 15.
30.
31.
32.
34.
39.
a7.
38.
Gewicht.
som
30m 17,05.
29m 16,80.
29m
31= 16,91.
son
. 29m 17,08.
31m 16,80.
31m 15,30.
30m 16,73.
29m 16,97.
. 31m 16,55.
30m 16,80.
29m 16,60.
29m
28m 16,60.
26m
Av.
Perlkreis. 1.
n N
n n
N b>)
b>]
”
ImHoor-BLUMER.
im Felde des Rv.
Biene und A; r. Bogen.
» n R » R2)
2 b>] a n n
22] ” n N n
N nn N N
w 2 ”
n n ”
Dee med 5
Bel 5 9
2 -n n
Stern nd A „ ,„
» n Na n ”
br} n n pr] 2
b)] ” ” n ”
Keule und Rl Harn
n n » n n
Mionnet, Suppl. V, 478, 1185
(Töchon).
Brit. Museum. Head, Ephesus,
S. 60.
Cat. Bompois Nr. 1408.
Mionn., Suppl. V, 477, 1182
— Tresor de Num. Taf.
XXX, 5.
M. S. Taf. II, 16.
Mionnet Suppl. V, 478, 1184
(Töchon).
Brit. Museum = Leake, 1. ce.
add. S. 66 (Aristonikos).
Haag, Taf. II, 17.
Six (Cat. Chandoir 1861, Nr.
637).
Mionnet, Suppl. V, 479, 1191
— Viseonti, Icon. gr. Taf.
43, 14.
Haag, Taf. II, 18.
Ib Se
München, Taf. II, 19.
Berlin (Cat. Borrell 1852, 141).
Brit. Mus. Gardner, Types,
pl. XII, 18.
Haag,
Nr. 4.
Bibl. Marciana in Venedig,
Taf. II, 20.
van Cappelle 1. c.
Mit Nr. 32, und vielleicht schon auf einzelnen Exemplaren der vor-
hergehenden Tetradrachmen mit der Biene, beginnt der Perlkreis der
Hauptseite zu fehlen, und mit Nr. 36 beginnen die Beine des Thron-
sessels in je länger je weniger schöne Formen auszuarten.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 9
VI.
Dieselben Typen.
Gewicht im Felde des Rev.
39. 34% 16,51.— 1. Füllhorn und HM; r. Bogen. Brit. Museum.
40. 322 16,42.— „ Thyrsos „ A » » Brit. Museum, Taf. II, 21.
BR 5 2 RN Cat. Whittall 1867, 285.
Nr. 39 u. 40 sind die einzigen Varietäten, wo der Schild der Athene
mit der Aegis, statt mit dem einfachen Gorgoneion, verziert ist.
41. 33" 16,73. — n n Karlsruhe (Athene ohne Lanze).
42. 32% 16,83.— „ Fackel und M „ E Mionnet, Suppl. V, 480, 1193 =
Tresor de Num. Taf. XXX, 8.
45. 35% 16,90.— „ = Se > Vieomte Ponton d’Amecourt in Pa-
is Ras. 11,22.
44. 3502 16,64. — %,„ . de 200 " M. S. Taf. II, 23 = Catal. Behr,
AESEn ER
45. 32% 16,95.— ,„ Tropaionstange „ „ 5 J. P. Six.
32% 16,67.— „ n nis n Mionnet, Suppl. V, 477, 1180.
327 16,52.— „ f Sin dan n Brit. Museum, Num. Chronicle 1873
S. 123, 89 und S. 333; Visconti,
Icon. gr. Taf. 43, 11.
46. 52% 16,85.— „ 5 re " Mionnet, Suppl. V, 477, 1181.
47. 36" 16,54: — „ n =0 , = Mionnet, Suppl. V, 477, 1179 (irrig
mit Fackel) Taf. III, 1.
48. 35 16,84. — %„ n MeS R M. S. Taf. II, 24.
322716,72.— 5 = nr n Cat. Pembroke Nr. 839 (Fox).
32” 16,56.— , = lm > Im Handel.
Bartloser Kopf rechtshin, mit Diadem und Ammonshorn.
® Aufschrift und Athenetypus wie auf Nr. 1—12, nur hält die Göt-
tin einen Kranz über den Schild; unter ihrem r. Arm, zwei ver-
bundene Epheublätter.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. III. 2
10 IMHoorF-BLUMER:
49. 29m 14,70 (subaerat und durchlöchert). — Berlin, Taf.III, 23; von Prokesch -Osten,
Archaeologische Zeitung 1867, S. 19, Taf. 218 (Attalos III) und Compte
rendu de la Soc. frane. de Num. VI (1875) S. 240/41, Nr. 7 (Andro-
nikos, Aristonikos).
£) Kupfer.
Kopf der Athene r., mit dem sogenannten korinthischen Helm.
® Bogen zwischen der Aufschrift PIAE-TAIPoY.
50. 10% 0,75.— Im Felde rechts, Epheublatt. M. S. Taf. II, 2.
Es ist dies die einzige der mir bekannten Kupfermünzen der At-
taliden, auf welcher die Helmform derjenigen der sitzenden Pallas der
Tetradrachmen und der als früheste Beizeichen (A, I, 1 u. 0, U, 1-4) vor-
kommenden Atheneköpfchen entspricht. Sie erscheint noch auf Kupfer-
- münzen mit der Aufschrift PEPTA und dem Stierkopfe ım Revers, und diese
zeigen als Beizeichen, — nebst einer Eule, — A, Epheublatt und Biene,
d.h. die nämlichen Symbole, welche auf dem Silber und Kupfer der At-
taliden getroffen werden.
Kopf der Athene r.; der Helm ist halbkugelförmig, mit der Ste-
phane und einem r. springenden Greifen verziert.
® Bogen zwischen der Aufschrift ®IAE-TAIPoY.
51. 15m 2,23. — München, Taf. III, 2°.
13m Mionnet, II, 622, 696 — Tresor de
Num. Taf. XXX, 17.
52. 13% 1,80..— Im Felde 1. Epheublatt J. P. Six.
13% SEA " Wien.
53. 13% 1,80. — PD ereBıene M.S.; Leake, ]. c. S. 44.
54. 13% 1,98. — Stern M.S.
isn N . Brit. Mus. T. Combe S. 164, 6.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon.
55. 14m 2. — Zwischen Bogen und Sehne 8 München,
13m 1,85. — ö a u, + MS TR
56.13” n R {A SUSE Wien; Klagenfurt.
57. 15% 1,97. — Im Felde r. M? SRSIz:
Da ann EN München.
Athenekopf wie der vorhergehende.
® Epheublatt zwischen ®IAE-TAIPoY.
59. 13% 1,45. — J. P. Six.
13% 1,35. — M. S.
13% 1,08. — München.
60. 13" l. neben der Blattspitze M Wien; Klagenfurt, Taf. III, 4.
13% ER, = = n Tresor de Num. Taf. XXX, 16.
Athenekopf wie der vorhergehende.
ß% Stern mit acht Strahlen zwischen ®IAE-TAIPOY.
61. 10% 0,82. — M. S. Taf. III, 5.
8n 0,75. — Wien, Taf. III, 6.
Apollokopf mit Lorbeerkranz, rechtshin.
® Biene zwischen ®IAE-TAIPoY.
62. 10” 1,12. — unter der Biene Al München, Taf. III, 7.
10m e = Mionnet II, 622, 698.
gm 0,90. — ” M.S.
Derselbe Kopf r.
% Dreifufs zwischen ®IAE-TAIPoY.
63. 12% 1,60. — München.
12% 1,35. — M. S.
12 Klagenfurt, Taf. III, 8.
Athenekopf r., wie Nr. 51—61.
® ÖIAETAIPOY rechts. Thyrsos mit Taenien.
64. 16% 3,50. — 1. im Felde M München, Taf. III, 9.
16" | 5 Tresor de Num. Taf. XXX, 15.
167 1,92, — Je Basix
m:
11
12 ImMHoor-BLUMER:
Derselbe Kopf rechtshin.
x ®IAETAIPOY rechts. Asklepios, mit nacktem Oberkörper, linkshin
auf einem Thronsessel sitzend, auf welchen er seine linke Hand
stützt. Mit der Rechten reicht er einer vor ihm aufgerichteten
Schlange die Schale dar.
65. 18m 4,63. — M. S. Taf. III, 10.
18% Brit. Mus. Num. Chron. 1832, Taf. I, 3.
ee Tres. de Num. Taf. XXX, 14.
17m Mionnet II, 622, 692 u. 693.
17m 3,45. — J. P. Six.
15% 3,05. — J. P. Six.
Derselbe Kopf rechtshin.
® ®IAETAIPoY vor einer rechtshin emporgerichteten Schlange.
66. 17m 3,97. — 1. im Felde M M. S. Taf. III, 11.
GE 3 em München, Taf. II, 12.
Ba Ben Six.
69. 15m 3,56. — „ a M Six; Mionnet II, 622, 688.
70. 15” 1,66. — „ „m M. S. Taf. II, 13.
Re, mM M. $.; Mionnet II, 622, 686 u. 689.
72. 15% n \ 2) Mionnet, 687.
Baer Six.
74. 15% “ a al Brit. Mus. Num. Chron. 1382, S. 18.
75. 15m n 5 ® Mionnet, Suppl. V, 481, 1200.
76. 15m 2,32. — ,„ 5 Hl München.
Gleich der vorhergehenden, mit AIOANPOY unter dem Athene-
kopfe. Am Helm wahrscheinlich ein Stern statt des Greifen.
U, Na Mionnet II, 622, 697 und Suppl. V, 481,
1202 — Tresor de Num. Taf. XXX, 13.
Kopf des Asklepios, mit Lorbeerkranz, rechtshin.
& ®IAETAIPOY rechts neben einer vor einem Instrumente (Schlüs-
sel?) emporgerichteten Schlange.
ah NO A =. S. Taf. III, 14.
152 Mionnet II, 621, 684 — Tres. de Num.
Taf. XXX, 12 bis.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 13
si Brit. Museum; Num. Chron.
1832 S21l7, Tat la.
15% 3,70.— Im Av. Stern in runder Einstempelung. Six.
13% WE 20: che = e P. Lambros, Taf. III, 15.
Gleich der vorhergehenden, mit AIFINH als Aufschrift.
na lon P. Lambros, Taf. III, 16.
Kopf des Asklepios, mit Lorbeerkranz, 'rechtshin.
® ®IAETAIPOY rechts neben einer Weintraube; ]. daneben eine r.
emporgerichtete Schlange.
80. 13% 1,80. — MEI SSHRZERINIE ALTE
13” 2,03. — M. S.; ef. Mionnet, Suppl. V,
481, 1199?
13m 2,15. — Im Av. Stern in runder Einstempelung. Six.
B. Münzen des Eumenes ]I mit dessen Namensaufschrift.
“
Portrait des Eumenes II, mit Diadem, rechtshin.
BR BAZIAENZ rechts, EYMENOoY (sic) links, und im Abschnitte AIA
oder AIA. Die stehenden Dioskuren von vorn, ihre mit spitzen
Mützen bedeckten Köpfe etwas gegen einander geneigt, und in den
Händen den Speer und die Chlamys haltend. Rechts im Felde ein
Thyrsos mit Taenien. Das Ganze von einem Lorbeerkranze um-
geben.
81. AR 34” 15,23. — Britisches Museum; Head, Coins of the ancients, S. 89, Taf. 48, 7.
Taf. III, 18.
Der Typus der Kehrseite erinnert an denjenigen der seltenen Te-
tradrachmen der Insel Syros, mit der Aufschrift BENN KABEIPNN
ZYPINN.
14 ImbHoor-BLumMeEr:
1.
Cistophoren von Thyateira.
82. AR 29% — Gewöhnliche Typen. Über dem Bogenbehälter, Blitz; links im Felde,
OYA; rechts, weiblicher? Kopf r. Zwischen den Schlangen BA.—EY.
und auf dem Bogenbehälter, B.
Gr. 12,20. — Paris. Taf. IV, 1. Ungenau, mit der Aufschrift BAB.EY.
publieirt von Borrell, im Num. Chroniele VII, 13, von Du-
mersan in der Revue Numismatique 1846, S. 266 mit Ab-
bildung, und von Pinder, Über die Cistophoren, S. 565, 136.
83. AR 25% — Gleiche Typen. Über dem Bogenbehälter, Blitz; links im Felde, ein
bekränzter bärtiger (Zeus?) Kopf l., und rechts, ein scheinbar weib-
licher r. Zwischen den Schlangen BA-— EY-, und auf dem Bogenbe-
hälter, A. Unter dem Ganzen, ATT — ON.
Gr. 11,86. — Brit. Museum. Taf. IV, 2. Wahrscheinlich aus der Samm-
lung Ivanoff, Nr. 131 des Auctionkatalogs. — Dieses Stück
ist jetzt auch von Ed. Bunbury, im Num. Chronicle 18833,
S. 196, Taf. X,13, publieirt worden, jedoch ohne Beachtung
des Buchstabens A. :
84. AR 29% — Wie Nr. 83, jedoch von verschiedener, roher Arbeit, mit ATT — ON.A.
Hier erscheint links im Felde der bartlose Kopf l., und rechts, der spitz-
bärtige rechtshin.
Gr. 12,40. — München; ungenau beschrieben bei Pinder 1. ce. S. 565, 137,
ohne Erwähnung der Köpfe und der Buchstaben BA und A.
Sammlung Borgia (Propaganda fide in Rom), aus den gleichen
Stempeln wie das Münchener Exemplar. Taf. IV, 3.
85. AR 27% — Wie Nr. 84, mit ZT— PA unter dem Typus.
Gr. 12,12. — Mus. in Klagenfurt. Taf. IV, 4.
„ 12,57. — Ed. Bunbury, Num. Chronicle 1883, S. 195, Taf. X, 12, ohne
Erwähnung des Buchstabens A.
Beide Stücke aus identischen Stenipeln.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 15
C. Die pergamenischen Prägungen mit den Namen
Alexanders des Grossen und seiner Nachfolger.
IR
Münzen mit Typen und Aufschrift des Lysimachos.
Ludwig Müller (die Münzen des thracischen Königs Lysimachus,
S. 78, N. 405— 407) schreibt Pergamon die Prägung einiger Tetradrach-
men zu, welche mit dem Monogramme PE bezeichnet sind. Ein Exem-
plar der Nr. 407, in Hrn. Six’s Sammlung, zeigt am Thronsessel der
Athene auch die Palmettenverzierung, welche auf den Münzen des Phi-
letairos, beim Beginn seiner Prägungen (A, 1—6) vorkommt. Indessen
ist das erwähnte Ornament auch auf anderen Münzen des Lysimachos,
die schwerlich pergamenisch sind, zu treffen, so dafs ihm keine Beweis-
kraft, betreffend örtliche Zutheilung, beizumessen ist. Eben so unsicher
ist die Deutung des Monogramms, welches z. B. auch auf Goldstateren
des Seleukos II erscheint, von welchem Könige (246—226 v. J. O.) es
wohl Niemanden einfallen wird, pergamenische Prägungen vorauszusetzen.
Andere Münzen des Lysimachos, mit dem Monogramme &, für
®1A...., welches auf verschiedene Eigennamen gedeutet werden kann, und
mit in Pergamon üblichen Beizeichen, wie Herme, Mondsichel, Thyrsos
(Müller’s Nr. 87, 262, 398 ete.), sind ebenfalls unbestimmter und vielleicht
verschiedener Provenienz.
Mit Sicherheit sind also keine der bekannten Lysimachosmünzen
Pergamon zuzutheilen. Indessen ist die Wahrscheinlichkeit nicht ausge-
schlossen, dafs deren dort geprägt worden sind, wenigstens bis zum Jahre
284, als Philetairos von Lysimachos abfiel und sich Seleukos anschlofs.
II.
Münzen mit Alexandertypen und der Aufschrift des Seleukos.
Gewicht im Felde des Rv. unter dem Throne
1. AR 28” 16,95. — Links, Pallaskopf r. Stern Wien, Taf. III, 19.
2. AR28”16,60.— ,„ n » Mondsichel Wien, Taf. III, 20. — Brit. Mus.
16,83. — Seleueid kings S. 2, 12; Cousi-
16 IMHoor-BLUMER:
nery, Voy. dans la Macedoine,
I, Taf. IV; Mionnet V, S.2,6.
3. AR 29" 17,26. — Links, Pallaskopf r. zwei Mondsicheln. J. P. Six.
16,50. — München; Mionnet V, 2, 9.
4. AR 23 17. — > ” IE n M. S. Taf. III, 21.
Diese Tetradrachmen, deren Symbole, Pallaskopf mit korinthi-
schem Helm und Mondsichel identisch sind mit denjenigen des Phi-
litairos auf Nr. 1 des Verzeichnisses, datiren ohne Zweifel aus den Jahren
284 bis 281, als Philetairos Pergamon und seine Schätze für Seleukos
verwaltete.
II.
Münzen mit Alexandertypen und A im Felde.
«) Mit der Aufschrift ®IAIDMoY, ohne Königstitel.
Aus L. Müller’s Numismatique d’Alexandre le Grand:
Nr. 72, Drachme mit Biene und A
» 3, Tetradrachmon „ Fackel „ „
„ 4%, Drachme 0 RN
£&) Mit der Aufschrift AAEZANAPoY, ohne Königstitel.
M. S. Golddistater mit Blitz und A
Nr. 30, Goldstater „ Fackel EuPn
„ 515 u.517, Drachmen mit Biene „ „
„916, b) ” ” » A
IV.
Tetradrachmen mit Alexandertypen und der Aufschrift AAEZANAPoY.
Samml. Bunbury, mit Palmzweig und A Num. Chr. 1868, 319 u. 1883, Tf. II, 6.
Müller, Nr. 1019 „ Biene R J. P. Six, Taf. III, 22.
5 1020 „ ei „ und © RT;
3 1922, n N] J. P. Six. Vgl. Müller 509.
= 1023 „ „»„ und Füllhorn.
" 925 „ Stern A
5 G2CaRa 00. al
n Ian; Epheukranz
Sara Eule und M
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 10%
Kab. im Haag. mit Epheublatt und b Vgl. Müller 250.
Müller, Nr. 1058 „ Keule er
5 1059, 2, 5 Bl
5 1250 „ Thyrsos AR
y 1251 , R np
D 1257 „ Tropaionstange M
Alle diese Tetradrachmen gehören Müller’s VI. Klasse, und, nach
ihren Beizeichen und Monogrammen (vgl. unser Verz. A, VI, Nr. 22, 30,
31, 36, 37, 38) zu schliefsen, der Zeit des Eumenes II an.
D. Pergamenische Cistophoren.
(Ältere Reihe.)
Mit TTE und Epheublatt Samml. Bunbury, Num. Chr. 1883, S. 185, 17.
m ee Weintraube > en Inctla:
» » '» Palmzweig 11,45. — München. Pinder l. ce. S. 562, 79.
Sa Rüllhorn 12,54. — M. S. USLNT 80:
a alu Eule 12,57. — Brit. Museum.
BR Stern Berlin. n Ps2:
Bm. Keule 5 192.
” me „ Thyrsos 12,74. — M.S., Taf. IV,11. Pinder, 1. c. Nr. 77, Taf. I, 8.
TTe „ Fackel 12,44. — Brit. Mus. Head, Coins of the ancients, pl. 49,10.
» P
u 1 “ 12,07. — München.
» » » Thropaionstange Berlin.
—_ = 6,16. — Rollin und Feuardent in Paris.
Aufser den hier verzeichneten, sämmtliche auf den Tetradrachmen
und, zum Theile, auch auf den Kupfermünzen der Attaliden vorkommenden
Beizeichen, giebt es deren auf den älteren pergamenischen Cistophoren
noch mehrere andere, wie Nike, Gorgoneion, Adler, Hermesstab, Ähre,
Amphora, Blitz u. s. w.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. III. ; 3
18 IMHOOF-BLUMER:
Auf die bisherigen sich häufig sehr widersprechenden Versuche,
die mit der Aufschrift ®IAETAIPoY geprägten Münzen chronologisch zu
ordnen und auf die Regierungen der sechs sich folgenden Fürsten des
pergamenischen Reiches zu vertheilen, näher einzugehen, wäre ein ebenso
weitläufiges als fruchtloses Unternehmen!). Der einzige Weg, bei einem
neuen derartigen Versuche zu einem wenigstens in der Hauptsache rich-
tigen Resultate zu gelangen, schien mir vorerst in dem Ansammeln einer
sröfsest möglichen Zahl von Münzen der pergamenischen Dynastie, und
sodann, bei deren Betrachtung und Prüfung, gerade m der Nichtbeach-
tung des bestehenden Wirrwarrs der bisherigen Bestimmungen zu liegen.
Das Ergebnis der zu diesem Zwecke begonnenen Umschau in den ver-
schiedensten Sammlungen und in der numismatischen Litteratur ist nun
in dem vorstehenden Münzverzeichnisse niedergelegt, aus welchem hervor-
geht, dafs bis jetzt etwa fünfzig Varietäten von Tetradrachmen zu Tage
getreten sind, wovon mir mehr denn zwei Drittel in Originalen und Ab-
güssen vorliegen, und die meisten übrigen durch gute Abbildungen be-
kannt sind. Im Besitze dieses Materials, und durch die Vergleichung der
Monumente unter sich und mit anderen, sicher datirbaren Münzen, konnte
es schliefslich nieht mehr besonders schwer fallen, die ehronologische
Reihenfolge der fraglichen Silbermünzen festzustellen. Ich glaube in
der Anordnung des beschreibenden Verzeichnisses um so gewisser das
annähernd Richtige getroffen zu haben, als dieselbe gleich in ihrem ersten
Entwurfe ziemlich genau mit einer mir vorher gänzlich unbekannten ähn-
lichen Arbeit übereinstinnmte, welche Herr J. P. Six in Amsterdam seit
vielen Jahren vorbereitet hatte und ebenfalls gelegentlich zu publieiren
gedachte. Im freundschaftlichen Wettstreite um die Verzichtleistung auf
die Veröffentlichung der einen Arbeit zu Gunsten der andern war es mein
Los, das kürzere zu ziehen. Die Entsagung meines Freundes mufs ich
aber hier um so dankbarer anerkennen, als sie verbunden war mit der
Mittheilung werthvoller Ergänzungen zur vorliegenden Studie, und mit
manch’ beachtenswerthem Winke für deren Verbesserung.
1) Vgl. Visconti, Iconographie greeque, II; A. G. van Cappelle, Commen-
tatio de regibus et antiquitatibus Pergamenis, Amst. 1842; Ch. Lenormant, Tresor de
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. i9
Bei der chronologischen Anordnung der Philetairosmünzen war in
erster Linie eine Scheidung vorzunehmen in solche, welche die sitzende
Athene mit vorgestelltem Schilde, und in solche, welche die Göttin
als Kranzspenderin darstellen. Jene, A, I—III des Verzeichnisses,
bilden offenbar eine Gruppe zeitlich nahe zusammenhängender Prägungen
und sind zugleich die ältesten der ganzen Serie. Es ist letzteres leicht
ersichtlich aus der künstlerischen Ausführung des Kehrseitebildes, der
thronenden Athene, welche, in der Regel stilvoll gezeichnet und kräftig
im Relief, mit meist sorgfältig ausgeführtem Köpfchen und der Lanze an
der linken Seite, sich vor demjenigen der übrigen Tetradrachmen vor-
theilhaft auszeichnet.
Den Übergang von dieser ersten Gruppe zu derjenigen mit den
Monogrammen (A, VI und VII) bilden wenige Varietäten mit dem neuen
Athenetypus, auf welchen dieser ebenfalls noch scharf und erhaben aus-
geprägt ist (A, IV und V). Wie bei A, I—III, so ragt auch noch bei
IV, 13 die Lanzenspitze in den Abschnitt hinein, und ruht der Schaft im
linken Arm der Göttin, während schon bei den zunächst folgenden und
beinahe allen späteren Stücken die Lanze entweder an der rechten Seite
der Athene oder auch gar nicht mehr angedeutet ist. Nach und nach
verflacht sich das Pallasbild immer mehr; sehr häufig ist es, im Contraste
mit dem Portrait, nachlässig und ungeschickt gezeichnet, und auf einzelnen
Exemplaren streift die Ausführung sogar an Verwilderung. Der Thron-
sessel ist hier nur noch durch ein Sesselbein ausgedrückt.
Mit den Modificationen des Athenetypus halten zeitlich auch die-
jenigen anderer Merkmale gleichen Schritt. So nimmt z. B. mit der
späteren Verflachung der beiderseitigen Typen der Durchmesser der
Münzen zu, indem dieser, in der Regel 28 bis 30 Mill. betragend, bei den
Tetradrachmen A, VII zu 32 bis 36 Mill. ansteigt; und so verschwindet
auch mit No. 32 der Perlkreis um das Portrait. Die nämlichen Er-
scheinungen sind auf den Prägungen der bithynischen Könige Nikomedes I
und Prusias zu constatiren.
Der auf die bisherigen Beobachtungen gegründeten Reihenfolge der
num. et de glypt., Rois grecs; von Prokesch-Osten, Inedita 1859, S. 21 und 22;
Friedlaender und von Sallet, das Königl. Münzkabinet 1877, S. 138, u. s. w.
3a
30 Imuoor-BLUMER:
Münzen entspricht auch der Charakter der dargestellten Portraitköpfe.
Die markige sorgfältige Modellirung, sowie die Behandlung der Haare des
ausdrucksvollen Kopfes der Tetradrachmen A, I, stempeln diese unbedinst
wiederum zu den ältesten. Das Portrait der übrigen Gruppen, welches
eine andere Persönlichkeit darstellt, und in seinen ersten Erscheinungen
oft von grofser Wirkung und vorzüglicher Arbeit ist, verflacht sich in der
Folge, wie die Athenefigur der Kehrseite, je länger je mehr, jedoch
nicht in dem Grade wie diese. Aus dem letzteren Umstande möchte man
schliefsen, dafs für die Darstellung der Köpfe der späteren Attaliden-
münzen in der Regel andere, geschicktere Stempelschneider verwendet
worden sind, als für diejenige des Kehrseitebildes.
Die Richtigkeit der vorgeschlagenen Anordnung der Tetradrachmen
wird schliefslich noch durch deren Beizeichen bestätist. Das beinahe
nie fehlende Epheublatt, und die ebenfalls fast regelmälsig wiederkehren-
den Zeichen A, ® und A einerseits, uud die wechselnden Symbole und
Monogramme anderseits, scheiden die fünf ersten und die zwei letzten
Serien in zwei Hauptgruppen, deren Bindeglied die Münzen A, V bilden.
Die Beizeichen Bogen, Pallaskopf, Epheublatt, Biene, Stern und Thyrsos
sind zugleich die Typen des Kupfergeldes der Attaliden, und corre-
spondiren in ihrer chronologischen Folge mit diesen, so weit als dies aus
der Fabrik der kleinen Kupfermünzen geschlossen werden kann.
Ist es mir, wie ich annehmen zu dürfen glaube, gelungen, nach
den äusserlichen Merkmalen ein muthmalslich richtiges Bild zu geben, wie
sich die Prägungen der Philetairosmünzen gefolgt sind, so bleibt nun
weiter zu untersuchen, wie die auf diesen Münzen vorkommenden Portrait-
köpfe zu deuten sind, unter welchem der Dynasten die Prägungen be-
gonnen haben, wie die einzelnen Gruppen auf die verschiedenen Regie-
rungen zu vertheilen sind, und welche Gründe endlich es gewesen sein
mögen, dafs sich die Attaliden, bis zum Übergange ihres Reiches an Rom,
stets der nämlichen Typen und Aufschrift für ihre Tetradrachmen be-
dient haben.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 21
Nach dem Kopfschmucke der Portraits zu urtheilen, mufs von vorn-
herein darauf verzichtet werden, in diesen die Darstellung von Persönlich-
keiten zu vermuthen, zu deren Lebzeiten die betreffenden Münzen geprägt
worden wären: denn sowohl die Tänie (A, I und ID), als der Lorbeerkranz
(A, II — VII), kamen damals in der Regel nur Göttern und Heroen, oder
apotheosirten Dichtern, Fürsten ete. als Abzeichen zu. Wenn nun, wie
ich dies noch näher nachzuweisen die Gelegenheit haben werde, die Te-
tradrachmen A, I, sämmtlich oder theilweise, unter Philetairos geprägt
worden sind, so kann deren Kopf, wegen des Charakters seines Schmuckes,
nicht diesem zugeschrieben werden, sondern einer anderen, damals bereits
verstorbenen, Persönlichkeit. Dafs diese eine bei ihren Lebzeiten dem
Philetairos nahe und über ihm stehende gewesen sei, ist als selbstver-
ständlich vorauszusetzen, und als solche wülste ich einzig den Diadochen
Seleukos Nikator zu nennen. Ihm hatte Philetairos, nach seinem Ab-
falle von Lysimachos, die Stellung zu verdanken, aus welcher er unter
Antiochos Soter als factisch unabhängiger Dynast hervorging. Aus Ge-
fühlen der Dankbarkeit gegen Seleukos und dessen Sohn und Nachfolger,
oder auch nur aus Klugheit und wohlberechneter Schmeichelei gegenüber
Antiochos, dessen Ansprüche auf das pergamenische Gebiet er, je nach
Umständen, scheinbar noch anerkennen wollte, hat Philetairos dem An-
denken des Seleukos besondere Verehrung gezollt!); und er wird diese
auch dadurch an den Tag gelegt haben, dafs er, in ähnlicher Weise, wie
die Diadochen das Bild des Halbgottes Alexander als Münztypus gewählt
hatten, als solchen den Kopf des vergötterten Seleukos annahm. Und
dafs der Letztere vergöttert worden, wie so mancher andere Herrscher
nach ihm, geht wirklich aus einer teischen Inschrift hervor?).
So einleuchtend nun die bisher angeführten Gründe für die eben
gegebene Deutung des Kopfes sein mögen, so dürfte diese dennoch blos
hypothetischen Charakter beanspruchen, wenn nicht zugleich bewiesen
werden könnte, dafs dieses Portrait mit einem sichern Bildnisse des Se-
leukos übereinstinnmte. Ein solches ist uns glücklicherweise erhalten,
1) Vgl. Droysen, Geschichte des Hellenismus (2) II?, S. 331 und 332; III!,
8. 255.
2) G. Hirschfeld, Archaeol. Zeitung 1875, S. 26,
22 ImBHoor-BLUMER:
zwar nicht in einer der im Alterthume berühmten Portraitstatuen des
Diadochen, Werken des Lysippos, Bryaxis oder Aristodemos!), aber auf
einigen seltenen, bis vor kurzem nicht gehörig beachteten Münzen. Es
sind dies, aulser Goldstateren des Seleukos selbst, von ziemlich roher
Fabrik?), die Drachmen und Tetradrachmen des Antiochos Soter, welche
dieser wahrscheinlich als Mitregent seines Vaters, vor dem Jahre 281,
geprägt, und welche ich unlängst in den „Monnaies greeques“, S. 425
und 424, Taf. H, 10 und 11, besprochen habe?). Diese Münzen zeigen
den Kopf des Königs Seleukos, ähnlich geschmückt wie derjenige des
Demetrios Poliorketes, mit einem Stierhorn und dem königlichen Diadem.
Ihrem Aussehen nach sind sie nicht in Pergamon geschlagen worden, die
Drachmen wohl nicht einmal in Kleinasien; allein trotz des sichtbaren
Unterschiedes der Fabrik zwischen diesen Antiochos- und den Philetairos-
münzen A, I, läfst sich nicht verkennen, dafs die Köpfe beider Münz-
gattungen ein und derselben Persönlichkeit gelten; und um diese Ähnlich-
keit nochmals zu constatiren, verweise ich, aufser auf die bereits citirten
Abbildungen der Antiochosmünzen, auf unsere Tafel I, 1, welche den Se-
leukoskopf des von Prokesch’schen Exemplares (Monnaies greeques, S. 423,
15) wiedergiebt.
Wenn die verschiedenen Seleukosköpfe in Fabrik, Ausdruck und
Kopfschmuck etwas von einander abweichen, so kann dieser Umstand zu
keinen ernstlichen Bedenken gegen die vorgeschlagene Identificirung ver-
anlassen. Einmal gilt von der Verschiedenartigkeit der künstlerischen
Ausführung und Auffassung der Bildnisse das nämliche, was von manchen
anderen Serien einzelner Portraits zu sagen ist*), und worüber ich an-
läfslıch derjenigen des Philetairos noch näher eintreten werde. Sodann
ist zu berücksichtigen, dafs die Münzen der beiden syrischen Könige mit
1) Overbeck, Geschichte der griech. Plastik (3) II, S. 113, 68 und 143.
2) \Velk Gardner, the Seleucid Kings of Syria 1878, Taf. I, 6.
%) In der Zwischenzeit hat Herr Ed. Bunbury im Num. Chronicle 1883,
8. 65— 72, Taf. IV, 1 eine vierte Varietät dieser Tetradrachmen des Antiochos bekannt
gemacht, und, ohne mein Buch zu kennen, den gehörnten Kopf ebenfalls auf Seleukos
gedeutet.
2) Vgl. Bunbury, 1. c. S. 75—81, über den verschiedenen Charakter der Köpfe
der Seleukiden.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 23
dem Seleukosportrait nicht nur etwas älteren Datums sind, als diejenigen
des Philetairos, sondern auch aus Prägstätten stammen, welche theilweise
weit ab vom vorderen Kleinasien lagen. Schliefslich kann es, selbst bei
der etwaigen Voraussetzung, dafs die Antiochosmünzen nach des Seleukos
Tode geprägt worden seien, — wozu, angesichts der Münzen des Demetrios
Poliorketes, das Vorhandensein des Hornes nicht zu berechtigen scheimt,
— durchaus nicht befremden, auf den Tetradrachmen des Philetairos
einen anderen Kopfschmuck zu treffen, als auf den von Seleukos selbst
und dessen Sohne und Mitregenten geschlagenen Münzen. Philetairos
schuf eben eine eigene Münze, deren Typen sich von denjenigen der Se-
leukiden unterscheiden sollten, und delswegen ersetzte er Diadem und
Horn, welche den Kopf des Diadochen bei Lebzeiten zierten, bei dem
vergötterten Bildnisse desselben durch die Taenie.
Nach dem Gesagten kann die Deutung des Kopfes auf den Münzen
A, I als eine vollkommen gesicherte betrachtet werden!), und es erübrigt
nun, den Portraitkopf der zahlreichen übrigen Tetradrachmen zu erklären.
Ich sage der Portraitkopf, um damit gleich von vornherein anzudeuten,
dafs, nach meiner Auffassung, auf diesen Münzen nur ein Kopftypus
existirt, und dieser den Gründer der Dynastie, Philetairos, darstellt.
Diese Vermuthung ist nicht neu, und um sich von deren Richtigkeit zu
überzeugen, genügt es einen Blick zu werfen auf die chronologisch ge-
ordnete Reihe der auf Taf. I und Il abgebildeten Köpfe, deren Prägezeit
ein volles Jahrhundert umfafst. Es tritt uns daraus das Bildnils eines
Mannes entgegen, dessen fleischige Formen und dessen Alter beinahe un-
verändert dieselben sind. Es ist nicht anzunehmen, dafs die beiden Neffen
des Philetairos und die Söhne und der Enkel des ersten Attalos alle gleich
corpulent gewesen, und alle dem Gründer der Dynastie ähnlich gesehen
haben. Auch widerspricht der Annahme verschiedener Portraits die That-
sache, dals während der langen Periode, als Attalos I von seinem 28sten
bis 72sten Jahre den Thron inne hatte, und Eumenes II 38 Jahre lang
und Attalos II bis zu seinem 82sten Altersjahre regierten, weder je ein
1) Zu dieser Erkenntnils hat hauptsächlich eine mir seiner Zeit von Herrn Six
gemachte Bemerkung beigetragen, wie ich dies bereits in den „Monnaies grecques“ S. 423
erwähnt habe.
94 IMHOOF-BLUMER:
jugendlicher noch je ein greisenhafter Kopf auf den Münzen dieser Könige
erscheint. Alles deutet demnach mit Bestimmtheit darauf hin, dafs die
in Rede stehenden Tetradrachmen wirklich nur das Bildnifs einer Per-
sönlichkeit zur Darstellung bringen. Findet man aber hin und wieder unter
diesen Köpfen solche mit etwas verschiedenem Ausdrucke oder abweichen-
der Charakteristik, so erklärt sich diese Erscheinung unschwer, wenn man
bedenkt, wie lange diese Tetradrachmenprägung gedauert hat, wie ver-
schiedenartig Begabung und Auffassung der Stempelschneider, und wie
von ‘einander abweichend in ihrer Ausführung auch die als Vorbilder
dienenden plastischen Portraitdarstellungen gewesen sein mögen. Um sich
einen Begriff der Verschiedenheiten zu machen, welche bei der Wieder-
gabe der Züge bekannter Persönlichkeiten vorkommen konnten, braucht
man nur einen Blick zu werfen auf die Münzserien mit dem Alexander-
kopfe, mit den Köpfen des Demetrios Poliorketes, der syrischen, bithy-
nischen und anderer Dynastien, und man wird oft, für einen bedeutend
kürzeren Zeitraum als der hier in Betracht kommende, erstaunliche Unter-
schiede in der Technik und im Ausdrucke derselben gewahren.
Da ein kleinerer Theil der Münzen, welche die Gruppen A, I—VH
bilden, vielleicht schon unter Eumenes I, sicher aber unter seinem Nach-
folger geprägt worden sind, und der eben besprochene Kopf, welchen
jene zum Typus haben, bis auf eine Ausnahme, stets mit dem Lorbeer-
kranze, der oft mit einer Binde umwunden, geschmückt ist, und folglich,
wie der Seleukoskopf, einen Fürsten darstellt, dem nach seinem Tode die
Vergötterung zu Theil geworden, so kann, wie bereits angedeutet, nicht
bezweifelt werden, dafs wir es hier einzig mit dem Bildnisse des Phi-
letairos, des eigentlichen Gründers der Dynastie, zu thun haben. So
lange der Herrscher von Pergamon Rücksichten der Klugheit zu beobach-
ten hatte gegenüber Antiochos I, von dessen Erbe er sich ein Stück an-
gemalst, wurde von jenem die Verehrung des Seleukos zur Schau getragen.
Sobald dann aber diese Rücksichten in den Hintergrund traten oder ganz
aufhörten, was schon unter Eumenes I der Fall war, tauchte das Bild des
wirklichen #rırr7s, des Philetairos, auf. Und dieses Bild verblieb, aus
einem gleich zu erörternden Grunde, der stehende Münztypus der Atta-
liden.
Als die frühesten Prägungen mit dem neuen Portrait sind die Te-
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 25
tradrachmen A, Il zu betrachten; denn der Kopf ist hier noch nicht mit
dem Lorbeerkranze, sondern, wie derjenige des Seleukos, mit der einfachen
Tänie umwunden, dargestellt. Diese Tänie unterscheidet sich von der
früheren einzig dadurch, dafs hinter dem Kopfe kurze schmale Binde-
enden bemerkbar sind, wie solche zuweilen auch an der Kopfbinde von
Göttertypen vorkommen, und welche sie daher keineswegs zum könig-
lichen Abzeichen stempeln; denn das Diadem erscheint stets als breites
flaches Band, mit langen, meist flatternden, und häufig verzierten, oder
fransigen Enden. Ob das diademartige Band, mit welchem auf den
späteren Münzen, A, IH und V—VII, der Lorbeerkranz umschlungen ist,
ebenfalls nur als Tänie, — wie diese einer vergötterten Persönlichkeit,
die nie König gewesen, eigentlich ausschliefslich ziemte, — oder aber als
Diadem aufzufassen ist, bleibt fraglich, und ist übrigens für unsere Unter-
suchung von keinem Belang. Denn es ist wohl anzunehmen, dafs es den
Nachfolgern des Philetairos nicht mehr darauf angekommen sein wird,
den Unterschied zwischen Tänie und Diadem genau zu beobachten, um
so weniger, als der nie fehlende Lorbeerkranz zur damaligen Zeit ein un-
verkennbares Zeichen der Apotheose war, und die Neuerung zeitlich ohne-
hin, bis auf eine Ausnahme, mit dem Beginne des Königthums der. Atta-
liden zusammentrifft. Diese Ausnahme bilden die wenigen Tetradrachmen
A, III, welche offenbar etwas älter sind, als diejenigen mit dem einfachen
Lorbeerkranze der folgenden Gruppe IV, und sie ist als ein erster Ver-
such anzusehen, die Tänie durch ein diademartiges Band, halb verdeckt
durch den Lorbeerkranz, zu ersetzen. Dieser Versuch scheint zu einer
Zeit stattgefunden zu haben, als er am Seleukidenhofe noch Mifstrauen
zu erregen im Stande war, etwa unter Eumenes I; er wurde einstweilen
aufgegeben, um später von Attalos I, als König, oder auch erst von
seinem Nachfolger, wiederum aufgenommen und festgehalten zu werden.
Was nun die Zeitbestimmung für die verschiedenen Gepräge
anbelangt, so kann man, aufser den schon angedeuteten, noch weitere
sichere Anhaltspunkte dafür in anderen Münzen finden, an deren Be-
nutzung für diesen Zweck in den bisher veröffentlichten Untersuchungen
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. II. 4
36 Imkoor-BLUMER:
über diese Frage nicht gedacht worden ist. Eine Auswahl solcher Münzen
findet man in der Abtheilung © unseres Münzverzeichnisses. Abgesehen
von möglichen Prägungen mit Lysimachostypen, stehen da voran einige
Tetradrachmen mit Alexandertypen und dem Namen des Seleukos, deren
Symbole, wie bei der Philetairosmünze A,1, 1, die Mondsichel und der
Pallaskopf mit korinthischem Helme sind!). Der Prägort dieser Tetra-
drachmen war ohne Zweifel Pergamon, und die Zeit der Prägung, die Jahre
284 bis 281, als Philetairos daselbst Statthalter des Seleukos war, oder auch
noch die ersten Jahre nach dem Tode des Diadochen. Auf diese Emission
muls nun diejenige der Tetradrachmen mit dem Portrait des vergötterten
Seleukos (A, D) gefolgt sein, von denen die Varietät mit Pallaskopf und
Mondsichel als Beizeichen die zunächst geprägte gewesen sein wird. Hier
also, in diesem Übergange von den Seleukos- zu den Philetairosmünzen,
scheint der Zeitpunkt des Beginnes der Prägung der letzteren gefunden
zu sein: er fällt demnach in die Regierungszeit des Philetairos (281 —
263) und er ist auch in der That derjenige, in welchem das Erscheinen
des vergötterten Seleukoskopfes unbedingt einleuchten muls.
Es ist möglich, dafs des Philetairos Nachfolger, Eumenes I (263
— 241) noch kurze Zeit mit dem Seleukosportrait fortprägen liels. Bald
aber mufste er die Neuerung getroffen haben, diesen Typus durch den-
jenigen des vergötterten Philetairos zu ersetzen: die Münzen A, II und IH
sind mit denjenigen der I. Gruppe, durch den gemeinsamen identischen
Athenetypus, und auch stilistisch, zu nahe verwandt, als dals es thunlich
erschiene, die Vertheilung aller dieser Tetradrachmen auf eine längere
Periode als etwa zwanzig bis dreilsig Jahre zu erstrecken.
Die Einführung des neuen Athenetypus mit dem Siegeskranze
(A, IV) ist ohne Zweifel Attalos I (241—197) zuzuschreiben. Zu der
Änderung des Typus mag ihn sein grofser Sieg über die Gallier veran-
lafst haben. Attalos war der erste der Dynastie, welcher, bald nach 240,
den Königstitel annahm, und durch diesen Act den letzten Schein der
Abhängigkeit vom Seleukidenhofe abstreifte. Nichtsdestoweniger behielt
er den bisherigen Münztypus fast unverändert bei, sich auf wenige Modi-
1) Der nämliche Pallaskopf ist zugleich der Typus von A, @, 50 und der städti-
schen Kupfermünzen Pergamons mit dem Stierkopfe im Revers.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 27
fieationen im Pallasbilde und im Schmucke des Philetairoskopfes, — jetzt
ein einfacher Lorbeerkranz, — beschränkend. Ob die Münzen A, V, auf
welchen Kranz und Binde vereinigt wieder zum Vorschein kommen, noch
von Attalos, oder bereits von Eumenes II herrühren, vermag ich nieht zu
entscheiden.
Etwas auffallend für die lange Dauer der Regierung des Attalos
mag die geringe Zahl von Varietäten erscheinen, welche die ihr zuge-
theilte Gruppe IV aufweist. Im Namen der Seleukiden und mit deren
Typen hat König Attalos wohl nie geprägt, und gewils ebensowenig mit
Lysimachostypen (C, D). Dagegen sind zur Ausfüllung der Lücke viel-
leicht einige Prägungen mit Alexandertypen in Anspruch zu nehmen,
vornehmlich diejenigen mit dem Zeichen A (Verz. C, II) und ein Theil
der Tetradrachmen von Müller’s IV. und V. Klasse, welche als Beizeichen
das Epheublatt oder die Weintraube zeigen, wie z. B. die Nr. 243—258,
1519— 1536 und andere. Daneben ist auch, wie wir sehen werden, die
Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs schon in die Zeit des Attalos der Be-
ginn der Cistophorenprägung fällt.
Mit der V. Gruppe verschwinden für immer, um Monogrammen
Platz zu machen, die im Felde der Kehrseite angebrachten Einzelbuch-
staben, welche auf sämmtlichen bis jetzt bekannt gewordenen Tetra-
drachmen, Nr. 6 ausgenommen, in verschiedenen Formen des Alpha: ®,
A, A und A bestehen. Dafs diese Zeichen nicht als Initiale des Namens
Attalos gelten können, wie vielfach behauptet worden, geht aus den bis-
herigen Untersuchungen zur Evidenz hervor. Nach Herrn Six’s Meinung
ist A ein aus AO gebildetes Monogramm, welches entweder für "Adyvaıov,
das Heilisthum, innerhalb welchem sich die Münzstätte befunden hätte,
steht, oder wahrscheinlicher noch als Abkürzung des auf einer Serie per-
gamenischer Kupfermünzen als Aufschrift vorkommenden Namens der
AOHNAZ NIKH®OPOY, welche, wie die Münztypen und zahlreiche In-
schriften und Weihgeschenke beweisen!), die vor allen verehrte Göttin
Pergamons war. Diese Hypothese hat den Vortheil, ohne Weiteres auf
die übrigen Formen des A ausgedehnt werden zu können, und sie giebt
für diese Zeichen eine beachtenswerthe Erklärung, welcher ich keine
1) Vgl. L. v. Urlichs, Pergamenische Inschriften, Würzburg 1883 (Programm).
A
38 Imsuoor-BLUMER:
treffendere gegenüber zu stellen wülste. Denn ein inschriftliches Zeichen,
das sich, nach meiner Berechnung, während eines Zeitraums von sechszig
bis siebenzig Jahren fortwährend und ohne Wechsel wiederholte, kann
hier unmöglich auf einen Personennamen gedeutet werden, sondern mulste
in Beziehung zu irgend einer Localität oder Gottheit stehen.
Unter der folgenden, ebenfalls langen Regierung des Eumenes II
(197—159) erlangte das pergamenische Reich den Höhepunkt seiner
Machtentfaltung und Ausdehnung, und diese Blüthezeit spiegelt sich wie-
der in dem Reichsmünzwesen. Nicht nur wurde unter Eumenes überhaupt
reichlicher und mit gröfserem Wechsel der Beizeichen geprägt, sondern
es sind auch für diese Zeit drei collaterale Prägungen verschiedener
Münzsorten sicher und deutlich nachweisbar, und zwar:
1. Tetradrachmen mit den Typen der Dynastie (A, VD),
2. Tetradrachmen mit Alexandertypen und der Aufschrift
ANEZANAPoY, deren Symbole und Monogramme grölstentheils
identisch sind mit denjenigen der vorhergehenden Münzen
(C, IV), und |
Cistophoren, mit dem Monosramm IE und theilweise denselben
Symbolen (D).
©
Über die Cistophoren und ihren Ursprung ist es unerläfslich,
hier etwas ausführlich einzutreten.
Die am Schlulse unseres Münzverzeichnisses angeführten pergame-
nischen Stücke gehören ihrer Fabrik nach zu den ältesten der Gattung,
und dies gilt auch von einer gröfseren Zahl gleicher Münzen, welche
die Initialen von Ephesos, Sardeis, Tralleis und Apameia (W) tragen. Sie
unterscheiden sich von denjenigen, welche seit der Errichtung der römi-
schen Provinz Asia (133 vor J. ©.) geprägt wurden, namentlich dadurch,
dals sie, bei durchschnittlich gleichem Gewichte wie jene späteren, breiter
und ım Verhältnisse etwas dünner sind als diese, dafs die Ausführung der
in der Regel gröfser dargestellten Cista, des vielblättrigen Epheukranzes,
des verzierten und an der Spitze verschieden geformten Bogenbehälters
und endlich der Schlangen, sorgfältiger und künstlerischer ist, und dafs
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 29
anfangs nie, in der Folge nur selten, Einzelbuchstaben, Monogramme,
Magistratsnamen oder Daten darauf erscheinen. Die auf unserer Tafel IV
abgebildeten Cistophoren Nr. 5—7 von Ephesos und Nr. 9—11 von Per-
gamon veranschaulichen in klarer Weise diese Unterschiede gegenüber
Beispielen der späteren Prägungen, wie Nr. 8, vom Jahre 130, und
Nr. 121). Entgegen der, allerdings bereits vor fünfundzwanzig Jahren
geäufserten Ansicht Mommsens, dafs die Cistophoren erst im Jahre 133
von den Römern in’s Leben gerufen worden?), hält sie Head für eine
Schöpfung der Attaliden, deren Zeitpunkt etwa um das Jahr 159 anzu-
setzen sei?). In Anbetracht des sehr verschiedenartigen Charakters der
mir bekannten Varietäten dieser Münzsorte war ich indessen von jeher
geneigt, die frühesten Proben der Cistophorenprägung für noch älter zu
halten, als Head es thut; und in dieser Annahme wurde ich unlängst
wesentlich bestärkt durch das Vorfinden eines Cistophoren des Museums
in Klagenfurt und eines andern des Museo Borgia in der Propaganda fide
in Rom, welche, zusammen mit zwei bisher unrichtig beschriebenen ähn-
lichen Stücken der Pariser und Münchener Kabinete, eine eigene Kategorie
bilden, deren Vorhandensein zweierlei beweist: erstens, dafs schon unter
Eumenes II, und zwar während der ersten Hälfte seiner Regierung,
Cistophoren mit den Initialen seines Namens nnd Titels geprägt
worden, und zweitens, dafs diese keineswegs die ältesten sind.
Bei der Wichtigkeit dieser Münzen, deren Beschreibung und Abbildung
1) Hier die Gewichte der Cistophoren auf Taf. IV:
Nr. 5 Ephesos Gr. 12,— (mit Loch) M. S.
AR = „ 12,57 Brit. Mus.
el > 1210, M>S.
a Babe ®
Bel Beroamon ‚5, /12,6221h,
seölhayes AD ci
ER Lil - ulOAı,
a © ulzia ,
2) Geschichte des römischen Münzwesen, 1860, S.48 und 704. Vgl. Pinder,
Über die Cistophoren, 1856, S. 553, und F. Lenormant, La Monnaie dans l’antiquite II,
S. 42 — 44.
3) Coins of Ephesus 1880, S. 61— 64.
30 ImHoor-BLUMER:
im Münzverzeichnisse B, II, Nr. 82—85 und Tafel IV, Nr. 1—4 gegeben
sind, ist es nothwendig, dieselben einer eingehenden Betrachtung zu
unterziehen.
In Betreff ihrer örtlichen Zutheilung drängen sich verschiedene
Fragen auf, welche ich folgendermafsen resumire:
1. Handelt es sich hier um verschiedene Prägstätten, die
je nach den Aufschriften OYA., ATTON. und ZTPA. auf Thya-
teira, Apollonis und Stratonikeia zu deuten sind, oder
(>)
sind diese Aufschriften als Magistratsnamen aufzufassen, und
die Münzen in Pergamon geprägt, oder endlich
©
gehören diese nach Thyateira und bezeichnen ATTON. und
ZTPA. Magistrate dieser Stadt?
Nach dem Eindrucke zu urtheilen, welchen man aus der Übersicht
der vier Münzen und aus dem Vergleichen dieser kleinen Gruppe mit
anderen Cistophorenserien gewinnt, ist unbedingt sowohl auf eine gemein-
schaftliche Prägestätte als auf eine kurze Prägezeit der ersteren zu
schliefsen. Es geht dies weniger aus der Ausführung der Stempel, welche
offenbar von verschiedenen Künstlern herrühren, hervor, als aus der
völligen Übereinstimmung ihrer Beizeichen (Blitz und kleine Köpfe) und
der Aufschrift BA.EY nebst B oder A, die sich je an derselben Stelle
zeigen. Die erste Frage ist demnach zu verneinen, und dies ist auch der
Fall bei der zweiten.
Unter den Cistophoren, welche wegen ihres Monogrammes ne mit
Recht Pergamon zugeschrieben werden, giebt es Prägungen, welche sicher
älteren Ursprungs sind als die mit BA.EY bezeichneten Stücke. Diese
können also chronologisch nicht an die Spitze der pergamenischen Cisto-
phoren gestellt werden, und sie in passender Weise in die Reihe der
letzteren einzuschieben, möchte recht schwer fallen. Aufserdem fehlt
ihnen das pergamenische Monogramm, und gerade an der Stelle, wo sich
dieses sonst in der Regel zu befinden pflegt, und wo auch auf den Cisto-
phoren anderer Städte deren Initialen oder Monogramme stehen, zeigt
das auf Tafel IV, 1 abgebildete Stück die Buchstaben OYA, welche, bei
der äulsersten Seltenheit griechischer Personennamen, die damit beginnen,
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 31
und überhaupt diese Stelle einnehmen!), vor allem zur Deutung auf einen
Ortsnamen berechtigen, der nur @vareıga sein könnte. Es ist indessen
an der Richtigkeit dieser Zutheilung wiederholt gezweifelt worden. Warum
aber Thyateira nicht eben so gut wie Adramyttion, Smyrna, Nysa ete.,
deren Cistophoren ebenfalls zu den seltenen Erscheinungen gehören, und
deren übrige autonome Münzprägung, wie diejenige von Thyateira, erst
sehr spät, d. h. etwa im 2ten Jahrhundert vor J. ©. begonnen, und vor-
nehmlich nur aus Kupfer bestanden hat, — warum gerade diese Stadt
keine solche Münzen soll ausgegeben haben können, ist in der That nicht
leicht einzusehen. Die eine wie die anderen der genannten Städte, sowie
auch die Cistophoren prägenden Apameia und Laodikeia, erlangten gröfsere
historische Bedeutung erst von der Diadochenzeit an, namentlich unter
den Seleukiden und Attaliden, wie dies die damals modernen Namen
Thyateira, Nysa, Apameia und Laodikeia ohnehin andeuten.
Thyateira, aus dem durch eine makedonische Kolonie verstärkten
Pelopeia entstanden, anfangs noch Grenzstadt der Mysier gegen Lydien?),
bald darauf aber zu Lydien gerechnet?), wird in der Geschichte der
Kriege Philipp’'s (201), des Antiochos II (190), des Prusias II (156) des
Aristonikos (150) und des Sulla (84) häufig erwähnt®). Bis 190 scheint
die Stadt ein wichtiger Platz des Seleukidenreiches gewesen zu sein, dann
entwickelte sie sich weiter unter den Attaliden und Römern, und blieb
noch Jahrhunderte hindurch eine Aaumgorary zal neyiomm moAsd), wie In-
schriften, Münzen und bauliche Überreste in Akhissar bezeugen.
Ich wiederhole daher, dafs ich absolut keinen Grund zu finden
vermag, warum die Münze mit den Buchstaben ©OYA nicht in Thyateira
geprägt und dieser Ort ausgeschlossen sein sollte aus dem Kreise der
1) Die einzigen derartigen Personennamen, welche in Pape-Benseler’s Eigen-
namen vorkommen, sind ®yanıs und ®varys, beide ungewöhnlich und fremdartig.
?) Strabo 625; Steph. Byz.
?) Thyateira, in dessen Umgegend Eumenes II 190 einen Plünderungszug, unter-
nahm, zählte wohl schon frühe im 3ten Jahrhundert vor J. C. zu den unter Seleukiden-
herrschaft stehenden lydischen Städten.
*#) Polybios XVI, 1 und XXXIJ, 25; Livius XXXVII, 8, 21, 37, 44; Appian,
Syr. 30; Strabo 646; Plutarch, Sylla, 15.
5) C. J. Gr. Nr. 5483, 3504, 3505, 3509, 3510, 3516.
32 Imsoor-BLumer:
Cistophoren prägenden Städte, während doch die Aufschrift die gewöhn-
liche Stelle des abgekürzten Stadtnamens einnimmt, und die Ergänzung
derselben in einen etwaigen Personennamen geradezu bedenklich erscheint.
Ist aber dieser Cistophor, wie ich nicht zweifle, von Thyateira, so ge-
hören dieser Stadt auch die übrigen gleichartigen Münzen der Taf. IV,
2—4. Was diese von Nr. 1 einzig unterscheidet und einfach zu Varie-
täten stempelt, ist der Wegfall der Initialen des Stadtnamens, welche
durch ein neues Symbol, das zweite Köpfchen, ersetzt sind, der Wechsel
des Zeichens B in A, und das Vorkommen der unter dem Typus ange-
brachten Magistratsnamen ’Aror... und Zrge....
Für die auf den vier Varietäten constant vorkommenden Buch-
staben BA. EY ist wohl keine andere Erklärung zulässig als Aacırews
Eöuevous. Weil Name und Titel eines pergamenischen Dynasten auf Cisto-
phoren sonst nicht nachzuweisen sind, so mag es befremden, dals solche
gerade auf den wenigen bekannten thyateirenischen Stücken vorkommen.
Die Veranlassung zu dieser vorübergehenden Erscheinung ist gänzlich un-
bekannt, aber die Thatsache existirt, und Conjeeturen zu deren Erklärung
aufzustellen, ist hier wohl überflüssig.
Die regelmälsig unter die Aufschrift BA. EY gesetzten Buchstaben
B und A bezeichnen höchst wahrscheinlich Daten. Entweder sind damit
das zweite und vierte Regierungsjahr des Eumenes, 196 und 194, oder
aber das zweite und vierte Jahr des vergröfserten pergamenischen Reiches
seit 189 gemeint, vermuthlich aber die letzteren, 188 und 186, da Thya-
teira bis 190 in Abhängigkeit von den Seleukiden geblieben zu sein
scheint, und folglich erst nach diesem Zeitpunkte in der Lage war, Cisto-
phoren mit des Eumenes Namen zu prägen.
Wenn nun, wie dies wenigstens mit annähernder Gewilsheit be-
hauptet werden kann, die Prägezeit der Cistophoren des Eumenes in die
ersten Jahre nach 190 fällt, so folgt aus der Vergleichung des Stiles
dieser Cistophoren (Tafel IV, 1—4) mit demjenigen gewisser pergame-
nischer, ephesischer und anderer Stücke (z. B. Tafel IV, 5, 6, 9 und 10),
dals jene nicht zu den ältesten der Gattung gehören, und dafs folglich
verschiedene Städte, vor allen Ephesos, solche Münzen bereits geprägt
hatten, bevor sie dem pergamenischen Reiche einverleibt
waren.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 33
Diese Erkenntnifs, welche ich hauptsächlich einigen mir freundlichst
mitgetheilten Beobachtungen des Herrn Six verdanke, versetzt uns aber
auf einen vollkommen neuen Standpunkt zur Beurtheilung der Entstehung
der Cistophorenprägung. Ist diese nämlich vor das Jahr 190 zu setzen,
so bleibt es keineswegs mehr selbstverständlich, dafs die neue Münze zu-
erst von Pergamon ausgegangen; es kann dies eben so gut von Ephesos
aus geschehen sein. Diese Möglichkeit gestaltet sich sogar zur Wahr-
scheinlichkeit, so bald man das Münzwesen der beiden genannten Städte
in Betracht zieht. Während dasjenige von Pergamon nicht den geringsten
Anhaltspunkt zur Erklärung der plötzlichen Einführung der neuen Wäh-
rung bietet, trifft man in Ephesos, während der Periode von 258— 202,
als die Stadt unter ägyptischer Herrschaft stand, eine reichliche Emission
von Silbermünzen nach rhodischem Fulse, Stücke von ungefähr 6,50 und
3,25 Gr. Gewicht, mit dem Brustbilde der Artemis einerseits, und dem
Vordertheil eines Hirsches anderseits!). Diese Münzen stehen im Ver-
hältnisse zu den Cistophoren wie Hälften und Viertel, und ihre Typen
finden sich zugleich wieder als Beizeichen einiger ephesischer Cisto-
phoren?), welche zu den ältesten zählen, und unbedenklich als gleich-
zeitig mit den jüngeren Artemismünzen gelten, oder, mit anderen Worten,
bis in die Jahre 210—215 hinaufreichen können. Es ist daher anzu-
nehmen, dafs in Ephesos der Ursprung der Cistophorenprägung
zu suchen ist, und die Münze zuerst als Doppelstück der ephesischen
Didrachmen rhodischen Systems aufgetreten, und dieses, nach seinen dio-
nysischen Typen und den übrigen Prägorten zu urtheilen, die Bestimmung
hatte, dem Handel mit dem Binnenlande, vorzüglich mit Lydien und
Phrygien, zu dienen. In rascher Folge, sei es durch Übereinkommen
oder aus eigener Initiative, nahmen Pergamon, Sardeis, Tralleis und Apa-
meia (RA) die neue Währung an; später, nach 190, folgten Thyateira und
Adramyttion, und zuletzt, wie es scheint, erst unter den Römern, Smyrna,
Nysa, Taba und Laodikeia, sowie Kreta?). Ein Hinweis, dafs in Pergamon
die Cistophorenprägung schon unter Attalos I eingeführt war, scheint auch
1) Head, Coins of Ephesus, S. 48 —54, Period IX.
2) Vgl. Taf. IV,5 und 6, und Num. Chronicle 1883, Taf. X, 2.
3) S. meine „Monnaies greeques“ S. 210,1.
Philos.-histor. Cl. 1884. Abh. III.
or
34 ImHoor-BLUMER:
in den beiden Stücken des Verzeichnisses, D, zu liegen, welche Epheu-
blatt und Weintraube als Beizeichen führen, d. h. die üblichen Symbole
der Philetairosmünzen bis zum Schlusse des 3ten Jahrhunderts.
Mit diesem Resultate unserer Untersuchung fallen aber auch die
wiederholt geäufserten Bedenken gegen die Zeugnisse des Livius, welcher
in seinen Triumphalberichten von 190 und 189, ausdrücklich und mit
Angabe der einzelnen Summen, von über 960000 eingebrachten Cisto-
phoren spricht!). Die Aussagen des Historikers lauten zu bestimmt, als
dals angenommen werden dürfte, es handle sich hier einfach um Summen
asiatischen Geldes, welche Livius in die Cistophorenwährung zu übersetzen
für passend gefunden habe. Man hat sich hier im Gegentheil wirkliche
Cistophoren vorzustellen, welche vor 190, während eines Zeitraumes von
zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren und wahrscheinlich in fünf ver-
schiedenen Städten Klein-Asiens, geschlagen, und in der Folge in Rom
wohl in Denare umgepräst worden sind.
Die ansehnliche Reihe der Tetradrachmen mit Attalidentypen,
welche Eumenes II zuzuschreiben sind (A, VI des Verzeichnisses), zerfällt
in verschiedene kleine Serien, deren jede durch ein stehendes Symbol mit
daneben wechselnden Monogrammen gekennzeichnet ist, und denen wie-
derum ganz ähnliche Serien unter den sogenannten Alexandertetradrach-
men 0, IV, entsprechen. Verschiedene Monogramme, wie A, Al und M?)
wiederholen sich regelmäfsig in einigen dieser Gruppen, offenbar stets die
nämliche Person bezeichnend; so viel indessen aus dem überlieferten
Material hervorgeht, geschieht dies nie mehr als dreimal. Da nicht an-
zunehmen ist, dafs einzelne dieser Beamten zugleich an verschiedenen
Prägstätten des Reiches functionirten, so dürfte aus jener Thatsache ge-
1) Livius, XXXVII, 46, 58, 59 und XXXIX, 7. Vel. Pinder, 1. e., S. 553;
Mommsen l. c., und Bunbury, Nun. Chroniele 1883, S. 196 — 198.
2) Die so oft vorgeschlagene und acceptirte Erklärung des Monogrammes El, als
dasjenige des Königs Eumenes, erweist sich wegen der anderen, unter denselben Um-
ständen vorkommenden Monogramme als durchaus unhaltbar. Es ist auch nicht wahr-
scheinlich, dafs es den Eumenes als Magistraten erwvunos bezeichnen sollte.
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 35
schlossen werden, dals sie pergamenische Magistrate, vielleicht Priester
der Athene Nikephoros, waren, welche entweder während einer Amts-
dauer, — deren Frist sich durch einmalige Wahl oder consecutive Wie-
derwahl bis auf drei Jahre oder länger erstrecken konnte, — ihre jewei-
lisen Emissionen durch ein neues Symhol bezeichnet, oder aber nach
Verflufs von einigen Jahren, als ein neues Symbol an der Tagesordnung
war, eine weitere Amtsdauer angetreten hatten. Dafs übrigens die auf
den Tetradrachmen vorkommenden Beizeichen Palmzweig, Füllhorn,
Eule, Stern, Keule, Thyrsos und Fackel Symbole der pergamenischen
Prägstätte und keineswegs solche verschiedener Städte waren, beweisen
nicht nur die Beizeichen der pergamenischen Cistophoren, sondern in be-
sonders überzeugender Weise die Typen der mit PIAETAIPoY und theils
auch mit dem Stadtnamen bezeichneten pergamenischen Kupferprägungen
A, ß, No. 50—64.
Der Umstand, dafs die auf den Tetradrachmen beiderlei Gattung
häufig erscheinende Biene auf den bis jetzt bekannten Cistophoren von
Pergamon fehlt, und dafs es unter den Tetradrachmen mit den Philetairos-
typen und der Biene solche von etwas ungewöhnlicher Fabrik, wie z. B.
die Varietät auf Tafel II, 16, giebt, scheint Head veranlalst zu haben, die
Prägung der Münzen mit der Biene, A, VI, 24—32, Ephesos zuzuschrei-
ben!). Diese Annahme war damals nahe liegend und begreiflich; allein
ich zweifle nicht, dafs der eben so gelehrte als vorsichtige englische Nu-
mismatiker heute nicht mehr auf seiner Meinung beharren wird. Nach
ihren Monogrammen und dem Typus der Kupfermünze No. 62 zu schlie-
(sen, sind auch die Philetairosmünzen mit der Biene pergamenische Prä-
gungen, und es steht zu erwarten, dafs man mit der Zeit auch noch
Cistophoren gleichen Ursprungs mit dem nämlichen Symbole zum Vor-
schein kommen sehen wird.
Von der VI. und letzten Gruppe der Tetradrachmen mit dem
Philetairoskopfe, welche ich Attalos II (159— 138) zuzuschreiben geneigt
bin, ist nur zu sagen, dafs ihre Symbole ebenfalls auf ohne Zweifel
gröfstentheils gleichzeitigen Alexandertetradrachmen und Cistophoren zu
treffen sind. Hier sind es Thyrsos, Tropaiongestell und Fackel,
1) Coins of Ephesus, S. 60 und 61.
Bj
36 ImMHO0orF-BLUMER:
welche die einzelnen Monogrammserien bilden. Die Münzen selbst sind
bedeutend breiter geworden, und zeugen von der zunehmenden Ver-
flachung der Technik.
Attalos III (138— 133), der letzte König der pergamenischen
Dynastie, machte sich mit Regierungsangelegenheiten Nichts mehr zu
schaffen und testirte den Römern sein Reich. Aus seiner Zeit scheinen
auch keine Tetradrachmen mehr herzurühren, und es ist zu vermuthen,
dafs damals schon Pergamon seine Prägungen auf Cistophoren und Kupfer-
geld beschränkt hatte.
Nach v. Prokesch-Osten’s Meinung würde den Schlufs der Atta-
lidenprägung das Tetradrachmon No. 49 (Tafel IIL, 23) bilden, welches der
ehemalige Besitzer zuerst Attalos III, nachträglich aber dem Prätendenten
Arıstonikos (133 —130) zuschrieb. Das Stück ist subaerat, und dessen
Typen sind rohe Nachahmungen des gehörnten Alexanderkopfes der Lysi-
machosmünzen und der Athenefisur der Philetairosmünzen A, I—UI.
Auch das Symbol der letzteren, das Epheublatt, ist hier, aber doppelt,
angebracht. Ebenso erinnert an die Münzen des dritten Jahrhunderts der
Charakter der Schrift und der Durchmesser des Stückes, welcher keines-
wegs der nach der Zeit des Eumenes II üblich gewordenen Tetradrachmen-
grölse entspricht. Es ist daher die Richtigkeit der vorgeschlagenen Attri-
bution im höchsten Grade zu bezweifeln. Nach meinem Dafürhalten ist
die Münze nichts anderes als eine barbarısche Nachahmung, wie
solche, nach dem Vorbilde anderer weit und zahlreich verbreiteter Ge-
präge, schon vielfach, und zwar vornehmlich in Thrake und nördlicher,
zu Tage getreten sind.
Um mit der Besprechung der einzelnen Silberprägungen abschliefsen
zu können, ist noch eines Tetradrachmons des Eumenes II (B, Nr. 81,
Tafel III, 18) zu gedenken, welches Head, auf die Übereinstimmung des
Kehrseitebildes hin, der Prägstätte von Syros zuweist. Es ist dies die
einzige Münze, welche das Portrait eines pergamenischen Königs und
dieses mit dem einfachen Diadem zeigt. Leider lassen sowohl Stil als
Erhaltung dieses Unicums manches zu wünschen übrig; es leistet aber
dennoch neuerdings den Beweis für die Richtiskeit der Annahme, dafs
der seit Eumenes I den pergamenischen Tetradrachmen eigene Portrait-
typus den Gründer der Dynastie, Philetairos, darstellt, und zeigt zugleich,
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 37
dals Ausnahmen von diesem Gepräge nur aulserhalb von Pergamon haben
stattfinden können.
Es bleibt nun noch die Frage zu prüfen, warum, seitdem Attalos I
das Diadem genommen, er und seine Nachfolger nicht je das eigene Por-
trait und den eigenen Namen auf ihre Münzen gesetzt haben, wie dies
seitens der Seleukiden, makedonischer, bithynischer, pontischer und
anderer zeitgenössischer Könige der Fall gewesen ist. Es ist mir nicht
bekannt, dals man sich jemals mit dieser Frage eingehender befalst hat,
und doch scheinen ihrer Beantwortung keine besonderen Schwierigkeiten
entgegenzustehen.
Der durchaus einförmigen Prägung der Attalidentetradrachmen mit
ihrer constanten Aufschrift ®IAETAIPoY!), liest offenbar dieselbe Idee
zu Grunde, wie derjenigen der Alexander-, der Ptolomäer- und der Lysi-
machosmünzen, mit welch’ letzteren jene auch bezüglich Wahl der Typen
(vergötterter Kopf und sitzende Pallas) die gröfseste Ähnlichkeit haben.
Wie es alle diese Münzsorten waren, so sollten auch die Philetairosmünzen
zu einer weithin accreditirten Verkehrsmünze gestempelt werden; und um
ihnen in diesem Sinne Geltung und Verbreitung zu verschaffen und zu
bewahren, durften die einmal angenommenen Typen und Aufschrift keinem
Wechsel unterworfen werden. Daher das consequente Festhalten des
Portraits des Gründers der Dynastie und dessen Namens, und daher auch
die Beibehaltung der Währung und des bis zum Schlusse der Prägung
sleichmälsigen guten Gewichtes.
Ob den Anstols zu dieser Idee schon Eumenes I gegeben, steht
dahin: sicher scheint nur, dafs sie von seinen Nachfolgern ausgeführt und
unentwegt festgehalten worden ist. Zieht man den Charakter der übrigen
von den Attaliden und den grölseren Städten ihres Reiches vorgenom-
menen Prägungen, die zahlreichen Tetradrachmen mit Alexandertypen
und die zugleich eingeführten Cistophoren in Betracht, so gewahrt man
überall das nämliche System, das Münzwesen nicht nur für die Bedürfnisse
1) Dals Direrougos der ständige Beiname aller Attaliden gewesen sei, wie
F. Hultsch, Griech. und röm. Metrologie 18832, S. 567, annimmt, ist nicht zu beweisen.
38 ImHoorF-BLuUMER:
des eigenen Staates, sondern auch für den weiteren Verkehr einzurichten,
was nur durch Münzsorten mit ständigen und daher überall bekannten
und beliebten Typen und Aufschriften, und durch vollwichtige Ausprägung
erreicht werden konnte. Diese Bedingungen erfüllten in vollem Mafse
und während der ganzen Dauer der Attalidenherrschaft die Tetradrachmen
mit dem Philetairoskopfe, deren Eigenschaft als Verkehrsmünze auch durch
das gänzliche Fehlen silberner Theilmünzen bestätigt wird. Dieser
Erscheinung entsprechend hatte ebenso, vom Ende des dritten Jahrhun-
derts an, die Drachmenprägung mit Alexandertypen beinahe ganz, die-
jenige mit Lysimachostypen schon früher vollständig aufgehört. Auch die
Fractionen der Cistophoren und Ptolomäermünzen blieben selten. Es
scheint demnach die Emission kleinen Silbergeldes vorwiegend den Städten
überlassen gewesen zu sein, hier z. B. vorzüglich Ephesos, welches nach
202 massenhaft Drachmen nach der Alexanderwährung, aber mit eigenen
Typen, prägte und in Umlauf setzte. Daneben cursirten in grofser Menge
die rhodischen und andere nach diesem Fulse gemünzte Drachmen.
Die einzigen Prägungen, welche, neben den Tetradrachmen, den
Namen des Philetairos führen, sind kleine Kupfermünzen (A, £, No. 50
— 80 des Verzeichnisses), von denen ich wiederholt schon zu bemerken
die Gelegenheit hatte, dafs die Mehrzahl ihrer Typen auf gleichzeitige
Tetradrachmen, als Beizeichen, herübergenommen wurden. Die ältesten
dieser Bronzen sind unzweifelhaft diejenigen mit Bogen und Epheublatt,
und mögen etwa bis zur Wende des dritten zum zweiten Jahrhundert
reichen. Eumenes II gehören die Stücke mit Dreifufs, Biene und
Stern, und Attalos II vielleicht die übrigen. Alle diese Münzen sind
pergamenischen Ursprungs, scheinbar bis auf eine Ausnahme, Nr. 78;
denn eine dieser bis in alle Einzelheiten ähnliche Bronze, Nr. 79, welche
ich vor mehreren Jahren bei Herrn Lambros in Athen gesehen, trägt an
der Stelle des Namens ®IAETAIPoY die Aufschrift AITINH. Nun ist be-
kannt, dafs im Jahre 211 Aisina von den Aitolern an Attalos für 30 Ta-
lente verkauft worden war, und dafs die Insel, bis zur Niederlage des
Die Münzen der Dynastie von Pergamon. 39
Aristonikos (130) Besitzthum des pergamenischen Fürstenhauses verblieb!).
Durch die Identität der Typen und Fabrik ist auch die Gleichzeitigkeit
der beiden Bronzen Nr. 78 und 79 gesichert, und es frägt sich nur noch,
ob diese Münzen aiginetisch sind, oder ob umgekehrt in Pergamon Kupfer-
geld für die königliche Domäne Aigina geprägt worden. Herr Six ist,
wohl mit Recht, der letzteren Ansicht, weil, wie er bemerkt, die aigine-
tischen Unterthanen oder der pergamenische Verwalter der Insel, wenn
sie Münzen im Namen ihres Herrn hätten prägen wollen und können, ge-
wils eigene Typen und, als Aufschrift, den Namen des regierenden Königs,
z. B. Attalos Philadelphos, verwendet hätten, und nicht denjenigen des
Philetairos und pergamenische Typen. Diese Meinung ist um so begrün-
deter, als durch das der Insel Syros zugeschriebene Tetradrachmon des
Eumenes II (B, 81) wirklich ein Beispiel erhalten ist, dafs aufserhalb Per-
gamons geprägtes königliches Geld den Namen des regierenden Fürsten
und die Typen der Münzstätte zu tragen pfleste. Die Bronze No. 79
kann daher ohne Bedenken als pergamenische Prägung gelten, welche für
die aiginetischen Unterthanen, denen ein Münzrecht nicht zukommen
konnte, bestimmt war.
1) Polybios XXIII, S, 10; Rangabe, Ant. hellen. II, 688, S. 262— 266;
Lacroix, Iles de la Grece, S. 511 — 512.
40 Imuoor-Buumer: Die Münzen der Dynastie von Pergamon.
Inhalt.
Seite
Verzeichnils der Münzen . . Abt or en?
A. Die Münzen mit der Aufschrift SINETAIPOY.
)Betradrachmen ll VIE >
6) Kupfermünzen . . ; rk AURERERE DSRKDREERO
B. Münzen mit Namen und Titel des inigned I.
I. Tetradrachmon . . EB sad Ne Bu Be al
II. Cistophoren von Ale ag: 5 5 re, les
C. Pergamenische Prägungen mit dem Ne Mi ae Grolsen und seiner
Nachfolger.
I. Mit Typen und Aufschriften des Lysimachos . . . 2. 2. ..2..2...15
II. Mit Alexandertypen und Aufschrift des Seleukos. . . . .... 15
II. Mit Alexandertypen und A im Felde. . . . 2. 2. .2.2.....16
IV. Mit Alexandertypen . . . LEN PITIECRRAN RNIT TEN MPN DEN REED
D. Pergamenische Cistophoren, ältere Reihe Bl RE OT
Binlextungen 2 En Ep ie safe era Sri ae
Typen, Beizeichen und Stil der een N eo NE
Der Portraitkopf des vergötterten Seleukos . . . » 2» 2 2 2 2 2 nn. 0. 21
Der Portraitkopf des vergötterten Philetairos. . . . 2 2 2 2 nn nn 20.23
Paenie, #BorbeerkranzundDiademi. Se I RE
BräsunsenWdes@Bhiletanosy en. 2. rear Las aler Er BE BEE Er EB RE
Eräsungenndes@Hrmenesulssre Bu Sn SEE
BräsungenndeswpAttalo Ss Ta ee Er BE Be
Mast Zeichen Va a, un le N ee RE RER DE OT OR ER
Prägungen desBumenesull lan. Mae nenne en ren er, SS
Über die Cistophoren und ihr Alter. . . an ‚28
Die Cistophoren von Thyateira, mit Name und Titel 2 ns 1. Sb
Ursprung der Cistophorenprägung in Ephesos . . . . es an 88
Symbole und Monogramme der verschiedenen Marepeskungen des Eumenes II. . . 34
Bräsunzenndes@Attalos Il eu Ve ee ee BA
Angebliches Tetradrachmon des Aristonikos . » 2» 2 2 2 2 2 m nn nn. 86
Tetradrachmon des Eumenes II, in Syros geprägt . » » . 2 2 2 2 2 2000.86
Charakter und Zweck der Silberprägungen der Attaliden. . . 2. 2 2 2... 84
Dies kKuprferminzenkder Attalidenier NE Be
Eine Bronzemünze für die königliche Domaine Aigina . » 2 2. 2 2.2 2.2.88
K.Freuss. Akad. d. Wissensch. Phil. _hist. (1. 1884. Tat. 1.
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17
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IMHO OF- BLUMER : MÜNZEN DER DYNASTIE VON PERGAMON.
‚Silbermünzen des Antiochos Soter ( 1) ‚des Philetairos ( 2-5), des Eumenes I (6, 2):
des Attalos I (8,9), des Eumenes I (70-73).
Fhototypie de Brunner & C'*a Winterthur.
K.Freuss. Akad. d. Wissensch. Phil. hist. (1. 1884. Taf. IT.
IMHOOF- BLUMER : MÜNZEN DER DYNASTIE VON PERGAMON.
Silbermünzen des Eumenes I (14_20), des Aitalos U [ 21_ 24).
Phototypie de Brunner & Ci? Winterthur.
Phil. _hist. (1.1884. Taf. IM.
IMHOOF- BLUMER : MÜNZEN DER DYNASTIE .‚VON PER GAMON.
Silbermünzen des Attalos IH (1), des Eumenes H (18 ), des Seleukos 1 (19_21),
_ mut Alexandertypen (22), barb. Imilation (23) ; Kupfermüänzen der Attaliden (2-17).
Ehototypie de Brunner & G'* Winterthur
K. Freuss. Akad. d. Wissensch,
Phil. _hist. Cl. 1884. Taf IV.
Js
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nr ALSTTRE
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IMHOOF- BLUMER : MÜNZEN DER DYNASTIE VON PERGAMON.
Gstopkoren von Thyateira (1-4), Ephesos (5-8), Fergamon (9-72).
Phototypie de Brunner & Ca Winterthur
ANHANG ZU DEN
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
| ZU BERLIN.
ABHANDLUNGEN NICHT ZUR AKADEMIE GEHÖRIGER GELEHRTER.
AUS DEM JAHRE
1884.
BERLIN.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
1885.
BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. voGT).
nandi, töimoR.
| ‚HOSRREALT AHG, IMHCLA
u ARTE UN
E>
WIR IRBTÖHRE KATH. 0A SUR DOM Koma
AL MN
+
Inhalt.
Physikalische Abhandlungen.
KRABBE: Über das Wachsthum des Verdickungsringes und der jun-
gen Holzzellen in seiner Abhängigkeit von Druckwirkun-
gen. (Mit 2 Tafeln) . . . ee: . . Abh. I. S. 1—83.
STuDer: Verzeichnils der während der Böse 8. M. S. Gazelle um
die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden.
Donate a en se, fa ir De I
Philosophisch-historische Abhandlungen.
FREUDENTHAL: Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexan-
dergprae - re de. Abh.21.,S: 1—134.
Boun: Der Tempel des Eilonyaok zu Pereampn eh, ea
s egal made nüskjäghigd Se
: san ob br gahirgnhnaT, ah mndiöian a wet: a
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PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN.
>
NHORIHAHEA
Über das Wachsthum des Verdickungsringes und der
jungen Holzzellen in seiner Abhängigkeit von
Druckwirkungen.
Von
Dr. G. KRABBE
in Berlin.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 1
Vorgelegt in der Gesammtsitzung am 12. Juni 1884.
Einleitung.
E; gehört ohne Zweifel zu den seltenen Erscheinungen, dafs in
irgend einer Wissenschaft eine so schwach begründete Lehre allgemein
und ohne Kritik anerkannt wurde, wie in der Botanik die von Sachs!)
angebahnte und von H. de Vries?) weiter ausgeführte Lehre von den
Ursachen der Jahrringbildung. Und nicht blos dies, diese von Änderun-
gen der Rindenspannung ausgehende Lehre wurde sogleich zur Erklärung
der verschiedenartigsten Erscheinungen im Diekenwachsthum unserer Holz-
gewächse herangezogen. So heilst es, um nur einen Fall herauszugreifen,
bei R. Hartig?) von den nach Verletzungen der Rinde auftretenden
Wachsthumserscheinungen: „Der Überwallungsprozefs geht aus von dem
Weichbaste und dem Bildungsgewebe, dem Cambium des Wundrandes und
erklärt sich rein mechanisch aus der Verminderung des Rindendruckes
auf dieses Gewebe.“ Eine so unumwundene*und anstandslose Anerken-
nung der Lehre von der Jahrringbildung mufs um so mehr auffallen, als
1) Sachs, Lehrbuch der Botanik, 1. Aufl. 1868 und 4. Aufl. 1874.
2) H. de Vries, De l’influence de la pression du liber sur la structure des
couches ligneuses annuelles. Extrait des Archives Neerlandaises, P. XI, 1876.
3) R. Hartig, Lehrbuch der Baumkrankheiten, p. 135. Berlin 1382.
. L=
4 Kraspe: Über das Wachsthum
es — die Richtigkeit der beobachteten Thatsachen vollständig zugegeben
— keiner neuen Untersuchungen bedarf, um die Schlufsfolgerungen von
H. de Vries als bedenklich, ja als unzulässig nachzuweisen. Und obgleich
ich bereits früher auf empirischem Wege!) die bisherige Anschauung von
der Bedeutung der Rindenspannung für das Diekenwachsthum der Holz-
gewächse widerlegt zu haben glaube und später noch weitere diesbezüg-
liche Thatsachen beibringen werde, halte ich es doch nicht für überflüssig,
das Hauptmoment aus der bekannten Arbeit von H. de Vries noch mit
einigen Worten nach der rein logischen Seite zu berühren.
H. de Vries stützt seine Ansicht von den Ursachen der Jahrring-
bildung im Wesentlichen auf die Thatsache, dafs im Frühling unter
einem durch Ligaturen gesteigerten Rindendruck Herbstholz, und umge-
kehrt im Herbst nach Verminderung des Rindendruckes infolge von Rin-
deneinschnitten Frühlingsholz zur Ausbildung gelangt. Aus diesen Be-
obachtungen wird gefolgert: erstens eine Steigerung des Rindendruckes
im Laufe einer Vegetationsperiode, zweitens, dals diese Drucksteigerung
die Erzeugung von Herbstholz und somit die Entstehung eines Jahrringes
bedinge. Diese Folgerungen sind aber, wie eine unbefangene Prüfung er-
geben mufs, nicht so ohne Weiteres aus den beobachteten Thatsachen
abzuleiten.
Gehen wir einmal mit dem Autor von der Voraussetzung aus, die
Ausbildung eines Jahrringes, in erster Linie also das Kleinerwerden der
Holzelemente gegen den Herbst hin, sei der Hauptsache nach das alleinige
Resultat eimer allmählisen Drucksteigerung, dann sind doch in diesem
Falle zwei Faktoren in Betracht zu ziehen, einmal der Rindendruck und
dann die beim Wachsthum des Cambiumringes und der jungen Holzzellen
sich äuflsernde Kraft, die dem Rindendruck gegenüber als Gegendruck zur
Geltung kommt. So lange über diese beiden Faktoren, über den Rinden-
druck einerseits und den cAmbialen Gegendruck andererseits nichts Ge-
naueres bekannt ist, kann auf Grund der von H. de Vries gemachten
Beobachtungen hinsichtlich der bedingenden Ursachen der Jahrringbildung
1) Über die Beziehungen der Rindenspannung zur Bildung der Jahrringe und
zur Ablenkung der Markstrahlen; Sitzungsberichte der kgl. preuss. Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin, LI. 1882.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 5
gar nichts gefolgert werden. Denn mit demselben Rechte, mit dem von
H. de Vries eine Rindendrucksteigerung angenommen wird, kann man
von einer allmähligen Abnahme des cambialen Druckes ausgehen. Beträgt
z. B. die beim Wachsthum des Verdiekungsringes zur Geltung kommende
Kraft im Frühling 8 Atmosphären gegenüber einem Rindendruck von
4 Atmosphären, im Herbst dagegen 5 Atmosphären bei unverändertem
Rindendruck, dann kann der Verdickungsring im Frühling mit einem
Überdruck von 4, im Herbst von nur 1 Atmosphäre wachsen. Nun kann,
wie leicht einzusehen ist, dieses Verhältnifs durch Ligaturen im Frühling
und durch Rindeneinschnitte im Herbst leicht in das Gegentheil verkehrt
werden. Läfst man in unserem Falle vermittelst Ligaturen im Frühling
eine Steigerung des Rindendruckes von 4 auf 7 Atmosphären, im Herbst
dagegen durch Rindeneinschnitte eine Verminderung von 4 auf 1 Atmo-
sphäre eintreten, dann ist der Verdiekungsring im Beginne der Vegetations-
periode mit nur 1, am Schluls dagegen mit 4 Atmosphären Überdruck zu
wachsen im Stande. Das ist aber das gerade Gegentheil von den in
Wirklichkeit bestehenden Verhältnissen; es muls nach den Voraussetzungen
H. de Vries’ unter diesen Umständen nothwendig im Frühling Herbst-
holz, und umgekehrt im Herbst Frühlingsholz zur Ausbildung gelangen.
Es würde aber nach dem Vorstehenden der aus diesen Beobachtungen
gemachte Schlufls auf eine in Wirklichkeit stattfindende Rindendrucksteige-
rung während der Vegetationsperiode völlig falsch sein. Und das Will-
kürliche der H. de Vries’schen Folgerungen liest eben darin, dafs sie
gemacht wurden, ohne dafs irgend welche positive Kenntnisse über die
Rindenspannungsverhältnisse und die Gröfse der Wachsthumskraft des
Verdiekungsringes vorhanden waren.
Nach diesen Vorbemerkungen gehe ich dazu über, die Aufgaben
kurz zu fixiren, die im Folgenden behandelt werden sollen. — Nachdem
ich mich über die Rindenspannungsverhältnisse unserer Bäume hinreichend
orientirt hatte, drängte sich in erster Linie die Frage auf: Wie grols ist
die beim Wachsthum des Cambiumringes und der jungen Holzzellen sich
äulsernde Kraft?
Ferner war es mein Bestreben, dahin zu gelangen, eine allmählige,
zahlenmälsig genau festzustellende Rindendrucksteigerung vornehmen zu
können, um so einen tieferen Einblick in das Wachsthum des Verdickungs-
6 KraBBE: Über das Wachsthum
ringes hinsichtlich seiner Abhängigkeit von Druckwirkungen zu gewinnen.
Je nach dem so erhaltenen Resultat konnte dann mit Sicherheit beurtheilt
werden, ob überhaupt ein Einflufs des normalen Rindendruckes auf das
Dickenwachsthum des Holzkörpers anzunehmen ist und welcher Art im
Falle der Bejahung dieser Einfluls sein mufls. Dals die Excentrieität des
Holzkörpers, sowie die Jahrringbildung vom Rindendruck unabhängig ist,
steht bereits fest.
Was die erwähnte Steigerung des Rindendruckes betrifft, so ist es
leicht, einen Apparat zu construiren, der es möglich macht, das Dicken-
wachsthum der Holzkörper unter einem beliebig hohen Druck vor sich
gehen zu lassen.
Weiterhin war es mein Bestreben, die bezüglich der Rindenspan-
nung bereits früher gewonnenen Resultate noch durch weitere Messungen
zu vervollständigen, mit besonderer Berücksichtigung der Fragen nach
den individuellen Schwankungen des Rindendruckes, sowie nach den Än-
derungen desselben im Laufe einer Vegetationsperiode.
Was nun die Ausführung dieser Aufgaben betrifft, so ist dieselbe
mit eigenthümlichen und zwar nicht unerheblichen Schwierigkeiten ver-
bunden. Fragen, wie die hier gestellten, können nicht in emem Labo-
ratorium, auch nicht in einem botanischen Garten gelöst werden; es
sind dazu Waldungen erforderlich, in denen man in Bezug auf das Ma-
terial nicht so leicht in Verlegenheit kommt. Der Königl. Preussischen
Akademie der Wissenschafteu zu Berlin bin ich daher zu srofsem Dank
verpflichtet, dafs sie mich durch eine Unterstützung in den Stand gesetzt
hat, die betreffenden Untersuchungen in einer hierfür günstigen Gegend
durchzuführen.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 7
I.
Weitere Untersuchungen über die Rindenspannungs-
verhältnisse unserer Hölzer.
Zur Feststellung der Rindenspannungsintensität verschiedener Ob-
jecte wurden Messungen nach den bereits früher dargelegten Metho-
den!) ausgeführt. Nur ist die zweite etwas umständliche Methode, nach
welcher ein Rindenstreifen über eine kreisrunde Scheibe unter möglichster
Vermeidung der Reibung gespannt wird, fast vollständig vermieden wor-
den, indem ich mich vorwiegend an solche Objecte bielt, deren Rinde
wegen ihrer Geschmeidigkeit ohne irgend nennenswerthen Kraftaufwand
gerade gezogen werden kann. Unter derartigen günstigen Organen sind
vor allem die Coniferenstämme und unter diesen diejenigen von Pinus
Strobus hervorzuheben. Von solchen Bäumen werden in der Querrich-
tung abgelöste Rindenstreifen nach vorheriger genauer Feststellung ihrer
Contraetionsgröfse mit dem einen Ende, wie früher, in einer gut gearbei-
teten Klemmschraube befestigt, während man das andere Ende mit einer
federnden Zange falst. An dieser werden bis zur Ausgleichung der Con-
traetionsgrölse Gewichte angehängt, durch welche dann direkt die Gröfse
der Spannungsintensität eines solchen Streifens gegeben ist. Eine in dieser
Weise ausgeführte Messung ist nun in sofern nicht ganz fehlerfrei, als die
eingeklemmten Enden eines Rindenstreifens keine Berücksichtigung finden.
Allein es kann dieser Umstand die Sicherheit des Resultats kaum beein-
trächtigen, denn einmal kehrt derselbe Fehler in allen Versuchen wieder,
und dann können bei einem Streifen von 100 bis 150 mm Länge (von
dieser Länge wurden die Rindenstreifen in den meisten Fällen genommen)
die auf die beiden eingeklemmten Enden kommenden 8 bis 12 mm über-
haupt keine nennentswerthe Rolle spielen. Viel bedeutungsvoller können
dagegen unter Umständen andere Momente werden. Vor allen Dingen
mufs nach jedem zur Ausgleichung der Contraction angestellten Versuche
die Probe gemacht werden, ob nach Entfernung der Gewichte der Rinden-
streifen auch wiederum vollkommen auf seine frühere Länge zurückgeht.
1) 1. ec. 7 (1099).
8 Krasse: Über das Wachsthum
Da die Spannung, welche die Rinde unter natürlichen Verhältnissen, also
am Baume, besitzt, innerhalb der Elasticitätsgrenze liest, so ist dort, wo
nach einer Messung eine bleibende Verlängerung zu constatiren ist, mit
ziemlicher Gewilsheit anzunehmen, dafs entweder der gemessene Rinden-
streifen irgendwie schadhaft ist oder dafs die Klemmschrauben während
des Versuches nachgelassen haben. Obwohl nun derartige Fehler bei
einiger Vorsicht leicht zu vermeiden sind, so empfiehlt es sich doch, zur
Feststellung der Rindenspannungsintensität an einer Region eines Baumes
oder Astes stets mehrere Messungen auszuführen; denn es ergeben aus
derselben Gegend eines Objectes entnommene Rindenstreifen von gleicher
Breite nicht immer dieselben Werthe, wenn sich auch diese Differenzen
innerhalb enger Grenzen bewegen. Wo sich daher im Folgenden die
Gröfse der Rindenspannung irgend eines Organes zahlenmälsig angegeben
findet, da ist dieser Werth stets erst auf Grund mehrerer Messungen ge-
wonnen worden. Von einer tabellarischen Übersicht dieser Messungen,
wie sie früher gegeben wurde, nehme ich diesmal Abstand. Nur um auch
hier kurz darüber zu orientiren, in welcher Weise bei den Messungen
verfahren wurde, möge eine der zahlreichen Tabellen hier Platz finden.
Betula alba.
|
A en: Con- N
Nr. Dicke | Breite | Länge . _ | Gewicht Bemerkungen
traction
Umfang des Baumes an der
Eh DR Jo SE Sn gemessenen Stelle—= 55 etm. Ra-
1 0,75 15 120 1,75 6000 dialer Rindendruck pro Dmm —=
2 n 2) 2) 2) 6400 5 Gramm. Die nebenstehenden
3 » n n » 6500 Zahlenwerthe haben nur für das
4 n . n . 6300 Periderm der Rinde Gültigkeit.
6) Rn 5 n " 6300 Dieses Periderm konnte 1 mm
6 R MER: 5 R 6000 über die Contractionsgrölse inner-
halb der Elastieitätsgrenze ge-
Mittel | 6250 dehnt werden; das hierzu erfor-
derliche Gewicht betrug für den
15 mm breiten Streifen 11 Kilo.
Contraction — 1,5 %,,
Spannung eines Imm breiten Streifens — 417 Gr.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen_ete. 9
In einer derartigen Tabelle sind im Wesentlichen alle Momente
enthalten, die zur Beurtheilung der Rindenspannungsverhältnisse einer be-
stimmten Region irgend eines Objeetes erforderlich sind. Da die Span-
nungsintensität der Rinde in jedem einzelnen Falle durch direkte Messung
festgestellt wird, so ist die Notirung der Rindendicke, wie sie sich in der
vorstehenden Tabelle findet, im Grunde genommen überflüssig; eine ge-
naue Kenntnifs der Rindendicke wird nur dort nothwendig, wo die Tan-
gentialspannung irgend einer Rinde auf die Flächeneinheit zurückgeführt
werden soll. Durch eine Messung lernt man, wie aus vorstehender Ta-
belle hervorgeht, direkt nur die Tangentialspannung der Rinde kennen.
Der bei eylinderförmigen Organen in Bezug auf das Dickenwachsthum
allein in Betracht kommende radiale Rindendruck, welchen der Cambium-
ring während seines Wachsthums zu überwinden hat, ist erst mit Hülfe
des Radius aus der Tangentialspannung zu berechnen und zwar nach der
allgemeinen bereits früher benutzten Formel:
Tangentialspannung
Radius.
Radıialdruck —=
Um zum []mm als Flächeneinheit zu gelangen, ist auch diesmal
der Berechnung des Radialdruckes die Tangentialspannung eines 1 mm
breiten Streifens zu Grunde gelegt. Ferner ist noch zu bemerken, dafs
bei der Angabe der radialen Druckgröfsen in Atmosphären, um die Zahlen
nicht zu complieiren, der Luftdruck auf eine [Jmm Fläche stets zu
10 Gramm angenommen ist. Die Gröfse des Radius ist bekanntlich aus
dem Umfange des Versuchsobjectes leicht zu bestimmen.
Bevor ich indefs zur Mittheilung specieller Daten über die radialen
Druckgröfsen verschiedener Objecte übergehe, halte ich noch einige wei-
tere Angaben betrefis der Ausführung meiner Messungen für nothwendig.
Da mein Bestreben diesmal vorwiegend dahin gerichtet war, weitere An-
haltspunkte über die Änderung der Rindenspannung im Laufe einer Vege-
tationsperiode, sowie über die individuellen Schwankungen derselben zu
gewinnen, so mufsten nicht nur wiederholte Messungen an demselben
ÖObjecte zu verschiedenen Zeiten, sondern auch Messungen an verschiede-
nen Exemplaren derselben Art ausgeführt werden. Selbstverständlich
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 2
10 Kragen: Über das Wachsthum
durften diejenigen Bäume, die auf ihre Rindenspannung zu verschiedenen
Zeiten geprüft werden sollten, nicht abgehauen werden.
Die Messungen selbst wurden direkt im Walde nach jedesmaliger
Ablösung eines Rindenstreifens an einem leicht zu transportirenden Stativ,
wie es bei den Geometern im Gebrauch ist, ausgeführt. Dann wurde
nach jeder Messung irgendwo am Baume ein Zettel mit orientirenden Be-
merkungen befestigt, um einer späteren Verwechslung der verschiedenen
Exemplare einer Baumart vorzubeugen.
Die Führung des Messers genau in der Querrichtung ist an einem
aufrecht stehenden Baume mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Ich
habe mich daher, um hier ganz sicher zu gehen, eines Messingblech-
streifens von etwa 5 ctm Breite und 25 ctm Länge bedient. In diesem
Streifen waren in einem Abstande von genau 15 mm zwei Schlitze von
150 mm Länge eingeschliffen. In den Schlitzen eines solchen, zuvor ge-
nau in der Querrichtung an einem Baume oder Aste befestigten Messing-
blechstreifens konnte dann das Messer sicher geführt werden.
Sämmtliche Untersuchungen wurden, wie ich noch bemerken will,
in der Umgegend Osnabrücks durchgeführt. Der Cambiumring der meisten
Bäume trat in dieser Gegend 1883 erst Ende April in Thätigkeit. Bei
Quercus robur gelang es mir sogar erst Mitte Mai die Rinde abzulösen.
Wie der Beginn des cambialen Wachsthums, so ist auch das Erlöschen
desselben nıcht nur bei den verschiedenen Arten verschieden, sondern
auch bei den verschiedenen Exemplaren derselben Art je nach Standorts-
und sonstigen Verhältnissen variabel. In der Umgesend Osnabrücks fiel
der Schlufs der Vegetationsperiode 1883 ım Allgemeinen auf das Ende
des October.
Um nach diesen allgemeinen Bemerkungen wiederum auf die Re-
sultate der Messungen zurückzukommen, so werde ich nicht nur, wie schon
vorher bemerkt, auf eine tabellarische Übersicht derselben vollständig ver-
zichten, sondern mich auch in der Mittheilung allgemeiner Daten auf das
Allerwesentlichste beschränken. Denn, was die Beantwortung der wich-
tigsten Frage betrifft, ob der jeweilig herrschende Rindendruck auf das
Dickenwachsthum des Holzkörpers von nennenswerthem Einfluls sei, so
haben gerade hier die direkten Messungen der Rindenspannung in sofern
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 11
an Werth verloren, als schon in den ersten Monaten der Vegetations-
periode durch andere später mitzutheilende Versuche eine ganz bestimmte
Antwort auf diese Frage gefunden wurde, dahin lautend, dafs selbst
grölsere Druckschwankungen der Rinde, als sie in Wirklichkeit vorkom-
men, das Wachsthum des Verdickungsringes nicht wesentlich beeinflufsen.
Aus diesem Grunde sind auch, um nicht unnöthig Zeit zu verlieren, an
einigen Bäumen, die zu Beginn der Vegetationsperiode auf ihre Rinden-
spannung untersucht wurden, späterhin die Messungen unterblieben. Auch
sollen nur die am Anfang und am Schlufs der Vegetationsperiode gefun-
denen Werthe Mittheilung finden. In dieser Hinsicht mag für die unter-
suchten Coniferen folgende Tabelle zur Örientirang dienen. Mit den
grofsen lateinischen Buchstaben sind die verschiedeuen Exemplare einer
Baumart bezeichnet, während die römischen Ziffern verschiedene Stellen
eines solchen Exemplars bedeuten.
9*
Über das Wachsthum
=
u
KRABBE
al
= = = = le GL 00F q h
— — —_ _ r 20T gEr V } IN Pa saray
E00. Pr GE OPL UF TE Url q }
10 er ee ert G 38 66T voll, Ge et
_ — — — 8% Sc 067 a |\
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20+ 27 06 087 r 98 egE I
g0— ce 08 91% ü 2 008 V |
T0+ NG 00T 71% 9% 86 80% 1000 )
0=F € 89 IT € 9 e6l I a
01 + °g cr F8% cr er OST I |
90+ 9°8 06 168 g 98 09% II 5
Eu v gg 83% 307 IgG 218 T SNIO.HS SnUng
0 77 G8 20% 9% 68 II II er
70 9°% K, 061 & 89 20% I
T0+ 1% gg 08% 9°% &8 81% II nn |
g0+ 9°E gg 161 gg 1g OLT I j
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sayonıpjeipeyy -[eıpeyy Sumuueds -Jeipeg Sunuueds == 5 & 1ap
sop auıyeu -feıJuoSur ], -Tegussue,g, | ” H 2 = ee j
4 B
Ben IsqıoH Surpynug IE
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 13
Bezüglich der vorstehenden Tabelle ist besonders auf die in der
letzten Columne aufgeführten Zahlenwerthe aufmerksam zu machen. Sie
geben nämlich die Gröfse an, um welche der radiale Rindendruck vom
Frühling bis zum Herbst zu- oder abgenommen hat. Mit dem — Zeichen
vor einer Zahl soll ausgedrückt werden, dafs der Rindendruck im Herbst
um soviel geringer ist, als im Frühling, während das —+- Zeichen natür-
lich die entgegengesetzte Bedeutung hat. Wie man aus dieser letzten
Columne der vorstehenden Tabelle sieht, sind die Änderungen der Rin-
denspannung während der Ablagerung eines Jahrringes ganz unbedeutende;
die erhaltenen Differenzen sind derartig, dafs sie aus etwaigen Fehler-
quellen genügend erklärt werden können. Und selbst wenn die gewon-
nenen Zahlenwerthe den natürlichen Verhältnissen der Rindenspannung
congruent wären, so sind solche Schwankungen doch ohne Bedenken als
belanglos für das Wachsthum des Cambiumringes zu betrachten.
Ich lege auf dieses in der vorstehenden Tabelle zum Ausdruck
kommende Resultat ein ganz besonderes Gewicht, weil die an den Coni-
feren ausgeführten Messungen von gröfseren Fehlern absolut frei sind.
Vor allen Dingen liefert Pinus Strobus, wie ich nochmals hervorheben
möchte, für eine Untersuchung der Rindenspannungsverhältnisse ganz vor-
zügliches Material, nicht nur, weil hier die Rinde eine verhältnifsmälsig
grolse, 4 bis 6 Procent betragende Contraction zeigt und sich durch eine
grolse Geschmeidigkeit auszeichnet, sondern auch, weil sie an Exempla-
ren, die unter günstigen Bedingungen wachsen, bis zu einem ziemlich
hohen Alter ohne jede Veränderung bleibt. Speciell für die vorliegenden
Untersuchungen haben wahre Prachtexemplare zur Verfügung gestanden.
Bezüglich der individuellen Schwankungen der Rindenspannung
enthält die obige Tabelle gleichfalls interessante Zahlenwerthe. Da der
radiale Rindendruck der bis jetzt untersuchten Coniferen eine halbe At-
mosphäre selten übersteigt, so steht von vornherein fest, dafs die aus
der Individualität der Objeete resultirenden Schwankungen des Rinden-
drucks 0,5 Atmosphären nicht überschreiten können. Um nach dieser
Richtung hin eine Orientirung zu gewinnen, dürfen natürlich nur Objecte
oder Stellen solcher von gleicher Dicke in Vergleich gezogen werden.
Die in der Tabelle aufgeführten beiden Exemplare von Pinus sılvestris
haben nahezu gleiche Dicke; die Rindenspannung ist bei beiden fast die-
14 Krasse: Über das Wachsthum
selbe. Auch die an ungefähr gleichdicken Bäumen von Pinus Strobus
ausgeführten Messungen haben keine nennenswerthen individuellen Schwan-
kungen ergeben. Die bei Baum B für I und bei Baum D für II gewon-
nenen Werthe stimmen fast genau überein. Nur I bei Baum A und I
bei Baum © zeigen etwas grölsere Differenzen. Prcea excelsa führt zu
einem ähnlichen Resultat.
Bei den Laubhölzern ist eine Untersuchung der Rindenspannungs-
verhältnisse mit gröfseren Schwierigkeiten verbunden als bei den Coni-
feren. Ja bei vielen, wenn nicht bei der Mehrzahl, muls hauptsächlich
wegen der Structur der Rinde von vornherein darauf verzichtet werden,
betreffs der Rindenspannung genaue, in Zahlen ausdrückbare Werthe zu
bekommen. Dieser Umstand ist indels von keiner grofsen Bedeutung;
denn auf Grund der an Objecten mit melsbarer Rinde festgestellten Da-
ten lassen sich auch die Rindenspannungsverhältnisse der übrigen Bäume
unter Berücksichtigung der Structur und der Contractionsgröfse ihrer
Rinde im Grofsen und Ganzen beurtheilen. Vielleicht Castanea vesca und
Quercus ausgenommen, wülste ich keinen ın Norddeutschland vorkommen-
den Baum namhaft zu machen, der eine gröfsere Rindenspannung besälse,
als Prunus avium und Betula alba.
In der folgenden Tabelle sind für verschiedene Laubhölzer die am
Beginn und am Schluls der Vegetationsperiode gefundenen Zahlenwerthe
zusammengestellt. Die grolsen lateinischen Buchstaben sowie die römischen
Ziffern haben dieselbe Bedeutung wie in der Coniferen-Tabelle.
der jungen Holzzellen etc.
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des Verdickungsı
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16 Krapgse: Über das Wachsthum
In Übereinstimmung mit dem bei den Coniferen gewonnenen Re-
sultate hat auch diese Tabelle keine bedeutenden Änderungen der Rin-
denspannung im Laufe der Vegetationsperiode aufzuweisen. Auch hier
sind die in der letzten Columne verzeichneten Differenzgröfseu in den
meisten Fällen derartig, dafs sie in etwaigen Fehlerquellen ihre hinreichen-
de Erklärung finden. Nur Salıx daphnordes, Fraxinus excelsior und das
Exemplar A von Alnus glutinosa zeigen etwas grölsere Differenzen; allein
diese betragen nicht mehr als höchstens ein Viertel einer Atmosphäre,
eine Gröfse, die in Bezug auf das Wachsthum des Verdickungsringes ohne
Bedenken vernachlässigt werden kann. Die während der Vegetations-
periode 1883 ausgeführten Untersuchungen dienen somit zu einer Bekräfti-
sung des bereits früher gewonnenen Satzes: So lange die Structur
der Rinde keine wesentlichen Veränderungen erfahren hat,
sind die Schwankungen des Rindendruckes während einer Vege-
tationsperiode so gering, dafs ein Einflufs derselben auf das
Diekenwachsthum nicht angenommen werden kann.
Zu diesem Satze sind wir an der Hand von Messungen gelangt,
die an Objecten durchgeführt wurden, deren Rinde noch keine tiefgreifende
Structurveränderungen erlitten hatte. Im Gegensatze hierzu wurde, als
man die Rindenspannungsfrage zn erörtern anfing, der umgekehrte und
meiner Meinung nach ganz unzuverlässige Weg eingeschlagen, indem man
die sich verändernde oder bereits wesentlich veränderte Rinde zum Aus-
gangspunkt seiner Deductionen nahm. Obgleich über die Gröfse dieser
Änderungen nichts Genaues bekannt war, schrieb man ihnen doch ohne
Weiteres einen weitgehenden Einfluls auf das Wachsthum des Verdiekungs-
ringes zu. Darin stimmen wenigstens, abgesehen von der Jahrringbildung,
Alle überein, dafs das Diekenwachsthum des Holzkörpers von dem jeweilig
herrchenden Rindendruck in hervorragender Weise beeinflufst werde. Die-
ser Umstand mag es entschuldigen, wenn ich bei diesem Gegenstande noch
einen Augenblick stehen bleibe. Die Entstehung von Jahresringen, das
steht fest, kann von derartigen durch Borke- oder Rifsbildung hervor-
gerufenen Änderungen der Rindenspannung nicht bedingt werden, denn
wenn dem so wäre, dann würde es unerklärlich sein, wie unter constan-
tem Rindendruck, wie er thatsächlich bei vielen Objecten fast zeitlebens,
bei allen aber bis zu einem bestimmten Alter besteht, Jahrringe zur Aus-
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. . 17
I g gung
bildung kommen können. Indefs die Berechtigung der Frage kann nicht
bestritten werden, ob nicht auf das Gesammtwachsthum des Verdickungs-
ringes gröfsere Änderungen der Rindenspannung von Einflufs sein können.
Nun befinden wir uns, was die Beantwortung dieser Frage betrifft, in
sofern in einer mifslichen Lage, als die Rindenspannungsänderungen, um
die es sich hier handelt, ihrer Gröfse nach nicht genau zu bestimmen
sind, denn mit dem Auftreten von Rissen und Borke ist in den meisten
Fällen eine einigermalsen sichere Messung der Rindenspannung unmöglich
geworden. Dessenungeachtet aber läfst sich unsere Frage doch bis zu
einem gewissen Grade sicher beantworten. Die in Folge gröfserer Structur-
veränderungen der Rinde sich geltend machenden Schwankungen des Rin-
dendruckes müssen sich, wie aus den an unverletzter Rinde ausgeführten
Messungen hervorgeht, innerhalb ganz bestimmter Grenzen bewegen. Der
radiale Rindendruck der bis jetzt untersuchten Coniferen übersteigt selten
eine halbe Atmosphäre, während er bei den Laubhölzern im Allgemeinen
ungefähr zu einer Atmosphäre angenommen werden kann. Hiernach darf
ohne Weiteres die Behauptung aufgestellt werden, dafs die durch Borke-
und Rifsbildung hervorgerufenen Schwankungen der Rindenspannung eine
halbe bis eine Atmosphäre nicht überschreiten. Angenommen nun, im
Frühling treten in irgend einer Region eines Baumes die ersten Risse auf,
und der radiale Rindendruck sinke in Folge dessen von einer Atmosphäre
fast auf Null, steige aber aus irgend welchen Gründen im Laufe der Vege-
tationsperiode wiederum auf eine Atmosphäre, um während des Winters
abermals auf Null zu sinken: sind dann derartige gröfsere Schwankungen
des Rindendruckes auf das Dickenwachsthum des Holzkörpers von wesent-
lichem Einflusse? Allgemein gefafst: haben mehr oder weniger plötzliche
Änderungen des Rindendruckes von einer halben bis zu einer ganzen At-
mosphäre auf das Wachsthum des Verdickungsringes einen nennenswerthen
Einflufs? Ich mufs diese Frage auf Grund von Untersuchungen, die später
mitgetheilt werden sollen, mit Nein beantworten.
Die Annahme einer hervorragenden Bedeutung des Rindendruckes
für die cambiale Thätigkeit ist in der Litteratur eine so allgemeine, dafs
man selbst der Schwerkraft, Trockenheit, Feuchtigkeit u. s. w. dort, wo
man eine Einwirkung dieser Faktoren auf das Dieckenwachsthum consta-
tiren zu müssen glaubte, nicht einen direkten, sondern erst einen indirek-
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. I. 3
18 Krapse: Über das Wachsthum
ten Einflufs auf dem Wege der Verminderung oder Steigerung des Rin-
dendruckes zugeschrieben hat. Auf die nach dieser Seite hin geäufserten
Ansichten specieller einzugehen, halte ich für überflüssig. Selbstverständ-
lich bin ich weit davon entfernt, in Abrede zu stellen, dafs die Schwere,
Trockenheit, anhaltende Nässe u. s. w. die Rindenspannung alterire, ich
behaupte vielmehr nur, dafs es nicht diese Spannungsänderung ist, welche
das Diekenwachsthum beeinflufst. Die Wirkung jener Faktoren ist eime
direkte; sie würden auch ohne jede Spannungsänderung der Rinde das
Dickenwachsthum beeinflufst haben — wenn sie dies überhaupt in erheb-
lichem Mafse thun —, wie sie auch auf das Wachsthum von Organen
einzuwirken vermögen, an denen eine Gewebespannung so gut wie gar
nicht vorhanden ist.
Der Darlegung der Rindenspannungsverhältnisse unserer Bäume ist
bis jetzt die Spannung der ganzen Rinde, also die Gesammtspannung, zu
Grunde gelest. Eine andere und vielleicht in mehr als einer Hinsicht
interessante Aufgabe würde sein zu untertuchen, wie sich diese Gesammt-
spannung auf die einzelnen Gewebeschichten der Rinde vertheilt; denn
dafs diese Vertheilung keine gleichmälsige ist, folgt ohne Weiteres aus
der anatomischen Beschaffenheit der Rinde. Im Allgemeinen wird die
Behauptung zutreffend sein, dafs von der Gesammtspannung der gröfste
Procentsatz auf die peripherisch gelegenen, zum Theil aus Periderm be-
stehenden Gewebeschichten fällt. Aus diesem Grunde wird auch die auf
die Flächeneinheit, z. B. den OJmm, bezogene Tangentialspannung bei
mehr als einem Millimeter dieken Rinden sich nicht mit der wirklichen
Vertheilung der Gesammtrindenspannung decken. Eine derartige Berech-
nung würde für die inneren einen zu hohen, für die äulseren Rinden-
schichten dagegen einen zu geringen Werth ergeben. Weil nun an dem
Dickenwachsthum der Rinde die inneren, die geringste Spannung zeigen-
den Gewebeschichten gewöhnlich in höherem Mafse betheiligt sind, als
die peripherischen Gewebeschichten, so erklärt sich auch die Thatsache,
dafs zwar mit dem Diekenwachsthum der Rinde, so lange sie imtact bleibt,
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 19
die Tangentialspannung zunimmt, auf die Flächeneinheit aber bezogen
nicht selten abnimmt.
Von der Thatsache, dafs in den meisten, wenn nicht in allen
Fällen, die äufseren Gewebeschichten der Rinde vorwiegend an der Ge-
sammtspannung betheilist sind, überzeugt man sich leicht, wenn man von
einem Rindenstreifen die inneren Schichten hinwegschneidet und die
äufseren für sich allein auszudehnen sucht. Hierbei ist aber zu beachten,
dafs die einzelnen Gewebeschichten im isolirten Zustande nicht um die
Contractionsgröfse der ganzen Rinde gedehnt werden dürfen; denn die
äufseren Rindenschiehten verkürzen sich in der Regel weniger als die
Gesammtrinde. Bei Prunus avium eontrahirte sich die äulserste nur aus
Periderm bestehende Rindenschicht in verschiedenen Fällen um 1 Procent,
während die ganze Rinde eine Contraction von 1,3 Procent zeigte; das
übrige von Periderm befreite Rindengewebe verkürzte sich um 2 Procent.
Diese Verhältnisse, die bei den verschiedenen Objecten natürlich ver-
schieden sind, müssen bei einer Prüfung der Spannungsintensität der ein-
zelnen Rindenschichten im isolirten Zustande wohl in Betracht gezogen
werden. Betreffs dieser Spannungsgrölse der einzelnen Rindenschichten
mögen hier für die Rinde von Prunus avium einige concrete Zahlenwerthe
Platz finden. Der Buchstabe P vor eimer Zahlenreihe bedeutet die äufsere
Peridermschicht, während mit W das ganze übrige von Periderm befreite
Rindengewebe bezeichnet ist.
30 Krasee: Über das Wachsthum
Prunus avvum.
Bezeikt Tangential-
Bezeich- en spannung Länge Radial-
nung der | 1 mm ı
nung des 1 eines [UM | des druck pro
Rinden- - :
Baumes 3 breiten Radius Omm.
schichten Streif
reifens
Gram m mm Gra mm
IP | 905 | 156 6
& wind]nog3oorlil 4956 2
P | 300 158 5
B wie 007 0 158 1,4
(P IPNe tası3r® el 130 6,3
Iw | 283 130 28
c | a 82 7,3
LW | tl 82 4
[P | 500 26 19
D \w. | 250 26 9,6
Er ea 35 9,8
E \w obreis1250 55 7,1
Obgleich an älteren Ästen und Bäumen von Prunus anlum die
äulsere aus Periderm bestehende Rindenschicht von der ganzen Dicke der
Rinde oft nicht mehr als den zehnten Theil ausmacht, so übertrifft, wie
aus der vorstehenden Tabelle zu ersehen ist, diese Schicht doch hinsicht-
lich ihrer Spannungsintensität das übrige Rindengewebe um das Zwei- bis
Dreifache. Die Tangentialspannung der Rinde erfährt daher im Periderm
eine ziemlich plötzliche Steigerung, mit welcher eine analoge Steigerung
des radialen Druckes in dieser Schicht Hand in Hand geht. Die inneren
Gewebeschichten der Rinde werden aus diesem Grunde zwischen dem
Holzkörper und der Peridermschicht mit einer bestimmten Kraft zusam-
mengedrückt. In dieser Thatsache, in Verbindung mit noch einigen
anderen Momenten, findet der eigenthümliche Markstrahlenverlauf in der
Rinde von Prunus avium und von verschiedenen anderen Bäumen seine
Erklärung, worauf wir zu einer anderen Zeit noch specieller zurückkom-
men werden.
Zum Schlufs sollen die Elastieitätsverhältnisse der Rinde noch mit
einigen Worten berührt werden. Es wurde bereits gelegentlich, als von
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 21
der Messung der Rindenspannung die Rede war, bemerkt, dafs die Span-
nung unverletzter Rinden vollkommen innerhalb der Elasticitätsgrenze
liegt. Wie ich mich aber durch weitere Versuche überzeugt habe, bleibt
die Dehnung der Rinde, wie sie in der Natur durch das Dickenwachsthum
verursacht wird, nicht blos innerhalb der Elastieitätsgrenze, sondern diese
ist mit der vorhandenen Spannung keineswegs erreicht; dies geschieht
vielmehr erst dann, wenn die Rinde noch um ein bestimmtes, ın den
Einzelfällen natürlich verschiedenes Mafs über die Contractionsgrölse hin-
aus gedehnt wird. So kann z. B. das abgelöste Periderm von Prumus
avium um das Doppelte der Contractionsgröfse gedehnt werden. Beträgt
hier die Contraetion 1 Procent, so ist noch eine weitere Dehnung von
1 Procent über die Contractionsgröfse zulässig, ohne damit die Elasticitäts-
grenze zu überschreiten. Zu ähnlichen Resultaten führten Versuche an
Betula alba und Pinus Strobus, nur mit dem Unterschiede, dafs hier eine
Dehnung des isolirten Rindenstreifens um das Doppelte der Öontractions-
grölse nicht gestattet war.
Diese Thatsache ist nicht nur als solche interessant, sondern auch
in sofern nicht ganz unwichtig, als sie wohl im Stande ist, bestehende
Ansichten über die Ursachen des Flächenwachsthums der Zellmembranen
zu corrigiren. In der 4. Auflage des Lehrbuches von Sachs findet sich
nämlich die Ansicht ausgesprochen, dafs das Flächenwachsthum der Zell-
membran, d. h. die Einlagerung neuer Membrantheilchen, überall erst ein-
geleitet werde durch eine passive Dehnung der Zellmembran und dafs mit
dieser Dehnung wahrscheinlich die Elastieitätsgrenze erreicht oder sogar
überschritten werde. Seite 762 heilst es über diesen Gegenstand: „Man
kommt dem wahren Sachverhalt vielleicht ziemlich nahe, wenn man annimmt,
dafs durch den Turgor und die Imbibition, sowie durch die damit verbun-
denen secundären Gewebespannungen die Elasticitätsgrenze der wachsenden
Zellhäute beständig beinahe erreicht wird, und dafs durch die Einlagerung
fester Partikel die im gegebenen Moment herrschende Spannung zum Theil
ausgeglichen wird, worauf sich der Vorgang wiederholt, so dafs das
Wachsthum eine durch Einlagerung fester Substanz unter-
stützte beständige Überschreitung der Elastieitätsgrenze eines
wachsenden Zellhautstückes genannt werden dürfte.“ Diese
freilich nur als Vermuthung ausgesprochene Ansicht von den Ursachen
9% Krasse: Über das Wachsthrum
des Membranwachsthums in die Fläche ist für die Baumrinden nicht zu-
treffend. Zwar findet hier, wie wohl als feststehend angenommen werden
darf, in Allgemeinen nur Wachsthum in Folge passiver Dehnung statt,
allein es wird mit dieser Dehnung, so lange überhaupt Wachsthum statt-
findet, die Rlastieitätsgrenze nicht erreicht, geschweige denn überschritten.
1.
Beschreibung einer Methode zur Steigerung des Rinden-
druckes auf eine beliebige Höhe.
Die Rindenspannungsverhältnisse der Hölzer sind, wie ich glaube,
im Vorstehenden hinreichend klar gelest worden, um in die Behandlung
eines neuen, weit wichtigeren Gegenstandes eintreten zu können. Es soll
nunmehr allgemein das Verhalten des Verdickungsringes und der jungen
noch wachsthumsfähigen Holzzellen, soweit dies nach den bisher ange-
stellten Experimenten möglich ist, besprochen und in Verbindung hiermit
das Wachsthumsbestreben überhaupt, d. h. die beim Dickenwachsthum
sich äufsernde Kraft festgestellt werden. Dafs diese Kraft mit der Wachs-
thumsintensität resp. Wachsthumsgeschwindigkeit nicht zu verwechseln ist,
bedarf wohl keiner speciellen Auseinandersetzung. Zudem wird dieser
Punkt aus dem später Mitzutheilenden hinreichend scharf hervortreten.
Hier will ich nur noch bemerken, obgleich dies eigentlich auch selbst-
verständlich ist, dals man mit der blofsen Feststellung der Wachsthums-
kraft eines Gewebes in die Wachsthumsursachen desselben keine Einsicht
bekommt. Das Wachsthumsbestreben repräsentirt sich vielmehr als die
Resultirende, als der schliefsliche Effect einer Anzahl zusammenwirkender
Einzelfactoren, über deren Natur wir zum grölsten Theil noch völlis im
Unklaren sind. Nur soviel darf als feststehend angenommen werden, dals
unter den die Wachsthumskraft bedingenden Factoren der in den wachs-
thumsfähigen Zellen vorhandene hydrostatische Druck eine hervorragende
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 23
Rolle spielt. Aber dieser hydrostatische Druck ist nicht als die einzige
das Flächenwachsthum der Zellmembran bedingende Ursache anzusehen,
und noch viel weniger ist etwa die Grölse desselben mit der Gröfse der
Wachsthumskraft zu identificiren.
Dafs der Ausdruck Wachsthumskraft resp. Wachsthumsbe-
streben der Physiologie bis jetzt so gut wie fremd geblieben ist, liegt
darin begründet, dafs überhaupt noch gar keine Versuche gemacht sind,
um die Grölse dieser Kraft zu ermitteln. Alles, was über die Kraftäus-
serung wachsender Gewebe etwa bekannt ist, bezieht sich immer nur auf
den in den Zellen herrschenden hydrostatischen Druck und auf die vor-
handenen Spannungen in @ewebeschichten und Membranen.
Die hier skizzirten Aufgaben können natürlich nur dann mit eini-
ger Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden, wenn es möglich
ist, ein Gewebe, in unserm Falle also den Verdickungsring, unter einem
beliebig hohen Gegendruck wachsen zu lassen, und ich gehe jetzt direkt
zur Beschreibung einer Methode über, die diese Möglichkeit darbietet.
Um den Druck, der von der Rinde auf den Holzkörper ausgeübt
wird, um eine beliebige, genau festzustellende Grölse steigern zu können,
wurden besonders construirte Ketten angewandt, von denen eine in Fig. 1
Taf. I zur Darstellung gebracht ist. Diese Ketten bestehen aus gelenkartig
mit einander verbundenen Gliedern, die in ihrer Gesammtheit vermittelst
leicht beweglicher Rollen auf einer Unterlage fast ohne alle Reibung fort-
bewegt werden können. Aufserdem sind die Ketten so construirt, dafs eine
Zerlegung in die einzelnen Glieder leicht auszuführen ist; durch Hinzu-
fügung oder Hinwegnahme einzelner Glieder kann daher eine Kette jedem
beliebigen Umfang eines Baumes oder Astes angepalst werden.
Um die einzelnen Theile besser zur Anschauung zu bringen, ist
die in Fig. 1 Taf. I dargestellte Kette in der Mitte auseinandergelegt. Die
seitlichen Verbindungsglieder cd, ef, ik u. s. w. werden durch die Stifte
pP, s u.s. w. zusammengehalten und zwar so, dafs die Stifte in einem
bestimmten Abstande aufeinander folgen. Aufserdem functioniren diese
Stifte noch als Axen für die einzelnen Rollen. Die in r und q (diese
94 Krasse: Über das Wachsthum
von oben gesehen) isolirt dargestellten Rollen laufen nämlich im Systeme,
d.h. in der fertigen Rolle, auf den Axen p und s. Die Rollen müssen
natürlich so gebohrt sein, dafs sie bequem auf ihren Axen laufen kön-
nen. In den Enden der seitlichen Verbindungsslieder befinden sich Öf-
nungen von solcher Weite, dafs die Stifte resp. Axen der Rollen leicht
hindurch zu führen sind. Nur die Öffnungen einiger Glieder sind nicht
nur kleiner, sondern auch noch mit einem Muttergewinde versehen, um
die Stifte mit ihrem einen Ende hinein- und festschrauben zu können.
In Fig. 1 besitzen nur die äufseren Verbindungsglieder «, ß,y u.s. w. an
ihren Enden derartige Schraubenmuttern. Um die in der Mitte (Fie. 1)
auseinandergenommene Kette wieder zusammen zu setzen, muls der Stift
p zuerst durch die Öffnungen % und /! und dann nach Einfügung der
Rolle g durch e geführt werden, worauf derselbe in d festzuschrauben ist.
In derselben Weise ist mit der Zusammensetzung fortzufahren.
Die zu den Versuchen benutzten Rollen haben eine Länge von
20mm bei einem Durchmesser von etwa 17mm. Nach dem Durchmesser
der Rollen hat sich die Gröfse der seitlichen Verbindungsglieder und der
Abstand der Stifte zu richten; dieser muls so grols sein, dafs eine Be-
rührung der einzelnen Rollen unmöglich ist.
Eine hervorragende Bedeutung haben die Endslieder unserer Kette.
In der Mitte der einen Endaxe ist eine Schnur Q befestist, die die Auf-
gabe hat, während der Versuchsdauer ein bestimmtes Gewicht zu tragen.
Auf derselben Axe laufen zwei die Schnur seitlich begrenzende Rollen
(a und b), die eine Berührung des auf der Axe befindlichen Theils der
Schnur mit der Unterlage verhindern. Auf der anderen Endaxe der
Kette befinden sich zwei gleiche Rollen, die in v und x der Fig. 1 iso-
lirt dargestellt sind. Zwischen diesen beiden Rollen, mit ihnen auf der-
selben Axe, läuft eine dritte w, die in unseren Versuchen die Function
einer Leitrolle versieht. Diese Leitrolle w besitzt nämlich einen etwas
geringeren Durchmesser als die übrigen Rollen der Kette und bewegt
sich auf der Endaxe zwischen den Rollen v und & frei, ohne die Unter-
lage zu berühren. |
Eine derartige Kette, wie sie soeben beschrieben wurde, findet in
unseren Versuchen folgende Verwendung. In den einfachsten Fällen, in
denen es sich nur um horizontal abstehende Äste handelt, wird eine
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 25
Kette um das Versuchsobjeet, nachdem sie dessen Umfang zuvor genau
angepalst worden, so herumgelegst, dafs die eine und zwar die Schnur
tragende Endaxe seitwärts nach unten zu liegen kommt (a in Fig. 3 Taf. D.
Hierauf wird die Schnur von unten her über die auf der anderen End-
axe freilaufenden Leitrolle (w Fig. 3) geführt, und dann mit einem Ge-
wicht in Verbindung gebracht. Dieses Gewicht wird, wenn die Kette
nicht zuvor irgend wo an dem Aste befestigt ist, eine Verschiebung der-
selben verursachen in der Weise, dafs die Endglieder mehr oder weniger
an die Unterseite des Astes zu liegen kommen. Um derartige Verschie-
bungen zu verhindern, habe ich entweder unmittelbar hinter der Leitrolle
oder einer der nächstfolgenden Rollen einen oder zwei Nägel in den Ver-
suchsast hineingeschlagen (c in Fig. 3). Die ganze Kette wird nunmehr,
wie aus der Fig. 3 näher zu sehen ist, mit einer Kraft um den Ast ge-
zogen, deren Grölse direet durch das angehängte Gewicht gegeben ist.
Was nun den aus diesem tangentialen Zuge resultirenden Radial-
druck betrifft, so kann derselbe durch die Kette allein nur local, insoweit
das Versuchsobject mit den einzelnen Rollen in Berührung kommt, zur
Wirkung gelangen. Um eine gleichmälsige Vertheilung dieses Druckes
auf den ganzen Umfang des Astes herbeizuführen, werden unter die Rol-
len, also zwischen Kette und Rinde, Messingblechstreifen eingeschoben
(ab, be, ed u. s. w. m Fig. 3). Diese Messingblechstreifen sind von 1 bis
2 mm Dicke und von gleicher Breite wie die Ketten, während ihre Länge
je nach der Dicke des zu untersuchenden Astes zwischen 8 und 12 ctm
variirt. Von solchen Streifen werden soviel unter eine Kette geschoben,
als es der Umfang des Astes erfordert. Bei einem Aste von 50 ctm
Umfang würden z. B. 6 Blechstreifen a 8etm Länge nothwendig sein.
Da vermittelst der eingeschobenen Blechstreifen der Radialdruck
der Kette an der Peripherie des Astes gleichmälsig vertheilt wird, so sind
wir dadurch in die Lage gebracht, wiederum von unserer bekannten
Formel:
TG Tangentialspannung
Radius
Gebrauch machen zu können. Es mufs nur noch, um zum []mm. als
Flächeneinheit zu gelangen, die Tangentialspannung der Kette aufser
durch den Radius des Versuchsobjectes noch durch die Breite der Kette,
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. T. 4
96 Krassge: Über das Wachsthum
also in unserem Falle durch 20 dividirt werden. Während die Länge des
Radius aus dem Umfange des Astes leicht bestimmt werden kann, ist
die Gröfse der Tangentialspannung durch das angehängte Gewicht gege-
ben. Angenommen, dieses betrage in einem beliebigen Falle 50 Kilogr.
bei einem Radıus des Versuchsobjectes von 50 mm, dann ist der durch
die Kette ausgeübte Radialdruck pro []mm. — nn N EN
5 Atmosphären. Von Reibungswiderständen und der vorhandenen Rin-
denspannung einstweilen abgesehen, ist in dem angeführten Falle der Ver-
diekungsring unter einem Gegendruck von 5 Atmosphären zu wachsen
gezwungen. So lange die Wachsthumskraft des Cambiums und der jun-
gen Holzzellen weniger als 5 Atmosphären beträgt, wird die Kette mit
dem angehängten Gewicht vollkommen in Ruhe bleiben, da ja unter die-
sen Umständeu ein Dickenwachsthum und somit eine Volumenzunahme
des Astes nicht möglich ist. Beträgt aber das Wachsthumsbestreben mehr
als 5 Atmosphären, dann ist natürlich der Verdiekungsring mit einem be-
stimmten Überdruck zu wachsen im Stande; die Kette wird in diesem
Falle mit ihren Rollen in Bewegung gesetzt und das Gewicht gehoben
werden.
In Wirklichkeit aber mufs durch das Dickenwachsthum nicht blos
der aus der Spannung der Kette resultirende Radialdruck überwunden
werden, sondern aulserdem noch ein bestimmtes Plus, welches einmal
durch die während der Ausdehnung des Astes stattfindenden Reibungen
und dann durch die vorhandene Rindenspannung verursacht wird. Die
bei der Bewegung der Rollen in Frage kommende rollende Reibung be-
sitzt eine so minimale Grölse, dals sie, wie es ja auch ohne Weiteres
in der Physik und Mechanik geschehen würde, gleich Null gesetzt wer-
den darf. Einen etwas gröfseren Werth dagegen wird die gleitende Rei-
bung ergeben, die während des Dickenwachsthums des Astes stattfinden
muls zwischen der Rinde und den Blechstreifen; denn da diese fast voll-
ständig starr sind, so muls während der Ausdehnung des Astes die Rinde
unter den Blechstreifen hinweggleiten. Die anfänglich mit ihren Enden
sich berührenden Blechstreifen werden sich daher während des Dicken-
wachsthums eines Astes allmählich mehr von einander entfernen, wenn
auch während einer Versuchsdauer und bei einer gröfseren Anzahl von
des Verdiekungsringes md der jungen Holzzellen ete. 27
Blechstreifen um eine fast verschwindend kleine Gröfse. Was nun den
factischen Werth dieser Reibung betrifft, so können wir hier von einer
genauen Bestimmung desselben Abstand nehmen, und zwar um so mehr,
als diese Reibung ihrer geringen Gröfse wegen in den einzelnen Versuchen
doch nicht weiter in Betracht gezogen werden wird. Auch würde eine
genaue Berechnung dieser Reibungsgröfse nicht blos weitläufig, sondern
auch ohne umständliche mathematische Formeln, für die sich die Wenig-
sten interessiren, nicht gut möglich sein. Es ist nur, um diese Reibung
soviel als möglich zu verringern, darauf zu sehen, dafs für die Versuche
Objecte mit möglichst glatter Rinde ausgesucht und dafs bei dünneren
Ästen und Bäumen die Messingblechstreifen nicht zu lang genommen
werden.
Die in den einzelnen Fällen vorhandene Rindenspannung darf in-
dessen in den Experimenten nicht vernachlässigt werden; denn aufser
dem Kettendruck hat ja ein Baum oder Ast während seines Diekenwachs-
thums auch noch den gerade vorhandenen Rindendruck zu überwinden.
Nun sind wir über diese Gröfse für unsere Versuche hinreichend orientirt;
sie beträgt bekanntlich bei den Coniferen im Durchschnitt etwa 0,5 und
bei den Laubhölzern ungefähr eine Atmosphäre. Bei jenen ist daher zu
dem durch die Kette verursachten Druck im Allgemeinen 0,5, bei diesen
1 Atmosphäre hinzu zu addiren. Wo also später bei irgend einem Ver-
suche von dem auf dem Verdickungsring lastenden Drucke die Rede ist,
da ist der Rindendruck, wenn nicht das Gegentheil ausdrücklich hervor-
gehoben wird, stets mit einbegriffen. Eine Mittheilung der Berechnung
des radialen Druckes in den Einzelfällen halte ich nach den vorstehenden
Auseinandersetzungen für überflüssig, ich gebe die Gröfse des Radial-
druckes vielmehr ohne Weiteres in Atmosphären an.
Noch einen bezüglich unserer Experimente in Frage kommenden
Punkt glaube ich nicht vollständig übergehen zu dürfen, obgleich derselbe
im Allgemeinen belanglos ist und nur unter bestimmten Umständen eine
gewisse Bedeutung erlangen kann. Fig. 7 Taf. II soll einen radialen Längs-
sehnitt durch die Rinde, den Verdiekungsring und einen Theil des Holz-
körpers irgend eines von einer Kette umspannten Baumes oder Astes dar-
stellen (7 = Rinde, // = Verdickungsring, 7/7 — Holzkörper). Durch die
Klammer «a ist derjenige Theil des Baumes bezeichnet, der durch die ge-
4%
28 Krasse: Über das Wachsthum
spannte Kette in irgend einem Malse gedrückt wird. Dieser Druck la-
stet, so lange das Dickenwachsthum noch nicht begonnen hat und die
Rinde darum noch gerade ist, in seiner vollen Gröfse auf dem unter der
Kette befindlichen Theile des Baumes, der in der Fig. 7 durch die Klam-
mer 5b bezeichnet ist. Sobald aber das Dickenwachsthum anhebt, wird
die unter der Kette befindliche Partie db des Verdickungsringes, weil sie
einen gröfseren Druck zu überwinden hat, in ihrem Wachsthum hinter
denjenigen oberhalb und unterhalb der Kette gelegenen Partien ce und d
zurückbleiben. Dies mufs nothwendig, je nach der Gröfse der Differenz
im Wachsthum von 5 einerseits und ce und d andererseits eine mehr oder
minder starke Vorwölbung der Rinde an den Rändern der Kette zur
Folge haben, etwa so, wie es in Fig. 7 durch die punktirten Linien an-
gedeutet ist.!) Nun zeigt, wie wir wissen, die Rinde nur passives Wachs-
thum; sobald also m Folge des stärkeren Wachsthums von ce und d die
Rinde an den Rändern der Kette sich vorzuwölben beginnt, kommt ein
etwa in der Richtung von « und @ wirkender Zug zur Geltung, durch
den der Kettendruck a eine Verminderung erfahren muls. Die Partien c
und d üben mit andern Worten durch ihr stärkeres actives Wachsthum
vermittelst der nur passiv wachsenden Rinde einen Zug aus, der dem
Kettendruck «a zum Theil: entgegenwirkt und darum zur Entlastung von
b mehr oder weniger beitragen muls. Es ist dies ungefähr dasselbe, als
wenn ein auf einem Bande oder einer Schnur liegender Gegenstand ge-
hoben werden soll, indem man die Enden der Schnur unter irgend einem
Winkel, der natürlich kleiner als 180° sein muls, anzieht, wie z. B. ein
Sarg auf Schnüren gehoben und in die Gruft gelassen wird.
Betreffend die Grölse des fraglichen Zuges, der um so stärker
wird, je mehr sich die Rinde verwölbt, so ist es leider unmöglich, die-
selbe genau festzustellen. Nur eine Bestimmung des Maximalwerthes ist
ausführbar. Der Zug kann nämlich nicht gröfser sein, als das Gewicht,
welches erforderlich ist, um ein Zerreissen der Rinde zu verursachen.
Hieraus folgt für die mit durchweg schwacher Rinde versehenen Coniferen
ohne Weiteres, dafs der während der Verwölbung der Rinde etwa statt-
1) In der Figur ist der Einfachheit wegen angenommen, dals unter « gar kein
Wachsthum stattfindet.
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 29
findende Zug dem Kettendruck gegenüber gar nicht in Betracht kommen
kann. Bei den mit stärkeren Rinden versehenen Laubbäumen verhält
sich die Sache freilich etwas anders; hier liegt eben die schwer zu be-
antwortende Frage vor, welche Spannung nothwendig ist, um ein Wachs-
thum der Rinde in longitudinaler Richtung zu verursachen. Wie nun
aber auch diese Verhältnisse in den einzelnen Fällen liegen mögen, so
viel steht unzweifelhaft fest, dafs die in Folge des stärkeren Wachsthums
des Verdiekungsringes oberhalb und unterhalb der Kette verursachte Lon-
gitudinalspannung der Rinde in unseren Experimenten eine irgendwie
nennenswerthe Rolle nicht spielen kann, ganz besonders dort nicht, wo
es sich um einen grölseren radialen Kettendruck handelt. Sodann ist die
Hervorwölbung der Rinde, was ich ganz besonders hervorheben möchte,
während einer Versuchsdauer überhaupt keine bedeutende. Dazu kommt
noch, dafs, wenn an den Kettenrändern eine starke Rindenspannung vor-
handen wäre, dann auch nach einer Ablösung der Rinde irgend eine be-
merkenswerthe longitudinale Contraetion zu beobachten sein mülste, was
indessen nicht der Fall ist.
Die oben beschriebenen Ketten sind aber nicht blos für hori-
zontal gewachsene Äste, worauf wir uns bisher beschränkt haben,
sondern auch für senkrecht stehende Organe zu gebrauchen. Nur
sind bei derartigen Objeeten noch einige weitere Momente in Berück-
sichtigung zu ziehen; es ist einmal dafür Sorge zu tragen, dafs auch
an verticalen Objecten das die Kette spannende Gewicht genau in
der Richtung der Tangente — was ja nicht, wie bei horizontalen Ästen,
direkt möglich ist — zur Wirkung kommt, und dafs ferner das Gewicht
so weit seitwärts vom Baume zu hängen kommt, dafs eine Berührung
zwischen diesem und jenem ausgeschlossen ist. Beide Umstände können
durch eine einfache Vorrichtung, wie sie in Fig. 2 Taf. I veranschaulicht
ist, zur Verwirklichung gebracht werden. Eine Stahlstange, deren eines
Ende mit einem Schraubengewinde versehen ist, während das andere Ende
(ab Fig. 2) eine Rolle h trägt, wird so in einen zum Versuche ausge-
wählten Baum hineingeschraubt, dafs die Rolle } schliefslich senkrecht
nach unten zu hängen kommt. Diese Rolle A kann, was für die einzelnen
Versuche von grofser Wichtigkeit ist, bei c inab um eine senkrechte Axe
beliebig gedreht werden. Ist nun eine derartige mit einer Rolle versehene
30 Krasepe: Über das Wachsthum
Stahlstange, deren specielle Gestalt aus der Fig. 2 Taf. I zu ersehen ist,
in irgend einen Baum, und zwar senkrecht zu dessen Axe, hineinge-
schraubt, dann wird eine Kette unterhalb der Stahlstange etwa in der
Höhe der Rolle A so um den Baum sgeschlungen, dafs. die beiden End-
glieder der Kette etwas schräg seitwärts von der Rolle % am Baume zu
liegen kommen. Nachdem dann noch die Kette, um eine Verschiebung
zu verhüten, an irgend einem Punkte des Baumes (g in Fig. 2) befestigt
ist, wird die auf der einen Endaxe (e) der Kette befestigte Schnur von
unten d. h. vom Baume her über die auf der andern Endaxe frei lau-
fende Leitrolle (d) und von hier über die zweite Leitrolle } gezogen, um
sodann mit einem Gewicht in Verbindung gebracht zu werden. Das be-
reits bei den horizontalen Ästen über die Messingblechstreifen Gesagte
behält natürlich auch hier seine Gültigkeit. — Diese für senkrecht stehende
Bäume getroffene Vorrichtung hat sich in der Praxis ganz vorzüglich
bewährt, so dafs ich bei meinen Versuchen von derselben fast ausschliefs-
lich Gebrauch gemacht habe. — Abgesehen von den verhältnilsmälsig
geringen Reibungswiderständen, wird auch hier, wie bei den horizontalen
Ästen, sobald die beim Diekenwachsthum des Baumes sich äufsernde Kraft
srölser als der erzeugte Kettendruck plus dem bestehenden Rindendruck
ist, die Kette auf ihren Rollen in Bewegung gesetzt und das Gewicht ge-
hoben werden.
In Bezug auf die sonst noch bei den Versuchen zu berücksichti-
genden Punkte kann ich mich, weil sie mehr praktischer Natur sind, auf
die Hervorhebung des Allerwesentlichsten beschränken. Zunächst ist hier
zu bemerken, dafs die Ketten, sofern sie nicht für jeden Versuch beson-
ders construirt werden sollen, eine Traskraft von mindestens 150 bis
200 Kilogramm besitzen müssen. Ebenso stark mufs natürlich auch die
mit der Rolle h (Fig. 2) versehene Stahlstange sein. Besonders dem mit
dem Schraubengewinde versehenen Theil ist eine Länge zu geben, dafs er
hinreichend fest in den Baum hineingeschraubt werden kann.
Die Rollen unserer Kette sind aus Pockholz (Gujakholz, Guajacum
offieinale L.) verfertist worden. Es ist dies ein Holz, welches nicht nur
wegen seiner aufserordentlichen Härte und Festigkeit, sondern auch wegen
seines Ölgehaltes sehr gesucht ist. Besonders aus letzterem Grunde soll
es beim Maschinenbau als Zapfenlager an Orten Verwendung finden, an
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. sl
welche mit Schmiermitteln schwer hinzugelangen ist. In unsern Ver-
suchen haben die aus diesem Material verfertigten Rollen die gehegten
Erwartungen sogar weit übertroffen. Die übrigen Bestandtheile der Ketten,
die seitlichen Verbindungsglieder sowie die Stifte resp. Axen der Rollen
wurden, um ein Rosten zu verhüten, aus Messing verfertigt.
Von der allergröfsten Wichtigkeit in unseren Experimenten sind
die Schnüre, die die wichtige Bestimmung haben, während 6 bis 7 Mo-
naten ein oft nicht unbedeutendes Gewicht zu tragen. Sie müssen aus
möglichst festem Material verfertigt und von einer Dicke gewählt werden,
dafs ein Zerreilsen während der Versuchsdauer zur Unmöglichkeit gemacht
ist. Eiserne oder aus ähnlichem Material verfertigte Ketten sind für
unsere Zwecke, wie leicht einzusehen ist, nicht zu gebrauchen. Ich habe
möglichst feste hanfene Schnüre benutzt, die, um den Atmosphärilien
besser wiederstehen zu können, vor ihrer Verwendung eingeölt wurden.
Noch bessere Dienste, worüber mir indessen die Erfahrung fehlt, werden
aus der Bastfaser von Phormium tenax verfertiste Schnüre leisten, weil
diese Faser nicht nur eine grölsere Tragkraft als der gewöhnliche Hanf
besitzt, sondern auch den Atmosphärilien gegenüber äulfserst resistent
sein soll.
In den Fällen, in welchen wegen eines grolsen Gewichtes die
Schnüre von ziemlicher Dicke (bei einem Gewicht von 75 Kilo fast finger-
dick) zu nehmen sind, kann aus diesem Grunde eine Vergrölserung der
auf der einen Endaxe der Kette laufenden Leitrolle nothwendig werden.
Dies hat, wenn nicht alle übrigen Rollen der Kette von gleicher Gröfse
gewählt werden, zur Folge, dafs die unmittelbar hinter der Leitrolle kom-
menden Rollen entweder gar nicht mehr mit dem Baume in Berührung
kommen, oder doch nicht mehr mit der vollen Kraft auf ihre Unterlage
drücken. Bei diekeren Bäumen ist dieser Umstand von keiner Bedeutung,
nur darf selbstverständlich aus dieser Region nicht das Untersuchungs-
material genommen werden, was ja auch ohnehin nicht geschehen wird,
weil der Baum hier durch den eingeschlagenen, die Kette befestigenden
Nagel verwundet worden ist.
Die ganze Vorrichtung, die Kette mit dem daran befestigten Ge-
wichte, ist an den Versuchsobjeeten in einer solchen Höhe und so anzu-
bringen, dafs sie nicht sofort in die Augen springt und nicht von jedem
32 KraABBE: Über das Wachstnm
Vorübergehenden ohne Weiteres mit den Händen zu erreichen ist; denn
was in den meisten derartigen Fällen geschehen würde, wird sich jeder
selbst sagen können.
Zu dem die Kette spannenden Gewicht habe ich fast durchweg
Steine benutzt, die zuvor genau abgewogen und dann in starke Säcke ge-
füllt wurden. Die Weite dieser Säcke hat sich nach dem die Rolle h
tragenden Stahltheil (ab in Fig. 2) zu richten, darf also eine bestimmte
Gröfse nicht überschreiten, da eine Berührung mit dem Baume vermieden
werden muls.
Das Anbringen des Gewichts ist in denjenigen Fällen, in welchen
ein grofser Druck erzeugt werden soll, seiner Gröfse wegen nicht leicht.
Es empfiehlt sich hier, irgendwo am Baume eine Rolle (Flaschenzug) zu
befestigen und mit deren Hülfe das Gewicht emporzuziehen, oder die Last
auf mehrere Säcke zu vertheilen und diese dann nach einander mit der
an der Kette befestigten Schnur in Verbindung zu bringen. Auch würde
es in solchen Fällen nicht unzweckmäfsig sein, aus sehr starkem Material
verfertigte Körbe zu gebrauchen, deren Böden natürlich so fest eingesetzt
sein müssen, dals sie durch eine Last von 100 bis 150 Kilo nicht heraus-
gedrückt werden. In diese zuvor mit der Kette verbundenen Körbe könn-
ten dann die abgewogenen Steine nach und nach hinein getragen werden.
Doch das sind alles Sachen, die sich jeder in der Praxis so zurechtlegen
wird, wie er es für das Beste hält, weshalb ich nach dieser Seite hin auf
weitere Mittheilungen verzichte.
Die Ketten wurden, wie ich nicht unerwähnt lassen will, in allen
Fällen, bereits anfangs April an den Versuchsobjecten befestigt, also lange
bevor der Cambiumring der meisten Bäume 1883 in Thätigkeit trat (Um-
gegend Ösnabrück’s). Der Verdickungsring war daher gezwungen, das
Wachsthum unter einem bestimmten, in den einzelnen Fällen verschieden
hohen Druck zu beginnen.
Schliefslich will ich noch, wenn auch nur mit einigen Worten, an-
deuten, wie wir durch die im Vorstehenden geschilderte Methode der
Rindendrucksteigerung in den Stand gesetzt sind, die Wachsthumskraft
irgend eines Baumes sowohl nach ihren örtlichen als auch nach ihren
zeitlichen Abstufungen festzustellen. Ist z. B. an irgend einem Objecte
mit einem Gegendruck von 5 Atmosphären die Wachsthumsgrenze erreicht,
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 33
so ist damit festgestellt, dafs in diesem Falle das Wachsthumsbestreben
nicht über 5 Atmosphären hinausgeht. Kann ferner zu einer Zeit durch
das Wachsthum eines Organes ein Gewicht gehoben werden, durch wel-
ches an demselben Objeete zu einer andern Zeit das Wachsthum sistirt
wird, so ist damit zum Mindesten der Beweis geliefert, dafs die Wachs-
thumskraft an ein und demselben Organ nicht zu allen Zeiten gleich ist.
In derselben Weise sind natürlich die örtlichen Verschiedenheiten des
Wachsthumsbestrebens an einem Objecte festzustellen.
Ebenso wichtig aber als die Feststellung der Wachsthumskraft ist
die Aufgabe, zu untersuchen, welche Verschiedenheiten im anatomischen
Bau des Holzkörpers durch irgend eine Rindendrucksteigerung hervorge-
rufen werden. Um jedoch in Bezug auf diese Aufgabe unsere Experi-
mente in der richtigen Weise würdigen zu können, halte ich es für ganz
nothwendig, zuvor eine Orientirung über die Zelltheilungsvorgänge im
Verdiekungsringe unserer Hölzer zu gewinnen.
IM.
Örientirung über die Zelltheilungsvorgänge im Ver-
diekungsring. Einleitung zum experimentellen Theil.
1. Über die Zelltheilungsvorgänge im Verdickungsring der Laub-
hölzer liegen noch keine Untersuchungen vor, und hinsichtlich der Coni-
feren sind die betreffenden Verhältnisse nur bei Pinus silvestris von Sa-
niol) genauer geprüft worden. Sanio gelangt im Gegensatz zu frühe-
ren Annahmen zu dem wichtigen Ergebnifs, dafs für jede radiale Zellreihe
nur eine Mutterzelle existirt, durch deren Thätigkeit bald Elemente zum
Xylem, bald zum Phloöm abgeschieden werden. Die Cambiummutterzelle
1) C. Sanio, Anatomie der gemeinen Kiefer (Pinus silvestris). Pringsheim’s
Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. Bd. IX. p. 54 ff.
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 1.
on
34 Krasege: Über das Wachsthum
resp. die Initiale wird durch eine tangentiale Längswand in zwei Toch-
terzellen getheilt, von denen die eine als Initiale weiter funktionirt, wäh-
rend die andere sich theilend als „Zwilling“ je nach ihrer Lage zur
Schwesterzelle entweder zum Phloö&m oder zum Xylem übertritt. Weitere
Theilungen kommen in der Regel nicht vor. Diese von Sanio festge-
stellte Zelltheilungsregel während des Dickenwachsthums von Pinus sü-
vestris hat indefs nur Gültigkeit für das Cambium im eigentlichen Sinne;
das Markstrahlenmeristem ist in Bezug auf Zelltheilungsvorgänge nicht
untersucht worden.
Was die sichere Beurtheilung der Zelltheilungsfolge im Cambium-
ringe betrifft, so ist meines Wissens zuerst von Sanio auf ein überaus
wichtiges Criterium aufmerksam gemacht worden, nämlich auf die Art und
Weise, wie die tangentialen Längswände seitlich in die Radıalwände über-
gehen. Je älter eine Tangentialwand ist, desto mehr sind die Winkel,
die sie mit den radialen Längswänden bildet, abgerundet. So sind, ganz
abgesehen von der Beschaffenheit der Zellwände selbst, in der Reihe II
von Fig. 1 Taf. II die Tangentialwände 5b und d sofort als später entstan-
den zu erkennen, als die Wände a und c, denn diese gehen in einem
ziemlich abgerundeten Bogen in die seitlichen Radialwände über, während
sich jene an die letzteren scharf ansetzen. Dieses Oriterium ist um so
werthvoller, weil es schwer ist, in dem eigentlichen Cambium die Alters-
folge der Tangentialwände allein aus ihrer Beschaffenheit genau zu be-
stimmen. Einfacher als im eigentlichen Cambium liesen meiner Meinung
nach die Verhältnisse im Markstrahlenmeristem des Verdickungsringes; ich
werde daher dasselbe bei der folgenden Darstellung der Zelltheilungsvor-
gänge während des Diekenwachsthums einiger Bäume zum Ausgangspunkt
nehmen.
In Fig. 1 der Tafel II, die einen Querschnitt durch einen Mark-
strahl nebst den angrenzenden Cambialreihen von Picea excelsa zur An-
schauung bringt, kann in dem Markstrahl m, wie ohne Weiteres aus der
Figur hervorgeht, nur eine Initiale vorhanden sein, die unter den Zellen
1 und 2 zu suchen ist. Gehört die Zelle 1 bereits zum Phloö&m, dann
ist Zelle 2 Initiale, und umgekehrt, ist Zelle 2 bereits Xylemelement, dann
muls Zelle 1 Initiale sein. In dem gerade vorliegenden Falle ist wohl
mit ziemlicher Gewilsheit die Zelle 2 als Initiale in Anspruch zu nehmen,
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 35
weil sie in ihrer ganzen radialen Ausdehnung rechts und links von zart-
wandigen, theilungsfähigen Zellen der Cambialreihen 7 und II begrenzt
wird, während die Zelle 1 zum gröfsten Theil an Zellen grenzt, die bereits
mehr oder weniger den Charakter völlig differenzirter Phloömelemente
angenommen haben (die Zellen 3 der Reihen / und /7).
Mit der Feststellung der Zelle 2 in dem Markstrahl m als Initiale
ist uns zugleich die Richtung angedeutet, in welcher die Mutterzellen der
den Markstrahl rechts und links begrenzenden Cambialreihen / und II
zu suchen sind. Es ist klar, dafs die Initialen dieser Reihen ungefähr
auf gleichem Niveau mit der Markstrahl-Initiale liegen müssen. Und schon
aus diesem Grunde, abgesehen von der Beschaffenheit der Zellen, darf in
der Reihe / oder // die Initiale nur unter den Zellen 4, 5, 6 und 7 ge-
sucht werden. Indefs welche von diesen Zellen in dem durch die Figur
dargestellten Momente die Funktion der Initiale besitzt, ist mit Sicherheit
nicht zu entscheiden. Betrachtet man die Zelle (6-+-7) bereits als Holz-
zwilling, dann kann nur die Zelle (4-5) die Initiale repräsentiren, die
sich gerade durch eine Tangentialwand in zwei Tochterzellen 4 und 5
getheilt hat. Möglich, wenn auch der Lage nach weniger wahrscheinlich,
ist jedoch auch das Umgekehrte, dafs nämlich die Zelle (4-5) bereits
zum Phloöm gehört, während die Zelle (6+-7) als Initiale funktionirt.
Wie im vorliegenden, so wird es in den meisten Fällen für das
eigentliche Cambium nicht leicht zu entscheiden sein, welche unter einer
bestimmten Anzahl von Zellen in einem gegebenen Momente gerade die
Initiale repräsentirt. Dieser Umstand ist indefs für die Beurtheilung der
Zelltheilungsvorgänge im Grofsen und Ganzen von untergeordneter Be-
deutung; die Hauptsache bleibt vielmehr, dafs die entwicklungsgeschicht-
liche Untersuchung die Annahme einer Initiale nothwendig macht, und
in dieser Hinsicht besteht zwischen dem Markstrahlenmeristem und dem
Cambium eine vollständige Übereinstimmung. Im Übrigen aber ergiebt
sich zwischen beiden Geweben ein wesentlicher Unterschied. Während
für das Cambium, soweit meine Untersuchungen bis jetzt reichen, überall
die Sanio’sche Regel bestätigt werden konnte, wonach die eine der aus
der Initiale hervorgegangenen Tochterzellen sich theilend zum Xylem oder
zum Phlo&m übertritt, geht ım Markstrahlenmeristem die eine Tochterzelle,
wie aus den Figuren 1, 2 und 5 auf Taf. II ohne weitere Erklärung her-
ar
36 Krasse: Über das Wachsthum
vorgeht, direkt ohne sich zu theilen entweder zu dem im Xylem oder
zu dem im Phloöm verlaufenden Theil des Markstrahls über. Aus diesem
Grunde erklärt sich auch — wenigstens zum Theil — die Thatsache,
dafs die Markstrahlzellen eine viel gröfsere radiale Ausdehnung besitzen,
als die angrenzenden Xylem- oder Phloömzellen.
In Bezug auf die Zelltheilungsvorgänge im Cambiumringe während
des Dickenwachsthums stimmen die Laubbäume in allen wesentlichen
Punkten mit den Nadelhölzern überein. Um hier indels in die fraglichen
Verhältnisse einen klaren Einblick zu bekommen, empfiehlt es sich, den
Cambiumring möglichst dicker Bäume und unter diesen Exemplare mit
nicht allzu lebhaftem Diekenwachsthum zu untersuchen. Denn erstens
nehmen mit der Diekenzunahme des Baumes auch die Cambiumzellen
wenigstens in tangentialer Richtung an Grölse zu, und zweitens pflegen
an langsamer wachsenden Bäumen die Altersunterschiede der Tangential-
wände deutlicher hervor zu treten.
Ohne besondere Combinationen von Seiten des Beobachters zu er-
fordern, liefert, wie schon vorhin bemerkt wurde, für das Markstrahlen-
meristem das mikroskopische Zellbild in den meisten Fällen direkt den
Beweis von dem Vorhandensein nur einer Initiale. So kann in Fig. 2
Taf. II, einem Querschnitt durch das Markstrahlenmeristem und den an-
srenzenden Cambialreihen von Populus, für den Markstrahl m nur eine
Initiale vorhanden sein und als solche wohl nur die Zelle 2 in Betracht
kommen, wobei es gleichgültig ist, ob die Wand « oder b die zuletzt
entstandene ist. Höchst wahrschemlich, was aber wegen der grolsen
Zartheit der Wände nicht sicher entschieden werden kann, ist Wand 5
am jüngsten, so dals vor ihrer Entstehung die Zelle (2-+3) als Initiale
functionirte.. Von diesem Stadium aus einen Schritt weiter rückwärts
gehend, gelangt man zur Zelle (142-3) als Initiale. Aus dieser sind
zunächst die beiden Tochterzellen 1 und (2-3) hervorgegangen, und
durch weitere Theilung dieser, die Initiale repräsentirenden Zelle (2-3),
die Zellen 2 und 3. Betrachtet man also, wie es auch höchstwahrschein-
lich in Wirklichkeit zutreffen wird, in dem Markstrahl m die Zelle 2 als
Initiale, so ist in den angrenzenden Cambialreihen für / die Zelle (3+-4)
und für // die Zelle (4-5) mit ziemlicher Gewilsheit als Initiale zu be-
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 37
zeichnen. In der Reihe // mufs dann die Zelle (6-7) bereits Holz- und
die Zelle (2-++3) bereits Phloömzwilling sein.
Ungefähr zu demselben Ergebnifs wird eine Betrachtung der Fig. 5
führen, die einen Querschnitt durch das Markstrahlenmeristem und einer
cambialen Zellreihe von Tilia grandıfolia darstellt. Auch hier gestattet
das Zellbild für die einzelnen Reihen m, m’, m’ des Markstrahlenmeristems
nur die Annahme einer Initiale, die unter den Zellen 1 und 2 zu suchen
ist. Da ferner in den Reihen des Markstrahlenmeristems die Tangential-
wände, welche auf die jüngsten Wände a, b und ce folgen, nach innen
sowohl wie nach aulsen successive an Alter zunehmen, so folgt daraus,
dafs die eine der aus der Initiale hervorgehenden Tochterzellen zu dem
im Xylem oder zu dem im Phlo&m verlaufenden Theil des Markstrahls
direkt ohne sich zu theilen übertritt.
In der dem Markstrahl angrenzenden Cambialreihe / Fig. 5 darf
die Initiale wohl nur unter den Zellen 3—6 gesucht werden. In dieser
Reihe tritt uns aber noch ein besonderer Fall entgegen. Die Zellen 5, 6,
7 verdanken ohne Zweifel ihre Entstehung einer zweimaligen Theilung
der Zelle (56-7), denn die Wände « und 5 sind, wie nicht nur aus
ihrer Beschaffenheit, sondern auch aus der Art und Weise, wie sie sich
mit den Radialwänden verbinden, hervorgeht, jünger als die Wände ce
und d. Sofern man nun die Zelle (3-4) als Initiale ansieht, liegt hier
in sofern eine Ausnahme von der Regel vor, als die Zelle (5+6-+-7)
nicht als Zwilling, sondern als Drilling zum Xylem übergekt. Will man
aber die Zelle (56) als Initiale ansprechen, dann ist in Bezug auf Zelle 7
die Annahme zu machen, dafs in ihr noch eine Tangentialwand auftritt,
oder dafs sie ohne sich zu theilen Xylemelement wird, was wiederum
eine Ausnahme von der Regel sein würde.
Beim Aufsuchen der Initialen kann unter Umständen die umsich-
tige Benutzung eines anderen, bisher noch unerwähnt gelassenen anato-
mischen Merkmals wesentliche Dienste leisten. Die tangentiale Ausdeh-
nung der Cambiumzellen nimmt bekanntlich während des Dickenwachs-
thums eines Baumes an Gröfse zu, allein nicht in dem Malse, als es die
Vergröfserung des Baumdurchmessers erfordert. Darum müssen noth-
wendig im Verdickungsring von Zeit zu Zeit radiale Längswände entstehen,
38 Krasge: Über das Wachsthum
wodurch eine Verdoppelung der Radialreihen herbeigeführt wird. Durch
eine einmalige Bildung einer solchen Radıalwand ist, wie leicht einzu-
sehen, die Dichotomirung einer radialen Zellreihe nur dann möglich, wenn
die Radıalwand in der Initiale auftritt. In diesem Falle wird die Initiale
in zwei Tochterzellen getheilt, von denen jede die Funktion einer Initiale
für eine neugebildete Radialreihe übernimmt. Die Constatirung der Neu-
bildung einer Radialwand im Cambiumringe ist sehr leicht, da gerade hier
die älteren Radialwände von ziemlicher Dicke sind.
Wo daher im Verdiekungsringe die Bildung einer radialen Längs-
wand stattfindet, darf man ziemlich sicher sein, die Inıtiale vor sich zu
haben. In der Reihe / der Fig. 3, einen Querschnitt durch das Cambium
von Ülematıs Vitalba darstellend, ist wohl mit Sicherheit die Zelle (5-5)
als Initiale zu deuten, weil in ihr die Bildung einer radialen Längswand
stattgefunden hat. Die Zellen 5 und 5’ sind die ersten und zugleich
Mutterzellen zweier neugebildeten Radialreihen. Fig. 4 zeigt bereits ein
weiteres Stadium der Verdoppelung einer Radialreihe in //. Zugleich
zeigt diese Figur, dafs die Radialwand bei der Dichotomirung einer Zell-
reihe nur einmal und nicht successive neugebildet wird, denn sie geht in
der Zelle (3+4-3'--4') gerade durch, während die Tangentialwände «
und 5b an verschiedenen Stellen auf die Radıalwand treffen und darum
später als diese entstanden sein müssen.
Wir brechen hier ab, denn das über die Zelltheilungsvorgänge im
Cambiumringe Mitgetheilte ist für die Zwecke, die wir hier verfolgen, genü-
gend. Meine Untersuchungen erstrecken sich auf folgende Pflanzen: Pıinus
Strobus, Pinus silWwestris, Picea excelsa, Salz, Populus, Almus, Tiha, Clematıs.
Hier konnte überall für das eigentliche Cambium die Sanio’sche Regel
bestätigt werden. Im Markstrahlenmeristem dagegen geht die
eine der Tochterzellen direkt, ohne sich zu theilen, je nach der
Lage zu ihrer als Initiale funktionirenden Schwesterzelle ent-
weder zu dem im Xylem oder zu dem im Phlo&m verlaufenden
Theil des Markstrahls über. Ausnahmen von diesen Regeln sind
mir bis jetzt bei den Coniferen nicht vorgekommen; unter den Laub-
hölzern konnte ich bei Salz und Populus das Auftreten von Tangential-
‚wänden aufserhalb des eigentlichen Verdickungsringes in den jungen
Holzzellen constatiren. Diese Zelltheilungen waren aber stets mit beson-
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 39
deren Wachsthumserscheinungen verbunden, auf die wir hier nicht näher
eingehen können.
2. Die soeben aufgefundenen Regeln für die Zelltheilungsvorgänge
im Cambiumringe verschiedener Bäume sind nicht blos in entwicklungs-
geschichtlicher Hinsicht, sondern speciell noch in Bezug auf unsere ex-
perimentell festgestellten Thatsachen von Wichtigkeit; denn mit diesen
Regeln ist uns die Möglichkeit gegeben, wenigstens für die Coniferen den
Antheil zu bestimmen, den einerseits die Initiale, andererseits ihre zum
Xylem übertretenden Descendenten an der Erzeugung eines beliebig dicken
Jahrringes nehmen. Die Beschränkung dieser Möglichkeit auf die Coni-
feren geschieht deshalb, weil für die fragliche Antheilsbestimmung aulser
den obigen Zelltheilungsregeln noch zwei weitere Momente erforderlich
sind. Einmal darf die im Verdiekungsring bestehende Anordnung der
Zellen in radialen Reihen während der Differenzirung der jungen Holz-
zellen keine Störung erfahren, so dafs auch im fertigen Jahrringe die
Zellenzahl irgend einer Radialreihe genau bestimmt werden kann, und
dann muls die Gröfse resp. radiale Ausdehnung der Initiale entweder un-
mittelbar vor oder nach einer Theilung bekannt sein. Da bei der Mehr-
zahl der Laubbäume die radiale Anordnung der Zellen, wie sie im Cam-
biumringe besteht, später durch secundäre Wachsthumsvorgänge (Gefäls-
bildung u. s. w.) mehr oder weniger vollständig verwischt wird, so ist
hier von vornherein an eine genaue Bestimmung des Antheils, den die
verschiedenen Zellen an der Bildung eines Jahrringes nehmen, nicht zu
denken.
Bezüglich der Initiale darf wohl die Annahme, die im Allgemei-
nen mit der Wirklichkeit übereinstimmt, gemacht werden, dafs ihre ra-
diale Ausdehnung an irgend einem Baume oder an irgend einer Region
eines solchen constant bleibt, d. h. dafs sie jedesmal im Moment der
Theilung dieselbe Gröfse besitzt. Hat eine sich zur Theilung anschickende
Initiale die radiale Ausdehnung von 8 mik., so wird sie, bevor eine wei-
tere Theilung eintritt, wiederum auf die Gröfse von 8 mik herangewach-
sen sein müssen. Es darf ferner die mit der Wirklichkeit ebenfalls im
Allgemeinen übereinstimmende Annahme gemacht werden, dafs die Ini-
40 Krasse: Über das Wachsthum
tiale durch die Bildung einer tangentialen Theilungswand jedesmal halbirt
wird.
Erinnern wir uns nach diesen Auseinandersetzungen wiederum an
die Zelltheilungsregeln, so braucht offenbar, um für das Markstrahlenge-
webe den Antheil zu bekommen, den die Initiale an der Bildung des Xy-
lemstrahls nimmt, nur die Zellenzahl einer Radıalreihe des Markstrahls
mit der radialen Ausdehnung der Initiale unmittelbar nach stattgefunde-
ner Theilung multiplieirt zu werden. Besitzt die Initiale eine radiale Aus-
dehnung von 8 mik., während die Zellenzahl einer radialen Markstrahlzell-
reihe 50 beträgt, dann ist das Wachsthum der Initiale = 50.8 — 400 mik.
Bei einem Jahrringe von 1000 mik. Dicke würde in diesem Falle die Ini-
tiale mit 400 mik. betheilist sein, während der Rest, 600 mik., auf das
Wachsthum der xylemwärts abgeschiedenen Descendenten, oder, da sich
diese nicht mehr theilen, auf blofse Zellstreckung käme.
Genau in derselben einfachen Weise gelangt man zur Kenntnils
des Antheils, den die eigentliche Cambium-Initiale an der Ablagerung ir-
gend eines Jahrringes nimmt. Nur ist hier nicht zu vergessen, dafs die
eine von den aus der Initiale entstandenen Tochterzellen nicht direkt wie
beim Markstrahl, sondern sich erst theilend zum Xylem übergeht. Hier
im eigentlichen Cambium darf also die Gröfse der Initiale nach einer
Theilung nur mit der halben Zellenzahl einer Radialreihe multiplieirt
werden. Hat die Cambium-Initiale im Moment der Theilung in radialer
Richtung eine Ausdehnung von 8mik., so dafs nach Bildung der Thei-
lumgswand der radıale Durchmesser jeder Tochterzelle 4 mik. beträgt, wäh-
rend auf eine Radialreihe des Jahrringes 100 Zellen kommen, dann be-
läuft sich das Wachsthum der Initiale auf 50.4 = 200mik. Den Jahr-
ring wiederum zu emer Dicke von 1000 mik. angenommen, kommen in
diesem Falle 800 mik. auf das Wachsthum der von der Initiale xylemwärts
abgeschiedenen Zellen. Allein diese 800 mik. dürfen nicht ohne Weiteres,
da sich ja jedesmal das jüngste Xylemelement noch theilt, auf Kosten
der Zellstreekung gesetzt werden. Nach meinen Beobachtungen darf von
diesem jüngsten Xylemelement die Annahme gemacht werden, dafs es im
Moment der Theilung dieselbe radiale Ausdehnung besitzt, wie die in
gleichem Zustande befindliche Initiale; dasselbe stimmt also mit der letz-
teren bezüglich der Wachsthumsgröfse genau überein. Diese beträgt da-
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 41
her in unserem Falle ebenfalls 200 mik. Für das eigentliche Xylem be-
kommt man also durch Multiplication der Gesammtzellenzahl einer Radial-
reihe mit der Grölse der Initiale nicht blos den Antheil dieser, sondern
auch denjenigen des jüngsten Xylemelementes, oder, da sich die übrigen
Holzzellen nicht mehr theilen, denjenigen Antheil, den das mit Zellthei-
lungen verbundene Wachsthum an der Erzeugung eines Jahrringes nimmt.
Dieses Wachsthum beträgt in dem angeführten Beispiele demnach 400 mik.;
durch den Rest, 600 mik., ist die Gröfse der Zellstreckung resp. das
Wachsthum der jungen Holzzellen gegeben.
Nach den vorstehenden Erörterungen sind während der Ausbildung
eines Jahrringes in jeder radıalen Zellreihe oder in der ganzen aus diesen
einzelnen Reihen gebildeten ringförmigen Gewebeschicht hinsichtlich des
Dickenwachsthums zwei Zonen streng auseinander zu halten, einmal die
Zone, in der das Wachsthum von Zelltheilungen, bestehend in der Bil-
dung tangentialer Längswände, begleitet wird, und dann die Zone, in der
blofse Zellstreckung stattfindet. Die Zelltheilungszone ist, wie ich
in terminologischer Hinsicht bemerken will, für mich mit dem
Verdickungsring identisch; alle blos streckungsfähigen Zellen
rechne ich nicht mehr zu diesem, sondern als junge Holzzellen
bereits zum Splint. Hiernach gilt für die Bestimmung des Antheils,
den die Zellen des Verdiekungsringes einerseits und die jungen Holzzellen
andererseits an der Erzeugung eines Jahrringes nehmen, folgender allge-
mein gültige Satz: Der Antheil des Verdickungsringes (der Zell-
theilungszone) an der Bildung eines Jahrringes von beliebiger
Dicke ist gleich dem Product aus der Zellenzahl einer Radial-
reihe und der radialen Ausdehnung der Initiale nach stattge-
fundener Theilung; der Rest giebt die Grölse der Zellstreekung
oder das Wachsthum der jungen Holzzellen an. Zwischen dem
Wachsthum der Cambiumzellen und der jungen Holzzellen besteht dem-
nach ein bestimmtes Verhältnils, welches in jedem einzelnen Falle nach
dem vorstehenden Satze bestimmt werden muls. Dafs mit diesem Satze,
was die Initiale betrifft, nicht deren Gesammtwachsthum gefunden werden
kann, versteht sich wohl von selbst; um dieses zu ermitteln, ist noch
ihre phlo&mwärts gerichtete Thätigkeit, die uns vorläufig aber nicht in-
teressirt, in Rücksicht zu ziehen.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 6
42 Krasse: Über das Wachsthum
Noch einige weitere Punkte sind, bevor wir in eine Besprechung
der Experimente eintreten können, klar zu legen. Was zunächst die all-
mählige Vergröfserung des tangentialen Durchmessers der Zellen während
der Diekenzunahme eines Baumes betrifft, so brauchen wir uns hier bei
diesem Gegenstande nicht aufzuhalten, denn diese tangentiale Verbreiterung
darf, so weit die angestellten Experimente in Frage kommen, ohne Wei-
teres gleich Null gesetzt werden. Zur Rechtfertigung dieses Verfahrens
wird die Bemerkung genügen, dals es sich in den Versuchen nur um die
Ausbildung eines Jahrringes an ziemlich dicken Bäumen (von durchschnitt-
lich einem halben Meter Umfang) handelt. Da nun der Verdiekungsring
nach innen auf einem festen Holzkörper ruht, und da ferner an cylinder-
förmigen Organen das Wachsthumsbestreben der Zellen in tangentialer
Richtung nothwendig im Gleichgewicht stehen mufs, so ist, abgesehen von
der Längsrichtung, Wachsthum der einzelnen Zellen einer Radialreihe nur
in radialer Richtung nach aufsen hin möglich. Aufserdem kann dieses
Wachsthum nur dann vor sich gehen, wenn jede wachsthumsfähige Zelle
ein bestimmtes Gewicht zu heben im Stande ist, dessen Gröfse durch den
radialen Rindendruck gegeben ist. Es ist nun, so lange die Zellen nicht
einfach zerdrückt werden, ganz unmöglich, durch eine auch noch so hohe
Steigerung des Rindendruckes den tangentialen Durchmesser einer radıalen
Zellreihe irgendwie zu verändern. Man kann das Wachsthum einer Radial-
reihe wohl mit dem Wachsthum eines Zellfadens vergleichen, der, in einem
an einem Ende offenen Glasrohre eingeschlossen, sich nur nach einer
Richtung auszudehnen vermag, und hierbei ein auf seinem Scheitel lasten-
des Gewicht zu heben gezwungen ist. Wie eine Vergrölserung dieses
Gewichts an dem Zellfaden senkrecht zur Axe des Glasrohres gar keine
Dimensionsänderung hervorzurufen im Stande ist, so kann auch die Wir-
kung einer Rindendrucksteigerung auf das Wachsthum der Radıalreihen
in tangentialer Richtung gar nicht zum Ausdruck gelangen.
Steigert man nun an irgend einem Baume oder Aste, dessen Dicken-
wachsthum unter normalen Verhältnissen unter einem Druck von einer
Atmosphäre vor sich geht, diesen Rindendruck in irgend einer Weise, etwa
auf 5 Atmosphären: was wird die Folge hiervon sein? Soviel ist wohl
mit Bestimmtheit vorauszusagen, dafs unter einem auf 5 Atmosphären ge-
steigerten Rindendruck ein geringeres Wachsthum stattfinden wird, dafs
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 45
unter diesen Umständen ein Jahrring vielleicht nur die Hälfte der Dicke
erreicht, zu der er sonst herangewachsen sein würde. Das ist aber auch
alles. Sobald man einen Schritt weiter gehend sich die Frage vorlegt,
welche Wirkung eine derartige Drucksteigerung auf die Form und Gröfse
der einzelnen Zellen, also auf die Differenzirung des Holzkörpers ausüben
mufs, sind wir nicht mehr im Stande, eine bestimmte Antwort zu geben.
Zwar hat man es bisher als etwas ganz Selbstverständliches hingestellt, dafs
durch eine Rindendrucksteigerung nicht blos eine Herabsetzung des Ge-
sammtwachsthums veranlafst, sondern auch die Ausbildung von kleineren
Zellen verursacht werden müsse. Das sind aber, wie später noch genauer
dargelest werden soll, ganz irrthümliche Ansichten. Wachsthumsver-
minderung allein kann niemals die Ursache der Entstehung
kleinerer Zellen sein.
Es wurde bereits festgestellt, dafs das Wachsthum des Verdickungs-
ringes und dasjenige der jungen noch undifferenzirten Holzzellenschicht
in bestimmter arıthmetischer Beziehung zu eimander vor sich geht, und
dals ebenso im Cambiumringe zwischen Wachsthum und Zelltheilung ein
bestimmtes Verhältnils besteht. Nun liegt a priori gar kein Grund vor
anzunehmen, dafs in Folge einer Verminderung des Gesammtwachsthums
an diesen Verhältnissen irgend etwas geändert werde. Tritt aber eine
solche Änderung nicht ein, dann kann eine Rindendrucksteigerung wohl
die Ausbildung einer Holzschicht von geringerer Dicke als sonst im Ge-
folge haben, allein die einzelnen Zellen werden unter dem erhöhten Druck
genau dieselbe Gröfse bekommen, wie die unter normalem Rindendruck
stehenden Zellen.
Man nehme einmal der Einfachheit wegen an, an der Bildung
eines Jahrringes betheilige sich nur der Verdickungsring, die definitive
Gröfse der Holzzellen sei also nach jedesmaliger Theilung des jüngsten
Xylemelementes erreicht, so ist doch offenbar eine durch Steigerung des
Rindendruckes verursachte Wachsthumsverminderung für sich allein unzu-
reichend, um die Erzeugung von kleineren Zellen zu veranlassen. Denn
die Zellen des Verdickungsringes, die sich unter normalen Verhältnissen
jedesmal bei einer Ausdehnung z. B. von 10 mik. getheilt haben würden,
brauchen ja unter gesteigertem Rindendruck, mag das Wachsthum noch
so sehr verlangsamt sein, sich nicht früher zu theilen, als bis sie ihre
6*
44 KrasBeE: Über das Wachstrnm
normale Grölse, d. h. eine Ausdehnung von 10 mik. erlangt haben. Zellen
von geringerem Durchmesser können in diesem Falle erst dann zur Aus-
bildung gelangen, wenn in Folge einer Drucksteigerung nicht blos das
Wachsthum vermindert wird, sondern auch das zwischen Wachsthum und
Zelltheilung bestehende Verhältnifs eine Änderung erfährt, wenn sich die
Zellen unter grölserem Druck bereits theilen, bevor sie ihre normale Aus-
dehnung erlangt haben. Es muls mit anderen Worten durch Steigerung
des Druckes die Zelltheilung im Verhältnifs zum Wachsthum beschleunigt
werden. Doch es wird besser sein, diese Erörterungen hier abzubrechen,
um sie an der Hand concreter Beispiele wieder aufzunehmen.
IV.
Steigerung des Rindendruckes.
1. Nadelhölzer.
Um möglichst wenig aus dem Zusammenhang mit dem im vorher-
gehenden Capitel Gesagten heraus zu kommen, halte ich es für zweck-
mälsig, die für die Coniferen gewonnenen Thatsachen für sich gesondert
zur Darstellung zu bringen, denn bei den Nadelhölzern erfährt die radiale
Anordnung der Cambiumzellen auch während der Differenzirung des Holz-
körpers keine Störung. Für die Versuche hatte ich zwei Arten, Picea
excelsa und Pinus Strobus ausgewählt; das Folgende basirt indefs nur auf
den an Prcea ewcelsa ausgeführten Experimenten. Die an Pinus Strobus
angebrachten Ketten wurden im Laufe des Sommers zu wiederholten
Malen zerstört oder fortgenommen.
In erster Linie hebe ich als wichtiges Ergebnifs hervor, dals eine
Steigerung des normalen Rindendruckes, der bekanntlich bei den Nadel-
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 45
hölzern etwa eine halbe Atmosphäre beträgt, auf das Zwei- bis Dreifache
nicht im Stande ist, einen irgendwie nachweisbaren Einfluls auf das
Dickenwachsthum eines Baumes auszuüben. Ja an Bäumen von nicht
weniger als einem halben Meter Umfang dürfen die Ketten sogar mit 25
bis 30 Kilogramm gespannt werden, ohne dafs dadurch das Wachsthum
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen herabgesetzt würde.
Erst durch eine Steigerung des normalen Rindendruckes auf 5 bis 5 At-
mosphären ist es zu erreichen, dafs das Dickenwachsthum eines Baumes
unter der Kette hinter dem normalen Wachsthum zurückbleibt. So hatte,
um ein paar Fälle herauszugreifen, an einem Baume der Theil des Jahr-
ringes, der unter einem Druck von 4 Atmosphären entstanden war, nur
eine Dicke von 1,5 mm erreicht, während än demselben Baume der un-
ter normalem Rindendruck gebildete Jahrring einen Durchmesser von 2 mm
besals.. An einem andern Baume war der Jahrring unter einem Ketten-
druck von 5 Atmosphären ungefähr um ein Drittel hinter dem normal
gewachsenen Theil des Jahrringes zurückgeblieben. Sobald der Druck
eine solche Höhe erreicht, dafs das Dickenwachsthum beeinflufst wird,
gilt für dasselbe Object im Allgemeinen der Satz: Je grölser der Druck
ist, der auf dem Cambiumring lastet, ein um so geringeres Wachsthum
findet während einer Vegetationsperiode statt.
Was sodann, abgesehen von der Verminderung des Gesammtwachs-
thums, die Einwirkung einer Rindendrucksteigerung auf die Differenzirung
des Holzkörpers betrifft, so gelangen stets, wenn der Druck 4 bis 5 At-
mosphären erreicht oder übersteigt, Zellen von geringerem radialen Durch-
messer, als unter gewöhnlichem Rindendruck zur Ausbildung. Für der-
artige Vergleiche dürfen natürlich nur Zellen, die derselben Zone eines
Jahrringes angehören, herangezogen, also Frühlingsholzzellen nur mit Früh-
lingsholzzellen u. s. w. verglichen werden. Dafs es sich ferner bei all die-
sen Vergleichen von Zellgröfsen der Nadelhölzer nur um die radiale Aus-
dehnung handeln kann, versteht sich nach dem vorausgegangenen Capitel
von selbst.
Von dem Augenblicke an, wo ein Druck auf die Differenzirung
des Holzkörpers einzuwirken anfängt, nimmt im Grofsen und Ganzen die
Ausdehnung der Holzzellen der Drucksteigerung proportional ab. Holz-
schichten von gleicher Dicke vorausgesetzt, mu[s demnach die Zellenzahl
46 Krasse: Über das Wachsthum
einer Radialreihe oder einer ganzen aus solchen Reihen gebildeten Holz-
schicht um so gröfser sein, je höher der Druck war, unter dem sich eine
solche Schicht bildete.
Wie durch verschiedene Messungen festgestellt wurde, kamen an
einem Versuchsobjecte von dem unter 4 Atmosphären entstandenen Früh-
lingsholze 6 Zellen auf 5 Zellen des normalen Frühlingsholzes. Dieser
Druck von 4 Atmosphären hatte also die Wirkung gehabt, dafs jede Holz-
zelle um ein Sechstel hinter der normalen Ausdehnung zurückgeblieben
war. In einem andern Falle hatten 5 Zellen des unter einem Druck von
5 Atmosphären entstandenen Frühlingsholzes dieselbe radiale Ausdehnung
wie 4 Zellen des unter normalem Rindendruck gebildeten Frühlingsholzes.
Hier waren also die unter erhöhtem Rindendruck entstandenen Zellen um
ein Fünftel hinter der normalen Grölse zurückgeblieben.
Diese Gröfsenvergleiche wurden mit bereits fertigen Zellen vor-
genommen. Es fragt sich nun, ob derartige Differenzen schon an der Bil-
dungsstätte der Zellen, im Cambiumringe, zu constatiren sind, eine Frage,
die nur während des Dickenwachsthums eines Baumes geprüft werden
kann. Ich habe diesbezügliche Messungen anfangs Juni, also noch zur
Zeit der Frühlingsholzbildung durchgeführt und zwar so, dafs in einer
Radialreihe die Ausdehnung von 5 bis 8 Zellen gemessen wurde, die sich
aus der Initiale und deren jüngsten in Theilung begriffenen Descendenten
zusammen setzten. Wenn auch eine derartige Zellgruppe nicht alle thei-
lungsfähigen Zellen enthalten sollte, so bleibt doch deshalb die Messung
fehlerfrei; es ist nur dafür zu sorgen, dafs nicht junge, bereits in Streckung
begriffene Holzzellen mit gemessen werden, was indefs sehr leicht ver-
mieden werden kann. Das folgende Beispiel mag zeigen, wie die Messun-
gen ausgeführt wurden.
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 47
1.
Gröfse der Cambiumzellen unter einem Druck von 4 Atmosphären.
(5. Juni.)
Nummer Zellenzahl Ausdehnung
I 5 32 mik.
II 5 s
III 5 "
IV 6 N
B% 6 r
VI 5 4
Ausdehnung einer Zelle — 6 mik.
2.
Gröfse der Cambiumzellen desselben Baumes unter normalem Rindendruck.
(5. Juni.)
Nummer Zellenzahl Ausdehnung
32 mik.
ao na 9
Ausdehnung einer Zelle — 6 mik.
48 Krasse: Über das Wachsthum
Derartige Messungen haben nun zu dem Ergebnifs geführt, dafs
die Gröfse der theilungsfähigen Zellen von einer Drucksteigerung unbe-
einflufst bleibt. Die radiale Ausdehnung der Oambiumzellen
eines Baumes oder Astes bleibt unter jedem beliebigen Druck
dieselbe. In andere Worte gekleidet sagt diese Thatsache, dals das un-
ter normalem Rindendruck im Cambiumringe bestehende Verhältnifs zwi-
schen Wachsthum und Zelltheilung durch Erhöhung des Rindendruckes
nicht geändert werden kann. Eine Cambiumzelle, die sich unter norma-
len Umständen jedesmal bei einer radıalen Ausdehnung z. B. von 10 mik.
durch eine Tangentialwand theilt, wird auch unter gesteigertem Rinden-
druck ihr Verhalten nicht ändern; sie wird sich, so lange überhaupt
Wachsthum möglich ist, nicht früher und nicht später theilen, als bis sie
ihre normale Ausdehnung erreicht hat. Wäre daher an der Bildung eines
Jahrringes nur allein der Verdickungsring betheiligt, dann hätten wir den
am Schlufs des vorigen Oapitels erörterten Fall: es könnte unter gestei-
gertem Rindendruck wohl ein Jahrring von geringerer Dicke als sonst
entstehen, allein die einzelnen Zellen desselben würden die normale Gröfse
besitzen. Da also in einem Jahrringe alle Zellen einer Radialreihe bei
der Geburt gleich grofs sind, wie hoch auch immer der Druck sein mag,
unter dem der Cambiumring steht, so müssen sich dıe Gröfsenunterschiede
der unter ungleich hohem Druck entstandenen Holzzellen erst während
der Differenzirung des Holzkörpers herausbilden.
Jetzt erst, nach Gewinnung dieser Thatsachen, sind wir im Stande,
die Frage zu erörtern, warum die jungen Holzzellen unter genügend ge-
steisertem Rindendruck nicht mehr ihre normale Gröfse zu erreichen ver-
mögen, denn mit einer blofsen Wachsthumsverminderung ım Allgemeinen
ist diese Erscheinung keineswegs erklärt.
Um wiederum an die Ausführungen im vorhergehenden Capitel zu
erinnern, so sind während der Ausbildung eines Jahrringes bezüglich des
Dickenwachsthums zwei Zonen zu unterscheiden, einmal die Zelltheilungs-
zone, gleichbedeutend mit dem Cambiumringe, und dann die Zone der
blofsen Zellstreckung, d. h. die junge Holzzellenschicht. Das Wachsthum
beider Zonen steht in einem bestimmten Verhältnifs zu einander, welches
nach dem im vorausgehenden Capitel gewonnenen Satze für jeden Einzel-
fall ermittelt werden kann. Das Wachsthum dieser Zonen wird nun, wie
des Verdicekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 49
ich hier schon im Voraus bemerken will, von einer Rindendrucksteigerung
in ganz ungleichem Mafse beeinflufst. Das Verhältnifs, welches unter
gewöhnlichem Rindendruck zwischen den ‚Wachsthumsgröfsen der frag-
lichen Zonen besteht, bleibt unter hinreichend erhöhtem Rindendruck
nicht mehr dasselbe; es erfährt vielmehr eine Änderung zu Ungunsten der
jungen Holzzellen. Wir wollen diesen Punkt an einem beliebig gewählten
Beispiele klar zu legen suchen.
In Fig. 8 Taf. II sind aus dem Frühlingsholze eines Jahrringes
von Picea excelsa zwei radıale Zellreihen schematisirt dargestellt, von
denen A unter normalem, B dagegen unter einem auf 5 Atmosphären ge-
steigerten Rindendruck entstanden ist. Dieser Druck hat für B nicht
blos eine Verminderung des Gesammtwachsthums, sondern auch die Aus-
bildung von kleineren Zellen zur Folge gehabt. Wie man aus der Figur
sieht, kommen genau 4 Zellen der Reihe A auf die 5 Zellen der Reihe B.
Die Zellreihe A hat eine Länge von 90, B eine solche von 60 mik. Dem-
nach ist das Wachsthum der Reihe B um ein Drittel hinter dem normalen
in A zum Ausdruck kommenden Wachsthum zurückgeblieben.
Bezüglich des Cambiumringes, aus dem die Holzzellreihen A und
B hervorgegangen sind, sei die Annahme gemacht, dafs sich dessen Zellen
während der Entstehung von A und B jedesmal bei einer Ausdehnung
von 10 mik. theilten. Ob diese Voraussetzung mit der Wirklichkeit über-
einstimmt oder nicht, ist für die Sache, auf die es hier ankommt, gleich-
gültig; hier ist nur die Thatsache wichtig, dafs durch eine Rindendruck-
steigerung das Verhältnils zwischen Wachsthum und Zelltheilung im
Cambiumringe nicht gestört wird. Demnach vertheilt sich das Gesammt-
wachsthum der Reihe A nach dem im vorigen Capitel gefundenen Satze
auf die verschiedenen Wachsthumszonen folgendermalsen:
Wachsthum der Cambiumzelen . . . =6.5—= 30 mik.
Wachsthum der jungen Holzzellen = 90 — 30 — 60 mik.
Gesammtwachsthum = 90 mik.
Unter gewöhnlichem Rindendruck verhält sich demnach im vor-
liegenden Falle das Wachsthum der Cambiumzellen zu demjenigen der
jungen Holzzellen wie 30:60—=1:2. Ist nun dieses Verhältnifs bei der
unter gesteigertem Rindendruck entstandenen Zellreihe B dasselbe geblie-
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 1. 7
50 Krasse: Über das Wachsthum
ben? Wofern keine Verschiebung in diesem Verhältnisse stattgefunden
hat, müssen an dem Gesammtwachsthum der Reihe B von 60 mik. die
Cambiumzellen mit 20 mik., die jungen Holzzellen dagegen mit 40 mik.
betheiligt sein, denn 20:40 ist gleich 1:2. In Wirklichkeit aber gestaltet
sich die Sache wesentlich anders, und zwar folgendermalsen:
Wachsthum der Cambiumzelen .. . —=5.5—25 mik.
Wachsthum der jungen Holzzelen —60 — 25 —35 mik.
Gesammtwachsthum = 60 mik.
Unter dem auf 5 Atmosphären gesteigerten Rindendruck ist zwar
das Gesammtwachsthum um 30 mik. zurückgegangen, allein während dieser
Wachsthumsverminderung hat zugleich eine allmählige Verschiebung in
dem Verhältnisse, welches unter gewöhnlichem Rindendruck zwischen den
Wachsthumsgröfsen der Cambium- und der jungen Holzzellen besteht, zu
Gunsten der ersteren resp. zu Ungunsten der letzteren stattgefunden; denn
das Wachsthum der Cambiumzellen ist unter dem gesteigerten Rinden-
druck nicht von 30 auf 20, sondern nur auf 25 mik., das Wachsthum
der jungen Holzzellen nicht von 60 auf 40, sondern auf 35 mik. gesunken.
Das aber ist nicht mehr das ursprüngliche Verhältnifs von 1:2, sondern
von 1:1,4. Von einer Rindendrucksteigerung wird also das
Wachsthum der jungen Holzzellen in einem verhältnifsmälsig
viel höherem Malse beeinflulst als das Wachsthum der Cam-
biumzellen.
Dies ist nach meinen Experimenten die alleinige Ursache davon,
dafs die jungen Holzzellen unter gesteigertem Rindendruck nicht mehr
auf die normale Gröfse heranzuwachsen vermögen. Wachsthumsvermin-
derung für sich allein, um diesen Punkt hier nochmals hervorzuheben,
kann niemals die Ausbildung von kleineren Zellen zur Folge haben. Hierzu
ist aufser einer Verlangsamung des Gesammtwachsthums noch nothwendig,
dafs entweder das ursprüngliche Verhältnifs zwischen Wachsthum und
Zelltheilung im Cambiumringe oder das Verhältnifs zwischen den Wachs-
thumsgröfsen der Cambium- und der Holzzellen oder beides zugleich
alterirt werde. Wäre, wie an unserem Beispiele noch speciell gezeigt
werden mag, während der Entstehung der Reihe B ohne Änderung der
unter normalem Rindendruck bestehenden Beziehungen zwischen den Zu-
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 5l
wachsgröfsen der verschiedenen Zonen das Wachsthum der Cambium-
zellen von 30 auf 20 mik., dasjenige der jungen Holzzellen von 60 auf
40 mik. gesunken, dann könnten in der Reihe B nicht 5 sondern nur
4 Zellen vorhanden sein. Denn um ein cambiales Wachsthum von 20 mik.
für B zu’ bekommen, genügt eine Multiplieation der radialen Ausdehnung
der Initiale (5 mik.) mit 4. Da sich diese 4 Cambiumzellen von 20 mik.
Ausdehnung, bevor der fertige Zustand erreicht wird, noch um 40 mik.
strecken, so haben sie schliefslich eine radiale Ausdehnung von 60 mik.,
d.h. genau dieselbe Gröfse wie 4 Zellen der Reihe A. Wenn also das
Wachsthum der Cambiumzellen und dasjenige der jungen Holzzellen ohne
Störung der ursprünglichen Beziehungen unter gesteigertem Rindendruck
abnimmt, dann ist die Entstehung kleinerer Zellen unmöglich. Dies
könnte unter solehen Umständen nur der Fall sein, wenn das Verhältnifs
zwischen Wachsthum und Zelltheilung im Cambiumringe eine Änderung
erfahren würde. Speciell in unserem Falle hätten sich die theilungs-
fähigen Zellen, um für B mit 5 Zellen ein cambiales Wachsthum von
20 mik. zu bekommen, nicht erst bei 10 mik., sondern bereits bei 8 mik.
Ausdehnung theilen müssen; es hätte also im Verhältnifs zum Wachs-
thum eine Beschleunigung der Zelltheilung stattfinden müssen. Da dies
aber nach unseren Experimenten in Wirklichkeit nicht vorkommt, so er-
giebt sich eben nothwendig, dals die jungen noch streckungsfähigen Holz-
zellen dem Einfluls einer Rindendrucksteigerung in verhältnifsmälsig viel
höherem Mafse unterworfen sind als die Cambiumzellen. Das Mais dieser
ungleichen Beeinflufsung der verschiedenen Wachsthumszonen, welches im
Wesentlichen von der Höhe des Druckes abhängt, für jeden einzelnen Fall
speciell hier anzugeben, ist nicht meine Absicht. Es genügt mir hier,
den Nachweis geliefert zu haben, dafs in Folge genügender Rindendruck-
steigerung eine Verschiebung in dem Verhältnils, welches unter normalem
Rindendruck zwischen dem Wachsthum der Cambium- und der jungen
Holzzellen besteht, zu Ungunsten der letzteren stattfindet und stattfinden
muls, wenn überhaupt kleinere Zellen zur Ausbildung gelangen sollen.
Zunächst ergiebt sich aus dem Vorstehenden, um bei dem direkten
logischen Zusammenhang der Thatsachen zu bleiben, dafs bei successiver
Drucksteigerung endlich ein Moment kommen muls, von dem an keine
Zellstreckung mehr stattfinden kann, sondern nur noch ein cambiales
Te
52 KrapgBEeE: Über das Wachsthum
Wachsthum möglich ist. Dem ist in der That so. Nur pflegen sich mit
dem Eintritt dieses Zustandes anderweitige Complicationen einzustellen,
wodurch eine sichere Beurtheilung der Erscheinungen äufserst erschwert
wird. In erster Linie ist zu bemerken, dafs man mit einem jede Zell-
streckung verhindernden Druck in die Nähe der Wachsthumsgrenze kommt,
in der das Wachsthum so langsam von statten geht, dafs selbst während
einer ganzen Vegetationsperiode nur eine relativ sehr dünne Holzsehicht
zur Ausbildung gelangt. So hatten an einem Exemplare von Pıcea exwcelsa
unter local sehr gesteigertem Rindendruck (mindestens 10 Atmosphären)
Mitte Juni erst wenige Zelltheilungen stattgefunden, während zu dieser
Zeit an demselben Baume oberhalb und unterhalb der Kette bereits eine
ziemlich dicke Holzschicht entstanden war. In Fig. 6 Taf. II ist ein
Querschnitt, der im Juni durch das Cambium eines solchen Baumes ge-
macht wurde, dargestellt. Die verdickten Zellen sind die äulsersten Herbst-
holzzellen des vorausgehenden Jahrringes. Wie diese Figur zeigt, hat in
den einzelnen Reihen (7, IZ, III) nicht nur eine äulserst geringe Anzahl
von Zelltheilungen stattgefunden, sondern die einzelnen Zellen unter-
scheiden sich auch bezüglich ihrer Gröfse sehr wenig von den Herbstholz-
zellen des vorausgehenden Jahrringes.
Betreffs der Wachsthumsgrenze drängt sich ferner die Frage auf,
ob in ihrer Nähe die für die Zelltheilungsfolge im Cambiumringe festge-
stellten Regeln noch zu Recht bestehen bleiben. Es ist mehr als wahr-
scheinlich, dafs unter sehr hohem Druck, der eine bedeutende Verlang-
samung des Wachsthums bedingt, die eine von den beiden Tochterzellen
der Initiale ohne sich zu theilen — weil sie die hierzu erforderliche Gröfse
nicht mehr zu erreichen vermag — zum Xylem übergeht. Ich schliefse
dies zum Theil daraus, dafs zuweilen in der Nähe der Wachsthumsgrenze
die jungen Holzzellen eine grölsere radiale Ausdehnung besitzen als die
Cambiumzellen, was nur möglich ist, wenn das jüngste Xylemelement
zwar noch wächst, aber nicht soviel, um sich theilen zu können. Hier-
mit ist dann ferner der Beweis geliefert, dals ein sehr hoch gesteigerter
Rindendruck auf die verschiedenen Zellen des Cambiumringes in verschie-
denem Mafse einwirkt, denn die eine der Tochterzellen, welche als Initiale
weiter functionirt, wird in ihrem Wachsthum weniger beeimflufst, als die
andere zum Xylem übertretende.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 53
Es würde hier die Versuchung sehr nahe liegen, im Anschlufs an
die obigen Erörterungen auf die Herbstholzbildung, wie sie sich unter
normalen Wachsthumsverhältnissen vollzieht, näher einzugehen, stände
nicht zu befürchten, damit zu weit vom eigentlichen Thema abzukommen.
Darum mufs ich mich auf einige Bemerkungen beschränken. So weit
man nur die radıale Ausdehnung der Holzelemente in Betracht zieht, hat
die normale Herbstholzbildung der Coniferen ebenfalls darin seinen Grund,
dals das Verhältnifs zwischen den Wachsthumsgrölsen der Cambium- und
der Holzzellen im Laufe der Vegetationsperiode zu Ungunsten der letzteren
eine Änderung erfährt. Bestand im Frühling zwischen den Zuwachs-
grölsen der Zelltheilungs- und der Zellstreekungszone das Verhältnifs von
1:2, so hat sich dieses schliefslich im Herbst bis 1:0,5 und vielleicht
noch mehr zu Gunsten der Cambiumzellen geändert. Was also die
Grölsenverhältnisse der Zellen betrifft, so besteht zwischen der normalen
Herbstholzbildung und der zur Frühlingszeit unter sehr hohem Druck
stattfindenden Holzbildung eine gewisse Übereinstimmung; ob aber auch
hinsichtlich der Ursachen dieser Erscheinungen eine solche Übereinstim-
mung existirt, ist eine Frage, in deren Erörterung wir hier nicht eintreten
können.
Ich kann jedoch die Bemerkung nicht unterdrücken, dafs selbst
hinsichtlich der Gröfse eine völlige Congruenz der künstlich erzeugten
Frühlingsholzzellen mit normalen Herbstzellen selten und nur unter einem
Druck zu erzielen ist, der nahezu jedes Wachsthum verhindert. Sonst
gelangen unter jedem beliebig hoch gesteigerten Rindendruck ım Frühling
Zellen zur Ausbildung, welche die normalen Herbstholzzellen an Gröfse
nicht unbeträchtlich übertreffen. Soviel kann ich jedenfalls auf Grund
meiner Experimente aussagen, dafs mit einem Druck von 6 bis 8 Atmo-
sphären keine vorzeitige Herbstholzbildung zu erzielen ist.
Nun aber unterscheiden sich die Herbstholzzellen unserer Coniferen
von den Zellen des Frühlingsholzes nicht blos durch ein geringeres Lumen,
sondern auch unter anderem durch eine gröfsere Wanddicke; und was
das letztere Merkmal betrifit, so ist es ganz unmöglich, schon zur Früh-
lingszeit Herbstholzzellen zu erzeugen. Meine‘ Experimente haben nach
dieser Seite hin sogar zu dem entgegengesetzten Resultat geführt; denn
in manchen Fällen sind unter ziemlich hohem Druck im Verhältnils zur
54 Krasse: Über das Wachstum
Dicke des gebildeten Jahrringes viel weniger Herbstholzzellen entstanden
als unter gewöhnlichem Rindendruck. Um einen local sehr gesteigerten
Rindendruck zu erzeugen, wurden in emigen Fällen die Ketten direct
ohne Blechunterlage verwandt. Das Resultat eines solchen Versuches war
natürlich stets die Entstehung eines welligen Jahrringes mit Erhöhungen
in den Rollenzwischenräumen und mit Einsenkungen, welche den drücken-
den Rollen entsprachen. Wie man aus Fig. 9 Taf. II sieht, die einen
Querschnitt durch einen Theil eines solchen undulirten Jahrringes zur
Anschauung bringen soll, vermochte der Jahrring unter dem Druck der
Rolle nur etwa ein Drittel der Dicke zu erreichen, zu der er m den
Rollenzwischenräumen herangewachsen ist. Die punktirte Linie cd m der
Figur bezeichnet so genau als möglich die Grenze zwischen Frühlings- und
Herbstholz. Demnach verhält sich in den Rollenzwischenräumen die er-
zeugte Herbstholzschicht zur ganzen Dicke des Jahrringes etwa wie 1:2,
während in der Einsenkung zwischen der Herbstholzschicht und der Jahr-
ringdicke ungefähr ein Verhältnifs von’ 1:5 besteht. Hier sowohl wie in
anderen Fällen hat somit eine Rindendrucksteigerung eine Reduction der
Herbstholzbildung zur Folge gehabt. Kurzum, fafst man nicht blos das
Lumen, sondern auch die Wanddicke der Zellen in’s Auge, dann gilt je-
denfalls die Behauptung, dafs es unmöglich ist, durch eine Rindendruck-
steigerung eine vorzeitige Herbstholzbildung zu veranlassen.
Übergehend zur Frage nach der Kraftgröfse, mit der das Dicken-
wachsthum vor sich geht, bemerke ich im Voraus, dafs die bis jetzt an-
gestellten Experimente bezüglich des Grenzwerthes dieser Kraft ein ab-
schlielsendes Urtheil nicht gestatten, zum Theil aus dem Grunde, weil ich
bei der Versuchsanstellung eine derartige Kraft, wie sie thatsächlich vor-
handen sein mufs, nicht voraussetzte, zum Theil auch deshalb, weil es
mir vorläufig mehr darauf ankam, die Einwirkung irgend einer Rinden-
drucksteigerung auf die Differenzirung des Holzkörpers zu studiren, als
den Grenzwerth der Wachsthumskraft zu bestimmen. Immerhin aber geht
soviel aus meinen Experimenten hervor, dals die Kraft, mit der Picea
excelsa in die Dicke wächst, mindestens 10 Atmosphären beträgt; denn
mit einer Steigerung des Rindendruckes auf 10 Atmosphären kann das
Dickenwachsthum nicht sistirt werden. Geht man von der Annahme aus,
dals an demselben‘ Objecte der Jahrring eine um so geringere Dicke er-
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 55
reicht, je größser der Druck ist, unter dem das Wachsthum stattfinden
mufs, dann gelangt man zu einer wesentlich höheren Wachsthumskraft,
wie an einem Beispiel gezeigt werden mag. An einem Baume hatte der
Jahrring, der an den Stellen mit gewöhnlichem Rindendruck eine Dicke
von 2 mm besafs, unter einem Kettendruck von ca. 4,5 Atmosphären nur
einen Durchmesser von 1,5 mm erreicht. Demnach hätte in diesem Falle
unter der Annahme, dafs an einem Baume die Dicke des Jahrringes der
Drucksteigerung proportional abnimmt, um alles Wachsthum zu verhindern,
ein Gegendruck von 16 bis 18 Atmosphären zur Anwendung kommen
müssen. Ob die Coniferen eine derartige Wachsthumskraft besitzen, muls
ich vorläufig unentschieden lassen, möchte es aber bezweifeln, denn wahr-
scheinlich nimmt das Wachsthum, wenn mit dem Drucke eine bestimmte
Grenze überschritten wird, nicht mehr der Drucksteigerung proportional
ab. Wie einerseits nach meinen Versuchen ein Druck auf das Dicken-
wachsthum eines Baumes erst dann einzuwirken im Stande ist, wenn der-
selbe eine gewisse Höhe erreicht, so ist es andererseits nicht unwahr-
scheinlich, dafs das Wachsthum, sobald man mit der Rindendrucksteigerung
über ein bestimmtes Mafs hinausgeht, mehr oder weniger plötzlich ab-
nimmt.
Betreffend den hydrostatischen Druck, der während der Vegeta-
tionsperiode in den am Dickenwachsthum betheiligten Zellen vorhanden
ist, so darf wohl mit ziemlicher Gewilsheit angenommen werden, dafs die
Gröfse desselben von der Gröfse der Wachsthumskraft nicht wesentlich
abweicht. Denn es ist nicht anzunehmen, dafs durch ein actives Wachs-
thum der Zellmembranen eines so dünnwandigen Gewebes, wie es der Ver-
diekungsring und die junge Holzzellenschicht repräsentiren, irgend ein
bedeutendes Gewicht gehoben werden kann. Sofern ein solches Gewebe
unter einem bestimmten Gegendruck ohne entsprechenden hydrostatischen
Druck wachsen wollte, müfsten die Zellmembranen nothwendig wellige
Verbiegungen bekommen. Da ich aber in keinem meiner Experimente,
trotzdem der Rindendruck in manchen Fällen ein bedeutender war, Ver-
biegungen von Zellmembranen beobachten konnte, so darf ich wohl daraus
schliefsen, dals zwischen der Gröfse der Wachsthumskraft und der Grölse
des hydrostatischen Druckes keine wesentlichen Differenzen bestehen. Der
56 Krasee: Über das Wachsthum
letztere mufs darum nach meinen Experimenten in den Cambium- und
den jungen Holzzellen ebenfalls wenigstens 10 Atmosphären betragen.
Ist nach den bis jetzt durchgeführten Versuchen eine genaue An-
gabe der maximalen Wachsthumskraft nicht möglich, so gilt dies noch in
viel höherem Mafse für die Schwankungen, welchen die Wachsthumskraft
während der Vegetationsperiode unterworfen ist. Dieser Gegenstand ist
auch, wie man leicht einsieht, ein schwieriger schon aus dem Grunde,
weil zu seiner Klarlegung gewisse Vorfragen zu erledigen sind, mit denen
man sich bisher noch gar nicht eingehender befalst hat. Dahin gehört
in erster Linie die Frage nach der Änderung in der Geschwindigkeit des
Dickenwachsthums während der Ausbildung eines Jahrringes.. Man weils
nur im Allgemeinen, dafs die Wachsthumsgeschwindigkeit in den ersten
Monaten der Vegetationsperiode, im Mai oder Juni, ihren Höhepunkt er-
reicht und dann gegen den Herbst hin wiederum allmählig abnimmt.
Die Curve, welche die Ablagerung eines Jahrringes veranschaulicht, wird
daher im Anfang ziemlich stark ansteigen, um dann ganz allmählig zu
sinken. Es fragt sich nun: gehen mit einem derartigen Steigen und
Fallen der Wachsthumsgeschwindigkeit analoge Schwankungen der Wachs-
thumskraft Hand in Hand? Aufser Stande diese Frage schon jetzt er-
folgreich beantworten zu können, will ich nur hervorheben, dafs mit
Änderungen der Wachsthumsgeschwindigkeit nicht nothwendig Änderungen
der Wachsthumskraft verbunden sein müssen. Die Krafteurve wird höchst-
wahrscheinlich nicht mit der Geschwindigkeitscurve zusammenfallen. Soviel
haben die Experimente wenigstens ergeben, dafs auch noch zur Zeit der
Herbstholzbildung, in der das Wachsthum sehr langsam von Statten geht,
eine nicht unbedeutende Wachsthumskraft vorhanden ist; denn es ist mir
in keinem meiner Experimente gelungen, das Dickenwachsthum eines Ob-
jeetes vor dem gewöhnlichen Schlufs seiner Vegetationsperiode zu sistiren.
Zwar wird das Wachsthum durch einen auf 8 bis 10 Atmosphären ge-
steigerten Rindendruck besonders zur Herbstzeit in hohem Grade ver-
langsamt, allein es steht, wie ich mich in den verschiedensten Fällen
durch eine mikroskopische Untersuchung überzeugen konnte, nicht völlig
still. Das den Druck verursachende Gewicht wird demnach, wenn auch
langsamer als zur Frühlingszeit, noch gehoben.
Hieran anschliefsend will ich noch bemerken, dafs in Folge ge-
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 57
nügend starker Rindendrucksteigerung nicht blos das Wachsthum der
Zellmembranen in die Fläche verlangsamt, sondern auch eine Verzögerung
ihres Dickenwachsthums in sofern hervorgerufen wird, als eine Vergrösse-
rung des Zeitraumes stattfindet, der zwischen der Entstehung eines Xylem-
elementes und seiner schliefslichen Differenzirung liegt. Dies ergiebt sich
wenigstens mit Nothwendigkeit aus der beobachteten Thatsache, dafs unter
gesteigertem Rindendruck, auch wenn derselbe eine nicht unbeträchtliche
Verminderung des Diekenwachsthums verursacht, der Cambiumring, sowie
die junge noch undifferenzirte Holzschicht, von der normalen Dicke nicht
wesentlich abweichen. Demnach hat eine Rindendrucksteigerung nicht
nur eine Verlangsamung des Flächenwachsthums, sondern auch eine Ver-
langsamung des Dickenwachsthums der Zellmembranen zur Folge, denn
eine unter Druck entstandene Holzzelle mufs wenigstens längere Zeit in
dem zartwandigen Zustande verharren, als eine zu gleicher Zeit aber unter
normalem Rindendruck gebildete Zelle. Hierin kann bei sehr starker
Verlangsamung des Wachsthums eine derartige Steigerung eintreten, dals
der undifferenzirte Zustand der jungen Holzzellen mehr oder weniger
stationär bleibt, selbstverständlich aber nur bis gegen den Schlufs der
Vegetationsperiode. Im Grofsen und Ganzen läfst sich wie gesagt die
besprochene Erscheinung so charakterisiren, dafs der Zeitraum, der zwi-
schen der Entstehung und der schliefslichen Differenzirung eines Xylem-
elementes liegt, von der Höhe des Rindendruckes abhängt, unter dem das
Wachsthum stattfinden mulfs.
Der besseren Übersicht wegen wird es sich empfehlen, wenn ich
die Hauptergebnisse meiner Versuche nochmals kurz zusammenfasse:
1. Die Wachsthumskraft des Cambiumringes und der jungen Holz-
zellen beträgt bei den Coniferen mindestens 10 Atmosphären.
2. Eine Wachsthumskraft von mindestens 8 bis 10 Atmosphären
ist auch noch zur Zeit der Herbstholzbildung vorhanden.
3. Der hydrostatische Druck in den wachsthumsfähigen Zellen
muls mit der Gröfse der Wachsthumskraft annähernd übereinstimmen.
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 1. 8
58 Krasse: Über das Wachsthum
4. Auf das Dickenwachsthum der Coniferen vermag ein Druck
erst dann einen wahrnehmbaren Einfluls auszuüben, wenn derselbe wenig-
stens das Drei- bis Vierfache des normalen Rindendruckes (0,5 Atmo-
sphären) erreicht. |
5. Das unter normalem Rindendruck bestehende Verhältnils zwi-
schen den Wachsthumsgröfsen des Cambiumringes und der jungen noch
streckungsfähigen Holzschicht erfährt unter hinreichend gesteigertem Rin-
dendruck eine Änderung zu Ungunsten der jungen Holzzellen. Diese
werden bezüglich ihres Wachsthums von einer Rindendrucksteigerung in
verhältnifsmälsis viel höherem Mafse beeinflulst als die Cambiumzellen.
Dies ist die Ursache der Ausbildung kleinerer Zellen unter Druck.
6. Das im Cambiumringe bestehende Verhältnifs zwischen Wachs-
thum und Zelltheilung (Bildung tangentialer Längswände) bleibt von einer
Rindendrucksteigerung unberührt.
7. Es ist unmöglich, durch Erhöhung des Rindendruckes eine vor-
zeitige Herbstholzbildung zu veranlassen.
8. Der Zeitraum, der zwischen der Entstehung eines Xylemele-
mentes und seiner definitiven Ausbildung liegt, ist um so grölser, je grö-
(ser der Druck ist, unter dem das Dickenwachsthum eines Baumes oder
Astes vor sich gehen muls.
3. Laubhölzer.
Die Mehrzahl meiner Experimente wurde an Laubbäumen ausge-
führt. Um zu zeigen, welche Arten benutzt sind, und wie an diesen der
Rindendruck gesteigert wurde, lasse ich eine tabellarische Übersicht der
Experimente folgen. Eine solche Übersicht wird auch deshalb nicht über-
Hlüfsig sein, weil ich, um Wiederholungen so viel als möglich zu vermei-
den, auf eine Besprechung jedes einzelnen Experimentes verzichten werde.
Bei jeder für Versuche ausgewählten Baumart wurde der Rindendruck an
verschiedenen Exemplaren in verschiedenem Mafse gesteigert, wie durch
die römischen Ziffern der nachfolgenden Tabelle angedeutet ist. Die auf-
geführten Zahlenwerthe, die überall Atmosphären bedeuten, enthalten die
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 59
Gröfse des Rindendruckes stets mit einbegriffen. Dieser wurde in den
einzelnen Fällen je nach der Structur der Rinde und der Dicke des Ver-
suchsobjeetes zu einem zwischen 0,6 und 1 Atmosphäre liegenden Werthe
angenommen.
Angabe der an verschiedenen Exemplaren vorge-
Baumarten : e x
nommenen Drucksteigerung in Atmosphären.
I II III | IN V VI
|
Aesculus Hippocastamım 3 a | 65 8,5 11 —
Quereus robur 4 6,5 9 — _ =
Fraxinus excelsior Pe ME 4 4,5 |
Castanea vesca u 5,5 9,5 VE PR E—
Salıw fragilıs 201035 4,5 ln —
Fagus silvatica 3,58 |\n 4,5 Fran: ._ = —
Wie diese Tabelle darlegt, habe ich es für gut gehalten, die Ver-
suche auf wenige Arten zu beschränken, dafür aber an jeder Art durch
Auswahl mehrerer Exemplare eine allmähliche Steigerung des Rinden-
druckes eintreten zu lassen. In der Tabelle findet sich eine Steigerung
des Rindendruckes von mehr als 10 Atmosphären nur selten. Ein viel
höherer Rindendruck wurde dagegen in anderen Versuchen erzielt, die in-
dessen in der Tabelle nicht aufgeführt werden konnten, weil sich die
Gröfse des Druckes nicht genau, sondern nur approximativ bestimmen
liefs. Es sind dies diejenigen Versuche, in denen ein local sehr gestei-
gerter Rindendruck dadurch erzeugt wurde, dafs die Ketten direkt ohne
Blechunterlage Verwendung fanden.
Wie bei den Coniferen, so vermag auch bei den Laubhölzern ein
Druck erst dann eine nachweisbare Wirkung auf das Dickenwachsthum
eines Baumes auszuüben, wenn derselbe wenigstens das Vier- bis Fünf-
g*
60 Krasse: Über das Wachsthum
fache des normalen Rindendruckes erreicht. Eine Verdoppelung oder Ver-
dreifachung des Rindendruckes ist in allen meinen Versuchen auf das
Wachsthum ohne Einfluls geblieben. Ja Bäume von mehr als einem hal-
ben Meter Umfang sind sogar im Stande, vermöge ihres Dickenwachs-
thums ein an der Kette befestigtes Gewicht von 50 Kilogramm zu heben,
ohne dafs deshalb die Thätigkeit des Cambiumringes in sichtbarer Weise
beeinflulst würde.
An einem Baume von Fraxinus excelsior, von welcher Baumart
mir für meine Versuche überaus wüchsige Exemplare zur Verfügung stan-
den, hatte sich während der Vegetationsperiode 1883 unter normalem
Rindendruck ein Jahrring von 7mm Dicke abgelagert. Die um diesen
Baum gelegte Kette, die durch ein Gewicht von 60 Kilo gespannt wurde,
übte etwa einen Druck von 4,5 Atmosphären aus; trotzdem aber wurden
die Enden der Kette in Folge der Diekenzunahme des Baumes mehr und
mehr von einander entfernt und die angehängten Gewichte gehoben, ohne
dafs sich auch nur die Spur einer Einwirkung auf das Diekenwachsthum
hätte nachweisen lassen. In einem andern Falle — ebenfalls an einem Stamm
von Fraxinus excelsior — bestand die Wirkung eines Druckes von 5 bis 6
Atmosphären darin, dafs der sonst etwa 6 mm dicke Jahrring unter dem
Druck der Kette nur eine Mächtigkeit von 5 mm erreicht hatte. Ganz
dieselben Resultate ergaben alle übrigen Versuche; überall konnte durch
einen Druck von 5 bis 7 Atmosphären während einer Vegetationsperiode
nur eine Verminderung des Dickenwachsthums um 1 bis 1 der normalen
Gröfse erzielt werden.
Was dann ferner die Einwirkung eines Druckes auf die Differen-
zirvung des Holzkörpers betrifft, so ist eine solche erst mit Sicherheit
nachzuweisen, wenn der Rindendruck über 5 bis 7 Atmosphären hinaus
gesteigert wird. Die Ausbildung von kleineren Zellen unter Druck hat
auch bei den Laubhölzern darin seinen Grund, dafs das Wachsthum der
jungen Xylemelemente von einer Rindendrucksteiserung in viel höherem
Malse beeinflufst wird, als dasjenige des Verdickungsringes. Dies ergiebt
sich wenigstens aus der Thatsache, dals im Cambiumringe das zwischen
Wachsthum und Zelltheilung bestehende Verhältnifs von einer Rindendruck-
steigerung unbeeinflufst bleibt; denn soweit ich mich bis jetzt überzeugen
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 61
konnte, behalten auch die Cambiumzellen der Dicotylen unter verschieden
hohem Druck dieselbe Gröfse.
An eine genaue Bestimmung der Verschiebung, die unter gestei-
gertem Rindendruck in dem Verhältnisse zwischen den Zuwachsgröfsen des
Cambiumringes und der jungen Holzschicht stattfindet, ist indefs bei den
Laubhölzern nicht zu denken; denn hier kommt im Gegensatz zu den
Nadelhölzern zu einer ungleichen Beeinflussung der verschiedenen Wachs-
thumszonen noch der Umstand hinzu, dafs in der jungen noch undiffe-
renzirten Holzschicht die einzelnen Zellen ein verschiedenes Mafs von
Wachsthum zeigen, je nach der Funktion, die sie im fertigen Jahrring
zu übernehmen bestimmt sind. Darum will ich mich, um nicht auf un-
sicheren Boden zu gerathen, in der Frage nach der Einwirkung einer
Rindendrucksteigerung auf die Differenzirung des Holzkörpers an das zu-
verläfsigste anatomische Merkmal, nämlich an die Gefäfse halten, weil sie
von allen Xylemelementen das grölste Lumen besitzen.
Der Einflufs eines Druckes auf die Form und Gröfse der Gefälse
ist nach meinen Versuchen ein ganz eigenthümlicher. Die erste Einwir-
kung eines genügend gesteigerten Rindendruckes besteht darin, dafs die
Gefäfse in radialer Richtung nicht mehr auf die normale Gröfse heranzu-
wachsen vermögen. So lange ein Druck gewisse Grenzen nicht über-
schreitet, wird von demselben nur die radiale Ausdehnung der Gefälse
beeinflulst. Erst wenn der Rindendruck noch um ein weiteres Mals ge-
steigert wird, bleibt das Wachsthum der Gefäfse auch in tangentialer
Richtung nicht mehr dasselbe. In der Mehrzahl meiner Experimente ge-
langten unter einem Druck von 6 bis 10 Atmosphären Gefälse von ge-
ringerem radıalen Durchmesser als unter gewöhnlichem Rindendruck zur
Ausbildung, während der tangentiale Durchmesser unverändert blieb.
‚ Betreffs einer Beurtheilung der Differenzirungsvorgänge im Xylem der
Laubhölzer ist dies eine Thatsache von nicht geringer Bedeutung, deren
Würdigung uns hier viel zu weit führen würde und darum auf eine an-
dere Zeit verschoben werden muls. Ich will nur bemerken, dafs der für
die Coniferen gewonnene Satz, wonach die tangentiale Ausdehnung der
Holzzellen während der Ablagerung eines Jahrringes an dickeren Bäumen
von einer Rindendrucksteigerung nicht beeinflufst werden kann, für die
62 Krasse: Über das Wachsthum
Laubhölzer keine Gültigkeit mehr besitzt. Darum ist auch die Thatsache,
dafs zur Beeinflussung des tangentialen Wachsthums der Gefälse ein viel
höherer Druck erforderlich ıst, als zur Einwirkung auf die radiale Aus-
dehnung, keineswegs selbstverständlich. Es soll diese Erscheinung durch
einige Messungen über die Weite von Gefäfsen, die unter ungleich hohem
Druck entstanden sind, erläutert werden.
Salız fragelrs.
ik 2.
Durchmesser der Frühlingsgefälse
Durchmesser der Frühlingsgefälse desselben Baumes
unter normalem Rindendruck. unter einem auf 7 bis 9 Atmosphä-
ren gesteigerten Rindendruck.
Tangentialer Radialer Tangentialer Radialer
Nr. Durch- Durch- Nr. Durch- Durch-
messer messer messer messer
I 15 25 I 15 17
IL 12 27 II 15 17
III 17 26 III 18 20
IV 15 23 IV 17 22
V 15 20 V 17 16
N 14 23 a 15 18
Mittel 15 25 Mittel 16 18
des Verdiekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 63
Fagus silvatıca.
iR 9:
Durchmesser der Frühlingsgefäfse
Durchmesser der Frühlingsgefälse desselben Baumes
unter normalem Rindendruck. unter einem auf ca. 10 Atmosphären
gesteigerten Rindendruck.
Tangentialer Radialer | Tangentialer Radialer
Nr. Durch- Durch- Nr. Durch- Durch-
| messer messer messer messer
I 15 2 I 13 13
II 16 23 II 12 15
III 15 22 III 13 13
IV 16 20 IV 14 17
V 16 22 V 12 14
VI 17 22 VI 12 14
Mittel 16 22 Mittel 13 14
64 Krasge: Über das Wachsthum
Castanea vesca.
Baum A.
Durchmesser der Frühlingsgefäfse
unter normalem Rindendruck.
Nr.
Mittel
Durchmesser der Frühlingsgefäfse
unter normalem Rindendruck.
Il.
Tangentialer
Durch-
messer
16
14
13
14
15
14
Ik
|
|
|
Radialer
Durch-
messer
21
Baum B.
Tangentialer Radialer
Nr. Durch- Durch-
messer messer
I 15 20
II 15 22
II 16 23
IV 16 23
V 15 22
Mittel 15 a2
Nr.
Mittel
Durchmesser der
unter einem auf etwa 12 Atmosphä-
ren gesteigerten Rindendruck.
Durchmesser der
unter einem auf etwa 15 Atmosphä-
2
Frühlingsgefälse
Tangentialer Radialer
Durch- Dureh-
messer messer
12 14
14 15
12 15
11 16
12 15
12 15
2.
Frühlingsgefäfse
ren gesteigerten Rindendruck.
Nr.
Mittel
Tangentialer
Durch-
messer
il
Radialer
Durch-
messer
12
10
10
12
11
1
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 65
Die vorstehenden Zahlen!) werden zur Illustration der obigen
Erörterungen genügen. Wie aus den mitgetheilten Messungen hervorgeht,
hat an Salıw fragilis ein Druck von 7 bis 9 Atmosphären eine Reduction
des radialen Gefäfsdurchmessers von 25 auf 18 zur Folge gehabt, wäh-
rend der tangentiale Durchmesser unverändert geblieben ist. Die unter 2
für Sahiv fragılis aufgeführte Tabelle giebt sogar für den tangentialen
Durchmesser der Gefälse einen etwas gröfseren Werth an als die Tabelle 1.
Mag diese geringfügige Differenz in dem angeführten Falle auch ganz zu-
fällig sein, so scheint es mir doch nach anderweitigen Messungen nicht
ganz unwahrscheinlich, dafs unter einem Druck, der gewisse Grenzen
nicht überschreitet, der tangentiale Durchmesser der Gefälse zunimmt,
wenn auch in viel geringerem Mafse, als der radiale Durchmesser ab-
nimmt.
Aus dem Gesagten geht jedenfalls hervor, dafs die elliptische Quer-
schnittsform der Gefälse (mit gröfserem Durchmesser in der Richtung
des Baumradius), wie sie unter gewöhnlichen Verhältnissen an Bäumen
mit lebhaftem Dickenwachsthum zu beobachten ist, durch allmähliche
Steigerung des Druckes in die Kreisform übergeführt werden kann. So
verhält sich in dem gerade für Sahix fragilis angeführten Beispiele unter
normalem Rindendruck der tangentiale Durchmesser zum radialen wie 3:5,
während sich unter einem Druck von 7 bis 9 Atmosphären ein Verhält-
nils von 8:9 herausgebildet hat, d. h. die Gefäfse haben unter diesem
Druck beinahe Kreisform angenommen. Wie diese von ungleich grofsem
Druck verursachten Wachsthumsverschiedenheiten der Gefäfse nach ver-
schiedenen Richtungen in dem anatomischen Bau des Holzkörpers zum
Ausdruck gelangen, möge durch die Figuren 8 und 9 auf Taf. I veran-
schaulicht werden. Fig. 9 bringt eine Partie aus dem Frühlingsholze des
normal gebildeten Jahrringes zur Anschauung, während in Fig. 8 Früh-
lingsholz dargestellt ist, dessen Entstehung etwa unter einem Druck von
8 Atmosphären vor sich gehen mulste.
An (astanea vesca wurde unter einem Druck von ca. 15 Atmosphären,
wie aus den für den Baum B angeführten Zahlenwerthen hervorgeht, die
1) Die Messungen wurden mit Zeiss: Objectiv B, Micrometer-Ocular III aus-
geführt.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. I. 9
66 Krasee: Über das Wachsthum
Kreisform der Gefälse vollständig erreicht. Um diese Gestalt zu bekom-
men, mulste der radiale Durchmesser um die Hälfte hinter der normalen
Gröfse zurückbleiben, während der tangentiale Durchmesser nur um ein
Drittel kleiner zu werden brauchte. Kurz, weil die Gefälse stets, sofern
der Rindendruck nur genügend gesteigert wird, eine kreisrunde Quer-
schnittsform annehmen, so muls bis zu diesem Momente das radiale
Wachsthum der Gefäfse in viel höherem Malse beeinflulst werden als das
tangentiale.
Eine tangential elliptische Querschnittsform konnte unter keinem
Druck erzielt werden. Von dem Augenblicke an, wo die Gefälse eylın-
drisch geworden sind, ist nach meinen bisherigen Erfahrungen die Ab-
nahme des tangentialen und radialen Durchmessers eine gleichmälsige.
Nachdem wir wissen, dafs die Jahrringbildung in keiner Beziehung
zum Rindendruck steht, besitzt die Frage, ob es möglich sei, bei den
Laubhölzern durch Erhöhung des Rindendruckes eine vorzeitige Herbst-
holzbildung zu veranlassen, unter den hier zu behandelnden Aufgaben eine
untergeordnete Bedeutung. Ich will daher diese Frage, die uns zu einer
anderen Zeit aus ganz anderen Gründen noch ausführlicher beschäftigen
wird, nur kurz erörtern, indem ich mich wiederum auf das anatomische
Hauptmerkmal des Holzkörpers, nämlich die Gefälse beschränke. Es
müssen in dieser Hinsicht zwei extreme Pflanzengruppen unterschieden
werden, einmal solche, bei denen die Gefäfse ihrer Zahl und Gröfse nach
über den ganzen Jahrring ziemlich gleichmäfsig vertheilt sind, und dann
solche, deren Frühlingsholz nieht nur Gefälse mit grölserem Lumen, son-
dern auch in viel gröfserer Anzahl besitzt als das Herbstholz. Zu der
ersten Categorie von Pflanzen, deren Jahrringe zwischen Frühlings- und
Herbstholz keine tiefgreifenden Differenzen aufzuweisen haben, gehören
unter anderen Sahx, Fagus silvatica, Populus u. s. w., während wir für
die zweite Pflanzengruppe in Castanea vesca, Frawinus excelsior und Quereus
ausgezeichnete Repräsentanten besitzen.
Darin stimmen nun, wie schon aus dem oben Gesagten hervorgeht,
alle Laubhölzer überein, dafs ihre Gefäfse unter hinreichend gesteigertem
Rindendruck nicht mehr auf die normale Grölse heranzuwachsen vermögen.
Wenn man also allein die Gröfsenverhältnisse der Gefälse in’s Auge falst,
so ist es recht gut möglich, bei den Hölzern mit unbedeutenden Unter-
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 67
schieden zwischen Frühlings- und Herbstholz durch Steigerung des Rin-
dendruckes schon zu Anfang der Vegetationsperiode Gefäfse von den
Dimensionen der Herbstgefälse zu erzeugen. Immerhin aber ist dazu eine
Erhöhung des Rindendruckes auf 6 bis 8 Atmosphären nothwendig.
Ein ganz anderes Ergebnils liefern indefs diejenigen Hölzer, deren
Jahrringe grölsere Differenzen zwischen Frühlings- und Herbstholz aufzu-
weisen haben. Bei all diesen Pflanzen ist eine vorzeitige Herbstholz-
bildung so gut wie unmöglich; wenigstens ist hierzu ein Druck erforder-
lich, durch den nahezu jedes Wachsthum verhindert wird. In den
Figuren 5, 6 und 7 Taf. I sind drei unter ungleich hohem Druck ent-
standene Partien ein und desselben Jahrringes eines Baumes von (astanea
vesca dargestellt. Während Fig. 5 den unter normalen Verhältnissen ge-
wachsenen Theil des Jahrringes repräsentirt, ist in Fig. 6 der etwa unter
12 Atmosphären, und in Fig. 7 der unter noch höherem Druck (17 Atmo-
sphären?) entstandene Theil des Jahrringes skizzirt. Obgleich, wie man
sieht, das Gesammtwachsthum in Fig. 6 kaum die Hälfte und dasjenige
in Fig. 7 etwa nur ein Fünftel des normalen in Fig. 5 veranschaulichten
Wachsthums beträgt, besitzen die Frühlingsgefäfse der Figuren 6 und 7
doch noch gröfsere Dimensionen als die Herbstholzgefäfse von Fig. 5.
Eine vorzeitige Herbstholzbildung unter Druck wird aber erst recht zur
Unmöglichkeit, wenn man aulser der Gröfse auch noch die Zahl der Ge-
fälse und ferner die verschiedene Gruppirung der Xylemelemente in den
verschiedenen Schichten des Jahrringes in Betracht zieht.
Betreffend die Kraft, die während des Diekenwachsthums zur Gel-
tung kommt, so folgt schon aus den gelegentlich angeführten Zahlen, dafs
dieselbe bei den Laubbäumen einen nicht unbedeutenden Werth besitzt.
Da mir eine Bestimmung des Grenzwerthes der Wachsthumskraft auch
. bei den Laubhölzern nicht gelungen ist, so mufs ich mich einstweilen mit
der Constatirung der Thatsache begnügen, dafs das Wachsthumsbestreben
wenigstens 15 Atmosphären beträgt. Mit einer Steigerung des Rinden-
druckes auf 15 Atmosphären konnte das Wachsthum in keinem Falle
sistirt werden.
Über die Schwankungen der Wachsthumskraft während einer Vege-
tationsperiode vermag ich Positives nicht vorzubringen. Nur haben alle
Experimente übereinstimmend zu dem Ergebnifs geführt, dafs auch bei
gr
68 Krasse: Über das Wachsthum
den Laubhölzern noch zur Zeit der Herbstholzbildung eine nicht unbe-
deutende Wachsthumskraft vorhanden ist. In keinem Versuche, wie hoch
auch immer der Rindendruck gesteigert sein mochte, ist es mir gelungen,
die Thätigkeit des Verdickungsringes bereits vor dem gewöhnlichen Schlufs
des Diekenwachsthums zum Stillstand zu bringen. Zur Zeit der Herbst-
holzbildung ist jedenfalls noch eine Wachsthumskraft von 12 bis 15 Atmo-
sphären thätig.
Zum Schlufs will ich noch einige Erscheinungen aus dem Wachs-
thum der Rinde, wie sie unter hohem Druck einzutreten pflegen, mit
einigen Worten berühren. Abgesehen von hier nicht zu erörternden Ver-
biesungen und Ablenkungen der Markstrahlen in der Rinde, die unter
Umständen aus einer Erhöhung des Rindendruckes resultiren, treten unter
einem Druck, der innerhalb gewisser Grenzen bleibt, in der Structur und
dem Wachsthum der Rinde keinerlei Änderungen auf, wie auch nach
unserer Methode der Rindendrucksteigerung von vornherein nicht anders
zu erwarten war. Sobald aber der Rindendruck ziemlich hoch, nach
meinen Versuchen im Allgemeinen über 10 Atmosphären gesteigert wird,
ändert sich die Sachlage plötzlich; es treten dann sowohl bei den Laub-
als auch bei den Nadelhölzern tiefgreifende Änderungen im Wachsthum
der Rinde ein, die ich kurz als Borkebildung bezeichnen will, weil die
fraglichen Wachsthumserscheinungen hiermit die gröfste Ähnlichkeit haben.
Indem sich die Rindenparenchym- sowie die Markstrahlzellen in einer
Zone der Rinde durch Tangentialwände lebhaft zu theilen beginnen, ge-
langt ein Korkmeristem zur Ausbildung (Fig. 4 Taf. D). Entweder mit
oder bald nach dem Auftreten dieser Meristemschicht, durch deren Thä-
tigkeit in verhältnilsmälsig kurzer Zeit eine ziemlich dicke Korkschicht
entsteht, machen sich auch in den aufserhalb dieser neugebildeten Peri-
dermschicht gelegenen Rindenzellen tiefgreifende Änderungen bemerkbar.
Die äufseren Rindenzellen, deren Inhalt und Wände sich allmählich ver-
färben, collabiren schliefslich unter völligem Verlust des Turgors. So
bekommt das aufserhalb der neu entstandenen Korkschicht gelegene Rin-
dengewebe mehr oder weniger das Aussehen von Borke. Dafs diese Ver-
änderungen der Rinde nur die Folge von Druck sind, geht unzweifelhaft
daraus hervor, dafs aufser dem Bereiche des künstlich gesteigerten Rin-
dendruckes die Rinde wiederum die normale Beschaffenheit zeigt. — Die
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 69
Zone, in welcher das Korkecambium entsteht, ist nach meinen Versuchen
von der Höhe des angewandten Druckes abhängig; je gröfser dieser ist,
desto tiefer im Innern der Rinde kommt die Peridermschicht zur Ausbil-
dung. So entstand bei Castanea vesca in einigen Fällen, in denen der
Rindendruck sehr hoch (bis auf 18(?) Atmosphären) gesteigert war, die
Korkschicht ziemlich nahe dem Cambiumringe im neugebildeten Phloöm.
Diese soeben besprochenen Veränderungen der Rinde bilden also
zum Theil das gerade Gegentheil von dem, was man in erster Linie von
einer Rindendrucksteigerung erwarten sollte. Statt einer Wachsthumsver-
minderung tritt hier zum Theil eine Wachsthumssteigerung ein. Wenn
der Druck eine gewisse Höhe erreicht, dann werden gleichsam neue
Kräfte wach gerufen, und ein Rindengewebe vermag jetzt durch sein
Wachsthum ein Gewicht zu heben, dem gegenüber es sich zuvor passiv
verhielt.
Die unter hohem Rindendruck eintretende Korkbildung ist indes-
sen nicht immer und ausschlielslich von der Anlage eines besonderen
Meristems abhängig. Bei verschiedenen Experimenten war die Beobach-
tung zu machen, wie sich Zellen des Rindenparenchyms und des Mark-
strahlengewebes direkt in Korkzellen verwandelten. Die Zellen einer Zone
der Rinde nahmen allmählich besonders in ihren Wänden eine Braunfär-
bung an und zeigten schliefslich Reagentien gegenüber ganz das Verhal-
ten normaler Korkzellen. Hier hatte also unter sehr hohem Druck eine
Überführung von Cellulose in Kork stattgefunden. Darin stimmen indes-
sen diese Fälle mit den vorhin besprochenen überein, dafs gleichzeitig mit
oder bald nach der Metamorphose gewisser Rindenzellen in Korkzellen
noch ein besonderes Korkmeristem zur Ausbildung gelangte.
Ich fasse die für die Laubhölzer gewonnenen Hauptergebnisse in
folgende Sätze zusammen.
1. Die unter 4, 5, 6, 7 und 8 am Schlusse des vorigen Capitels
für die Coniferen gewonnenen Sätze haben auch für die Laubbäume
Gültigkeit.
70 Krasee: Über das Wachsthum
3. Die Kraft, mit der das Diekenwachsthum unserer Laubhölzer
vor sich geht, beträgt mindestens 15 Atmosphären.
3. Eine Wachsthumskraft von 12 bis 15 Atmosphären ist auch
noch zur Zeit der Herbstholzbildung vorhanden.
4. Durch genügende Rindendrucksteigerung wird die radıal ellip-
tische Querschnittsform der Gefäfse in die Kreisform übergeführt. Um
diese Form zu erlangen, muls von einer Steigerung des Rindendruckes
das radiale Wachsthum der Gefäfse in viel höherem Mafse beeinflufst wer-
den als das tangentiale.
5. Sobald der Rindendruck eine bestimmte Höhe (im Allgemei-
nen 10 Atmosphären) überschreitet, tritt in einer Zone der Rinde, deren
Lage von der Gröfse des Druckes abhängt, ein lebhaftes actives Wachs-
thum ein, indem ein Kork erzeugendes Meristem zur Entstehung gelangt.
V.
Verminderung des Rindendruckes.
Bei den bisherigen Versuchen über Rindendrucksteigerung befanden
wir uns insofern in einer günstigen Lage, als durch die angewandte Me-
thode im Allgemeinen nur der Druck der Rinde gesteigert und ein patho-
logisches, durch direkte Verletzungen der Rinde hervorgerufenes Wachs-
thum ausgeschlossen wurde; denn die Einwirkung des Nagels, durch den
eine Kette an einem Versuchsobjeete befestigt wurde, vermochte sich nur
auf einen Raum von 10 [etm. zu erstrecken, eine Fläche, die bei der
mikroskopischen Untersuchung ja unbenutzt bleiben konnte. Da auch die
zur gleichmäfsigen Vertheilung des Druckes verwandten Messingblechstrei-
fen keinen Rost ansetzten, so waren auch alle chemischen, die Structur
und das Wachsthum der Rinde etwa beeinflufsenden Momente ausgeschlos-
sen. — Ganz anders aber gestalten sich die Verhältnisse, wenn man eine
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 71
Verminderung des Rindendruckes herbeizuführen sucht; es ist ganz un-
möglich, eine solche mit Ausschlufs aller störenden Momente etwa in der
Weise herbeizuführen, wie nach unserer Methode eine Steigerung des Rin-
dendruckes vorgenommen werden kann. Ohne Hülfe des Messers, durch
dessen Gebrauch auch an Organen oder Organtheilen, an denen kaum
Gewebespannungen nachzuweisen sind, pathologische Wachsthumserschei-
nungen veranlalst werden, ist eine Rindendruckverminderung unausführ-
bar. Es drängt sich also mit Nothwendigkeit die Frage auf: was ist von
den nach Rindeneinschnitten auftretenden Wachsthumserscheinungen die
Folge blofser Druckverminderung und was die Folge der Verwundung,
oder mit anderen Worten: was ist gegenwärtig von den fraglichen Er-
scheinungen mechanisch erklärbar und was nicht? Bevor man von der
Nothwendigkeit einer derartigen Fragestellung nicht überzeugt ist, kann
meiner Meinung nach nicht daran gedacht werden, in dem Labyrinth von
Wachsthumserscheinungen, die nach Rindeneinschnitten eintreten, einen
Schritt weiter zu kommen. Dafs in letzter Linie auch den pathologischen
Erscheinungen physiologische Ursachen zu Grunde liegen müssen, versteht
sich von selbst, und darum ist es ziemlich überflüfsig, dies ausdrücklich
hervorzuheben, wie es Gehmacher!) neuerdings gethan hat.
Wie schon aus der Art und Weise der Fragestellung hervorgeht,
kann es nicht meine Absicht sein, im Folgenden eine Beschreibung der
nach Verwundungen eintretenden Wachsthumsvorgänge zu liefern; ich
werde von diesen vielmehr nur das in eine Besprechung hineinziehen,
was zur Klarlesung principieller Fragen nothwendig ist.
Es ist nun eine allgemein bekannte Thatsache, dafs durch Ver-
letzungen der Rinde das Dickenwachsthum in hohem Grade angeregt wer-
den kann. Die eintretende Wachsthumsvermehrung bleibt nicht blos auf
die Wundränder beschränkt, sondern erstreckt sich in allen Fällen auf
mehrere Centimeter im Umkreise der Wunde. Aulser dieser quantitativen
macht sich aber auch eine tiefgreifende qualitative Änderung in der Dif-
ferenzirung des eine Zeit lang nach Verwundungen gebildeten Holzes be-
1) Arthur Gehmacher, Untersuchungen über den Einflufs des Rindendruckes
auf das Wachsthum und den Bau der Rinden. Sitzb. d. K. Akademie d. Wissenschaften
in Wien. Bd. LXXXVII, 1. Abth. Jahrg. 1883 p. 3.
723 Krasse: Über das Wachstnm
merkbar. Macht man Rindeneinschnitte zur Zeit der Herbstholzbildung, so
werden im Allgemeinen die Xylemelemente wiederum weitlumiger, und es
tritt aulserdem je nach der Gröfse der Verwundung eine mehr oder we-
niger reichliche Gefäls- und Holzparenchymbildung ein. Kurz, Verletzun-
gen der Rinde haben stets eine.Bevorzugung in der Ausbildung der lei-
tenden Elemente (Gefäfse und Holzparenchym) gegenüber den mecha-
nischen (Libriformzellen) im Gefolge.
In der Beurtheilung und theoretischen Verwerthung dieser Wachs-
thumserscheinungen ist H. de Vries am unglücklichsten. Es ist erstens
nicht allgemein zutreffend, dafs das zur Zeit der Herbstholzbildung nach
Rindeneinschnitten entstehende Holz die Beschaffenheit von Frühlingsholz
besitze, es ist zweitens willkürlich, die fraglichen Wachsthumsvorgänge
direkt ohne specielle Prüfung mit einer Verminderung des Rindendruckes
in Beziehung zu bringen, es ist drittens, auch wenn eine solche Beziehung
festgestellt wäre, unzulässig, von dieser Thatsache aus ohne Weiteres
einen Schlufls auf die Ursachen der Jahrringbildung zu machen.
Was zunächst den ersten Punkt, nämlich die Entstehung von Früh-
lingsholz nach Rindeneinschnitten, betrifft, so sind hier wiederum, wie wir
es bereits bei den Versuchen über Rindendrucksteigerung gethan haben,
zwei extreme Fälle auseinander zu halten, einmal Pflanzen mit unbedeu-
tenden Differenzen in den verschiedenen Zonen eines Jahrringes, und dann
Pflanzen mit Jahrringen, deren Herbstholz sich vom Frühlingsholz sehr
wesentlich unterscheidet, wie z. B. Quercus, Fraxinus u. s. w. Niemals,
wie auch immer die Rindeneinschnitte ausgeführt sein mochten, ist es mir
bei den zuletzt genannten Pflanzen gelungen, zur Zeit der Herbstholzbil-
dung die Entstehung von Frühlingsholz zu veranlassen. Die der Pflanze
zugefügten Verletzungen hatten zwar stets ein lebhafteres Dickenwachs-
thum und aufserdem die Ausbildung von Gefäfsen mit gröfserem Lumen
und in gröfserer Anzahl zur Folge, allein den Namen Frühlingsholz ver-
diente die zur Zeit der Herbstholzbildung erzeugte Xylemschicht unter
keinen Umständen. Die Gröfsenunterschiede, die bei (astanea vesca, Quer-
cus und Fraxinus zwischen den Frühlings- und Herbstgefäfsen eines Jahr-
ringes bestehen, werden im Herbst durch Rindeneinschnitte bei weitem
nicht ausgeglichen; die Gefäfse des Wundholzes blieben in allen Fällen
viel kleiner als die Gefäßse des Frühlingsholzes.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 73
Im Anschlufs an diese Thatsache will ich die Frage kurz berühren,
wie es überhaupt möglich ist, die Grenze zwischen dem vor und dem
nach den Rindeneinschnitten gebildeten Holze genau zu bestimmen.
H. de Vries legt diese Grenze einfach dorthin, wo das kleinzelligere
Gewebe in das grolszelligere übergeht, und setzt so voraus, was erst be-
wiesen werden muls.
Um die Grenze zwischen den zu verschiedenen Zeiten gebildeten
Holzschichten später feststellen zu können, hat Wilhelm!) in seinen
Entlaubungsversuchen jedesmal eine kleine von Rinde entblöfste Stelle
eines Versuchsobjeetes mit Theer bestrichen. Diese Methode kann indefs
nur unter bestimmten Voraussetzungen auf Zuverlässigkeit Anspruch
machen. Da an der Rinde bei ihrer Entfernung in den meisten Fällen
der Verdickungsring haften bleibt, und da ferner die junge, undifferenzirte
und darum zartwandige Holzschicht, die während der Vegetationsperiode
besonders an diekeren Ästen und Bäumen eine nicht unbeträchtliche Dicke
besitzt, nach Ablösung der Rinde zusammenschrumpft, so kommen die
„Theermarken“ mit Rücksicht auf den Radius des Holzkörpers wesentlich
tiefer zu liegen, als dem Niveau des Oambiumringes zur Zeit der Ver-
suchsanstellung entsprechen würde. Verlest man jedoch die Grenze des
zu verschiedenen Zeiten gebildeten Holzes an das Ende des zur Zeit der
Versuchsanstellung bereits völlig differenzirten Holzes, worüber sich Wil-
helm nicht näher ausläfst, dann ist die Methode der Theermarken jeden-
falls zuverlässig.
Ich habe, um den Zustand des in Ausbildung begriffenen Jahr-
ringes zur Zeit der Rindeneinschnitte zu fixiren, aus einem Versuchsobjecte
eine kleine Partie des Holzkörpers mitsammt der Rinde herausgebohrt
oder geschnitten und hieraus (@uerschnitte angefertigt, die zum Zweck
einer späteren Vergleichung mit dem fertigen Jahrringe aufbewahrt oder
gezeichnet wurden. Derartige Präparate oder Zeichnungen machen einen
Irrthum in der nachträglichen Grenzbestimmung der verschiedenen Holz-
schichten unmöglich.
In Fig. 10 Taf. I ist beispielweise ein Querschnitt dargestellt, der
!) K. Wilhelm, Die Verdoppelung des Jahresringes. Berichte der deutschen
bot. Gesellsch. Bd. I, Heft 5.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. I. 10
74 Krasse: Über das Wachsthum
durch einen Theil des Jahrringes eines Ende Juni verwundeten Weiden-
stammes gemacht wurde. Die Zone « bezeichnet einen zu jener Zeit be-
reits völlig differenzirten Theil des Jahrringes, während durch 5 die da-
malige Lage der jungen undifferenzirten Holzschieht und durch c die Lage
des Cambiumringes angegeben ist. Von diesen Zonen ist die aus kleinen
Gefälsen und zum gröfsten Theil aus Holzparenchym zusammengesetzte
Zone b von grolsem Interesse. Diese Zone, die ganz den Charakter von
Herbstholz besitzt, würde ohne Rindeneinschnitte gar nicht zur Ausbildung
gelangt sein, denn sie geht in einigen Öentimetern Entfernung von den
Wundrändern in eine weitlumigere Elemente, besonders grölsere Gefälse
enthaltende Holzschicht über. Soviel steht also fest, dafs die Zone 5b ihre
vorliegende Beschaffenheit erst in Folge der Verwundung angenommen
hat. Es ist mit anderen Worten bis auf eine gewisse Entfernung von
den Wundrändern das eingetreten, was man als Verdoppelung des Jahr-
ringes!) bezeichnet hat. Wir haben also in dem vorliegenden Beispiele,
das nur aus vielen andern herausgegriffen ist, theilweise das gerade Gegen-
theil von dem, was man bisher stets als die Wirkung einer Rindendruck-
verminderung hingestellt hat. Wenigstens in der jungen Holzschicht hat
eine Zeit lang nach den Rindeneinschnitten ein geringeres radiales Wachs-
thum stattgefunden, als es unter normalen Verhältnissen der Fall gewesen
sein würde, und es ist in Folge der Rindendruckverminderung
in der ersten Zeit nicht Frühlingsholz sondern Herbstholz zur
Ausbildung gelangt.
Ich bin nun zwar der Meinung, dafs von H. de Vries in seiner
diesbezüglichen Arbeit die Grenze zwischen dem vor und dem nach den
Rindeneinschnitten gebildeten Holze nicht richtig angegeben ist (wenig-
stens werden dafür keine Beweise beigebracht), doch will ich mich bei
diesem Punkte nicht weiter aufhalten, weil ich ihn zur Widerlesung der
H. de Vries’schen Ansichten nicht nöthig, habe.
Nach diesen Erörterungen, aus denen hervorgeht, dals selbst be-
züglich des rein Thatsächlichen die bisher aufgestellten Behauptungen
nicht völlig zutreffen, komme ich wiederum auf meine oben aufgeworfene
1) L. Kny, Über die Verdoppelung des Jahrringes. Verhandl. des bot. Vereins
der Prov. Brandenburg. 1879.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 75
Frage zurück: Was ist von den gesammten nach Rindeneinschnitten auf-
tretenden Wachsthumserscheinungen die Folge blofser Rindendruckvermin-
derung und was nicht? Wofern alle jene Wachsthumsvorgänge nur aus
einer Druckverminderung resultiren, dürfen sie selbstverständlich nicht
eintreten, wenn der Rindendruck sofort, nachdem die Einschnitte gemacht
sind, wiederum auf die normale Höhe gesteigert wird. Derartige Ver-
suche sind nun von mir an Fraxinus excelsior ausgeführt worden. Nach-
dem an Bäumen von einem halben Meter Umfang Längseinschnitte in 2
bis 4 Centimeter Abstand und von ungefähr 2 Centimeter Ausdehnung —
der Breite unserer Ketten — gemacht waren, wurde der Rindendruck
wiederum vermittelst der Messingblechstreifen und der Ketten auf die ur-
sprüngliche Höhe, in den meisten Fällen aber noch mehr gesteigert. Wie
im Grunde genommen nicht anders zu erwarten war, stellten
sich auch unter dem wiederum gesteigerten Rindendruck die
sonst nach Verwundungen sich zeigenden Wachsthumserschei-
nungen ein. Damit ist also auch noch der empirische Beweis geliefert,
dafs die in Frage stehenden Vorgänge nicht einfach als Folge einer Druck-
verminderung aufzufassen sind. Durch das schneidende Messer wird viel-
mehr ein pathologisches Wachsthum veranlafst, dessen Oausalbeziehungen
wir zur Zeit nicht näher zu analysiren vermögen. Übrigens ergiebt sich
diese Thatsache schon aus den über Rindendrucksteigerung angestellten
Versuchen; denn wenn eine drei- bis vierfache Erhöhung des Rindendruckes,
die nach unserer Methode ohne directe Störung des Gewebeverbandes eines
Objeetes ausführbar ist, das Dickenwachsthum kaum zu beeinflussen ver-
mag, so steht eigentlich von vornherein fest, dafs eine im Vergleich zur
Drucksteigerung verschwindend kleine Druckverminderung, wie sie ja in
Wirklichkeit nur möglich ist, nicht das Wachsthum zur Folge haben kann,
welches nach Rindeneinschnitten einzutreten pflegt.
Über Rindendruckverminderung sind noch einige andere Versuche
angestellt worden, die ich indefs hier nur mit einigen Worten berühren
will. Wie in den Messungen der Rindenspannungen nachgewiesen wurde,
kommen bei Prunus avium und Betula alba fast zwei Drittel von der Ge-
sammtrindenspannung auf die äufsere verhältnifsmäfsig dünne Periderm-
schicht. Durch ein Ablösen dieser Peridermschicht, was während der
Vegetationsperiode bei den betreffenden Hölzern sehr leicht, ohne die
102
x
76 Krasse: Über das Wachsthum
tieferliegenden Rindenschichten direct zu zerstören, geschehen kann, wird
also der Rindendruck sehr wesentlich vermindert. Anfangs Mai habe ich
verschiedene Äste von Prunus avium und Betula alba in einer Ausdehnung
von 20 bis 30 Centimetern von ihrem Periderm befreit. Bei Prunus avıum
folste auf eine derartige Operation in allen Fällen ein Absterben der von
Periderm entblöfsten Rinde bis auf eine gewisse Tiefe, wo alsdann ein
neues Periderm zur Ausbildung gelangte. Ferner trat an sämmtlichen
Versuchsobjeceten, soweit das Periderm entfernt war, in dem in Entstehung
begriffenen Jahrring eine intensive Gummigangbildung ein. Die Dicke
des fertig gebildeten Jahrringes betrug nach einigen Messungen ungefähr
ein Sechstel bis ein Achtel mehr als die Dicke des normal gebildeten
Jahrringes.
Noch viel tiefgreifendere Änderungen hatte die Entfernung des
Periderms bei Betula alba hervorgerufen. Da im Gegensatze zu Prumus
avium die Rinde von Betula alba nach meinen bisherigen Erfahrungen das
Periderm, wenn es abgelöst war, nicht wieder zu regeneriren vermochte,
so starb die Rinde bis zu einer grölseren Tiefe als bei Prunus avıum ab.
Aufserdem zeigte die in der ersten Zeit nach Entfernung des Periderms
gebildete Holzschicht eine vollständige Degeneration. Das Libriform fehlte
vollständig und die entstandenen Gefälse hatten ein viel kleineres Lumen
und ganz abnorme Wandverdickungen.
Was nun die Ursachen dieser so überaus mannigfaltigen patholo-
gischen Wachsthumsvorgänge betrifft, so halte ich, wie schon erwähnt,
eine allseitig befriedigende Erklärung derselben in mechanischer Hinsicht
zur Zeit für unmöglich, denn bei dem gesenwärtigen Stande der Botanik
kann auf dem vorliegenden Gebiete von einer physiologischen Pflanzen-
pathologie nicht die Rede sein. Ich habe dagegen bereits früher zur Er-
klärung der betreffenden Wachsthumsvorgänge Gründe der Zweckmälsig-
keit angeführt und halte dieselben auch heute noch für eine ganze Reihe
von Erscheinungen im Allgemeinen für zutreffend. Ich sehe in den nach
Verwundungen auftretenden quantitativen sowie qualitativen Wachsthums-
änderungen nichts Anderes als die nothwendige Folge einer localen Funk-
tionsänderung, welcher sich die Pflanze in ihrer Thätigkeit anzupassen
hat, wenn anders das Wachsthum wieder in den normalen Gang hinein-
kommen soll. Wer den allmählisen Verschluls einer Wunde an irgend
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen_ete. 17
einem Baume in seinen Einzelheiten verfolgt, wird es als überaus zweck-
mälsig — weil für den normalen Lebensverlauf der Pflanze nothwendig
— anerkennen müssen, wenn in der Nähe der Wunde eine Steigerung in
der Ausbildung der leitenden Elemente eintritt. Denn damit die Pflanze
dem local gesteigerten Materialverbrauch, der zur möglichst schnellen und
vollständigen Heilung der Wunde eintreten mufs, gerecht werden kann,
sind Gefälse und Holzparenchymzellen ganz nothwendig. Was könnten
denn unter diesen Umständen der Pflanze Libriformfasern nützen?
Manche pathologische Erscheinungen sind indessen auch auf diesem
Wege einstweilen nicht zu erklären. Dahin gehört in erster Linie die
nach Entfernung des Periderms der Rinde eintretende Gummigangbildung
bei Prunus avium. Der Cambiumring bleibt überall auch nach Entfernung
dieser Schicht an älteren Ästen und Bäumen von einer ziemlich dicken
Rindenschicht bedeckt, und es entsteht nirgends eine Wunde, in die sich
etwa das Gummi ergielsen könnte. Ja das Auftreten der Gummosis wird
noch räthselbafter dadurch, dafs nach vollständiger Regeneration des Pe-
riderms und nachdem überhaupt das Wachsthum in seinen Einzelheiten
bereits eine Zeit lang einen ganz normalen Verlauf gezeigt hat, Rückfälle
eintreten. In manchen Versuchen war nämlich im Herbst wiederum
Gummigangbildung zu constatiren. Derartige Fälle zeigen, dafs unter
Umständen die blofse Entfernung des Periderms tiefgreifende Änderungen
in der Constitution der Pflanze zur Folge haben kann.
Schlufs
Im Vorstehenden ist versucht worden, mit Hülfe exacter Methoden
und unter möglichst präciser Fragestellung in ein Gebiet einzudringen,
auf welchem dort, wo bereits Untersuchungen vorlagen, manche Irrthümer
berichtigt werden mulsten. Mit möglichster Vermeidung theoretischer Er-
örterungen habe ich mich darauf beschränkt, die Thatsachen, sowie deren
gegenseitige Beziehungen klar zu legen. Was dann weitergehend die
Frage nach den Ursachen der in Folge einer Rinkendrucksteigerung ein-
78 Krasse: Über das Wachsthum
tretenden Wachsthumserscheinungen betrifft, so wird es sich zur besseren
Orientirung empfehlen, auch diese, wie bei den Versuchen über Rinden-
druckverminderung in zwei Gruppen zu trennen, einmal in solche, die in
directer Beziehung zum Druck stehen und sich ohne Weiteres mechanisch
erklären lassen, und dann in solche, die nur eine indireete Beziehung zum
Druck haben und einstweilen mechanisch nicht befriedigend erklärt wer-
den können. Dafs unter gesteigertem Rindendruck ein geringeres Dicken-
wachsthum stattfindet als unter gewöhnlichen Verhältnissen, ist eo ipso
mechanisch erklärt; wenigstens steht diese Thatsache im völligen Einklange
mit dem, was wir unter den obwaltenden Umständen nach unseren Vor-
stellungen von der Wirkung eines Druckes in erster Linie erwarten müssen.
Nun aber liegen die Verhältnisse in Wirklichkeit viel complieirter; denn
unsere Versuche über Rindendrucksteigerung haben ja nicht blofs eine
Verminderung des Gesammtwachsthums zur Folge gehabt, sondern es hat
sich herausgestellt, dafs während dieser Wachsthumsverminderung zugleich
eine Störung in dem Verhältnifs eintritt, welches unter normalem Rinden-
druck zwischen den Zuwachsgröfsen der Zelltheilungs- und der Zell-
streckungszone besteht. Die jungen, streckungsfähigen Holzzellen werden
von einem Druck in verhältnifsmälsig viel höherem Mafse beeinflufst, als
die Zellen des Verdickungsringes, und dies ist, wie nachgewiesen wurde,
der Grund, warum unter gesteigertem Rindendruck kleinere Zellen als
sonst zur Ausbildung gelangen. Diese Thatsache liegt schon nicht mehr
im Bereiche einer directen mechanischen Erklärung. Vielleicht hat hier
die verschiedene Dicke der radıalen Zellwände in den verschiedenen
Wachsthumszonen eine Bedeutung. Wenigstens will ich, ohne mich wei-
ter in Erörterungen einzulassen, die ihres hypothetischen Charakters doch
nicht völlig entkleidet werden könnten, auf die bekannte Thatsache hin-
weisen, dafs die radialen Zellwände im eigentlichen Verdiekungsring eine
srölsere Dicke besitzen, als die entsprechenden Wände der streckungs-
fähigen Holzzellen.
Von nicht gerimgem Interesse ıst jedenfalls das Verhalten der Rinde
unter starkem Druck. Wenn der Druck eine gewisse Höhe (gewöhnlich
10 Atmosphären) überschreitet, hören, wie wir gesehen haben, die äufser-
sten Rindenschichten auf zu wachsen und sterben ab. Auch diese That-
sache darf wohl als direct mechanisch erklärt betrachtet werden; denn
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen etc. 79
es muls für ein wachsthumsfähiges Gewebe bei allmählicher Drucksteige-
rung endlich eine Grenze erreicht werden, wo die Zellen nicht mehr zu
wachsen vermögen und schliefslich absterben. Ganz unerklärt bleibt da-
gegen die Thatsache, dafs Rindenzellen in unmittelbarer Nähe der abster-
benden durch den hohen Druck in ihrem Wachsthum gefördert und zu
intensiverer Thätigkeit angeregt werden. Hier liegt offenbar zwischen
der Drucksteigerung und der schliefslich aus dieser resultirenden Wachs-
thumserscheinung eine Kette von Ursachen und Wirkungen, deren einzelne
Glieder noch völlig unbekannt sind. Mit diesen wenigen Bemerkungen
muls ich mich hier begnügen; manche in den vorausgehenden Capiteln
erörterte Wachsthumsvorgänge werden uns zu einer späteren Zeit noch
ausführlicher beschäftigen.
Nur auf die grofse Kraft, die während des Dickenwachsthums der
Bäume zur Geltung kommt, möchte ich nicht unterlassen, hier nochmals
hinzuweisen. Ist es mir auch nicht gelungen, den Grenzwerth dieser
Kraft festzustellen, so ergiebt sich aus den durchgeführten Versuchen doch
so viel, dafs dieselbe bei den Coniferen wenigstens 10 und bei den Laub-
hölzern mindestens 15 Atmosphären beträgt. Daraus erklärt sich denn
auch die nicht selten in der Natur zu beobachtende Erscheinung, dafs
Pflanzen und speciell die Bäume durch ihr Wachsthum nicht unbedeutende
mechanische Hindernisse zu überwinden vermögen. Durch das Dicken-
wachsthum der Wurzeln und Stämme unserer Hölzer werden Denkmäler
— wie man besonders auf Kirchhöfen zu beobachten Gelegenheit hat —
zerstört und Mauern umgeworfen.
Vergleicht man mit diesen Thatsachen dasjenige, was wir jetzt
über die Gröfse des Rindendruckes und dessen Änderungen im Laufe
einer Vegetationsperiode wissen, so ist ohne Weiteres einleuchtend, dafs
der Rindendruck auf das Dieckenwachsthum eines Holzkörpers ohne Ein-
flufs sein muls. Die Rinde besitzt nicht die Aufgabe, wie es nach den
von anderer Seite gegebenen Darstellungen fast scheinen möchte, vermöge
ihrer Spannungszunahme das Dickenwachsthum im Herbst zu sistiren, sie
ist vielmehr, soweit der aus der Tangentialspannung resultirende Radial-
druck in Frage kommt, für das Dickenwachsthum ohne jede Bedeutung.
Das Wachsthum des Cambiumringes würde aus dem normalen Verlauf
nicht herauskommen, wenn man die Rindenspannung aufheben könnte,
80 Krasse: Über das Wachsthum
ohne den Baum zu verletzen. Die Rinde hat in erster Linie die Aufsabe,
den Cambiumring gegen die verschiedenartigsten äulseren Einflüsse zu
schützen, sie ist für den Verdickungsring das, was die Wurzelhaube für
den Vegetationspunkt der Wurzel ist. Wie aber die Wurzelhaube mit dem
Wurzelkörper in organischem Verbande steht und darum nicht einfach als
ein diesen in sich aufnehmendes Futteral betrachtet werden darf, so be-
sitzt auch die Rinde aulser der Aufgabe, eine schützende Decke für das
Wachsthum des Verdickungsringes zu bilden, noch eine Anzahl anderer
nicht unwichtiger Functionen; sie ist an dem Stoffwechsel betheilist, kurz,
sie ist ein ganz nothwendiger Theil des Baumkörpers, ohne den dieser
gar nicht zu leben vermag. Und weil sie dies ist, darum müssen auch
irgend welche verletzenden Eingriffe, durch welche eine Functionsstörung
der Rinde hervorgerufen wird, auf das Wachsthum eines Baumes je nach
der Intensität der Verwundung in gröfserem oder geringerem Malse ein-
wirken, auch dann, wenn eine Spannung der Rinde gar nicht vorhanden
sein würde.
Nur in sofern ist die Tangentialspannung der Rinde für die nach
Verwundungen auftretenden Wachsthumsvorgänge von Bedeutung, als in
Folge dieser Spannung klaffende und somit gröfsere Wunden entstehen,
als es sonst der Fall sein würde. Um den Heilungsprocefs zu beenden
und die Öontinuität der Rinde wiederherzustellen ist darum ein gröfserer
Materialverbrauch nothwendig, als wenn sich die Rinde nach Einschnitten
gar nicht oder nnr sehr wenig contrahirte. Ferner resultirt die beson-
dere Anordnung der radıalen Zellreihen z. B. der eigenthümliche Mark-
strahlenverlauf in der Nähe der Wundränder nur aus der Tangentialspan-
nung der Rinde. Doch diese Erscheinungen gehören nicht mehr in das
Gebiet unserer Aufgabe, in welcher es sich nur um den aus der Tangen-
tialspannung hervorgehenden Radialdruck der Rinde handelt. Dieser aber
ist, wie ich wohl auf Grund meiner nach den verschiedensten Seiten
durchgeführten Versuche behaupten darf, für das Dickenwachsthum eines
Baumes ohne jede Bedeutung.
Fig.
Fig.
des Verdickungsringes und der jungen Holzzellen ete. 81
Erklärung der Abbildungen.
Mar 1.
Abbildung einer der Ketten, welche zur Steigerung des Rindendruckes verwandt
wurden. — 4 nat. Grölse.
Darstellung der Vorrichtung, wie sie zur Steigerung des Rindendruckes an senk-
recht stehenden Objeeten benutzt wurde. — 4 nat. Grölse.
Durchschnitt durch eine um einen horizontal abstehenden Ast A gelegte Kette.
ab, bc, cd u. s. w. die zwischen Kette und Rinde zur gleichmälsigen Vertheilung
des Druckes eingeschobenen Messingblechstreifen. c Nagel, der dazu dient, eine
Verschiebung der Kette zu verhindern. ca. 4 nat. Grölse.
Bildung eines Korkmeristems in der Rinde eines Weidenstammes unter hohem
Druck (ca. 10 Atmosph.) — Vergr. 500.
In den Figuren 5, 6, 7, 8, 9 und 10 sind die Gefälsumrisse mit Hülfe der
camera lucida genau gezeichnet worden. Da es mir auf eine genaue
Wiedergabe der übrigen anatomischen Details weniger ankam, so ist
auch das Libriform von dem Holzparenchym nicht unterschieden wor-
den. Vergr. 60.
Die Figuren 5, 6 und 7 stellen Querschnitte dar durch einen unter verschie-
den hohem Druck entstandenen Jahrring von Castanea vesca.
Querschnitt durch den normal gebildeten Jahrring.
Quersehnitt durch einen unter etwa 12 Atmosphären entstandenen Theil des
Jahrringes.
Querschnitt durch eine unter noch höherem Druck (13 Atmosph.?) entstandene
Partie des Jahrringes.
Die Figuren 8 und 9 stellen Partien aus dem Frühlingsholz eines Weiden-
baumes dar.
Unter normalem Rindendruck entstandenes Frühlingsholz.
Frühlingsholz, unter einem Druck von etwa 10 Atm. entstanden.
. Querschnitt durch einen Theil eines Jahrringes eines Weidenbaumes, der im Juni
durch Rindeneinschnitte verwundet wurde. Zur Zeit der Verwundung war Zone
a bereits völlig differenzirt; b Lage der jungen noch undifferenzirten Holzschicht,
und c Lage des Cambiumringes zur Zeit der Verwundung.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 11
KrasBeE: Über das Wachsthum
Tara:
Querschnitt durch den Cambiumring von Picea exwcelsa. m Markstrahl, / und 17
die den Markstrahl seitlich begrenzenden Cambialreihen. Anfangs Juli. Vergr. 600.
Querschnitt durch den Verdickungsring von Populus. m Markstrahl, 7 und I/ die
angrenzenden Cambialreihen. Mitte Juni. Vergr. 600.
Querschnitt durch den Cambiumring von Clematis Vitalba. Anfangs Juli. Vergr. 600.
Ebenfalls Querschnitt durch das Cambium von Olematis Vitalba. Juli. Vergr. 600.
Querschnitt durch das Cambium von Tilia grandifolia. m, m’, m'' Markstrahlzell-
reihen. / eine angrenzende Cambialreihe. Juli. Vergr. 600.
Ein anfangs Juni gemachter Querschnitt durch den unter hohem Druck stehen-
den Cambiumring eines Exemplars von Picea excelsa. Vergr. 600.
Erklärung im Text S. 27 ft.
Zwei schematisirte Zellreihen aus dem Frühlingsholz eines Jahrringes von Picea
excelsa. In der Zeit, in der A unter normalem: Rindendruck, ist B unter einem
auf 5 Atmosphären gesteigerten Rindendruck entstanden.
Ein Theil eines undulirten Jahrringes. Die Einsenkung ist durch den Druck
einer Rolle entstanden. Durch die punktirte Linie wird die Grenze zwischen
Frühlings- und Herbstholz angegeben. + nat. Grölse.
des Verdicekungsringes und der jungen Holzzellen etc. 33
Inhalt.
Seite
le tun a ee ee a en ne
I. Weitere Untersuchungen über die Rindenspannungsverhältnisse unserer Hölzer. 7
II. Beschreibung einer Methode zur Steigerung des Rindendruckes auf eine belie-
eaibine 2 edler 8. 6 a Er;
III. Orientirung über die Zelltheilungsvorgänge im Verdickungsring. Einleitung zum
experimentellen Theil .
IV. Steigerung des Rindendruckes.
IBMNHOEInOlZELI EN er Se en re a ern
DABlraubholzeren Po ee an
NV erminderonesdessRindendruckse ge en ro,
SCHIU TEEN EEE 2 6 ee ee en
12
ah ae eh N
hehe vuh u
Ki I, Ti0R MR Ars, er eb
ei cr
Taf I.
Abhandlungen der Bat. Akad. d. Wiss. 188%.
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3 IT
BrBl
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Be
al |
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6. Krabbe del.
Krabbe: Verdiekung string.
Taf! 11.
Abhandlungen der Berl. Akad.d. Wiss. 1884.
\|
z in H
Be =
=— TI
N —
-|
S
en
- (.Laue kith.
Ver diekung sring.
Krabbe:
. G.Krabbe det.
Verzeichnifs der während der Reise S. M. S. Gazelle
um die Erde 1574— 76 gesammelten Asteriden und
Euryaliden.
Bearbeitet
von
mE. STUDER,
Professor der Zoologie in Bern.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. II. 1
Eingereicht in der Sitzung der phys.-mathem. Classe am 24. April 1884.
D.: vorliegende Verzeichnils umfalst 73 Arten von Asteriden und
4 Arten Euryaliden, welche bei Gelegenheit der Expedition S. M. S.
Gazelle gesammelt wurden.
Von den Asteriden erwiesen sich 18 Arten als neu für die Wissen-
schaft. Von diesen konnten die meisten bekannten Gattungen unterge-
ordnet werden, für zwei war ich genöthigt, neue Gattungen aufzustellen.
So die Gattung Luidiaster für eine eigenthümliche Astropectinide aus der
Tiefe des südindischen Oceans und die Gattung Cherraster für zwei Arch-
asteridenarten aus der Tiefe des indischen und stillen Oceans.
Aulserdem findet hier die Gattung Labrdiaster Lütken, ein eigen-
thümliches Genus der Drisingidae, das nur unvollkommen bekannt war,
eine eingehende anatomische Beschreibung. Die meisten neuen Formen
wurden durch die Schleppnetz-Untersuchungen in gröfseren Tiefen erlangt,
während die Küstenfauna wenig bis dahin Unbekanntes bot.
Von Allgemeinen Resultaten sei kurz folgendes hervorgehoben. Die
weiteste horizontale Verbreitung finden wir bei den die Tiefsee bewohnenden
Archasteriden, von denen sich eine Form, A. Christuvi Düb. Kor., noch
nördlich von Neu-Seeland in 400 Faden Tiefe vorfand. Für die Ver-
breitung der Seesterne war ferner die Untersuchung der atlantischen Küsten
von Africa und von Südamerica wichtig. Es zeigte sich für die africanische
Küste, dafs Arten des nordatlantischen Oceans und des Mittelmeeres längs
der Küste von Africa bis auf 4° N. herabsteigen, indem sie in den niederen
ge%
4 STuDer: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
Breiten das kalte Wasser der Tiefe aufsuchen. Ähnliche Erscheinungen
fanden sich auch an der Küste von Südamerika; Arten, welche in der
Magelhaensstrafse in seichtem Wasser gefunden wurden, fanden sich weiter
nördlich an der Küste Patagoniens und Argentiniens in tieferem Wasser,
umgekehrt Arten, welche aus dem Golf von Mexico als in tiefem Wasser
lebend bekannt waren, an der Küste Patagoniens in geringer Tiefe. Diese
Erscheinung, welche sich auch bei anderen Thierklassen verfolgen läfst,
zeist den grolsen Einflufs, welchen die Temperatur auf die Verbreitung
des Thierlebens im Meere hat. Was die einzelnen Familien betrifft, so
fanden sich die Asteriaden am reichlichsten in der südlichen gemälsisten
Zone vertreten; die magelhaenische Region mit Kerguelen liefert allein
14 Arten, ein Verhältnifs das wir nur in der nördlichen gemälsisten Zone
wieder antreffen. Da die Asteriaden hauptsächlich als Seichtwasserbe-
wohner bekannt sind, war der Fund eines Asterias bei Neu-Seeland ın
597 Faden Tiefe sehr überraschend.
Während die Asteriaden hauptsächlich der gemäfsigten Zone an-
gehören, so sind für die Wendekreise die Linckiadae und die Goniasteridae
neben Asterinidae charakteristisch und werden auch hier in zahlreichen
Arten angeführt.
Die Ausbeute an Euryahldae war gering, nur 4 Arten können hier
verzeichnet werden, wovon aber zwei sich als neu erwiesen. Eine der-
selben zeigte sich als eine eigenthümliche Zwischenform zwischen Ophiu-
riden und Euryaliden, so dafs ich für sie eine neue Gattung Ophiuropsis
n. g. aufzustellen genöthigt war.
Zum Schlufse spreche ich noch den Direktoren und Conservatoren
des Königlichen Zoologischen Museums in Berlin, namentlich Herrn Pro-
fessor Dr. E. v. Martens meinen Dank aus für die freundliche Hülfe,
die sie mir während meiner Arbeit angedeihen lielsen, vor Allem aber
möchte ich hier noch dankend des leider so früh verstorbenen Direktors
der Zoologischen Sammlung, Herrn Professor W. Peters gedenken,
welcher mich bei dieser, wie bei früheren Arbeiten stets auf das zuvor-
kommendste unterstützt und dem das Verdienst gebührt die Berliner
Zoologische Sammlung zu einem wissenschaftlichen Hülfsmittel erhoben zu
haben, das seinen Rang neben den ersten Museen behauptet.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 5
Fam. I. ASTERIADAE.
Asterias L.
Die Gattung Asterias ist wohl das Artenreichste Geschlecht der
Asteriden. Bell, in seiner Arbeit über die systematische Gruppirung der
Arten von Asterias (Proceed. of the scient. meet. of the Zol. Soc. London.
t. III. 1881. pg. 92) verzeichnet 77 bis jetzt beschriebene Species, welche
grölsentheils den gemäfsigten und kalten Meeren angehören. Dazu kommen
noch fünf neuerdings von Perrier beschriebene (Deseript. sommaire des
especes nouv. d’ÄAsteries ın Reports on the Results of Dredging under the
supervision of A. Agassiz in the Gulf of Mexico. Bullet. of the Mus. Comp.
Zoolog. Vol. IX. Nr. 1.) und endlich noch zwei neue Species, welche im
folgenden beschrieben werden sollen, so dafs sich die jedenfalls noch nicht
vollstängig erschöpfte Liste der bekannten Arten gegenwärtig auf 84
beziffert.!) Die Identifizirung der Arten ist übrigens noch mit grolsen
Schwierigkeiten verbunden, da nur wenige durch gute Abbildungen be-
kannt gemacht sind und man daher vielfach blos auf Beschreibungen an-
gewiesen ist, welche, so vorzüglich sie auch abgefasst sein mögen, doch
bei der Bestimmung immer noch Zweifel übrig lassen, wofern zur Ver-
gleichung nicht die Originalexemplare vorliegen. So sind leider die meisten
durch Stimpson, Verrill, Philippi, Perrier und viele Andere aufge-
stellten Species noch nicht durch Abbildungen bekannt. In der oben
erwähnten Arbeit hat Bell versucht, die zahlreichen Arten nach Unter-
abtheilungen zu sondern, indem er sie zunächst nach dem Vorhandensein
von fünf Armen oder einer grösseren Zahl derselben in die Divisionen
der Heteractinida mit mehr als fünf Strahlen, und der Pentactinida mit
fünf Strahlen sondert, die Zahl der Madreporenplatten bedingt die nächsten
Hauptabtheilungen, dann die Zahl der Ambulacralpapillenreihen, wonach
er Monacanthida mit einer Reihe, und Drplacanthıda mit zwei Reihen
unterscheidet, weitere Unterabtheilungen bedingt das Verhalten der Madre-
porenplatten, ob sie von einem Papillenkranz umgeben sind oder nicht,
das Verhalten der Dorsalspinen, ob sie auf besonderen Fulsplatten stehn
1) Eine Untersuchung der Asteriden, welche während der deutschen Südpolar-
expedition an den Küsten Süd-Georgiens gesammelt wurden, ergab zwei neue Arten von
Asterias und eine neue Art von Stichaster.
6 Studer: Verzeichnjs der während der Reise S. M. S. Gazelle
oder nicht und endlich die Form der Stacheln, ob dicht stehend oder
zerstreut, ob stumpf oder spitz u. s. w.
Das ganze Verhältnis wird dann in einer für die Vertreter der
letzten Unterabtheilungen geltenden Zahlen- und Buchstabenformel aus-
gedrückt. Dieser sehr ingeniöse Versuch mufs als ein glücklich gewähltes
Hülfsmittel für die Bestimmung der so schwer erkennbaren Arten betrachtet
werden, nur wird er nicht den Anspruch machen dürfen, eine Eintheilung
nach natürlicher Verwandschaft zu bilden, ein Anspruch den der Verfasser
auch nicht erhebt. So ist z. B. die Trennung in mehrstrahlige und fünf-
strahlige Formen eine durchaus künstliche. Der Verfasser wird z. B.
zugeben, dafs der sechsstrahlige Asterias meridionahs Perr. dem fünf-
strahligen A. Brandti Bell viel näher steht, als dem sechsstrahligen A.
Perrieri Sm. oder A. borealis. Viele hier malsgebende Charaktere möchten
auch bei Vergleichung einer größseren Anzahl von Individien als nicht
genügend constant erscheinen. So die Zahl der Madreporenplatten, die
Zahl der Papillen, welche die Madreporenplatten umgeben, deren Zahl
individuell sehr verschieden ist. In den letzten Abtheilungen, welche
als Simplices, die Spmen nach Art des A. rubens angeordnet, Rarıspinosae,
Dorsalspinen wenig vertreten, Obtusispinosae, Dorsalspinen kurz und stumpf,
Acutispinosae, Dorsalspinen zugespitzt, unterschieden werden, möchte der
Beobachter oft in Verlegenheit kommen, sein Objekt in die richtige Ab-
theilung zu versetzen. Diese Bedenken, durch welche ich übrigens den
Versuch Bells in keiner Weise herabsetzen möchte, haben mich bewogen,
vorläufig bei Beschreibung der Arten von der Anbringung der vorge-
schlagenen Formel noch zu abstrahiren.
Während der Reise der Gazelle wurden im Ganzen 10 Arten
Asterias gesammelt und zwar vorwiegend in der magelhaenischen Region,
zu welcher wir auch Kerguelensland rechnen müssen; die meisten stammen
aus relativ flachem Wasser, d.h. weniger als 100 Faden, nur eine Art
wurde nördlich von Neu-Seeland aus einer Tiefe von 597 Faden erlangt.
1. A. Perrieri Smith. Ann. and Mag. nat. hist. 1876. XVII.
pg. 106; Trans. of Venus expedit. Kerguelen Isld. Zoology.
Echinodermata (pg. £. pl. XVI. fig. 2, 2a—b).
Diese Art fand sich nicht selten in der Florideenregion ın Betsy
Cove NO. Kerguelen, in geringer Tiefe. Die Farbe war entsprechend
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 7
dem Aufenthaltsort hell-orangeroth. Grolse R.50 r.10. Das junge Thier,
das noch nicht vier Fülschenreihen zeigt, habe ich irrthümlicher Weise
als Othilia sexradiata beschrieben, welche Art hiermit zu streichen ist.
(Antarkt. Echinodermen. Monatsber. d. k. Acad. der Wissensch. Berlin 1876.
»g. 458.)
2. A. rugıspina Stps. Proceed. Bost. Soc. Vol. VIII. 1862.
»9. 267.
Zwei Exemplare aus der Tuesday-Bay, Desolation Island, Magel-
haensstralse, trugen die von Stimpson angegebenen Charaktere unver-
kennbar zur Schau. Ebenso stimmt die Form der mit breiter Schneide
versehenen Pedicellarien mit Perriers Beschreibung. Das gröfsere Exem-
plar zeigt R.12 r.4””,
Ich kann keinen specifischen Unterschied zwischen dieser Art und
einer Form finden, welche in 38° 10'’1” S. B. und 56° 26'6" W. L. aus
30 Faden Tiefe mit dem Schleppnetz in grolser Menge gefischt wurde.
Die Form zeigt zwar schlankere und ım Verhältnifs zur Scheibe längere
Arme, R.20 r.5, auch stehen die Dorsalstacheln etwas dichter als bei
den Exemplaren aus der Magelhaensstrafse, im übrigen lassen sich aber
keine Unterschiede wahrnehmen. Bei beiden bildet das Dorsalskelett auf
der Scheibe einen Kalkring, der individuell am frischen Exemplar bald
mehr, bald weniger hervortritt, am getrockneten aber immer zu sehen ist.
Die Pedicellarien sind in beiden Fällen gleich gestaltet.
3. A. rupreola Verr. Büllet. U. S. Nat. Museum 1876. III.
Von dieser Art, welche von Kidder im Royal Sound, Ost-Kerguelen
in Kerguelensland gefunden wurde, erhielt ich nur wenige Exemplare
durch Dredsen auf Schlammgrund in 5—6 Faden. Die Farbe ist
dunkel, fast schwarz auf der Oberseite, auf der Unterseite gelblich. Sie
steht sehr nahe der A. antarctica Lütken.
4. A. antarctica Lütken. Lütken Vedensk. Medd. 1856. pg. 105.
Zu dieser Art rechne ıch einen Seestern, welcher sich in der
Magelhaensstralse häufig an Macroeystis ansitzend, vorfindet. Namentlich
bei Punta Arenas ist er häufig und wird oft mit Seetang durch die
Wellen an den Strand geworfen. Nach der von Lütken in dänischer
Sprache verfalsten Diagnose ist diese Art sehr ähnlich Asterias rubens.
8 Stuper: Verzeichmfs der während der Reise S. M. S. Gazelle
Die Diagnose Lütkens lautet: „Ziemlich kurze Arme. Ambula-
kralpapillen cylindrisch in einer dichten Reihe stehend. Innerhalb der-
selben, zwischen den Papillen und den Fülschen und ein wenig aufwärts
der Bauchfurche sitzt eine Reihe Pedicellarien, welche wohl ziemlich srols,
aber nicht so langarmig sind als bei A. wiolaceus. Nach aulsen von den
Papillen folgt eine doppelte Reihe von ähnlichen aber kürzeren Stacheln
die zu Paaren angeordnet sind, der übrige Theil der Haut, von der
nächsten Stachelreihe ab, welche die Grenze zwischen Armseiten und
Rücken bilden, ist spärlich und unregelmässig besetzt mit kurzen, stumpfen,
rauhen Stacheln, wie bei A. wolaceus. Der Zwischenraum ist erfüllt mit
kleinen Pedicellarien die aber nicht in Kreisen um die Stacheln, sondern
zerstreut stehen. . Die Madreporenplatte liest zwischen der Scheibenmitte
und dem Armwinkel.“
Dieser Charakteristik entsprechen die von mir gesammelten Exem-
plare sehr gut. Ich kann nur noch hinzufügen, dafs durch die Dorsalhaut
zahlreiche Füfschenpapillen treten, welche angeschwellt, die kurzen stumpfen
radiaer gerippten Dorsalspinen ganz verdecken. Die kreuzförmigen Pedi-
cellarien sind auf dem Rücken sehr zahlreich, die Farbe blafsgelb. %.22
7.802201 7.46.
5. A. calamarıa Gray.
Diese Art erhielt ich in zahlreichen Exemplaren in Mauritius von
Robillard gesammelt.
6. A. meridionahs Perr. Revis. des Stellerides 1875. pg. 76.
An. Mag. nat. hist. 1876. XVII. pg. 36. Smith Zoolog. of
Kerg. isld. Echinodermata pg. 272. pl. XVI. fig. 1.
Diese Art fand sich sehr häufig in allen von der Gazelle besuchten
Häfen der Nordküste Kerguelens in 3—6 Faden auf Schlammgrund, auch
an Wurzeln von Macrocystis. Die Farbe ist dunkel, oft schwarz-grau,
unten gelblich.
7. A. Studer! Bell. Bell. Account of the zoolog. Collect. of the
Survey of H. M. S. Alert. Echinodermata. Proceed. of the zool.
Soc. London. 1881. »g. 91.
A. molhis Studer. Monatsber. Akad. Berl. 1877. pg. 457
non Hutton.
ans ana aan (0, 5)
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryalden. 9
Als ich 1876 für diese Art den Namen A. mollis vorschlug, war
mir entgangen, dafs Hutton schon im Jahre 1872 denselben Namen an
eine ganz verschiedene Art vergeben hatte. Ich nehme daher den für
meine Art von Bell vorgeschlagenen Speciesnamen an.
RO TR hr,
Sechs Arme, gleichmälsig sich zuspitzend. Die Armfurche breit.
Die Ambulacralpapillen stehen in zwei Reihen. Dieselben sind schlank,
eylindrisch. An der Basis der Arme besteht die äulsere Reihe aus längeren
und diekeren Papillen, als die innere, im weiteren Verlauf gleicht sich das
Verhältnifs zwischen beiden aus. Nach innen zu, gegen die Bauchfurche
finden sich langgestielte, gerade Pedicellarien, die sich nicht ganz regel-
mälsig je unter der dritten Papille vorfinden.
Von den Ambulacralpapillen durch eine Furche getrennt, folgt auf
der Ventralseite eine Reihe groberer Stacheln, jeder umgeben von einem
Kranz gekreuzter Pedicellarien. Die Stacheln bilden im Anfang eine ein-
fache Reihe, verdoppeln sich aber distalwärts von der Mitte des Armes
an. Sie beginnen erst in dem Winkel, in dem die Arme zusammenstolsen
und lassen so ein nacktes Interambulacralfeld frei, das nur einzelne ge-
rade Pedicellarien und Tentakelporen enthält. Ebenso ist die Furche
zwischen der Stachelreihe und den Ambulacralpapillen besetzt. Auf diese
folgt wieder ein nackter mit geraden Pedicellarien und Papillen besetzter
Raum, der den ganzen Seitentheil des Armes einnimmt, erst am oberen
Rand findet sich wieder eine Stachelreihe. Der Dorsaltheil der Scheibe
wird von einem lockeren, weitmaschigen Kalknetz eingenommen, das von
einer dicken Lederhaut ausgefüllt wird. Auf den Knoten der Maschen
erheben sich kleine, spitze Stacheln, die wieder von gekreuzten Pedicella-
rien umgeben sind, während auf den Maschenräumen lange gerade Pedi-
cellarien stehn. Wegen des lockeren Kalknetzes ist die Haut des Rückens
weich und nachgiebig.
Die Madreporenplatte hat keinen Stachelkranz und steht wenig
vor. Farbe blafsgelb.
In B. 47°55'2"S. L. 66°41'2" O0. 100 Faden. Schwarzer Ba-
saltsand.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. I.
[5]
10 Studer: Verzeichn/fs der während der Reise 8. M. S. Gazelle
8. A. Harttüi Rathbun. Rathbun List of the Brazilian Echino-
derms Transact. Connect. Acad. Vol. V. 1879. pg. 145.
Asterias gracilis Perrier? Especes nouv. d’Asteries. Bullet.
Mus. Comp. Zoolog. Vol. IX. N. 1. pg. 4.
Unter dem Namen Leptasterias Hartu beschreibt Rathbun einen
kleinen sechsstrahligen Seestern, welcher Ost vom Cap Negro bei Brasi-
lien aus 62 Faden Tiefe gefischt wurde. Mit der ausführlichen Beschrei-
bung Rathbuns stimmen Exemplare eines kleinen Seesterns überein, der
in grofser Menge mit dem Schleppnetz in B. 34°43'7"S. und L. 52°
36'1" W. in 24 Faden Tiefe mit dem Schleppnetz erlangt wurde. Die
srölsten haben einen grolsen Radius von 20””, sechs Arme und eine Ma-
dreporenplatte am Armwinkel, die von emem Kranz von 8$—9 Stachel-
chen umgeben ist. Daneben kommen aber Formen vor mit 7 Armen,
von denen gewöhnlich 2—3 kürzer als die anderen sind, ferner sechs-
armige oft mit zwei längeren und vier kürzeren oder drei längeren und
drei kürzeren Strahlen und ohne Madreporenplatte.
Solche Stücke scheinen Veranlassung zur Aufstellung der Asterias
gracilis Perr. gegeben zu haben, wenigstens entspricht die oben eitirte
Beschreibung Perriers nach drei Exemplaren, welche bei Florida in 120
— 174 Faden erlangt wurden, ganz. Wahrscheinlich ıst das Thier im
Stande sich zu theilen, wobei dann das eine Theilstück noch keine Ma-
dreporenplatte erlangt hat, und zwar scheint die Theilung namentlich bei
jungen Thieren häufis zu sein, bei welchen man ungleich entwickelte Arme
viel mehr vorfindet als bei den grölseren.
Bei frischen Exemplaren ist die Scheibe durch eine Ringfurche
deutlich von den Armen abgesetzt. Die Farbe ist hellorange, die Ring-
furche vielfach dunkel pigmentirt.
9. A. suleifera Val. Perrier Pedicellaires et Ambulacres. Anna-
les des sciences nat. V. Ser. bd. XII. pg. 237.
Zwei Exemplare aus der Tuesday-Bay, Desolation Island, Magel-
haensstrafse, von mittlerer Gröfse, und zwei grolse Stücke von 34°” Grölse
in B. 38° 10'1" S. und L. 56° 26'6” W. aus 30 Faden Tiefe. Die erste-
ren zeigten oben eine dunkelviolette Färbung, die Unterseite gelb, die
letzteren ein helles Violett, Unterseite blalsgelb.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 11
10. A. fragilis n.sp. (Taf. I. Fig. 2. a. b. c. d.)
Klein, fünfarmig mit schlanken dicken im Querschnitt fünfeckigen
Armen, die durch eine Ringfurche von der flachen Scheibe abgegrenzt
sind. Die Scheibe mit kleinen stumpfen Stacheln, die sich auf den Ar-
men in Längsreihen ordnen, zwischen denen vertiefte Furchen liegen, aus
welchen zahlreiche Füfschenpapillen treten. Die Ambulacralpapillen in
zwei Reihen.
R.16,5 r.4. Armbreite an der Basis 8"".
Die Körperscheibe ist flach und diek und durch eine deutliche dor-
sale mehr oder weniger pentagonale Furche von den Armen gesondert.
Die Arme lösen sich an dieser Stelle sehr leicht von der Scheibe los,
was bei dreien schon mit dem Einholen des Netzes geschah. Die Arme
sind an der Anheftungsstelle etwas eingeschnürt, verbreitern sich aber
von da rasch und spitzen sich nach dem Ende allmählig zu. Jeder Arm
zeigt eine ganz flache Ventralseite, zwei gerade Seitenflächen und eine
Rückenfläche, die kielartig erhoben ist; seitlich von dem medianen Rücken-
kiel lassen sich nach rechts und links davon zwei seitliche Kiele unter-
scheiden.
Die Bauchfurche ist weit und begrenzt von zwei Reihen kleiner,
eylindrischer Ambulacralpapillen, wovon die innere Reihe 4 kürzere Pa-
pillen zeigt, als die äufsere. Nach der Bauchfurche tritt eine Reihe ge-
rader Pedicellarien auf. Nach aufsen von den Ambulacralpapillen folst,
den Bauchrand des Armes begrenzend, eine Reihe von platten Stacheln,
die zu drei bis vier nebeneinander stehn. Die senkrechte‘ Seitenfläche
des Armes entbehrt der Stacheln und ist mit weicher Haut bekleidet, die
von einer Reihe von Fülschenpapillen durchbrochen ist, zwischen denen
gerade Pedicellarien stehn. Das Dorsalskelett der Arme besteht aus einem
dichten Maschenwerk von Kalkstäbchen, dessen Knotenpunkte in drei
Längsreihen sich anordnen, welche kielartig erhoben sind. Auf diesen
stehen kurze, stumpfe Stacheln, während die dazwischen liegenden Fur-
chen von Füfschenpapillen besetzt sind. Das Kalknetz der Scheibe ist
sehr dicht, die Scheibe mit kurzen, stumpfen Stacheln bedeckt, die keine
bestimmte Anordnung zeigen. Dazwischen stehen gekreuzte Pedicellarien
und Füfschenpapillen, welch letztere in Radien, die gleichweit von dem
Centrum und dem Rande der Scheibe entfernt sind, einen Kreis bilden.
9%
12 Stuvar: Verzeichni/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
Die Madreporenplatte ist sehr klein und enthält nur sehr wenig Furchen.
Sie wird fast verdeckt durch einen sie umgebenden Halbkreis von sechs
stumpfen Stacheln; ihre Lage ist dicht am Scheibenrande.
Das ganze Skelett des Seesterns ist sehr fest und unbiegsam. Die
eigenthümliche Anordnung des Armskeletts liefs mich diesen Seestern ne-
ben A. suleifera stellen. Die Farbe war frisch, blals röthlich violett.
Fand sich östlich von Neu-Seeland in 35° 21’ S. B. und 175° 40'
Ö.L. in 597 Faden Tiefe.
I SA Belhorm:.ssp. (elarsl.zikite 22. @.,00)
Fünfstrahlig, mit schlanken, platten, sich allmählig zuspitzenden
Armen. Ambulacralpapillen zweireihig, schlank, cylindrisch, in beiden
Reihen von gleicher Gröfse. Nach aufsen davon eine Reihe grölserer,
etwas abgeplatteter Stacheln, die an der Basis kleine Papillen tragen. An
den Seiten der Arme eine tiefe Furche. Oberfläche der Scheibe bedeckt mit
Platten, die einen cylindrischen Medianstachel, umgeben von kleinen Pa-
pillen, tragen.
Diese Art scheint dem A. Brandt Bell. und noch mehr A. neglecta
Bell. nahe zu stehen, weicht aber namentlich durch die Beschaffenheit
der Ventralseite der Arme ab und nähert sich in diesem Charakter mehr
A. meridionalis. Grolser Radius 45”"”, kleiner Radius 9"". Breite der
Arme an der Basis 10””. Die Ambulacralfurche ist relativ eng. Die
innere Reihe der Ambulacralpapillen ist im Stande dieselbe zu decken.
Nach aufsen folst eine Reihe grölserer abgeplatteter Spinen, die auf klei-
nen Platten stehen und an der Basis von Papillen umgeben sind. Diese
beginnen erst am Armwinkel und lassen zunächst zwischen sich und den
Ambulacralpapillen einen Raum frei, welcher Füfschenpapillen den Durch-
tritt läfst. Erst distalwärts im ersten Drittel treten in dem freien Raum
unregelmälsis gestellte Stacheln auf, welche sich bald in zwei unregel-
mäfsige Reihen ordnen und an der Basis mit gekreuzten Pedicellarien um-
geben sind. Gegen das Ende der Arme werden die Stacheln sehr klein.
Die Seiten der Arme tragen eine tiefe Furche, in welcher einzelne Pa-
pillen hervortreten, dann folst eine Reihe von Platten, die einen mittleren
Stachel mit Papillen an seiner Basis tragen. Der Dorsaltheil des Arms
ist mit Reihen ähnlicher Platten besetzt, von denen sich sieben in der
um die Erde 1874 —76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 13
Breite des Armes unterscheiden lassen. Der Medianstachel ist kürzer als
bei den Seitenplatten und ragt wenig über die Papillen hervor. Die
Scheibe ist mit ähnlichen Platten bedeckt, auf denen aber der Median-
stachel kaum hervorragt. Die Madreporenplatte liegt nahe dem Rande
der Scheibe etwas vertieft und wird von den Stacheln der drei angren-
zenden Platten fast verdeckt. Ein junges Exemplar von R.10 zeigt die
Medianstacheln der Platten viel mehr entwickelt. Auf den Armen lassen
sich nur drei Plattenreihen, eine mittlere und zwei unregelmälsig stehende
Seitenreihen unterscheiden. In der Seitenfurche findet sich eine Reihe
Füfschenpapillen.
Die Farbe war im Leben orange. B. 47° 1'6" S. L. 63° 29’ 6" W.
In 63 Faden Tiefe. Sandiger Schlamm.
Fam. II. HELIASTERIDAE vacat.
Fam. III. Brısıseipae Viguier.
Gymnobrisinga n. g.
Der Arm einer Brisingide, welcher in 47° 8'S.B. und 64° 51’ 7"
Ö.L. aus 115 Faden gefischt wurde, zeigt ein so charakteristisches Ver-
halten des Dorsalskeletts, dafs wir berechtist sind, eine neue Gattung
darauf aufzustellen. Der Hauptcharakter der Gattung würde darauf be-
ruhen, dafs der Dorsaltheil des Armes des Hautskelettes vollkommen ent-
behrt. Als Speciesnamen schlage ich
12. @. Sarsü n. sp. vor. (Taf. III. Fig. 5.)
Die Länge des Arms beträgt 112"", die Dicke an der Basis 8”",
Die Ventralseite, welche ganz von der Bauchfurche eingenommen wird,
ist flach, die Dorsalseite, im proximalen Theile gleichmälsig convex, flacht
sich distalwärts ab, die Spitze des Armes ist ganz flach. Die Beweglich-
keit scheint sehr grofs zu sein, denn der Arm war mannigfach gewunden.
In der Bauchfurche stehen zwei Fülschenreihen; die Füfschen beider Rei-
hen stehen parallel, sind eylindrisch und haben am Ende eine grolse
Saugscheibe. Die Adambulacralplatten tragen zwei nicht sehr verlängerte,
eylindrische Papillen, nach aufsen davon stehen gegen die Mitte des Ar-
mes zu noch zwei kleinere. Die Dorsalseite des Armes ist von nackter
14 Stuper: Verzeichnifs der während der Reise S. M. S. Gazelle
Haut bedeckt, dafür mit zahlreichen Pedicellarien versehen, welche in
Querreihen auf dem Arme angeordnet sind. Diese Pedicellarien sind re-
lativ sehr grols; die Gröfse eines Scheerenblattes beträgt 0,32””. Die
Form gleicht den gekreuzten Pedicellarien von Brisinga und der folgenden
Art. Jedes Scheerenblatt besitzt über der Kreuzungsstelle eine hervor-
ragende Schneide, die mit kleinen, groben Zähnchen besetzt ist. Die
Spitze ist quer verbreitert und besitzt an einem Blatte zwei starke Zähne,
an dem andern eine Reihe von Zähnen.
Labidiaster Lütken.
13. L. radiosus Loven. (Taf. I und III. Fig. 4. «a —.y.)
Die Gattung Labidiaster wurde von Lütken im Jahre 1871 (Fort-
satte kritiske og beserivende Bidrag til kundskab om Söstjerne 8. Raekke.
Widenskabehige Meddelelser fra den naturhistorıske Forening « Kjöbenhavn.
Nr. 15—19. 1871. pg. 89) unter folgender Diagnose aufgestellt: „Brachia
numerosa, triginta vel pluria, gracilia, acuminata, serpentiformia fere, ad
basin fragilia, annulata, pedicellariis numerosissimis, ‚cruciformibus obsita;
eorpus madreporiforme smgulum; discus et pars intima brachiorum spi-
nis sparsis pedicellariisque rectis supra armati; pedes ambulacrales du-
pliei serie dispositı.“
Die einzige Species ist Labrdiaster radıosus Loven. Die ersten
Exemplare wurden im Jahre 1852 von Professor Kinberg vor der La-
plata-Mündung erlangt. Später erhielt Lütken denselben Seestern durch
den Naturalienhändler Salmin, welcher als Fundort dafür Altata, Mexico,
angab. Da sich in derselben Sammlung noch verschiedene entschieden
ostpatagonische Seesterne vorfanden, ist eine Verwechselung des Fundortes
hier sehr wahrscheinlich. Nach eingehender Beschreibung, in welcher das
Skelettsystem, die zwei Arten Pedicellarien ausführlich geschildert wer-
den, findet Lütken die nächste Verwandtschaft des Labidiaster in Pedi-
cellaster Sars.
Viguier, in seiner Arbeit über das Skelett der Asteriden (Ana-
tomie comparee du squelette des Stellerides, Paris 1879), vereinigt die Gat-
tungen Labidiaster, Brisinga und Pedicellaster in die schon von O. Sars
für die Gattung Brisinga aufgestellte Familie der Drisingidae, welche zu
den Asteries ambulacraires gestellt werden. Die Brisingidae charakteri-
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 15
siren sich durch das Mundskelett von ambulacralem Typus, das sie mit
den Asterien gemein haben, unterscheiden sich aber von diesen dadurch,
dafs die Bauchfurchen der Arme nur zwei Füfschenreihen tragen und dafs
das Odontophor aus der Verschmelzung zweier Kalkstücke hervorgeht.
Viguier stützt sich bei dieser Charakteristik nur auf die Be-
schreibung und Abbildungen der genannten Gattungen, da ihm die Ob-
jeete selbst nicht zugänglich waren. Trotzdem mufs die Zusammen-
stellung der Gattungen im eine Familie eine sehr glückliche genannt
werden.
Die Charakteristik der Familie kann mit Umgehung eines unwe-
sentlichen Punktes, des doppelten Odontophors, vollkommen beibehalten
werden.
Während der Reise der Gazelle wurde Labrdiaster radiosus unter
47° 1' 6" 8.B. und 63° 29’ 6" W. L. an der Küste Patagoniens in 6 Exem-
plaren gefischt. Das gröfste Exemplar hatte einen Scheibendurchmesser
von 35", bei einer Armlänge von 80”". Demnach R=5,6r. Der aus-
führlichen äufseren Beschreibung, wie sie Lütken mit gewohnter Meister-
schaft giebt, ist wenig beizufügen.
Die Scheibe ist kreisrund und durch eine tiefe Ringfurche deutlich
von den strahlenartig abgehenden Armen abgegrenzt. Diese finden sich
in der Zahl von 29—32. Bei grölseren Exemplaren sind selten alle Arme
gleich grofs. Einzelne oder mehrere neben einander sind nur ganz kurz,
knospenartig. Die vollentwickelten Arme lösen sich sehr leicht von der
Scheibe ab. Es geschah dieses schon beim Heraufholen des Netzes und
auch später, nachdem die Thiere in frisches Seewasser gesetzt waren,
freiwillig. ‘Die Ablösung geschieht in der Ringfurche des Scheibenrandes.
Häufig lösen sich mehrere Arme, durch ein Stück Scheibenrand verbun-
den, zugleich ab.
Die ganze Scheibe wird von einem Balkennetz von Kalkstäbchen
besetzt!), welche an den Kreuzungsstellen ein bis zwei kleine, bewegliche
Stacheln tragen. Diese Stacheln nehmen vom Centrum nach dem Rande
an Gröfse zu. Das Balkennetz ist im der Ringfurche unterbrochen oder
sehr unvollkommen entwickelt, wodurch einentheils die ringförmige Ein-
1), Fig. 4. d.
16 Studer: Verzeichnis der wahrend der Reise S. M. S. Gazelle
ziehung veranlafst, anderntheils das leichte Ablösen der Arme begünstigt
wird. Die weichen Maschenräume des Balkennetzes werden von zahl-
reichen Poren durchbohrt, durch welche 12—20 spitz konische Fülschen-
papillen treten. Mit der Loupe betrachtet, sieht die Scheibe wie mit
kleinen Borsten besetzt aus. Die Madreporenplatte stellt eine 2—3"" ım
Durchmesser haltende, stark vortretende Scheibe dar, die von einem
Kranze von kleinen Stacheln umgeben ist. Sie liegt nahe am Rande der
Scheibe in emem Interbrachialraum.
Der After stellt eine etwas excentrisch gelegene feine Öffnung dar,
die von zwei sich kreuzenden Stacheln bedeckt wird. Er liest in einer
Ebene, welche sich unter stumpfen Winkeln mit derjenigen, in welcher die
Madreporenplatte liegt, kreuzt, und zwar so, dafs, wenn wir die Haupt-
achse des Thieres durch die Scheibe lesen, wobei die Afteröffnung hinter
das Centrum der Scheibe zu liegen kommt, die Madreporenplatte nach
rechts und vorn gelegen ist.
Auf der Unterseite der Scheibe spannt sich innerhalb des weiten
Mundrahmens eine nackte Membran aus, in deren Mitte die kreisrunde
Mundöffnung gelegen ist. Die Membran besitzt radiäre Muskelfasern und
Rinsfasern, die namentlich im Umkreis des Mundes und an der Peripherie
stärker entwickelt sind. Die Mundöffnung ist aufserordentlich dehnbar.
Der Seestern war im Stande, ganze Exemplare der Serols Schyther
Lütken zu verschlucken, die sich ganz intact in senem Magen vor-
fanden.
Vom Mundrahmen aus ragen, bis ein Drittel des Radius der Mund-
membran einnehmend, 29—32 Paare von cylindrischen Mundstacheln,
entsprechend einer ebenso grofsen Zahl von interradialen Mundstücken.
Die Stacheln jedes Paares sind häufig ungleich, der eine stärker als der
andere entwickelt. Nach aufsen von dem Mundrande finden sich die ra-
diären Armfurchen, von welchen jede, soweit sie einen Bestandtheil der
Scheibe ausmacht, fünf Fülschenpaare enthält.
Die Arme sind gegen den Scheibenrand etwas eingeschnürt, ver-
dicken sich aber distalwärts und erlangen die gröfste Breite c. 25”" von
der Scheibe entfernt, dann verschmälern sie sich allmählig gegen die
Spitze zu. In der proximalen Hälfte sind sie höher als breit, ventral ab-
geflacht mit senkrechten Seiten und erhabenem Rücken. Von der Mitte
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 17
an werden sie platter und gegen die Spitze ganz dorsoventral abgeflacht.
Die ganze Ventralseite wird von der Armfurche und den Adambulaeral-
platten eingenommen.
Das Dorsalskelett der Arme besteht, wie das der Scheibe, aus
Kalkbälkchen, welche bewegliche Stacheln tragen. Bis gegen die Mitte
der Arme lassen sich Systeme von radıal verlaufenden Bälkchen unter-
scheiden, welche sich mit transversalen kreuzen!). An den Kreuzungs-
punkten sitzen kleine Dornen und bewegliche Stacheln. Distalwärts ver-
schwinden allmählig die radial verlaufenden und es bleiben nur transver-
sale Halbringe, aus 4—5 Kalkstückchen bestehend, welche ganz an die
transversalen Halbringe bei Brisinga erinnern?).
Im ersten Drittheil der Armlänge kommen auch hier Füfschen-
papillen in den Maschenräumen des Kalknetzes vor, später fehlen sie.
Die Stacheln sind auf dem Armrücken klein, nehmen aber gegen den
Rand an Gröfse zu und bilden dort kurze Kämme, indem sie Transversal-
reihen von zwei bis drei Stacheln bilden.
Die Kalkrippen tragen eine grofse Menge gekreuzter Pedicellarien,
welche gegen die Spitze des Armes auch auf den Interstitien stehen.
Die Spitze des Armes wird von einer Radialplatte eingenommen, die
0,5”" lang und 0,8”" breit ist. Sie ist besetzt mit kurzen Stacheln,
welche an ihrem Seitenrande entspringen und an der Basis gekreuzte Pe-
dicellarien tragen. Die stark convexe Platte bildet ventralwärts eine Hohl-
kehle, den Abschlufs der Ventralfurche, in der ein unpaarer grofser Ten-
takel liegt?).
Die Armfurche, von den Adambulacralplatten begrenzt, nimmt die
ganze Unterseite des Armes ein; die Adambulacralplatten sind schmal und
tragen ceylindrische, stachelartige Papillen. Wo die Armfurche noch in
die Zusammensetzung der Scheibe eintritt, kommen je eine Papille auf
eine Adambulacralplatte, später zwei. Im weiteren Verlaufe richtet sich
die innere Papille gegen die Ambulacralfurche; in der halben Armer-
streckung tritt noch eine dritte äufsere Papille hinzu*), welche aber bald
wieder verschwindet, so dafs im letzten Drittheil des Armes nur zwei di-
1) Fig. 4. e. 2) Fig. 4. /. 3) Fig. 4. 0. 4) Fig. 4. c.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. II. 3
18 Stuver: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
vergirende Papillen vorhanden sind. Am Innenrand der Papillen, gegen
die Armfurche zu, stehen Gruppen von geraden Pedicellarien.
Die Ambulacralfüfschen sind etwas konisch, sehr dehnbar und be-
weglich und besitzen am Ende eine Saugscheibe. Sie bilden zwei Reihen,
in denen die Füfschen vollständig einander parallel stehen, wie bei Brisinga.
Die Füfschenpapillen zeigen vollkommen das von Ludwig (Be-
träge zur Anatomie der Asterien. Z. Z. 30. Bd. 1. Heft, pg. 150) geschil-
derte Verhalten. Die deutlich gesonderte innere Körperwand bildet eine
Ausstülpung, welche die äufsere Wand durchbricht und die Epidermislage,
welche über der Papille verdickt erscheint, mit emporhebt. Da jede die-
ser Papillen eine Fortsetzung der Leibeshöhle enthält, so kann sie mit
Ludwig als Kiemenbläschen bezeichnet werden.
Pedicellarien.
Labidiaster besitzt, wie schon Lütken ]. ec. hervorgehoben hat,
zwei Arten von Pedicellarien; gerade (Pedicellaires droits) und gekreuzte
(Pedicellaires croises). Die geraden Pedicellarien bestehen aus einer brei-
ten, sechseckigen Fulsplatte, welche zwei breit löffelförmig ausgehöhlte
Blätter trägt, deren Ränder einander gegenseitig parallel und fein gezäh-
nelt sind. Die Spitzen der Blätter sind stark hakenförmig umgebogen und
kreuzen sicht). Das Pedicellar steht auf einem kurzen, musculösen Stiel.
Gerade Pedicellarien stehen auf der Dorsalseite der Scheibe spärlich zer-
streut auf den Maschenräumen zwischen den Kalkbälkchen, in gleicher
Weise auf der Dorsalseite der Arme, ebenso weit als die Füfschenpapillen
reichen. Zahlreiche finden sich auch am Mundrahmen in Gruppen von
6—8 zu beiden Seiten der Mundstacheln, am Innenrande der interambu-
lacralen Mundplatten und endlich in der Armfurche am Innenrand der
Ambulaeralpapillen. Auf jede Adambulacralplatte kommt ein Bündel von
zwei bis drei.
Die gekreuzten Pedicellarien sind bedeutend zahlreicher als die er-
steren. Ihre allgemeine Form gleicht sehr denen von Brisinga. Es be-
stehen dieselben aus zwei Zangenarmen, welche sich mit ihrer Basis kreu-
zen und an der Kreuzungsstelle auf einer quer ovalen Fufsplatte auf-
ruhen. Die Blätter sind in der Mitte verbreitert, dann verschmälern sie
1) Fig. 4 p.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 19
sich vor der Spitze wieder, um sich in letzterer zu einer breiten Schneide
auszudehnen. Die Schneide trägt bei dem einen Scheerenblatt zwei starke
gekrümmte Zähne, welche am Rande stehen, dazwischen eine Reihe von
6—7 kleineren Zähnchen, bei dem anderen einen starken Mittelzahn und
kleinere Seitenzähne. Der scharfe Rand der Blätter zeigt unmittelbar über
der Kreuzungsstelle eine Hervorragung, welche mit scharfen Zähnchen be-
setzt ist. Diese Pedicellarien stimmen mit denen von Brisinga, von
Gymnobrisinga und Brisingaster de Lor. überein.
Sie finden sich in einer gröfseren!) und kleineren?) Form vor; die
Scheerenblätter der gröfseren haben eine Länge von 0,23 —0,3"", die
kleineren von 0,12”". Die gröfseren Pedicellarien sind hauptsächlich auf
dem Rückentheil der Arme entwickelt und entspringen auf den Kalkbälk-
chen selbst. Sie häufen sich immer mehr gegen die Spitze der Arme zu,
und sind namentlich auf den transversalen Halbringen, welche das letzte
Viertheil der Arme auszeichnen, in dichten Reihen vorhanden. Die klei-
neren sind auf die Seiten und Ventralfläche der Arme beschränkt; sie
bilden Kränze um die Basis der Seitenstacheln und finden sich noch an
dem Grunde der Ambulacralpapillen. Die Dorsalseite der Scheibe selbst
entbehrt der gekreuzten Pedicellarien.
Inneres Skelett.
Das innere Skelett besteht wie bei allen Asteriden aus vier Reihen
von Kalkstücken, welche die innere Achse der Arme und den Mundrahmen
bilden. Zwei innere Reihen bilden die Ambulacralwirbel, zwei äufsere die
Adambulacralstücke. Ambulacral- und Interambulacralstücke stehen zu
einander in alternirenden Reihen, so dafs immer zwischen zwei Ambula-
cralwirbel ein Adambulacralstück zu liegen kommt.
Die ambulacralen Wirbel bestehen aus zwei in der Medianlinie
durch ein Ligament verbundenen Kalkplättchen, die in transversaler Rich-
tung verbreitert, in longitudinaler abgeplattet erscheinen. Wir können
an jedem einen dorsal gelegenen Körper und seitliche Apophysen unter-
scheiden, zwischen denen die Füfschen-Ampullen durchtreten. Die ven-
trale Parthie enthält eine vordere und hintere Gelenkfläche für die Inter-
1) Fig. 4. g. 2) Fig. 4. r.
3*
920 Studer: Verzeichni/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
ambulacralplatten; der Körper ist in der Longitudinalrichtung abgeflacht
und nach der proximalen Richtung gebogen. Jeder Wirbel schiebt sich
mit seiner dorsalen, proximalen Fläche über die distale des vorhergehenden
Wirbels, so dafs sich in der dorsalen Parthie die Wirbel dachziegelartig
decken!). Jede der schmalen Wirbelapophysen, welche von der nachfol-
genden durch den Spaltraum für den Durchtritt des Ambulacralfüfschens
getrennt ist, sendet nach innen zu, wenigstens in der proximalen Arm-
hälfte, einen kurzen Fortsatz ab. Dieser dient für die Anheftung eines
starken Ligaments, das den Wassergefäfs- Canal von der Armfurche
trennt.
In der Körperscheibe, wo die zahlreichen Arme nach dem Mund-
rahmen zusammenstrahlen, und dieselben auf einen engen Raum zusam-
mengedrängt erscheinen, vereinigen sich beide Wirbelhälften unter spitzem
Winkel, wobei die beiden inneren Fortsätze, welche den Wassergefäls-
Canal ventralwärts begrenzen, sich median berühren. Wo die Arme frei
werden, öffnet sich der Winkel und dieses findet distalwärts immer mehr
statt, bis endlich am Ende der Arme die beiden Wirbelhälften annähernd
horizontal liegen. Die Interambulacralstücke stellen Hache Plättchen dar,
deren Enden sich mit den ventralen Parthieen von je zwei Wirbelhälften
verbinden. In der Scheibe treten die Interambulacral-Platten zweier
Arme mit einander in feste Ligamentverbindung und stellen so gleichsam
interradiale Wirbelreihen dar.
Mundrahmen.
Der Mundrahmen zeigt bei Labidiaster eine Einfachheit des Baues,
welche im Stande ist, die noch streitigen Punkte in seiner Auffassung
vollends aufzuklären. Die Deutung der einzelnen Stücke wird nämlich
dadurch erleichtert, dafs die einzelnen Wirbelhälften sich unter so spitzen
Winkeln vereinigen, dals die Ambulacralstücke und die Adambulacralen
nicht neben-, sondern übereinander zu liegen kommen. Bei Betrachtung
des Scheibenskeletts von oben sieht man nur die Ambulacralstücke, von
der Ventralseite nur die adambulacralen Skeletttheille. Weder Ambulacral-
noch Adambulacralstücke ragen über den Mundrahmen vor, so dafs der
= ——
1) Fig. 4. h1.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Buryaliden. 21
innere kalkige Mundrand senkrecht ist und man weder von einem am-
bulacralen noch von einem adambulacralen Typus des Mundapparates im
Sinne Viguiers sprechen kann?).
Von der Dorsalseite sieht man die ambulacralen Wirbel, welche in
die Körperscheibe eintreten, zunächst noch in normaler Form, nur der
innerste, welcher das Mundstück bildet, erscheint stark verlängert und
endet mit einem abgerundeten Rande über der Mundhaut. Eine Zusam-
mensetzung dieses verlängerten Stückes aus mehreren Theilen läfst sich
bei gewöhnlicher Maceration nicht wahrnehmen, erst nach Behandlung
mit heilser Kalilauge sieht man, dafs dasselbe aus zwei hinter einander
liegenden Stücken besteht, welche demnach dem ersten und zweiten Wir-
bel entsprechen. Zwischen je zwei Mundstücke schiebt sich ein bisquit-
förmiges Odontophor, das mit einem verbreiterten, proximalen und di-
stalen Rand sich mit den entsprechenden Rändern des Mundstückes ver-
bindet und so dieselben in ihrer Lage festigt; ventralwärts setzt es sich
in eine keilförmige Parthie fort, welche sich zwischen die Mundstücke
einschiebt?).
Entsprechend der Zusammensetzung des Mundstückes aus zwei
Wirbeln, besitzt dasselbe zu jeder Seite zwei Apophysen, also vier Apo-
physen; die beiden distalen erscheinen etwas verbreitert.
Noch mehr aber ist dieses mit den proximalen Apophysen der
Fall. Dieselben sind von dem dorsalen Theil des Wirbels durch eine
feine Naht getrennt und zeigen nach vorn einen tiefen halbkreisförmigen
Ausschnitt, der zur Aufnahme des Wassergefäfsringes bestimmt ist, wäh-
rend das erste Füfschenpaar zwischen der ersten und zweiten Apophyse
durchtritt?).
Die Apophysen stehen zu einander in spitzen Winkeln, wodurch
die Höhe des inneren Mundrahmenrandes bedingt ist. Die Adambula-
eralplatten zeigen ein ganz analoges Verhalten, wie die Ambulacralwirbel.
In der Scheibe vereinigen sich die Adambulacralplatten von je zwei Armen
zur Bildung eines interambulaeralen Wirbels, von denen der innerste stark
verlängert erscheint.
Jeder dieser Wirbel trägt zwei stachelförmige Ambulacralpapillen;
der innerste, welcher den ventralen Theil des Mundrahmens bildet, trägt
1) Fig. 4. k. 2) Fig. 4. u. 3) Fig. 4. I.m.
32 Studer: Verzeichm/s der während der Reise S. M.S. Gazelle
vier solcher Papillen, ein Paar, welches denen der vorhergehenden Wir-
bel entspricht und ein inneres, das über die Mundhaut als Mundstacheln
vorragt.
Demnach besteht hier, wie es Ludwig auch für die anderen Aste-
riden nachgewiesen hat, jedes der 29—32 Segmente des Mundrahmens
bei Labidiaster aus vier ambulacralen Wirbelstücken, nur sind hier die
ambulacralen Platten des ersten Wirbels, die supports de la dent Viguier
nicht, wie bei den anderen Seesternen und selbst bei Brisinga, von ein-
ander getrennt worden, sondern in Folge der Zusammendrängung der
Wirbel in der Scheibe mit einander im Zusammenhang geblieben und
stellen somit ein primitives Verhalten dar.
Von der innern Anatomie des Labidiaster hebe ich nur das Ver-
dauungs- und Fortpflanzungs-System hervor.
Der Darm verhält sich ganz ähnlich wie bei Drisınga. Der Mund,
in der Mitte der sehr dehnbaren Mundhaut, führt in einen weiten sack-
artigen, faltigen Magen, der einen kurzen, sehr engen Enddarm besitzt,
welcher im After nach aufsen mündet. Der Fundus des Magens ist mit
zwei kurzen Blindsäcken versehen. Von dem Magen strahlen in jeden
Arm zwei Blinddärme, die sich bis zum letzten Dritttheil des Armes er-
strecken und mit sehr zahlreichen, kurzen Seitenästchen versehen sind.
Die Genitalorgane stellen paarige verzweigte, schlauchförmige Drü-
sen dar, welche in dem Anfangstheile des freien Armes gelegen sind. Sie
sind an der Seitenwand der inneren Armhaut vermittelst eines Ligaments
befestigt und besitzen keinen Ausführungsgang. Weder auf Querschnitten
des Armes, noch in Flächenbildern der durch Säuren entkalkten Armhaut
konnte eine Ausführungsöffnung wahrgenommen werden.
Von den Genitalschläuchen kamen mir nur weibliche zur Beobach-
tung. Die Wand derselben ist von einer derben doppelten Hülle gebil-
det, wovon die äulsere, von dem Epithel der Leibeshöhle bedeckt, ebenso
wie die innere fibröser Natur ist. Zwischen beiden befindet sich ein spalt-
förmiger Hohlraum, der Blutsinus (Ludwig).
Die Auskleidung des inneren Schlauches besteht aus polygonalen
Epithelzellen. Zwischen diesen stehen flaschenförmige Zellen, welche mit
einem dünnen Stiel das Epithel durchsetzen, um sich nach innen zu
kolbenförmig zu erweitern. In diesem Theil liest ein grofser Kern mit
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 23
deutlichen kreisrunden Kernkörperchen. Am zahlreichsten sind diese
Zellen in dem blinden Endtheile des Ovarialschlauches!).
Da sich der Kern in denselben ganz analog verhält, wie in den
freien Eizellen, so halte ich diese Gebilde für Epithelzellen, welche im
Begriffe sind sich als Eizellen abzulösen.
Dieser Vorgang findet seine Analogie bei anderen Echinodermen.
So zeigt Ludwig (Über Bibildung im Thierreich. Würzburg 1874. pg. 9.
Th. I. Fig. 2 u. 53) eine analoge Eibildung bei Solaster und Astropecten.
Die Ovarialschläuche sind nur an einer Stelle an der Innenwand
des Armes befestigt und zwar durch ein faseriges Ligament, das schliefs-
lich in die innere Leibeshöhlenwand übergeht. Bei ganz jungen, knospen-
förmigen Armen bildet das Ovarıum noch einen kurzen Längsschlauch
mit wenigen Aussackungen; auch hier befestigt dasselbe nur ein kurzes,
faseriges Ligament an der Leibeshöhlenwand?).
Der Austritt der reifen Eier kann daher hier nur durch Zerreifsen
des Eischlauchs zu Stande kommen. Die Entleerung der Eier aus der
Leibeshöhle geschähe dann durch das Ablösen der Arme und somit hätte
die leichte, auch freiwillige Ablösung von Armen beim geschlechtsreifen
Thier einen physiologischen Grund, den der Befruchtung. Ob dasselbe auch
beim männlichen Thiere der Fall ist, konnte ich leider nicht eonstatiren.
Was die systematische Stellung von Labidiaster betrifft, so sehen
wir uns hier wieder einer der interessanten Formen gegenüber, welche
die Charaktere mehrerer Gattungen vereinigt.
Die Abgrenzung der Scheibe durch eine Ringfurche, die grofse
Zahl der Arme, die Form der gekreuzten Pedicellarien, die paarweise ge-
stellten Ambulacralfüfschen sind alles Charaktere, welche unsere Art mit
Brisinga und dem neuerdngs von de Loriol (Catalogue raısonne des
Echinodermes de l’ile Maurice. Geneve 1883) beschriebenen Brisingaster
gemein hat. Mit brisinga stimmt aufserdem noch die Bildung medianer
Wirbelfortsätze in den Armen, um das Wassergefäls von dem radiären
Blutgefäfse und Nerven zu sondern, die Entwickelung des Verdauungs-
Apparates und die Lage und Form der Geschlechtsorgane. Dagegen zeigt
sich eine höhere Differenzirung in der Entwickelung des Dorsalskelettes
der Scheibe und in dem Vorhandensein zweier Formen von Pedicellarien.
, 1) Fig. 4. s.t.u. vw. 2) Fig. 4. «. y.
24 STUDERr: Verzeichn/s der wahrend der Reise S. M. S. Gazelle
Die letztere Eigenthümlichkeit theilt Labidiaster mit einer Anzahl
eigentlicher Asteriden der Gattung Asterias, bei welchen neben den ge-
kreuzten Pedicellarien des Rückens gerade Pedicellarien am Rande der
Armfurche vorkommen.
Dagegen erinnert das dorsale Scheibenskelett mehr an Echinaste-
riden, namentlich durch die beweglichen Stacheln auf den Kreuzungs-
stellen der Skelettbälkchen. Dabei ist ein Umstand interessant. Die
Scheibe zeigt keine gekreuzten, sondern nur gerade Pedicellarien; das
Dorsalskelett besteht aus einem Netz von Kalkbälkchen. Je weiter wir
uns gegen die Spitze der Arme zu wenden, um so mehr tritt an Stelle
dieses Netzwerkes ein System von transversal gelagerten Kalkrıppen, die
vollkommen besetzt sind mit gekreuzten Pedicellarien, so dafs das Ende
der Arme vollkommen den Bau der Arme von Brisinga repräsentirt, wäh-
rend der Beginn derselben sowie die Scheibe mehr das Gepräge der
Echinasteriden zeigen.
Die Radialplatte am Ende des Armes, welche den einzelnen Ten-
takel umgiebt, wiederholt vollkommen das Verhalten von Brisinga. Das
Verhalten des Scheibenskeletts im Gegensatz zu Brisinga wird angebahnt
bei der Gattung Brisingaster de Lor. Während bei Brisinga die Stacheln
der Scheibe sich aus der dieken Körperhaut erheben, stehen dieselben
bei Brisingaster auf Kalkbälkchen, welche sich endlich bei Labidiaster zu
einem zusammenhängenden Netzwerk umgestalten. Bei allen drei Formen
zeigt der Mundrahmen einen indifferenten Typus, nach welchem weder
die Ambulacral-, noch die Interambulacralstücke besonders vorragen.
Nach dem Gesagten zeigt sich also unter den drei genannten Gat-
tungen und wahrscheinlich noch der oben erwähnten, unvollkommen be-
kannten Gymnobrisinga ein näherer Zusammenhang, der berechtigt, sie
in eine Familie, die Drisingidae O. Sars, zu vereinigen. Dieselbe würde
sich mit einer Modification der Charakterisirung Viguier’s folgender-
mafsen definiren lassen:
Seesterne mit mehr als fünf Strahlen, mit zwei Füfschenreihen,
einem indifferent weder ambulacralen noch interambulacralen Kauapparat,
mit gekreuzten Pedicellarien von bestimmter Form und einer durch eine
Ringfurche von den Armen abgegrenzten Körperscheibe. Viguier rechnet
zu seiner Familie der Brisingidae noch die Gattung Pedicellaster, welche
um die Erde 1874—. 76 gesammelten Asteriden und Buryaliden. 25
ich aber vorläufig noch ausschliefsen möchte, bis Verbindungsglieder die-
ser fünfstrahligen Form von so verschiedenem Habitus mit den oben ge-
nannten Gattungen gefunden sind!).
Das Verhalten der nicht in ihrer Zahl fixirten Körperradien und
des Mundapparates läfst mich mit O. Sars der Ansicht zuneigen, dafs
die Brisingidae eine sehr primitive Gruppe der Asteriden, ja vielleicht der
Echinodermen überhaupt darstellen, welche genetisch im System an den
Anfang der Asteriden zu stellen wäre. Brisinga, vielleicht Gymnobrisinga,
stellt wohl die primitivste lebende Form dar, während Labidiaster von da
den Übergang zu den Echinasteriden vermittelt.
Fam. IV. ECHINASTERIDAE.
T. 1. ECHINASTERINAE.
Echinaster M. Tr.
17. E. fallax M. Tr.
Zahlreiche Exemplare, von Robillard gesammelt aus Mauritius.
Es finden sich darunter auch vierstrahlige und sechsstrahlige Individuen.
18. E. spinuhfer Smith.
Othıhia spinuhfera Smith. Ann. Mag. Natur. Hist. 1876.
AXVI. pg. 107.
E. spinulfer Sm. Trans. of Venus Exped. Zool. Echino-
dermata. pg. 5. pl. XVI. fig. 4.
In Betsy Cove, NW. Kerguelen nicht häufig, aufserdem NW. von
Kerguelen in 60 Faden Tiefe. B. 48° 59'5" S. L. 70° 12'9" O.
Cribella Agassiz.
16. C. antıllarum Perr. Perrier Bullet. Mus. Comp. Zool. Vol.
IX: N1.99,.8.
Nach Perrier ist diese Art dadurch ausgezeichnet, dafs die Am-
bulacralplatten, die mit kleinen Stacheln besetzt sind, sich rechtwinklig
1) Die Sammlungen, welche während des Aufenthaltes der deutschen Expedition
auf Süd-Georgien gemacht wurden, enthalten eine achtstrahlige Form von Pedicellaster,
welche die Verbindung der Gattung Labidiaster herstellt.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. II. 4
36 Stuper: Verzeichn/fs der während der Reise S. M. S. Gazelle
in der Längsachse des Arms verlängern, dafs die Armfurche von 2—3
Reihen gedrängter längerer Stacheln begrenzt wird und die Unterseite der
Arme von regelmäfsig angeordneten Plättchen eingenommen ist.
Der Typus stammt aus der Tiefe des Golfs von Mexico. Mit der
Diagnose Perriers stimmen zwei Exemplare einer Uribella überein, wel-
che in B. 38° 10'1”"S. und L. 56° 26' 6" W. aus 30 Faden Tiefe erlangt
wurden.
Beide Exemplare sind etwas verschieden von einander. Das eine
schlankere mit längeren Armen und mit auf der Unterseite regelmälsig
angeordneteu Plättchenreihen pafst ganz auf die Beschreibung Perriers,
das andere hat relativ kürzere und diekere Arme und weniger regelmäs-
sig angeordnete Unterarmplättehen. Wahrschemlich handelt es sich hier
um einen Geschlechtsunterschied. Bei Beiden waren die Arme sehr be-
weglich nach jeder Richtung. Die Madreporenplatte stark vorspringend.
Das eine Exemplar hat = 55. r— 11. R=ö5r. Die Arme sind
an der Basis 11”" dick. Das zweite hat 2.60 r.10 R—=6r. Beide sind
also gröfser als die Perrier’schen Stücke und nur das zweite zeist das
in der Beschreibung angeführte Verhältnifs beider Radien zu einander.
Die Farbe war im Leben orangeroth.
T. 2. MiTHRODINAE.
Mithrodia Gray.
17. M. clavigera Lam.
Zahlreiche Exemplare aus Mauritius, durch Robillard gesammelt.
Darunter ein vierstrahliges.
Seh ASTERINAE.
T. 4. SoLas AE
Acanthaster P. Gervais.
Die Frage nach der Anzahl von Arten, welche zu dieser Gattung
gerechnet werden müssen, ist noch nicht befriedigend gelöst. Die übliche
Unterscheidung der Arten nach der Zahl der Arme und der Madreporen-
platten kann, wie Lütken gezeigt hat, nicht durchgeführt werden, da
diese bei den Individuen einer Art ungemein varüren. Zwei Arten hat
Perrier (Revision des Stellerides) nach der Beschaffenheit der Stacheln
gut charakterisirt. Die Acanthaster fanden sich in Lagunen innerhalb
der Aufsenriffe in seichtem Wasser auf Sandsrund.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 27
18. A. echinites Ell.
Diese Art hat halbkuglig vorspringende Madreporenplatten und
Stacheln, welche deutlich granulirt sind. Dahin gehören Exemplare, wel-
che auf Mauritius gesammelt wurden. R.170 r.100.
19. A. Ellısi Gray.
Die Stacheln sind glatt. Dahin gehören drei Exemplare, von de-
nen zwei in Neu-Hannover, das andere in Neu-Britannien gesammelt
wurden. Bei Beiden sind die Arme relativ zur Scheibe länger, ebenso
sind die Dorsalstacheln länger und glatt.
Das Exemplar von Neu-Britannien hat 13 Arme und 5 Madrepo-
renplatten. Der grofse Radius beträgt 150"", der kleine 75. Das eine
Exemplar von Neu-Hannover hat 14 Arme und 5 Madreporenplatten, ein
zweites 16 Arme und nur 3 Madreporenplatten.
Fam. V. LiNcKIADAE.
Linckia Nardo.
20. L. miharıs Linck.
Dieser Seestern, der sich durch seine schöne blaue Färbung aus-
zeichnet, fand sich auf allen von der Gazelle besuchten Korallenriffen
häufig vor. Meist lebt er in den Lagunen zwischen Aufsenriff und Kü-
stenriff auf dem feinen Sandboden.
Er fand sich bei Mauritius, auf der Insel Dana, den Lucepara-
Inseln, Neu-Irland, Neu-Britannien, im Mae Öluergolf in Neu-Guinea,
Nord-West- Australien in der Meermaidstreet, den Anachoreteninseln.
21. L. pacıfica Gray.
Von dieser, häufig mit der vorigen verwechselten, aber wohl cha-
rakterisirten Art erhielt ich nur ein Exemplar in Mauritius.
22. L. dıplax M. Tr.
Mehrere Exemplare von Mauritius. Alle haben ungleich ausge-
bildete Arme. Eins ist sechs-, eins siebenstrahlig, in letzterem Falle sind
drei Strahlen grofs und normal entwickelt, vier nur knospenartig. Wahr-
scheinlich finden hier Selbsttheilungsprozesse mit Ergänzung der Theilstücke
statt.
4*
38 Studer: Verzeichnis der während der Reise S. M.S. Gazelle
23. L. multiforıs Lam.
Zahlreiche Exemplare von Mauritius, die meisten mit ungleich ent-
wickelten Strahlen, darunter auch Kometenformen.
94. L. Bowvieri Perrier (Revis. des Stellerides).
Ein typisches Exemplar aus seichtem Wasser bei 10 Faden. San
Jago, Cap Verden. Von ebendaher erhielt Greeff diese Art, ferner von
der Insel Sao Thom& und Rolas. Farbe frisch violett.
Chaetaster Müll. Trschl.
25. Ch. longipes Betz.
Drei Exemplare, welche mit solchen aus dem Mittelmeere vollkom-
men übereinstimmen.
B. 4°40' N. L. 9°0'6" W. West-Afrika in 59 Faden Tiefe.
26. Ch. nodosus Perrier (Revis. des Stellerides).
Ein junges Exemplar mit R.14 r.2 von San Jago, Cap Verden.
Die Skelettplatten heben sich hier sehr deutlich von einander ab, die klei-
nen Spinen auf den Platten erscheinen relativ länger, als bei der vori-
gen Art.
Das Exemplar, worauf Perrier seine Beschreibung gründete,
stammte von Guadeloupe, das Vorkommen derselben Species in den
seichten Gewässern der Cap Verdischen Inseln illustrirt wieder die merk-
würdige Übereinstimmung der Echinodermenfauna beider atlantischen
Küsten.
Ophidiaster Agass. (Perrier).
27. O. pustulatus v. Martens.
Linckia pustulata v. Martens. Ostasıat. Echmodermen.
Arch. f. Naturg. XXL. pg. 62.
Exemplare dieser Art erhielt ich von Mauritius, durch Robillard
gesammelt. Ein Exemplar ist vierarmig. Alle Stücke sind zum Theil
deformirt durch eine Art Siylfer, welche sich soweit in die Haut einge-
bohrt hat, dafs nur die Spitze seines Gewindes hervorsieht. Das Eindrin-
gen der Schnecke bewirkt eine gallenartige Deformation, mit wulstigen
Rändern um die Öffnung. Ein Querschnitt durch den Seestern zeigt,
dals die Schnecke nicht bis in die Leibeshöhle dringt, sondern, dafs sie
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 29
durch eine Haut, die eingestülpte Auskleidung der Leibeshöhle, noch von
dieser abgetrennt bleibt
28. O. fuscus Gray.
Tamaria fusca Gray. Synopsis of the Aster. of Brit. Mus.
Diese Art ist, wie auch Perrier und Viguier bestätigen, ein
wahrer Ophidiaster.
Von drei mir vorliegenden Exemplaren hat das gröfste R — 22
m 4.
Die Breite des Arms an der Basis beträgt 4””, nahe der Spitze
noch 3"”. Längs der Armfurche verläuft eine Reihe Papillen, die glatt
und abwechselnd länger und kürzer smd. Dann folgt nach aufsen eine
schmale Zone von kleinen Körnern und endlich eine Reihe gröfserer,
spitz kegelförmiger Papillen, welche den gröfseren Ambulacralpapillen pa-
rallel stehen. Zwischen diesen und den Platten, welche die Seite der
Arme ventralwärts bilden, folgt noch eine Zone von Körnern. Die ven-
trolaterale Plattenreihe besteht aus viereckigen mit Granula bedeckten
Platten, von denen sechszehn auf eine Armlänge kommen. Von der drit-
ten bis vierten an erhebt sich auf jeder ein kleiner Höcker, dessen Grölse
nach der Spitze der Arme zunimmt, wobei er eine spitzkegelförmige Ge-
stalt annimmt. Der ventrolateralen Plattenreihe entspricht eine dorsola-
terale aus quadratischen Stücken, die sich direkt an die ventrolateralen
anschliefsen. Sie sind ebenso granulirt und besitzen 2—3 grölsere, her-
vortretende Wärzchen. Von der 7. — 8. an erhebt sich eines dieser Wärz-
chen zu einer kegelförmigen Papille. Der Rücken der Arme ist mit 8
Reihen von unregelmäfsig polygonalen Platten bedeckt, welche kleine
Wärzchen tragen, von denen einige grölsere über die anderen hervorragen.
Die Platten der Scheibe sind nicht zahlreich, mit ähnlichen Granula, wie
die der Arme besetzt. Es lassen sich eine centrale und fünf kleine ra-
diale, dann fünf gröfsere, querovale interradiale Platten unterscheiden.
Auf den Armen stehen fünf Porenreihen. Jedes Porenfeld enthält 4—5
Poren, aus denen spitze Tentakel hervorragen, die an der Basis von klei-
nen, schuppenartigen Körnern umgeben sind. Vereinzelte Poren finden
sich noch zwischen der äufseren Papillenreihe der Ventralseite der Arme
und den Ventrolateralplatten.
30 Studer: Verseichni/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
Der After ist subeentral, die Madreporenplatte klein, nahe dem
Scheibenrande, aufserhalb des Kranzes von interradialen Platten.. Pedi-
cellarıen fehlen.
Die Farbe ist roth mit brauner Marmoriruns.
Die Art wurde im NW. von Australien aus 50 Faden gefischt.
B. 19°42'1" L. 116° 49' 8" O.
29. O. cylindrieus Lam.
Dactyloaster Gray.
Mehrere Exemplare aus Mauritius von Robillard gesammelt.
Farbe dunkelroth.
Scytaster Lütken.
30. Se. varıolarıs M.T.
Von Mauritius zahlreiche Exemplare. Darunter sechs- und vier-
strahlige.
Fam. VI. GoNIASTERIDAE Perrier.
T. 1. PENTAGONASTERINAE Viguier.
Fromia Gray.
31. F. monilıs Val.
Seytaster malleporellus Müll. Tr.
Ein grofses Exemplar mit %.43”" und r.10”"” stimmt gut mit
den v. Martens’schen Exemplaren, die aber kleiner sind. Die Randplat-
ten sind stark vortretend und durch tiefe Furchen von einander geson-
dert, doch sind sie etwas weniger erhaben, als bei dem Original. Am
frischen Stück erschien der After in ganz centraler Lage als längliche
Spalte, die von 13 verlängerten, kleinen Schüppchen umgeben ist. Auch
die zahlreichen grolsen Poren sind von Papillen umgeben.
Die Art fand sich im Mac Cluergolf, Neu-Guinea.
v. Martens fand sıe bei Amboina.
32. F. milleporella Lamk.
Scytaster pistorius Müll. Tr.
Exemplare aus Mauritius, von Robillard gesammelt.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryalıden. 31
Metrodira Gray.
33. M. subulata Gray. Ann. and Mag. nat. hist. t.6 pg. 282.
Von dieser Art wurde ein Exemplar in NW. von Australien aus
50 Faden Tiefe erlanst. Das Berliner Museum besitzt aufserdem zwei
Exemplare, in Spiritus conservirt, von der chinesischen See und von Am-
boina durch v. Martens gesammelt.
Zu der ausführlichen Beschreibung, welche Perrier (Revision des
Stellerides) nach Untersuchung des getrockneten Exemplares im British
Museum gegeben hat, kann ich daher noch einige Beobachtungen am
frischen Thier hinzufügen. Die Adambulacralplatten treten als schmale
Lamellen, die am Ende zwei divergirende Spinen tragen, weit in die Arm-
furche vor und bilden zwischen jedem Fülfschenpaar eine Scheidewand.
Dorsal sind die Schilder kaum zu erkennen, da sie ganz von einer wei-
chen Haut bedeckt sind, nur die Stacheln treten hervor. Überall finden
sich auf der Oberfläche vereinzelte Poren, aus denen kleine Tentakel
treten.
Ferdina Gray.
24. F. flavescens Gray.
Typische Exemplare aus Mauritius, von Robillard gesammelt.
Pentagonaster Linck.
35. P. spinulosus Gray. Synopsis of Starfishes. pg. 9. pl. 4.
fig. 2-
Ein Exemplar innerhalb des Korallenriffes bei Atapupu, Timor,
auf Sandgrund gefunden, stimmt in jeder Hinsicht mit Grays Abbildung
und Beschreibung überein. Gray giebt als Fundort die Philippinen an.
36. P. Belli n. sp.
Körper pentagonal mit deutlichen Armen, die Scheibe hoch und
nachgiebig.
R:34 r.16.
Alle Skelettplatten sind mit groben Granula bedeckt, welche auf
der Ventralseite sich bis zu kurzen, spitzen Stacheln verlängern, so dafs
hier der Eindruck von Paxillen entsteht. Die ventralen und dorsalen
Randplatten entsprechen sich vollkommen. Sie sind bedeckt von Körnern,
332 Stwupver: Verzeichn/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
welche auf den Ventralplatten zahlreicher und dichter stehen. Es finden
sich 49 auf einer Seite.
Die Adambulacralplatten tragen zunächst der Bauchfurche einen
grolsen seitlich comprimirten platten Stachel, der etwas nach der Furche
zu gekrümmt ist; nach aufsen von ihm folgen noch zwei kurze, stumpfe
Stacheln, viel kürzer als der erste und nach unten gerichtet. Im letzten
Viertheil der Armerstreckung sind die Adambulacralplatten in direktem
Contakt mit den Ventrolateralplatten.
An den Mundecken stehen 2—5 platte Stacheln, darüber zwei
ventralwärts gerichtete, lange platte Stacheln.
Der Dorsaltheil der Scheibe ist bedeckt mit kleinen polygonalen
Täfelechen, welche mit ihren Rändern nicht zusammenstolsen, sondern
einen Raum zwischen sich lassen, in dem die nackte Haut hervortritt,
durch sie treten kleine Tentakel bald zu zwei, bald zu vier. Die Täfel-
chen haben im Durchschnitt 2”” Durchmesser und tragen 15—20 abge-
rundete Papillen, von denen die im Centrum etwas grölser, als die des
Randes sind. Die Gröfse derjenigen des Armes und der Scheibe ist ziem-
lich gleich, nur gegen die Spitze der Arme hin werden sie kleiner und
ordnen sich in Reihen.
Die ventralen Täfeichen sind kleiner, mit langen, stachelartigen,
spitzen Papillen, von denen nur 3—5 auf ein Täfelchen kommen. Sie
bilden im Interradialraum vier divergirende Reihen, von denen die der
Bauchfurche am nächsten gelesene bis zum letzten Viertheil des Armes
läuft. Die Madreporenplatte liegt näher dem After, als denn Scheiben-
rand, ist stark erhaben, oval, 3"" im Durchmesser, mit feinen radıären
Furchen. Der After ist subcentral.
Farbe dunkel violettroth.
Punta Arenas. Magelhaensstralse.
Zu dieser Art scheint der von Sladen (Zool. Oollect. made during
the Alert survey Proceed. Zool. Soc. London. Jan. 4 1881) angeführte P.
pazillosus Gray zu gehören, der noch zu jung ist, R.19"”, um sicher
bestimmt zu werden. |
Von Asrogonium paxillosum Gray scheint die Art verschieden,
nach der Abbildung von Gray (Synopsis of Starf. Taf. 1. Fig. 1) weicht
er durch die Beschaffenheit der Unterseite ab. Da jedoch die Diagnose
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 33
und Abbildung nach einem getrockneten Exemplar gemacht ist, läfst sich
darüber schwer etwas endgültiges entscheiden. Sehr nahe verwandt mit
unserer Art scheint P. meridionahs Sm. von Kerguelensland, doch giebt
Smith vier Adambulacralspinen an, und am Mundwinkel nur eine lange
Spine. Ferner erwähnt er grofser Pedicellarien, welche unserer Art
fehlen.
37. P. meridionahs Smith. Ann. Mag. nat. hist. 1876. XVII.
pg. 109. Transact. of Venusexped. Zool. Echinoderm. pg.7.
pl. XVI. fig. 6.
Ein junges Exemplar mit R.7 r.4 aus Kerguelensland, 5 Faden
Tiefe.
Ich kann bei diesem, im Gegensatz zu Smith, nur drei Reihen
Papillen auf den Ambulacralplatten finden, ein Verhältnils, wodurch er
sich der oben beschriebenen Art anschliefst. Dagegen ist hier die Rücken-
haut viel fester, die Rückentäfelchen stehen diehter. An den Mundecken
kommt ein einzelner Stachel nur in einem Interradius vor, in den andern
finden sich 2—3.
38. P. tuberculatus Gray.
Astrogonium tuberculatum Gray. Synops. Starf. pg. 10.
pl. I. fig.2. E. Perrier, Stellerides du Mus. pg. 222.
Ein Exemplar südlich vom Cap d. g. H. in 117 Faden Tiefe.
Die Farbe ist frisch tief orangeroth.
Auch im frischen Zustande ist der Scheibenrücken wenig erhaben
und treten die unteren Marginalplatten über den Rand der obern hervor.
39. P. (Stellaster Gray) squamulosus n. sp. (Tf. IV. Fig. 6. a. b.c.)
Die von der abgeplatteten, pentagonalen Scheibe entspringenden
Arme sind verlängert und spitzen sich rasch zu. R=25 r—=10. Der
Dorsaltheil der Scheibe ist mit polygonalen Platten bedeckt, welche von
niederen platten Granula besetzt sind. Die Platten des Centrums der
Scheibe und der Interradien sind etwas gröfser, als die andern. Die Plat-
ten setzen sich auf dem ganzen Dorsaltheil der Arme fort. An der Ba-
sis der Arme stehen drei Reihen, dann zwei, endlich von 4 der Armlänge
an nur eine Plattenreihe, welche, sich immer mehr verschmälernd, bis
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. II. B)
34 Stupver: Verseichnifs der während der Reise S. M. S. Gazelle
zur Spitze des Armes verläuft. Poren fehlen im Centrum der Scheibe
und in fünf interradialen Radien, in der Umgebung der übrigen Platten sind
sie aber vorhanden und zwar ist jede Platte von einem Kranz von 4—5
Poren umgeben. Wo die Platten auf den Armen eine einfache Reihe
bilden, findet sich bis zur Hälfte der Armlänge am Aufsenrand der Plat-
tensutur je ein Porus, so dals die Poren hier zwei regelmäfsige Reihen
zwischen den Dorsalplatten und den Randplatten der Arme bilden. Jeder
Porus ist von einem Kranz von 4—5 kleinen Schüppchen umgeben, die,
über das Niveau der Platten hervortretend, einen kleinen, stumpfen Kegel
bilden.
Die dorsalen Randplatten sind hoch, gegen die Spitze der Arme
nur noch durch die hier sehr schmalen Dorsalplatten getrennt, sie bilden
noch einen Theil des Seitenrandes der Scheibe. Sie besitzen einen kur-
zen, stumpfen Tuberkel an der Stelle, wo sie sich nach dem Seitenrand
umkrümmen, nur die den interradialen Rand bildenden entbehren dessel-
ben. Die ventralen Randplatten sind ähnlich gestaltet wie dıe dorsalen.
Sie correspondiren in ihrer Lage mit den dorsalen, so dafs beider Nähte
zusammenfallen. Vom ersten Drittheil des Armes an schliefsen sie nach
innen unmittelbar an die Adambulacralplatten an.
Aulser den in den Interstitien der Arme liegenden 5—4 Platten
trägt jede an ihrem Seitenrande einen kurzen, platten, enganliegenden,
beweglichen Stachel, der zweite bis vierte zwei solche. Beide Randplat-
tenreihen sind glatt, ohne Granula.
Die Ventralplatten sind klein, kleiner als die Rückenplatten und
sind mit femen platten Granula bedeckt, die stärker sind, als die der
Rückenplatten; von den drei Reihen der Interradien setzt sich nur die
innerste bis zum ersten Drittheil des Armes fort.
Die Mundeckstücke sind grofs, länglich oval, durch eine radiale
Längsrinne in zwei gleiche Hälften gesondert. Jede trägt zwei platte pa-
rallele Zäbne, zu beiden Seiten davon setzen sich noch zahlreiche feine
Stacheln auf den Rand der Platte fort. 8 auf jeder Seite.
Die Adambulacralplatten bilden eine dünne nach unten concave
Lamelle, die tief in die Bauchfurche eindrinst und am Rande 5 glatte,
stumpfe Papillen trägst, von denen die innersten. am gröfsten smd; nach
um die Erde 1874—176 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 35
aulsen davon stehn je zwei stumpfe ventralgerichtete Papillen, die sich
distalwärts allmählig auf einen reduciren.
Der After liegt subcentral, am Rande einer centralen, pentagona-
len Platte, welche von fünf interradialen Platten umgeben ist. Die Ma-
dreporenplatte auf der Hälfte des Radius zwischen Scheibenrand und Cen-
traum. Legt man eine Achse durch das Thier so, dafs der After nach
hinten, der unpaare Radius des Thieres nach vorn zu liegen kommt, so
liegt die Madreporenplatte im rechten vorderen paarigen Interradius.
‚Im Habitus gleicht diese Art sehr dem P. Mueller! Gray, weicht
aber durch die Poren ab, die bei jenem nicht durch Schüppchen ge-
schützt sind.
NW.-Australien. 60 Faden.
40. P. (Dorigona Gray) Moebü n. sp.
Scheibe sehr flach, pentagonal, mit sehr verlängerten Armen. In-
terbrachialränder in weitem Bogen abgerundet.
1 U EN
Randplatten von einer Armspitze zur anderen ca. 50. Die Arme
sind nicht alle gleich entwickelt, bei allen ist die Spitze abgebrochen.
Die dorsalen Randplatten sind viereckig, am Rande rechtwinklig
‚ umgebogen. Sie berühren sich in der Mittellinie dorsal vom ersten Vier-
theil des Armes an. Dabei correspondiren die Nähte der einzelnen Plat-
ten nicht, sondern die Platten der einen Seite sind gegenüber der ande-
ren erst um ein Drittheil, dann um die Hälfte ihrer Länge verschoben.
Die ventralen Randplatten sind ebenso gestaltet, wie die dorsalen. Ihre
Nähte fallen in den Interradialräumen mit denen der dorsalen Randplat-
ten zusammen, dann aber bleiben diese an Gröfse etwas zurück. Gegen
die Spitze der Arme alterniren die beiderseitigen Platten. Beide Platten-
reihen sind mit kleinen, spitzen Granulationen bedeckt, auf den dorsalen
befindet sich ein kleiner beweglicher Stachel, der aber sehr leicht abfällt.
Bei getrockneten Exemplaren wird er wohl nie erhalten bleiben.
Die Mundeckstücke zeigen, nach der Mundöffnung gerichtet, ein
Bündel von 5 eylindrischen zahnartigen Spinen, nach aufsen davon zwei
ventral gerichtete Spinen. Der Rand des Mundeckstückes ist mit kurzen
Spinen besetzt in der Zahl von S—11, die Unterfläche trägt eine Anzahl
5*
36 Studer: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
Granula. Die Adambulacralplatten sind viereckig, im Scheibentheil an-
nähernd quadratisch vom ersten Drittheil des Armes an, von wo sie die
einzige Plattenreihe zwischen der Armfurche und den ventralen Randplat-
ten bilden, mehr länglich gestreckt. Sie sind mit spitzen Granula besetzt
und tragen am Armfurchenrand eine Reihe etwas abgeplatteter Papillen,
deren Zahl am Anfang der Furche 8 beträgt, distalwärts sich bis auf 9
vermehrt.
Die nächste äufsere Plattenreihe besteht aus quer verlängerten
Platten, welche den Randplatten bis in das erste Drittheil folgen. Der
übrige Theil der Unterseite der Scheibe mit polygonalen Platten bedeckt,
die von Granula bedeckt sind, welche gröfser als die der Randplatten er-
scheinen und deren Zahl für eine Platte sich auf 20 belaufen kann.
Der Dorsaltheil der Scheibe ist bedeckt mit scharf von einander
abgesetzten hexagonalen Tafeln, die durchschnittlich kleiner als die ven-
tralen sind und in den Radien vom Centrum nach der Peripherie an
Gröfse abnehmen. Alle sind mit groben Körnern besetzt in der Zahl
bis 20. Die Körner bilden emen Kranz um den Rand des Täfelchens
mit 3 bis mehr im Centrum, eine Anordnung, welche an die Bildung der
Papillen bei den Archasteriden erinnert. Im Centrum und in den fünf
Radien sind die Täfelchen gröfser, sie grenzen sich in der Form eines
fünfstrahligen Sterns von den interradial gelegenen Feldern ab, dessen
Öentrum aus 4 nicht ganz regelmälsigen Kreisen radıär geordneter Tafeln
gebildet wird, während die Strahlen aus sieben alternirenden Reihen von
Tafeln bestehn. Nur in diesem Stern finden sich Poren, die einzeln zwi-
schen den Platten stehen.
Der After ist subcentral, die Madreporenplatte liest in der Mitte
des Radius vom Centrum der Scheibe zu ihrem Rande. Ihre Lage zum
After ist wie bei der vorigen Art.
Farbe im Leben oben hellorange, unten weils. 195 Faden.
B. 18° 5'2" S. L. 116°38'3" 0. NW.- Australien, Grund grauer
Lehm.
Die Art ist im Habitus ähnlich Astrogonium longimanum Moebius
(Neue Seesterne des hamburger Museums. Abh. v. d. naturwiss. Verein in
Hamburg IV. Bd. 2. Abth. pg. 7. Taf. II. Fig. 5), unterscheidet sich aber,
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Buryaliden. 837
soweit nach der Beschreibung zu urtheilen, durch die dicht granulirten
Plättchen.
Sehr nahe verwandt mit unserer Art scheint Pentagonaster subspi-
nosus Perrier aus der Tiefe des Golfs von Mexico (Bullet. of the Mus.
Comp. Zool. Vol. IX. No. 1. pg. 21).
T. 2. GONIASTERINAE Viguier.
Anthenea Gray.
41. A. pentagonula Lam.
Ein Exemplar aus der Meermaidstreet, NW.- Australien aus 5 Fa-
den Tiefe.
Culeita Agass.
42. (©. Schmiedeliana Retz.
Von Mauritius, durch Robillard gesammelt.
43. (©. coriacea M.T.
Von Mauritius.
44. Ü. Novae Gumea M.T.
Von Neu-Hannover aus der Rifflagune im Gazellehafen.
Die Färbung dieses Seesterns war im Leben folgendermafsen:
Die polygonalen Felder, in welche die Oberfläche durch die dor-
salen Wärzchen zerfiel, waren schwarz, am meisten im centralen Theil
der Scheibe, wo sie einen Kranz um das Centrum bilden. Die Wärzchen,
wie der übrige Theil des Rückens olivengrün, die Bauchseite orange.
Pentaceros Linck.
45. P. hiulcus Gray.
Von dieser Art fanden sich typische Exemplare, welche mit den
im Berliner Museum durch Müller und Troschel bestimmten genau
übereinstimmen, in der Gegend von Neu-Irland, namentlich im Carteret-
hafen auf Sandgrund in geringer Tiefe. Dies Thier scheint gesellig zu
leben, die tauchenden Eingebornen, welche mir die Stücke sammelten,
brachten von einer Stelle eine gröfsere Anzahl. Sie fanden sich in der
typischen Form, mit einfachen Tuberkeln in verschiedenen Altersstufen
vor. Das kleinste hat einen R.60, das gröfste R.100. Bei dem Exem-
38 Stuper: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
plar mit R.60 finden sich auf den Armkielen drei bis vier hohe, kegel-
förmige Tuberkel, welche mit platten Papillen bedeckt sind aus dem eine
spitze, glatte Warze hervorragt. Bei Exemplaren von R.80 kommen an
den Armen fünf, an einem sechs Tuberkel vor, bei den gröfsten Exem-
plaren von R.100 trägt jeder Arm sechs Tuberkel. Bei dem Wachsthum
der Arme scheinen sich die neuen Tuberkel zwischen dem innersten, der
noch auf der Scheibe steht und dem zweiten distalen zu entwickeln. Es
fanden sich Exemplare, bei welchen der neue Tuberkel noch wie ein
Auswuchs an der Basis des innersten vorhanden war.
Die Farbe war im Leben auf der Oberseite hochroth, namentlich
gegen die Spitze der Arme zu, der Tuberkelhof schwarzbraun, von der-
selben Farbe zuweilen auch Theile der Randschilder.
Die Art scheint weit über das Gebiet des indischen Oceans ver-
breitet zu sein. Perrier citirt sie aus Zanzibar, das Berliner Museum
besitzt ihn aus Amboina durch Rosenberg, Timor durch v. Martens.
Neben dieser typischen Form kamen an derselben Stelle Individuen
vor, die im Allgemeinen gröfser, in ihrer Anordnung der Tuberkel an
P. turritus Linck erinnern.
Das eine Exemplar, R.120, weicht insofern von P. hrulcus ab, dals
an allen Armwarzen die glatte Spitze fehlt; die innersten Warzen der Arme
sind an zwei Radien doppelt, d. h. auf gemeinsamer Basis erhebt sich
eine Zwillingswarze. Der folgende Tuberkel hat zwei Seitentuberkel. In
einem zweiten Fall, %.130, tragen die innersten Warzen zwei bis drei
Endhöcker. Statt des zweiten Tuberkels sind zwei Seitentuberkel vorhan-
den und auf diese folgen zwei, welche ganz interradial stehen. Die bei-
den letzteren Formen möchte man für P. turrıtus Linck halten. Dage-
gen sprechen aber andere Organisationsunterschiede.e Der Hauptunter-
schied zwischen P. hiuleus und P. turritus liegt weniger in der Zahl und
Anordnung der Warzen, als vielmehr in der feineren Struktur des Ske-
lettes. Ein äufserlich leicht wahrzunehmender Unterschied findet sich
schon darin, dafs bei P. hiuleus die Arme sich weniger rasch zuspitzen,
als bei P. turritus. Bei letzterem verhält sich R = 2,2r, bei ersterem
I
Bei P. hiuleus ist der Dorsaltheil mit kleinen, sphärischen Papillen
bedeckt, welche das Balkennetz der Haut sichtbar werden lassen, bei ?.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 39
turritus sind diese Papillen gestielt, am Ende oft granulirt. Das Balken-
netz ist dazwischen nicht wahrnehmbar. Die obern Randplatten sind
äufserlich kaum von der übrigen Dorsalhaut abgegrenzt, zwischen den
Papillen liegen zahlreiche, zangenförmige Pedicellarien.
Auf der Unterseite zeigt P. hiuleus platte Papillen, die durch Fur-
chen in erhabene Felder getheilt sind, 10—15 Papillen kommen auf eine
Ventralplatte. Längs der Armfurche läfst sich eine innere Plattenreihe
unterscheiden, welche bis zur Spitze des Armes läuft; jede dieser Platten
trägst ein zangenförmiges Pedicellar. Aufserhalb dieser Reihe läfst sich
eine zweite verfolgen, die bis zur Hälfte der Armerstreckung verläuft.
Bei P. turritus sind die ventralen Felder weniger deutlich abgegrenzt und
weniger regelmälsig, in den Interbrachialräumen ist jedes Feld von gros-
sen platten Papillen bedeckt, von denen nur 5—7 auf ein Feld gehen.
Die Armfurche wird nur von einer Plattenreihe im freien Armtheil be-
grenzt.
Diese Unterschiede lassen sich schon bei jungen Exemplaren bei-
der Species nachweisen. Das jüngste Exemplar von P. turritus, das mir
vorkam, hatte R.90.
Nach Festsetzung der Charaktere müssen die beiden oben genann-
ten Pentagonaster zu P. hiuleus gerechnet werden, welche bei bedeutende-
rem Wachsthum ihre Tuberkel auch seitlich von der Mittellinie vermehr-
ten. Das Original zu Müller-Troschels Beschreibung der Art hat nur
6 Zoll Durchmesser.
46. P. turritus Linck.
Diese Art fand sich im Greetharbour in Neu-Britannien ungemein
zahlreich vor. Die tauchenden Eingebornen brachten die Art aus 1 Fa-
den Tiefe in grofser Menge. Es liefsen sich unter den zahlreichen Exem-
plaren zwei Formen unterscheiden. Die eine mit relativ niedriger Scheibe
und festem Skelett, mit einer Warze neben dem After im Öentrum der
Scheibe. Die Farbe der Oberseite ziegelroth, die Höfe um die Warzen
schwarzbraun. Sie entspricht der var. mammosus Perrier. Die zweite
zeigte eine dorsal stark gewölbte Scheibe, auf der eine centrale Warze
fehlt. Das Skelett ist viel nachgiebiger und lockerer. Die Farbe der
40 Studer: Verzeichm/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
Dorsalseite war bedeutend heller, mehr fleischroth, die Ränder der Scheibe
und der Arme dunkler roth, ebenso die Höfe um die Warzen.
Beim Öffnen fand sich, dafs die erstere Form männliche, die letz-
tere weibliche Geschlechtsdrüsen hatte, so dafs hier ein Geschlechtsdi-
morphismus vorliest, der zum Theil dadurch erklärt werden kann, dafs
die grofsen weiblichen Geschlechtsdrüsen den Körper so sehr anschwellen,
dafs die Skelettheile auseinander gedrängt werden und daher die Dorsal-
haut nachgiebiger und blasser erscheint.
Ich erhielt die Art aulser in Neu-Britannien auch im Mae COluer-
golf in Neu-Guinea. Die dort erhaltenen Exemplare zeigten im Leben
eine etwas verschiedene Färbung. Die Grundfarbe war mehr gelb, als
roth, die Höfe um die Warzen orange; die Ventralseite braun.
In Neu-Britannien kamen unter der grofsen Zahl von Stücken auch
anomal ausgebildete zu Tage.
So fand sich ein Exemplar mit sechs vollkommen ausgebildeten
Radıen, zwei mit nur vier Radien.
Bei dem einen von diesen fehlt der fünfte Strahl vollkommen, bei
dem zweiten ist eine fünfte Armfurche vorhanden, ebenso eine fünfte
Warzenreihe, nur beschränkt sich beides auf den Scheibentheil, während
das freie Armstück zurückgeblieben ist. Der P. turritus hat einen sehr
ausgedehnten Verbreitungskreis. Das Berliner Museum enthält Stücke aus
Port Moresby (Australien), Celebes, Amboina, Ceram, Banda, Buru; Per-
rier eitirt die Art aus Neu-Caledonien, Neu-Guinea, Mauritius und Zan-
zibar.
Neben den oben genannten Arten ist im Neu-Britannischen Archi-
pel noch P. muricatus Gray häufig, wie zahlreiche von Finsch in Neu-
Britannien gesammelte Exemplare des Berliner Museums zeigen. Ich er-
hielt dort diese Art nicht.
47. P. orientalis M.T.
Ein Exemplar in 1 Faden Tiefe von Neu-Britannien, Greet Harbour.
Die Farbe ist im Leben auf der Oberseite ziegelroth, Unterseite fleisch-
farben. Auch diese Art findet sich von Zanzibar bis zum stillen Ocean.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 41
Gymnasteria Gray.
48. G. carimfera Lam.
Zahlreich von Mauritius. Ein Exemplar fand sich in 25 Faden
Tiefe vor dem östlichen Riff der Insel auf Corallinengrund.
Fam. VII. AsTERINIDAE,
Öycethra Bell. Proc. Zool. Soc.
49. Ü. simplexw Bell. ]. ce.
Die Gattung vereinigt Charaktere der vorigen Familie mit derje-
nigen der Asteriniden. Während das Vorhandensein von Randplattenrei-
hen und die Dorsalseite an die Goniasterinen erinnern, zeigt die Actinal-
seite ganz das Verhalten der Asteriniden.
Fand sich in B. 38° 10'1" S. und L. 56° 26'6" W. in 30 Faden
Tiefe. Bell’s Typus wurde in der Magelhaensstrafse gefischt.
Asterina Nardo.
50. Asterina cepheus Val.
Von Mauritius zahlreich, ebenso von der Galewostrafse zwischen
Neu-Guinea und Salwattı.
51. A. exıigua Lam.
Häufig im Mac Cluergolf, Neu-Guinea, an Steinen nahe dem Strande.
Blafsgelb.
52. A. fimbrrata Perr.
Ich erhielt ein Exemplar im Tuesday-Harbour in der Magelhaens-
stralse. Bell erhielt sie ebenfalls aus der Magelhaensstralse. Perrier
(Revision des Stellerides) führt sie von Chilo& und Bourbon an, mit der
Vermuthung, dafs einer der Fundorte unrichtig sei. Nach den wieder-
holten Funden der Art in der magelhaenischen Region erscheint das
Vorkommen derselben Art bei Bourbon als sehr zweifelhaft.
53. A. (Nepanthia Gray) brevis Perr. Revis. des Steller. p. 321.
Eine Asteride, auf welche die eitirte Beschreibung Perrier’s gut
palst, fand sich in der Meermaidstreet (NW.-Australien) in 2—3 Faden
Tiefe auf Sandgrund, ein zweites Exemplar aus 70 Faden in B. 19° 17’ 6" 8.
und L. 116° 49'2" 0.
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 11. 6
42 Smwupar: Verzeichnfs der während der Reise S. M. S. Gazelle
Die Farbe war im Leben gelbbraun mit dunklen Flecken, unten
gelblich mit brauner Marmorirung. In Alkohol einfarbig blafsgelb.
R.32 r.8.
54. A. (Nepanthia) maculata Gray.
Dahin scheint ein junger Seestern zu gehören mit R.10, der am
Eingang in den Mac Oluergolf, Neu-Guinea, aus 400 Faden Tiefe erlangt
wurde.
Porania Gray.
55. P. magelhaenica Studer. Monatsber. d. K. Akad. d. Wiss.
zu Berlin. Juli 1876. p. 459.
Diese Art unterscheidet sich von der sehr nahe stehenden P. ant-
archica Sm. nur durch die kürzeren Arme und die Kürze der innern
Stachelreihe an der Ambulacralfurche. ;
Die Art scheint identisch mit P. patagonica Per. (Now. Arch. du
Mus. 1878).
Fam. VIII. AstropEcrinıDaE Viguier.
Ctenodiscus Müll. Tr.
56. Ct. australis Lütken.
Der Hauptunterschied zwischen dieser Art und dem Üf. erispatus
Retz besteht nach Lütken darin, dafs gegenüber der nordischen Art die
Madreporenplatte sich unter den Papillen der Scheibe nahezu verbirgt und
die Papillen grober granulirt sind.
Was den ersten Charakter betrifft, so zeigt sich bei einer Verglei-
chung zahlreicherer Exemplare beider Arten, dafs auch bei Of. erispatus
die Madreporenplatte bald mehr, bald weniger sichtbar ist. So enthält
die Berliner Sammlung Stücke aus Grönland, von Sabine gesammelt, wo
die Madreporenplatte fast unter den Papillen der Scheibe verborgen ist,
während wieder Exemplare von A. australis vorhanden sind, wo dieselbe
deutlich sichtbar erscheint. Dagegen kann der zweite Charakter der grö-
beren Papillen auf den Platten als constant bezeichnet und als wenn auch
geringfügiges specifisches Merkmal erhalten werden.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 43
Die Art fand sich in B. 47° 1'6" S. und L. 63°29'6" W. mn 63
Faden und in B. 39° 36' S. und L. 57° 53'353" W. in 45 Faden in ca. 20
Exemplaren. Die meisten am ersteren Fundort.
Leptoptychaster Smith.
57. L. Kerguelensis Sm. Venus Transıt. exped. Echinod. Phil.
Trans. 1879. pg. 278. Tf. XVII. Fig. 2.
Archaster excavatus Whyw. Thomson. Journ. Lin. Soc.
1876. XIII. pg. 72. fig. 10.
Leptychaster Kerguelensis Smith. Ann. natur. hist. 1876.
AVII. pg. 110. Studer, Geschlechtsdimorph. bei Echr-
nodermen. Zool. Anz. 1880. Nr. 67. Fig. 1.
Orangeroth.
Fand sich zwischen Florideen in mälsiger Tiefe an den Küsten
von Kerguelensland.
Lurdia Forbes.
58. L. Sarsı® Dub. Kor.
BIC AU LEN. E. 23° 140.47 Faden.
Ich kann keinen Unterschied der beiden Exemplare von der nor-
dischen Art finden.
59. L. ciharıs Phil.
Von dem vorigen Fundorte. Ein Exemplar.
Astropecten Müll. Tr.
60. A. aurantiacus L. A. antarcticus Stud.
Der von mir (Monatsber. der K. Akad. der Wiss. zu Berlin 1876)
beschriebene A. antareticus kann nicht von A. aurantiacus getrennt wer-
den. Varietäten, bei welchen das Dorsalfeld der Arme relativ breit ist,
finden sich auch bei letzterer Art. Der loc. cit. angegebene Fundort be-
ruht auf einer Etiquetten-Verwechslung. Das Exemplar stammt von Ma-
deira aus einer Tiefe von 50 Faden.
61. A. polyacanthus M.T.
Pariti. Timor.
6*
44 Stuper: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
62. A. vehtaris v. Mart. Arch. f. Nat. 1865. pg. 360. Lütken,
Vidensk. Meddelels. N. 15—19. 1871. pg. 237.
Drei Exemplare mit R. 40—50. .
Farbe im Leben braungrau, mit blauschwarzen Flecken auf den
Armen.
Meermaidstreet, Nordwest-Australien. Aus 3—4 Faden Tiefe auf
Sandgrund.
65. A. pentacanthus Müll.
Dahin scheinen eine Anzahl junger Exemplare von Astropecten zu
gehören, welche in B. 15° 52'5" N. und L. 23° 8’ W. aus 115 Faden
Tiefe erlangt wurden.
64. A. ırregularıs Linck.
Junge Exemplare, die sich auf diese Art zurückführen lassen, in
B. 4° 40'’N. und L. 9° 10’ 6" O. aus 59 Faden Tiefe.
65. A. capensis n. sp.
R=33 wm, — Mm R— 29,67 r.
O2 mm
Breite der Arme an der Basıs 13 In der Form sehr ähnlich
A. irregularis. Die Scheibe ist flach mit fünf abgeplatteten Armen, die
sich rasch zuspitzen. Von den Marginalplatten ragen die unteren deutlich
über die oberen hervor. Es sind im Ganzen 24 Platten. Dieselben sind
breiter als lang, nur im letzten Drittel annähernd quadratisch; wenig con-
vex mit einer feinen Granulirung, die an den Rändern gröfsere Granula
zeigt. Bei einzelnen Individuen erheben sich auf der Mitte der Platten
kleine kegelförmige Spinen, deren Vorkommen aber sich sehr verschieden
nach Radien und Individuen verhält. Bei einem Exemplar zeigen die
oberen Randplatten nur einige gröfsere Papillen in der Mitte der Platte
und zwar nur an drei Armen auf einer Seite. Ein zweites hat regel-
mälsig sich wiederholende kleine Höcker, welche an der dritten Dorsal-
platte, distalwärts beginnen. Ein drittes zeigt auf einzelnen Platten kegel-
förmige, kurze Stacheln, die sich von der dritten bis vierten Platte an
distalwärts auf sechs bis sieben Platten wiederholen, übrigens an den em-
zelnen Armen sich verschieden verhalten. Die dorsale Papillenzone ist
um die Erde 18674—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 45
bis an die Spitze der Arme breiter als die Randplatten. In der Mitte
des Armes kommen 13 Papillen auf die Breite.
Die Ventrolateralplatten ragen etwas über die dorsalen vor, sie
sind dicht besetzt mit kleinen eylindrischen Papillen, die am distalen
Rande der Platten nach aufsen sich vergrölsern und endlich in die Rand-
stacheln übergehen. Diese bilden einen Kamm von fünf bis sechs Sta-
cheln, von denen gewöhnlich der dritte und vierte von unten am gröfsten
ist. Die Stacheln sind etwas abgeplattet und gekrümmt mit der Spitze
distalwärts gebogen.
Die Adambulacralplatten zeigen zunächst der Armfurche drei di-
vergirende cylindrische Stacheln, von denen der mittlere am längsten ist.
Auf diese folgt eine zweite Reihe von drei Stacheln, von denen der mitt-
lere länger und dieker und nach unten gekrümmt ist.
Die Mundplatte ist länglich oval. Am inneren Rande trägt sie
vier etwas ventralwärts gebogene, divergirende Spinen, von denen die
zwei mittleren am gröfsten sind. Die freie Oberfläche ist mit zwei
Reihen stumpfer Spinen besetzt, jede Reihe mit 7—9. Die erste Ambu-
lacralplatte ist sehr schmal, trägt zwei Reihen von 13—15 stumpfen
Spinen und einen nach der Ambulacralfurche gerichteten Stachel.
Die Madreporenplatte ist sehr klein, halbwegs zwischen dem Rand
und dem kegelförmig erhabenen Öentrum der Scheibe gelegen. Farbe
dorsal violett, unten blafsgelb.
Gegenüber A. Mülleri M. T., irregularis Penn., welchem die Art
im Habitus sehr gleicht, sind die Arme schmaler; die Zahl der Papillen,
welche auf die Armbreite kommen, ist geringer. Bei A. irregularıs bilden
die Furchenpapillen drei Reihen und sind die Randstacheln mehr abge-
plattet. Der neuerdings von Sladen (Asteroidea of the Challenger Exped.
Part II, Linnean Soc. Journ. vol. XVII, 1883) beschriebene A. pontopo-
raeus, welcher aus der Simonsbay am Cap der guten Hoffnung stammt,
zeigt nach der Beschreibung relativ längere Arme, die unteren Seiten-
armplatten überragen die oberen nicht, die Lateralspinen scheinen kürzer
und weniger gebogen.
Die Art fand sich am Eingang der Tafelbay, Cap der guten Hoff-
nung, in B. 33° 59' S. L. 17° 25’ ©. in 50 Faden Tiefe auf Geröllgrund.
46 STUDER: Verzeichnis der wahrend der Reise S. M. S. Gazelle
66. A. mesactus Sladen. Asteroidea of H. M. S. Challenger Ex-
ped. Part II. Linnean Soc. Journ. vol. XVII pg. 267.
Mit der von Sladen gegebenen Beschreibung einer vom Challenger
bei Tristan d’Acunha in 90 Faden Tiefe gefischten Art stimmen sehr sut
zwei Exemplare eines Astropecten, welcher in B. 34° 43'7" S. und L. 52°
36’ 1” W. aus 44 Faden Tiefe erlangt wurde.
67. A. subinermis Phil.
Ein Exemplar dieser Art, vollkommen identisch mit der Mittel-
meerform, wurde in B. 4° 40'’N. und L. 9° 10’ 6" O. aus 59 Faden Tiefe
erlangt.
Lwndiaster Studer. Sıitzungsber. naturforsch. Freunde in
Berlin, Süzung vom 16. Oct. 1883, pg. 131.
Seestern mit kleiner, abgeplatteter Scheibe und fünf langen, all-
mählich sich zuspitzenden platten Armen. Zwei Füfschenreihen in der
Bauchfurche; die Füfschen konisch zulaufend, mit einer kleinen Saug-
scheibe am Ende. Die Mundeckplatten sind doppelt, in der Mitte durch
eine Furche getrennt, am Rande mit vorragenden platten Stacheln. Die
Adambulacralplatten ragen mit einem nach unten concaven Fortsatz in
die Ambulacralfurche bis zwischen zwei Füfschen vor und sind am Rande
mit einer Reihe langer Papillen besetzt, auf welche nach aufsen zwei lange
bewegliche Stacheln folgen. Auf die Adambulacralplatten folet eine Reihe
unterer Randplatten, die sich bis auf die Seite des Armes ziehen. Sie
sind mit kurzen Stacheln besetzt, welche gegen den Rand sich verlängern.
Aufserdem trägt jede Platte vom Scheibenrand bis zur halben Armlänge
je zwei eylindrische, bewegliche Stacheln. Die unteren Randplatten setzen
sich auf dem Rand der Scheibe fort. Zwischen ihnen und der Mundeck-
platte befinden sich noch zwei Reihen keilförmiger Tafeln, die mit Haut
überzogen und mit feinen Stacheln besetzt sind.
Die Dorsalseite der Scheibe ist mit kleinen, paxillenartigen Plätt-
chen bedeckt, die unregelmäfsis geordnet sind. Sie tragen in der Mitte
einen feinen, hornartigen Stachel, der gelenkig auf dem Plättchen aufsitzt
und von einem Kranz von feinen Papillen umgeben ist.
Am Rande der Arme vergröfsern sich die Plättehen zu grolsen
ovalen Platten, welche aber wie die übrigen einen centralen beweglichen
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryahden. 47
Stachel, umgeben von kleineren, tragen. An Zahl und Gröfse entsprechen
sie den unteren Randplatten und stellen eine Art oberer Randplatten-
reihen där. Ein After fehlt. Der Mund liegt in der Mitte einer nackten
Mundscheibe, die Blinddärme des Magens setzen sich nicht in die Arme
fort. Am Skelette fehlen die Epiambulacralplatten.
Diese Gattung zeigt durch den letzteren Charakter, sowie die Be-
schaffenheit der Füfschen, die Form der Adambulacralplatten nahe Be-
ziehungen zu den Archasteriden, andererseits nähert sie sich durch das
Fehlen des Afters, die Beschaffenheit des Dorsalskeletts den Astropech-
niden. Die noch mangelhaft von den Dorsalpapillen differenzirten oberen
Randplattenreihen zeigen ein zwischen Lindia und Astropecten stehendes
Verhalten. Eigenthümlich verhalten sich die auf den Dorsalplättchen
stehenden feinen Stacheln, welche auf förmlichen Gelenkköpfen articuli-
ren wie Echinidenstacheln.
68. L. hırsutus Studer l.c. (Taf. IV. Fig. 7. a. d. c. d.)
285 Frl uhr.
Fünf schmale Arme, welche an der Scheibe durch abgerundete
Bogen getrennt sind. Die doppelten Mundeckplatten sind durch eine
Längsfurche getrennt, herzförmig und tragen vier grofse, über die Mund-
scheibe vorragende Stacheln, von denen die beiden mittleren abgeplattet,
die beiden äufseren eylindrisch sind. Der Rand der Platten wird von
einer Reihe kleiner Stacheln besetzt, ebenso die ventrale Fläche.
Die Adambulacralplatten tragen an ihrem concaven inneren Theil
sechs verlängerte Papillen, wovon die 2—3 innersten am längsten sind;
auf diese folgen nach aulsen zwei grolse, bewegliche Stacheln, ein innerer
und ein äufserer. Nach der Spitze der Arme zu wendet sich der innere
immer mehr ventralwärts in die Armfurche.
Die unteren Randplatten, in der Zahl von 42 an jeder Armseite,
entsprechen in ihrer Lage genau den Adambulacralplatten; sie sind mit
kurzen Stachelchen besetzt und tragen zwei bewegliche, cylindrische,
3—4"” lange Stacheln. Dorsal entsprechen in Zahl und Lage den un-
teren Randplatten ovale warzenartige Platten, die mit kleinen Stacheln
besetzt sind, aus deren Mitte sich ein gröfserer beweglicher, feiner Stachel
48 Stuver: Verzeichn/s der während der Reise 5. M. S. Gazelle
erhebt. Die Plättchen der Scheibe sind sehr klein, dicht gedrängt und
unregelmäfsig geordnet. Man zählt auf einen Armquerschnitt 18— 20.
Die Madreporenplatte ist klein und liegt versenkt zwischen den
dorsalen Plättchen an der Grenze des letzten Drittels des Scheibenradius.
Die acht Plättchen, welche sie umgeben, sind gröfser als die übrigen.
Farbe im Leben auf der Oberseite orange, unterseits gelb.
Fand sich nordwestlich von Kerguelen m 130 Faden Tiefe auf
Sandgrund.
Archasteridae Viguier.
Archaster M.T.
69. A. typıcus M. T.
Diese weit verbreitete Art lebt in mälsiger Tiefe zwischen Oo-
rallen. Sie fand sich in Neu-Guinea, Mac Cluergolf, Matuku, Fidji, Neu-
Irland und Neu-Britannien.
70. A. angulatus M.T.
Grolse Exemplare dieser Art erhielt ich in Mauritius durch Ro-
billard. Aufserdem fand sich die Art in Neu-Guinea, Mac Oluergolf, in
Fidji an der Insel Matuku, neben dem vorigen.
Kleinere Exemplare von R. 70”" zeigen an einzelnen Dorsalplatten
Stacheln, bald nur an einzelnen Armen, bald an allen fünf, doch nicht
immer symmetrisch vertheilt. Selten kommen diese an mehr als sieben
Platten vor. Bei einem gleich grofsen Exemplar fehlten diese Stacheln
durchaus.
71. A. Christü Düb. Kor. K.V. Ak. Handlingar 1844. Astro-
pecten Andromeda M. T. Asteriden.
Von dieser Art enthält das Museum in Berlin vier Exemplare, wo-
von drei in Alkohol und eines trocken. Letzteres aus Bergen stammend
und zwei in Alkohol, wovon eines aus Bohuslaen, das andere ohne Fund-
ort, sind von Müller als Aszropeeten Andromeda bezeichnet worden; ein
viertes Exemplar aus Bergen, das später hinzukam, stimmt in jeder Hin-
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 49
sicht mit den genannten überein. Zwischen diesen, als typisch zu be-
trachtenden Stücken und einem Archaster, welcher von der Gazelle in
B. 34° 1’ 6" S. und L. 171° 54’ 6" O. nördlich von Neu-Seeland aus 400 Fa-
den Tiefe erlangt wurde, ist es mir nicht möglich, einen speeifischen
Unterschied zu finden.
Die einzige geringfügige Unterscheidung böte das Verhalten der
Arme, die kürzer sind und sich rascher zuspitzen, und der Umstand, dafs
sich die Armplatten rascher verkleinern.
Bis jetzt war Archaster Christi nur aus der Gegend von Skandi-
navien bekannt, wo er in Tiefen von 40—250 Faden vorkommt. Sars,
Reise i Lofoten og Finmarken, fand ihn bei den Lofoten und bei Bergen
in 200 Faden Tiefe; fernere Fundorte sind nach Sars, Overs. af Norges
Echinodermer 1861, Bohuslaen, Trodhjemsfjord und Finnmarken.
Verrill, Amer. journ. science. vol. XX. 1880, fand ihn nicht an den
Küsten Neu-Englands, obwohl er drei bis dahin von Norwegen bekannte
Archasterarten an diesen Küsten constatirt. Von 15 bis jetzt aus der
Tiefsee bekannten Arten der Gattung war überhaupt noch keine südlich
vom Äquator bekannt und nur eine, A. hesperus M. Tr., von Japan aulser-
halb des atlantischen Oceans. Das Vorkommen von A. Christiu im süd-
lichen pacifischen Ocean zeigt aber, dafs die Verbreitung der Tiefsee-
Asterien eine aufserordentliche sein mulfs.
Cheiraster Studer. Sitzungsber. naturforsch. Freunde in
Berlin, Sitzung vom 16. Oct. 1883, pg. 129.
Die Scheibe ist flach, mit fünf verlängerten platten Armen, welche
sich dorsalwärts umkrümmen können. Die Seiten der Arme werden von
oberen und unteren Randplattenreihen eingenommen, die fein gekörnt sind
und von denen die unteren spitze, bewegliche Stacheln tragen. Die Adam-
bulacralplatten treten weit in die Bauchfurche vor, so dafs sie die Füls-
chenpaare von einander abtrennen. Die Mundeckplatte trägt lange, etwas
divergirende Stacheln. Zwischen der Mundeckplatte und den unteren
Randplatten liegt ein interradiales Feld aus einer oder mehreren Platten
gebildet. Auf diesem befinden sich ein oder mehrere grofse, klammer-
artige Organe. Diese bestehen aus zwei Reihen gegen einander gerichteter
Phys. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. II. U
50 Studer: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
gekrümmter beweglicher Kalkstäbe, welche wie Klammern gegenseitig in
einander greifen. Sie stellen wahrscheinlich eine Art Pedicellarien dar,
ähnlich wie die klammerartigen Pedicellarien von Ophidiaster German,
welche Perrier (Revision des Stellerides) beschrieben und Viguier (Ske-
lette des Stellerides, taf. XVI fig. 12. 13. 14) abgebildet hat.
Die Dorsalhaut der Scheibe ist dünn, durchscheinend, so dafs sich
die Eingeweide leicht erkennen lassen, wenn der Seestern gegen das Licht
gehalten wird. Sie ist mit paxillenartigen Plättchen besetzt, polygonalen
Kalkkörpern, welche am Rande einen Kranz von Körnern tragen, der we-
nise centrale Körner umschliefst. Der After liegt nahezu central, die
Madreporenplatte nahe dem Scheibenrand. Der sackartige Magen giebt
nur ganz kurze, radiale Blinddärme ab, welche bis an die Basis der Arme
treten. Die Genitalien stellen lange, paarige Bänder dar, welche von der
Spitze der Arme bis zur Hälfte ihrer Erstreckung reichen. Die Ambula-
eralfüfschen sind konisch, mit einer kleinen Saugscheibe am Ende.
Im allgemeinen Habitus gleichen die Vertreter dieser Gattung zar-
ten Formen von Tiefseearchaster. Die klammerartigen Organe sind aber
eisenthümlich und namentlich auch das Verhalten der Genitalien, welche
in ihrer Form und Lage ganz an die von Crinoiden erinnern.
72. Ch. Gazellae Studer. Verh. Naturf. Freunde I.c. (Taf. IV.
Fig. 8. a. b. c.)
R.61. 7.9. R= 6,78.
Die schlanken, platten, rasch sich zuspitzenden Arme vereinigen
sich mit der platten Scheibe unter stumpfen Winkeln. Sie sind mit der
"Spitze dorsalwärts eingerollt. Ventralwärts sind die unteren Randplatten
von dem Mundeckstück durch sechs Platten getrennt. Das Mundeckstück
ist fünfeckig, es trägt, gegen die Mundöffnung gerichtet, vier platte Sta-
cheln, von diesen setzt sich auf den Seitenrand noch eine Reihe von je
sechs eylindrischen Stacheln fort, welche sich distalwärts allmählig ver-
kleinern. Die ventrale Fläche der Platte ist mit Körnern besetzt, welche
in nach aufsen divergirende Reihen geordnet sind; aufserdem trägt sie
zwei spitze Stacheln. '
Die Adambulacralplatten, welche die Bauchfurche begrenzen, sprin-
gen mit einem ventralwärts concaven Theil, zwischen zwei Fülschen, in
um die Erde 1874—76 gesammelten Ästeriden und Euryahden. 51
die Bauchfurche vor; ihr Rand trägt 6—8 divergirende Papillen. Nach
auflsen von dem concaven Theil wird die Platte rechtwinkelig und trägt
einen ventral gerichteten Stachel, vor den gegen die Armspitze hin noch
ein zweiter, kleinerer tritt. Die unteren Randplatten, in der Zahl von
29— 30, sind rectangulär, fein gekörnt und tragen einen, gegen die Arm-
spitze zwei spitze, lange, bewegliche Stacheln. Es kommen in der Regel
eine und eine halbe Adambulacralplatte auf eine untere Randplatte.
Die dorsalen Randplatten stehen alternirend zu den ventralen, so
dafs eine obere mit der Mitte ihres Randes auf die Naht zwischen zwei
unteren zu liegen kommt. Jede ist mit feinen Körnern besetzt, fast qua-
dratisch und trägt einen langen, beweglichen Stachel, mit Ausnahme der
beiden am Armwinkel gelegenen, die keine Stacheln tragen. Der dorsale
Theil der Scheibe ist mit dünnen Plättchen besetzt, welche platte Papillen
tragen.
Die Madreporenplatte ist klein, liegt 2”" vom Scheibenrand, acht
gröfsere paxillenartige Plättchen umgeben sie. Auf jeder der direct am
Mundschild gelegenen interradialen Platten steht ein grofses klammerarti-
ges Pedicellar, dessen Klammern aus je vier in einander greifenden,
krümmten Kalkstücken bestehen.
Farbe im Leben auf der Oberseite blalsorange, unterseits weils.
Die durchscheinenden Genitalbänder roth.
Zwei Exemplare in B. 18° 5’ 2" S. und L. 116° 3’ 8" O. aus 195 Fa-
den Tiefe. Grauer Schlammgrund.
ST
13. Ch. peckcellaris Studer. l.c. (Taf. V. Fig. 9. a. b. c.d.e.)
R.30? r.5. Breite der Arme an der Basis 5""”.
Im Habitus sehr ähnlich der vorigen Art, nur sind die Arme mehr
abgeplattet und mehr allmählig zugespitzt, die Vereinigungswinkel der
Arme sehr stumpf. R
Zwischen dem Mundeckstück und den ventralen Randplatten liegt
nur eine grofse, quer verlängerte, fünfseitige Platte. Das Mundeckstück
trägt vier lange, divergirende Zähne, wovon die beiden mittleren breit
und platt, die seitlichen mehr eylindrisch sind. Auf den seitlichen Rand
der Platte setzen sich noch kleine, ventral gerichtete, cylindrische Pa-
pillen fort. Die Adambulacralplatten verhalten sich ähnlich wie bei der
ri,
52 Stuper: Verzeichnis der während der Reise S. M. S. Gazelle
vorigen Art, jede trägt am Rande 4—5 ceylindrische Papillen, nach aufsen
davon stehen ein bis zwei ventral gerichtete Stacheln.
Die Ventrolateralplatten sind im proximalen Theil des Armes qua-
dratisch, im distalen mehr verlängert, mit Körnern besetzt und tragen je
einen Stachel, der am Ende etwas kolbig, verdickt und gezähnt ist. Auch
hier kommt eine Platte auf 14 Adambulacralplatten.
Die Dorsolateralplatten alterniren mit den ventralen; jede, mit
Ausnahme der beiden im Winkel der Arme gelegenen, trägt einen beweg-
lichen Stachel. Die Scheibe ist mit niederen, polygonalen Täfelchen be-
deckt, von denen fünf interradiale gröfser als die anderen sind. Jedes
Täfelchen ist mit platten Körnern besetzt, von denen zehn den Rand,
eins das Centrum des Täfelchens einnehmen. Die Madreporenplatte ist
klein, liest nahe dem Scheibenrand, fast verdeckt unter den Paxillen. Die
klammerartigen Pedicellarien sind in der Zahl von zwei vorhanden. Sie
stehen seitlich von der Interradialaxe zu je zwei an der Basis jedes Armes.
Jede Klammer besteht aus vier Zacken. After, Magen und Genitalien wie
bei der vorigen Art.
Farbe oberseits blalsorange, unten weils.
B. 22° 21’ S. und L. 154° 17'5" O. Aus 550 Faden Tiefe auf
Globigerinenschlamm.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Buryaliden. 53
EURYALIDAE.
Gorgonocephalus Leach.
1. @. Pourtalesü Lym. Ill. Cat. M. C. Z. VII. Pt.2. pg. 28. 1875.
Arme, welche dieser Art angehören, kamen in B. 47° 13'3" S. und
L. 69° 51’4” OÖ. aus 150 Faden mit dem Schleppnetz an die Oberfläche.
Die Farbe war rosenroth.
Die Art kommt nach Lyman bei Patagonien und bei Heard Is-
lands und Kerguelen vor, wurde ferner am Cap Virgin gefischt. In Tie-
fen von 55— 140 Faden.
Euryale Lmk.
2. E. aspera Lmk. (Taf. V. Fig. 10. a. b. c.)
Zu dieser Species rechne ich zwei Exemplare dieser Gattung, wel-
che an der Westküste Australiens in B. 19° 42’ 1" S. und 116° 49’ 8" aus
50 Faden Tiefe gefischt wurden. Der Grund war Sand und Geröll mit
zahlreichen Spongien und Alcyonarien bewachsen. Beide sind noch nicht
ausgewachsen, zeigen aber die charakteristischen Stacheln auf dem dista-
len Ende der Radialschilder.
Das eine Exemplar, mit einem Scheibendurchmesser von 8””, stimmt
gut mit dem von P&ron und Lesueur gesammelten, in der Sammlung
des Jardin des Plantes in Paris aufbewahrten Exemplar überein, das es
an Gröfse nicht viel übertrifft. Bei meinem Exemplare sind aber die von
der Scheibe entspringenden Arme bis 4”" einfach und verzweigen sich
erst dann in der von Lyman (Proc. Bost. Soc. N. H. XIX. Pl. VD, ange-
gebenen Weise. Das zweite Exemplar repräsentirt offenbar ein jüngeres
Stadium. Der Scheibendurchmesser beträgt nur 5"". Die Verzweigung
der Arme beginnt erst mit 5”" Entfernung von der Scheibe. Auf dem
distalen Ende der Radialschilder stehen 2—3 kurze geknöpfte Tentakel,
während solche auf dem Rücken der Arme noch fehlen.
1) Fig. 10.
54 Studer: Verzeichn/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
Beide Exemplare scheinen demnach Jugendstadien der genannten
Art zu sen. Lyman (Voyage of the Challenger. Vol.V. Report on the
Ophiuroidea by Th. Lyman. pg. 253. pl. 36) hat gezeist, dafs bei dem
jungen Gorgonocephalus die Verzweigung der Arme zuerst weit entfernt
von der Scheibe beginnt, so dafs derselbe einem Trichaster ähnlich sieht.
Erst bei späterer Entwickelung beginnt die Entwickelung der Zweige im-
mer näher der Scheibe. Das Museum in Berlin besitzt eine Reihe junger
Exemplare von Gorgonocephalus Agassizi, welche diese Verhältnisse sehr
schön illustriren. Ich glaube danach die beiden Euryale von West-Austra-
lien als Formen betrachten zu dürfen, welche zwei verschiedene Entwicke-
lungsstadien von 2. aspera repräsentiren.
Ophiocreas Lym.
3. O. adhaerens n.sp. (Taf. V. Fig. 11. a. b. c. d.)
Scheibendurchmesser 6””. Armlänge 120”". Armbreite an der
Basıs 1””.
Die fünfeckige Scheibe und Arme von dicker, glatter Haut bedeckt,
Scheibenrücken erhaben, kissenartig.. Die Arme sind auf der Ventralseite
flach, dorsal convex gewölbt, so hoch wie breit, sie bleiben eine Strecke
von der Scheibe gleich breit, erst von 2 der Entfernung von der Scheibe
an spitzen sie sich allmälıs zu und flachen sich ab. Zähne dreieckig,
kurz, in der Zahl von fünf vorhanden, der ventrale ist der Länge nach
gespalten. Über dem zweiten Mundtentakel sind sechs Granula, in zwei
Reihen geordnet, wahrzunehmen. Die Mundschilder sind unregelmäfsig
oval, etwas länger als breit. Die Unterarmplatten breiter als lang, distal
convex. Die Seitenarmplatten sind gerundet und treten etwas wulstig
vor, so dals die Gliederung des Armes deutlich hervortritt. Zwei Ten-
takelschuppen von gleicher Gröfse, am Innenrande concav, am Ende kol-
big und mit Widerhaken und kleinen Stacheln versehen. Gegen die Mitte
des Arms tritt nach innen davon noch ein klauenartiger beweglicher Ha-
ken auf. Die Schuppen beginnen erst am vierten distalen Fülschenpaar.
Die Radialschilder sind breit und nehmen 3 des Scheibenradius ein.
Die Art varürt sehr in der Färbung. Einzelne Exemplare waren
im Leben oberseits schwarzbraun, auf der Unterseite weils. Andere, var.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryalıden. 55
radiata, sind auf dem dorsalen Theil der Arme hell isabellgelb mit zwei
braunrothen, parallel verlaufenden Längsstreifen. Die Grundfarbe der
Arme setzt sich über die Radialschilder bis zur Scheibenmitte fort, wäh-
rend die interradialen Felder schwarzbraun sind. Auch die Zahl der Kör-
perradien scheint grofsen Variationen unterworfen. Unter den sechs Exem-
plaren fanden sich drei fünfstrahlige, zwei sechsstrahlige und ein sieben-
strahliges, bei Allen die Strahlen gleich entwickelt.
Alle Exemplare hafteten an einem Stamm von Antipathes, um des-
sen Äste die Arme fest, oft unter mannigfacher Verschlingung und Ver-
knüpfung geschlungen waren, so dafs keine Möglichkeit war, das lebendige
Thier abzulösen.
Fand sich im W. von Australien in B. 25° 50'8”" S. und L. 112°
368" O. in 45 Faden.
Ophruropsis n. g.
Fünf Arme, Scheibe und Arme mit weicher Haut bedeckt. Scheibe
klein, die Interradialränder halbkreisförmig eingezogen. Radialschilder
schmal, weit getrennt 1 des Scheibenradius einnehmend, je zwischen den
proximalen Enden zweier Radialschilder ein Interradialschild. Arme nicht
sehr verlängert. Oberarmplatten doppelt, Seitenarmschilder grofs, wul-
stig vortretend, auf der Ventralseite zusammenstofsend, Ventralschilder
sehr klein. Zwei stumpfe Ambulacralpapillen. Mundschilder klein, auf
den Seitentheil der Scheibe gerückt, Seitenmundschilder sehr grofs. Zähne,
drei stumpfe Mundpapillen jederseits. Zwei Genitalöffnungen vertical
stehend.
Die Gattung steht am nächsten Astrocreas Lym. (Ophüuridae and
Astrophytidae of the voyage of Challenger. Part II. Bull. Mus. Comp. Zool.
Vol. IV. pg. 62), doch fehlen hier die für jene Gattung charakteristischen
Fortsätze an den Seitenarmschildern und auf den Radialschildern. Der
Mundapparat mit seinen Mundpapillen, die Vermehrung der Schilder auf
der Scheibe nähert die Gattung den Ophwuriden.
4. O. Lymanni n. sp. (Taf. V. Fig. 12. a. b. c. d.)
Scheibendurchmesser 6”"". Armlänge 10"". R=3,3r.
Die Scheibe ist flach, fünfeckig, in den Interradien halbkreisförmig
56 STUDER: Verzeichnfs der während der Reise S. M. 8. Gazelle
eingezogen, von weicher Haut bedeckt. Die Arme sind sehr schlank, am
Ende eingerollt, erst cylindrisch, werden sie distalwärts abgeplattet. Die
Dorsalschilder der Arme sind doppelt, länglich und convex; die beiden
Hälften in der Medianlinie wenig getrennt. Die Seitenarmschilder sind
grofs, aufgewulstet und berühren sich median auf der Ventralseite. Zwi-
schen je zwei Seitenarmschildern bleibt ventralwärts ein kleiner Raum für
die Aufnahme des kleinen ovalen Ventralschildes.. An den Tentakelporen
stehen zwei kurze stumpfe Papillen. Der Mundschild steht ganz auf dem
Seitentheil der Scheibe, er stellt ein kleines, mit der Spitze dorsalwärts
gerichtetes Dreieck dar, umgeben von den grolsen Seitenmundschildern,
welche den unteren interradialen Rand der Scheibe bilden. Sie liegen in
der Fortsetzung der Seitenarmschilder nach innen und sind offenbar mor-
phologisch diesen homolog. Die Radialschilder sind schmal, weit getrennt
und reichen bis an das Ende des ersten Drittheils des Scheibenradius.
Nach innen davon liest noch ein rundliches Täfelehen. Das Mundeck-
stück ist mit spitzen Zähnen besetzt. Die Zahnpapillen, drei zu jeder
Seite, sind stumpf und wenig deutlich gesondert.
Die Genitalspalten stehen senkrecht am Rande der Scheibe.
Farbe im Leben rosenroth.
B. 25° 50'8" S. L. 11° 36'8" O0. 60 Faden.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryahden. 57
Übersicht der gesammelten Arten nach Fundorten.
An der Westküste Madeiras, zwei Seemeilen vom Lande. 50 Faden.
Astropecten aurantiacus L.
B. 16° 40'11" N. L. 23° 11'1" W. NNW. von Buona vista. 47 Faden.
Lurdia Sarsı! Dub. Kor.
Liudia eiharis Phil.
B. 15°52' 3! N. L.23°8' W. , 115,Baden.
Astropecten pentacanthus Müll.
Rhede von Porto Praya. 10 —20 Faden.
Linckia Bouwieri Perr.
Chaetaster nodosus Perr.
BA AUN. L.'9° 106" 0: 59 Faden.
Astropecten subinermis Phil.
Astropecten irregularis Linck.
Chaetaster longipes Retz.
B. 35° 13'6" S. L. 17°25’ O0. Eingang der Tafelbay. 50 Faden.
Astropecten capensis Stud.
B. 322 13°6' 8. 2.182 017° 0.117 Faden.
Gomaster verrucosus Gray.
NW. von Blights Cape. Kerguelen. 120 Faden.
Lwurdiaster hirsutus Stud.
B. 47° 55'2" L. 66° 41'2" O. 100 Faden.
Asterias Studeri Bell.
Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. II. 8
58 Studer: Verzeichnifs der während der Reise S. M. S. Gazelle
B. 48° 59' 5" S. L. 70° 12'9" O0. 60 Faden.
Asterias Studeri Bell.
Echinaster spinulifer Smith.
B. 4701373” S. 1. 69° 51.4" 0. 150 Faden.
Gymnobrisinga Sarsü Stud.
Gorgonocephalus Pourtalesu Lym.
Küsten von Kerguelensland.. 1—10 Faden.
Asterias Perrieri Smith (Florideenregion, 1 Faden).
A. rupieola Verr. (5—6 Faden).
A. meridionalıs Perr. (sehr häufig 3—6 Faden, auf
Schlammgrund).
Echinaster spinulifer Sm. (5 Faden, Schlammgrund).
Pentagonaster meridionahs Sm. (5 Faden).
Leptoptychaster Kerqguelensis Sm. (unter Florideen).
Mauritius.
Asterias Calamaria Gray.
Echinaster fallax M. Tr.
Mithrodia clavigera Lam.
Acanthaster echimites Elb.
Linckia miharıs Linck.
dıplax M. Tr.
multiforıs Lam.
pacıfica Gray.
Ophidiaster pustulatus v. Mart.
cylindricus Lam.
Scytaster variolarıs M. Tr.
Fromia milleporella Lam.
Ferdina flavescens Gray.
Quleita Schmiedehana Retz.
coriacea M. Tr.
Gymnasteria carinfera Lam. (in 25 Faden).
Asterina cepheus Nal.
Archaster angulatus M. Tr.
um die Erde 1874— 76 gesammelten Asteriden und Euryahden. 59
B. 25° 50" 8”. $.! L. 112936' 8”. O. 45 Faden.
Ophrocreas adhaerens Stud.
Ebenda 60 Faden.
Ophnuropsis Lymanni Stud.
Pentagonaster squamulosus Stud.
B. 20° 30' 6”. L. 116° 39" 7". Dampiers Inseln, NW.-Australien, 3-4 Faden.
Anthenea pentagonula Lam.
Astropecten velitaris v. Mart.
B. 19° 42' 1". L. 116°49'8" O. 50 Faden.
Euryale aspera Lam.
Metrodira subulata Gray.
Ophidiaster fuscus Gray.
B. 19° 17' 6" S. L. 116° 49'2" O. _70,Faden:
Nepanthia brevis Perr.
B.1821972% 8. 1. 116° 38" O. 1950 Faden;
Cheiraster Gazellae Stud.
Dorigona Moebü Stud.
Timor. Pariti.
Astropecten polyacanthus M. Tr.
Timor. Atapupu.
Pentagonaster spinulosus Gray.
Mac Cluergolf, Neu-Guinea. 1 Faden.
Linckia miharıs Linck.
Fromia monihs Val.
Pentaceros turritus Linck.
Asterina exigua Lam.
Archaster typicus M. Tr.
angulatus M. Tr.
Galewostrafse.
Linckia milharıs M. Tr.
Fromia monihs Val.
Asterina cepheus Val.
g*
60 STUDER: Verzeichn/s der während der Reise S. M. S. Gazelle
Anachoreteninseln.
Linckia milhiaris M. Tr.
Asterina cepheus Val.
Neu-Hannover. Korallenriffe.
Acanthaster Elhsü Gray.
Linckia milhiarıs Linck.
Culeita Novae Guineae M. Tr.
Neu-Irland. Carterethafen.
Linckia miharıs Linck.
Pentaceros hiuleus Gray.
Archaster typicus M. Tr.
Neu-Britannien. Blanche Bay.
Acanthaster Pllisü Gray.
Pentaceros turritus Linck.
ortentahs M. Tr.
Archaster typicus M. Tr.
BB: 2222125) 17: 154101775 70%°550 Haden:
Cheiraster pedicellarıs Stud.
B. 342 170”'S. L. 171° 12 1"0. 400 Faden.
Archaster Christü Dub. Kor.
B. 35° 21'S. L. 175°40'0. 597 Faden.
Asterias fragihs Stud.
Magelhaensstrafse. Tuesday-Bay. 21 Faden.
Asterias suleifera Val.
Asterina fimbriata Perr.
N Poranıa magelhaenica Stud.
Port Angosto. 2 Faden.
Asterias rugispina Stps.
Punta Arenas. 1-2 Faden.
Asterias antarchca Lütk.
_ Pentagonaster Bell Stud.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden.
9747210628... 1.032991 6, W263» Faden.
Asterias Bell Stud.
Labidiaster radiosus Loven.
Otenodiscus australis Lütk.
5239286. 8: I. B7e5ar al Ve. Abe Raden.
Otenodiscus austrahs Lütk.
B. 38° 10’ 1"S. L. 57° 53'3” W. 30 Faden.
Asterias suleifera Val.
rugispina Stps.
Cribella antıillensis Perr.
Oycethra simplex Bell.
Brs4Saa 1 Sr 52a AasBaden:
Asterias Hartu Rathb.
Astropecten mesactus Sladen.
61
62 Studer: Verzeichnfs der während der Reise S. M. S. Gazelle
Erklärung der Abbildungen.
Taf. I. Fig. 1. Asterias Studeri Bell.
a.
b.
C.
Seestern von der Dorsalseite, natürliche Gröfse.
Ventralseite vergröfsert.
Gerades Pedicellar aus der Bauchfurche.
Fig. 2. Asterias fragilis n. sp.
Q.
b.
c.
d.
Seestern von der Dorsalseite, vergrölsert.
Derselbe von der Ventralseite.
Gekreuztes Pedicellar desselben.
Gerades Pedicellar aus der Bauchfurche.
Fig. 3. Asterias Bellü n. sp.
a.
b.
Seestern von der Dorsalseite, natürl. Grölse.
Stück der Ventralseite, vergröfsert.
Taf. II. Fig. 3. Labidiaster radiosus Loven.
Taf. III. Fig. 4.
DO SSNSTR
. Ansicht des Seesterns von oben, natürl. Grölse.
. Ventralseite desselben.
Stück der Armfurche, vergröfsertt. Von der halben Armlänge.
. Stück der Scheibenhaut mit dem Kalkbälkchennetz.
Stück der dorsalen Armhaut von der halben Armlänge.
Dorsales Skelett von der Spitze des Arms.
. Querschnitt eines Armes vom ersten Drittheil der Länge.
. Inneres Armskelett in der Seitenansicht.
Inneres Armskelett von der Dorsalseite.
. Zwei Segmente des Mundrahmens von innen.
Radialplatte des Arms, mit Camera lucida gezeichnet.
. Die vier innersten ambulacralen Wirbel.
. Die zwei innersten ambulacralen Wirbel, welche die Mundstücke bil-
den. Mit Camera lucida gezeichnet.
. Horizentalschnitt durch drei Segmente des Mundrahmens. Mit Ca-
mera lucida gezeichnet.
. Gerades Pedicellar vom Scheibenrücken. Mit Camera lucida ge-
zeichnet.
um die Erde 1874—76 gesammelten Asteriden und Euryaliden. 63
Fig. 5.
Taf. IV. Fig. 6.
Fig. 8.
Taf. V. Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 11.
Q.
Y-
Kreuzförmiges Pedicellar vom distalen Theil des Arms, gröfsere Form.
Mit der Camera lueida gezeichnet.
Kreuzförmiges Pedicellar. Kleine Form.
Arm von der Dorsalseite geöffnet mit Blindsack des Magens und
Ovarium.
Ovarium isolirt.
. Anheftungsstelle des Ovariums an die Armhaut mit Ligament.
. Blindes Ende eines Ovarialschlauches. H. 5.
. Wand des Övarialschlauches nahe dem blinden Ende mit sich ablö-
senden Eiern. H. 7.
Knospenartiger Arm, dorsal geöffnet mit dem jungen Ovarium.
Das Ovarium aus dem vorigen isolirt. Vergröfsert.
Kreuzförmiges Pedicellar von Gymnobrisinga Sarsü Stud.
Stellaster squamulosus n. Sp.
a.
b.
c.
a.
b.
c.
Thier von der Dorsalseite, natürliche Grölse.
Dorsalseite der Scheibe, vergrölsert.
Ventralseite, vergrölsert.
. Luidiaster hirsutus Studer.
Thier von der Dorsalseite, natürl. Gröfse.
Ventralseite, vergrölsert.
Rückenplättchen und Madreporenplatte, vergrölsert.
d. Rückenplättchen, stark vergrölsert.
Ch
eiraster Gazellae Studer.
a. Dorsalseite des Thiers, natürl. Gröfse.
b. Ventralseite, vergrölsert.
C.
Magen und Genitalien desselben.
Cheiraster pedicellaris Studer.
a
b.
c.
d.
e.
. Thier von oben, natürl. Gröfse.
Körperscheibe, vergrölsert.
Ventralseite der Scheibe, vergrölsert.
. Spitze des Arms von der Ventralseite.
Klammerartiges Organ, vergrölsert.
Euryale aspera Lym.
@
b
. Junges Exemplar, natürl. Grölse.
. Dasselbe von der Dorsalseite, vergrölsert.
c. Dasselbe von der Ventralseite, vergrölsert.
Ophiocreas adhaerens n. sp.
a. Sechsstrahliges Exemplar von oben.
b
ce
. Dasselbe von der Ventralseite.
. Tentakelschuppen von dem distalen Theil des Arms,
d. Tentakelschuppen von nahe der Basis des Arms.
64 STUDER: Verzeichm/s der gesammelten Asteriden und Euryalden.
Fig. 12. Ophiuropsis Lymani n. sp.
a. Ansicht des Thieres von der Dorsalseite.
b. Rückenseite, vergrölsert.
‚e. Bauchseite, vergröfsert.
d. Seitenansicht eines Interradius.
K.Preuss. Akad. d.Wissensch. Anhang z.d. Abh. 1884. Tat. 1.
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K.Preuss. Akad.d.Wissensch. Anhang z. d Abh. 1884. Taf. I.
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PHILOSOPHISCH - HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN.
=
a »ealnton PIH- HOSLHTOBOLENT. ”
NIORUIOKÄHEA | 89
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders
zur Metaphysik des Aristoteles
untersucht und übersetzt
von
J. FREUDENTHAL,
ausserord. Professor der Philosophie in Breslau.
Mit Beiträgen zur Erläuterung des arabischen Textes
von
S. FRÄNKEL,
Privatdocenten der orientalischen Sprachen in Breslau.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 1
Vorgelegt in der Sitzung der philos.-histor. Classe am 1. November 1883.
ae hat in seiner ‘grolsen Erklärung’ des zwölften Buches
der aristotelischen Metaphysik zahlreiche Auszüge aus einem Commentare
mitgetheilt, den er und andere arabische Autoren dem Aphrodisier Ale-
xander zuschreiben. Diese Auszüge, bisher nur aus einer unzuverlässi-
gen lateinischen Afterübersetzung! den neueren Gelehrten bekannt, verdie-
nen aus mehr als Einem Grunde sorgsamere Beachtung, als ihnen bisher
zugewendet worden ist. Sie für die Geschichte der aristotelischen Stu-
dien nutzbar zu machen, soll hier versucht werden.
Die erste Frage, die man bei der Untersuchung dieser Bruchstücke
zu erwägen hat, ist: wie verhalten sie sich zu dem Commentare des
zwölften Buches der Metaphysik, den man lange Zeit als das echte Werk
des Alexander anzusehen gewohnt war. Eine unzweideutige Antwort auf
diese Frage ergiebt sich aus einer Zusammenstellung der entsprechenden
Stücke.
1 Den gänzlichen Unwerth derselben erweist Note 3 am Schlusse dieser Ab-
handlung.
je
1. Verhältnils der
Auszüge des Aver-
roes zu dem grie-
chischen Texte des
Alexander.
Alexander des Averroes:
fr. 1. Über den Zusammenhang
der einzelnen Bücher der Metaphy-
sik und die Stellung des zwölften
Buches.
fr. 2. Über den Gegenstand der
Metaphysik und den Anfang des
zwölften Buches.
fr. 3. Erklärung der Worte des
Aristoteles 1069« 19.
fr. 4a. Über den Sinn der Worte
des Aristoteles 1069a 32: As dvayıy
Ta Ororgsia Aue.
fr. 4b. Über verschiedene Les-
arten der Worte 10694 30—33.
fr. 5. ‘Über die Ansichten frühe-
rer Philosophen von der unbeweg-
ten Substanz.
fr. 6. Über die Gegenstände der
Physik und der Metaphysik.
fr. 7. Über die Prineipien der
sinnlichen Substanz.
FREUDENTHAL:
Der griechische Commentar:
641,4—14 ist gänzlich verschie-
den.
641, 15—19 weicht gänzlich ab.
642, 1—19 weicht gänzlich ab.
643, 29f. ist im Resultate iden-
‘tisch, in der Begründung aber wie
in den Worten verschieden.
643, 23—31 wird die Lesart zu
Grunde gelest, die Alexander bei
Averroes ausdrücklich verwirft. Von
einer Verschiedenheit der Lesarten
ist nicht dıe Rede.
644, 1—8 wird nur auf Platon
und Pythagoreer Rücksicht genom-
men, bei dem Alexander des Aver-
roes mit Recht auch auf Schüler
Platons.
644, 8—16 entspricht nur, inso-
weit hier wıe bei dem Alexander
des Averroes Worte des Aristoteles
umschrieben werden.
644, 21 — 645, 21 bietet nur,
soweit der Text des Aristoteles und
dessen dürftigste Paraphrase in Be-
tracht kommt, einige Ähnlichkeit
dar. Von den Erklärungen des Ale-
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 5
Alexander des Averroes:
{r. 8a-b. Über frühere Untersu-
chungen der Begriffe Möglichkeit,
Wirklichkeit und Stoff.
fr. 9. Über die von Aristoteles
dem Demokrit zugeschriebenen Wor-
te: Av öued Tavre.
fr. 10a-c. Über Natur- u. Kunst-
producte, insbesondere über genera-
tio aequivoca.
fr. 11. Mehrfache Deutungen der
Worte des Aristoteles 10704 9—10:
©
N ja8v URN HTA,
fr. 12. Erklärung der Worte des
Aristoteles 10704 18: dio du oü naxws
ATA.
fr. 13a-b. Erklärung der Worte
1070a 19: @Ara reurwv AA.
fr. 14. Über die Unsterblichkeit
der Seele.
fr. 15. Über die Zuverläfsigkeit
der Aristotelischen Lehre.
fr. 16. Über Identität oder Ver-
schiedenheit der Principien des Sei-
enden.
fe:.17@
ders.
Einwendungen Alexan-
Der griechische Commentar:
xander bei Averroes findet sich da-
gegen hier nichts.
645, 22 — 646,7 weicht gänz-
lich ab.
646, 21—23 steht in entschiede-
nem Widerspruch mit Alexander bei
Averroes.
648, 18 — 649, 8 enthält von
allen weitläufigen Erörterungen des
Alexander bei Averroes nichts.
649, 9—31 enthält keine der vier
von Alexander bei Averroes gege-
benen Erklärungen.
650,18 —20 enthält von den ver-
schiedenen Lesarten und Erklärun-
gen Alexanders bei Averroes keine
Spur.
650, 20—29 weicht gänzlich ab.
651, 6—12 widerspricht den Er-
örterungen Alexanders bei Averroes
vollständig.
Hierzu findet sich keine Paral-
lele.
651, 16 — 652,2 stimmt dem
Sinne nach in untergeordneten Punk-
ten überein.
652, 2—27 zeigt keine Spur von
Übereinstimmung.
6 FREUDENTHAL:
Alexander des Averroes:
fr. 18. Eines und Sein sind nicht
Prineipien der Kategorien.
fr. 19. Über Negationen als we-
sentliche Bestimmungen der Dinge.
fr. 20. Erklärung der Worte des
Aristoteles 10705 34f.
1 alle
1071a 2%.
Erklärung der Worte
fr. 22. Über das Allgemeine und
Individuelle.
fr. 23. Erklärung der Worte
1071a 361.
fr. 24. Erklärung der Worte
10715 1f£.
fr. 25. Über eine von Aristote-
les nicht erwähnte Bedingung für
die Ewiekeit der Bewegung.
fr. 26.
10715 27.
Zu Aristoteles’ Worten
fr. 27. Über die Ursachen der
Gleichmälsiskeit und des Wechsels
der Erscheinungen.
fr. 28. Über den Beweis für die
Existenz des unbewesten Bewegers.
Der griechische Commentar:
652, 28 — 654, 5. Von den zahl-
reichen Erklärungen Alexanders bei
Averroes stimmt nur eine mit dem
griechischen Commentar überein.
654, 5—23 zeigt keine Spur von
Übereinstimmung.
654, 32— 33 zeigt keine Spur
von Übereinstimmung.
655, 1—14
schieden.
ist gänzlich ver-
657, 16 — 658, 2
verschieden.
ist gänzlich
658, 21—27 ist gänzlich ver-
schieden.
658, 27—30 ist gänzlich ver-
schieden.
661, 3 — 662, 8 zeigt keine Spur
von Übereinstimmung; vergl. aber
Alexander 659, 21f., d. h. die Quä-
stiones 1,1.
663, 32 — 664, 3 stimmt theil-
weise überein (da Aristoteles selbst
1072a 5f. die Erläuterung an die
Hand giebt).
665, 29 — 666, 4 weicht in den
wesentlichsten Punkten ab.
667, 10—25 weicht vollständig
ab.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 7
Alexander des Averroes:
fr. 29. Über die Worte 1072a
30f.
fr. 30. Über wesentliche und un-
wesentliche Vollkommenheit des Sei-
enden.
fr. 31. Über die Seligkeit der
Gottheit.
fr. 32. Über das Denken seiner
selbst, das Aristoteles dem Geiste
zuschreibt.
fr. 33. R
Über die Sphärentheo-
fr. 34.
rie des Aristoteles.
fr. 35. Über die Beseeltheit der
Gestirne.
fr. 36. Über die Vorsehung.
Der griechische Commentar:
668, 16f. Von den zwei Erklä-
rungen Alexanders bei Averroes hat
der griechische Commentar nur eine
und zwar die nächstliegende.
669, 26 — 670, 9 zeigt keine
Spur von Übereinstimmung.
672, 7 — 672, 19 keine
Spur von Übereinstimmung.
zeigt
671, 26 — 675, 11 zeigt keine
Spur von Übereinstimmung.
677, 25 — 681, 21 zeigt keine
Spur von Übereinstimmung.
661, 3 — 662, 8 zeigt keine Spur
von Überemstimmung.
Hierzu findet sich keine Paral-
lele.
Ein Blick auf diese Tabelle lehrt, dafs die Fragmente des Alexan-
der bei Averroes und der griechische Commentar, den zahlreiche Hand-
schriften ein Werk Alexanders nennen, nichts mit einander gemein haben.t
Von allen hier verzeichneten, zum Theil sehr umfangreichen Auszügen
1 Es verdient bemerkt zu werden, dafs die Fassung des griechischen Commentars,
die eod. L zu dem Buche A aufweist und die mir aus einer Collation des Herrn Dr. Belger
bekannt geworden ist, von der der übrigen Handschriften nur in geringfügigen Punkten
sich unterscheidet.
abweichenden Recension.
Der obige Satz gilt daher auch von dieser in andern Büchern sehr
8 FREUDENTHAL:
weisen nur etwa fünf eine theilweise Übereinstimmung mit einem Com-
mentare auf, der denselben Text des Aristoteles erläutert: die Möglich-
keit, dafs Averroes seine Auszüge dem uns vorliegenden griechischen
Commentare zur Metaphysik entnommen habe, ist darum gänzlich ausge-
schlossen.
Aber ein Anderes wäre vielleicht denkbar. Zwischen dem Alexan-
der des Averroes und dem griechischen Texte des Alexander, wie er uns
jetzt vorliegt, besteht allerdings keine Verwandtschaft. Wie nun, wenn
der griechische Commentar Alexanders nicht in seiner ursprünglichen
Gestalt uns erhalten wäre, sondern, was namhafte Gelehrte in der That
annehmen, in einer vielfach umgeänderten Form, in einer verkürzenden
Bearbeitung, die ja auch bei anderen Commentaren des Aristoteles und
Platon jetzt die Stelle des Originals einnimmt? In diesem Falle liefse
sich wohl vermuthen, dafs die Auszüge des Averroes und der griechische
Text Alexanders aus Einer und derselben Quelle, dem echten Alexander,
stammen, darum aber keine Ähnlichkeit mit einander aufweisen, weil eben
der griechische Bearbeiter seine Vorlage gänzlich umgearbeitet, verkürzt
und durch neue Zuthaten entstellt habe. — Aber auch diese Annahme
ist unhaltbar. Sollen wir ein Recht haben, den Namen Alexanders mit
der angeblichen Bearbeitung seines Commentars überhaupt noch in Ver-
bindung zu bringen, so müssen doch grölsere Theile der Urschrift in
diese neue Redaction aufgenommen sein. Soll diese Redaction im Grunde
nur eine Verkürzung des Urtextes gewesen sein, so darf in wesentlichen
Punkten kein Widerstreit bestehen zwischen Theilen des echten Werkes
und dem neugeschaffenen Texte. Dies aber ist der Fall. Nicht häufig
wird man zwei Commentare desselben Textes finden, die so weit von
einander abstehen, wie der griechische Alexander und der des Averroes.
Wo sie nicht Worte des Aristoteles einfach umschreiben, da haben sie
überhaupt keinerlei Beziehung, oder stehen in schroffem Gegensatze zu
einander. Dies Verhältnifs ist unerklärbar, wenn man der Meinung
ist, dafs das wenn auch noch so lose Band gemeinsamen Ursprungs beide
Commentare verbinde. Denn auch die schlechteste, willkürlichste Bear-
beitung eines Textes mülste zahlreichen und umfangreichen Auszügen
näher stehen, als unsere Fragmente dem griechischen Commentare. Wenn
wir hier nur Abweichungen und Gegensätze finden, so sind wir zu der
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 9
Annahme gezwungen: der Alexander des Averroes und der griechisch
erhaltene Commentar stammen nicht aus Einer Quelle. — Und ferner.
Ein täppischer Bearbeiter kann aus einer fremden Schrift oder aus eigner
Lust am Falschen einer alten Vorlage neue Irrthümer hinzufügen. Aber
auch der albernste Compilator wird doch nicht ohne Grund die nothwen-
dige, einfachste und klarste Erklärung aufgeben, um in gradem Gegensatze
zu derselben Aristoteles Falsches und Widersinniges in den Mund zu le-
gen. Dafs aber dies hier geschehen sein mülste, zeigt die Vergleichung
der Fragmente 1. 4a. 45. 5.9. 11. 13 und anderer mit den entsprechenden
Stücken des griechischen Commentars. Auch aus diesen Parallelen läfst
sich der Schlufs ziehen, dafs, wenn dem griechischen Bearbeiter Alexan-
ders die Quelle des Averroes vorgelesen hätte, die Übereinstimmung zwi-
schen ihnen eine viel grölsere sein mülfste, der Widerstreit ihrer Erklä-
rungen aber kein so schroffer sein könnte. — Diese Behauptung läfst sich
durch einen analogen Fall bekräftigen. Averroes hat, wie zu manchen
anderen Werken des Aristoteles, so auch zu mehreren Büchern der Phy-
sik Bruchstücke aus dem Commentare Alexanders zu dieser Schrift mit-
getheilt. Dieses Werk Alexanders ist verloren. Vergleichen wir aber die
Auszüge des Averroes mit den Excerpten, die Simplicius aus Alexander
seinem weitläufigen Commentare einverleibt hat, so ergiebt sich, weil eben
beide aus derselben Quelle schöpfen, eine sehr häufig vollkommene Über-
einstimmung beider.! Eine derartige Übereinstimmung müfste denn doch
auch zwischen dem Alexander des Averroes und dem griechischen Com-
mentare, der auf Alexanders Namen geht, nachzuweisen sein, wenn beide
auf dieselbe Quelle zurückzuführen wären.
Oder sollen wir weiter gehen und annehmen, dafs der griechische
Bearbeiter des Commentars zur Metaphysik von dem echten Werke Ale-
xanders viel weiter sich entfernt habe als Simplieius in seiner Erklärung
der Physik? Das heifst die Sache aufgeben, um einen unhaltbaren Na-
1 Vgl. Averr. phys. ed. 1562 p. 2Au. 3: Et declaravit Alexander etc. mit Sim-
plicius in phys. p. 4, 22f. Diels; ib. p. 6B: et dixit principia etc. mit Simplie. ib. p. 10, 9£.;
ib. p. 1336: illa vero quae inveniuntur etc. mit Simplie. p. 565, 19£.; ib. p. 137m: et Ale-
zander dieit in hoc capitulo etc. mit Simplie. p. 574, 33f. und 576, 30f.; ib. p. 143a:
Alexander vero opinatur etc. mit Simplie. p. 588,7 und so vieles Andere.
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 1. 2
2. Unechtheit des
griechischen dem
Alexander beige-
legten Commentars
zum XII. Buche
der Metaphysik.
10 FREUDENTHAL:
men zu retten. Das heifst annehmen, die griechische Erklärung der Me-
taphysik führe mit viel geringerem Rechte den Namen Alexanders, als
etwa der Commentar des Simplieius zur Physik eine Schrift des Aphro-
disiers, die Paraphrasen des Themistius Werke des Aristoteles genannt
werden dürfen.
Undenkbar ist demnach, dafs der griechische Commentar mehr als
unwesentliche Einzelheiten mit dem Werke gemein habe, welchem die
averroistischen Fragmente Alexanders entlehnt sind. Beide Schriften zu-
gleich können nicht für alexandrisch gelten; sie können auch nicht Be-
arbeitungen eines alexandrischen Commentars sein; entweder beide Werke,
oder eines von ihnen wird mit Unrecht auf Alexander zurückgeführt.
Für welche dieser Alternativen haben wir uns zu entscheiden?
Jeder, der sich mit Aristoteles und seinen Commentatoren einiger-
malsen vertraut gemacht hat, weils, dafs die Untersuchung des dem Ale-
xander beigelegten Commentars, ganz unabhängig von der Vergleichung
der averroistischen Auszüge, schwerwiegende Bedenken gegen die Echt-
heit der neun letzten Bücher desselben ergeben hat. Nachdem Sepulveda
den schon zu seiner Zeit weitverbreiteten Verdacht gegen sie mit sehr
unzureichenden Gründen zu entkräften!, Patritius? mit gleich unzurei-
chenden ihn zu bestätigen versucht hatte, haben in unserer Zeit Bonitz3
und Rose* den Verdacht zur Gewilsheit erhoben und ein Beweismaterial
zusammengeführt, das nicht gestattet, die volle Authentie des srofsen
Commentars aufrecht zu erhalten. Sie verfahren aber nicht in gleicher
Weise. Bonitz sammelt als unparteiischer Richter eine grofse Zahl von
! Grolse Auszüge aus Sepulvedas hierhergehöriger Einleitung giebt Bonitz praef.
in Alex. comm. p. xv. Aber dem Urtheile, das Bonitz über Sepulvedas Argumentation fällt,
diligenter et acuta haec esse dispulata, wird man schwerlich zustimmen dürfen. Denn
Sepulveda giebt in Bezug auf alle die Punkte, die er als besonders wichtig hervorhebt,
inscriplionum antiquitas, dicendi character, opinionum constantia ratioque testimoniornm,
Falsches oder doch nicht Zutreffendes an, wie aus Bonitz’ eigenen und den hier folgen-
den Erörterungen hervorgeht.
° Patritius disc. perip. p.:32f.
® Alexandri comment. in Metaph. praef. p. xıvf.
* De Arist. libr. ord. p. 146f. — Pierron und Zevort, die nach Schwegler (die
Metaphysik des Aristoteles I p. vıır) eine Vertheidigung des Commentars unternommen
haben (Metaphysique d’Aristote I p. 268f.), habe ich nicht vergleichen können.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 11
Argumenten, die theils für, theils wider Alexanders Autorschaft zeugen,
kommt aber schliefslich zu keiner sicheren Entscheidung, vielleicht des-
halb, weil er auf die Auszüge des Averroes keine Rücksicht genommen
hat. Er hält es für wahrscheinlich, aber nicht nothwendig, anzunehmen
(praef. in Alex. comment. p. xxvIT): scriptum quidem esse hune etiam
commentarium ab Alexandro, sed transscriptum et retractatum ab interprete
quodam longe inferioris et aevi et ingenü, et ita quidem editum, ut non
suum, sed ipsum Alexandrı opus edere videretur. Eingeschränkt wird diese
Annahme! durch die Erklärung, welche Bonitz später in der Vorrede
zu seiner Ausgabe der aristotelischen Metaphysik (I p. ıx) gegeben hat:
Commentarius ad posteriores Metaphysicorum libros inde a libro E, qın
erus nomine fertur, quum et ipse videatur Alexandri esse, quamvis res non
possit ad hqwdum perduei, non dubitavi etiam in posterioribus lbris, quae
ex eo commentario assumpsi, Alexandro tribuere. Und an anderer Stelle
wird in Bezug auf unsern Commentar lediglich die Alternative aufgestellt:
sive ıpsuus Alexandri est, sive ex eius interpretatione excerptus (ib. Il p. 8).
Diesen Erklärungen zufolge steht also die uns erhaltene Bearbeitung Ale-
xanders nicht gar zu weit vom Origimale ab — unzweifelhaft unecht
mülsten demnach die von Averroes erhaltenen Fragmente sein —; doch
soll der Sachverhalt nicht zu voller Klarheit gebracht werden können.
Anders als Bonitz verfährt Rose. Er giebt, ohne zu zweifeln und
ohne zu schwanken, ein festes Urtheil ab. Er entscheidet für Averroes
und gegen den griechisch erhaltenen Commentar, aber ohne die dieser
Entscheidung widerstreitenden Gründe mit der Sorgfalt zu prüfen, die bei
dieser heiklen Frage als Pflicht erscheint. Unter diesen Umständen ist
eine nochmalige Untersuchung der strittigen Punkte nothwendig.
Die gegen die Echtheit der letzten Bücher des alexandrischen Com-
mentars von Bonitz und Rose angeführten Beweise dürfen als bekannt
angesehen und daher in aller Kürze angeführt werden. Gegen die Echt-
! Derselben Ansicht sind Krische, Forschungen S. 292; Schwegler, die Metaphy-
sik des Aristoteles (I p. ıx); Zeller, Philosophie der Griechen II, 1° 790 und Über Be-
nutzung der aristotelischen Metaphysik (in Abh. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1877
S. 149 Anm.); Usener in seiner Ausgabe der Scholien Syrians p. 945 und Andere.
92%
12 FREUDENTHAL:
heit zeugt die Aufschrift des cod. A zum sechsten Buche des Commen-
tars, Anführungen des Asklepius, die nicht verificirt werden können, Ci-
tate des Pseudo-Philoponus und eines Anonymus, denen zufolge Michael
Ephesius als Verfasser des letzten Theiles gelten mülste, und endlich die
Dietion dieser Bücher, die von der Sprache des Alexander durchaus ab-
weicht. Rose weist auch auf die Differenzen hin, die zwischen dem grie-
chischen Alexander und den Auszügen bei Averroes bestehen — ein Ar-
gument, das nicht in Betracht gezogen werden darf, solange die Authen-
tie der averroistischen Auszüge nicht erwiesen ist.1
Diesen nicht leichtwiegenden Verdachtsgründen stellt nun aber Bo-
nitz andere Argumente gegenüber, welche den ersteren vollständig das
Gleichgewicht zu halten scheinen. Er weist darauf hin, dafs in den letz-
ten Büchern des Commentars, in denen der Verfasser wiederholt in erster
Person spricht, als Beispiel eines nomen proprium der Name Alexander
und Alexander Aphrodisieus gewählt werde, auf diesen also doch wohl
als auf den Verfasser hingewiesen werden solle (praef. in Alex. comm. p.xxıv).
Er zeist ferner, dafs der Verfasser des Commentars echte Schriften Ale-
xanders als eigene Werke anführt (ib. p. xxın); dafs er dagegen niemals
bei der Erläuterung seiner Texte auf abweichende oder übereinstimmende
Erklärungen Alexanders eingeht, was bei dem Ansehen, dessen ‘der Er-
klärer” genols, unbegreiflich sein würde, wenn ein Anderer als eben Ale-
xander diese Theile des Oommentars verfalst hätte (ib. p. xxvın). Bonitz
weist ferner nach, dafs Syrian wiederholt, bald stillschweigend bald mit
ausdrücklicher Nennung Alexanders als des Verfassers, die letzten Bücher
des Commentars benutzt und eitirt hat (ib. p. xvım). Er hebt endlich die
völlige Übereinstimmung der philosophischen Lehren hervor, die zwischen
1 Neben manchen zutreffenden Gründen hat Rose auch manches Falsche Bonitz’
Argumenten hinzugefügt. So vermilst er (a. a. O. S. 150) bei Ps.-Alexander ein Citat
des Syrian (9425 17f.) aus Alexander, das wir bei jenem 718, 21f. lesen, glaubt aber,
es unter den Auszügen des Averroes wiederzufinden (p. 287 E ed. 1562), während hier
nicht Alexanders, sondern Averroes’ eigene Meinung mitgetheilt wird. — Auch die Worte
des Averroes (p. 287g f.) legt er fälschlich Alexander bei (a. a. O. S. 151), trotz dessen
bestimmter Erklärung über die Stellung des zweiten Buches der Metaphysik (Alex.
comm. p. 100, 17. 105, 29) und gegen zahlreiche sonstige Gründe. Jedoch bleibt Rose das
Verdienst, zuerst nach Patritius (disc. perip. p. 32) auf die Wichtigkeit der averroistischen
Auszüge wieder aufmerksam gemacht zu haben.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 13
den verdächtigen Theilen des Commentars und den unzweifelhaft echten
Schriften Alexanders anzuerkennen sei (ib. p. xxv).
Das sind Gründe, die, neben die früheren gestellt, uns sehr wohl
veranlassen könnten, die Untersuchung mit einem non liquet abzubrechen,
die keinesfalls von Rose theils gänzlich übergangen, theils mit untriftigen
Gegengründen hätten abgewiesen werden dürfen. Wollen wir das Pro-
blem, das nun schon seit Jahrhunderten die Freunde des Aristoteles be-
schäftigt, der Lösung näherführen, so müssen die von Bonitz mit so
grolser Umsicht gesammelten Gründe sorgfältiger erwogen werden, als
Rose es gethan hat.
Die Prüfung derselben wird uns erleichtert werden, wenn wir zu-
vörderst eine wichtige Stelle, die auffälliger Weise zur Lösung der vor-
liegenden Frage bis jetzt nicht benutzt worden ist, genauer untersuchen.
Als Einleitung zum sechsten Kapitel des zwölften Buches der Me-
taphysik lesen wir eine lichtvolle Darstellung der Erörterungen des Ari-
stoteles über Existenz und Wesen der Gottheit. Bonitz (praef. in Ale-
xandri comment. p. xıı) zweifelt, ob diese mit dem ersten Capitel der
Quästionen! Alexanders wörtlich übereinstimmende Abhandlung aus dem
Commentare in die Quästionen, oder aus diesen in jenen übertragen sei:
ein Beweis, wie zweifelhaft ihm das Verhältnifs des verdächtigen Com-
mentars zu den echten Schriften erscheint. In Wirklichkeit sollte man
glauben, hier ein entscheidendes Zeugnifs für den alexandrischen Ursprung
des Commentars zum zwölften Buche gefunden zu haben. Denn welch
günstigeres Zeugnils kann es für denselben geben, als dafs eine grofse
Abhandlung sich in wörtlicher Übereinstimmung in einem andern unzwei-
felhaften Werke des Alexander vorfindet? Und dafs dieses Stück nicht
etwa von einem Leser oder Abschreiber dem Commentare eingefügt wor-
den ist, dafs es einen untrennbaren Bestandtheil des Buches bildet, zeigt
ı Dieser Titel, wie die Bezeichnung der Schrift als einer Sammlung von «ro-
gi zer Auzsıs, ist ganz unzutreffend, da wir vielmehr bier, wie im sogenannten zweiten
Buche der Psychologie eine nicht von Alexander ausgegangene Zusammenstellung von
Entwürfen, Summarien, Auszügen aus exegetischen Collegien, Dialogen und wenigen von:
Alexander für die Veröffentlichung bestimmten Abhandlungen anzuerkennen haben. Hier-
über Weiteres an einem anderen Orte. Der gebräuchliche Titel aber mag der Kürze we-
gen hier beibehalten werden.
14 FREUDENTHAL:
das Citat (661, 3) ws mgoeimonev, beweist die durchgängige Benutzung des-
selben in der p. 661, 3ff. gegebenen Erklärung des aristotelischen Textes.
Auch darf man keinen Anstofs daran nehmen, dafs Alexander sich selbst
hier oder in den Quästionen ausgeschrieben habe. Denn dasselbe thut er
in andern Schriften. So in der seiner Psychologie jetzt angehängten Ab-
handlung 7. sinaguevye, die nichts ist als eine verkürzende und nicht sel-
ten verwässerte Umarbeitung der Abhandlung z. EiMagLLEVNS za To Ed Av
m965 FoÜs adrongarepae, wie dies schon Orelli in seiner Ausgabe dieser
Schriften angedeutet hat (ib. p. 327).
Man vergleiche nun
de fato p. 4 Orell.:
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de fato p. 134 Orell.:
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1 Eine leicht zu erkennende Verschreibung der obigen Worte mag hier beiläufig
verbessert werden. In der oben angeführten Stelle (p. 6, 8f. Or.) x. de wor zr%. soll oüzer:,
wie Orelli in den Anmerkungen (p. 260) ausführt, auf das vierzehn Zeilen vorher stehende
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders.
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ibid. p. 16:
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15
ibid. p. 150:
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Bıoı za ai ray Blwv yivavraı narasrgs-
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Kara de Tov aurov Tgomov nal Em TuS
Vuxns eüpoı 115 av map nv dumm
Pr E ’ ” .. ”
H ruv avSgumwv unisenn meornVıs zu beziehen und darnach zu erklären sein.
Wie aber
das nachfolgende od yag movov oUx a@rryAcıs zrA. zu erklären sei, wird nicht angegeben;
denn es ist in der That unerklärlich. — Es ist offenbar, dafs die Worte (l. 9—10) ou
yag — old: zu streichen sind und nunmehr gelesen werden muls: ri ö& wor Esriv A einap-
en za Ev Tisw, ovzn m TWv dvS gun zown mgormbıs izavn FoUro Anvücaı' ou yaa Mo-
vov ol2 aMMAoıs dmavres, ANA oUde auros zrA. Die fälschlich eingeschobenen Worte sind
die richtige Variante der später folgenden verdorbenen oUrs yag armAus dmavrss #72,
(denn «AA& ouds nach oUrs ist ungrammatisch), wurden aber an die falsche Stelle gesetzt
und unterbrechen nun den Zusammenhang. Die Änderung wird evident durch die obige
von ÖOrelli hier wie an den meisten Orten nicht beachtete Parallele mit de fato
(p. 134 Or.).
16 FREUDENTHAL:
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EILapWEvAS Cuvwoa.
Man vergleiche ferner
ibid. p. 76:
‘oO Yag eügeJeis Smgavgcs Umo Tov die
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und so vieles Andere.
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zals naTaonevais TE nal GaIevenı nal
Tas moafeıs zaı vous (lous zal Tas rüv
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Bnze. av (1. TW) ev Yag abınay,wv
(1. alınayw) zai diRorıduvwv (l. oı-
Aorıwduvw) dureı Ras rıs nal 6 Sa-
varos Ws Emi To mAsIoTov am Yag &i-
Haguewm TE nal BUTıs auroo- Tu d& dxo-
Aaorw nal Ev Adovals luvrı 6 &v Tais
üngariaıs, nal Tu zagrepınn 6 di Ümrep-
Bern: Fovuv za naromaSeny- TR:
aveheudeow 6 En Ti eg TO döradogov
CTOUoNs ATA.
ibid p. 128:
TO TE Yag CHdmrovrmı Hard mgoaIgeoW
ToD bureioa ,apıv av dmayıyoy &n Tou
CHamrewv Snsaugeo Fıyvos eupenıs, amo
TUN banev ra eugeguv ToÜ Snmaupod
YEyYovEval, OUR Emo TUXMS 8, Ei ToUToU
Wapıv ETHAmTEV“ Tore Ev Yap MW oo
zara ouuleldnnos 70 oHamreıy TNS eüge-
TEWS alrıov
I Orelli fügt hier roü ein und übersetzt: nisi melius quiddam superveniens eam
a naturali statu iransferat — offenbar das Gegentheil dessen, was Alexander hier ein-
schärft.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 17
Verwunderung über die wenig Geist erfordernde Wiederholung des
an anderem Orte Gesagten wäre also nicht am Platze, zumal Alexander
durch Originalität und Reichthum an Geist sich nirgends auszeichnet.
Undenkbar aber ist, dafs Alexander, nachdem er eben sehr ausführlich
den Gedankengang des Aristoteles entwickelt hat, nun sofort in seinem
Commentare zur Metaphysik das Gesaste zum zweiten oder dritten Male,
bisweilen mit denselben Worten, bisweilen aber auch in scharf abstechen-
der, incorreceter und unbehülflicher Redeweise wiederhole. Denn das ge-
schieht in der 661, 3ff. gegebenen Erörterung. Inhaltlich und sprachlich
steht diese Auseinandersetzung weit hinter der präcisen Ausdrucksweise
der Übersicht zurück. Dies möge an den ersten Sätzen erwiesen werden.
661,4: nis ref dUnis aüris nal y dayayy ist eine sehr ungenaue
Angabe des Inhaltes. Genau das Rechte ist früher in der Übersicht ange-
geben worden (658, 31 — 659, 1); der Zusatz der zweiten Erörterung,
zumal die Worte za 4 diaywyn (cfr. Aristot. ec. 7. 1072 b 14), erscheint
daher als eine Verderbung des Richtigen. — 661, 5f. werden die bei-
läufig gesagten Worte des Aristoteles (1071 5 3) weitläufig umschrieben!,
während die Einleitung sie mit Recht ganz überging. Und wie unge-
schickt wird hier alles ausgedrückt, was zu der Übersicht Neues hinzu-
gefüst ist! Man vergleiche 661, 6: ÖVo ev ai durizal ... al Tourwv N Ev
nie dyevmros ... 4 dE Aoımy nara mv Tas 6Aoryras za aurn dyevaros #rA. und
die gradezu Falsches sagenden Worte (661, 13) rare &v aury ro eva
&4,gı neben (659, 3) dywgrra yag a ara 795 oVoıes. Ebenso auffällig
ist das nachfolgende (661, 10) &xwv oüv dedsyuevov #rA.; unbehülflich ausge-
drückt ist 661, 28 und Anderes.
Unmöglich ist es, demselben Manne, der 659, 5f. eine lichtvolle
Zusammenfassung der aristotelischen Gedanken gegeben hat, zuzutrauen,
was wir 661, 16f. lesen: x«i orı uev 4 zıwacıs »rA. Denn hiermit soll doch
offenbar gesagt sein, dafs Aristoteles in der Physik (VIII, 1) die Ewig-
keit der Bewegung zwar schon erwiesen habe, für die Behauptung dage-
gen, auch die Zeit sei ewig, hier in der Metaphysik einen Beweis (raga-
AvSia) noch für nothwendig halte und ihn in den Worten liefere (1071 5 8)
1 661,5 liest man ze: oUrw ris Asysı. Dies kann aber nicht die richtige Lesart
sein. Entweder ist Zrrı nach ris einzuschieben (efr. 661. 23) oder is ist zu streichen.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 3
18 FREUDENTHAL:
o0 yag olov »rA. — Aber hat denn nicht Aristoteles in demselben Buche
der Physik die Anfangs- und Endlosigkeit der Zeit erwiesen, in dem er
die Ewigkeit der Bewegung erörtert? Hat er nicht sogar einmal den
Beweis für diese auf den ersteren zurückgeführt (ib. 251 b 12f.)? Und
wird nicht in unserer Stelle der Metaphysik in ebenso kurzer Fassung
des Beweises für die Ewigkeit der Bewegung von Aristoteles gedacht,
wie des in der Physik für die Ewigkeit der Zeit beigebrachten? Kopflos
ist demnach und ungehörig diese ganze Auseinandersetzung und offenbar
nur darum gegeben, weil in der Übersicht (659, 5£.) von Alexander nur
die Ewigkeit der Bewegung erwiesen worden war. Das aber war aus
guten Gründen geschehen. Auf die Ewigkeit der Zeit nämlich konnte
Alexander einen Beweis für die Ewigkeit der Substanz nicht gründen,
weil er, hier einmal in origineller Fortbildung eines Aristotelischen Ge-
dankens (Phys. IV 14. 223 a 21f.) und wie in Vorahnung! einer tiefsin-
nigen Kantischen Lehre, die Ansicht hegte, der Zeit komme keine selb-
ständige Existenz zu, sie existire nur in der Vorstellung des Zeitmomente
Zählenden (s. Themist. de an. 220, 26; de phys. 341, 4f. Speng.; Simpl.
in phys. 758, 30f. 759, 22f. 764, 35f. Diels). Das begriff der Nachbeter
Alexanders nicht, wie es die Peripatetiker nicht gebilligt hatten (s. The-
mistius und Simplicius das.). Und so legte er seinerseits allen Nachdruck
auf eine Argumentation, die Alexander in voller Consequenz wohlbedäch-
tig übergangen hatte.
Zu einem gleichen Ergebnils führt die Vergleichung Alexanders
659, 21f. (= Quaest. 12, 19f. Speng.) mit dem angeblichen Alexander.
Den Gedankengang des Aristoteles, dem Alexander sich sonst durchaus
anschliefst, unterbricht er hier, um einer ihm nothwendig scheinenden
Ergänzung willen. Aristoteles beweist, dafs es eine ewige Bewegung und
folglich einen ewigen Beweger geben müsse. Wie aber kann die ewige
Bewegung körperlicher Wesen durch ein rein geistiges und selbst unbe-
wegtes Prineip, die Gottheit des Aristoteles, hervorgebracht werden?
Darauf giebt es nur die eine, von Alexander ausführlich entwickelte Ant-
1 Aber nur geahnt, nicht vollkommen entwickelt hat Alexander diese Lehre.
Vgl. das von Simplicius in der Erklärung der Physik (IV 10f.) aus Alexanders Commen-
tar Angeführte.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 19
wort: die Gestirne und die Himmelssphären sind nicht blos körperliche
Massen, sondern beseelte Wesen, die der Gottheit zustreben und aus die-
sem Streben heraus ihre ewige Bewegung in sich erzeugen.! Diese
ganze Auseinandersetzung übergeht der Erklärer (661, 21—30), der sonst
derartigen Erörterungen durchaus nicht ausweicht (efr. 663, 12f. 668, 21f.
671, 27£. u. a.), weil er ihre Nothwendigkeit nicht begreift. Ausdrücklich
aber erklärt sich für dieselbe Annahme der Alexander des Averroes
(fr. 25 und 35), wie sie denn auch in anderen echten Schriften Alexan-
ders uns begegnet (s. Quaest. I 25 p. 78, 10f. 79, 6).
Es bedarf keiner längeren Vergleichung, um behaupten zu dürfen:
die Übersicht über den Gedankengang des sechsten und siebenten Capi-
tels, die wir jetzt als Einleitung zu XII 6 lesen, und die Erklärung des
sechsten Capitels bei Alexander (661, 3f.) können nicht von demselben
Manne verfalst sein. Jene wird durch ihre Aufnahme in die Quaestiones
als Werk des Alexander gegen jede Anfechtung geschützt und durch ihre
Verwandtschaft mit ähnlichen Analysen der Quaestiones (II 27. IIL 3. 10.
IV 25) als diesem Werke ursprünglich zugehörig erwiesen; diese ist durch
ihre irrige Exegese, durch eine ungemein mangelhafte Redeweise, durch
ein ersichtliches Streben nach Selbständigkeit neben läppischer Nachäffung
und vollständiger Mifsdeutung der Vorlage als Werk eines späteren Com-
mentators kenntlich gemacht. Dieser hat eine Abhandlung des Alexander
in ihrem Wortlaute ın seinen Commentar aufgenommen und eitirt dieselbe
als seine eigene Schrift (661, 3). Er ist also keiner jener Compilatoren,
die in naiver Unbefangenheit Auszüge aus früheren Schriften den ihrigen
einfügen, sondern ein Betrüger, der in bewufster Absicht fälscht.
Schwerlich nun aber hat er es gewagt, eine Abhandlung, welche
durch ihre bevorzugte Stellung an der Spitze einer alexandrischen Schrift
vor litterärischem Diebstahl geschützt sein mufste, sich selbst anzueignen.
Vielmehr hat er durch sein ganzes Verfahren gezeigt, dafs er seinen eige-
nen Commentar als Werk Alexanders angesehen wissen wollte.” Das ist
1 Alex. Metaph. 659, 29. Die von Bonitz nach A gegebene Lesart ro de —
zıwounsvov ist unhaltbar. Zu lesen ist wohl rw de — zwounzuw det #77. Q und M geben
blofse Conjecturen.
2 Wenn Krische (a. a. ©. S. 292 Anm.) aus den Worten (692, 18) oUrw ev odv
© Naeregos un yermv FO magov EEnyeiro Ywotov schlielst, dafs sich das Erhaltene als einen
3+
230 FREUDENTHAL:
eine Annahme, zu der tausendfache Fälschungen des Alterthums die Ana-
loga darbieten und welche die einfachste Erklärung der Schwierigkeiten
liefert, die der Commentar Ps.-Alexanders bisher aufwies. Sie macht
uns zunächst das Verständnifs der Stellen möglich, in denen auf Alexan-
der als den Verfasser des Commentars hingewiesen wird. Weil der Fäl-
scher in der Maske Alexanders auftritt, spricht er von den ersten Bü-
chern des Commentars zur Metaphysik als Theilen seines Werkes (vol.
718, 26), eitirt er den echten Theil des Commentars und andere Schrif-
ten Alexanders (p. 661, 3 und die von Bonitz p. xxır angeführten Stel-
len) als seine eigenen, erwähnt er nie, weder lobend noch tadelnd,
zu einem vorliegenden Texte eine Erklärung Alexanders als die eines
fremden Autors. Darum ferner spielt er so häufig mit dem Namen Ale-
xander und Alexander Aphrodisieus, — aber zu seinem Schaden, denn
Einmal entgleitet ihm die Maske. Er nennt (636, 21) Sosigenes, welcher
der Lehrer Alexanders gewesen ist, Ürregos "Arsfavögov To Yecvw und zeigt
damit sein wahres Gesicht — das eines Betrügers, der nichts von Ale-
xanders persönlichen Verhältnissen wulste.
Aber wenn mit dem Allen der Betrug, den der falsche Alexander
sich hat zu Schulden kommen lassen, uns offen vor Augen liest, was ver-
anlafst Bonitz dazu, der Fälschung eine gewisse Berechtigung durch die
Annahme zu geben, ein guter Theil des alten Commentars stecke in der
neuen Bearbeitung, diese führe also nicht ganz mit Unrecht den Namen
Alexanders? Es sind zwei Gründe, welche diese Annahme zu begünsti-
gen scheinen: vor Allem die Übereinstimmung, die Bonitz zwischen den
philosophischen Gedanken Alexanders und denen der letzten Bücher des
Commentars findet, sodann die Citate des Syrian.
Der erste dieser Gründe nun ist ohne Beweiskraft. Zunächst muls
man bedenken, dafs bei der Unselbständiskeit Alexanders und der Farb-
losigkeit des Öommentars zu den letzten Büchern der Metaphysik schroffe
Dissonanzen der Meinungen gar nicht erwartet werden können. Wie ge-
ringe Differenzen der philosophischen Lehren findet man, wenn man die’
Auszug aus Alexandrischen Commentaren genugsam ankündige, so irrt er. Das Imperfeet
beweist, dafs nicht auf eine Schrift, sondern auf mündliche Vorträge eines unbekannten
Lehrers hingewiesen wird. a
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 21
Commentare späterer Peripatetiker mit denen Alexanders vergleicht!
Bonitz weist auf Syrian und Asklepius als auf Erklärer hin, die in der
Schätzung und Auffassung aristotelischer Lehren von Alexander entschie-
den abgewichen seien. Diese Beispiele wären treffend, wenn zuvor be-
wiesen wäre, dafs der angebliche Alexander gleich diesen beiden nam-
haften Philosophen an der Spitze einer dem Peripatos feindlichen Schule
gestanden und diese gegen Angriffe des Aristoteles zu schützen den Be-
ruf gehabt hätte. War er dagegen, was hundert andere Erklärer des
Aristoteles gewesen sind, ein Anhänger der Schule, der auch Alexander
angehörte, so gab es für ihn keinen Grund, der ihn zur Gegnerschaft
gegen Alexanders philosophische Ansichten hätte reizen können. — Frei-
lich in einigen wenigen Punkten war Alexander mit selbständigen Theo-
rien hervorgetreten. In Bezug auf diese echt alexandrischen Lehren
zeigt sich aber auch in der That eine tiefe Kluft zwischen den echten
Schriften Alexanders und dem Commentare zu den letzten Büchern der
Metaphysik. Aus dem zwölften Buche allein können folgende Differenzen
hervorgehoben werden:
Alexander hat gelehrt, dafs die Seelenkräfte eine untheilbare Ein-
heit bilden und von einander nicht getrennt werden dürfen (s. Zeller,
Philos. d. Griech. III, 1% 796, 3) —; der angebliche Alexander dagegen
scheidet mit der grölsten Zahl der Peripatetiker die Denkseele aufs
schroffste von den übrigen Theilen der Menschenseele (651, 10 und
686, 22.).
Alexander läugnet die Unsterblichkeit der Seele (Zeller, das.
S. 798, 3) —; der falsche Alexander bekennt sich aufs unzweideutigste
zu derselben (651, 9f.).
Alexander hat erklärt, der Zeit komme objective Existenz nicht
zu; darum läfst er in den Quaestiones, wie oben gezeigt wurde (S. 18),
das Argument des Aristoteles, das aus der Ewigkeit der an sich subsi-
stirenden Zeit auf die Ewigkeit der Substanz schliefst, in unverkennbarer
Absichtlichkeit fort. Der angebliche Alexander setzt dies Argument wie-
der ein (661, 17f.) und erörtert es in grolser Ausführlichkeit, offenbar
weil er diese den Peripatetikern höchst anstölsige Meinung nicht theilt
oder sie gar nicht kennt.
Alexander ist ein nüchterner, aller Schwärmerei abholder Denker.
33 FREUDENTHAL:
.
Seine Lehren von Gott und Vorsehung, von den Begriffen und dem Men-
schengeiste athmen die kühle Luft der rationalistischen Anschauungen,
die schon Aristoteles der Platonischen Transscendenz gegenüber gestellt
hatte, die aber bei ihm, dem Schüler Platons, noch mit manchen mystischen
Elementen verbunden waren, wie denn derartige Gedanken bei keinem
grofsen Philosophen ganz fehlen. Alexander sucht auch diesen Rest von
supranaturalistischen Ideen aus dem peripatetischen Systeme zu entfernen.
Er steht gänzlich aufserhalb jener Strömung, die seine Zeitgenossen
mächtig ergriffen hatte, die eine Fluth mystischer Lehren der Akademie
und auch dem Peripatos zuführte und die vom zweiten Jahrhundert an
immer gewaltiger anschwoll. Die Stellung Alexanders zu diesen An-
schauungen erkennen wir aus allen seinen echten Schriften; sie tritt aber
keineswegs in dem Commentare zu den letzten Büchern der Metaphysik
hervor. Hier finden wir vielmehr den Glauben an die Ekstase der
Neuplatoniker, an die Vereinigung mit Gott in denselben Ausdrücken
ausgesprochen, die uns bei späteren Neuplatonikern begegnen.” Hier
wird von einem göttlichen Denken gesprochen, das zeitlos und untheil-
bar in Ewigkeit sich vollzieht, von einem menschlichen Denken, das
zeitlos und unterschiedslos sich mit dem göttlichen Urwesen verbin-
det, ja identisch mit ihm wird. Alex. comm. (690, 6): wereg yap, nrw,
6 avSgwmivos vous (9 & rıs un BovAcıro Asye or 6 avSgwzwvos veÜs, Asıyerw
naSoAınu)regov er & ray ouvIerwv vous), Womep cüv 6 dvSgwmıvos N 6 TÜV Fuv-
SETWV voUs EyEı Ev Tvı %g0vW, clov orav evepynan zaL 70 TOIOHaRagLOTEV TaSog
ma9y (vore Yap 6 dvSowmwos vous oüx Ev TWöL TV npaucu Megeı N Ev Twöl Tode
N rede rov dgirreu vol nal Ebamreruu alrou, ws duvarov EdanbasSaı auren, Hegt-
orov yag av zu ourws A To mawrov alrıov, AAAR voei auro Ev oAm wi, clov &v
TO Auegel nal drouw vüv), ourW Tov amayra aimve 6 TOWTOs voÜs auTas Eaurov
vol anepws nal dypevus. Ibid. 1. 19: Acyaı de oAov rı 76 aroucv vor, 6 megas
MeV Earı Yoovou, oÜ Ngovos de. Emeidn Yag ciov eides Eorı Tu dvSpwzinou vol 6
Selos vous, orav aurovd abarSaı dum Sn, mav d& Eidos &v TW dreuw vüu Emiyive-
zaı, ÖNAov orı zul TW av9gumivu vo Ev TO ausw vv A ToU Moureu voo yraaıs
#al &bn Erıyivera.. Und ähnlich 673, 1: errı ö° 6 zur’ Evepysıav vous agLTTOV,
1 Hierzu vgl. Zeller Phil. d. Gr. III, 1? 792£.
?2 Eine blofse Hinweisung auf neuplatonische Lehren s. 695, 19.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 23
oüy, orı a cum Kwpis Vans voav Ereva yıveran GAR orı nal rov moWTev vouv Ws
duvarev vomv Exeivos ws yweran!
Hierzu liefern die Schriften der Neuplatoniker und der ihnen nahe
stehenden Denker, die Philons, Plotins, Jamblichus’, Syrians und Proklus’
so zahlreiche Belege, dafs Einzelnes anzuführen unmöglich ist. Vergebens
aber wird man dergleichen Lehren bei Alexander suchen. Sie wider-
sprechen so entschieden den uns bekannten Ansichten Alexanders,? dafs
man auf Differenzen untergeordneter Art, die man aus unserem Buche
nachweisen könnte, und auf andere Bücher des Commentars, aus denen
die Zahl der Widersprüche sich noch leicht vermehren liefse, nicht einzu-
gehen braucht, um Bonitz’ Ansicht, zwischen den Lehrmeinungen des
echten und des angeblichen Alexander bestehe keine Verschiedenheit, als
widerlegt ansehen zu dürfen.
Aber wenn ein Gelehrter wie Bonitz eine bestimmte Ansicht aus-
spricht, so mag sie widerlegt werden können: allen Grundes wird sie
nicht entbehren. Wenn der kundige und scharfsinnige Mann von völliger
Übereinstimmung zwischen dem falschen und dem echten Alexander
spricht, so kann uns der Nachweis noch so vieler Differenzen nicht der
Pflicht überheben, den von Bonitz gefundenen Spuren jenes Zusammen-
treffens nachzugehen und ihr Vorkommen zu erklären. Man könnte sich
freilich bei der schon hervorgehobenen Thatsache beruhigen, dafs der
falsche wie der echte Alexander zur Schule des Aristoteles gehörten und
darum im den wichtigsten philosophischen Lehren eine entschiedene
Gleichheit der Gesinnung aufweisen müssen. Aber die Übereinstimmung
zwischen ihnen ist in der That eine so grolse, dafs sie hieraus nicht
1 Vgl. auch 682, 25f. und aus andern Büchern: Z 429, 26f. 432, 32f. 437, 13f.
438, 1. 507, 31£.; H 534, Sf.; © 571, 26f. 572, 22f. 31f.; K 607,4; N 800, 33f. Vgl.
ferner Bonitz praef. in Alex. comm. p. xxII.
2 Nur Alexanders schroffe Zurückweisung aller an Mystizismus streifenden Leh-
ren kann das in seinem Munde doppelt auffällige Urtheil erklären, das er, der eifrige An-
hänger des Aristoteles, über diejenigen aristotelischen Schriften fällt, die noch unter dem
Einflusse platonischer Anschauungen stehen, die Dialoge. David (schol. Arist. 24 b 36)
berichtet: ö de ”ArzEuvögos arm Örabogav Aeysı av AzooaLerızWV Moos Fo draAoyıza, orı Ev
jaev Tois dzgoe@marızois Ta dozouvre aurW Akysı zu va AAySM, Ev dE rols dieAoyızols Fe ars
doxoüvre (ze) ra euön. Dies ketzerische Urtheil hat Alexander einen ernsten Verweis
von Seiten Davids (das.) zugezogen.
94 FREUDENTHAL:
sanz zu erklären ist. — Ps.-Alexander kennt und eitirt zahlreiche Werke
Alexanders: die Commentare zu den Analytiken, zu de caelo, zu de ge-
Eine Abhandlung
aus den Alexandrischen Quästionen hat er seinem Commentare sanz und
neratione et corruptione, zur Physik und Psychologie.
gar einverleibt, erst wörtlich abgeschrieben und sodann zu weitläufiger
Paraphrase erweitert. Wie nun hier die Quästionen, so hat er auch an-
dere Werke Alexanders benutzt, oder richtiger, schamlos geplündert.
Die Vergleichung mit den allein hier in Betracht kommenden ech-
ten Schriften Alexanders wird freilich sehr erschwert durch die arg ver-
derbte Überlieferung dieser Schriften, der Psychologie, der Quaestiones
und der Schrift de fato. Sie sind entstellt durch Lücken, Dittographieen,
Glossen und Schreibfehler.
Quästionen kann gar nicht von Alexander in diesem Zusammenhange ge-
schrieben sein. Doch wird das Resultat durch diese Verderbnisse des
Textes nicht in Frage gestellt.
Ein grofser Theil der Psychologie und der
Man vergleiche folgende Stellen aus Ps.-
Alexanders Commentar, deren Verhältnifs zu den betreffenden Partieen
der echten Schriften, obgleich’ von Bonitz nicht bemerkt, doch nicht zu
verkennen ist.
Ps.-Alexander 668, 24 — 669, 3:
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ibid. 138 b:
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! Die hier vorhandene Lücke mufs aus der Parallelstelle in de anima ergänzt
werden,
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 27
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Die hier angeführten Parallelen sind zahlreich genug, um zu er-
weisen, dafs Ps.-Alexander wie die Abhandlung über die aristotelischen
Beweise für das Dasein der Gottheit den Quästionen, so seine Ausführungen
über das Wesen der menschlichen Vernunft Wort für Wort den psychologı-
schen Schriften Alexanders entlehnt hat.” Das merkwürdige Zusammen-
stimmen gewisser Lehrmeinungen neben den sonst hervortretenden schrof-
fen Dissonanzen zwischen dem falschen und dem echten Alexander ist
nun nicht länger verwunderlich. Es beruht nicht auf der Identität der
Verfasser, sondern hat seinen Grund in dem Bestreben des Compilators,
nicht blofs mit dem glänzenden Namen Alexanders sich zu schmücken,
sondern auch durch zahlreiche Entlehnungen aus dessen Werken seine
Fälschung zu verdecken.
Von allen für die Authentie Ps.-Alexanders beigebrachten Argu-
! Bemerkt sei, dals gegen Ende dieses Abschnittes (144 51. 2 u.) der Zusam-
menhang gestört ist durch die zweimal geschriebenen Worte: «urw wegı rn UAy yiverm, rov
aurov Feomov zur 6 Telos voüs dei MeV evegyei‘ 10 zu Esrw Evsayeig.
®2 Die meisten dieser Entlehnungen stammen freilich aus dem zweiten Buche der
Psychologie, dessen jetzige Gestalt gewils nicht auf Alexander zurückgeht und dessen
Echtheit von Torstrik — ohne Angabe von Gründen — bezweifelt worden ist (Arist. de
an. ed. Torstrik p. 186). Aber sollten auch gegen die Authentie dieses Buches triftige
Gründe angeführt werden können, die dem Inhalte zufolge sich nur gegen die Redaction
richten dürften, so würde das gewonnene Ergebnils hiervon unberührt bleiben. Denn auch
das erste bisher nicht angetastete Buch der Psychologie hat Ps.-Alexander ergiebigen Stoff
für seinen Commentar geliefert: er hat also beide Bücher in gleicher Weise benutzt, weil
er sie für Eigenthum des Alexander hielt. Nur hierauf aber kommt es an, wenn man sei-
nen schriftstellerischen Charakter beurtheilen will. Keinesfalls können die entsprechenden
Stücke aus dem Commentare, in dem sie als Flickwerk erscheinen, in die Psychologie
übertragen sein. Und dafs die Übertragung nicht vom Verfasser der Psychologie ausgegan-
gen ist, beweist die Thatsache, dafs Manches in der Paraphrase des Compilators gröblich
entstellt ist, wie die Worte (672, 2) Aaußavercı — «Uri, und dals auch Fehler mit über-
nommen worden sind, z. B. za: övvanıs (671, 29), dvvaerScı (671, 31), das nur als eine
Mifsdeutung von de an. 138 b 1. 6 angesehen werden kann.
4*
28 FREUDENTHAL:
menten hat demnach keines der Prüfung Stand gehalten. Ein gröfseres
Gewicht aber scheinen für die Echtheit unseres Commentars die Citate
Syrians in die Wagschale zu werfen. Denn alle die, welche in neuerer
Zeit das Verhältnils Syrians zu Alexander untersucht haben, sind der An-
sicht, dafs die den beiden Commentaren gemeinsamen Erklärungen ur-
sprünglich Alexander angehören und von Syrian demselben entlehnt sind.
So Bonitz (Praef. in Alex. p. xı. xvım; Aristot. Metaphys. I p. x), Rose
(De Aristot. libr. ord. p. 149), Usener in zahlreichen Anmerkungen zu
seiner Ausgabe Syrians. Ist dies aber der Fall, hat schon Syrian unseren
Commentar als das echte Werk Alexanders anerkannt, so müssen die ge-
gen ihn beigebrachten Zweifel verstummen. Freilich macht Rose (a. a. O.)
geltend, dafs Syrians Übereinstimmung mit Ps.-Alexander aus der gemein-
samen Benutzung des echten alexandrischen Werkes erklärt werden könne.
Aber das ist bei der grofsen Ausdehnung und Wörtlichkeit der Entleh-
nungen unwahrscheinlich und widerspricht zudem der wohl erweisbaren
Thatsache (s. unten S. 34f.), dafs Ps.-Alexander den echten Commentar
Alexanders zur Metaphysik gar nicht gekannt hat. — Geradezu unmög-
lich aber ist, was Patritius (Disc. peripat. p. 32) behauptet, der uns vor-
liegende Commentar gehöre allerdings einem vor Syrian lebenden Alexan-
der, aber nicht dem Aphrodisier, sondern dem Aegaeer, und ihn habe
auch Syrian benutzt. Trotz der Zuversichtlichkeit, mit der Patritius
diese wie hundert andere grundlose Behauptungen ausspricht, bedarf die-
selbe nach Allem, was über Sprache und Inhalt des ps.-alexandrischen
Commentars von Bonitz und Rose ermittelt worden ist, keiner Widerle-
sung. — Müssen wir nun aber, wenn diese beiden Auswege versperrt
sind, in der That mit Bonitz anerkennen, dafs Syrian entweder den uns
vorliegenden oder einen ihm sehr nahe kommenden Commentar als den
Alexanders, des Aphrodisiers, angesehen und excerpirt habe? Eine sorg-
same Vergleichung der in Betracht kommenden parallelen Stücke führt zu
einem durchaus anderen Ergebnisse.
Syrian hat in semer Vorrede zum Buche T über das Verfahren, das
er bei der Interpretation des Aristoteles beobachten wolle, sich ausge-
sprochen. Er sagt (865 a 15f. ed. Usener): (raür«) reipareraı uev Ev raurn
magadeuvar 1 Bıßrw, yv Nuss inavws Ümd Tod BiAomovwrarcu vabyvınYeicav "AAe-
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Eavögou TAOav UEV CUR EEnynToneSa' ei de mov Yuiv dorcm Asyaıy Tı Tea yuareındes
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 29
«agıv) E£eraoeus, mENaToueI« zar’ eneivo Baravıdev To MEgos, T@ AAra Favre ToV
Guvex,oüs Evena TAS moay/uareias magabgalevres. Dem entsprechend hat Syrian
in der That grofse Stücke der Metaphysik gar nicht erklärt, andere nur
in flüchtiger Umschreibung angeführt. Sein Verhältnifs zu Alexander aber
ist, wie man es diesen Worten zufolge erwarten mufs, das eines respect-
vollen, aber durchaus selbständigen Nachfolgers, der, wo die Erklärungen
des Vorgängers ihm ausreichend erscheinen, kein Wort mehr hinzufügt, wo
sie aber einer Ergänzung oder Berichtigung zu bedürfen scheinen, sie an-
führt, meistens nur dem Sinne nach oder in durchgängiger Umarbeitung,
höchst selten mit den eigenen Worten des berühmten Exegeten und sehr
oft mit ausdrücklicher Nennung des Namens (wie 8. 846 « 12 — Alexan-
der 142, 10; 856 5 1 = Alexander 167,6; 864 b 26 —= Alexander 193, 1;
869 «28 — Alexander 210, 12). Und man glaube nicht, dafs Syrian
blofs im vierten Buche so verfahre, auf das die angeführten Worte aller-
dings zunächst sich beziehen. Dasselbe Verhältnils zu Alexander zeigt
sich in den Erklärungen Syrians zum Buche Be Nur zum Texte des
Aristoteles stellt er sich hier anders, weil dies Buch eine Aufzählung von
Problemen enthält, die von neuplatonischem Gesichtspunkte aus ganz an-
ders erscheinen als von dem des Aristoteles, die Syrian daher abwei-
chend vom Peripatos zu lösen für nothwendig erachtet. Darum darf er
trotz der auch hier ihm vorliegenden trefflichen Exegese Alexanders
nichts wesentliches von Aristoteles’ Worten übergehen und muls die
Lehre Platons, wie er sie auffalst, überall der des Aristoteles gegenüber-
stellen. Den Commentar Alexanders aber benutzt er hier in derselben
selbständigen Art wie im vierten Buche.
Man durfte voraussetzen, dals Syrians Erklärung zum dreizehnten
und vierzehnten Buche in einem ähnlichen Verhältnisse zu dem unter
Alexanders Namen gehenden Öommentare stehen werde, oder dafs er, der
Neuplatoniker, von dem Aristoteles treu anhangenden Alexander sich
noch weiter in diesen Büchern entfernen werde, die der Widerlegung
Platons und Pythagoras’ gewidmet sind. Das Unerwartete aber geschieht.
Der selbständige Commentator Syrian verwandelt sich hier, wenn wir Bo-
nitz, Rose und Usener hören, in einen elenden Compilator, der, ohne
den Namen seines Vorbildes zu nennen, oft ganze Seiten füllende
Auszüge aus demselben giebt — wie Useners Anmerkungen lehren —, der
30 FREUDENTHAL:
gleich einem gedankenfaulen Abschreiber selbst ärmliche Inhaltsangaben
seiner Vorlage entlehnt (vgl. 885 5 4 mit Ps.-Alexander 708, 12£.). Ist
solch selavische Abhängigkeit einem Manne zuzutrauen, den die Späteren
in den überschwänglichsten Ausdrücken feiern, der 5 diroschwrarcs, 6 die-
gırınUlTaTes, & ueyas genannt wird, dessen &vSeos vorsis Proklus, der selb-
ständigste Kopf unter den jüngeren Neuplatonikern, bewundert? — Wie es
sich auch immer mit den letzten Büchern des alexandrischen Commen-
mentars verhalten möge, an innerem Werthe stehen sie jedenfalls tief
unter den ersten Büchern. Und diese ersten Bücher sollte Syrian nur
an einigen Stellen mafsvoll benutzt, jene sollte er in schamloser Weise
ausgebeutet und in grofsen Excerpten seinem Commentare einverleibt
haben? Und das sollte er, der treue Anhänger Platons, gerade da ge-
than haben, wo Aristoteles und Alexander die platonische und pythago-
reische Lehre aufs bitterste bekämpfen, gerade in den Büchern, die Syrian
selbst mit leidenschaftlicher Polemik gegen Aristoteles und die peripate-
tische Schule angefüllt hat? Das ist unglaublich.
Bonitz hebt (ib. p. xvım), um die Abhängigkeit Syrians von un-
serem Commentare zu erweisen, hervor, dafs die beiden Erklärern gemein-
samen Stücke nur mit Alexanders Ausdrucks- und Erklärungsweise über-
einstimmen, dagegen von Syrians sonst hervortretender Neigung, lieber
zu widerlegen als zu erläutern, durchaus abweichen; dafs sie daher nur
Alexander, nicht Syrian ursprünglich angehören können. Was aber
zunächst den Stil der ın Betracht kommenden Stellen betrifft, so hat
Bonitz seine allgemein gehaltene Behauptung durch Hervorhebung von
Thatsachen nicht gestützt. Es dürfte m der That schwer sein, eine
grölsere Verwandtschaft jener Stücke mit Alexander als mit Syrian nach-
zuweisen. Im Gegentheil. Das wenig respectvolle oures, auf Aristoteles
bezogen (751, 12), sollte nicht Alexander zugemuthet werden, wohl aber
Syrian (917 a 10), der ähnliche Wendungen liebt (926 5 31; 927 a5 u. s.).
Ebenso klingt die Apostrophe bei Ps.-Alexander 788, 23 wie eine Remini-
scenz an überaus häufige derartige Wendungen bei Syrian (869 a 33;
870 6b 2; 889 b 3; 930 5 2; 954 a 29; 935 a 7; 937 a 3). — Ein Compila-
tor pflegt nicht gerade sehr sorgfältig an den Worten des Originals zu
feilen und zu bessern, sondern steht gewöhnlich hinter demselben an
Präcision und Kürze des Ausdrucks, wie an Richtigkeit des Gedankens
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. sl
zurück. Nun vergleiche man, was die stilistische Seite betrifft, Syrian
882 « 2f. mit Ps.-Alexander 701, 19 £.; Syrian 936 db 16 f. mit Ps.-Alex-
ander 802, 8f.; oder Syrian 883 d 32 — 884 a 4 mit Ps.-Alexander 705,
32 — 706, 141, um zu sehen, wie viel unklarer letzterer trotz mehrfacher
Wiederholungen bleibt. Man stelle ferner Syrian 886 5 6 — 16 neben Ps.-
Alexander 711, 3—15, wo die Worte (711, 9) «AA auro rouro uovov gg, orı
öuvaraı »#rA., weil von dem zugehörigen Beispiele (711, 3) abgelöst, schwer
verständlich sind, während bei Syrian Alles deutlich und bestimmt ist.
Sprache und Form der parallelen Stücke weisen dieselben also nicht
dem Aphrodisier, sondern viel eher Syrian zu. Wie steht es nun mit
dem Inhalte der Auszüge? Wie mit jener Vorliebe zu polemisiren, zu der
die angeblich Alexander entlehnten Erklärungen nach Bonitz einen schar-
fen Gegensatz bilden?
Syrian erklärt in der Einleitung zum Buche M, er gehöre nicht
zu den Männern, die nur in wenigen unbedeutenden Punkten Aristoteles
ihren Lehrer nennen; er bewundere nicht blofs seine Logik, er schätze
auch seine ethischen und physikalischen Ansichten über die Mafsen. Ja
auch wegen seiner Metaphysik verdiene Aristoteles bewundert zu werden
und Wohlthäter des Menschengeschlechts zu heilsen. Die Einwendungen
aber, die Aristoteles in der Metaphysik zumal im dreizehnten und vier-
zehnten Buche gegen die Lehren Platons und Pythagoras’ erhoben habe, seien
grundlos. Was er gegen sie vorgebracht habe, solle unparteiisch geprüft
und als nichtig dargethan werden: die Wahrheit sei ja, um mit Platon zu
reden, unüberwindlich. Diese Widerlegung unternimmt denn Syrian,
wie die einleitenden Worte erwarten lassen, in eingehender Weise, in-
dem er zuerst den Text des Aristoteles anführt, den Sinn desselben er-
läutert und sodann die Grundlosigkeit der aristotelischen Inzichten zu er-
weisen sucht. Inwiefern nun dies Verfahren, wie es insbesondere in der
von ihm gegebenen Erklärung der aristotelischen Worte hervortritt, der
von Syrian sonst befolgten Methode der Interpretation widersprechen soll,
ist nicht einzusehen. Vielmehr entspricht es genau der aus dem dritten
und vierten Buche bekannten Erklärungsweise Syrians. Nur wenn man
ı 706,4 ist Ps.-Alexander unverständlich. Zu lesen ist wohl Ön? ovnev« eivar
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KWETSTE Aal PTS2 GUTER, 00V TO TIP EiVoI RUTO TOUTO TIVa,
32 FREUDENTHAL:
die ihm und Alexander gemeinsamen Stellen von vornherein als fremdes
Gut ansieht, sie von den eigenen Erklärungen Syrians abzieht und auf
Grund des so verstümmelten Commentars zum dreizehnten und vierzehn-
ten Buche seine Exegese beurtheilt, läfst sich mit einigem Rechte be-
haupten, was Bonitz annimmt, Syrian liebe mehr zu polemisiren als zu
erklären. Aber in dieser Weise Syrians exegetische Methode bestimmen zu
wollen, das würde Niemand entschiedener milsbilligen als Bonitz selbst.
Schon auf Grund dieser Erwägungen müssen wir das Verhältnifs
zwischen Syrian und Ps.-Alexander anders auffassen, als Bonitz, Rose
und Usener es gethan haben. Wir müssen annehmen, dafs nicht Syrıan,
das gefeierte Haupt der neuplatonischen Schule, den unbekannten Com-
mentator, sondern Ps.-Alexander, der als dreister Compilator längst er-
kannt worden ist, seinen Vorgänger geplündert hat. Diese Annahme
wird durch Vergleichung des Inhaltes einzelner parallelen Stücke bestä-
tist. Ps.-Alexander entstellt richtige Bemerkungen Syrians durch schiefe,
halbwahre oder ganz verkehrte Einschiebungen und Änderungen. Man
stelle, um das bestätigt zu sehen, Syrian 885 5 28 f. neben Ps.-Alexander
708, 34 — 709, 61, wo durch Hinzufügung von za rav Aoyuv alrav
(709, 2) ein ganz ungehöriges Element in das von Syrian kurz und bün-
dig ausgeführte Argument des Aristoteles eingeschoben wird. Man ver-
gleiche ferner Ps.-Alexander 747, 7 £.. mit Syrian 914, 14f.; 815, 16 mit
Syrian 942 5 22; 740, 21 mit Syrian 910 5 10f.; 756, 30 mit Syrian
919 «a 12. — Bisweilen wird von Ps.-Alexander ungenau berichtet, was
Syrian scharf und bestimmt erklärt hat (vgl. Syrian 935 5 13 mit Ps.-
Alexander 800, 32). Beachtenswerth sind auch diejenigen Stellen, wo
Ps.-Alexander, nachdem er die richtige Erklärung bereits gegeben hat,
nochmals dieselbe Erklärung mit geringen Abweichungen anführt (vgl.
besonders 756, 20—33 und 757, 1—6; 755, 233—27 und 755, 27 —
756, 7; 789, 11f.; 789, 20f. und 789, 26—50). In diesen und zahlrei-
chen ähnlichen Fällen wird zu der aus Syrian abgeschriebenen Erklärung
eine zweite, bisweilen auch eine dritte desselben Inhaltes hinzugefügt, die
1 709,4 ist natürlich @sre &reı — 1.5 %oyuv aurwv als störende Wiederholung
des 709, 1—2 Gesagten zu streichen.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 33
entweder einem dritten uns unbekannten Commentar entlehnt ist oder
die eigenen Worte des Compilators enthält.
Mit noch gröfserer Klarheit tritt das wahre Verhältnifs zwischen
der Exegese Ps.-Alexanders und der Syrians, das heifst die Abhängigkeit
des ersteren von letzterem, in folgenden Fällen hervor. Zu den auffäl-
lissten Erklärungen Ps.-Alexanders gehört die wiederholt ausgesprochene
Meinung, dafs einige Richtungen der Pythagoreer Ideen und Mathemati-
sches unterscheiden, andere beides für identisch halten (699, 30 f.; 644,
4f.; vgl. 744, 15). Im Munde eines Neuplatonikers wie Syrian, dem
Platon und Pythagoras dieselbe Wahrheit zu verkünden schienen (vgl.
880 a 20£.), begreiflich, widerspricht sie den Worten des Aristoteles so
entschieden, dafs man nur annehmen kann, nicht Alexander könne der-
gleichen geäufsert haben, sondern es sei der Einfluls Syrians, dem der
Compilator nachgegeben habe. — Schlecht unterrichtet zeigt sich Ps.-
Alexander auch über Speusipps und Xenokrates’ Lehre vom Verhältnifse der
Ideen zum Mathematischen (644, 2f.). Aus Syrian 912 a 12f. entlehnt
er 744, 16 das Richtige, läfst aber trotz seiner sonstigen Unklarheit gerade
das ırws fort, das Syrian bescheiden seiner Ansicht hinzugefügt hat.
Ebenso scheint die Deutung der Worte des Aristoteles N 1. 1087 5 6
bei Ps.-Alexander (775, 31 und 776, 10; vgl. 777, 22f.) auf Syrian
(926 a 16) zurückzugehen.
Ps.-Alexander mifsbraucht den Namen Alexanders zu unwürdigem
Betruge. Er will den Anschein erregen, als habe der Leser den echten
Alexander vor sich (s. oben S. 20). Darum hat er alle die Stellen, wo
Syrian Alexander citirt, in seinen Commentar aufgenommen. Wie es aber
Leuten dieses Schlages zu geschehen pflegt, dafs sie um den Inhalt un-
bekümmert an den Namen sich halten, so ertappen wir auch Ps.-Alexan-
der auf einer Gedankenlosigkeit, die sein Verhältnifs zu Syrian blofslest.
926 a 23 erklärt Syrian die Worte des Aristoteles (1087 d 12) abweichend
von unserer Überlieferung so, dafs man annehmen muls, er habe gelesen:
erı aaıSun, Aoyw Ö° ei. Er fügt bei, dafs diese Erklärung besser sei, als
die Alexanders, der also die überlieferte Lesart festgehalten haben muls.
Ps.-Alexander schreibt auch hier Syrian ab (776, 16), zeigt aber dieselbe
Abweichung von der überlieferten Lesart wie Syrian (s. Bonitz z. St.):
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. I. B)
3. Echtheit der
von Averroes er-
haltenen Auszüge
aus Alexanders
Commentar.
34 FREUDENTHAL:
sein Gegensatz zu dem echten Alexander, wie seine Abhängiskeit von
Syrian tritt damit offen an den Tag.
Diesen Gründen braucht wohl nichts mehr hinzugefügt zu werden.
Mit dem Nachweise der Abhängigkeit Ps.-Alexanders von Syrian ist aber
nicht blofs der vermeintliche Beweis für die Authentie des unter dem
Namen Alexanders gehenden Commentars abgewiesen, sondern den früher
gelieferten Argumenten für die Unechtheit desselben ein neues gewichti-
ses Moment hinzugefügt.
Aber führen wir hier nicht einen Kampf gegen Windmühlen? Dafs
Ps.-Alexander echte Schriften Alexanders in sehr ausgedehnter Weise be-
nutzt hat, ist erwiesen worden. Was in aller Welt kann uns also hin-
dern, anzunehmen, dafs er in gleichem Mafse, wie die Quästionen und
die Psychologie, so auch den echten Commentar Alexanders zum zwölf-
ten Buche der Metaphysik bei seiner Erklärung excerpirt habe? — Hier-
gegen giebt es nur ein einziges, aber entscheidendes Argument: die Ver-
gleichung der von Averroes mitgetheilten Fragmente. Sind dieselben echt,
so kann Ps.-Alexander, der, wie oben (S. 4f.) nachgewiesen worden ist,
fast überall von ihnen abweicht, den Commentar Alexanders zum zwölt-
ten Buche überhaupt nicht benutzt haben. Auf eine unparteiische Un-
tersuchung des Ursprungs der averroistischen Auszüge sehen wir uns
demnach jetzt hingedrängt. Sie wird die Kette von Beweisen schliefsen,
welche darthun, dafs der griechische Commentar zum zwölften Buche
der Metaphysik weder in der uns vorliegenden Gestalt von Alexander
verfalst ist, noch als Epitome oder Bearbeitung einer Schrift Alexanders
angesehen werden darf.
Wir fragen zunächst, ist es nicht ein hoffnungsloses Unternehmen,
einen griechischen Commentar, der wahrscheinlich schon für die späteren
griechischen Erklärer des Aristoteles verloren war, bei Arabern und Ju-
den des Mittelalters zu suchen? — Es ist unnöthig, hierüber auch nur
ein Wort zu sagen, nachdem gründliche Untersuchungen uns gelehrt ha-
ben, wie viel gröfser auf manchen Litteraturgebieten und besonders auf
dem der philosophischen Exegese der Reichthum der Araber an griechi-
schen Schriften war, als alle Schätze, welche die späteren Byzantiner
besalsen und welche wir von diesen geerbt haben. Es genügt, eine der
alten arabischen Bibliographieen nachzuschlagen, die Namen Munk, Renan,
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 35
Flügel, Wenrich!, Gildemeister, Steinschneider, Röper, Aug. Müller zu
nennen, um jedes weiteren Beweises überhoben zu sein.
Auch Averroes hat zahlreiche griechische Schriften, insbesondere
griechische Erklärungen des Aristoteles gekannt, die uns jetzt ganz verloren
oder nur bruchstückweise erhalten sind. Umfangreiche Bruchstücke aus
des Damasceners Nikolaus Bearbeitung der aristotelischen Philosophie ?
verdanken wir lediglich ihm. Er hat noch Alexanders Commentar zur
Physik gelesen, dessen Echtheit die Übereinstimmung mit Simplieius er-
weist (s. oben 8. 9). Ebenso desselben Erklärung zu de gener. anima-
lium, wogegen er den Commentar zu de caelo nur aus Anführungen An-
derer, besonders des Themistius, zu kennen scheint (vgl. de caelo In. 19
p-14c; n.32 p.221; n.100 p.675; n.111 p.76e u. s.) und auch Alexanders
Commentar zur Psychologie seiner ausdrücklichen Angabe zufolge (de
an. III n. 20 p. 1638) nicht gelesen hat. Auch von Themistius kennt er
mehrere Schriften, die uns nicht erhalten sind. Er hat den Commentar
desselben zu den ersten Analytiken, zur Topik, zu de caelo und zum zwölt-
ten Buche der Metaphysik benutzt, Werke, die jetzt entweder ganz ver-
loren oder nur in hebräischen Übersetzungen uns zugänglich sind. Da-
neben eitirt und commentirt er die uns geretteten, wohlbekannten Erklä-
rungsschriften: Porphyrius’ Einleitung in die Kategorieen, Alexanders
Psychologie und seinen Commentar zu den ersten Analytiken, sowie seine
Quästionen, Themistius’ Paraphrasen der Physik, der Psychologie und der
letzten Analytiken. Die Authentie aller dieser, dem Averroes in arabi-
! Ungern wird man diesen Namen neben die hervorragender Forscher stellen;
denn die Schrift Wenrichs de auctor. Graec. versionibus et commentariis ist zwar auch
heute noch nicht entbehrlich, aber selbst bescheidenen Anforderungen nicht entsprechend.
Besser als diese ungründliche Arbeit schärfen die trefflichen Werke der anderen oben ge-
nannten Gelehrten den Satz ein, den auch diese Untersuchung auf Schritt und Tritt be-
stätigt, dals die trümmerhafte Geschichte der griechischen Litteratur und insbesondere der
griechischen Philosophie die Hilfe nicht verschmähen darf, welche die allmälig sich er-
schliefsende Litteratur des Orientes ihr zu gewähren vermag.
?2 Vgl. Röper, Leet. Abulphar. fasc. I. Gedan. 1844 p. 35 f., bei dem noch einige
Citate des Averroes fehlen. So de an. Ill n. 54 p. 1964; ein anderes aus der Metaphysik
nebst Verbesserungen des lat. Textes s. Note 5. — Zeller (Ph. d. Gr. III, 13 629, 1) hat
die gründliche Schrift Röpers nicht benutzt, wahrscheinlich weil er den aus arabischen
Quellen stammenden Angaben ein zu weit gehendes Milstrauen entgegensetzt.
5
36 FREUDENTHAL:
schen Übersetzungen vorliegenden, uns nur zum kleineren Theil erhalte-
nen Schriften läfst sich durch die Citate zuverlässiger Schriftsteller oder
durch Vergleichung mit den uns noch vorliegenden Originalen sicher fest-
stellen. — Von den zahllosen litterärischen Fälschungen und Unterschie-
bungen dagegen, die im Mittelalter umliefen, hat Averroes sich selten
täuschen lassen. Sieht man von der als Excerptensammlung geltenden
Schrift de plantis ab, so hat er nur echte Werke des Aristoteles com-
mentirt; mit Unrecht berichtet man! von Erklärungen zu de mineralibus,
de musica, de pomo? und de physiognomia. Die Unzahl von Pseudepi-
sraphen, die Aristoteles beigelegt wurden, beachtet er nicht oder weist
sie mit Entschiedenheit zurück. Er weils, dafs Aristoteles eine Schrift
über die Bewegung der Thiere geschrieben hat, erklärt aber, dafs dieselbe
nicht erhalten, und dafs die statt ihrer umlaufende (reg! ww zwyrews) eine
Epitome des Nikolaus sei. Er sagt hierüber (de an. III n. 54 p. 196»):
Bt ipse locutus fwit de hoc in tractatu, quem fecit de motu animalium sed
iste tractatus non vemit ad nos; sed quod transferebatur ad nos, fuit mo-
dieum de abbreviatione Nicolai. — Ausdrücklich erklärt er ferner, dafs
die angebliche Botanik des Aristoteles nur eine von den Alexandrinern®
herrührende Excerptensammlung aus einem aristotelischen Werke sei, und
dafs es eine Mineralogie von Aristoteles nicht gebe, oder dals eine sol-
che nach Anderen nicht ins Arabische übersetzt sei.* Bewundernswerth
1 Vel. Renan, Averroes® p. 63£.
2 Renan erwähnte früher (Averr.' 48) eines Commentares zu de pomo. Längst
aber ist das corrumpirte are); im cat. Escur., das er wohl mit Ze identifieirte, in
Br) verwandelt (ib.° 463) und jene Notiz getilgt (63). Damit sind die Citate bei
Dukes (Gabirol I p. 35) und Steinschneider (H. B. XXI p. 42 u. s.) erledigt.
3 An eine Verschreibung “Alexandriner’ für “Alexander’ (NN für
AS) wie bei Muhammed ibn Isbak (Aug. Müller, die griech. Philos. S. 52 Anm. 36)
ist hier nicht zu denken.
4 Im cod. hebr. Warner. 20. fol. 1825 (Steinschneider, cat. bibl. Leid. p. 69)
heifst es: ‘Das Buch, das Aristoteles über Mineralien verfalst haben soll, findet sich bei
uns nicht. Und Einige sagen, dals es nicht ins Arabische übersetzt sei. Ebenso findet
sich bei uns kein Buch über die Pflanzen aulser Excerpten.. Das. f. 1855 (Steinschnei-
der ib.): ‘In diesem Abschnitte werden wir Allgemeines über die Pflanzen mittheilen,
das ich aus dem Buche des Aristoteles, welches die Alexandriner verkürzt haben, gesam-
melt habe”. Dafs wir hier Bemerkungen des Averroes lesen, zeigt die Erklärung Sa-
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 37
ist der kritische Tact, mit dem er aus einem Schwarm untergeschobener
und pseudonymer naturwissenschaftlicher Schriften die wirklich von Ari-
stoteles verfalsten herausfindet und ordnet. Er zählt (Meteorol. I ce. 1)
folgende Werke in folgender Abfolge auf: Physik, de caelo et mundo!, de
generatione, meteorologica, deren viertes Buch er, wie Alexander (Comm.
in meteor. f. 126@), mit Recht in die Schrift de generat. et corruptione
verweisen möchte (p. 461m), de mineralibus?, de plantis?, de animalium
muels ibn Tibbon das. f. 107 (Steinschn. ib. p. 65): "In diesem ganzen Werke findet sich
nichts von eigenen Ansichten, sondern Alles, was ich in demselben schreibe, sind Worte
des Aristoteles, wie sie von Averroes erklärt werden. Denn dieser war der letzte der
Commentatoren und nahm das beste aus ihren Erklärungen und das, was der Lehre des
Aristoteles am angemessensten ist. Das Buch de plantis gilt also dem Averroes für
keine Trugschrift und ist darnm von ihm mit einem Commentare versehen worden (s. Stein-
schneider, cat. Leid. p. 38; H. Bibl. XX p. 102). — Averroes erwähnt (Comm. in meta-
phys. 1. VII n. 31 p. 2198) das XVI. Buch der Thiergeschichte des Aristoteles, versteht
hierunter aber keine untergeschobene Schrift, wie nach Wenrich (De auct. Graec. vers.
p- 143) und Zeller (Ph. d. Gr. II, 2? 91) geschlossen werden könnte, sondern de animal.
gener. (II, 734 5 20). Denn die fünf Bücher dieser Schrift nebst den vier von de part.
animal. pflegen die Araber der Thiergeschichte anzufügen (Munk, mel. p. 434), sodals
dieselbe bei ihnen bald 10, bald 15, bald 19 Bücher umfafste. Aug. Müller hält freilich diese
Zählung für durchaus grundlos. Er sagt (Die griech. Philos. S. 52 Anm. 37): ‘Die neunzig
bücher (der Thiergeschichte) passen auch dann nicht zu der gewöhnlichen einteilung,
wenn man die isrogixı mit den anderen vier schriften über die tiere zusammenzält, da dies
einundzwanzig ergibt, doch fehlt im Arabischen text jede andeutung, wie man sich die
einteilung sonst etwa zu denken habe” Dem gegenüber genügt es darauf hinzuweisen,
dafs cod. hebr. Berol. No. 45 (Ms. Or. Qu. 290) einen Commentar des Averroes zum
XI. — XIX. Buche der Thiergeschichte enthält, der nichts anderes ist als eine Erklärung
von de partibus und de generatione animalium (s. Steinschneider, Handschriftenverz. d. Kön.
Bibl. II p. 24).
1 Aug. Müller (Die griech. Philos. S. 5l Anm. 31) glaubt, dafs dieser Titel,
der bei den Arabern dem Einen Werke des öftern beigelegt wird, die beiden Schriften
mes ovgevod und reg: zorwov vereinigen solle. Die stets beibehaltene Zahl von vier Büchern
und vor allem der Commentar und die Paraphrase des Averroes zu de caelo, denen der-
selbe Titel gegeben wird (Renan, Averr. p. 454. 462 u. s.) und in denen nichts vom In-
halte des späteren Werkes sich findet, lehren, dafs der Doppeltitel nur des Inhaltes we-
gen ganz passend gewählt ist und keine Hindeutung auf =. zosuov enthält.
® Mit der Anführung dieser Schriften und des zulezt genannten Buches de ani-
malium motu widerspricht Averroes seinen obigen Erklärungen nicht; denn er will damit
nur sagen, dafs Aristoteles Schriften über Mineralien, Pflanzen und Bewegung der Thiere
verfalst habe — er schlofs das aus den von Zeller (II, 2° 90 u. 97£.) angeführten Stel-
2
38 FREUDENTHAL:
historia, die zugleich de animal. partibus und de animal. generatione um-
falstel, de anıma, de sensu et sensato, de somniis et reminiscentia?, de
animal. motu (#. &wwv wogeias). Diese Ordnung der naturwissenschaft-
lichen Schriften — bis auf eine einzige Differenz zusammentreffend mit
der fast siebenhundert Jahre nach Averroes von Spengel aufgestellten? —
geht auf frühere Anordnungsversuche zurück, wie die arabischen Cataloge
der aristotelischen Schriften lehren; die strenge Durchführung eines be-
stimmten Principes gehört aber Averroes an, ebenso wie die Aufnahme
gerade dieser und nur dieser Werke.
Auch Alexanders Schriften gegenüber verläugnet Averroes sein
gesundes kritisches Urtheil nicht. Er unterscheidet genau, wo er seine
Ansichten aus dessen Schriften und wo er sie aus Anführungen - Späterer
kennt (s. oben S. 35). Er weist einen zum achten Buche der Physik vor-
liegenden angeblichen Commentar des Alexander* als unecht zurück
(Comment. in phys. proeem.). Und obgleich von der Trefflichkeit der
Erklärungen Alexanders aufs tiefste überzeugt, behauptet er auch gegen
‘den grölsten der alten Exegeten’ sein gutes Recht selbständiger Unter-
len —, und dals dieselben an dem von ihm angegebenen Platze den übrigen Schriften an-
zuschlielsen seien. Das geht aus den Worten (p. 404D) hervor: Quidam autem ex his li-
bris, quos narravimus, inveniuntur ab Aristotele, quidam autem non.
! Der Text der lateinischen Übersetzung (p. 404Bf.) ist verderbt.
° De reminiscentia hat nicht Averroes vor de somniis gestellt. In der Einleitung
zu seinem Compendium der parva naturalia siebt er die richtige Folge derselben an, wie
aus dem von Steinschneider (ZDMG. 1883 p. 486) angeführten hebräischen Texte hervor-
geht. Daselbst werden auch die Titel der Bücher viel genauer angegeben und es wird
endlich noch die Sehrift Meg: Marzooıornros zn Beay,ußıornros ihnen angeschlossen.
® Die zoologischen Werke stellt Averroes trotz Aristoteles’ Erklärung (714 5 20£.)
vor die Psychologie, wohl wegen der Einleitung zu de animal. partibus und mit Rück-
sicht auf Meteorol. I 339 « 7. IV 390 5 16; Spengel stellt sie hinter die psychologischen
und physiologischen Schriften (Über die Reihenfolge d. naturw. Schriften des Aristoteles
S.16f.). In der That halten die Gründe für eine jede dieser Ordnungen einander unge-
fähr die Wage.
* Dieser Commentar zum achten Buche der Physik soll dialogisch abgefalst ge-
wesen sein, wie es denn keineswegs an Commentaren gefehlt hat, welche die Form des
Dialogs aufwiesen. Man erinnere sich an Porphyrius’ und Dexippus’ Erklärungen der Kate-
gorien (Simpl. in schol. Arist. 40 a 16. 5 9). Vgl. aber Steinschneider, Alfaräbi S. 158.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 39
suchung und abweichender Meinung. Bezeichnend hierfür ist die grofse
Auseinandersetzung de anim. III n. 20 p. 163».
Selten hat sich Averroes von Pseudepigraphen täuschen lassen.
So war das Leben des Pythagoras für ihn in so tiefes Dunkel gehüllt,
dafs er hier Falsches von Echtem nicht zu unterscheiden vermochte. Ein
auf diesen Namen gehendes Pseudepigraphon wird von ihm eitirt (de an.
I n.53 p. 28F): sicut diwit Pythagoras in Apologo, quem poswuit ad corrigen-
dum animas civium.
Wenn es feststeht, dafs Averroes einen Reichthum von trefflichen
Commentaren zu Aristoteles noch besals, die für uns jetzt verloren sind,
dafs er Kritik zu üben verstand und wirklich geübt hat wie wenige sei-
ner Zeitgenossen,! so wird es nicht unglaublich erscheinen, dafs er uns
zum zwölften Buche der Metaphysik Auszüge aus einer echten Schrift
des Alexander darbietet, die den Griechen seiner Zeit abhanden gekom-
men war. Und wenn wir von vornherein mit gutem Vertrauen an diese
Auszüge herantreten dürfen, so wird dies Vertrauen durch den Inhalt der
Fragmente durchaus gerechtfertigt. Es läfst sich in ihnen kein Satz auf-
weisen, dessen Inhalt mit den Lehren des Alexander in Widerspruch
stände; der Charakter der alexandrischen Commentare tritt vielmehr in
unverkennbarer Entschiedenheit wieder hervor.
Alexander gehört nicht zu den Männern, die, ohne viel zu wählen und
zu wägen, eine bestimmte Ansicht sich bilden und mit rücksichtsloser Ent-
schiedenheit aussprechen. Er geht überall sehr vorsichtig, ja zaghaft zu
1 Noch manches treffende Urtheil über die Beschaffenheit der aristotelischen
Schriften könnte angeführt werden; doch nur Weniges sei dem oben Gesagten hinzugefügt.
In dem Compendium der parva naturalia weist Averroes richtig darauf hin, dafs Aristo-
teles in seiner Einleitung zu dieser Schriftengruppe die Bearbeitung mehrerer Gegenstände
angekündigt habe, die jetzt fehlt (Text bei Steinschneider ZDMG. 1883 p. 486). — Die
Unvollständigkeit der Po&tik hat er richtig erkannt, schiebt aber die Schuld für die Ver-
stümmelung derselben auf die Übersetzung (Paraphr. in Aristot. poöt. p. 228m). — Es
verdient ferner erwähnt zu werden, dafs Averroes seine Folgerungen von den Lehren des
Aristoteles wohl zu scheiden verstanden hat, wozu im Mittelalter nur die Wenigsten fähig
waren. De subst. orb. p. öL: non tamen omnia, quae diximus, invenimus ea declarata in
libris eius, sed aligqua sequuntur ev dictis eius. Ebenso ibid. $c. — Vgl. ferner die von
Renan (Averroes’ p. 47 u. 5l) hervorgehobenen, aber von ihm viel zu wenig gewürdigten
Zeichen echter Kritik und das unten (S. 56f.) noch Anzuführende.
40 FREUDENTHAL:
Werke. Um einen aristotelischen Satz zu erklären, fragt er häufig nach den
etwaigen Verschiedenheiten der Lesart; dann sieht er sich nach den verschie-
denen Erklärungen um, prüft alle für die eine oder andere sprechenden Gründe
und entscheidet sich nun erst mit mehr oder weniger Bestimmtheit für
eine derselben. Ja als könnte er sich nie genusthun, kommt er oft auf das
schon einmal Erläuterte zurück, um es von neuem und nun noch von
einer anderen Seite zu betrachten. Dafs dieses vorsichtige Verfahren von
ihm in bewulster Klarheit geübt wurde, zeigt ein bemerkenswerthes, von
Maimonides erhaltenes Fragment (Moreh II c. 22 p. 50 des arabischen
Textes, p. 179 der Übers. Munks): ‘In der That’, so heifst es hier, “hat
Alexander bereits auseinandergesetzt, dafs man alle Male, wenn eine Sa-
che nicht durch zureichende Gründe bewiesen werden kann, nach einan-
der die beiden Seiten des Dilemmas annehmen, sodann erwägen muls,
welches die Bedenken sind, die gegen jeden der beiden entgegengesetzten
Fälle sich erheben lassen, und dann erst demjenigen zustimmen darf, der
am wenigsten Bedenken darbietet. So verhält es sich, sagt Alexander,
mit Allem, was Aristoteles in Rücksicht auf gewisse metaphysische Mei-
nungen sagt, für die man keine Beweise hat; denn alle die, welche nach
Aristoteles gekommen sind, erklären, dafs das, was Aristoteles sagt, we-
niger Bedenken zulälst, als was man selbst darüber sagen könnte. Ähn-
liches theilt Maimonides an anderen Orten aus Alexanders Schrift de
prineipiis universi! mit (Moreh II 3 p. 51 u. II 15 p. 122), und wie sehr
Alexander bemüht war, auch in die psychologischen Gründe des Zweifels
und Irrthums einzudringen, erfahren wir durch denselben in Alexanders
Schriften wohl belesenen Philosophen (Moreh I 31 p. 107 Munk). Hier
wird den Quellen nachgespürt, aus denen die Meinungsverschiedenheiten
der Menschen fliefsen, und als solche werden angegeben: der Ehrgeiz und
die Herrschsucht des Menschen, die Schwierigkeit und Räthselhaftigskeit
der Objecte des Erkennens, endlich die Unwissenheit uud die Unfähigkeit
des erkennenden Subjeetes. — Man wird an Bacon erinnert, wenn man
dieses leider nur in kurzem Auszuge mitgetheilte Fragment liest, das an
1 Diese Schrift ist identisch mit der im Kitäb al-Fihrist ed. Flügel I p. 253
1. 7 angeführten \S} solu US.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 41
Metaph. « 1. 993 5 7. sich anlehnt, aber weit über die dort gegebene
Erörterung hinausgeht.
Von allen den rühmenswerthen Eigenschaften, welche Alexander
als Exegeten auszeichnen, von seiner Umsicht, Klarheit und Besonnenheit
ist bei dem griechischen Erklärer der letzten neun Bücher der Metaphy-
sik wenig zu finden. Selten werden Varianten des Textes von ihm
angegeben, und auch jenes behutsame Erwägen verschiedenster Erklärun-
gen schwieriger Stellen findet sich nicht häufig. Den weiten Abstand
zwischen den echten und den unechten Büchern des Commentars beweist
schon der viel geringere Umfang dieser letzteren. Diese neun Bücher
umfassen, obgleich einige der umfangreichsten und das wichtigste Buch
der aristotelischen Metaphysik in ihnen erklärt wird, in Bonitz’ Ausgabe
nur 411 Seiten; dagegen nimmt der Commentar Alexanders zu den fünf
ersten Büchern der Metaphysik, zu denen das nur wenige Kapitel enthal-
tende zweite Buch gehört, mehr als 400 Seiten ein.
In den Auszügen des Averroes tritt uns die wohl bekannte exege-
tische Methode Alexanders wieder unverkennbar entgegen. Nur zu etwa
vierzig Stellen der Metaphysik hat uns Averroes Erklärungen des Alexan-
der aufbewahrt, und da er zu diesen meistens noch die eigenen und oft
auch die Erklärungen des Themistius hinzufügt, wird er sicherlich noch vie-
les von ihnen weggeschnitten haben, was ihm entbehrlich däuchte. Dennoch
treffen wir hier alle jene für Alexander charakteristischen Eigenthümlich-
keiten wieder an, die wir bei Ps.-Alexander vermissen. Hier finden wir eine
Breite der Erklärung, die oft zu lästiger Geschwätzigkeit wird (s. frgm.
7.10. 11.13. 18. 19. 20)1; bisweilen stehen drei, ja vier Erklärungen
ı Brandis (Über die griech. Ausleger des aristot. Org. 8.278) rühmt auf Grund
einer Bemerkung des Simplieius, dals Alexanders Commentar zu den Kategorieen nicht
allzu weitläufige Untersuchungen enthalten\habe. Den Worten des Simplieius (schol. 40 a
17) ara de maös Fovras zu Önryuaruv ne Aereiws entspricht dieses Lob nicht ganz.
Im Gegensatz zu Boethus, der tiefsinnige allegorische Erklärungen an den Text knüpfte,
und zu Lucius und Nikostratus, die fast gegen jedes Wort des Aristoteles hochfahrende
und unbescheidene Einwendungen vorbrachten (das. 40 a 21f.), hat Alexander nach Sim-
pliecius nur in mafsvoller Weise Untersuchungen, die nicht unmittelbar zur Erklärung des
Textes dienten, angestellt. An Weitläufigkeit wird auch dieser Commentar schwerlich
hinter den uns erhaltenen Schriften Alexanders zurückgestanden haben. Dafs Alexanders
Commentar zur Analytik von ermüdender Weitschweifigkeit sei, hebt Brandis selbst (das.
8. 286) hervor.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. 1. 6
49 FREUDENTHAL:
neben einander (fr. 11. 12. 13). Häufige Wiederholungen des bereits Ge-
sagten (fr. 6. 7. 10) müssen, ebenso wie jenes ängstliche Erwägen der
verschiedensten Möglichkeiten, die Ungeduld jedes Lesers und die Ver-
wunderung dessen .erregen, der mit Alexanders Methode unbekannt ist
(s. fr. 7. 11. 12. 13. 18). Dafür entschädigen uns aber Hinweisungen auf
Verschiedenheiten der Lesart, die es uns möglich machen, an einigen
Stellen die Vulgata des aristotelischen Textes zu verbessern (fr. 4 b
und 12).
Das sind Äufserlichkeiten, die aber für die Authentie der Frag-
mente vielleicht ein gröfseres Gewicht in die Wagschale werfen, als nicht
immer unzweideutige, dem Inhalte des Commentars entnommene Merk-
male. Doch auch an solchen fehlt es nicht. Während der falsche
Alexander sich durch Abweichungen von Alexanders eigenthümlichen
Lehrmeinungen des öfteren verräth, stimmen die Auszüge bei Averroes
mit den uns bekannten Meinungen des Exegeten aufs trefflichste überein.
Ps.-Alexander bekennt sich zum Glauben an die Unsterblichkeit der
Seele, die Alexander läugnete. Der Alexander des Averroes erklärt sich
in fr. 21 und fr. 14 entschieden gegen dieselbe. — Alexander fügt zu
den Bedingungen für die Bewegung der Himmelskörper noch ihre Be-
seeltheit hinzu (s. oben S. 21). Ps.-Alexander weils nichts von einer
solchen Bedingung; der Alexander des Averroes hebt sie nachdrücklich
hervor (fr. 25 und 35). — Die Seele, so erklärt Alexander in Frgm. 14,
ist eine dem Stoffe einwohnende Form (evurov eides). Dasselbe lehrt er
Quaest. I, 26 p. 83, 10. II, 10 p. 102, 5£.; de anıma p. 125 5 m. — Ps.-
Alexander ist von neuplatonischen Ideen ergriffen; unser Alexander zeist
da, wo er vom Verhältnisse Gottes zur Welt und zum Menschen spricht
(fr. 23 — 52. 36), die aller Schwärmerei und Mystik abgewendete Nüch-
ternheit des nüchternsten aller Aristoteleserklärer. Kaum erwähnt braucht
endlich zu werden, dafs auch in Bezug auf die logischen Lehren die
averroistischen Auszüge auf gleichem Boden mit den echten Schriften des
Alexander sich halten (fr. 22 u. 23).
Weit überflügeln die Erklärungen der averroistischen Fragmente
den griechischen Commentar durch die Richtigkeit und Brauchbarkeit der
gegebenen Exegesen, und hier berühren wir einen Punkt, der diesen
arabischen Auszügen einen kritischen und exegetischen Werth noch für
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 43
unsere Zeit verleiht. Während bei dem falschen Alexander Irrthümer,
Mifsverständnisse, Abgeschmacktheiten in grofser Zahl nachgewiesen wer-
den können, die dem nicht geistreichen und nicht tiefsinnigen, aber kla-
ren und einsichtigen Alexander nicht zuzutrauen sind, finden wir bei
dem Alexander des Averroes fast überall die besonnene, sachgemälse und
lehrreiche Art der Interpretation, die man von dem Manne erwarten darf,
den man den Exegeten zar’ eZoyyv nannte. In zahlreichen Erklärungen
läfst der Verfasser dieser Auszüge auch neuere, mit allen Hilfsmitteln
philologischer Kritik ausgerüstete Forscher, aus deren Zahl hier nur
Schwegler und Bonitz, die bedeutendsten Exegeten der Aristotelischen
Metaphysik, hervorgehoben sein mögen, hinter sich.
Schon die Erklärung der ersten Worte des Aristoteles bietet ein
Beispiel der gesunden Exegese Alexanders dar. 1069 « 19 lesen wir bei
Aristoteles xai yag ei ws OAov rı ro Tüv, Y oüria moWrov uepos. Das-soll nach
Bonitz (p. 469) bedeuten: s? unwersitatem rerum cogitamus esse quasi to-
tum aligquod corpus, definita per formam materia, substantia, nimirum ni nara
Fov Acyov oünia, sive forma, prima esse pars putanda est. Ähnlich übersetzt
Schwegler: “betrachten wir das All als Ganzes’ u. s. w. — Aber man
kann doch nicht sagen, dals die Substanz der erste Theil des Universums
ist, oder dafs die Kategorieen überhaupt Theile desselben vorstellen.
Ebenso wenig kann Aristoteles unter Substanz hier die begriffliche We-
senheit (# zar& rev Aoyev oüria) verstanden haben; denn nicht vornehm-
lich von dieser ist im Nachfolgenden die Rede, sondern von der Substanz
in allen den Bedeutungen, die wir aus Kateg. c.5 und Metaph. A 8 ken-
nen, also von der Substanz als Stoff (1069 a 25£. 59, 1070 «9 u. s.),
Form (1070 a 9 £.) und individuell Seiendem (1069 5 3f. 1070 a 12), von
der sinnlichen vergänglichen, von der sinnlichen unvergänglichen und von
der unsinnlichen unbewegten Substanz (1069 a 30 f. 1071 5£.).
Richtig erklärt allein Alexander bei Averroes (fr. 2) r5 av als ro
v d.h. das wirklich Existirende und süri« im Sinne der ersten Kategorie
(fr. 3). ro rav ist neben oAov gesetzt wegen des Metaph. A 1024 a 1f.
angegebenen Unterschiedes (vgl. das. a 9: &B° eis ro av ws &p’ Evi und
Polit. II 1288 a 26: cö yag Uregexeı 76 ueges oo mavros). Die Kategorieen
aber sind Rarnyopiaı rc) övros nach Metaph. © 1045 5 28; N 1093 5 18
6*
44 FREUDENTHAL:
u.s. Die Erklärung Alexanders wird evident durch Vergleichung von
zZ 1028 a 10£.
Dafs die Vulgata der Worte 1069 « 30—33 unhaltbar sei, hat
Bonitz hervorgehoben und vergebens Ps.-Alexander und Themistius um
Rath gefrast, der lediglich bei dem Alexander des Averroes (fr. 4 b) zu
finden war. Dieser theilt uns mit, dafs ihm zwei Lesarten vorlagen. Die
erstere muls folgende gewesen sein: cumim de rgeis: uia ev airSyrn, MM
nev dldıos, y de pSaprn, Av mayres öuoAoyourıw, oiov 74 dura nal va Cua, 6
dvayın TE Tranygia Aaßeıv #71. Die andere lautete wahrscheinlich: cöri«
de TgeIS, nie wev ainIyrA, As N Me bSaprn, Nu maures ÖWeAoyodrıw, clev T&
dur& zul ra Qua, y 0° dies, ds dvayay a Trerysia Aafeiv. Alexander ent-
scheidet sich für die erstere Lesart und hat sie auch in das Lemma
seiner Erklärung gestellt — mit Recht. Denn sie löst zwar nicht alle,
besonders nicht die Schwierigkeiten der harten Construction, ist aber
allen übrigen Lesarten und auch der tief in den Text eingreifenden Con-
jeetur Bonitz’, die dieser selbst für ungenügend erklärt, weit vorzuziehen.
Historisches ist von Ps.-Alexander meistens falsch oder oberfläch-
lich erklärt. So bezieht er die 1069 « 33 £. von Aristoteles kurz berühr-
ten Ansichten über die cürı« @xivgros lediglich auf Platon und Pythagoreer,
indem er jenem die Ansicht beilegt, Ideen und Mathematisches bilden ge-
trennte Wesenheiten, diesen aber, wie schon erwähnt (S. 33), die Meinung
zuschreibt, Ideen und Mathematisches seien identische Substanzen oder nur
Mathematisches sei als Substanz anzusehen. Damit aber widerspricht er nicht
blofs den bestimmten Erklärungen des Aristoteles (s. Zeller, Philos. d.
Griech. 11,1? 855. 867), sondern auch dem von ihm selbst an anderen Orten
Gesasten (s. 722, 27 f. 744, 12 f. 761, 30 f.). Da nun Bonitz und Schwegler
über den Sinn der aristotelischen Worte schweigen, so wenden wir uns an
Alexander bei Averroes (fr. 5). Dieser sagt richtig aus, dafs es auch Schü-
ler Platons — es ist wohl Xenokrates gemeint — gegeben habe, welche
die Ideen und das Mathematische für identisch angesehen und diese An-
sicht fälschlich Platon beigelegt haben, und dafs ferner nicht blofs Py-
thagoreer, sondern auch andere Philosophen — wahrscheinlich wiederum
Platoniker, d. h. Speusippus — das Mathematische allein als Wesenheit
haben gelten lassen, wie das ähnlich Syrian, wenn auch in verworrener
Form, im Namen Alexanders berichtet (902 a 4f.). Vel. übrigens Zeller
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 45
(a. a. O.), der die beste Erläuterung der hierhergehörigen Bemerkungen des
Aristoteles darbietet.
Der Irrthum, den in der Erklärung der Worte (1069 b 22) ai ws
Anuoxgıres dnaw: Av öuo) mare Öuvdusı, &vepysie 0° cu Ps.-Philoponus, Mul-
lach und Trendelenburg, dem falschen Alexander folgend, begangen ha-
ben, ist durch Bonitz (z. St.) aufgedeckt worden. Nicht bekannt aber ist,
dafs man schon durch den Alexander des Averroes das Richtige hätte
erfahren können. Derselbe hebt in der ihm eigenen bescheidenen Form
hervor (fr. 9): "Es ist möglich, dafs die Worte des Aristoteles ‘sie waren
uns alle der Möglichkeit nach, in Wirklichkeit aber nicht‘, nicht sämmt-
lich Worte Demokrits sind, sondern dafs von diesem Ausspruche Worte
Demokrits nur sind: “sie waren uns’!. Er will sagen, sie waren ewig,
ohne Aufhören, denn sie gleichen in dieser Hinsicht dem Stoffe’.
Den schwierigen Worten (1070 a 10) rede rı oüs« Ü dawerIa
will Schwegler (z. St.) durch Conjectur, die Einfügung von w4, helfen.
Bonitz (z. St.) erklärt: "materıa non re vera sed imagimationi tantum est
ode 1, quoniam potentiam habet rot yıyverSaı rode rı’, folgt also durch-
aus dem falschen Alexander, der 7% swawerSaı mit zar« davrariav um-
schreibt (649, 22). Diese Erklärung aber ist nicht stichhaltig. Selbst
wenn dawerSa hier nicht in einer der beiden bei Aristoteles gewöhnli-
chen Bedeutungen das wirklich den Sinnen Erscheinende (= apparere),
oder das fälschlich für ein Wirkliches Gehaltene, den blofsen Schein?,
sondern das der Phantasie Erscheinende bezeichnen könnte, so würde
doch der Sinn des Satzes diese Erklärung ausschliefsen. Denn wenn der
Stoff nur der Möglichkeit nach ein individuelles Dasein besitzen soll, so
kann auch die Phantasie, die ıhn als verbunden mit der Form sieht,
nicht den Stoff allein, sondern nur in seiner Verbindung mit der Form
1 Bemerkenswerth ist hierbei, dafs die Lesart Yu uiv statt Yu 9400 den obigen Wor-
ten zufolge schon den syrischen oder arabischen Übersetzern des Alexander vorgelegen haben
muls. Da aber kein vernünftiger Mensch %» juv für gleichbedeutend mit 7» «ei erklären
kann, so scheint Alexander das richtige 6400 noch gelesen zu haben und dieses Wort erst
später durch die Vulgata verdrängt worden zu sein. Averroes’ Treue gegen seine Vor-
lage aber wird durch die genaue Wiedergabe der entstellten und gewils auch ihm unver-
ständlichen Bemerkung Alexanders in helles Licht gesetzt.
2 Bonitz, ind. Aristot. s. v. PaiwsoSeı. Freudenthal, Über den Begriff davrasıc
bei Aristoteles S. 15 f.
46 FREUDENTHAL:
als individuell Daseiendes vorstellen. Alexander ist hier sehr reich an
Deutungen und Vermuthungen. Wohl das Richtige lehrt er an zweiter
Stelle (fr. 11): ‘Der Stoff ist ein Dieses dem Anscheine nach. Denn der
Stoff an sich und in Wahrheit ist kein Dieses, doch erklärt und glaubt
man dies von ihm, weil in jedem Einzelnen die Stoffbestimmung enthal-
ten ist, und das ist das Substrat’.
Zu 1070 « 18 gewähren uns das Lemma und die Erklärung Ale-
xanders bei Averroes (fr. 12) eine Verbesserung des jetzigen Textes. Sie
geben dio ON 0 narws Ebarav ci rıSeuevor ra eiöy, orı #7A. Es ist leicht
zu verstehen, wie aus ci rıSeuevar ra eiön der Eigenname ö IMarwy wer-
den konnte, nicht aber umgekehrt, wie an Stelle des nomen proprium
das unbestimmte oi nıSeusvor a eioy gelesen werden konnte: an der Rich-
tigkeit der von Alexander überlieferten Lesart ist daher kaum zu zwei-
feln (vgl. Rose a. a. O. p. 151).
Von grölserer Wichtigkeit für die Textesgeschichte der Metaphy-
sık ist die Bemerkung Alexanders am Schlusse dieses Fragmentes. Die-
selbe lautet: Es ist möglich, den Sinn dieser Stelle einfacher zu gewin-
nen, wenn wir die Worte umkehren, so dafs sie lauten würden: “Und
darum haben nicht unrecht gethan die, welche die Ideen annehmen;
denn sie sind Alles, was in der Natur ist, wenn es überhaupt eine Exi-
stenz für die Ideen giebt‘. Alexander will also eireo eorıy ein nach örcr«
dureı setzen, eine Stellung, welche jetzt die Vulgata den Worten anweist.
Es zeigt sich also hier dasselbe Verhältnifs, das Diels (Zur Textgesch. der
aristot. Physik, Abh. d. Akad. der Wissensch. zu Berlin 1882, S. 19 £.) für
die Physik nachgewiesen hat: die Schreiber haben den aristotelischen Text
nach ihrem Gutdünken geändert und bisweilen Conjecturen der Commen-
tatoren aufgenommen, die so zur Vulgata geworden sind.
! Von sonstigen und zum Theil richtigen Varianten, die uns die Lemmata oder
der Commentar Alexanders darbieten, seien aus der nächsten Umgebung der besprochenen
Stelle noch folgende kurz erwähnt: e. 3. 1070 all: 7 de dur:s zode ı #%. — a 19:
ANAE Fourwv olov mÜa, sage, zebarn, aravra Um Eomv 277. — a3l: ara aA. —
a 33: mavre. — bT: Gromysin. — 5 39—30: zu — AoXH. —— Hal: avSpwzw avSgwmos,
was Bonitz’ Emendation bestätigt. Anderes siehe in den Anmerkungen zum Texte der
Fragmente. Vgl. aber auch Note 4, aus der hervorgeht, dafs auch diesen Lemmaten
eine viel geringere Glaubwürdigkeit zukommt als dem Texte des Commentars.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 47
Auf eine vortreffliche Lesart führt uns das Lemma von fr. 29
(zu 1072 a 30 — b 4): “Und das Weswegen findet sich für eine Sache und
für den Besitzer einer Sache’. Offenbar hat Alexander gelesen: &rrı yag
zıwı 0 00 evexa zai wos (1072 d 2), von welcher Lesart cod. A” die Spu-
ren erhalten hat, und die durch die Conjecturen Christs (Stud. in Arist.
libr. metaph. p. 58) und Bernays’ (Dialoge 8.168) als das Richtige aner-
kannt worden ist.
In entschiedenem Gegensatze zu diesen trefflichen Erklärungen
steht nur ein Satz in fr. 10 a. Hier könnten wir glauben, nicht Alexan-
der, den trefflichen Erklärer zahlreicher arıstotelischer Schriften, sondern
einen späteren halbkundigen Commentator zu hören. Denn es wird da-
selbst ein Citat aus der aristotelischen Physik angeführt, das sich in
derselben nicht findet. Dürfen wir glauben, dafs Alexander die Physik,
die er selbst commentirt hat, so wenig kannte? Aber wer die Schriften
Alexanders gelesen hat, weils, dafs dergleichen Versehen nicht ohne Bei-
spiel in denselben sind. Falsche Citate finden sich auch im echten Com-
mentare zur Metaphysik (vgl. 159, 26; 179, 8; 270, 15), und eine völlige
Mifsdeutung eines Citates aus Anaxagoras in der Schrift de fato p. 6 Orell.
Wer würde ferner dem Alexander die Worte zutrauen, die Simplieius in
seinem Namen (Comm. in phys. p. 329, 14) anführt: jrıwoaro de 6 "Anekav-
Ögos ryv Aefw Ws draranmmAov Tav Asyovcav “ri Önmore cudeis megl TUyng ouder
diwgurev”. £deı Yag, dns, Eveyneiv “megi TUyns Tı dimguoev’, dierı mooneıTa 70
amoparınev Ev 'oüders. Nicht das absolute Fehlen derartiger Irrthümer, son-
dern die geringe Zahl derselben neben sonstigen Vorzügen darf demnach
über die Alexander zugeschriebenen Erklärungen entscheiden. Es ist aber
eine geradezu erdrückende Zahl von Beweisen, die für die Echtheit der
Auszüge des Averroes beigebracht werden konnten, während Gegenbe-
weise durchaus fehlen.
Für die Authentie derselben treten nun auch einige directe Zeugnisse
glaubwürdiger Schriftsteller ein. Viele derartige Zeugnisse dürfen wir
freilich nicht aufzufinden hoffen. Denn zum zwölften Buche der Meta-
physik ist kein Commentar aus älterer Zeit erhalten, in welchem der
echte Alexander hätte genannt sein können. Themistius giebt seiner Ge-
wohnheit gemäfs in seiner Paraphrase die Namen der von ihm benützten
älteren Commentatoren, unter denen Alexander nicht gefehlt haben wird,
48 FREUDENTHAL:
nicht an. — Der sogenannte Herennius, dessen Schrift A. Mai (Class. auct.
IX p. vın) als einen Commentar zur Metaphysik bezeichnet, citirt eben-
sowenig die von ihm excerpirten Schriftsteller und giebt uns übrigens
keinen Commentar sondern ein geistloses Flickwerk aus älteren Schriften,
besonders aus Philon, Damascius und dem falschen Alexander (s. jetzt
Heitz, der Philosoph Damascius, Strafsburger Abhandlungen S. 10f.). —
Pachymeres! und Ps.-Philoponus ferner kennen nur den falschen Alexan-
der. Wir müssen daher dem Zufall dankbar sein, der es gewollt hat,
dafs unter den seltenen Anführungen aus Alexanders Werken, die sich in
Commentaren zu anderen Büchern des Aristoteles finden, sich einige an-
treffen lassen, welche mit den Excerpten des Averroes vollkommen über-
einstimmen und damit die Echtheit derselben unmittelbar bestätigen.
Asklepius, der den echten Alexander noch gelesen hat, citirt ın
seinem Commentare zum VII. Buche der Metaphysik folgende Worte
(s. Bonitz, praef. in Alex. comm. p. xx): ws de durw 6 "AneEuvdgos, Eav Tıs
Aaßeı Av waımov Bora zul UmoIem adryy mAnSw AaTuygaruevn, FUvTWs
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TropmIoL FIKTOVTAL EV EREIVW Tw TORW.“ Ta oUv Hal EVTAUIE TV uAyv ATLGd-<
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Tov aurov Exeı Aoyov nal 6 Aoyos 6 BumıXos 6 &v TU owuarı To) TEIvewros Tav-
gev: duoiws de zul Emı ruv au ra Em ambews yevonevav- mov cuy eugeon
vn duvapıy Eypura Ton nweisIur üb” Eaurns al @veu GmEgLATOS Ylvercı Ta Quu
duvansva Hal Umo omeguaros YivenIaı, ws Emi Tav MeiırzWv eioynauev: Ylveraı
Yag nal Ümo TeSveuros Roos zul Ümo rov omeguaTos Tou undnvos“ omou de oür
eotı Aoyos Önmiougyınos, aveu GmEgMaTOS aduvarov Errı yeveoIar.... dmogei de 6
"ArEEavdoos orı Emil rav Er ombews yıwouevwv Fola cUcl« mgeÜderryze, nal aimıa-
Taı nv av cügavımv zivngw° Mmeis de Acyouev 7%. Von dieser Erörterung ist
bei Ps.-Alexander weder im siebenten noch im zwölften Buche eine Spur
zu finden. Averroes kann natürlich nicht den Wortlaut der Erklärung Ale-
xanders, die dieser zum siebenten Buche gegeben hat, im zwölften Buche
wiederholen, theilt aber eine dem Sinne nach genau dasselbe sagende
Äufserung Alexanders aus dem letzteren Buche mit (fr. 10): ‘Man mufs
1 Von diesem Commentare hat mir eine Abschrift Chr. Belgers vorgelegen.
2 Auch das Folgende stammt aus einer von Belger mir gütigst zur Verfügung
gestellten Abschrift des Asklepius.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 49
hiermit die Untersuchung verbinden, wie die Thiere, welche aus der Fäul-
nils hervorgehen, aus dem Gleichnamigen entstehen, da man doch von
ihnen annehmen kann, dafs sie durch die Natur, nicht durch den Willen
und nicht durch den Zufall werden. Und auch das Maulthier entsteht
nicht aus dem Gleichnamigen, da es nicht aus einem Maulthiere entsteht...
Und von den Dingen, die aus fauligen Stoffen entstehen, hat er gesagt,
dals diese Dinge, wenn sie auch nicht aus dem schlechthin Gleichnami-
gen werden, doch durch irgend eine Einwirkung entstehen. Die Wärme
nämlich, die in den Substraten sich findet, ist die Ursache für derartige
Erzeugnisse.
Dafls Syrian eine Erklärung Alexanders anführt, die wir in den
averroistischen Auszügen wiedergefunden haben, ist oben (S. 44) bemerkt
worden. Aber sowohl der Text Syrians, wie der Wortlaut des averroi-
stischen Fragmentes ist so zweideutig, dafs auf dieses Zusammentreffen
wenig Gewicht zu legen ist. Beweiskräftiger sind die Citate anderer
Commentatoren.
In seinem Commentare zu de caelo (51 5 39f. Karst.; 474 b 22£.
Brand.) giebt Simplieius folgenden Auszug aus Alexander: ur nv yag, 6
"Arefavdace pynı, TH eure zara To eides Eori rı Evavriov za reis maderw, radra
dia Ev TYv nar’ cüriav Evarrıumıy Erra yeıyra zul HIapra, öucl de aufyra re
za uswra, da de TAV Hara maIos aawra: ora dE undeniav Eyovra nar’
oUrIav Evavrioryra Ev mOoTNTIW Errıv Eypuraıs Evavriwoıw, TaDT« Üyemra evra za
dvaufnra cüdtv zwAursı aA Iu za curw masyew. Das stimmt mit dem,
was Alexander bei Averroes (fr. 31) sagt, überein. — Ein anderes Citat
aus Alexanders echtem Commentare zur Metaphysik findet sich, wie Rose
hervorgehoben hat (De Aristot. Iibr. ord. p. 150), bei Simplieius zu de
caelo (Schol. Aristot. 501 5 6f. cfr. 500 a 15. 502 « 55). Auch dieses
grolse Bruchstück entspricht dem von Averroes aus Alexander Mitgetheil-
ten (fr. 34), nicht aber dem griechischen Commentare.
Andere Zeugnisse für die Echtheit der averroistischen Auszüge
kann uns Themistius’ Paraphrase liefern. Der Name Alexanders wird
allerdings in ihr nicht erwähnt; aber sein Commentar ist doch in die-
ser wie in anderen Schriften des Themistius benutzt worden. Daher
zeigen sich Übereinstimmungen mit den Fragmenten bei Averroes, die
nur unter der Voraussetzung der Echtheit derselben erklärbar sind.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör, Gelehrter. 1884. I. Ü
50 FREUDENTHAL:
Die von allen unseren Handschriften und Commentatoren verschmähte
Lesart (1070418) ei rı9euevo, ra eidn statt 6 Hadrwv (oben $.46) kennt auch
Themistius (p. 13 ed. 1576): Jceirco ponentes formas abstractas esse
Jormas ıstas natura constantibus tribuebant, arbficialibus vero nequaquam.
Doch diese Worte beweisen nicht Themistius’ Abhängigkeit von Alexander,
da er dieselben im aristotelischen Texte gefunden haben wird. — Entschei-
dend aber ist Anderes. So die Paraphrase! der Worte (e. 3. 1070 « 10)
ode rı ovca rw bawerIaı. Themistius erklärt dieselben folgendermalsen
(Paraphr. in ]. XII metaphys. lat. p. 11 ed. 1576): ‘Das Entfernteste von in-
dividueller Bestimmtheit ıst der Stoff; denn die Materie ist ıhrer Natur nach
ungeformt. Nur sehnt sie sich, als ein bestimmtes Etwas zu erscheinen
und zählbare Substanz zu werden. Es ist aber, als ob sie sich zu er-
scheinen weigerte, so lange sie von der Form entblöfst ist, und sich
schämte, ihre Armuth und Dürftigkeit zu zeigen. Darum erfalst sie auch
der Sinn, bevor sie die Form angethan hat, nicht; aber der Geist erkennt
auf logischem Wege, dafs die Form ihr fehlt, und er weils, dals sie durch-
aus falsch ist und sich nur durch etwas sichtbar macht, was nicht an
ıhr ist, weil sie keine Form hat, auf die sie sich stützen kann. Jedoch
wendet sich der Geist ihr zu, nachdem alle Formen von ihr abgestreift
sind, und hat er sich so der ersten Materie zugewendet, dann findet er
bisweilen in dem nächsten Stoffe aller Dinge leichter die Möglichkeit,
sie zu erfassen. Denn dieser Stoff ist individuell bestimmt, weil derselbe
eine Form hat, wie das Erz der Statuen und die Platten der Schiffe,
und noch mehr, wenn der Stoff aus getrennten, nicht innerlich vereinig-
ten Dingen besteht, wie die Ziegeln und Steine des Hauses, und auf diese
Weise wendet sich der Stoff aus der Verborgenheit, der Schwäche und
Enge, um als ein bestimmtes Etwas zu erscheinen, während er in diesem
Zustande die Sichtbarkeit flieht und auch nicht die kürzeste Zeit vom
Auge erfalst werden kann.
Es ist schwer zu sagen, was in dieser weitschweifigen und unkla-
ren Paraphrase zur Erklärung der dunklen Worte des Aristoteles rede rı
1 Ich gebe dieselbe in einer Übersetzung des hebr. Textes, wie ihn die codd.
hebr. Monac. 108. 254 und Lips. 40 darbieten. Durch denselben konnten zahlreiche Ver-
besserungen der lateinischen Übersetzung gewonnen werden.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 51
evsa 7a baiverSa gesagt sein soll. Nicht weniger als drei Deutungen
derselben lassen sich aus Themistius herauslesen. Erstlich: der Stoff
ist ein bestimmtes Etwas erst, nachdem er durch die Form sichtbar ge-
worden ist (‘denn die Materie — stützen kann’), was Alexander nach
Averroes (fr. 11) in seiner ersten Erklärung sagt. Zweitens: der Stoff
kann als ein bestimmtes Etwas in den einzelnen Dingen erfafst werden,
nachdem er zuerst in seiner Abstractheit erkannt war (‘jedoch — zu er-
fassen’), wozu Alexanders vierte Erklärung verglichen werden muls.
Drittens: der Stoff ist ein individuell Bestimmtes als nächster Stoff sinn-
licher Dinge (‘Denn dieser Stoff — Steine des Hauses’), ganz entspre-
chend Alexanders dritter, aber abweichend von Themistius’ erster Erklä-
rung. Diese Ineinanderfügung dreier verschiedener Auslegungen macht
dieselben so unklar, dafs man sagen darf, erst durch Vergleichung des
averroistischen Alexander — Ps.-Alexander läfst uns ganz im Stich (s.
oben S. 45) — werde sie verständlich. Die Verwandtschaft der Erklärun-
gen unseres Alexander und des Themistius zeigt sich wie hieran, so
auch an der Gleichheit der gewählten Beispiele und an der beiden Er-
klärungen gemeinsamen Hinweisung auf die u Teievraie oder dryarı.
Der Alexander des Averroes kann aber seine Erklärung nicht aus The-
mistius entlehnt haben; denn bei ihm ist Alles in scharfer Sonderung der
Gedanken gegeben, was bei Themistius ineinander gewirrt, verschwommen
und zum Theil von seinem ursprünglichen Sinne abgebogen erscheint.
So ist der echt aristotelische Gedanke, dafs man den Stoff nur der Ana-
logie nach zu erkennen vermöge, indem man vom formirten Stoffe auf
den nicht formirten Urstoff schliefsen müsse, gerade in sein Gegentheil
verkehrt, wenn hier gelehrt wird, dafs der Geist erst durch die Analogie
mit dem Urstoffe die formirte Materie als individuell bestimmten Stoff
zu erkennen im Stande sei. Es wird daher die Annahme kaum abgewiesen
werden können, dafs Themistius hier denselben Commentar Alexanders
benutzt und in ungerechtfertister Weise umgestaltet habe, aus dem uns
Averroes wortgetreue Auszüge gerettet hat.
Simplieius ist, soviel wir wissen, der letzte der griechischen Er-
klärer, der den Commentar Alexanders zur Metaphysik gelesen hat und
keine Spur einer Benutzung des falschen Alexander aufweist. Ein Zeit-
raum von mehreren Jahrhunderten trennt ihn von den späten Erklä-
7*
52 FREUDENTHAL:
rern der Metaphysik, Ps.-Philoponus und Pachymeres, welche die echte
Schrift Alexanders nicht mehr kannten und das ihm untergeschobene
Machwerk an ihre Stelle setzten.
Im Öriente finden wir die Spuren des Originals wieder. Ins Sy-
rische und aus dem Syrischen ins Arabische übersetzt wird wenigstens die
Erklärung zu A häufig genannt und excerpirt. So spricht Alfäräbi von
derselben ganz wie Averroes!. Andre Erwähnungen finden wir im Fihrist
des Muhammed ibn Ishak (I p. 251 Flügel”; Müller, die griech. Phi-
losophen $. 21) und Ibn el Kifti (bei Casiri, bibl. Ese. I p. 243f.). Dals
nicht der Commentar Ps.-Alexanders, sondern die echte Schrift des alten
Exegeten, die Averroes vorgelesen hat, von den Arabern verstanden wird,
beweist die Übereinstimmung Alfäräbis mit Averroes in den Angaben
über die Erklärungen Alexanders und Themistius’, bezeugt ferner Maimo-
nides (Moreh II, 1 p. 37 Munk; II,15 p. 122; II, 22 p. 180), dessen Ex-
cerpte aus Alexander mit unsern Fragmenten dem Sinne nach überein-
stimmen (Frgm. 15 und 28). Die Erklärung Alexanders zur Metaphysik
nennt Maimonides den Commentar »ar’ E£oynv (das. II p. 23 Munk); denn
die Schrift des Themistius ist ihm kein Commentar (,;%), sondern eine
Paraphrase®.
1 s, Steinsehneider, Al-Farabi S. 159: “Wir finden aber von den Alten keine Ab-
handlung zur Erklärung dieses Buches (der Metaphysik) nach seiner (richtigen) Weise,
wie es die Art der Bücher ist (?). Wenn wir aber (Etwas) finden, so ist es das Wenige
des Alexander über Tractat Lamed (1.xıı), unvollständig, und von Themistius, vollständig’.
Damit vgl. Averroes’ Erklärung (unten S. 69).
2 Flügel hat aus zwei Handschriften eine Bemerkung aufgenommen (p. 251 1. 27),
der zufolge die Araber auch Alexanders Commentar zu N besessen hätten. Der Wider-
spruch dieser Angabe mit allen sonstigen Nachrichten und die mangelhafte handschrift-
liche Bewährung lassen dieselbe als Glossem aus dem Nachfolgenden erscheinen. Als
solches verrathen sich die Worte aD) rn auch durch ihre sprachwidrige Füguns
(s. Anmerkungen Bd. II S. 115), zu der die von Fleischer (Ber. d. K. sächs. Ges. d. Wiss.
XIV 10f.) gesammelten Beispiele von Nominalappositionen kein Analogon liefern.
® Maimonides ist ein vertrauenswerther Zeuge, da er unabhängig von Averroes
geschrieben hat, während viele Späteren, wie Gersonides, Hillel aus Verona, Chasdai Cres-
kas u. A. ihre Citate alexandrischer Schriften Averroes verdanken. Allerdings ist die
alte Fabel, Maimonides sei ein Schüler des Averroes gewesen, von Dieteriei (Die Philos.
der Araber 1,159) im Jahre 1876 erneut worden; schon im Jahre 1842 aber hat Munk (Journ.
asiat. p. Slf.) ihre Unvereinbarkeit mit den geschichtlichen Thatsachen erwiesen.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 53
Die angeführten zahlreichen Citate von Männern wie Syrian, As-
klepius, Themistius, Simplieius und die einstimmigen Zeugnisse der Ori-
entalen bestätigen somit durchaus das Ergebnils der früheren Erörterun-
gen, die uns nun auch in den Stand setzen, die Abfassungszeit des un-
echten Commentares näher zu bestimmen.
Von dem Verfasser desselben ist Syrians Erklärung der Metaphy-
sik benutzt worden und zwar so, dals zahlreiche Syrian gehörige Erklä-
rungen dem Aphrodisier beigelegt werden. Ps.-Alexander ist also jünger
als der gefeierte Neuplatoniker, der im Jahre 431/2 das Lehramt übernahm
(Zeller Philos. d. Gr. I, 2 S. 759, 4), und er hat wahrschemlich erst einige
Zeit nach dessen Tode, also schwerlich vor der Mitte des fünften Jahr-
hunderts den Commentar verfafst. Denn zu seinen Lebzeiten oder unmittel-
bar nach seinem Tode würde er den groben Betrug wohl nicht gewagt
haben. Andere Erwägungen lehren uns die untere Grenze der Abfassungs-
zeit mit einiger Wahrscheinlichkeit bestimmen.
Während Brandis (Schol. Aristot. p. 734@) nur in sehr zweifelndem
Tone von Michael Ephesius als dem Verfasser des letzten Theiles unseres
Commentars spricht, hat Rose (a. a. O. p. 147) im Vertrauen auf die Be-
merkungen eines anonymen Scholiasten, des Ps.-Philoponus und die Über-
schrift des cod. A zu Buch E mit aller Bestimmtheit Michael die Urhe-
berschaft des Commentars zugesprochen. Aber die Auctorität dieser von
Rose angerufenen Zeugen ist eine viel zu geringe, als dafs wir ohne wei-
teres ihnen Glauben schenken dürften. Offen hebt dies Bonitz (praef. in
Alex. p.xxı) in Bezug auf Ps.-Philoponus mit den Worten hervor:
denique loannes Philoponus, siqwidem aligua eius esset auctoritas, adhiber!
posset ad demonstrandum Ephesium fuisse seriptorem extremae commentarü
partıs. — Aber auch positive Gegengründe hindern uns, die Alexander ab-
gesprochene Erbschaft Michael zuzuerkennen. Denn wir sind nicht be-
rechtigt, diesen unklaren, aber für seine Zeit sehr gelehrten und um die
Erklärung der aristotelischen Schriften eifrig bemühten Mann für einen Be-
trüger zu halten, als welchen wir Ps.-Alexander erkannt haben. — Und ferner.
Der Verfasser der letzten Bücher des Commentars ist kein Christ wie Michael,
sondern ein Anhänger des griechischen Götterglaubens. Häufig hat er
seiner Überzeugung vom Dasein der Götter Ausdruck gegeben, und nicht
immer da, wo Aristoteles den Anlals dazu bot. So 8. 683, 8 Bon.:
x
4. Abfassungs-
zeit des Alexan-
der untergeschobe-
nen Commentars.
54 FREUDENTHAL:
m \ y \ e \ m 74 / ’
mas yap Ieos agınros, za ei um ws 6 moWros. — 685, df.: Asyeı orı cu movov
e N 2 I q 2] Y < \ \ ee, q
AMEIS TaUTNV TEpL TOUTWV TAU EVVOIRV EXOMEV .... OTL EITI Deal, DUX, Erepous TIVds
m 1 5 7 & ’ \ e w DEN 5 \ \
die TWV KUIWVv GLVITTELEVOL, AA FOUTOUS, OUS NIAEIS banev. EIOıy OUYV ‚IeoL Kar
m m . c/ ce m N m 3
Jelov mAySos #ra. — 682, 17 f. heilst es: were ai abaipaı ümo nv Tav oineiwv
YVuyav zwodvraı, Ümo de rwv roourwy Vewv ara. — 685, 26f. wird in der
läppischen Weise neuplatonischer Allegoriker der Anthropomorphismus
der griechischen Religion und der Zoomorphismus des ägyptischen Thier-
dienstes vertheidigt. — 800, 12 finden wir die Worte: 5 d& Zeus Barıreva
xal xgarel statt des aristotelischen Auowreiew za agyew dacıv rov Ala
(1091 5 5). — 412,15 wird von einem Selov yevos gesprochen, und
697, 31 sagt Ps.- Alexander: r« yap ruv mAavupevuv alrın Ieol nv nrA.
Wie ganz anders würde hier ein Monotheist zum Erweise seiner Lehre die
schönen Worte des Aristoteles (1076 a 3) benutzt haben!?
Auch in diesen Worten könnte man vielleicht nicht das Bekennt-
nils des Verfassers, sondern entweder eine Entlehnung aus einem heidni-
schen Schriftwerke oder wohl gar eine jener absichtlichen Täuschungen
erblicken, auf denen wir Ps.-Alexander des öfteren ertappt haben. Er
könnte sich ja wohl als Polytheist verkleidet haben, um sich in seiner
wahren Gestalt nicht zeigen zu müssen. Aber so zahlreich und so un-
befangen werden diese polytheistischen Ideen ausgesprochen, so völlig
wird auch jeder Anklang an monotheistische oder specifisch christliche
! Rose (a. a.O. p. 149) verkennt das Gewicht dieser Erklärungen, wenn er
über sie mit den Worten hinweggeht: ... Aristotelem ... explicare studeat (Alexander) id-
que vel in libro A et deorum multorum demonstratione, quam tacito quasi consensu probawit
Christiamus (ef. 697, 31) non ignarus sc. Dionysü et qui huius sunt Szlor voes (cf. Ephes.
ol Öeurego vor 773, 16 cf. 682, 12). — Eben weil Ps.-Alexander nicht von Seo voes oder
Öyvaseıs, wie Michael es thun würde, wie das gesammte Mittelalter es thut, sondern von
Seo: schlechthin und aufs unbefangenste an so vielen Orten spricht, weil er den Götter-
glauben der Griechen und Äsypter nicht blofs tacito quasi consensu, sondern mit offenen
Worten rechtfertigt, zeigt er sich als Polytheist. Wer hieran noch zweifelt, vel. Ps.-
Philoponus zur Metaphysik. Derselbe hat Ps.-Alexander benutzt, wie die flüchtigste Ver-
gleichung lehrt, unterdrückt oder umschreibt aber, weil er der christlichen Religion an-
gehört, alle an den Polytheismus anklingenden Stellen seines Vorbildes. Von allen den
oben angeführten Stellen findet sich bei Ps.-Philoponus nichts; der oben erwähnten Er-
klärung Ps.-Alexanders (p. 685,5) aber weils er durch Hinzufügung weniger Worte die
Spitze abzubrechen. Er sagt (p. 52 col. c): accepimus ex illorum existimatione quod etiam
illi Deos putabant, quos et nos substantias aeternas et oplimas motrices dieimus.
U
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 5
/
Lehren in dem ganzen grolsen Commentare vermieden, dafs jene Meinung
nicht festgehalten werden darf. Um so weniger, als auch einem litterä-
rischen Falschmünzer des Mittelalters ein derartiger Mifsbrauch der Re-
ligion ohne zwingenden Grund nicht aufzubürden ist.
Wenn dies zugegeben werden mufs, so wird die untere Grenze, jen-
seits deren Ps.-Alexanders Lebenszeit nicht angesetzt werden darf, leicht
bestimmt werden können. Wir finden keinen heidnischen Philosophen nach
der Zeit des jüngeren Olympiodor: Ps.-Alexander hat also sein Werk
nicht später als gegen Ende des sechsten Jahrhunderts abgefalst, wie es
nicht vor der Mitte des fünften Jahrhunderts entstanden sein kann. Dies
ist denn ein Ergebnils, das an sich nichts Unwahrscheinliches hat und
mit dem Resultate der Untersuchungen über den Inhalt des Commentars
(oben S. 21f.) in bestem Einklange steht.
An der Authentie der averroistischen Fragmente ist, wie das Vor-
stehende ergeben hat, im ganzen nicht zu zweifeln. Wie aber steht es
mit der Zuverlässigkeit derselben im einzelnen? Averroes hat nur ein-
zelne Auszüge aus der ihm vorliegenden arabischen Übersetzung einer
syrischen Version! des Textes seiner eigenen Erklärung eingereiht. Sind
diese Auszüge in wörtlicher Treue mitgetheilt oder geben sie, wie das
oft im Alterthume und im Mittelalter bei Citaten der Fall ist, nur den
ungefähren Sinn des Originals wieder? Wie ferner verhält es sich mit
der Zuverlässigkeit der beiden orientalischen Versionen? Können sie uns
eine ungefähre Vorstellung von dem Inhalte und der Form des Originals
geben?
1 Rose (De Arist. libr. ord. p. 144) will aus den häufigen Bemerkungen der latei-
nischen Übersetzung Album in Graeco schliefsen, dals die Averroes vorliegende arabische
Übersetzung des Aristoteles unmittelbar aus dem Griechischen angefertigt worden sei. Aber
in der arabischen Handschrift wie in den hebräischen Übersetzungen finden wir ebenso oft
sy} & aa oa on d.h. ‘Lücke im Syrischen’, wie („use & Val ma -on, d.h.
“Lücke im Griechischen’: womit denn Roses Argumentation sich als nichtig erweist (über
van = Syrisch vgl. Steinschneider, cat. libr. manuser. Hebr. bibl. Leid. p. 66) —
Aufserdem enthält der Fihrist (I p. 251 Flügel) folgende Angabe: “Und Abu Bischr
Mata hat das Buch A mit dem Commentare des Alexander ins Arabische übersetzt (u. das
ist der elfte Buchstabe). Und Honein ibn Ishak hat (oder 'hatte’) es ins Syri-
sche übersetzt’. Die gesperrt gedruckten Worte, auf die mich Herr Dr. S. Fränkel auf-
merksam gemacht hat, fehlen in Aug. Müllers Übersetzung.
9. Zuverlässig-
keit der Auszüge
des Averroes,
56 FREUDENTHAL:
Was zunächst die Treue der averroistischen Citate betrifft, so ist
dieselbe gegen jede Anfechtung leicht zu schützen. Averroes gehört in
Bezug auf die Benutzung älterer Texte zu den gewissenhaftesten Schrift-
stellern des Mittelalters. Er eitirt nicht, wie so viele seiner Zeitgenossen,
nach ungewisser Erinnerung ungenaue Bruchtheile alter Schriftsteller,
sondern zeigt das ehrlichste Bestreben, seine Texte in möglichst authen-
tischer Form zu erlangen und mitzutheilen. Unzweideutige Zeugnisse
hierfür liefern wie andere Schriften, so sein grofser Commentar zur Meta-
physik. Er hat durch offene Mittheilung der alten Randbemerkungen
wie ‘Lücke im Griechischen’, ‘Lücke im Syrischen’ und ähnlicher, welche
das arabische Original, die hebräische Übersetzung und an nicht wenigen
Stellen auch die lateinische Afterübersetzung erhalten haben, auf die
Schäden des Textes hingewiesen. Um dieselben und andere Textverderb-
nisse nach Möglichkeit zu heilen, werden oft zwei ja bisweilen drei ver-
schiedene Übersetzungen einer und derselben Stelle angeführt oder die
Varianten verschiedener Handschriften angegeben (s. Rose a. a. O. p. 146).
Zu einem Abschnitte fehlte das Lemma des Aristoteles. Averroes
reconstruirt es aus den Anführungen im Commentare Alexanders, ver-
fehlt aber nicht, das wahrheitsgemäfs zu berichten (S. 99 Z. 12f.) und
eine zweite ihm bekannte Übersetzung, wie er sagt ‘der Vorsicht wegen’,
daneben zu stellen. An anderer Stelle giebt Averroes an, bis zu wel-
chem Worte eines vorliegenden Capitels er den aristotelischen Text aus
Alexander mittheile und wo der Text einer zweiten Übersetzung be-
sinne (S. 101 Z. 8£.).
Im Buch Z e. 7 (Aristot. lat. ed. 1560 p. 2114) fehlten in der
arabischen Übersetzung die Worte 1032 @ 28 reurwv d£ zwes — 1032 b 5
4 8° üyicıa. Averroes vermuthet ganz richtig, dafs hier eine Lücke ist
und ergänzt sie aus Nikolaus’ Compendium der Metaphysik. In demsel-
ben Capitel fehlten den Arabern die Worte 1032 b 30: ciov oi ArIoı —
1033 a2 auboregws de. Auch diesen Schaden heilt Averroes durch Hilfe
des Nikolaus (s. Note 5 fr. 4). Man wird zugeben, dals so nur ein
Schriftsteller verfährt, dem gewissenhafte Wiedergabe und Wiederherstel-
lung der alten Texte am Herzen legt.
Aber man könnte einwenden, dafs eine derartige Gewissenhaftig-
keit vielleicht nur dem abgöttisch verehrten Aristoteles gegenüber als
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 57
Pflicht erschien, dagegen vollständig aufgegeben worden sei, wo es sich
um Citate aus anderen Schriftstellern, wie Alexander und Themistius,
handelte.
Um diese Einwendung als untriftig zurückzuweisen,
genügt es,
‚Averroes’ Citate aus Themistius’ Paraphrase der Metaphysik mit dem uns
hebräisch erhaltenen Originale zu vergleichen.
Themistius zur Metaphysik A ce. 1!:
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1 Text nach cod. hebr.
Handschriften des Themistius.
?2 Der Text — nach codd. hebr.
2
Themistius bei Averroes?:
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Da 2 Mad ma RE Tin Par
Na
ma >55 mwen> Dip Diem
RD man Dpw m 5 Tann
mean RW> woran. DSpm Dmsoam
Monac. 234, der besten unter den von mir verglichenen
Paris. ABE mitgetheilt — stimmt genau mit dem
arabischen Originale überein und darf daher zur Controlirung des Averroes verwendet
werden.
® Diese Abweichung zeigt, dals der Übersetzer des Averroes, wenn er auch die
ältere Arbeit des Moses ibn Tibbon benutzte,
seiner Vorlage nach derselben beseitigte.
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter.
doch nieht blindlings die Abweichungen
1884. I. 8
58 FREUDENTHAL:
c. 3:
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Themistius bei Averroes:
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ı Hier ist in Folge eines Homoioteleuton eine Lücke entstanden.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 59
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Eine gröfsere Genauigkeit der Citate, als die vorstehende Verglei-
chung ergiebt und als auch alle übrigen aus Themistius angeführten Stel-
len aufweisen, wird im Mittelalter selten gefunden. Wir dürfen diese
Genauigkeit aber in noch höherem Grade bei den Auszügen aus Alexan-
der erwarten. Denn Averroes stellt diesen ebenso hoch wie er Themi-
stius’ Paraphrasen geringschätzt. Dies erhellt aus seiner Vorrede zum
XH. Buche (unten S. 67 Z. 6), in welcher er erklärt, dafs er Alexander
zur Grundlage seines Commentars machen!, Themistius aber und eigene
Erklärungen erst in zweiter Linie anführen wolle. Von Themistius sagt er
ferner (Lat. n.2 p.314c): "Themistius jedoch hat diese Stelle milsverstanden
und die Erklärung verkehrt’ und an einem anderen Orte (unten 8. 71):
‘Die Erklärung Alexanders zu diesem Abschnitt ist vollkommen richtig,
bedarf aber der Ergänzung; die Erklärung des Themistius aber ist gänz-
lich irrig. Der Grund ‘hierfür ist die Verderbnifs in Alexanders Erklä-
rung. Denn dieser Mann, ich meine Themistius, hat, wie aus seiner Dar-
stellung hervorgeht, nur eine Umschreibung von Alexanders Commentar
geliefert’ Ähnlich äufsert er sich n. 18 p. 325p: “Das nun sind die Worte
des Themistius. Und es scheint, dafs er nicht verstanden hat, auf wel-
che Weise Etwas entsteht. Ebenso n. 51 p. 3ö1E: “Und da Themistius dies
nicht wulste, sagt er’ u.s. w. Alles dieses aber sind die Worte eines
Mannes, der die Beweise des Aristoteles nıcht verstand. ?
1 Renan, Averroös? p. 53 hat die Äufserung gewagt: Les opinions d’Ibn Sina et
d’Alexandre ne sont d’ordinaire allequees que pour etre combattues et quelquefois avec ume
£vidente partialite. Ein Blick auf diese Vorrede und auf die Bemerkungen, mit denen
Averroes die Fragmente Alexanders begleitet, zeigt die Grundlosigkeit dieser Behauptung,
die wohl nur einer Durchsicht des Commentars zur Psychologie ihr Dasein verdankt.
2 Ähnlich urtheilt Averroes über Themistius in anderen Commentaren, z. B. zu
de caelo p. 223. 332c.ı.L. 333u und in seinem mittleren Commentare zur Metaphysik.
Von allen Erklärern der Metaphysik, sagt er in demselben am Ende des XIII. Buches,
5*
60 FREUDENTHAL:
Wenn Averroes nun aber die so geringschätzig beurtheilten Erklä-
rungen des Themistius in gröfster Treue citirte, so wird er diese Treue
dem von ihm sehr hoch gestellten Commentare Alexanders sicherlich
gehalten haben. Dies erhellt auch aus bestimmten Erklärungen des Aver-
roes. Wo er den Text des Alexander für verdorben erachtet und eine
Emendation für nothwendig hält, da stellt er seine Vermuthung nicht ohne
weiteres in den Text, sondern führt sie als solche ausdrücklich an (vgl.
die Übersetzung Alexanders, unten S. 83). — Wiederholt giebt er ferner
Erklärungen ab, die nur bei wörtlicher Anführung Alexanders einen Sinn
haben. So folgende «(unten S. 69): “Wir haben ... die Erklärung dieses
Mannes (Alexanders) zu dieser Wissenschaft in ihren Hauptpunkten erläu-
tert, damit sie von dem, der nicht die Mulse hat, dıe Bücher des Aristo-
teles zu studiren, leichter aufgefalst werden könne’ u. s. w. Regelmäfsig
wird denn auch der Text Alexanders mit den Worten ‘Er sagt’ oder "Es
sagt Alexander’ angeführt und zu demselben eine kurze Erläuterung ge-
geben. Ausdrücklich sagt Averroes ferner (fr. 18 Ende): Das sind die Worte
Alexanders zu diesem Abschnitte. Und die Erklärung dessen, was er sagt,
ist folgende” Und Ähnliches findet man an anderen Orten (s. unten
S.68 2.3; 8.73 2. 2£.; 8. 77 Z. 21£.; S. 94 Z. 20£f.), wie denn Averroes
bisweilen Ausdrücke gebraucht, die nur bei wörtlichen Citaten angewen-
det zu werden pflegen (s. S. 74 Anm. 5; S. 83 Anm. 2). Nur an we-
nigen Stellen ist der Text Alexanders durch geringfügige Zusätze des
Averroes unterbrochen worden (frgm. 1 u. 36).
sei keiner auf den man sich stützen könne, wie ‘Alexander und wer vor ihm war’ (er
denkt hierbei wohl an Nikolaus). Und am Ende des XII. Buches spricht er die Hoft-
nung aus, dals sein eigener Commentar den des Themistius weit übertreffen werde
(Text bei Steinschneider, die Metaphys. des Aristoteles S. 31). — Doch hat sich Aver-
roes im mittleren Commentare bisweilen Themistius gegen Alexander angeschlossen.
1 Der Annahme, Averroes habe Alexander wörtlich eitirt, scheinen nur die
Worte zu widersprechen, mit denen Averroes seine Excerpte aus Alexander einführt. Er
sagt (unten S. 67 Z. 6): ‘Als das beste habe ich nun erkannt, das, was Alexander zu je-
dem einzelnen Abschnitte sagt, so klar und kurz es uns möglich ist, zu erläutern’ (ya):
Könnte man hieraus nicht folgern, Averroes wolle nur seine Erklärungen zu Alexander,
nicht aber dessen eigene Worte dem Leser mittheilen? Doch dals dies eine falsche Fol-
gerung wäre, beweisen zahlreiche Fragmente. So der Anfang des frgm. 1: “Wir sagen:
Alexander beginnt mit den Worten: Die Behauptung derer u. s. w. Es ist also der Wort-
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 61
Nichts anderes ist hiermit erwiesen, als Averroes’ Gewissenhaftig-
keit bei der Benutzung seiner Vorlagen. Diese selbst waren arabische
Übersetzungen syrischer Versionen, die mit den griechischen Texten
zu vergleichen und nöthigenfalls nach denselben zu verbessern Aver-
roes nicht befähigt war. In Betreff derselben wird man daher trotz
aller dem Averroes zuerkannten Sorgfalt und Treue von vornherein
anzunehmen haben, was von den syrisch-arabischen Übersetzungen über-
haupt gilt, dafs der eigenartige Geist der orientalischen Sprachen bald
gröfsere bald geringere Abweichungen von den Urschriften nothwendig
machte. Sclavisch treu in der Nachbildung einzelner Worte und Satz-
theile haben diese Übersetzungen auf dem langen Wege vom Griechi-
schen durch das Syrische zum Arabischen viel von ihrer ursprünglichen
Form und Farbe eingebülst. Die griechischen Conjunctionen sind in den
arabischen Übersetzungen nicht wiederzuerkennen; die Bildung der Sätze
ist oft ganz zerstört; erklärende Zusätze und weitläufige Umschreibungen
sind nicht selten. Auch durch allerlei Schreibfehler, Lücken und son-
stige Verderbnisse hat der Text dieser Übersetzungen so sehr gelitten,
dafs sie nur als schlechte Abbilder der Originale angesehen werden
dürfen. !
Doch dürfen wir die Differenz zwischen Original und Übersetzung
des Alexander auch nicht überschätzen. Das verbietet uns zwar nicht die
Vergleichung der uns erhaltenen Fragmente mit dem griechischen Origi-
nale selbst, da nicht das kleinste Bruchstück des Commentars zum
zwölften Buche in der Ursprache uns erhalten ist, wohl aber die Beach-
tung analoger Verhältnisse.
laut Alexanders, der hier und an all den zahlreichen Stellen angeführt wird, an denen
Averroes mit ähnlichen Worten seine Citate aus Alexander einleitet. Wenn daher in den
obigen Worten Averroes nur von seinem Commentare zu Alexander spricht, so geschieht
das, weil er es nicht für nöthig hält, noch besonders hervorzuheben, dafs er Auszüge aus
Alexander gebe, wie er ja auch nicht ausdrücklich erwähnt, dafs er den Text des Aristo-
teles immer seinem Commentare voraufschickt.
1 Vgl. Zenker, Aristot. categ. p.2f., der Abweichungen des Übersetzers viel zu häufig
auf Varianten einer griechischen Vorlage zurückführt, und Rose, de Arist. libr. ord. p. 141f.
Über die viel treueren syrischen Übersetzungen vgl. de Lagarde, de geopon. vers. Syr.
p. 3£.; Ges. Abhandl. S. 85f. Hoffmann, de hermen. ap. Syros Aristoteleis p. 19.
62 FREUDENTHAL:
Es besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen der arabischen
Übersetzung Alexanders und der des Aristoteles in Bezug auf die Genauig-
keit der Citate, wie oben S. 56f. nachgewiesen worden ist. Man braucht da-
her nur die von Averroes mitgetheilten Übersetzungen aristotelischer Schriften
mit dem griechischen Originale zu vergleichen, um den Grad der Ge-
nauigkeit zu bestimmen, der auch unseren Fragmenten zuzuweisen ist.
Oft nun erreicht die arabisch-hebräische! Übersetzung des Aristoteles
das griechische Original vollkommen; sehr häufig aber entfernt sich die
Übersetzung von der Urschrift so entschieden, dafs selbst der Sinn der
Worte verloren ist. Diese Behauptungen sind durch die wenigen, bisher
bekannt gewordenen arabischen Übersetzungen des Aristoteles erwiesen
und können auch durch eine Vergleichung der Auszüge des Averroes aus
Aristoteles’ Metaphysik bekräftigt werden.
Man vergleiche folgende aus dem ersten Capitel des arabisch-
hebräischen Textes von A wortgetreu übersetzten Lemmata mit dem
griechischen Originale:
Übers. S. 69:
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oünies ai Apyal zal ra airıa Cyrovvran.
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nal 70 moow. (8. 73): za Tegi duo
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ereivwv MEV DUTIENS (METE KIVNTEWS Yap),
A c.1. 1060 «a 18:
Heg: Ns olnıas N Iewpia: ray yag
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(1069 a 19): xai yag ei ws oAov zı 70
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(1069 a 36): Exeivar mev &4
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To Togov.
SEM, e SENSE 1
ETEDAS, € ndenia AUTOLS Eon KovY. A
! Nur die hebräische Übersetzung darf als Abbild arabischer Texte gelten, nicht
aber die lateinische Afterversion, die von Willkürlichkeiten und Fehlern jeder Art strotzt
(s. Note 3). Man darf daher die lateinische Übersetzung der in den Commentaren des
Averroes gegebenen Auszüge aus Themistius’ Paraphrasen der Physik und Psychologie
nicht benutzen, um aus der Vergleichung derselben mit den Originalen auf die Treue der
averroistischen Auszüge überhaupt zu schliefsen. Wenn nicht der bisher noch nicht auf-
gefundene arabische Text, so mülste doch die hebräische Übersetzung des Averroes erst
vorliegen, ehe ein solcher Schluls gewagt werden dürfte.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 63
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EIS TNV EVAVTIWOW: 0U Yap TE EVavTiac
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EVAVTLIOV OUY, UTMOJEVEL' ETTIV apa FL FgL-
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\ \ > ’ ed
Tov Tage Te Evavrıa, 9 um.
E) \ NE ,
apa Fag« TU EVAVTIE.
Nicht immer aber weist die Vergleichung der Lemmata mit dem
Originale eine so erfreuliche Übereinstimmung auf. Man vergleiche Über-
setzung S. 106, wo in Folge einer Lücke, die von 1072 a 10 —12 und von
1. 13— 23 reicht, der Text ganz aufgegeben worden ist, und wie sehr der
Text der Lemmata im einzelnen gelitten hat, geht aus den Anmerkungen
zu denselben hervor und ist des weiteren unten (Note 4) ausgeführt
worden.
Gerade die wirksamsten Motive für
gen des überlieferten Textes, der stetige Gebrauch desselben in den Schu-
len, die Nothwendiskeit, den Schülern einen verständlichen Text zu über-
geben, der Wunsch den kanonisch gewordenen Aristoteles überall mit sich
und mit den Lehrmeinungen späterer Zeiten übereinstimmen zu sehen, fal-
len bei dem Commentare Alexanders fort. Man darf daher mit gutem
Rechte annehmen, dafs die Fragmente Alexanders von Averroes uns keines-
falls ungenauer überliefert sind, als der Text des Aristoteles, wie ihn die
jene willkürlichen Änderun-
obigen Auszüge uns darbieten.
Fassen wir die nunmehr gewonnenen Ergebnisse dieser Untersu-
chung kurz zusammen, so dürfen wir folgende Sätze als erwiesen ansehen.
Die von Averroes uns erhaltenen Bruchstücke eines griechischen
Commentars zum zwölften Buche der Metaphysik sind die Reste einer echten
Schrift des Aphrodisiers Alexander. Dieselben sind von Averroes aus der
ihm vorliegenden arabischen Übersetzung einer syrischen Version mit grolser
Gewissenhaftigkeit abgeschrieben worden, geben auch im ganzen den Sinn
des Originals mit hinlänglicher Genauigkeit wieder, lassen aber, wie alle
6. Ergebnisse.
64 FREUDENTHAL:
derartigen Übersetzungen, im einzelnen in Bezug auf Treue der Form und
des Inhaltes gar viel zu wünschen übrig. — Anders steht es um den in grie-
chischen Handschriften erhaltenen Commentar. Derselbe wird Alexander
mit Unrecht zugeschrieben. Er stimmt in keiner Weise mit den als echt
erwiesenen averroistischen Auszügen überein; er kann weder das unver-
sehrte Werk Alexanders noch eine Bearbeitung eines solchen sein, wel-
che wesentliche Theile des alexandrischen Werkes aufbewahrt hätte. Aber
der Verfasser hat ihn für eine Schrift Alexanders ausgegeben und durch
verschiedene Kunstgriffe, insbesondere durch zahlreiche Entlehnungen aus
anderen Werken Alexanders, den Leser irre zu führen gesucht. Der Zeit-
raum, innerhalb dessen diese Trugschrift verfafst sein muls, ist von der
Mitte des fünften und dem Ende des sechsten Jahrhunderts begrenzt. Diese
Sätze gelten zunächst für das zwölfte Buch des griechischen Commentars,
das vornehmlich durch die Auszüge bei Averroes als das, was es ist, er-
kannt werden konnte. Durch die Vergleichung Syrians mit Ps.-Alexander
(oben S. 28f.) werden sie auch für das dreizehnte und vierzehnte Buch er-
wiesen. Dafs sie auch auf die übrigen Bücher (E bis K) auszudehnen
seien, würde die Prüfung der Sprache und des Inhaltes dieser Bücher
lehren, wenn eine solche dieses Ortes wäre. Anstatt einer solchen sei
auf das Citat des Asklepius (S. 48) und die oben ($S. 23 Anm. 1) und von
Bonitz (Praef. in Alex. comm. p. xxv) aus den verschiedensten Büchern
gesammelten Stellen hingewiesen. Aus denselben geht hervor, dafs der
schriftstellerische Charakter des zwölften dem der früheren Bücher in be-
deutsamen Zügen gleicht, und dafs ein grofser Theil der Verdachtsgründe,
die gegen jenes Buch beigebracht worden sind, auch die Bücher E bis K
trifft.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 65
Übersetzung
der Fragmente Alexanders.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. TI. 9
66 FREUDENTHAL:
Von der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin mit der Übersetzung und Bearbei-
tung der von Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders zur Metaphysik betraut, hatte ich diese Auf-
gabe übernommen, nachdem die Bemühungen mehrerer namhafter Orientalisten um Auffindung des ara-
bischen Originals von Averroes’ grofsem Commentare zur Metaphysik ergebnilslos geblieben waren.
Nach Beendigung meiner nach dem Texte zahlreicher hebräischer Handschriften angefertigten Über-
setzung machte mich Herr Dr. Steinschneider in Berlin auf den Nachtrag zum catalog. cod.
orient. bibl. Leid. vol. V p. 324 aufmerksam, dem zufolge das lange Zeit vergebens gesuchte Original
in Leiden sich befinde. Ich verdanke es der ausgezeichneten Liberalität des Herrn Professor de Goeje
in Leiden, der die werthvolle Handschrift zu längerer Benutzung mir zusendete, und der bereitwillig
mir gewährten Hilfe meines Collegen, des Herrn Privatdocenten Dr. S. Fränkel, der den arabischen
Text mit meiner Übersetzung aufs sorgsamste verglichen hat, dafs meine Arbeit aus der Untersuchung
des Originals wesentlichen Vortheil hat ziehen können. Die Vergleichung des Herrn Dr. Fränkel hat
ergeben, dafs die hebräische Übersetzung im allgemeinen als eine sehr treue und zuverlässige anzusehen,
dafs sie und dafs daher auch meine deutsche Übersetzung an zahlreichen Stellen nach der arabischen
zu verbessern sei, dafs aber kein einziges Fragment den von mir aufgefundenen hinzugefügt oder aus
ihrer Zahl gestrichen werden müsse; dafs ich ferner bei der Herstellung und Verbesserung des oft ver-
derbten Textes, wie bei der Bestimmung des Verhältnisses der hebräischen Handschriften zu einander
von richtigen Grundsätzen ausgegangen sei. Die von mir angefertigte Übersetzung durfte daher beibe-
halten werden, und es ist diese in gemeinsamer Erwägung mit Herrn Dr. Fränkel verbesserte Über-
setzung, die ich hier dem Leser vorlege. Aufser diesen Verbesserungen verdanke ich meinem Herrn
Collegen zahlreiche die Übersetzung betreffende Anmerkungen, die durch eine Klammer [] und ein bei-
gefügtes SF als Eigenthum desselben bezeichnet worden sind. — Noch mehrere andere Gelehrte ha-
ben durch Mittheilungen aus Handschriften oder Nachforschungen nach solchen diese Arbeit geför-
dert. Ihnen allen, insbesondere den Herren Dr. Belger in Berlin, Dr. Houtsma in Leiden, J. Levy in
Paris, Dr. Neubauer in Oxford, Dr. Perles in München, Dr. Spitta-Bey sel., ehemals in Kairo, spre-
che ich aufrichtigen Dank aus. Bemerkt sei noch, dafs diese Arbeit, die im October 1883 der Kö-
niglichen Akademie vorgelegt worden ist, in Folge längerer Krankheit von mir erst ein Jahr später
dem Drucke übergeben werden konnte: im Laufe dieses Jahres erschienene Schriften haben unter die-
sen Umständen nur zum Theil Berücksichtigung finden können.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 67
Das Buch der Metaphysik, das mit dem Buchstaben A bezeichnet ist:
Ich sage: Es findet sich weder von Alexander noch von einem der
späteren Erklärer ein Commentar oder eine Paraphrase über die Bücher
dieser Wissenschaft — mit Ausnahme dieses Buches. Denn zu ihm ha-
ben wir einen Commentar von Alexander über etwa zwei Drittel des Bu-
ches! und eine vollständige” Paraphrase des Themistius vorgefunden.
Als das beste habe ich? nun erkannt, das, was Alexander zu jedem
einzelnen Abschnitte sagt, so klar und kurz es uns möglich ist, zu erläu-
tern*. Aufserdem werden wir erwähnen, was Themistius hier hinzu-
1 Averroes fand in seinem Exemplare des alexandrischen Commentars die Lem-
mata des aristotelischen Textes nur bis ce. 7. 1072 5 16 vor (s. Näheres unten in Note 4);
Erklärungen Alexanders lesen wir bei Averroes aber noch zu dem Lemma 1073 b 38 —
1074 a 14, und nach der Bemerkung der latein. Übersetzung (Nr. 48 p. 348E: et hie comple-
tur sermo Alewandri expositivus) reichte der Averroes vorliegende Theil des Commentars bis
zu den Worten #«r« rov oög«eev (1074 a 30). — Ähnliche Erklärungen über den Umfang
der erhaltenen Commentare des Alexander und Themistius finden sich bei Alfäräbi (s. Stein-
schneider Al-Farabi p. 139) und in der Nachschrift zu Averroes’ Commentar 1. VII, die
aber in der lateinischen Übersetzung fehlt.
? [Arab. ‚gell Je Ü& SF]. Das ist nicht auf die Art der Erklärung zu bezie-
hen — (also nicht ‘eine den Sinn vollendet wiedergebende Paraphrase’) —; denn Aver-
roes ist mit Themistius keineswegs zufrieden, wie aus S. 59 hervorgeht. Hebr. hat die
nicht minder dunklen Worte 71:7 "=> 2°w ın)= mit vielen Varianten in der zweiten Classe
der Handschriften.
® Averroes wechselt häufig den Numerus des Personalpronomens.
* Averroes bezieht sich hier auf seine kurzen Erklärungen der Excerpte aus Alexan-
ders Commentar im Unterschiede von dem, was aus Themistius angeführt und was von
eigenen Erläuterungen mitgeteilt wird. Man darf aber hieraus nicht folgern, Averroes
wolle nur Erklärungen der Worte Alexanders, nicht diese selbst mittheilen, wie $. 60
nachgewiesen worden ist.
g9*
10
15
68 FREUDENTHAL:
setzt oder bezweifelt, und ebenso werden wir mittheilen, was wir selbst
hinzuzusetzen oder zu bezweifeln haben.
Frgm. 1. Wir sagen: Alexander beginnt mit den Worten: Die Be-
hauptung derer, welche sagen, dafs dieses Buch, nämlich Buch A, den
Abschlufs dieser Wissenschaft bildet, ist nothwendig anzuerkennen. Denn
von den übrigen Büchern, die er über diese Disciplin verfalst hat, ent-
hält ein Theil die Zweifel, dıe in derselben, nachdem sie erörtert worden
sind, gelöst werden müssen!. In einem anderen Theile derselben löst er
diese Zweifel, und das geschieht in den Büchern?, welche auf das eben
bezeichnete folgen. In einem anderen Theile derselben spricht er über
das, was dem Seienden, insofern es ist, zukommt. In diesem Buche aber
spricht er über die Principien dessen, was ist, insofern es ist?, das sind
die Prineipien der ersten Substanz, (und über die erste Substanz) *, de-
ren Existenz höchste Wahrheit ist. Er erörtert nämlich, dafs es eine
Substanz dieser Art giebt und was diese Substanz ist. Und die Erörte-
rung dieser Substanz ist das Endziel, das in dieser Wissenschaft erstrebt
wird. Denn in den zwei Büchern, die auf das vorliegende folgen, erläu-
tert er nichts, was seinem Hauptzwecke entspräche und erörtert in ihnen
nichts von der ıhm eigenthümlichen Theorie. Sie enthalten vielmehr nur
die Widerlesung der Meinungen derer, welche als Prinzipien des Seienden
die Ideen und Zahlen ansehen. Diese Gegenstände aber hat er schon in
1 Vgl. Alex. metaph. p. 128, 5. 25. 195, 15.
2 Hebr. — mit Ausnahme von A, in dem "ws fehlt, — liest: =Sana7 »w= "in
den zwei Büchern’, mit Unrecht; denn die Lösung der &roaı ist nicht blos in Buch F
und gar nicht in A zu suchen. [Auch fehlt die Zahl in Ar. SF]. Vgl. ferner Alex. me-
taph. p. 195, 17 Bon. und Ps.-Alex. metaph. p. 606, 10f.
3 Vgl. Alex. metaph. 128, 2. 193, 5. 302, 7. 10 u. o.
* Die Worte ‘und über die erste Substanz’ fehlen im Ar. u. Hebr., müssen aber
nothwendig ergänzt werden;. denn unter der Substanz, ‘deren Existenz höchste Wahrheit
ist” und deren Erörterung das Endziel der Metaphysik ist, kann nur die göttliche Sub-
Stanz verstanden sein (vgl. Alex. metaph. 101, 21), von Principien derselben aber darf
nicht gesprochen werden (vgl. Alex. quaest. I 1. 13, 24%; comm. in metaph. 193, 13;
Aristot. Metaph. « 994 a 1f. A 1071 5 16. 23. 1072 a 15). Die vorgeschlagene Änderung
empfiehlt sich, weil sie den Ausfall der nothwendigen Worte — nA zx3=37 nach zx>r7
ans — aufs einfachste erklärt. Über ‘erste Substanz’ vgl. Bonitz ind. Arist. 544 b47f.;
Gott aber nennt Alexander ouos« zewrn quaest. I, 25 p. 77, 10. 78, 7. 19. 79, 24.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 69
dem Buche, das mit grols A bezeichnet wird, [und das ist das zweite
Buch dieses Werkes]!, erörtert, und diese Erörterung vollendet er in die-
sen zwei letzten Büchern. Den Beweis aber dafür, dals dieses Buch den
Abschlufs dessen bildet, was er über diese Wissenschaft spricht, liefern
die Worte am Anfange des dritten Buches? und an anderen Orten.
Das ist die Summe dessen, was Alexander der Erklärung dieses
Buches vorausschickt. Das nun, was er zum Verständnisse des Inhaltes
der übrigen Bücher dieser Wissenschaft gesagt hat, ist summarisch aus-
gedrückt?, und vielleicht ist hier der passendste Ort, es zu erläutern.
Wir haben hiermit, weil wir diese Wissenschaft lieben und eifrig
sind sie zu lernen und zu lehren, die Erklärung dieses Mannes zu dieser
Wissenschaft in ihren Hauptpunkten erläutert*, damit sie (die Erklärung)
von dem, der nicht die Muflse hat die Bücher des Aristoteles zu studiren,
leichter aufgefalst werden könne und damit es diesem sowie auch dem-
jenigen, der dieselben gelesen hat, zur Erinnerung diene.
Es sagt Aristoteles (XII 1. 1069 « 183—19): Die Untersu-
ehung ist über die Substanz; denn gesucht werden die Ursa-
chen der Substanz und ihre Prineipien.
Frgm. 2. Erklärung. Es sagt Alexander: Da seine Absicht in dieser
Wissenschaft ist, über das Seiende, insofern es ist, seine Princeipien und
Ursachen zu sprechen, und schon erörtert worden ist, dafs die Weisheit
und die erste Philosophie nur diese zwei Gegenstände untersucht, in dem
1 Die eingeklammerten Worte sind offenbar der Zusatz eines Lesers, der die Me-
taphysik mit Buch « und nicht mit A beginnen liefs, vielleicht des Averroes selbst.
?2 Vgl. Arist. metaph. T 1—2.
3 [Zu lesen ist Ju>} für Sux>} des Ar. ‘läfst verschiedene Erklärungen zu‘,
unter Vergleichung der ziemlich identischen Stelle Ar. p. 303, 10 wo es heilst: ‘Und wenn
Alexander wirklich diesen Sinn beabsichtigt hat, den wir angegeben haben, so hätte es
sich für ihn gepalst‘, Ju>3} Üo au 3, St Är Las „„) den Gegenstand de-
taillirt und nicht in dieser summarischen Weise abzuhandeln’ SF]. Jlsi>} lasen auch
die Hebr., die rs 1073 54307 darbieten, während A das Wort gar nicht übersetzt. Gänz-
lich mifsverstanden hat die hebr. Worte Paulus Israelita (s. Note 3).
* [Le OR Ar. SF].
Frgm. 1.
10
15
20
Frgm. 2.
Aristot. 1069a18.
10
15
70 FREUDENTHAL:
voraufgehenden Buche! aber dargethan worden ist, dafs die Substanz das
wahrhaft Seiende und die Ursache der übrigen (Kategorien)? ist, so be-
ginnt er im Anfange dieses Buches die Principien des Seienden, welches
die Substanz ist, zu untersuchen.
Es sagt Aristoteles (1069 « 19 —21): Denn wenn dieses All
wie irgend ein Ganzes ist, so ist die Substanz sein erster
Theil, und wenn es so ist, dafs Eines auf das Andere folst, so
ist auch in dieser Weise dıe Substanz das erste und dann die
Qualität und die Quantität.
Frgm. 3. Erklärung. Alexander sagt: Den Ausdruck ‘das All’ setzte
er hier für ‘das Seiende. Es ist als wollte er sagen: ‘wir erklären, dafs die
Untersuchung sich nur auf die Substanz richtet, deshalb weil, wollte Jemand
meinen, dafs das Seiende wie ein? zusammenhängendes Ganze ist, er
annehmen mülste, dafs die Substanz davon der erste Theil ist. Wollte
er aber annehmen, dafs ein Theil desselben dem anderen der Existenz
nach voraufgeht und dafs es in demselben ein erstes und zweites giebt,
so würde es (ebenfalls) richtig sein anzunehmen, dafs die Substanz das
in Wahrheit Existirende ist’*. Alexander sagt: Und diese letztere Art des
Voraufgehens der Substanz meint Aristoteles, wie das aus dem früher Ge-
sagten erhellt. Er erwähnt jedoch hier diese zwei Ansichten der Vor-
sicht® wegen, nicht aber als ob er die erste Art des Voraufgehens aner-
kännte. Und da schon früher dargelegt worden ist, dafs es im Seienden
1 Vgl. Arist. metaph. K 3. 1060 d 31f. Vielleicht aber hat Alexander ev rots
med rovrov Arßrios geschrieben; denn auf die Bücher Z und H würde das Citat viel besser
passen.
2 Griech.: zei % eirie ruv @AMuv (sc. yavav oder zermyogwv); vgl. Alex. comm.
in metaph. 244, 2. 26 u. oft.
3 Im Hebr. ist hier zu lesen pa4nn Ans 5522.
* So Ar. u. 0; B mon aan ‘das zuerst Existirende.
° Vgl. Arist. metaph. Z ]. 1028 a 14f.
° [Ar.: „gExuSt &g> Je vgl. Dozy, supplem. s. v. „ed SF]. Die hebr. Übersetzung
mınanm x 53 ist als Mifsverständnifs des arabischen Textes anzusehen. Alexander will
sagen, dafs Aristoteles, um allen möglichen Einwendungen vorzubeugen und alle Gründe
zu erschöpfen, auch diejenige Ansicht anführe, die er selbst milsbilligt.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 71
ein erstes giebt, das ist die Substanz, und ein zweites, so ziemt es sich,
dafs der, welcher die Prineipien des Seienden, insofern es ist, zu unter-
suchen gedenkt, die Principien der Substanz untersuche.
Das ist der Inhalt dessen, was Alexander über diesen Abschnitt
sagt, und diese Erklärung ist richtig. Er sagt! (ferner): Es ist auch
möglich, unter dem Ausdrucke des Aristoteles “wie ein Ganzes’ die Gat-
tung und unter dem Ausdrucke ‘ihr erster Theil’ die Art zu verstehen.
Es ist also als ob Aristoteles sagte: ‘Denn wäre das Seiende als eine
Gattung anzusehen, so wäre die erste Art derselben die Substanz’. Doch
hat Alexander diese Erklärung für minder gut erklärt?, weil es in der
wahren Gattung Arten, die früher sind als andere, nicht giebt, die Arten
in Bezug auf die Gattung vielmehr auf einer Stufe stehen. s
Die Erklärung Alexanders zu diesem Abschnitte ist vollkommen
richtig, doch bedarf sie der Ergänzung; die Erklärung des Themistius
aber ist gänzlich irrig. Der Grund hierfür ist die Verderbnifs in Alexan-
ders Erklärung?; denn dieser Mann, ich meine Themistius, hat, wie aus
seiner Darstellung hervorgeht, nur eine Umschreibung der Erklärung
Alexanders geliefert.
Es sagt Aristoteles (1069 « 30—36): Die Substanzen sind
drei, von denen eine sinnlich ist, und von dieser ist das eine
ein ewiges und das andere ein vergängliches, und sie ist es,
die Alle anerkennen, wie die Pflanzen und die Thiere Und
sie ist es, von der wir nothwendig die Elemente suchen müs-
sen, ob sie nun eines oder viele sind. Und die andere ist un-
bewegt, und von dieser sagen Manche, dafs sie trennbar sei,
indem sie Einige in zwei Theile theilen, Andere aber die
1 Zu lesen ist mit Ar. und « im Hebr. „ax statt man, das CDE darbieten,
wie schon aus Z. 10 unten hervorgeht, wo ein Theil der hebr. Handschriften in Folge eines
Mifsverständnisses fälschlich br» statt warn giebt.
2 [Ar. _&wo (l. _awo), das “verdoppeln” und “für schwach erklären’ bedeuten
kann SF]. Daher die Verschiedenheit der hebr. Übersetzungen %z> in ABD und worn
mgo BC Lat.
3 Welche Textesverderbnils gemeint ist, ist nicht zu ersehen.
Frgm. 3.
Aristot. 106919.
10
20
Aristot. 1069030.
10
15
25
72 FREUDENTHAL:
Ideen und das Mathematische in ine Natur zusammenlegen,
Andre aber das Mathematische allein von diesen.
Frgm. 4°. Erklärung. Zu den Worten: “Und sie ist es, deren
Elemente wir nothwendig erforschen müssen’ sagt Alexander, dafs wir
hierunter nicht die entstandene vergängliche Substanz (allein) verstehen
dürfen, sondern die beiden Substanzen, die sinnliche entstandene und die
nichtentstandene. Er sagt: Denn den Beweis für die Prineipien des Seien-
den, welcher Art sie sind, zu liefern, das gehört zur Aufgabe des Meta-
physikers. Sie sind es nämlich, die der Physiker behandelt, indem er
sie nicht begründet, sondern voraussetzt. Denn die unveränderliche Sub-
stanz ist Princip und Ursache der Naturdinge und sie ist es, von der er
jetzt seiner ersten Absicht gemäfs sprechen will. Welcher Art aber die
übrigen Prineipien sind, das zu erklären kommt allein der Physik zu.!
Frgm. 4°. Er sagt: Die Worte, die er (Aristoteles), nachdem er
der sinnlichen entstandenen, vergänglichen Substanz gedacht hat, sagt
‘und sie ist es, deren Elemente man ermitteln muls’, finden sich in Einer
der verschiedenen Handschriften. Und die Erklärung dieser Worte ist,
wie wir ausgeführt haben. An Stelle dieser Worte aber findet sich in
einer anderen Handschrift folgendes: ‘und diese ist ewig, und sie ist es,
deren Elemente wir nothwendig ermitteln müssen u. s. w.'?
Alexander sagt: Aristoteles will dieser Lesart zufolge sagen, dals
wir die Principien der Elemente der ewigen Substanz zu ermitteln haben.
Denn die erste Ursache, von der in der hier abzuhandelnden Wissenschaft
die Rede ist, ist die Ursache und das Prineip des göttlichen Körpers.
Er sagt: Die erste Lesart ist die bessere. Denn er (Aristoteles) hat ja
schon ausgesprochen, dafs er die Absicht hat, von den Elementen der
sinnlichen Substanz zu sprechen; diese aber umfafst auch die Dinge, de-
nen Entstehen zukommt. Und eben dieses thut er, nachdem er etwas
! Vgl. unten Frgm. 6.7; Arist. Phys. II 7. 198 a 29£. und Bonitz zu Metaph. A 2.
106951; Alexand. metaph. 126, 22#.
2 Über diese Lesarten vgl. oben $. 44.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 73
tiefer in die Sache eingedrungen ist!; denn erst von der Untersuchung
dieser Dinge geht er zu den trennbaren Formen über?. Das ist's, was
Alexander an diesem Orte sagt, doch bedarf es näherer Erwägung
....0..
Frgm. 5. Da er nun angenommen hat, dafs es dreierlei Substan-
zen giebt und dals eine von ihnen die trennbare ist, und aufser ihm
schon Andere diese anerkannt haben, erwähnt er diesen Umstand als eine
Art von Zeugnils und sagt: ‘Und von dieser sagen Manche, dals sie trennbar
sei, er meint deshalb, weil sie dieselbe Ansicht hegen, wie wir selbst.
Weil nun ein Theil dieser Männer die trennbare Substanz in zwei Arten
theilt, ein anderer Theil die zwei Arten auf eine einzige zurückführt, ein
anderer Theil aber nur eine Art anerkennt, sagt er: ‘indem sie Einige
in zwei Theile theilen, Andere aber die Ideen und das Mathematische
in Eine Natur zusammenlegen, Andere aber das Mathematische allein
von diesen (annehmen)'‘. Er will sagen, dafs Einige diese Substanz zu
zwei Naturen machen, nämlich die Idee und das Mathematische, welches
sie zwischen die trennbaren Formen und die sinnlichen Substanzen setzen.
Andere nehmen? die Ideen und das Mathematische* als eine Natur an.
Andere setzen als trennbare Substanz blofs das Mathematische und er-
kennen die Idee nicht an. Die erste Ansicht ist die Platons. Die zweite
ist, wie Alexander darlest, die anderer (Philosophen) als Platon,
oder die Platons, wie ihm einige seiner Schüler unterschieben®. Die dritte
Ansicht ist die der Pythagoreer und Anderer, obgleich er schon früher®
in Betreff dieser berichtet hat, dafs sie die Zahlen nicht als selbständige
Wesenheiten anerkannten. Die Auseinandersetzung mit denselben über
diese Substanz findet sich in dem folgenden Buche.
Es sagt Aristoteles (1069 « 36 — 5 9): Und über jene zwei
t Vgl. Arist. metaph. A 2. 10695 3f. [Die hebr. Übersetzung v»2 prr"u> ent-
standen aus verlesenem Az;} |5} anstatt des von Ar. dargebotenen richtigen „„e.x' 15} SF].
2 Arist. metaph. A ce. 6ft.
3 So Ar.; A und C mwenepı B ambanıpı C os anapı.
* noomasnn fehlt in E. In Ar. u. A fehlt das nothwendige und’; auch ist Ar.
hier durch eine Dittographie entstellt, die in « und £& vermieden ist.
5 [Ar. PIEIERE aber supr. lin. AXe® d. h. ‘wie ihn erklären’ SF].
6 Vgl. Arist. metaph. A 5. 98656; B 2. 998 aTf.; vgl. M 2. 1076 5 2£.
Phil. Abh. nicht zur Akad, geh. Gelehrter. 1884. I. 10
Frgm. 4.
Aristot. 106930.
a
10
15]
[371
74 FREUDENTHAL:
zu reden gehört zur Aufgabe der Physik; denn sie sind mit
Bewegung; diese aber gehört zu einer anderen (Wissenschaft),
da sie auch nicht eın! gemeinsames Princip haben. Jedoch
die sinnliche Substanz ist veränderlich. Wenn nun die Verän-
on
derung aus den entgegengesetzten (Dingen) und den Mittleren
von statten geht, nicht aber aus allen Entgegengesetzten — denn
die Stimme ist ein Nichtweilses —, sondern aus dem conträren
Gegentheil, so ist es nothwendig, dals es ein tragendes Etwas
gebe, das? sich in die Gegensätze verändert. Denn die Ge-
10 gensätze verändern sich nicht. Dieses also bleibt bestehen,
der Gegensatz aber bleibt nicht bestehen: folglich (giebt es)
ein Drittes aufser den Gegensätzen°.
Aristot. 1069 a36. Frgm.6. Erklärung. Es sagt Alexander: Nachdem er über die
bewegte Substanz gesprochen und sie in zwei Arten getheilt hat, in eine
15 ewige und eine entstehende vergängliche, sagt er, dafs über diese zwei
Substanzen der Physiker zu sprechen hat. Denn die physikalische Un-
tersuchung bezieht sich auf die Substanzen, denen Bewegung zukommt,
indem sie die Principien derselben der Metaphysik entnimmt*. Was aber
die unbewegte Substanz betrifft, so ist die Untersuchung derselben Auf-
20 gabe der Metaphysik......
PFrgm. 7. Es sagt Alexander in dieser seiner Erklärung Folgendes®:
Er sagt: Nachdem Aristoteles erklärt hat, dafs die Untersuchung der sinn-
lichen Substanz, da ihr Bewegung zukommt, Aufgabe der Physik ist und
schon früher von ihm dargethan worden ist, dafs wir nothwendig die
25 Elemente der sinnlichen Substanz aufsuchen müssen, sie mögen Eines oder
viele sein — denn die Untersuchung dieses Gegenstandes und die Ermit-
1. Hebr. nenn nm mornm Toran aid mim bw Ann.
2 [Ar. fehlerhaft „Al, SF].
3 A 0m des griechischen Textes (1069 5 9) fehlt bei Ar. und Hebr., vielleicht
mit Recht.
* Vel. Alex. metaph. 224, 6: 0 momosı eraoros wurwv Au Mao FoÜ Amodsızrızol.
se za diAosobou #7%. Zum Ganzen vgl. frgm. 4a.
® 5 [Ar. su ‚söä!, was (vgl. Dozy, supplöm. II 675) nur von wörtlichen An-
führungen gebraucht wird SE].
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 75
telung der Prineipien! der Naturdinge ist die Pflicht? des Metaphysikers —,
so spricht er zuerst hierüber und erklärt, welches die Elemente der phy-
sischen Substanz sind. Dieser Untersuchung schiekt er einen unleugbaren
Satz voraus, nämlich, dafs jede sinnliche Substanz veränderlich ist; denn
jede derartige Substanz ist entweder veränderlich in Bezug auf den Ort
allein, wie die ewige Substanz, oder in Bezug auf die Qualität und die
Quantität, oder auf die Substanz, wie die Dinge, denen Entstehen zu-
kommt. Mit diesem Vordersatze verbindet er einen anderen, der ebenso
unleugbar ist, und zwar dafs, was sich verändert, aus dem Gegensatze
oder aus dem, was zwischen den Gegensätzen liegt, (sich verändert?).
Das, was zwischen den Gegensätzen liegt, ist nun, wie er sagt, nicht un-
ter allen Umständen als gegensätzlich anzusehen; denn die Mitteldinge,
aus denen die Veränderung in die beiden Extreme von statten geht#,
sind nicht schlechthin Gegensätze der beiden Extreme, folglich gehören
sie nicht in jeder Beziehung zu den Gegensätzen. Wie nun die Verände-
rung innerhalb dieser (Mitteldinge) und aus denselben auch aus den Ge-
gensätzen stattfindet, weil das, was zwischen den Gegensätzen liegt, aus
einer Mischung der Gegensätze hervorgeht, das hat er früher im Buche ©
auseinandergesetzt°.
Da er (Aristoteles) nun sagt, dafs die Veränderung, die zwischen
den Gegentheilen stattfindet,®... so erklärt Alexander: Das Wort "die
1 [Ein dem Worte ‘Prineipien’ entsprechendes ale! fehlt im Arab. SF]. Es ist
nach Hebr. übersetzt worden.
? A hat, das Arab. _&> milsverstehend, nrasa, £ richtig prn.
3 Die Worte “sich verändert’ fehlen im Ar. und Hebr.
* Im Arab. durch \5 und im Hebr. durch “=> gemildert, also etwa 'von statten
gehen kann‘.
5 Arist. metaph. © c. 8. Richtiger wäre die Hinweisung auf Metaph. Z ce. 7£.
Phys. I e. öf. gewesen.
Selm Ar: malt 2 65%] Pe © J& U,, was unverständlich ist, da
das Prädikat fehlt SF]. Ebenso die bessere Classe der hebr. Handschriften (ABCO)
SrDanT 2 NN Bor San a, während E durch Conjeetur zu helfen sucht, nämlich x"
a statt »s Son schreibt. Es ist wohl nur das Stichwort mwr7& aus dem Lemma 10695 3£.
eitirt und sofort durch den Zusatz erklärt a2s277 72 wn. Das Citat sollte also genauer
lauten: ar6span ja (25877 73 Jar) "swb Sand 7251 “Da nun Aristoteles sagt, ‘die Verän-
derung (die doch zwischen den conträren Gegentheilen stattfindet), ‘seht aus den Entge-
gengesetzten von statten‘, so erklärt Alexander’ u. s. w.
10*
Frgm. 7.
Aristot. 1069036.
10
15
Frgm. 7.
Aristot. 106936.
[5
10
76 FREUDENTHAL:
Entgegengesetzten’ gebraucht er in demselben Sinne, wie ‘die conträren
Gegentheile’; denn er nimmt an, dals alle Veränderung aus den conträ-
ren Gegentheilen oder den Mitteldingen, die zwischen jenen liegen, von
statten geht.
Die Worte aber ‘denn die Stimme ist ein Nichtweilses, sondern aus
dem conträren Gegentheil’ bedeuten, wie Alexander sagt, Folgendes: Wenn
wir auch sagen, dafs die Stimme ein Nichtweilses ist, so wird doch da-
rum ein Weilses nicht aus der Stimme, weil die Stimme ein Nichtweilses
ist. Denn das, aus welchem etwas sich verändert), muls, während es
sich verändert, das eonträre Gegentheil davon werden!. Alexander fügt
hinzu?: Oder vielleicht ist nicht dies (gemeint)®, sondern nachdem er im
Gange der Untersuchung* erklärt hatte, dafs die Veränderung nur aus
Entgegengesetztem oder dem Dazwischenliegenden stattfindet, Entgegen-
gesetztes aber in vielfacher Bedeutung gebraucht wird, erläutert er nun,
dafs die Veränderung nicht aus jedem beliebigen Entgegengesetzten statt-
findet, mit den Worten "nicht aber aus allen Entgegengesetzten. Das
heifst, sie findet nicht aus Allem, was in irgend einer Weise entgegenge-
setzt ist, statt; denn wir können ja auch sagen, dafs die Stimme dem
Weifsen entgegengesetzt ist, wie das contradietorische Gegentheil, indem
wir erklären können, dafs die Stimme nicht weils ist. Wir werden aber
darum doch nicht annehmen, dafs das Weilse aus der Stimme wird und
die Stimme sich in das Weifse verändert, und dies darum nicht, weil
A: ee SI Ao was pers Lie air (sl a © Loth 3) wört-
lich: ‘denn es geziemt sich, dals das ‘aus welchem’, während es sich verändert, das Ge-
gentheil dieser Sache werde’ SF]. Ebenso «: a7 mm mınwna ma Dan Tan SUR MS Rat)
arm mn. Die Rathlosigkeit des Übersetzers zeigen die Varianten der übrigen Hand-
schriften. Das Arab. ist aber wohl nur eine bis zur Unverständlichkeit getreue Nachbil-
dung des Griechischen: det yag ro 2& ov TagE Tyv EAAoiwaw yiyverdear Evavrıov wur), Was
«ur gelesen ward. [l \is. in der Bedeutung von ‘während’ findet sich auch im Com-
mentar des Averroes, z. B. p. 309 Z. 3 des cod. Leidensis SF].
2 [Im Arab. ist diesen Worten noch ein ‚Sl3 ‘er sagt” hinzugesetzt SF].
3 Der hebr. Text ist hier in allen Handschriften unheilbar entstellt.
2 Ar. ulb)) ib ‚Ns, woraus leicht sur! “auf allgemeine Weise’ entstehen
konnte SF]. Das erstere (hebr. 777 77752) bieten alle hebräischen Handschriften mit
Ausnahme von A; das letztere (hebr. n156>7 77 °%) hat aulser A auch Lat.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 77
nicht aus allen Dingen, von denen das Weilse negirt werden kann, das
Weilse entsteht. Das heilst, weil nicht aus jedem beliebigen Entgegen-
gesetzten die Veränderungen (vor sich gehen), sondern aus den conträren
Gegensätzen, wie er eben dies! erläutert hat.
Er (Alexander) sagt: Nachdem er erörtert hat, dafs die Prineipien
aller natürlichen und veränderlichen Dinge nothwendig Gegensätze sind,
verbindet er damit (den Satz), dafs es nothwendig ist?, in allen Dingen,
die sich aus den Gegensätzen verändern, einen Träger anzunehmen, der
in dasjenige Gegentheil übergeht, durch welches die Veränderung zu
Stande kommt, sodals derselbe in irgend einer Zeit in irgend einem
Theile der Veränderung und in einer anderen Zeit in einem anderen Theile
derselben sich befindet. Denn das ist unmöglich, dafs die Gegensätze
selbst ihre Gegensätze aufnehmen und sich in dieselben verändern, wäh-
rend sie selbst bestehen bleiben. Das hat er schon im ersten Buche der
Physik? auseinander gesetzt. Er verbindet hiermit ferner den Gedanken,
den er auch schon daselbst auseinandergesetzt hat, dafs das, was sich
verändert, indem es sich verändert, bestehen bleibt*, die Gegensätze aber,
innerhalb deren die Veränderung vor sich geht, nicht bestehen bleiben.
Daraus geht hervor, dafs in allen Dingen, die sich verändern, nothwen-
dig ein Drittes vorhanden ist, das bestehen bleibt aufserhalb der Gegen-
sätze. Das ist es, was Alexander zur Erklärung dieses Abschnittes sagt,
und diese Erklärung ist vollkommen richtig.
Es sagt Aristoteles (10695 15 — 520): Da aber das Seiende
ein zweifaches ist, so verändert sich alles sich Verändernde
aus dem, was der Möglichkeit nach ist, in das, was in Wirk-
ı [Ar. z9 «sÖ5 dann 5. — „9 dient hier zur Hervorhebung von 5 SF].
Hebr. übersetzt wörtlich: as xy mr saw 05, was E in Sax 71 "Ana 125 ändern zu
müssen glaubte.
? Im Arabischen und Hebräischen wird hier die Nothwendigkeit durch gehäufte
Ausdrücke betont.
3 Phys. I c. 5-7. Vgl. Ps.-Alex. metaph. 644, 28 Bon.
* Im Arab. und Hebr. ist nach diesen Worten nochmals hinzugefügt ‘das, was
sich verändert‘,
Frgm. 7,
Aristot. 1069 «36.
25
Aristot. 1069 515.
10
15
20
25
78 FREUDENTHAL:
lichkeit ist, z.B. aus dem der Möglichkeit nach Weilsen in das
der Wirklichkeit nach Weilse, ebenso in Bezug auf Entstehen
und Vergehen. So dafs es nicht blofs möglich ist, dals Etwas
nur beziehungsweise aus dem, was nicht ist, entstehe, sondern
vielmehr aus dem, was ist, nämlich, dafs Alles, was entsteht,
aus dem, was der Möglichkeit nach ist, der Wirklichkeit nach
aber nicht ist, entstehe.
Frgm. 8a. Erklärung. Nachdem er erklärt hat, dafs die Materie
das Substrat der Gegensätze ist, will er erörtern, welcher Art das Sein
der Materie ist. Und er stellt nun den Satz auf, dafs das Seiende in
Mögliches und Wirkliches in jeder einzelnen Kategorie eingetheilt wird.
Und Alexander sagt, dals er dies schon im Buche ®! erörtert hat, in
welchem er über Möglichkeit und Wirklichkeit gesprochen hat. Er will
sagen, dafs er in jenem Buche die Existenz des Möglichen als der des
Wirklichen voraufgehend durch logische Demonstration erwiesen und die
Unmösglichkeiten hervorgehoben hat, die sich denen ergeben, welche die
Möglichkeit mit der Wirklichkeit zusammen setzen. Was er aber in die-
sem Buche thut, geschieht der Vorsicht halber?, um die Sache zu er-
schöpfen, nicht als ob die Existenz der Möglichkeit etwas wäre, das noch
bewiesen zu werden brauchte......
Frgm. 8b. Und Alexander sagt, dals er die Untersuchung über den
Stoff hier nicht vollständig giebt, weil er sich hierbei auf das, was in der
Physik® darüber erörtert worden ist, stützt; sodals er hier gleichsam da-
ran erinnert und auf jenes Buch hinweist.
Es sagt Aristoteles (c. 2. 10695 20—24): Und dies ist das
Eine des Anaxagoras; denn das ist besser, als 'sie waren alle
zusammen‘. Und dies ist auch das Gemische des Empedokles
und das des Anaximander, und wie Demokrates* gesagt hat:
1 Arist. metaph. © c. 1—3.
2 Vel. oben S. 70 Z. 20.
3 Arist. Phys. IT ce. 7£.V e.1f.u.s.
4 Diese Form des Wortes bietet Ar. dar, wie sie denn in arabischen Schriften
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 79
sie waren uns alle der Möglichkeit nach, in Wirklichkeit aber
nicht, sodals es sich zeigt, dafs sie den Stoff berührt
haben.
Frgm. 9. Erklärung. Es sagt Alexander: Es ist möglich, dafs
die Worte des Aristoteles ‘sie waren uns alle der Möglichkeit nach, in
Wirklichkeit aber nicht’, nicht sämmtlich Worte Demokrates’ sind, son-
dern dafs von diesem Ausspruche Worte Demokrates’ nur sind!: 'sie wa-
ren uns. Er will sagen, sie waren ewig, ohne Aufhören?, denn sie glei-
chen in dieser Hinsicht dem Stoffe. Demnach wären die Worte 'alle
der Möglichkeit nach, in Wirklichkeit aber nicht” Worte des Aristoteles
selbst, als wollte er die Demokrates’ verbessern und sagen: Wenn Demo-
krates von den Atomen sagt, dals sie ewig sind, so deutet er damit auf
die Natur des Stoffes hin und besonders darauf, dafs er der Möglichkeit
nach, nicht in Wirklichkeit alles das ist, was aus ihm wird.
Es sagt Aristoteles (c. 3. 1070 «4—9): Und hierauf, da? jede
Substanz aus dem Gleichnamigen entsteht. Denn die Natur-
dinge sind Substanzen, und die übrigen entstehen entweder
durch Kunst oder von Natur oder von ungefähr oder von
selbst*. Die Kunst nun ist Ursache in einem anderen, aber
die Natur ist Ursache in ihm selbst; denn der Mensch erzeugt
den Menschen. Die übrigen Ursachen aber sind Negationen
dieser.
Frgm. 10. Erklärung. Nachdem er die Principien der entste-
durchaus gewöhnlich ist (s. Aug. Müller, die Philos. d. Griech. S. 35); die hebräischen
Handschriften schwanken zwischen D»on4p%°7 Demokrates, D»3”=p%2"7 Demokrites und an-
deren Formen.
1 [Ar al25 29 SI cm ymublärs Jeö „5 > worin „9 das Demonstrativ
zu verstärken scheint; vgl. p. 77 Anm. 1. Vielleicht liegt hier eine Nachbildung des syr.
lo nn vor SF]. Hebr. übersetzt entsprechend ax an 1a DaÄp1a"T Tanz mim bar.
2 Über diese Erklärung vgl. oben S. 45.
3 Das örı des griechischen Textes wurde vom Übersetzer als causale Conjunc-
tion gefalst.
* Demnach lautete der Text: r& yag Pure: ovsim, za ram m reyum n birsı
J
Yiyveraı Ara,
Aristot. 106920.
5
10
15
20
Frgm. 10.
Aristot. 1070 «4.
10
15
20
25
80 FREUDENTHAL:
henden vergehenden Substanz, die sich in ihr vorfinden, nämlich die
Form und den Stoff, erörtert hat, will er nun auch die bewegenden Ur-
sachen erörtern, um dadurch zu den ersten Ursachen zu gelangen.
Und er beginnt, indem er an das erinnert, was in den Abhandlungen
über die Substanz! erörtert worden ist, und sagt, dafs jede einzelne Sub-
stanz aus dem wird, was ım Namen mit ıhr übereinstimmt, wie der
Mensch aus einem Menschen und das Pferd aus einem Pferde. Und Ale-
xander sagt: Man mufs hiermit die Untersuchung verbinden, wie die
Thiere, welche aus der Fäulnifs hervorgehen, aus dem Gleichnamigen ent-
stehen, da man doch von ihnen annehmen mufs, dafs sie durch die Na-
tur, nicht durch den Willen und nicht durch den Zufall werden. Und
auch das Maulthier entsteht nicht aus dem Gleichnamigen, da es nicht
aus einem Maulthiere entsteht. Was er (Aristoteles) aber hinzufügt,
macht das Gesagte? noch zweifelhafter. Zu den Worten nämlich 'was
von Natur ist, wird aus dem Gleichnamigen', fügt er hinzu ‘und die übrigen;
denn sie sind entweder durch Kunst oder von Natur oder von ungefähr
oder von selbst”. Man mülste also in Rücksicht auf diese Worte anneh-
men, dafs er nicht blofs von den Substanzen sagt, sie entstehen aus
dem Gleichnamigen, sondern auch von allen übrigen Dingen, die nicht aus
Substanzen entstehen, sie seien ebenfalls aus dem Gleichnamigen. Soweit
dies nun die Dinge, welche durch die Kunst entstehen, betrifft, ist es mög-
lich, es für richtig zu halten, da die Kunst die Form des entstehenden
Dinges ist, die der Künstler im Stoffe bildet, wie er ım voraufgehenden
Abschnitte gesagt hat, dals der Begriff eines jeden Dinges die Form ist.
Von den Dingen jedoch, die von ungefähr entstehen, und das sind sol-
che, deren Urheber nicht bestimmt ist, ist es unmöglich zu verstehen,
dafs auch sie aus dem Gleichnamigen werden sollten. Denn vielleicht
1 Das Buch Z ist gemeint. Aristoteles selbst nennt es (© 8. 1049 527) oi eg:
z75 oVcies Aoyor. Ebenso giebt Averroes in der Einleitung zu Z an, dafs dies Buch und
die folgenden Aristoteles’ Abhandlungen über die Substanz enthalten.
2 [Ar. Sl&; & “was gesagt wird”. Das Passivum an dieser Stelle ist durchaus
ungewöhnlich SF]. Hebr. nıp25 =°S any ra »ws nam. Auch hier scheint nur eine wört-
liche Übersetzung des Griechischen vorzuliegen: "A d2 zgosmyow dowbioregx more ve
Aeyoneve.
3 Hier wird also der Text, wie ihn die Vulgata zeigt, eitirt.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. s1
schreibt Aristoteles diesen nicht einmal ein Entstehen zu, wie das Nach-
folgende (ergiebt). Denn nachdem er von den Dingen, die von Natur
und durch Kunst werden, gesprochen hat, fährt er fort: “Die übrigen
Ursachen aber sind Negationen dieser. Die Negationen aber sind nicht
Hervorbringungen in Folge einer Absicht, sondern, wie man sagen
muls, nur in Folge eines Fehlers und einer Abweichung von den ihnen
zu Grunde liegenden Zwecken. Denn auch in den Künsten entstehen
die Dinge, die durch einen Fehler und eine Abweichung werden, in Wahr-
Bert\miehtit. hu...
Ferner sagt Alexander: Hierüber hat er (Aristoteles) schon sehr
viel im Buche Z dieses Werkes? gesprochen und auseinandergesetzt, wel-
cher Art jedes Ding ist, das aus dem Gleichnamigen entsteht. Und über
die Dinge, die aus fauligen Stoffen entstehen, hat er in der Physik ge-
sprochen, dafs diese Dinge, wenn sie auch nicht aus dem schlechthin
Gleichnamigen werden, doch durch irgend eine Einwirkung entstehen®.
Die Wärme nämlich, die in den Substraten sich findet, ist die Ursache
für derartige Erzeugnisse. Ferner sagt er (Alexander): Einige haben
den Ausdruck des Aristoteles ‘aus dem Gleichnamigen’ in folgender Weise
verstanden. Die Naturdinge entstehen durch die Natur, und kein Natur-
ding wird durch die Kunst oder durch ein anderes Wesen hervorgebracht,
sondern nur durch die Natur. Und ebenso werden Kunstgegenstände nur
durch die Kunst. Und ebenso was zufällig oder von selbst entsteht; denn
auch von diesen wird nichts durch die Natur oder durch die Kunst. Und
das ist’s, was er hier dargelegt hat.......
Frgm. 10b. Dafs er aber in diesem Abschnitte nicht der Dinge ge-
dacht hat, die durch den Willen entstehen, darüber sagt Alexander: Es
ist möglich, dafs er die Dinge, die durch den Willen entstehen, mit den-
ı Vgl. Arist. Phys. II 8. 199 a 33f.
2 Arist. Metaph. Z e. 7—9, insbesondere Z 9. 1054 a 211.
3 Schon Averroes bemerkt richtig, dals sich in der Physik nichts hiervon fin-
det. Vgl. jedoch Phys. II 6.
4 Über die Entstehung der «urouer« vgl. aulser den in Anm. 2 bezeichneten
Stellen der Metaphysik: de hist. anim. V 539 a 21f. 550 5 32f. de anim. gen. II 743 a 35f.
Meteor. IV 3795 6f. Über die Wärme als Ursache derartiger Erzeugnisse s. die von Bo-
nitz ind. Arist. s. v. Seguos und Segnörns gesammelten Stellen.
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 1. 11
Frgm. 10.
Aristot. 1070a4.
en
10
Frgm. 10.
Aristot. 1070a4.
10
15
82 FREUDENTHAL:
jenigen zusammengefalst hat, die durch die Kunst hervorgebracht werden,
weil der Wille ebenfalls Princip in einem Anderen ist.
Es sagt Alexander: Den voraufgehenden Worten fügt er den Satz
hinzu: ‘Denn der Mensch erzeugt den Menschen‘. Und dieser Satz lehrt,
dafs er mit den Worten 'sie entstehen aus dem Gleichnamigen die ur-
sprüngliche Absicht des Gleichnamigen bezeichnet hat!. Denn Alles, was
von Natur oder durch Kunst wird und nicht dieser Absicht entspricht,
ergiebt sich als ein Zufälliges oder von ungefähr Gewordenes. Und das,
was auf diese Weise entsteht, nennt er Negationen und nicht Ent-
stehungen. .... .
Es sagt Alexander: Und zu den Dingen, die zufällig oder von
ungefähr entstehen, gehören auch die Lebewesen, die aus der Fäulnils
hervorgehen. Jedoch dafs das durch die Kunst Entstandene nur aus
Gleichnamigem entsteht, das hat er schon in den früheren? Büchern aus-
einandergesetzt und sagt es auch hier, indem er fortfährt: "Und die Heil-
kunst ist in gewissem Sinne Gesundheit (1070 «29#£.). Jedoch dafs das
Maulthier aus dem Gleichnamigen wird, das hat er ebenfalls in den
früheren Büchern? erörtert. Denn es entsteht aus dem Esel und dem
Pferde, und diese, insofern* sie etwas Gemeinsames haben, führen einen
1 [Ar Kublylt eye eh il EIN 8 Ka Lei sh SE Lei sl de dIo Io alyön
blatt alas cp or) ‚gell, worin die letzten Worte aufserhalb der Construction stehen.
Wörtlich wäre zu übersetzen: ‘Und dieser sein Satz lehrt, dafs er gesagt hat 'sie ent-
stehen nur’ nur von den Dingen, die aus dem Gleichnamigen entstehen als ursprüng-
liche Absicht des Gleichnamigen, und das deshalb, weil was von den Dingen durch die
Natur oder Kunst besteht, wenn es sich nicht so damit verhält, sich ergiebt als aus
Zufall oder von ungefähr (geworden), da er das in dieser Weise Gewordene nur 'Nega-
tionen nicht “Existenzen’ nennt. — Das zweite [;} ist Citat aus dem Anfange des Lem-
mas; dort steht allerdings für OB das synonyme Be SE].
2 [Ar. hier u. 2.18: ,),3) eigentl. “in den ersten’ SF]. Hebr. S11axJ7 2>yanzS,
E jedoch oa7'p7 z’yana=. Es kann nur auf Z 9. 1034a 21f. hingewiesen sein.
3 Arist. metaph. Z 8. 1033 534f.: © ao &v zowov ein Eh immou za ovou, oUz
WVORKETEL x) EyYUTETE yEvos, ein 0°” av ah laws oLov Ylalovog.
4 Ar. Lux) eig. ‘damit SE]. Hebr. »> ws. Vielleicht ist zu übersetzen: ‘und
diese beiden, um in Einem Begriffe sich zu vereinigen, führen Einen Namen, der ihnen zu
Grunde liegt u. s. w.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 83
Namen, der (beiden? zu Grunde liest, und das ist selbst ‘das Gleich-
namige', aus dem er (der Maulesel) wird......
Frgm. 10c. Und dieser Paragraph findet sich in einer anderen
Übersetzung! mit dem Voraufgehenden, wo er der Substanzen gedenkt,
verbunden. Er lautet dort?: “Und es ist nothwendig, dafs dieses nach
diesen? sei, weil jede Substanz aus einem dem Namen und Begriffe nach
Übereinstimmenden wird; denn was von Natur ist, sind Substanzen und
die anderen sind entweder von Natur oder von selbst‘. Und ich ver-
muthe, dals sich in der Übersetzung Alexanders (ursprünglich)* Folgendes
fand: ‘und die übrigen; denn sie sind entweder ...... ? von ungefähr
oder von selbst. Demnach waren die Worte ‘und die übrigen’ mit den
Worten ‘aus dem Gleichnamigen' verbunden, und was Aristoteles dann
hinzufügt, wäre eine Erklärung dafür, dafs sie aus dem Gleichnamigen
entstehen. Und so finden wir es in der Übersetzung des Jahja ibn Adi,
die folgendermafsen lautet©: ‘Demnach würde man in’s Unendliche fort-
sehen müssen, wenn nicht blos das Erz rund würde, sondern (auch)
ı Es ist die am Rande des Ar. stehende Übersetzung des Eustathius.
2 [Averroes sagt: soi IAP,, eitirt also wörtlich SF].
3 Hebr. Snmanmımmw. Demnach hat der Übersetzer gelesen oder vielmehr
. ED \ 3) Er \ m u ec ‚ I) > 2
paraphrasirt (1070 44): avayın O9 zwar roüro era raüre, or Exuorm oVcia Er oUvWmwUnou
’ x AN ’ > ’ x 5 EN 1 ? EN > > 4 ” €
yiyvera’ Ta yap dvosı ovsim, za Tara n bvcsı yıyvera 9% vw auronerw. Die Worte "aus
einem dem Namen und Begriffe nach UÜbereinstimmenden sind eine Umschreibung des
Griechischen svvwvunov, das gewöhnlich nur durch ‘dem Namen nach Übereinstimmendes’
ws 25070 ausgedrückt wird.
* Das Wort ‘ursprünglich’ fehlt im Texte, muls aber wenigstens dem Sinne nach
ergänzt werden. Denn Averroes will offenbar sagen, dafs der Text des Lemmas, wie er
ihn im Commentare Alexanders fand, verderbt sei und ursprünglich so lautete, wie die
Übersetzung Jahjas und unsere Vulgata ihn aufweist (oirie: zaı rare’ 7 yag z72.). Die-
ser seiner Vermuthung gemäls führt Averroes aber schon oben (S. 80) das Lemma an.
Dort hat also Averroes geändert, ohne es zu sagen, weil er sich auf das hier Besprochene
verlälst.
5 Die r&yun 7 dUrsı entsprechenden Worte fehlen im Ar. und Hebr.
6 Ganz wie die Vulgata unseres Textes. Nur wird 107044 sryvaı mit era
ra@ör@ verbunden und 1070 a5 übersetzt, als ob ze: r& &ucsı im Texte stände, das letz-
tere aber wohl nur, weil Partikeln, insbesondere Conjunetionen überhaupt nicht genau
übersetzt werden.
IS
Frgm. 10.
Aristot. 107004.
[31
10
Frgm. 10.
Aristot. 107044.
en
10
15
20
30
s4 FREUDENTHAL:
Rundes und Erz. Nothwendig ist es daher, nach diesen stehen zu bleiben,
weil jede Substanz aus dem Gleichnamigen wird, und was von Natur
ist sind Substanzen und die übrigen; denn sie sind entweder durch
Kunst oder von Natur oder von ungefähr oder von selbst’. Demnach
muls man annehmen, dafs alle Dinge aus dem Gleichnamigen werden, wie
das der deutliche Sinn von Alexanders Worten ergiebt.
Es sagt Aristoteles (1070 «9 —17): Und die Substanzen sind
drei. Die eine ist der Stoff, welcher ein Dieses ist, insofern er
gesehen wird; denn was durch Berührung und nicht durch Ver-
bindung ist, das ist der Stoff und der Träger. Die Natur aber
ist dasjenige, in welches das Seiende (übergeht) und ein Ver-
halten. Ferner giebt es ein Drittes aus diesen, das einzelne
Ding, wie Sokrates und Kallias. Denn bei einigen Dingen ist
der Begriff des Dieses nichts als die zusammengesetzte Sub-
stanz, wie die Form des Hauses, wenn nicht die Kunst. Auch
giebt es kein Entstehen und Vergehen für diese, sondern in
anderer Weise sind oder sind nicht das Haus ohne Stoff und
Gesundheit und Alles was durch die Kunst ist. Aber viel-
leicht ist es in den Naturdingen.
Frgm. 11. Erklärung. Nachdem er die Prineipien der sinn-
lichen Substanz erwähnt hat, und als Principien derselben Substanzen
sich ergeben haben, beabsichtigt er in diesem Abschnitte die Zahl der
Substanzen zu bestimmen. Und er erinnert hier an das, was hierüber in
den Abhandlungen über Substanz! und in der Physik erörtert worden ist,
dals es nämlich drei Substanzen giebt, Stoff, Form und das aus ihnen
Zusammengesetzte, um von hier zur Erkenntnils der ersten Form und des
höchsten Zweckes aufzusteigen.
Es sagt Alexander: Er sagt zuerst vom Stoffe: ‘Die eine ist der
Stoff, welcher ein Dieses ist, insofern er gesehen wird’. Diese Worte sind
schwierig; der Sinn derselben aber ist folgender. Da es drei Substanzen
giebt, so ist die eine von ihnen der Stoff, der ein Dieses ist, wenn er eine
1 Vgl. oben S. 80 Anm. 1.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 85
Form annimmt und begrenzt! wird. Denn da er dann mit der Form
verbunden ist, wird er in Wirklichkeit die Form? und dann sichtbar,
während er an sich nicht sichtbar ist.
Er sagt: der Sinn des Gesagten kann aber auch folgender sein.
Nämlich: Der Stoff ist ein Dieses dem Anscheine nach. Denn der Stoff
an sich und in Wahrheit ist kein Dieses, doch erklärt und glaubt man
dies von ihm, weil in jedem Einzelnen die Stoffbestimmung enthalten ist,
und das ist das Substrat. ....
Und Alexander giebt aulserdem noch eine dritte (und vierte)? Er-
klärung, die wir später* erwähnen werden.
Es sagt Alexander: Die Worte aber ‘denn, was durch Berührung
und nicht durch Verbindung ist, das ist der Stoff und der Träger fügt er
zu den Worten ‘welcher ein Dieses ist, insofern er gesehen wird’ hinzu, um
dadurch zu lehren, dafs der Stoff als ein Dieses in den Dingen erscheint, die
aus ihm entstehen, wenn sie einander berühren, aber noch nicht verbunden
oder vereinigt sind, wie sich das bei dem entstehenden Dinge findet, das
aus ihnen zusammengesetzt ist. Denn von diesen Dingen wird ange-
nommen, dals sie der Stoff sind für das was aus ihnen wird, insofern sie
ein Dieses sind. Denn sie würden einander nicht berühren, wenn sie
nicht in Wirklichkeit ein Dieses wären. In dieser Weise sind die Steine
und die Ziegeln Stoff des Hauses und Tafeln und Holz Stoff des Schiffes. —
Oder vielleicht deuten die Worte, dafs er ‘ein Dieses ist, insofern er ge-
ı [So mgo Ar. ss»; Text A=ü, 'ein Einzelnes wird’ SF].
2 So Ar. und Hebr.
3 Der Text des Averroes hat hier und im Nachfolgenden sehr gelitten. Zu-
nächst ist gegen Ar. und alle übrigen hebräischen Handschriften aus A, dem auch Lat. folgt,
»s»aSn ‘und vierte‘ einzuschalten. Denn nicht weniger als vier oder gar fünf Erklärungen
theilt Av. im Namen Alexanders mit, und von ebenso vielen spricht er in seinen Bemer-
kungen zu Alexander. — Sodann ist die (Z. 22) mit den Worten ‘Oder vielleicht deuten’
eingeleitete Erklärung identisch mit der voraufgehenden. Wahrscheinlich ist der Text fol-
gendermalsen zu verbessern. Auf Z. 11: ‘Es sagt Alexander’ folgt (Z. 22): “Oder viel-
leicht deuten’ — S. 86 Z.3 “in den Dingen ist’; diesem schlielst sich an $S. 85 Z. 11:
“Die Worte aber und dies’ — Z. 21 ‘des Schiffes‘.
* Dies Wort ist nicht zu pressen, denn die beiden Erklärungen folgen sofort.
5 Hebr. falsch: a4 1717 5323 »97 nd map anap oeonn m ma mm. So B; man m
(sy m ab ab nispa anzp mmwabnn mom m. Richtig Ar. u. Lat.
Frgm. 11.
Aristot. 1070«9.
6)
10
15
Frgm. 11.
Aristot. 10709.
a
10
15
6 FREUDENTHAL:
sehen wird‘, auf den Stoff, der als ein Dieses erscheint, und der Stoff, der
erscheint, ist der den einzelnen Dingen, welche entstehen, nächste. Und
zwar, weil derselbe in den Dingen ist. — Oder vielleicht sind die Worte
“insofern er gesehen wird’ eine Aussage über die Natur des Stoffes. Was er
nämlich darüber an einem anderen Orte gesagt hat!, dafs er nur der
Analogie nach bekannt ist, drückt er hier durch die Worte “insofern er
gesehen wird’ aus. Denn früher ist er zur Vorstellung seiner Natur nur von
den Dingen, die erscheinen, übergegangen. Und es scheint, dafs es dieses
ist, was er durch das Beispiel, das er beibringt, erläutern will, dafs nämlich
das Ding, welches durch Berührung, nicht durch Verbindung ist, der Stoff
und Träger ist, wie es bei den sichtbaren Dingen der Fall ist. Das sind
nämlich die Dinge, welche zusammengesetzt, aber nicht (innerlich) ver-
bunden sind, wie das Haus. Denn der Stoff erscheint als Bestimmung
der Dinge, aus denen das Haus wird. Denn von den Steinen und Ziegeln
silt, dafs ihr Verhältnifs (zum Hause) so ist, wie das des Stoffes in den
übrigen Dingen (zu diesen). Es ist übrigens möglich, dafs ‘ein Dieses
an Stelle des Ausdrucks “eine Substanz gesagt ist?.
Es sagt Aristoteles (1070 «18—21): Und aus diesem Grunde
haben nicht übel gethan die, welche die Ideen annehmen;
denn wenn diese auf irgend eine Weise vorhanden sind, so sind
sie Alles, was von Natur ist?®. Aber von diesen, dem Feuer und
dem Fleische und dem Knochen und dem Kopfe ist Alles Stoff.
Und von der Substanz ist die, die es am meisten ist, die letzte
und untheilbare.
Frgm. 12. Erklärung. Es sagt Alexander, dafs er hier auf Platon hin-
weist, wie es sich auch in einigen Handschriften findet. Er sagt: Aristoteles sagt
1 Arist. Phys. I 7. 191@8.
2 Alexanders Lehre über Verhältnifs von Stoff und Form findet sich über seine
sämmtlichen Schriften verstreut. Bes. vgl. aufser seinen Commentaren =. Wuyns 123b.
142a; quaest. I 5. 8. 17. 26 I 7 us.
3 Alexander las also wahrscheinlich: do &y ou zexws Ebasav oi rıSeuevor To eiön,
J 7 El E, > \ wel, ‘ > N ’ = m 7 E) n x Y
OrL Eımeo Eorıv sion eoriv Onoo« huzei: aAA& Tourwv, olov mÜR, Caps, osroUV, Eben, EmaVTE
kl EI 7 \ 57 U 3 N „e ” Nr 5.
um ETTI, HALL ING KENST ovnas 9 TENEUTEIE Hol G&TO[lAOS.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 87
nicht schlechthin, dafs sie gut gethan haben, sondern nur: es haben nicht
übel gethan die, welche sie für die natürlichen Dinge angenommen haben.
Er sagt: Dieser Satz würde folgendermafsen deutlicher sein: “Und aus
diesem Grunde haben nicht übel gethan die, welche die Ideen annehmen
(wenn diese auf irgend eine Weise eine Existenz haben), indem sie Alles,
was aus ihnen entsteht, der Natur zuerkannten‘.! Er sagt: Es ist mög-
lich, diese seine Worte so zu verstehen: Aus diesem Grunde haben nicht
übel gethan die, welche Ideen für alle Dinge annahmen, die von Natur
sind — wenn anders die Idee in irgend einer Weise Existenz hat.
Er sagt: Es ist möglich, den Sinn dieser Stelle einfacher zu ge-
winnen, wenn wir die Worte umkehren, sodals sie lauten würden: "Und
darum haben nicht unrecht gethan die, welche die Ideen annehmen; denn
sie sind Alles, was von Natur ist, wenn es überhaupt eine Existenz für
die Ideen giebt'?.
Frgm. 13a. Und er sagt (1070 «19): ‘Aber von diesen, dem Feuer
und dem Fleische und dem Knochen und dem Kopfe ist Alles Stoff”.
Hierunter kann man, wie Alexander sagt, ein Zweifaches verstehn.
Die eine von diesen Bedeutungen ist, dals man dies (die Existenz der
Ideen) nicht von allen Formen der Naturdinge annehmen dürfe; sondern
von den Formen einiger Naturdinge steht fest, dafs sie von dem Stoffe
nicht zu trennen sind, wie die Form des Feuers und des Fleisches und des
Knochens und des Kopfes. Dieser Erklärung zufolge sagt also Aristoteles:
‘Aber das, was aus diesen Formen entsteht, wie das Feuer und das Fleisch
und der Knochen, dies Alles hat einen Stoff, und es ist nicht möglich, sie von
diesem zu trennen. — Vielleicht aber ist unter diesen Worten zu ver-
stehen, dafs es unmöglich ist, dies von allen Formen anzunehmen, weil
es Formen von natürlichen Dingen giebt?, welche Stoffe für andere Dinge
11 > - x a h) E73
! Alexander will lesen: 8:6 4 oV zuxus Epasav oi rıYeusvor Ta Eiön, eimeg eorw
Faure, orı bus eorıv 6moc« eE aurav yıyvaraı.
2 Es sollte gelesen werden: di &n ou zuxus Ebarav oi rıSeuevor ra eiön, orı ein
Eorıv Omose bürsı, eimeo Errw eiöy. Die Conjectur Alexanders ist also in der letzten Hälfte
des Satzes zur Vulgata geworden (s. oben S. 46).
% [Im Arab. wird hier noch hinzugefügt “welche Formen von Dingen sind’ SF].
Wohl blofse Dittographie.
Frem. 12.
Aristot. 1070a18.
10
—
[>31
Frgm. 13.
Aristot. 1070«@19.
10
15
107
or
88 FREUDENTHAL:
sind, wie das Feuer und die übrigen Elemente, welche Stoff für andere
Dinge sind, und ebenso das Fleisch und der Knochen, die Stoff für den
Kopfismd. em.
Frgm. 155. Auch die Worte: ‘Und von der Substanz ist die, die
es am meisten ist, die letzte und untheilbare‘ lassen nach Alexanders
Meinung zwei Deutungen zu. Die eine von ihnen ist, dafs er unter den
Worten ‘die es am meisten ist die Substanz, die aus Stoff und Form
zusammengesetzt ist, und unter den Worten ‘die letzte und die untheilbare’
den Stoff verstanden habe, gleichsam als hätte er gesagt "Und die zu-
sammengesetzte Substanz ist würdiger, Substanz zu sein, als die letzte
Substanz!, welche das Allen gemeinsame ist, und das ist die Materie. —
Oder er versteht unter Substanz, der am meisten Substanzialität zukommt,
die aus den Elementen zusammengesetzte Substanz und unter ‘die letzte
die Elemente, und demnach wären alle diese, nämlich ihre Formen und
Stoffe, Stoff für die andere Substanz. — Es sagt Alexander: Der Sinn
dieses Abschnittes liest noch klarer in einer anderen Abschrift vor, die
folgendermafsen lautet: ‘Und darum haben nicht übel gethan die, welche
die Ideen annehmen; denn sie sind Alles, was von Natur ist, wenn es
überhaupt irgend eine Existenz für die Ideen giebt. Jedoch von diesen, näm-
lich dem Feuer und dem Fleische und dem Knochen und dem Kopfe, ist
Alles Stoff — der letzte für dasjenige, welches das erste der Existenz
nach ist’ ?. Es sagt Alexander: Es ist nicht möglich, hier unter der ‘letzten
Substanz den Stoff zu verstehen.
Es sagt Aristoteles (1070 «21— 27): Die bewegenden Ursachen
sind nur Ursachen, insofern sie vorangehen und existiren;
die? aber wie der Begriff, sind zugleich. Denn wenn der
Mensch gesund ist, so existirt dann die Gesundheit, und die
Gestalt der ehernen Kugel und die eherne Kugel ist zugleich.
Ob aber etwas zuletzt bleibt, das ist zu untersuchen; denn
1 Hebr. z»1En7 Saxsr2 "die ersten Substanzen.
2 Der Text ist hier in Ar. und Hebr. unheilbar zerrüttet; denn die erste Hälfte
dieses Absatzes erscheint S. 87 als Conjeetur Alexanders, und in der zweiten Hälfte fehlt
das unentbehrliche “Substanz”.
3 [Im Ar. ‚sSU} ‘diejenigen, welche‘ SF].
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 89
in einigen Dingen hindert nichts, z.B. wenn die Seele etwas
derartiges ist, nicht die ganze, sondern der Geist. Denn dafs
die ganze (fortdauere), ist vielleicht nicht möglich.
Frgm. 14. Erklärung. Es sagt Alexander: Er will sagen: Wenn
es etwas von diesen Formen giebt, das zuletzt nach dem Untergange
des aus ihnen beiden Zusammengesetzten! übrig bleibt, so ziemt es sich,
dies zu untersuchen, und er hat damit eine Angabe verbunden darüber,
wie diese Untersuchung erledigt werden könne?. Da nämlich die Seele
des Menschen die Form des Menschen und der Geist eine Form und
Kraft der Seele ist, die nach dem Tode des Menschen übrig bleibt, so
ist es möglich, dals eine dem Stoffe einwohnende Form? fortdauere, nach-
dem das aus ihnen beiden Zusammengesetzte untergegangen ist. Jedoch,
dafs die ganze Seele fortdauere, ist unmöglich, wie früher auseinander-
gesetzt worden ist; denn einige Seelenkräfte existiren nur mit dem Stoffe,
wie die Ernährungskraft und die Empfindungskraft und die Einbildungs-
kraft und die Begehrungskraft. Ebensowenig kann der Geist, welcher
eine Kraft der Seele ist und für einen Theil derselben angesehen wird,
fortdauern; denn der Geist, von dem er in der Schrift über die Seele
sagt, dals er fortdauert, ich meine den erworbenen Geist, ist nicht dieser
Geist und ist weder ein Theil der Seele* noch eine stoffliche Form’,
wie in jenen Abhandlungen dargethan worden ist. .... Und er (Aristoteles)
verbindet mit den Worten ‘denn die ganze dauert nicht fort’ den Ausdruck
! [Im Arabischen nur Wauls‘ Ss, Ol: Ass nach dem Untergange des Zu-
oo» -
sammengesetzten, ihrer beider, wo Ls2.I5° Apposition zu os, ist SF]. Sehr treu, aber
unverständlich B E 17153 231127 7087 7x oder n7>>> mgo B; A liest dagegen 2>5n 23a,
fügte also wohl aus Conjeetur » hinzu; C emendirt n7>>==.
3 a G
? [Ar lab sao (l wsul) wSQl al om A hat paar mm van an wma,
las also va SF]. & hat wpısun nr >> Tası yan.
3 Wörtlich ‘eine stoffliche Form. Das griechische Zvurov sidos ist nicht zu ver-
kennen.
N ee nr En en ni ; #
Kar, 0) Pr» PIE Fürs Dittographie SF]. Keine der hebr. Hand
schriften weist diesen Fehler auf. — Zur Sache vgl. Arist. de an. III 5. 430 a 23.
5 s, oben Anm. 3.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. TI. 12
Aristot. 1070 a21.
5
10
20
Frgm. 14.
Aristot. 1070a@21.
10
90 FREUDENTHAL:
‘vielleicht’, weil es nicht zur Aufgabe! dieser Wissenschaft gehört, einen
Beweis für dergleichen Annahmen zu führen, und die Besprechung (der-
selben)? ihr nicht zukommt, sondern Aufgabe der Psychologie ist. Und
dies, was Alexander sagt, ist seine Meinung über den Geist u. s. w.
Es sagt Aristoteles (1070 « 27—30): Es ist somit klar, dafs
wir auf keine Weise aus diesem Grunde? anzunehmen brauchen,
dafs die Ideen existiren. Denn der Mensch erzeugt den Menschen,
der einzelne irgend einen Menschen. Und in gleicher Weise
(verhält es sich) bei den Künsten; denn die Heilkunst ist der
Begriff der Gesundheit.
Frgm. 15. Erklärung .... Und diese Frage (nach der letzten
Ursache des Entstehens) ist höchst schwierig und tief. Und wir werden
hierüber nach unsren Kräften und unsrem Vermögen und entsprechend
den Voraussetzungen und Grundsätzen, die wir im Systeme dieses Weisen
als richtig anerkannt haben, sprechen, dessen Meinung wir, wie Alexander
sagt, als die am wenigsten zweifelhafte und am meisten der Wirklichkeit
entsprechende gefunden haben.*
Es sagt Aristoteles (c. 4. 1070 « 31—b 4): Und die Ursachen
und die Princeipien sind für die Dinge verschieden. Und sie
sind, wie Jemand im allgemeinen sagen könnte, identisch und
zwar sie alle auf dem Wege der Analogie. Denn es könnte
Jemand zweifeln, ob man die Principien und Elemente der
Substanzen und Relationen und jeder einzelnen Kategorie in
dieser Weise als identisch ansehen dürfe. Aber es wäre un-
} 1 [Ar. Text >; go > mit ao SF]. Hebr. @ Ssnan nat ra, A nnonz,
beides Übersetzungen von _&>.
2 [‘derselben’ fehlt im Ar., doch stand wohl 3,5 auf dem jetzt verklebten Rande,
da durch einen Custos im Texte darauf hingewiesen wird SF]. Ebenso fehlt im Hebr.
ein entsprechendes Wort. Hier wird übersetzt 72 1712 247 82.
® [Ar. eigentlich ‘durch Veranlassung dieser Dinge)’ SF].
* Hiermit vgl. Alexander #. Yuyas p. 123a: 7a "Agısrorrous mossQevonen dry-
Desreoas Hyoumevo: Fass Üm” url magndedontves dogs TÜV EARcıS eigyuevu. Vgl. ferner
die Anführungen bei Maimonides Moreh II 3 p. 51. II 15 p. 122 u. II 22 p. 180 Munk.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 91
gereimt, wenn sie identische Principien wären; denn Relation
und Substanz mü/sten aus identischen Dingen entstanden sein,
aus Etwas (also), aus dem dieses nicht entsteht. Denn es mülste
sich aufserhalb der Substanz und der übrigen Kategorien finden,
so dals es ein Allgemeines und Element derer, für die es Element
ist, wärel. Ferner ist auch die Substanz nicht ein Element für
die Dinge, die zu der Relation gehören, und auch nichts von
diesen für die Substanz.
Frgm. 16. Erklärung. Er (Alexander) sagt: Dieses Zweifels
gedenkt er schon im Anfange dieses Werkes und spricht ihn hier aber-
mals aus, um ihn zu lösen. Der Zweifel besteht aber darin, ob die
Prineipien der zehn Kategorien und ihre Elemente ein seiner Wesenheit
nach identisches Element oder ob sie verschiedene Elemente sind. Er
(Aristoteles) stellt nun zuerst dar, in welcher Weise sie identisch sind,
und sagt, dafs man die Ursachen und Principien der zehn Kategorien,
selbst wenn sie Ursachen verschiedener Dinge sind, dennoch der Analogie
nach für identisch halten kann. Da dieses nun aber nur dann einleuchtet,
wenn erklärt wird, dafs sie unmöglich schlechthin identisch oder schlechthin
verschieden sind, hebt er hervor, welche Ungereimtheiten sich ergeben,
wenn man ihnen eine dieser beiden Bestimmungen beilest.
Es sagt Aristoteles (1070 5 4—7): Und ferner, wie wäre es
möglich, dafs dieElemente von ihnenallenidentisch wären.
Denn keines von den Elementen kann identisch sein mit dem,
was aus den Elementen zusammengesetzt ist?, wenn z.B. BA®
mit B, seinem Theile, (identisch) wäre.
Frgm. 17. Erklärung. Aus diesen Worten erhellt die Un-
7 2} EL \ m ©
1 Demnach las der Übersetzer ... Harn yogovjasver Eora, zowov zaL Fromy,siov wv Earı
Froy,siov,
a>, wwähr)) cm Sa: das ist unconstruirbar, aber dem Griechischen in der Stel-
lung nachgebildet. Wenigstens wäre Ai, zu lesen. SF].
3 [Ar. hat blofs A; mit leichter Änderung kann aber BA (L statt }) gelesen
werden SF]. Hebr. hat beidemale B gesetzt.
12*
Aristot. 107031.
10
18
Dr
Frgm. 17.
Aristot. 1070 d 4.
10
wm
[S70
93 FREUDENTHAL:
möglichkeit, dafs die Elemente der zehn Kategorien identisch seien, weil
dieser Annahme zufolge die Elemente und das aus ihnen Zusammen-
gesetzte identisch sein würden. Alexander sagt, dafs dieser Grund ein
blofs dialectischer ist; denn es ist nicht nothwendig anzunehmen, dafs,
wenn das Element die Natur dessen hat, dessen Element es ist, dasselbe
mit demjenigen, dessen Element es ist, identisch sein mülste; sondern
das Element und das, dessen Element es ist, könnte von derselben Natur
sein, das Element jedoch könnte in dieser Natur einfach und das aus
ihm Entstandene zusammengesetzt sen. Und diese Behauptung wäre nicht
nothwendig, aulser wenn angenommen wird, dafs das Element eines von
ihnen nnd dafs es Element für sie alle ist. Dann wäre es nothwendig,
(anzunehmen), dafs das Element mit demjenigen, dessen Element es ist,
identisch wäre. Das aber ergiebt der offenbare Sinn dieses Abschnittes
nicht. Darum sagt Alexander: Vielleicht wollte er mit diesen Worten
nur sagen, dafs, wenn das Element aller Kategorien eine von den Kate-
gorien verschiedene Wesenheit wäre, es abermals ein Element haben
mülstel, weil alles Vorhandene ein Element hat. Entweder wird also das
Element wieder ein Element haben, oder das Element wird mit dem, was
aus ıhm ist, identisch sein.
Es sagt Aristoteles (107057 —9): Auch ist diesesnicht unter
den Elementen der intelligiblen? (Wesenheiten) zu finden, wie
das Eins und das Seiende; denn diese sind auch in jedem Zu-
sammengesetzten, und keines von ihnen ist® Substanz oder
Relation; das aber wäre nothwendig.
Frgm. 18. Erklärung .... Die Worte ‘denn diese sind auch in
jedem Zusammengesetzten erklärt Alexander auf zwei Weisen. Die eine
dieser Erklärungen ist folgende. Das Seiende und das Eins weisen eben
so sehr auf das Zusammengesetzte, wie auf das Einfache hin. Wäre nun
das Element das Eins, so wäre es nicht richtiger zu sagen, das Einfache
1 Ar. nei vet o\ l. aa! wörtlich, “dafs es auch für dieses ein
Element sei” SF]. Hebr. richtig 75 =4 »> mn w Sm.
2 [Der intelligiblen’ fehlt im Arab. in Folge eines Risses im Papier SF].
3 [So Ar. SF]. Der Übersetzer hat demnach Zorıv statt Eor«ı gelesen.
* E u. Lat. setzen noch hinzu "und das Seiende’: blofse Conjectur.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 93
sei das Element des Zusammengesetzten!, als das Zusammengesetzte sei
Element des Einfachen, da ja ein jedes von ihnen Eins und Seiendes ist. —
Die zweite Erklärung aber ist, dafs nothwendig das Einfache und das
Zusammengesetzte eines wären, da der Name ‘Eins von ihnen in gleicher
Bedeutung gilt. — Die Worte jedoch (1070 5 8): ‘und keines von ihnen
ist Substanz oder Relation; das aber wäre nothwendig’ sind, wie
Alexander erklärt, mit dem Voraufgehenden zu verbinden, nämlich
mit den Worten (1070 #4): “Und ferner, wie wäre es möglich zu sagen,
dafs sie an und für sich Elemente von Allem? wären, das soll heifsen,
kein Element kann mit dem Zusammengesetzten identisch sein, wie B
mit BA®. Er sagt ferner: Dies, weil die Worte (1070 5b 8) und keines
von ihnen ist Substanz oder Relation’ diesen Worten folgen; denn
von den Elementen spricht er. — Und er sagt (ferner), dafs der Sinn
der Worte: ‘und keines von ihnen ist Substanz oder Relation; das
aber wäre nothwendig’ folgender ist: Wenn das Eins und das Seiende
Element der Substanz und der Relation wären, und das Element mit dem,
dessen Element es ist, nicht identisch sein kann, so würde Substanz und
Relation und die übrigen Kategorien weder Eins noch Seiendes sein®.
Und wäre keines von ıhnen Eins und Seiendes, das heifst, würde der
Begriff des Eins ihnen abzusprechen sein, so würde keines von ihnen
existiren, nicht die Substanz, nicht die Relation und keine der übrigen
Kategorien, denn das Nichtseiende ist nicht vorhanden. Nun ist es aber
doch nothwendig, dafs der Begriff des Eins {und des Seienden) von
allen gelte.
1 Hebr. 710% wind Sasıwa ann zawer mim a5 mim “so wäre nicht das Einfache
das Erste, so dafs man sagen könnte, es sei das Element des Zusammengesetzten. [Die
Abweichung ist durch Verwechselung von },} und $,i zu erklären SF].
2 [Ar. er 1. eu]. Ebenso B => n17105; richtig aber A u. E =&3& nic",
während C za22 71770 conjieirt. Übrigens weicht der Wortlaut dieses Citates von dem
des Lemmas weit ab.
N
3 5 a 1 n -klärli N
[Im Arab. \>1, „u 2, U ac. Das 9, hinter L} ist unerklärlich SF].
Hebr. giebt in wörtlicher Nachbildung des Ar.: 13°23 78 727 '2 sm 8 ni7722.
4 Der griech. Text ist hier unverkennbar: si r0 &v za ro dv oromslov Yv vis
ouciag za Tou m205 Tt, nds raurdv eier Öyvaraı To FTOy,ERov ze ev Earı Froysiov, 9 oücte
OR ’ \ 9 , 7 A y E)
Acı TO Mg2oS Tı za Ta aa ARTNYOLNARTO OUTE Ev AV NV OUTE Ov.
Frgm. 18.
Aristot. 1070 57.
[311
10
Frgm. 18.
Aristot. 1070 6.7.
10
15
94 FREUDENTHAL:
Er (Alexander) sagt: Es ist aber auch möglich, dafs er die Worte
‘denn keines von ihnen wäre Substanz und Relation’ nur von dem Eins
und dem Seienden gesagt hat, wenn nämlich Jemand sagen wollte, dafs
eines von diesen beiden Element wäre. Diese beiden nämlich, um nicht
identisch mit dem zu sein, was aus ihnen entsteht, dürften nicht an einer
von diesen Kategorien sein. Jede von diesen Kategorien aber ist ein
Eins und ein Seiendes: Darum könnte das Eins nicht dieselbe Beschaffen-
heit haben, ich meine wie das Eins in denselben (den Kategorien), ebenso
das Seiende. Unmöglich aber ist es, dals das Eins und das Seiende
aufserhalb der zehn Kategorien sei, sondern es ist nothwendig, dafs ein
Seiendes Eins in denselben sei!. Denn wenn die Dinge, die aus den
Elementen (hervorgegangen sind) (nämlich die Substanz und die Quanti-
tät und die Qualität oder irgend eine der übrigen Kategorien) und die
Elemente (selbst) von einander verschiedene Dinge wären?, so würde
nichts von diesen existiren, nicht die Substanz und nicht die Quantität
und nichts von den übrigen Kategorien. Das aber muls man doch an-
nehmen. Denn es ist nothwendig anzunehmen, dafs die Elemente und
das aus den Elementen Hervorgehende® zu den existirenden Dingen
gehören. Und wenn eines von ihnen ein Seiendes und Eins ist, so ist
es nothwendig, dafs dieses unter eine der Kategorien falle. — Das sind
die Worte Alexanders zu diesem Abschnitte. Und die Erläuterung dessen,
was er zu diesem und dem voraufgehenden Abschnitte sagt, ist folgende
u. 8. w.
z
[Ar. \>i, Ds >yn Ui „| (dals Etwas, das ein Eins ist’ SF]. Ebenso die
bessere Classe der hebr. Handschriften 7282 717% 7 N83 n270.
? [Ar li, Karl, St 2 lau u ee ae
2) sb due sun) Sau us, u Fr] Su cp ee wörtlich: ‘denn wenn
die aus den Elementen entstehenden Dinge, nämlich Substanz, Quantität, Qualität oder et-
was von den übrigen Kategorien wären — und die Elemente Dinge wären ausser ihnen, so
wäre’ SF]. Hebr. wörtlich, aber schwer verständlich: nı1o7 aan 54347 Sm an im
non D27 IR ano 22T Mon STERN BIOTNT BMINa 24 a8 am masmaxsmen. So B,
wenig abweichend die übrigen Handschriften. Über die thörichte lateinische Übersetzung
vgl. Note 3.
° “und das — Hervorgehende' fehlt im Ar., « und den besseren Handschriften von
®@ und ist aus E ergänzt worden.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 95
Es sagt Aristoteles (1070659 —21): Demnach sind die Ele-
mente von ihnen allen nicht identisch. Und sie sind, wie man
sagt, in gewissem Sinne identisch und in gewissem Sinne nicht,
wie vielleicht die Elemente der sinnlichen Körper, als deren
Form das Warme und auf andere Weise das Kalte und die
Negation (gilt). Stoff aber ist dasjenige, was der Möglichkeit
nach zuerst vermöge seines Wesens dieses beides ist. Substanz
aber sind diese und was aus ihnen ist, und das sind die, deren
Prineipien diese sind, und wenn es ein Etwas giebt, das aus
dem Warmen und Kalten Eins wird, wie das Fleisch und der
Knochen. Denn dasjenige, was entsteht, mufs nothwendig
anders sein als jene. Diese Dinge haben nun diese Elemente
und Principien, die anderen aber andere. Dafs dies aber von
Allen gesagt werde, geht nicht an, sondern sie sind gleich der
Analogie nach, wie wenn Jemand sagen würde, dafs es drei
Prineipien giebt, nämlich die Form und die Negation und den
Stoff; doch ist jedes Einzelne von diesen in jeder verschiede-
nen Gattung verschieden, (wie) bei der Farbe Weilses, Schwar-
zes, ebene Oberfläche, Licht, Finsternifs, Luft, und aus diesen
hervorgehend Tag und Nacht.
Frgm. 19. Erklärung ..... Und Alexander sagt, dals hier
Negation gesetzt ist, als in gewissem Sinne in (den Begriff der) Substanz
eingehend, da das Kalte Negation der Wärme ist!, und die Kälte in den
kalten Körpern ihre Wesenheit bildet. Demnach sind sie (Kälte und
Wärme) darin Wesenheiten, im Unterschiede von den Dingen, die darin
blofs Accidenzien sind, das heifst, die Kälte und die Wärme sind nicht
Wesenheiten in den Dingen, deren Arten nicht die Kälte und die Wärme
bilden, sondern andere Kräfte, wie die Seele in den beseelten Wesen?.
Es sagt Aristoteles (1070 5 350—35): Das Bewegende aber in
den Naturdingen ist für den Menschen der Mensch und in dem,
was durch die Idee ist, die Form oder ihr Gegentheil, und so
1 Nach Ar. und Hebr. eig. ‘da das Kalte das ist, was die Negation der Wärme ist’.
2 Über die neroveie roÜ un ovrog vgl. Alex. m. duxns II p. 159a o.
[2,1
w
oo
a
Aristot. 1070530.
10
WW
(Sy
96 FREUDENTHAL:
finden sich in gewisser Weise drei Ursachen und auf gewisse
Weise vier. Denn die Heilkunst ist in gewisser Weise Gesund-
heit, und die Baukunst ist Form des Hauses, und der Mensch
erzeugt den Menschen und ferner das, was aulser diesen ist,
welches Erstes für Alles ist!.
Frgm. 20a. Erklärung. ... Und dies beabsichtigte er mit den Wor-
ten: "und ferner das, was aulser dıesen ıst, welches das Erste ıst. Alexander
sagt, dafs er mit diesen Worten lehren wollte, dafs es ein anderes Prineip
aulserhalb der bewegten Dinge giebt, welches für alle bewegenden gemein-
sam ist; denn dieses Princip, insofern es gemeinsam ist, braucht nicht
nothwendig, weil es ein gemeinsames und entferntes ist, als gleichnamig
angesehen zu werden. Weil nämlich das erst Bewegende, wie bewiesen
worden ist, nur um der Vervollkommnung willen bewest, und was so
sich verhält, braucht nicht gleichnamig zu sein......
Frgm. 20b. Und Themistius gedenkt hier nur des Bewegers, um
aufmerksam darauf zu machen, dafs er abgesondert von diesen nächsten
bewegenden Ursachen ist und dafs dies die Absicht dieser Worte ist.
Und das geht in der That aus dem Wortlaute deutlich hervor. Alexander
aber sagt, dals die Behauptung, das Gleichnamige entstehe aus dem Gleich-
namigen?, nur in Bezug auf die wirkenden nächsten Ursachen gilt, und wenn
Etwas, dem Wesen nach, nicht zufällig entsteht, und das geschieht bei den
Dingen, die durch wirkende Ursachen um irgend eines Zweckes willen
in erster Absicht entstehen. Aus seinen (Alexanders) früheren Be-
merkungen aber geht hervor, dals die aus der Fäulnils entstehenden
Thiere ihm zufolge zu dieser Gattung gehören; jedoch ist diese Ansicht
besonderer Untersuchung bedürftig. Er (Alexander) sagt: Was an dem
früheren Satze, dafs das Gleichnamige wesentlich aus dem Gleichnamigen ®
ar
! Das führt auf: er #0 zage zaur« manrov mavrun.
® [Ar. (Dlll a8 3X: Dis} "das Gleichnamige ist nicht das Gleichnamige,
wo sowohl die Negation, wie das Fehlen der Präposition Anstols erregt; mgo trägt .
nach SF]. Ganz wie Ar. liest B SsomaH nda mn zu ssoranw; A ist lückenhaft; C emen-
dirt z50Yam "n>=a mm» s>. Übersetzt worden ist nach E =301272 7) zu= zsomme, der
auch unten (Z. 27) das Richtige darbietet, an dieser Stelle mit A zusammen.
3 Auch hier hat der hebr. Text gelitten. B 550127 "n5a mm zus zsomme; D
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 97
entstehe, anzuzweifeln ist, das ist, weil! an der Geifsel nichts von dem
ist, was sie auf der Oberfläche des Geschlagenen bewirkt, und in ähnlicher
Weise kann man sagen, dafs an der Säge nicht die Form des Schnittes
und der Theilung ist, die sie im Holze bewirkt. Das aber ist der Fall,
weil derartige Dinge Werkzeuge für wirkende Ursachen sind, während
seine (des Alexander) Behauptung nur von den wirkenden Ursachen gilt.
Darum sagt er (Alexander), dafs die Theilung, welche die Säge bewirkt,
in der Seele des Sägenden ist, und dafs der Schlag, welchen die Geifsel
bewirkt, in der Seele des mit der Geifsel Schlagenden ist. Er (Alexander)
sagt daher, dafs die Wahrheit dieses Satzes (von der Entstehung des
Gleichnamigen aus Gleichnamigem) von drei Bedingungen abhängt, dafs
sie geschehe im Wirkenden, nicht im Werkzeuge, im Nahen und nicht im
Entfernten und im wesentlich, nicht zufällig Wirkenden.
Es sagt Aristoteles (ce. 5. 1070 5 36—1071a5): Da es Dinge
giebt, die trennbar sind, und untrennbare Dinge, so sind diese
nicht? Substanzen. Und darum finden sich diese als Ur-
sachen, weil es aufserhalb der Substanzen Eindrücke und Be-
wegungen derselben nicht giebt. Und sodann sind diese viel-
leicht die Seele und der Körper oder der Geist oder das Be-
gehren im Körper.
Frgm. 21. Erklärung.... Jedoch Alexander sagt: Nachdem er
ssdan mim zus zsomanmw; © asoman nos rm n> zw ssommmw. Ich übersetze nach A
und E. [Im Arab. ist an Stelle des für “n>s zu erwartenden Wortes ein Rifs SF].
1 Man erwartet ‘dals’, welches weder im Ar. noch im Hebr. sich findet. Wahr-
scheinlich hat schon der syr. Übersetzer örı ‘dafs’ fälschlich mit “weil” übersetzt. [Viel-
leicht aber ist dieser Absatz nach dem arab. Text folgendermafsen zu übersetzen: "Und
was nach dem Vorangegangenen bezweifelt werden kann, ist, dals das Gleichnamige we-
sentlich aus dem Gleichnamigen entstehe; denn in der Geilsel u. s. w. SF].
2 Das :zeiv@ des griech. Textes konnte weder im Arabischen noch im Hebräi-
schen so übersetzt werden, dals es von r«Jr« sicher zu unterscheiden gewesen wäre,
Das Demonstrativum ward daher in der Übersetzung auf Ywasr« bezogen und veranlafste
die Hinzufügung einer Negation, von der im griech. Texte keine Spur sich findet. Ähn-
liches s. bei Zenker Arist. categ. p. 32. Averroes citirt bald, als ob er 'sind jene Sub-
stanzen’, bald als ob er ‘sind diese nicht Substanzen’ gelesen hätte. Lat. hat nach der
Vulgata geändert. — 1071 a2 haben Ar. und Hebr. Esr«ı raür« übersetzt.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. I. 13
Frgm. 20.
Aristot. 1070530.
10
15
Fıgm. 21.
Aristot. 1070536.
10
25
98 FREUDENTHAL:
(Aristoteles) erklärt hat, dafs die Ursachen, welche Ursachen der Wesen-
heiten sind, nothwendig Ursachen für Alles sind, weil die Substanzen
Ursachen für Alles sind, verbindet er hiermit die Erwähnung der Seele
und des Körpers!, entweder weil diese zwei die Ursachen der Lebewesen
sind, oder weil man glaubt?, dafs vorzugsweise? diese zwei trennbare
Substanzen sind. Und darum erwähnt er den Stoff und die Natur nicht,
da diese Substanzen nicht trennbar sind. Er (Alexander) sagt: Und da-
rum fügt er (Aristoteles) seinen Worten 'vielleicht'* hinzu, weil Einige
glaubten, dafs die Seele trennbar sei, während sie seiner Meinung nach
nicht trennbar ist, sondern die erste Form, die der Seele analog ist?, ist
trennbar. Er meint mit allem diesem die Verhältnisse der himmlischen
Körper. Er sagt: Und dieser Erklärung zufolge versteht er unter dem
-Geist” den ersten Beweger der himmlischen Körper, und unter dem ‘Be-
gehren’ die Seele, die den himmlischen Körpern einwohnt, nämlich den im
Kreise sich bewegenden.
Es sagt Aristoteles (c. 5. 1071 « 3—17): Ferner sind in anderer
Weise die Principien der Analogie nach identisch, wie Möglich-
keit und Wirklichkeit. Aber sie sind für verschiedene Dinge
verschieden und auf verschiedene Weisen. Denn in einigen
Dingen findet sich dasselbe bisweilen der Wirklichkeit nach
und bisweilen der Möglichkeit nach, wie Wein oder Fleisch
oder Mensch. Auch diese fallen unter die erwähnten Ursachen.
Denn die Form ist in Wirklichkeit, wenn sie abgesondert ist
und das aus beiden Bestehende und die Negation, wie die
Finsternifs oder das Kranke. Der Möglichkeit nach ist aber
1 So Ar. und Hebr. Dem Nachstehenden zufolge .aber ist ‘des Geistes’ statt
‘des Körpers’ zu lesen.
>
2 Hebr. Yaxı ma ‘25 ‘weil er glaubt. [Der hebr. Übersetzer las Nix, statt
Aükzı SEI,
3 Hebr. »=2=.
4 “Vielleicht” fehlt in 8. Übersetzt ist nach Ar. und A.
5 [Nach Ar. wäre zu übersetzen: ‘sondern die im Verhältnils zur Seele erste
Form ist trennbar” SF].
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 99
der Stoff; denn dieses ist etwas, das beides werden kann. In
anderer Weise aber unterscheiden sich der Wirklichkeit und der
Möglichkeit nach diejenigen, in denen nicht derselbe Stoff ist,
und diejenigen, deren Form nicht identisch, sondern verschie-
den ist, wie die Elemente Ursache des Menschen sind, das
heifst, Feuer und Erde als Stoff und die eigenthümliche Form
und ferner ein Anderes von aulsen!, wie der Vater und aulser
diesen die Sonne und die schiefe Sonnenbahn, da sie nicht
Stoff sind und auch nicht Form und nicht Negation und auch
nicht gleichartig, sondern Bewegendes.
Und in einer anderen Übersetzung findet sich an Stelle dieses
Abschnittes Folgendes: Ferner sind in einer anderen Art? die
Principien, wie die Wirklichkeit und die Möglichkeit; jedoch
sind diese identisch ihrem Wesen nach und verschieden für
Verschiedenes in verschiedener Art u. s. w.
.
Diesen Abschnitt, den ich an die erste Stelle gerückt habe, fand
ich in der Handschrift des Alexander, und zwar vermischt mit den Wor-
ten Alexanders. Ich schrieb ihn ab und ordnete ihn vermuthungsweise,
nicht auf Grund sicheren Urtheils. Sodann habe ich denselben Abschnitt
der Vorsicht wegen aus einer anderen Übersetzung mitgetheilt.
Es sagt Aristoteles (c. 4. 1071 a 17—29): Ferner ist zu er-
wägen, dals es Einiges giebt, das als ein Allgemeines bezeich-
net werden kann, andere Dinge aber, bei denen uns dies er-
laubt ist?. Und die ersten Prineipien von allen sind in Wirk-
1 [Nach dem Ar. mülste übersetzt werden: und die eigenthümliche Form ist
ebenfalls ein anderes von aufsen. Doch ist durch Ergänzung eines „ die obige Über-
setzung zu gewinnen SF]. Es ist nach dem Hebr. übersetzt worden, der richtig liest:
Im 45 Dit.
2 [Ar. ist hier unverständlich; in der That ist ein Wort im Texte durch einen
Strich als falsch bezeichnet SF]. Hebr. gleich unverständlich: mın272 a2 7220.
3 So Ar. und Hebr. im Lemma. Im Commentare führt aber Averroes diese
Worte mit dem Zusatze an “in partikulärer Weise‘. Lat. ändert der Vulgata zu Liebe.
135
or
[378
10
15
Aristot. 1071a17.
100 FREUDENTHAL:
lichkeit, das ist das Frühere. Und ein Anderes der Möglichkeit
nach. Jenes Allgemeine aber existirt nicht, weil das Einzelne
Prineip des Einzelnen ist; denn der Mensch ist des Menschen
(Prineip) im allgemeinen, aber das ist keiner, sondern Peleus
des Achilleus! und für dieh dein Vater, und dieses ferner für
dieses [?und im allgemeinen B für das BA°®, das schlechthin in
einfacher* Art ist. Denn die Formen und die Elemente der
Substanzen sind verschiedene Ursachen für Verschiedenes, wie
ausgeführt worden ist, für das, was nicht in, dieselbe Gattung
gehört, nämlich für Farben, Gegentheiliges®, Substanzen und
Quantität; aulser dem was analog ist, und was zu derselben
Form gehört, und sie sind verschieden der Form nach. Je-
doch jedes Einzelne ist ein anderes und der Stoff und die Form
und das Bewegende; auch wenn sie nicht identisch im allge-
meinen sind].
Frgm. 22. Erklärung.... Darauf beweist er (Aristoteles), dafs die
wahre Art die individuelle ist, und sagt: Die ersten Principien sind die-
jenigen, die ihrer Natur nach in Wirklichkeit vorauf gehen, das heilst,
die wahren Principien sind diejenigen, deren Substanz ein wirklich aufser-
halb (der Seele) existirendes Seiendes ist, auf das man hinweisen kann.
Und das Erste geht vorher. Dieses Vorher aber ist, wie Alexander
sagt, ein Vorher der Existenz, nicht dem Gedanken nach; denn das All-
gemeine geht im Gedanken dem Besonderen vorauf, weil, nımmt man
jenes fort, auch das Besondere® verschwindet. Darum glaubt man auch,
1 [Im Arab.: “Peleus und dem Achilleus SF]. Hebr. ‘Peleus und nicht Peleus’
oder Peleus und dem Apheleus —, weil das arab. _; mit _3 verwechselt und entweder
wo non oder wnonanDı gelesen wurde.
2 Über das Folgende vgl. S. 101 Z. Sf.
3 Im Ar. und Hebr. ‘B für das B’, weil im Arabischen B aus BA leicht ent-
stehen konnte (s. oben S. 91). [LJ} ward nämlich =L.J} gelesen, während es ursprünglich
BA bedeutete. Ausdrücklich erklärt Averroes später, dafs BA gelesen werden müsse SF].
* «russ ist doppelt übersetzt.
5 [So Ar. und Hebr. Aus Wlaod), der richtigen Übersetzung von Yobwr, war
also S!&Lo3} geworden SF]. — Das Folgende weicht vom aristot. Texte weit ab.
6 [Die Worte ‘auch das Besondere’ sind im Ar. nicht mehr zu erkennen SF]-
Sie sind aus dem Hebr. ergänzt worden.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 101
dafs die allgemeinen Dinge Substanzen seien. Deshalb setzt er den Ge- Frem. 22.
danken mit den Worten fort: "Jenes Allgemeine aber existirt nicht, weil a a
das Individuum Prineip des Besonderen, Individuellen ist'!. Er meint, das
allgemeine Princip existirt nicht aufserhalb der Seele, sondern das Existi-
rende ist nur das Individuelle. Denn dieser bestimmte Mensch wird nur
von einem bestimmten Menschen gezeugt, nicht aber von einem allgemei-
St
nen Menschen.
Und der letzte Theil dieses Abschnittes fehlte in den Worten des
Aristoteles im Commentare des Alexander?; ich habe ıhn daher aus der
zweiten Übersetzung ergänzt, nämlich die Worte "und im allgemeinen’ 10
u. s. w. (S. 100 Z. 6).
Es sagt Aristoteles (1071 a 29—1071 5 1): Wenn nun aber un-
tersucht wird, welches von ihnen die Prineipien und Elemente
der Substanz und der Relation und der Quantität sind, ob
man sıe als identisch oder verschieden anzusehen hat, so ist 1
es klar, dafs sie das sind, was auf vielfache Weise für jedes
Einzelne gesagt wird; wenn man sie aber trennt, sind sie nicht
identisch sondern verschieden; aufser dafs sie in dieser Weise
wiederum für Alle sind. Und sie sind auch identisch der Ana-
logie nach, Form, Bewegendes?, und ebenso sind auch die Ur- 20
sachen der Substanzen wie die Ursachen von Allem®, weil sie
aufgehoben werden, wenn jene aufgehoben werden. Und fer-
ner das Erste der Vollendung nach. Und ebenso ist verschie-
den als Erstes Alles, was gegensätzlich ist, und dieses wird
nicht wie die Gattungen und nicht auf vielfache Weise aus-
gesagt. Und ebenso sind ihre Stoffe nicht identisch.
[7
an
! Hier eitirt Averroes ganz anders wie oben im Lemma S. 100 2.2.
?2 Die wörtliche Übersetzung des Ar. und Hebr. würde sein: “Und den letzten
Theil dieses Abschnittes fand ich fehlend aus Aristoteles’ Worten im Commentare des
Alexander”.
3 [Ar. 8 Schreibfehler für $_— SF]. Richtig Hebr. sn.
> x 5
4 [Ar. weitläufiger: 1gK »W&ß SF]. Hebr. and zum ms zmausıı mı>s ja a2 321
und ebenso sind die Ursachen der Substanzen, wie die ihnen gleichen‘.
Aristot. 107129.
10
1
or
102 FREUDENTHAL:
Frgm. 23. Erklärung. ... Alexander sagt: Mit den Worten "und
dieses wird nicht wie die Gattungen und nicht auf vielfache Weise aus-
gesagt, und auch ihre Stoffe” meint er vielleicht die individuellen Ur-
sachen, die in Wahrheit Ursachen für das individuell Bewirkte, das in
Wahrheit bewirkt ist, sind.
Es sagt Aristoteles (e. 6. 1071 5 1—11): Welches nun die Prin-
cipien der sinnlichen Dinge und wie viele ihrer sind und wie
sie identisch und verschieden sind, das ist auseinandergesetzt
worden. Da es nun drei! Substanzen giebt, von denen zwei
natürliche? sind und die eine unbewegt ist, so müssen wir über
diese sprechen und erklären, dafs es nothwendig°® irgend eine
ewige unbewegte Substanz giebt. Denn die Substanzen sind
früher als alles Seiende, und wenn alle Substanzen vergäng-
lich sind, so ist alles Seiende vergänglich. Aber es ist nicht
möglich, dafs Bewegung entstehe und nachher vergehe; denn
sie war längst. Und auch nicht die Zeit, da der Begriff des
Früheren und Späteren nicht möglich ist, wenn die Zeit nicht
ist. Und die Bewegung ist auch auf diese Weise ununterbro-
chen, wie auch die Zeit; denn sie ist entweder sie selbst oder
eine Bestimmung und Affection der Bewegung. Aber es findet
sich keine ununterbrochene Bewegung aufser im Raume und
von dieser die Kreisbewegung.
Frgm. 24. Erklärung. Mit den Worten “welches die Principien
der sinnlichen Dinge sind’ meint er die Materie und die Form und die
Negation und den Beweger, und mit den Worten ‘wie viele’ ihre Zahl.
Und mit den Worten ‘und wie sie identisch und verschieden sind’ meint
1 In diesem Abschnitte, wie in den folgenden, weist die arabische Handschrift
des Averroes zahlreiche Schäden, insbesondere Lücken auf, die durch Nässe, Insecten
und andere Ursachen entstanden sind. Die Übersetzung folgt in diesen Fällen ganz der
hebräischen Übersetzung.
2 [Ar. euD» was nicht in „usb zu ändern ist, da auch Bust. xzuo:
- “=. (s)
hat SF]. Richtig Hebr. =”>=2.
3 Im Ar. und Hebr. wird die apodiktische Aussage durch gehäufte Ausdrücke
bezeichnet.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 103
er das, was voraufgeschickt wurde, dafs sie der Analogie nach identisch
und ihrer Natur nach verschieden sind. Ob er nun aber hier unter den
sinnlichen Dingen, deren Prineipien er besprochen hat, nur die entstehen-
den vergehenden Dinge verstanden hat oder auch die ewig seienden!,
darüber sagt Alexander, dafs er, obgleich der voraufgehende Abschnitt
über die nicht ewigen Substanzen handelt, doch beide Substanzen, die
ewige und die nicht ewige, umfalst. Denn auch in der ewigen Substanz
giebt es Ursachen, die man der Analogie nach mit den Ursachen der ent-
stehenden vergänglichen Dinge? zusammen nennen kann. Denn es giebt
an derselben Möglichkeit, da sie sich im Raume bewegt; die Möglichkeit
in Bezug auf das ‘Wo’ ist freilich nicht die Möglichkeit in der Substanz.
Er sagt ferner: Denn das, was wir im Wo’ finden, gleicht dem Gegen-
sätzlichen; denn es existirt im Raume bald der Möglichkeit, bald der
Wirklichkeit nach. Er beweist dies? damit, dafs Aristoteles in diesen
Worten eine Theilung in die bewegte und unbewegte Substanz vornimmt,
wenn er sagt: ‘Da es nun drei Substanzen giebt, von denen zwei natür-
liche sind und die eine unbewegt ist, so müssen wir über diese sprechen
und erklären, dafs es nothwendig irgend eine ewige unbewegte Substanz
giebt‘. Die Worte aber ‘so müssen wir erklären, dafs es nothwendig irgend
eine ewige unbewegte Substanz giebt’ beweisen, dals er die Existenz die-
ser Substanz in dieser Theilung als Voraussetzung annimmt, indem er
sagt ‘und die eine unbewegt ist‘. Er mülste sonst dieselbe in der Thei-
lung auf Grund dessen, was alle Früheren glaubten, angenommen haben,
dafs es nämlich eine unbewegte Substanz gebe, weil er Ähnliches im An-
fang dieses Buches gethan hat*.
1 [Ar. die ‘seienden und ewigen’ SF]. Richtig Hebr.
?2 Ar. und Hebr. wörtlich: ‘des Entstehenden und Vergehenden’.
® nämlich die Annahme, dafs Aristoteles sowohl die Principien der sinnlichen
vergänglichen, wie der sinnlichen ewigen Substanzen, d. h. der himmlischen Körper, ver-
standen habe. Dieselbe ergiebt sich daraus, dafs Aristoteles der unbewegten die bewegte
Substanz, die beides umfalst, entgegensetzt.
* Metaph. L 1. 1069430. Alexander will sagen, dafs Aristoteles hier die
Eintheilung der Substanzen in eine unbewegte und eine sinnliche bewegte Substanz ent-
weder als Voraussetzung oder darum angenommen habe, weil alle früheren Philosophen
eine solche anerkannt haben.
Frgm. 24.
Aristot. 107151.
10
10
104 FREUDENTHAL:
Es sagt Aristoteles (1071 5 12—37): Aber wenn.es eine be-
wegende oder wirkende Substanz giebt und diese nichts wirkt,
wird es keine Bewegung geben!. Denn es ist ja möglich, dafs
das, welches die Bedeutung des Möglichen hat, nicht wirke,
und wenn nicht, so nützt es nichts, dals wir ewige Substan-
zen annehmen, wie die, welche die Ideen setzen, wenn es nicht
in ihnen ein Prineip, das Veränderung erzeugen kann, giebt.
Jedoch genügt auch dieses nicht und kein anderes aulser den
Ideen. Denn wenn es nicht ist?, wird keine Bewegung sein,
und auch nicht, wenn es zwar thätig ist, seine Substanz aber
(blofse) Möglichkeit ist; denn es wird (dann) keine ewige Be-
wegung geben; denn das, was blols der Möglichkeit nach ist,
kann auch nicht sein. Es ist also nothwendig, dafs eine der-
artige® Substanz sei, die Thätigkeit ist. Und es ist auch nö-
thig, dafs diese Substanzen frei vom Stoffe existiren; denn sie
müssen ewig sein, wenn es überhaupt etwas anderes Ewiges
siebt. Und es ist eine Wirklichkeit*. Jedoch hier ist eine
Schwierigkeit. Denn es scheint, dafs in jedem thätigen Dinge
auch Vermögen, durch welches es wirkt, sei, nicht aber Je-
des, das Vermögen hat, auch wirke: so dals das Vermögen das
frühere zu sein scheint. Aber wenn dies so sich verhält, so
wird nichts von dem Seienden existiren; denn es ist möglich,
1 Diese Übersetzung führt auf das richtige & &rrı zuwyrızöv ... oVz drrar ziumsıs,
2 Hebr. 7&1:n min > min SSEn nm, wonach übersetzt worden ist. [Ar. ©
N Ay Gi An eine Änderung des unverständlichen ) ist nicht zu denken, da es
im Texte des Averroes wiederum vorkommt. Averroes bemerkt dazu noch: ‘Er meint,
es genüge nicht als Prineip der bewegten Dinge die Ideen oder etwas aulser den Ideen
anzunehmen, wenn nicht mit der Aufhebung dieses Prineipes auch die Bewegung aufhört,
und das meint er mit den Worten x$,> es Ay oe _ ob d. h. dafs die Bewe-
gung nieht ist, wenn es (das Princip) aufhört, d. bh. wenn nicht ein Ding der Art vor-
handen ist, dals wenn es nicht ist, auch die Bewegung nicht ist’ SF].
3 Hebr. >32 win 2x3 71 ms mm» ‘dals ebenso eine Substanz sei, die Thätigkeit
ist” — als ob (1071 520) eivaı roi@uryv ouciav 7 Evegyeıe geschrieben wäre.
* Ar. und Hebr. "Und es ist ein Geist’. Der Irrthum ist durch Verwechselung
von ‚\s3 und \ä= entstanden. [Das Richtige hat schon Averroes in seiner Erklärung ge-
schrieben SF]. Alexander aber hat wie cod. AP zZuzoysız gelesen.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 105
dafs etwas existiren könne, es aber noch nicht existire. Aber
wenn es sich verhält, wie die Theologen sagen, die das All aus
der Nacht hervorgehen lassen, und wie die Naturphilosophen,
die sagen, dafs alle Dinge zumal waren, so ist es unmöglich,
dafs es identisch für Alles sei!. Denn wie können sie sich be-
wegen, wenn sie nicht in Wirklichkeit eine Ursache haben?
Denn der Stoff, das Substrat des Zimmermanns, kann sich
nicht selbst bewegen, sondern der Zimmermann?. Und nicht
das Menstrualblut und nicht die Erde, sondern die Saaten und
der männliche Same. Darum nehmen Einige an, dafs die Wirk-
lichkeit immer sei?, wie Platon und Leukipp*. Denn sie sa-
gen, dafs die Bewegung irgend ein Existirendes® sei. Aber
welshalb und was sie ist, das haben sie nicht angegeben®,
und nicht die Ursache. Denn nichts bewegt sich von ungefähr,
sondern es muls immer Etwas vorhanden sein, wie es jetzt ist,
entweder von Natur in dieser Weise oder durch Gewalt oder
durch ein Anderes. Und dann, welches ist das Erste? Denn
das macht einen grolsen Unterschied.
Frgm. 25. Erklärung.... Und Alexander sagt, dafs es noch
einer dritten Bedingung bedarf neben der, dafs es ewig und ein in Wirk-
lichkeit Bewegendes sei, nämlich dafs es auch? dasjenige Wesen sei, wel-
chem der preiswertheste Körper, das ist der himmlische Körper, in Sehn-
! Oder nach Hebr. ‘dafs sie in ihrer Gesammtheit wie Substanzen seien’.
2 ‘sondern der Zimmermann’ fehlt in einigen hebr. Handschriften.
% Wörtlich wäre zu übersetzen: "Darum setzen Einige die Wirklichkeit immer‘.
* [Ar. wösS Leukos. So auch die arab. Übersetzung des Eustathius SF].
Ebenso Hebr.
5 [Ar. ‘ein Sein’ sei SF]. — In der Vorlage des Übersetzers fehlte «ei.
6 [Ar. ist corrumpirt: AsJLs 3, „AS al Au 8 Lin, nach dem Commentare
des Averroes z. St. zu lesen: sg, au AS Lei, SF]. — In der Vorlage fehlte
ode vidr.
” [So die erste Hand des Ar. und Lat., der letztere wohl der Vulgata folgend.
Die sonst gute Lesarten bietende zweite Hand des Ar. fügt am Rande mit Custos hin-
ter „| hinzu SF]. Danach übersetzt Hebr. 277 sn j2 21 777° s>w ‘dals es nicht auch das-
jenige Wesen sei‘.
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. 1. 14
10
Aristot. 1071512.
20
Frgm. 25.
Aristot. 1071512.
10
15
106 FREUDENTHAL:
sucht sich zubewege. Denn das, welchem dieser Körper in Sehnsucht
sich zubewegt, ist nicht der Mensch und nicht irgend Etwas, das hier
von existirenden Dingen sich findet, da das Preiswertheste nichts, was
schlechter ist, erstreben kann! .....
Frgm. 26. Zu den Worten (1071 5 27): “die sagen, dafs alle Dinge
zumal waren‘, bemerkt Alexander, dafs er hiermit nicht auf Anaxagoras
hinweist, da dieser ja die wirkende Ursache, nämlich den Geist, aner-
kannt hat.
Aristoteles (1072 « 9—12): Wenn nun dasselbe? in Kreis-
bewegung ist, so ist es nothwendig?, dals es so für sich wirke
und so durch ein Anderes. (1072 a 23): Der erste Himmel ist
also ewig.
Frgm. 27. Erklärung. Es sagt Alexander, dafs er hier in Kürze
dessen gedenkt, was in den physikalischen Schriften und insbesondre in
dem Buche über Entstehen und Vergehen auseinandergesetzt worden ist.
Und daselbst* ist ausgeführt worden, dafs wenn es ein ewiges Werden
giebt, es ein Etwas geben müsse, das ewig ist, und das ist der Körper,
der sich im Kreise bewegt. Und wäre derselbe nicht, so könnte es kein
ununterbrochenes Werden und kein ununterbrochenes Vergehen geben,
und wenn nicht, so würde der Stoff vernichtet werden. Es ist ferner
nothwendig, dals es eine ewige Ursache des Vergehens® aulser der ewi-
gen Ursache des Entstehens gebe, oder dafs es ein Wesen gebe, das beide
Verschiedenheiten durch zwei verschiedene Verhaltungsweisen hervorbringe.
Aber es ist nothwendig, dafs es ein einziges ewiges Wesen gebe, das Ur-
1 Vgl. Alex. quaest. I 25; bes. p. 78, 18f. — Diese Stelle scheint Maimonid.
Moreh II ce. 4 p. 54 benutzt zu haben.
° Ar. und Hebr. fügen ‘nicht’ ein. Die Erklärung des Alexander, wie die er-
läuternden Worte des Averroes setzen aber die affirmative Form voraus. Die Negation
ist also als blofse Verschreibung im Archetypus des cod. Leid. und der Vorlage des Hebr.
anzusehen.
® Hier zeigen Ar. und Hebr. eine grölsere Lücke und weichen vollständig vom
aristotelischen Texte ab.
* Arist. de gener. et corr. II e. 10.
° Ar. und Hebr. wörtlich: ‘dafs das Verderbende ewig sei”. y
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 107
sache der ununterbrochenen Wirkung ist, weil es nur eine einzige Thätig-
keit ausübt, oder ein ewiges Wesen, das verschiedene Thätigkeiten ausübt,
von dem daher verschiedene ewige Wirkungen ausgehen. Und so verhält
sich der erste Himmel in seiner täglichen Bewegung; denn die Beständig-
keit der Wirkung kommt nur durch ihn, da er nur Eine ewige Thätigkeit
hat. Diejenigen Wesenheiten aber, die stets verschiedene Wirkungen ha-
ben, bewegen sich in schiefen Bahnen, und die grölste von ihnen an Wir-
kung ist die Sonne. Denn durch ihre Annäherung an die Dinge und ihre
Entfernung von ihnen in ihrer allgemeinen Bewegung bewirkt sie zugleich
die Gegensätze. Zum Beispiel. Wenn sie sich entfernt, ist sie die Ur-
sache für den Untergang der meisten Wesen, und wenn sie sich nähert,
ist sie die Ursache für das Entstehen der meisten. Ebenso ist ihre Ent-
fernung Ursache für einiges Existirende und ihre Annäherung Ursache für
den Untergang einiger sichtbaren! Dinge.
Es sagt Aristoteles (ec. 7. 1072 a 25): Es giebt also ein Be-
wegendes, während es nicht bewegt wird?. Da es aber ein Be-
wegtes und ein Bewegendes und auch ein Mittleres giebt, so
findet sich auch Etwas, das bewegt, aber nıcht bewegt wird.
Frgm. 28.° Es sagt Alexander: Dies ist ein Beweis dafür, dafs es
einen unbewegten Beweger giebt. Derselbe wird aber in äulserster Kürze
geführt, weil Aristoteles hierbei an das erinnert, was hierüber im letzten
Buche der Physik* erörtert worden ist. Diese Erörterung beruht auf
mehreren Voraussetzungen. Die eine von diesen ist, dafs wenn Etwas
aus zwei Dingen zusammengesetzt ist und eines von diesen zweien ge-
trennt existiren kann, auch das andere? getrennt muls existiren können —
1 [Im Ar. folgt auf die Worte “für den Untergang einiger Dinge ei: was
unverständlich ist, das aber Hebr. im Sinne von was sichtbar ist’ genommen zu haben
scheint. Zu lesen ist pE SF].
?2 Die Worte ‘während — wird’ sind wohl blofses Glossem der Übersetzung.
3 Risse im Papiere des cod. Ar. haben in den folgenden Abschnitten zahlreiche
Lücken verschuldet, die durch die hebr. Handschriften sicher ausgefüllt werden können.
* Aristot. Phys. VIII e. If.
5 [das andere’ fehlt im Ar.; doch weist ein Custos auf einen durch Verklebung
des Randes jetzt unleserlichen Zusatz hin SF].
14*
Frgm. 27.
Aristot. 1072 a9.
10
20
ID
DS
Frgm. 28.
Aristot. 107
8
2a23.
10
15
108 FREUDENTHAL:
im Falle nicht eines von den zwei Dingen ein Aceidens und das andere
eine Substanz ist. Ein Beispiel hierfür bietet das Honigwasser!. Da es aus
Wasser und Honig zusammengesetzt ist, so muls, weil der Honig getrennt
vom Wasser existirt, auch das Wasser getrennt vom Honig existiren.
Erweist sich diese Voraussetzung als begründet und finden wir, dafs es
ein Bewegendes und Bewegtes giebt, (das) ein Mittleres zwischen dem
ersten Bewegenden und dem letzten Bewegten und gleichsam aus Bewe-
gendem und Bewegtem zusammengesetzt ist, so ist es klar, dafs da sich
ein Bewegtes abgesondert vom Bewegenden findet (denn wir finden ja
hier Dinge, die bewegt werden, ohne selbst zu bewegen) — auch ein Be-
wegendes vorhanden sein muls, das überhaupt nicht bewegt wird. Die-
ses Bewegende aber ist frei von Möglichkeit und existirt überhaupt nicht
im Stoffe?.
Es sagt Aristoteles (1072 «a 390— 54): Und das Princip ist
die Vorstellung im Geiste?; der Geist aber ist von dem Ge-
dachten; Gegenstand des Denkens aber ist die andere Wesen-
reihe an sich, und von dieser ist die Substanz das erste und
von dieser die einfache, die in Wirklichkeit ist. Und das Eins
und das Einfache sind nicht identisch; denn jenes bedeutet
ein Maafs, das Einfache aber deutet darauf, wie sein Verhal-
ten ist. Ferner ist dasjenige, was um seiner selbst willen er-
wählt wird, in der Identität der Elemente°, und es ist sehr
trefflich, wenn es das zuerst Erworbene ist. Dafs sich aber
ein Weswegen in dem Unbewegten findet, darauf deutet die
1 Dies Beispiel ist nach Aristoteles’ Vorgange (s. Bonitz, ind. Aristot. s. v.) von
Alexander häufig benutzt worden. So z. B. =. buyans p. 1245; 1452 (bis); Metaph.
p- 293,12 u. =.
2 Dieses Fragment wird benutzt von Maimonides Moreh II p. 37.
3 Vgl. Munk zu Maimonides Moreh II p. 54.
* [Dies ist im Ar. partitiv zu fassen SF]. Alexander hat, wie cod. AP, zweirer
(1072 a 30) nicht gelesen. Die Präposition aber, die vzo entspricht, bezeichnet im Syr.,
Arab. und Hebr. ebensowohl den Urheber, wie das Ganze.
5 Die Worte &v rn aurf evoromyie waren in der Vorlage verderbt (sie gab crar-
Aetav für susroıyig) und sind daher vom Übersetzer gänzlich mifsverstanden worden.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 109
Eintheilung hin; denn das Weswegen findet sich für eine
Sache und für den Besitzer einer Sache. Das eine von diesen
existirt, das andere nicht. Und es bewegt wie der Gegenstand
der Liebe, und das Bewegte bewegt jene anderen Dingel.
Frgm. 29. Erklärung.... Es sagt Alexander: Es ist möglich
diese Worte verschieden zu erklären. Einmal, dafs mit den Worten "die
eine Wesenreihe ist an sich Gegenstand des Denkens’? die Art der Reihe
gemeint ist, welche die Schule der Pythagoreer, da sie die Principien
aufsuchten, feststellte. Denn da sie annehmen, dafs die Gegensätze Prin-
ceipien alles Seienden seien, so ordneten sie die zehn Gegensätze, welche
sie als Principien aufstellten, indem sie das Erste in die Reihe des Guten,
das heilst unter die Gattung, welche das Gute bildet, und das Andere
unter die Gattung des Bösen stellten. Gegenstand des Denkens an sich
ist aber die Reihe des Guten; denn die des Schlechten ist nur acciden-
tell, nämlich durch Negation des Guten, denkbar. Es ist also als ob er
(Aristoteles) sagte: Und dieses Denkbare gehört zur Gattung des Guten,
das heilst ist gut, weil das Gute denkbar an sich ist. — Er (Alexander)
sagt: Es ist auch möglich, dafs er jetzt der Reihe gedenkt, die er bei
der Eintheilung der Elemente erwähnt hat, und dafs er von diesen (nur)
die Gegensätze bespricht, welche in jeder Gattung vorhanden und welche?
Prineipien der Veränderung für alles Veränderliche sind, nämlich für die
Veränderung, die an der Substanz und an den anderen Kategorien auf-
tritt. Der eine von diesen Gegensätzen ist, wie die Form und der an-
dere, wie die Negation. Und die Reihe, die wie die Form ist, ist an
sich denkbar, die dagegen, welche wie die Negation ist, ist zwar auch
denkbar, aber ist es nicht ursprünglich und nicht ihrer Wesenheit nach.
Denn die Negation ist nur im Verhältnifs zu einem Verhalten, welches die
Form ist.
Frgm. 30. Ferner sagt er: ‘Dafs sich aber ein Weswegen in dem
Unbewegten findet, darauf deutet die Eintheilung hin’. Es sagt Alexander:
Dies hat er nur gesagt aus Furcht, dafs man glauben könnte, er meine
1 Alexander hat wohl rd de zwounsvov gelesen.
2 Dies Lemma wird hier anders übersetzt wie oben (S. 108 Z. 16).
3 [a wL>N on also auf "Gattung’, nicht auf Gegensätze bezogen SF].
5
10
IC)
[27
Aristot. 1072430.
Frgm. 30.
Aristot. 107251.
10
15
110 FREUDENTHAL:
hier die Vollkommenheit, die ein Accidens in dem Vollkommenen ist.
Denn! die Vollkommenheiten, um deren willen das durch sie Vervoll-
kommnete sich bewegt, sind zum Theil Qualitäten, durch welche das sich
Bewegende seine Vollkommenheit erreicht, wie das, was sich um der
Gesundheit willen bewegt, zum Theil aber Wesenheiten aufserhalb des
Dinges, das sich zu ihnen hin bewegt, um ihnen ähnlich zu werden. So
sind alle Thätigkeiten des Knechtes auf den Herrn und auf seime Ab-
sicht gerichtet, und so bewegen sich die Unterthanen Eines? Staates
nach der Absicht des Königs. Darum kann man von den Dienern sagen,
dafs sie nur um ıhrer Herren willen da sind, und ebenso verhält es sich
mit den Unterthanen gegenüber ihrem Könige, und ebenso verhält sich
alles Seiende zu dem ersten Princip, ich meine dasjenige, dem Alles
zustrebt.
Aristoteles (1072 b 16): rei za Adovn 9 Evepyeia aurov>s.
Frgm. 31. Erklärung.... Und Alexander sagst, dafs man hier unter
Lust nicht die Lust verstehen dürfe, die auf eine Affection folgt; denn dem
Vermögen (der Lust), das auf eine Affection folgt, steht die Unlust gegen-
über. Die Lust aber, die in dem Geiste selbst ist, ıst kein Leiden und
ihr steht kein Gegentheil gegenüber, da diesem Denken kein Nichtdenken
segenübersteht. Diese Lust gehört vielmehr zu den nothwendigen Attri-
buten des Denkens, wie der Schatten zum Körper. Und ist eine Erkenntnils
vorhanden, so giebt es für dieselbe kein Gegentheil*, und sie findet sich
selber nicht dem blofsen Vermögen nach in irgend einer Zeit. Das Den-
kende trifft daher zu keiner Zeit eine Verdunkelung® der Denkkratt.
1 Vgl. Alex. quaest. II 6 und II 21 p. 128, 14f.
2 ‘Eines’ ist von Ar. und Hebr. durch das Zahlwort ausgedrückt.
3 Die Übersetzung des aristotelischen Textes, die Averroes hier folgen läfst,
entspricht nieht mehr den aus Alexanders Commentare stammenden Lemmata, sondern
ist der Übersetzung des Eustathius entnommen, wie eine Randbemerkung in Ar. lehrt.
Vgl. unten S. 124.
+ Über Begriffe, denen kein Gegentheil gegenübersteht, vgl. Aristot. Kateg. ce. 5.
3b24f.; c.6. 5bllf.; e. 7. 6517f. Phys. 1189 «29. V 225 510; Metaph. K 12. 1068a1l.
De caelo I 3. 270 a@18f. Alexander quaest. IV 4 und bei Simpl. zu De caelo 515 39f.
5 So Ar. und E.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 111
Frgm. 32. Und Alexander sagt, dals man unter unseren Worten
nicht verstehen dürfe, dals der Geist sich selbst, wie in einer Verände-
rung begreife!; denn wir finden ja auch, dafs der Sehende sich selbst
in einem Spiegel sieht. Wenn das nun beim Sehenden möglich ist, dafs
er sich selber sieht, so ist das beim Geiste noch eher? möglich.
Aristoteles (c. 8. 1073 5 10): rosa d° ara — xaS” Cv 6 Aıos
(1073 5 22).
Frgm. 33. Erklärung.... Und Ptolemäus war es entgangen,
was die Früheren veranlafst hatte, die zurückführenden Bewegungen (an-
zunehmen), dafs es nämlich Epieyclen und excentrische Kreise unmöglich
geben könne?. Da nun heute Manche diese Methode der Berechnung für
einfacher und leichter in Bezug auf die Zahl der Bewegungen halten, ich
meine die in der Schrift des Ptolemäus angenommene, so weichen sie von
der früheren Methode der Berechnung ab, so dafs die Kenntnifs derselben
unterging und heute nicht verstanden wird, was Aristoteles an diesem Orte
im Namen dieser Alten lehrt. Zu ihr aber haben sich Alexander und
Themistius bekannt, ohne jedoch den Grund zu kennen, den wir er-
wähnt haben*.
Aristoteles (1073 db 38): avayzalov de — Erra TE nal TErTaganevra
(1074 a 14).
Frgm. 34. Erklärung.... Sie (die Vorgänger des Aristoteles)
setzten®, wıe Alexander erklärt, zu jeder Sphäre der ersten Sterne ® mit
Ausnahme der Sphäre des Thierkreises eine besondere? Sphäre hinzu.
1 [Ar. wörtlich ‘sowie seine Veränderung ist’ SF].
2 [So in Ar. SF]. Im Hebr. fehlt ‘eher.
® Wörtlich wäre zu übersetzen das ist die Unmöglichkeit einer Sphäre, die sich auf
einem Kreise bewegt, und die Unmöglichkeit einer Sphäre, die aus dem Centrum herausgeht.’
* Nämlich die Unmöglichkeit der anderen Hypothesen von excentrischen Bahnen
und Epieyelen.
5 Nach Averroes (zu dem vorstehenden Lemma) nahm Ptolemäus und nach den
obigen Worten auch Alexander an, dals Aristoteles seine Theorie von den spatarı dvsAir-
souscı auch im Namen seiner Vorgänger vortrage.
6 nieht aber zu der des Mondes (vgl. Aristot. e. 8. 1074 a 7f.).
" [Ar. Text: = wSlö 'eine besondere Sphäre‘, mgo: S=w bewegende”. Der
Frgm. 32.
Aristot. 1072616.
10 m
From. 34.
Aristot. 1073538.
10
15
112 FREUDENTHAL:
Und diese trägt den betreffenden Stern! auf derselben Axe? nach der
entgegengesetzten Seite, als nach welcher die erste Sphäre sich bewest.
Sie setzten nun diese rückwärtsbewegenden Sphären und zwar die fünfte
unter die vierte und auf derselben Axe sich bewegend, die sechste unter
die dritte und auf derselben Axe mit ıhr, die siebente unter die zweite
und auf derselben Axe mit ihr. Und sie glaubten, dals durch diese Art
der zusammengesetzten Bewegungen alle dem Sinne erscheinenden Be-
wegungen dieser Sterne zusammenstimmen können.
Aus Averroes’ Epitome der Metaphysik®.
Frgm. 35. Und dies ist bereits durch die Worte Alexanders dar-
gethan: Denn es ist unmöglich, dafs der beste der Körper* unbeseelt®
sei. Dafs er aber besser als die Körper® ist, erhellt daraus, dafs er das
Andere regiert und semer Natur nach früher ist als dasselbe. Ebenso ist
er ewig und das Ewige ist edler als das Nichtewige.
Frgm. 36. Und Alexander sagt, dafs diejenigen den grölsten Irr-
thum begehen, die der Ansicht sind, dafs die Vorsehung sich auf alle
Einzelheiten erstrecke?, wie dies die Zeltbewohner annehmen. Die Vor-
Custos im Texte läfst nicht erkennen, ob dies an Stelle von 5.—\, zu lesen, oder davor
_
einzuschieben ist SF]. « hat blols su>n, E nun zwenn.
1 So Hebr. =>°57 1m, dem im arab. Texte nichts entspricht.
? Ar. _ıb3, Hebr. =o7p, das eigentlich ‘Pol’, aber auch ‘Axe’ bedeutet.
® Averroes giebt nicht an, welcher Schrift Alexanders er diese Fragmente ent-
lehnt hat. Dafs sie aus Alexanders Commentare zur Metaphysik stammen, ist daher nicht
zweifellos; da sie aber ihrem Inhalte nach sehr wohl demselben angehören können, so
mögen sie anhangsweise hier Platz finden. Die Übersetzung folgt den codd. hebr. Paris.
918 u. 956. Monac. 108 u. 281, da ein arabischer Text der Epitome bis jetzt nicht aufge-
funden worden ist.
* Codd. wss Ssan ja 53 Ann. Die Emendation zw >92 für wes &s5 folet aus
der Lesart der codd. Paris. 956, Monae. 108 zur folgenden Zeile, die auch im Lat. sich
findet, und aus der Parallelstelle in den Quaest. I, 1. 12, 19; comm. in metaph. 659, 22.
5 Codd. w22 >22 "ne=; cod. Monac. 108 aber auına smoS.
6 Codd. Paris. 956, Monae. 108 zwanan 72; cod. Paris. 918, Mon. 281 ws: 5337 72.
7 Das Nachfolgende ist nicht mehr wortgetreue Übersetzung Alexanders, wie
aus der Erwähnung der “Zeltbewohner’ (wörtl.: ‘Männer des Zeltes’, arab. pr) ‚NS, bebr.
erbman »>s= (lat. quidam!), sowie aus der Hinweisung auf eine frühere Bemerkung des
Averroes hervorgeht. Denn die Worte ‘wie vorher erörtert worden ist’ beziehen sich auf
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 113
sehung könnte nur von ihnen (den himmlischen Mächten) ausgehen, weil
sie ein Wissen haben, wie vorher erörtert worden ist, und wie wäre es
möglich, dafs sie ein sich stets erneuendes Wissen des Einzelnen hätten!,
zumal da dies unendlich ist? Und wer so spricht, der schreibt Gott
nothwendig Ruchlosigkeit zu. Denn wenn er das Schicksal jedes Indi-
viduums bestimmt, wie kommt es, dafs Übel den einzelnen Menschen
treffen, während doch Gott über ihm waltet? Ich verstehe aber unter
diesen Übeln diejenigen, die möglicherweise ihn nicht treffen könnten;
aber von den nothwendigen Übeln ist nicht zu behaupten, dafs wenn sie
Jemanden treffen, dies nicht von der Gottheit ausgehe?.
die Bebauptung (Lat. p. 399c) verumtamen, quia curant de his ete. Aber dals Alexander
nur der erste Satz bis erstrecke' angehöre, ist nicht anzunehmen, da die hier vorgetra-
gene Ansicht der des Averroes nicht entspricht (efr. Averr. paraphr. Metaph. p. 395 F.
396r und M. J. Müller, Philos. u. Theol. des Averroes p. 50). — Übrigens berechtigt
uns die Nachlässigkeit des Citates hier in der Epitome der Metaphysik nicht, auf gleiche
Ungenauigkeit in den Citaten des später und sorgfältig gearbeiteten grolsen Commentars
zu schliefsen. Auch ist die Möglichkeit, dafs Averroes an diesem Orte eine Alexander
untergeschobene Schrift benutzt habe, keineswegs ausgeschlossen.
1 Die Übersetzung folgt cod. Monac. 108 u. 281; die Pariser codd. sind hier
lückenhaft.
2 Vgl. Alexander Quaest. I, 25. II, 21. 129, 9£. 131, 4f. Ähnliches bei Mai-
monides Moreh III 16 p. 111 u. 114 aus einer sonst unbekannten Schrift Alexanders de
regimine (s. Munk das. p. 111).
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. I. 15
10
114 " FREUDENTHAL:
Anmerkungen,
1. Die arabische Handschrift von Averroes’ grossem Commentare
zur Metaphysik!.
Der Codex 1692 der orientalischen Manuscripte der Leidener Uni-
versitätsbibliothek — summarisch bereits im Catal. codic. oriental. biblioth.
acad. Lugd. Batav. Vol. V p. 324 (Leiden 1873) beschrieben — ist aus
zwei Theilen, die auf verschiedene Hände zurückgehen, zusammengesetzt.
Der einen, uiid schönen Hand gehören p. 2—138 und p. 995 — Ende
an. Die diacritischen Punkte sind hier nicht selten weggelassen. Von der
anderen ungemein klaren und deutlichen Hand (obgleich gelegentlich 125
und mehr Buchstaben auf einer 21 Ctm. langen Zeile stehen, ist jeder
sehr deutlich zu erkennen) rühren p. 140—294 her. Eine gröfsere Lücke
ist durch Auslassung eines und eines halben Blattes nach p. 138 ange-
deutet; aber auch nachträglich ist z. B. wenigstens ein Blatt verloren ge-
gangen nach p. 98. — Die Abschrift unseres Codex erfolgte auf Grund
eines selbst schon collationirten Exemplares. des Werkes, auf welches die
häufigen Randbemerkungen - — ‚> und &S.w5 3 wo>, zurückgehen. —
In schr werthvoller Weise ist er aber von einem späteren gelehrten Be-
sitzer bereichert worden. Dieser hat wiederum eine Collation vorgenom-
men und seine Varianten angemerkt. Am wichtigsten aber ist, dafs er
die Übersetzung des Eustathius von Buch « und A (bis ce. 7. 1072 b 16
vgl. oben p. 110) an den Rand setzte. Er fügt denn auch vor das erste
Lemma im Texte von Buch « die Worte As) u>5 — Übersetzung Ishäks
(Cod. s. p., an einer anderen Stelle aber deutlich =! Se) ein und
setzt vor ie Anfang seiner Randbemerkung ol} u>5 — Übersetzung
des Eustathius (hier nur noch sehr schwer lesbar, aber an einer anderen
Stelle ganz deutlich). Der Codex, nach welchem er collationirte, war vor-
züglicher als der unsrige; so sind die Fälle, in denen er die Angaben des Aver-
roes über Lücken der Vorlage (oben S. 56) BE) 3 „ei oder at & vos
1 Diese Note hat Herrn Dr. S. Fränkel zum Verfasser.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 115
mittheilt, häufiger als die entsprechenden Bemerkungen der anderen Schrei-
ber. — Mon ihm rührt u. a. auch die Überschrift des Buches B her
Kzubli An lo ums „Dlb u DUS on sul Släs. Endlich hat er uns am
Ende von p. 1 einige litterargeschichtliche Notizen aufbewahrt, die leider
nicht mehr vollständig lesbar, aber auch in ihrer fragmentarischen Ge-
stalt noch geeignet sind, unsere auf Fihrist I. p. 251 ruhen Kennt-
nıls von den arabischen Übersetzungen der Metaphysik zu vermehren. Es
heifst da: RE unnnunn. url 62 BERTE N „As Sul, Ka, ey Mi „Ar ul
> Leib (swell a Sal Io wlluf >. (d. 1. Averroes) „Oo ala} Sms lv
al en de U AS la FR ei in
“Das zwölfte hat Ibn Zuria und das rate Nazif ibn Amin übersetzt ..
ist nicht vorhanden (und alles) was der Kädi erklärt hat, ist Übersetzung
des Eustathius mit Ausnahme von «, denn dies ist Übersetzung des Ishäk
und das Letzte, was von Eustathius erhalten ist, ist Buch A und Buch A
ist von Nazif Ibn Amin‘.
Die Güte der Überlieferung ist wohl am besten aus der Schrei-
bung der griechischen Eigennamen oder sonstiger unübersetzter griechi-
scher Wörter zu constatiren, da diese naturgemäfs am ehesten der Ver-
derbnifs ausgesetzt waren. In dieser Hinsicht ergab die Prüfung des Codex
ein recht en Resultat. Sehr gut erhalten sind z. B. U, eu]
.25. 1. 11. a. f. — ’Avafayogas; U alas p- 28. 1. 8. a. f. —= IIvSayogas;
RER p- 112 margo (im Texte maurssss) — Morveryros; ,as> % In.
ID — YewWerguun; ma pP. 57 mgo (im Texte ix „s,l>) Yendeuria;
ui p. 56. 1.1. örrıan; LI p. Te A Tre Geringe Verderbnils
erfuhr u. a. "Hocadeıres in ulwui p. 80. 1. 12, während yw,> p. 155.
1. 13. a. f£. — wo in unserem Texte Yreusırros steht — die Vorlage Xev-
Sırros voraussetzt. Die durchgehende auf einer gelehrten Volksetymolo-
gie beruhende Transeription de Namens 'Eursdoxrgs als lo .„' findet
sich auch in unserem Codex. — Eine Probe des Originals hat de Gagje im
Cataloge der Leidener Bibliothek (a. a. O.) veröffentlicht. Dieselbe ent-
spricht einem Theile der oben (S. 67£.) mitgetheilten Übersetzung. Nä-
heres muls der in Aussicht genommenen Veröffentlichung des arabischen
Textes der Fragmente Alexanders vorbehalten bleiben.
1 Über die Wiedergabe des s durch ,& vgl. Lasinio, Il commento medio di Aver-
roe alla poetica I p. 11.
15*
116 FREUDENTHAL:
2. Die hebräischen Übersetzungen.
Die hebräische Übersetzung von Averroes’ großsem Commentare
zur Metaphysik ist einer Nachschrift zufolge, welche sich in fast allen
Codices am Schlusse des Buches A findet, von Mose ben Salomo aus
Salon in Südfrankreich, der um den Anfang des vierzehnten Jahrhunderts
lebte, verfalst order — Die Übersetzung von Buch A liest uns in zwei
Recensionen vor, von denen die ältere () in cod. A, die jüngere (6) in
den übrigen Handschriften? uns erhalten ist. Dafs die Abweichungen der
Handschriften auf zwei ursprünglich verschiedene Übersetzungen, nicht auf
spätere Änderungen durch Leser und Abschreiber zurückzuführen ist, und
dafs A die ältere Fassung i in höchst verunstalteter Form repräsentirt, konnte
noch vor der Ve releichung des arabischen Originals festgestellt werden.
Nur eine ältere aus dem Arabischen angefertigte sehr mangelhafte Über-
setzung konnte run “Wahrheit’ statt des richtigen 77 “Pflicht” oder "Auf-
gabe’ darbieten @ Übers. S.75 Anm. 2), weil das arabische > Beides
bedeutet; konnte =25 “verdoppeln” statt des einzig richtigen w=rn "schwä-
chen’ ($.71 Anm. 2) setzen, weil zo den Anlafs dazu gab. Nur die
Annahme, dals wir in « den ersten Versuch einer Übertragung vor uns
haben, konnte die zahllosen Milsverständnisse, Plumpheiten unan sonstigen
Verkehrtheiten einer Übersetzung erklären, die in © geglättet und gefeilt
erscheint. Freilich zeigt die Handschr ift, die allein uns diese erste Recension
erhalten hat, im Buche A eine unglaublich verwahrloste Gestalt. Sehr oft
wird der Zusammenhang durch kleinere oder grölsere Lücken unterbro-
chen, und zahllos sind die ‚groben Verschreibungen, die den Sinn entstel-
len. Aber wie arg diese Übersetzung durch Schreibfehler aller Art in
cod. A auch verunziert sein mag, ihre ursprüngliche Beschaffenheit kann
darum doch nicht verkannt werden, und die Ver sleichung des arabischen
Textes hat die Vermuthung, dafs wir an dieser Übersetzung den ersten
rohen Abklatsch des Originals besitzen, auf Schritt und Tritt bestätiet.
1 Näheres über denselben s. bei Gross, Frankel-Graetz Monatsschr. 1879 p. 471;
Perles, Kalonymos b. Kalon. p. x; Steinschneider, H. B. XXI p. 83. — Es ist bisher
nicht beachtet worden, dafs Mose ben Salomo auch einen Superecommentar über Averroes’
mittleren Commentar zur Metaphysik verfalst hat, und dafs umfangreiche Auszüge aus
demselben in den Handschriften der Übersetzung von Averroes’ grolsem Commentar zur
Metaphysik A e. 9 u. 10 sich finden.
2 Sämmtliche uns bekannte Handschriften mit Ausnahme von cod. Urb. 46 und
dem verschollenen ceod. Bisliches (s. Geiger, Zeitschr. III S. 283) sind (ABE durch-
gängig) von mir verglichen und für die deutsche Übersetzung benutzt worden.
m”
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 117
Bei dem weiten Abstande zwischen « und ® ist es kaum glaublich,
dafs beide Recensionen von demselben Manne herrühren. Wer die übri-
gen Bücher der Metaphysik zu übersetzen vermochte, wie Mose ben Sa-
lomo den Handschriften zufolge es gethan hat, der ist mit dem Vorwurfe
der Fahrlässigkeit und Unwissenheit nicht zu belasten, zu dem « nur zu
oft Anlals giebt. In A wird daher Mose aus Salon auch nicht als Ver-
fasser dieser Übersetzung bezeichnet. — Wir besitzen « nur zu Buch A.
Von allen früheren Büchern liest uns nur eine einzige Recension vor, die
Mose zugeschriebene, und in denselben weicht A von den übrigen Hand-
schriften nicht ab!. Zweifelhaft muls es bleiben, ob jemals früher eine
der älteren Recension entsprechende Übersetzung zur ganzen Metaphysik
vorhanden war oder ob die Doppelübersetzung überhaupt niemals mehr
als das Buch A umfafst hat.
« und ® stimmen im Wortlaute und in der Auffassung des arabi-
schen Textes so oft überein, dafs wir annehmen müssen, Mose, der Ver-
fasser von @, habe jedenfalls die ältere Recension nur umgearbeitet, zahl-
reiche Verkehrtheiten derselben beseitigt, neben derselben aber auch noch
einen arabischen Text benutzt, der dem Verfasser von « nicht vorgelegen
hatte. Dies letztere erhellt schon daraus, dals A, wie die erste Hand der
arabischen Handschrift, nur bis zur Erklärung von "Arist. c. 10. 10755 8-11
reicht, 8 dagegen in Übereinstimmung mit einer jüngeren Hand des Ar.
die Übersetzung bis zum Ende des Buches weiterfühbrt und dafs häufig
von den beiden’ Recensionen bald die eine, bald die andere mit dem Texte
oder den am Rande verzeichneten Varianten des Ar. Ben el Da-
rum giebt uns denn auch bald « (s. Übers. $. 68 A. 2; 70 A. 4; 98 A. 4
u. s.), bald ® (an zahllosen Stellen) die richtige En
Keine der beiden Versionen ist aus dem Leidener Exemplare abzu-
leiten, obgleich sie im allgemeinen demselben sehr nahe kommen und
nach einem ihm nahe verwandten Originale gearbeitet sein müssen.
Dies ergiebt sich aus folgenden Thatsachen. Im Lemma e. 3. 1070 «13
fehlt dem arab. Texte die den griechischen Worten &mi utv eiv rwav ent-
sprechende Übersetzung, und am Rande wird eine ungenaue Übersetzung
von einer zweiten Hand nachgetragen: „U ass Ws U — “aber bei eini-
gen Menschen’. Hebr. dagegen hat richtig "27 "272 >>. — Das ganze
Lemma 1070 « I—18 sammt der ersten Hälfte der Erklärung des Aver-
roes bis zu den Worten: "sie sind die Körper; und wenn dies so ist, so
besitzen sie eine Form’ (= Lat. ed. 1560 p. 323) ist im Ar. von seiner
rechten Stelle verschlagen und an das Ende der zweiten Hälfte der Er-
klärung gerückt. Hebr., sowohl « wie @, bewahrte die rechte Ordnung;
dagegen fehlt in diesem Lemma (1070 a 16) bei « und ® das dem grie-
1 Hiernach ist die Bemerkung im Cataloge der Pariser Bibliothek (zu cod. hebr.
837) zu berichtigen.
118 FREUDENTHAL:
chischen eixia@ entsprechende Wort. Auch an andern Stellen hat nicht cod.
Ar., sondern Hebr. das Richtige (vgl. S. 73 A. 4; 74 A. 2; 75 A. 1; 92
A.1; 98 A.5; 99 A. 1; 103 A.1; 112 A. 1): weder @« noch ® kann
daher nach der Leidener Handschrift gearbeitet sein.
Von allen Handschriften geben B und T den reinsten, durch Will-
kür der Schreiber am wenigsten entstellten Text; doch sind auch hier
Fehler mancher Art nicht vermieden; es fehlt nicht an Verschreibungen
einzelner Worte, Dittographien und Lücken.
Diesen beiden Handschriften steht OÖ am nächsten; aber in diese
dem Anscheine nach bedeutend jüngere Handschrift ist eine viel grölsere
Zahl theils absichtlicher theils unabsichtlicher Anderungen eingedrungen.
Noch weiter entfernt sich cod. © vom ursprünglichen Texte, da
derselbe aufser durch zahlreiche Lücken und Dittographien oft noch durch
absichtliche Änderungen entstellt erscheint. Die Anfänge der Zeilen ha-
ben durch Nässe sehr gelitten und sind bisweilen ganz unleserlich. Einige
Blätter fehlen, andere sind an eine falsche Stelle geheftet worden.
D ist sehr flüchtig geschrieben, durch zahllose grobe Fehler ver-
unstaltet, die am Rande und zwischen den Zeilen von zweiter und dritter
Hand nach besseren Handschriften in vielen Fällen verbessert worden
sind. In jedem Betracht ist diese Handschrift die schlechteste der uns
von dieser Recension der Übersetzung erhaltenen.
Eine besondere Stellung nımmt E ein. Sie gehört zwar auch zu
den Vertretern von $, repräsentirt aber innerhalb dieser Classe eine eigene
Familie; denn von allen Handschriften weicht sıe am meisten von dem
durch BTO erhaltenen Texte ab. An Treue und Zuverlässigkeit steht sie
hinter diesen besten Vertretern von @ und der durch sie repräsentirten
Handschriftenclasse zurück, sucht oft durch Conjecturen Schwierigkeiten
des Textes zu beseitigen, weist aber weniger Lücken und Verschreibungen
auf, als selbst B und T, leistet daher nicht selten bei der Herstellung
des Textes nützliche Dienste.
Um dem Leser ein anschaulicheres Bild der hebräischen Übersetzung
zu geben, als irgend eine Beschreibung zu gewähren vermag, möge der
oben (S. 67f.) übersetzte Anfang des Commentars nach dem Texte von
A und B nebst den wichtigeren Varianten der übrigen Handschriften hier
folgen.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 119
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120 FREUDENTHAL:
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BCDT | x © 11 | moss7 T Snsox7 C Smosbn D "moon E | Yawın Dann nonnna O9
a NS-e
Nicht sowohl diese ihres geringen Umfanges wegen unzureichende
Probe, als vielmehr das Ganze der Übersetzung berechtist uns, das Ver-
hältnils der Handschriften zu einander durch folgendes Stemma zu ver-
anschaulichen.
x
N
EN
Ar. Y
a !
zZ
SQ
y BTOCz’ E
|
erg
10
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 121
3. Die lateinische Afterversion.
Die lateinische Übersetzung, deren Verfasser unbekannt ist!, ist
nach keiner von unseren Handschriften gearbeitet. Sie endet wie Ar. und
A mit der Erklärung von Aristoteles ec. 10. 107558 —11, stimmt auch
sonst bisweilen mit A gegen die übrigen Handschriften, am häufigsten
aber mit ® gegen «, höchst selten mit Ar. gegen die hebräischen Codi-
ces überein. Das letztere ist zum Beispiele n. 14 p. 322r der Fall
(vgl. Übers. S. 85). Wir lesen hier non enım contingerent se adinvicem nisi
essent hoc, in actu, was der Lesart des Ar. entspricht. Wahrscheinlich
lag dem Übersetzer eine hebräische Handschrift vor, die Verbesserungen
und Varianten aus anderen Handschriften enthielt. Der Übersetzer folete
nun bald diesen, bald dem ihm vorliegenden Texte; bisweilen eombinirte
er auch die Lesarten, wie n. 13 p. 321x, wo die Worte neque quod sunt,
neque quod fiunt aus A und E zusammengestellt sind. Dafs aber die ia
teinische Übersetzung keine nach dem arabischen Texte oder mehreren
hebräischen Handschriften selbständig angefertigte Übertragung ist (das er-
stere nimmt Steinschneider an, Metaph. d. Aristot. 8. 20), ergiebt sich aus
den häufigen groben Übersetzungsfehlern. Die von mir gegebene Überse-
tzung (S. 99: ‘und die Elemente ... verschiedene Dinge wären’ entspricht
genau dem hebräischen Texte ans1T 2o9=7 mmom ve. Der lat. Über-
setzer aber (n. 21p. 3288) las 777 statt 77 und scheute sich nicht vor der
sinnlosen Übersetzung elementa autem sunt animalia, vor welcher der
flüchtigste Blick auf das arabische Original ihn geschützt haben würde. —
Wie hier, so bietet Lat. an vielen andern Stellen ganz Unsinniges dar.
Man vergleiche mit der oben 5. 79 gegebenen wortgetreuen Übersetzung
von fr. 9 die Worte des Lat. n. 9 p- 3190: et forte sermo, quem die
ommia fuerunt nobis im potentia, in actu autem nmon?, est totus Demo-
criti, sed sermo Democriti est, ommia fuerunt nobis in potentia, id est
aelerna, qua assimillantur materiae in hac intentione, et erit sermo elus,
omnia sunt in potentia, in actu aulem non, prius(?) Aristotelis. Wie viel
hier der Übersetzer, wie viel Schreiber und Drucker gesündigt haben
mögen, kann nicht entschieden werden. Jedenfalls ist der uns vorliegende
lateinische Text in jeder Hinsicht zu verwerfen. — Ebenso widersinnig
ist n. 39 p. 340c übersetzt: Et diwit Alexander: et hoc simihter contingıt
loquentibus in lege Maurorum. Demnach hätte der Aphrodisier im zwei-
1 Renan (Averroes? 207) hält Michael Scotus für den Verfasser derselben. Doch
kann diese Annahme mit zureichenden Gründen weder erwiesen noch widerlegt werden.
®2 Hier fehlt wohl in Folge eines Druckfehlers ein zweites non.
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. I. 16
122 FREUDENTHAL:
ten Jahrhundert schon von den arabischen Motekallemin gesprochen.
Den Worten et dixit Alexander aber entspricht nichts im arabischen Ori-
ginale und in der hebräischen Übersetzung, wo es vielmehr heifst: "Und dies
ergiebt sich auch nothwendig unseren Glaubensgenossen, den Ascharija’
u.s. w. — Auch absichtliche Änderungen fehlen nicht. Aufs willkür-
lichste ist das ganze From. 12 geändert oder vielmehr entstellt (n. 15
p. 324a). — N. 39 p. 3400 ist a2» — "Ühristen’ mit Antiqw übersetzt,
um die Polemik des Averroes gegen das Christenthum zu vertuschen.
Ebenso wird an anderem Orte (lib. III n. 7 p. 67E) von der lateinischen
Übersetzung auf die leges Mahumeti bezogen, was Averroes gegen ‘Reli-
gionen’ überhaupt, insbesondere gegen das heidnische Griechenthum ge-
sagt hat: (jingunt) Deum aut Deos esse ın formis homimum (Steinschnei-
der, Metaph. d. Arist. $S. 23). — Vieles ist auch in den Lemmaten ge-
ändert, um sie der Vulgata gleichzumachen, wie schon (n. 5 p. 315D) die
falsche Ergänzung der Worte (e. 1. 1069 « 32) % ö’aiöios lehren kann. —
Gänzlich unzuverläfsig sind ferner die Angaben des Lat. über die Ex-
cerpte aus Alexander. Oft fehlt der Name Alexanders, wo er stehen mülste,
wie n. 19 p. 3278 (vgl. fr. 16); n. 45 p. 345F (fr. 33); oft ist er oder
ein blolses Et dixit hinzugefüst, wo es fehlen mülste, wie n. 1 p. 313c;
n. 39 p. 340c u. s. — Averroes’ Vor- und Nachbemerkungen zu den Ex-
cerpten Alexanders und zu den einzelnen Büchern der Metaphysik sind
trotz ihrer Wichtigkeit sehr häufig vom Lat. gänzlich entfernt oder ver-
stümmelt worden. Es fehlen Averroes’ Schlulsworte zu A,T, Z,A; ein
grolses Stück aus den Vorbemerkungen zu B wird, vermifst. Die Bemer-
kung des Averroes (oben $. 99 sammt der zweiten Übersetzung) ist (n. 25
p- 330F) unterdrückt worden, und verstümmelt sind n. 27 p. 3318 Averroes’
Worte (S. 101). — Zahlreiche Lücken im Texte kommen hinzu. N. 28 p. 332F
fehlt am Schlusse der Erklärung ein ganzer Absatz. Eine gleich grolfse
Lücke findet sich n. 2 p. 313 (frgm. 3). — Schwierigkeiten des Textes
werden oft durch Tilgung der anstölsigen Worte gehoben, oder durch
nichtssagende Umschreibungen umgangen, wie die oben angeführten Bei-
spiele lehren. Das gilt auch von Paulus, dem Übersetzer des Proömiums
zu A. Vergl. 312D: nos autem summa indagine atque amore prosecuti
sumus hanc scientiam et am ante huwius virı in hac scientia diectiones com-
pendio perstrinzimus, in eruditionem eorum, qui non ad amussim Arist. ver-
bis studuerint et ad epilogı instar his, qui eius verba penetraverint. Dals
hier mit Unrecht Averroes’ Epitome der Metaphysik in die Übersetzung
eingeschwärzt wird, ergiebt fr. 1 (S. 69). — Vgl. ferner die Übersetzung
1 Wer unter man bei Averroes hier das Christenthum versteht, begeht keinen
geringeren Irrthum als der latein. Übersetzer: er läfst Aristoteles zwar nicht gegen den
Isläm, aber gegen das Christenthum polemisiren; denn Averroes umschreibt Aristoteles”
Worte SeoUg nv sivar daszovusıv, avSeumoeıdeis de (B 2. 997 5 10).
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 123
(p. 311c), durch welche Rose (a. a. O. p. 151) verleitet wurde, die ganze
dort folgende Erörterung des Averroes dem Alexander beizulegen: Nec
absonum est huc quoque afferre ea quae ad summariam alarum hwus scien-
bae dietionum intelhgentiam Alexander praeposwit. Dafs aber das Nachfol-
gende die Erörterungen des Averroes, nicht die des Alexander enthält, er-
weist das asıı ‘und wir sagen’, womit der folgende Abschnitt beginnt, er-
weist auch der Inhalt desselben, sowie die bei den Arabern übliche Zäh-
lung der Bücher, die Voraufstellung des zweiten Buches («) vor A, das
Citat aus Nikolaus von Damaskus und endlich das Schlufswort des Averroes
(oben S. 69)1.— Weniger weit irrt Jacobus Mantinus in seiner lateinischen
Übersetzung des Proömiums von der rechten Bedeutung der Worte ab,
giebt dieselben aber ebenfalls nicht richtig wieder.
Das Vorstehende zeigt, dafs man kein Recht hat, auf Grund einer
Vergleichung der lateinischen Übersetzung die Excerpte Alexanders zu
beurtheilen, “und dafs das harte Urtheil, das Renan (Averroes ? 203. 392)
über die äufsere Form der lateinischen Versionen des Averroes im allge-
meinen gefällt hat, mit gröfserem Rechte über den Inhalt dieser Über-
setzung gesprochen werden durfte.
1 Von kundiger Seite ist jüngst die Vermuthung ausgesprochen worden, Paulus
sei kein anderer als Elia del Medigo, Die Grundlosigkeit dieser Vermuthung ergiebt eine
Vergleichung von Elias Übersetzung des Proömiums zu Metaph. 1. XII, über welche Du-
kas (Recherches p. 42) zuerst berichtet hat. Die ersten Sätze, die von Paulus’ Worten
weit abstehen, lauten nach cod. lat. Paris. 6508 p. 78: Dico non invenitur ab Alexandro
nee ab eis qui fuerunt post ipsum ex posterioribus commentum in sermone hujus scientiae nec
declaratio ni(si) in isto tractatu; mam nos invenimus in ipso commentum Alexandri quasi in
duobus tertüs tractatus hujus et invenimus_ete.
Ib
194 FREUDENTHAL:
4. Die Lemmata in Averroes’ Commentar zur Metaphysik A.
Averroes hat in seiner Erklärung von Buch A die Lemmata nicht
aus einem Texte des Aristoteles, sondern aus dem des Alexander ange-
führt. Das erhellt aus den für Averroes’ Genauigkeit charakteristischen
Worten (oben 8. 99): “Diesen Abschnitt des aristotelischen Textes, den ich
an die erste Stelle gerückt habe, fand ıch in der Handschrift des Ale-
xander und zwar vermischt mit den Worten Alexanders. Ich schrieb ihn
ab, und ordnete ıhn vermuthungsweise, nicht auf Grund sicheren Urtheils’'.—
Dasselbe geht aus den Worten (oben S. 101) hervor: “Und der letzte Theil
dieses Abschnittes fehlte in den Worten des Aristoteles im Commentare
des Alexander; ich habe ihn daher aus der zweiten Übersetzung ergänzt’.
Endlich ist auf eine dritte Stelle (S. 83) hinzuweisen, wo der Text in der
Übersetzung Alexanders zwei anderen Übersetzungen des aristotelischen
Textes gegenüberg gestellt wird.
Diese aus “einer Handschrift, des alexandrischen Commentars mit-
getheilten Lemmata reichen bis c. 7. 1072 5 16 (Übers. S. 110). Alle fol-
genden sind dagegen nach der Aristotelesübersetzung des Eustathius! an-
geführt, wie das aus einer Bemerkung am Rande der arabischen Hand-
schrift zu dieser Stelle hervorgeht. Die Worte des kundigen Schreibers
lauten (nach einer Übersetzung des Herrn Dr. S. Fränkel): ‘Von hier an
und weiter herrscht Übereinstimmung mit der Lesart, welche am Rande
steht, nämlich zwischen den Worten des Weisen hier und seinem Texte in
dem Exemplare (des Eustathius), aus dem ich die Randnoten abgeschrie-
ben habe‘.
Diesen Lemmaten ist es nicht besser ergangen, als den in Hand-
schriften griechischer Commentatoren angeführten. Sie sind bisweilen durch
absıchtliche, oft durch unabsichtliche “Änderungen verunstaltet worden,
geben uns daher weder ein getreues Bild des griechischen Textes, der
dem syrischen Übersetzer vorgelegen hat, noch der ursprünglichen arabi-
schen Übersetzung. Einen Beleg für die Willkür, mit der man die Lem-
mata umgestaltete, fanden wir oben (S. 97 Anm. 2) in der Wiedergabe
des arıstotelischen Textes (ec. 5. 1070 5 56). — In demselben Abschnitte
las Alexander r«vrwv airıa (8.98 Z.2); im Lemma aber fehlt ravrwv (S. 97
2. ni — Im Lemma c. 5. 1071 51 finden wir den Zusatz ‘nicht identisch’
(vgl. 8.101 Z. 26), der aber im späteren Citate fehlt. Derselbe Zusatz findet
1 Über diesen arabischen Übersetzer griechischer Schriften s. Kitäb al Fihrist
II p. 115; Hagi Chalfa V p. 51.132; Flügel, de arab. seript. Graec. interpr. p. 13; Loth,
Alkendi als Astrolog S. 264, 6; Steinschneider in ZDMG XXIX S. 316. — Über Jahja
ibn Adi, dessen Übersetzung der Metaphysik Averroes ebenfalls bisweilen anführt, vgl.
besonders Steinschneider, Al-Farabi S. 124f. und die das. genannten Schriften.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 125
sich auch in der arab. Übersetzung des Eustathius, war also schon in die
syrische Version eingedrungen. Ähnlich verhält es sich mit anderen Lem-
maten (s. 8.99 A. 3; 100 A. 4; 106 A. 2). — Auch die der Erklärung selbst
eingefügten ennale sind nicht immer wörtlich angeführt, sondern wei-
chen bisweilen wie vom aristotelischen Texte so von dem Wortlaute der
den Erklärungen voraufgehenden Lemmata selbst da ab, wo diese die
Überlieferung treu wiedergeben. So stimmt das Lemma $. 89 Z. 3 mit dem
griechischen Texte genau überein, während das spätere Citat (8. 89 Z. 22)
ein fortdauert' hinzufügt. Ähnlich verhält es sich mit dem Citate S.93 Z.8.—
Nach S. 92 2.23, S. 93 Z. 6. 11. 14 muls der Text Alexanders ein &rrıv statt
eoraı der Vulgata (107058) aufgewiesen haben. Dem Sinne entsprechend,
aber sicherlich nach blofser Vermuthung wird dagegen das Lemma (8.94 2.2)
angeführt, als ob keinerlei Abweichung vom Texte des Originals vorge-
legen hätte. — 8.100 Z.2 zeist das Lemma völlige Übereinstimmung
mit dem aristotelischen Texte; in dem Citate (8. 101 Z. 3) wird 76 xaS
&xarrov durch zwei Synonyma wiedergegeben. — Auch das Citat (S. 109
Z. 7) weicht scheinbar zugleich vom Lemma (S. 108 Z. 16) und vom
arıstotelischen Texte ab; doch ist es dasselbe griechische Wort (£rega),
das wegen des ihm eigenen Doppelsinnes dem orientalischen Übersetzer
zu den zwei verschiedenen Übersetzungen (die ‘eine und die ‘andere‘)
Anlafs gegeben hat. — Ist nun auch nicht Averroes die Schuld für diese
Verderbung des Textes aufzubürden — denn er giebt sich alle erdenk-
liche Mühe, um den genauen Wortlaut der Texte zu ermitteln (s. oben
S. 56 und frgm. 10 u. 12) und theilt den überlieferten Text auch da treu-
lich mit, wo er ihn emendiren zu müssen glaubt (oben S. 83 Anm. 4) —,
so ıst doch aus den angeführten Proben ersichtlich, dafs die Lemmata
des Averroes kein grölseres Vertrauen beanspruchen dürfen, als die der
griechischen Commentatoren, über deren Unzuverlässigkeit kein Zweifel
besteht. Dies gilt selbst von den Lemmaten, die wir im arabischen Ori-
ginale und in den hebräischen Übersetzungen lesen. Gänzlich verkehrt
aber wäre es, wollte man Lesarten, welche die untreue und leichtfertige
lateinische Afterübersetzung darbietet, als Zeugnisse für die handschrift-
liche Überlieferung aus der Zeit des Averroes oder gar des Ishak ibn
Honein ansehen. Sie repräsentiren nur den Text der Zeit, in der die
lateinische Übersetzung entstanden ist, oder richtiger, in der die Hand-
schriften dieser Übersetzung geschrieben sind, haben daher keinen kriti-
schen Werth.
126 FREUDENTHAL:
5. Fragmente aus der Schrift des Nikolaus von Damaskus
Über die Philosophie des Aristoteles.!
1. Averroes zu Arist. metaphys. II 1 n. 1 p. 59&: Und Nikolaus
hat die Anordnung des Weisen in diesen beiden Punkten verändert und
die Materie so geordnet, wie er (Aristoteles) es in der Physik gethan
hat?. Und er glaubte, dafs er damit die beste Methode befolge. Das
angemessenere aber ist, was Aristoteles aus dem angeführten Grunde ge-
than hat.
2. Averroes ibid. V In. 1 p. 130c: Die Erklärung der Namen
ist eine der Untersuchungen über die Arten des Gegenstandes, die der
Mann der Wissenschaft untersucht. Und weil es sich so verhält, so mufs
diese Untersuchung besonders geführt werden und allen anderen Unter-
suchungen dieser Wissenschaft voraufgehen®...... Da dies aber Niko-
laus entging, glaubte er, dafs es das beste bei der Anordnung dieser
Wissenschaft sei, den (jedesmaligen) Terminus bei der Untersuchung des
Gegenstandes, auf den die Besprechung abzielt, zu erklären, nicht aber
dies zu einem selbständigen Theile dieser Wissenschaft zu machen. Und
so entging ihm dies, wie ihm auch der Sachverhalt bei den dialectischen
Fragen entging — ich meine in Betreff ihrer Stellung innerhalb dieser
Wissenschaft, wie wir das im Buche B auseinandergesetzt haben.
3. Averroes ibid. VII 2 n. 23 p. 211A: Dieser Abschnitt scheint
mit dem voraufgehenden nicht zusammenzuhängen, und so findet sich
auch in der Übersetzung die Bemerkung "im Urexemplare weils’®. Und
in der Schrift des Peripatetikers Nikolaus, dem Compendium dieser Wis-
senschaft, findet sich an dieser Stelle folgender Wortlaut: ‘Und die übri-
gen Wirkungen sind entweder durch Kunst oder durch ein Vermögen
(hervorgebracht), und es ist ein Unterschied zwischen dem, was durch
sich selbst, und dem, was durch Zufall entsteht, sowie es auch unter den
Naturwesen Dinge giebt, die aus dem Samen hervorgehen, und andere,
1 Auch diese Fragmente sind aus der arabischen Handschrift und den hebräi-
schen Versionen des Averroes übersetzt worden. — Zu denselben und dem Titel der Schrift
vgl. Röper, Lect. Abulpharag. I p. 37f.
2 In der Physik hat Aristoteles jeder einzelnen Frage eine Darstellung des Pro-
blems, um dessen Lösung es sich handelt, voraufgehen lassen; der Metaphysik hat er
dagegen der Aufzählung aller metaphysischen Probleme die Behandlung der einzelnen Fra-
gen folgen lassen. Nikolaus erklärt sich gegen dies hier beobachtete Verfahren.
3 Lat. ist hier unvollständig und ungenau.
* Lat. hat videbit, wahrscheinlich Druckfehler für videbat.
5 Das heilst ‘eine Lücke. [Ar. liest hier you; od} 3 > & a>, ls,
valı ss) > & su äs. Von _ıis bis zum Ende wahrscheinlich erklärende Rand-
glosse SF]. Hebr.: Son xınw 3 Suns wIWS mpnsnS Nza2 721.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 127
die ohne Samen entstehen...... Ferner findet sich in der Schrift des
Nikolaus nach diesem Satze das Folgende: "Dinge, welche durch Kunst
entstehen, sind diejenigen, deren Form und Wesenheit in der Seele sich
befinden, nämlich in der ersten Wesenheit!. Und diese Formen sind in
gewisser Weise identisch. Denn oft erkennen wir die Form durch die
Negation derselben und die Negation durch die Form, weil die Existenz
beider nicht zugleich ist; wie z. B. Gesundheit und Krankheit, sondern
das Vorhergehen der einen ist das Entstehen der anderen. Gesundheit
aber wird in zwei Bedeutungen gesagt. Die eine von ihnen ist die Form,
die in der Seele ist und (die andere) ist die Verfassung des Körpers:
beide sind aber dasselbe. Die Gesundheit in der zweiten Bedeutung aber
geht aus derjenigen hervor, die es in der ersten Bedeutung ist. Und
wenn es sich so verhält, so ist sie nach dieser oder diese ist die (eigent-
liche) Gesundheit.’
4. Averroes ibid. p. 211E?: Und im Buche des Nikolaus finden
wir Etwas, das sich, wie es den Anschein hat, an diese Worte (10325 29:
zal 775 cixias) anschlielst: ‘Und das Haus und die Gesundheit und der
kupferne Kreis, was von ihnen mit dem Stoffe zusammen existirt, davon
ist ein Theil nicht im Stoffe vorhanden, dasjenige, welches auch Gattung
ist; denn dies ist etwas Allgemeines. Jedoch der Stoff und dasjenige,
woraus etwas entsteht, das wird nicht immer gleichnamig mit dem ge-
nannt, was aus ihm gemacht wird. So wird der Kreis aus dem Erze
oder dem Steine, aber er wird nicht mit dem Namen eines dieser beiden
genannt....... Und dies findet sich in den Worten des Aristoteles im hie-
rauf folgenden Abschnitte (1033 @2f.): "Auf zwei verschiedene Weisen’ u. s. w.
5. Averroes ibid. 1. XII prooem. p. 312E: So ist also aus dieser
Untersuchung klar geworden, was die einzelnen Bücher dieser Wissenschaft,
die dem Aristoteles zugeschrieben werden, enthalten, und dafs sie die
beste Ordnung in ihrer Reihenfolge aufweisen, und dals nichts darin ohne
Ordnung und richtige Folge ist, wie wir dies Nikolaus den Damascener
in seinem Buche behaupten hören, und er hat deshalb, um diese Wissen-
schaft zu lehren, wie er glaubt, eine bessere Reihenfolge gewählt.
6. Averroes ibid. XII 4. n. 44 p. 344E: Und darum erkennen wir,
dals das dem ersten Gotte am meisten zukommende Wissen dasjenige of-
fenbar ist, was in der ersten Philosophie enthalten ist, und das den We-
senheiten, welche unter ihm stehen, zukommende Wissen den einzelnen
Wissenschaften entspricht, die unter der ersten Philosophie stehen, wie
das der Peripatetiker Nikolaus in seiner ersten Philosophie erklärt hat.
Und darum sehen wir, dafs durch die Erwerbung eben dieser Wissenschaft
der Mensch in der Vollendung seines Wesens erfalst wird.
1 So nach dem Arab., Hebr. und Lat. Das Richtige wäre aber nach Aristote-
les Z 7. 103252 ‘nämlich die erste Wesenheit’.
2 fehlt bei Röper a. a. O.
128 FREUDENTHAL:
6. Averroes’ Kenntnils der aristotelischen Metaphysik.
Jourdain (Recherches ? p. 178) und Ravaisson (Essai sur la me&-
taphys. d’Aristote I p. 81) haben behauptet, die Bücher KMN der aristo-
telıschen Metaphysik, zu denen Averroes einen grolsen Commentar nicht
geschrieben hat, seien überhaupt nicht ins Arabische übersetzt worden
und Averroes nicht bekannt gewesen. Dagegen hat Munk (Melanges
p- 435) nachgewiesen, dafs Averroes diese Bücher sehr wohl gekannt ha-
ben mufs, da er sie in seinem mittleren Commentare erläutert hat. In
der That hat er sie wohl nnr darum in dem grofsen Commentare übergangen,
weil sie nur Wiederholungen des früher Gesagten enthalten. Denn der erste
Theil von K bildet, wie bekannt, eine Recapitulation der Bücher BTE,
der zweite Theil ist ein blofses Excerpt aus der Physik, und M und N
sind nichts als eine weitläufige Ausführung des bereits im Buche A über
Pythagoreer und Platon Erörterten. Soweit wäre denn Alles in Ordnung.
Eines aber hat Munk nicht beachtet: die bis heute unerklärte und gera-
dezu räthselhafte Bemerkung des Averroes, die Rose (a. a. O. p. 144) aus
der dem grolsen Commentare zu A voraufgeschickten Inhaltsangabe ange-
führt hat. Es heifst in derselben (Lat. p. 312»): ‘Es findet sich in der
Ordnung der Buchstaben das Buch % (K) nicht und ist nicht auf uns gekom-
men. Diese Erklärung veranlafste schon den Araber, der die Übersetzung
des Eustathius auf den Rand der Leidener Handschrift geschrieben hat,
am Sclusse des Buches I zu bemerken: ‘Es folgt das zehnte Buch, betitelt
GLS (RK); aber Abul Walid hat es nicht erklärt und er sagt, dafs es nicht
in seine Hand gekommen ist; aber es ist in meine Hand gekommen und
ich habe es hier eingefügt, und wenn Gott seinen Beistand schenkt,
dann werde ich es erklären genau nach der Weise des Abul-Walid. Und
ebenso das zwölfte und dreizehnte.
Wie der unbekannte Schreiber dieser Bemerkung, so mulste auch
Rose (a. a. O.) aus Averroes’ Worten, die ja an Deutlichkeit nichts zu
wünschen übrig lassen, schliefsen, dafs Averroes Buch K nicht gekannt
habe; denn um den Inhalt des nie ins Lateinische übersetzten mittleren Com-
mentars, in dem, wie erwähnt, Buch K nicht fehlt, kümmert sich Rose
ebensowenig wie der Araber. Aber Steinschneider (Die Metaphysik des
Aristoteles S. 15) kennt diese Erklärungsschrift und Munks richtige Argu-
mentation: darum sucht er den bedenklichen Widerspruch durch eine nicht
minder bedenkliche Hypothese zu heben. Er vermuthet, dafs Averroes,
als er seinen mittleren, und auch später, als er seinen srofsen Commentar
zur Metaphysik schrieb, das Buch K noch nicht besessen habe, daher dasselbe
uncommentirt lassen und jene Erklärung abgeben mufste. Nach Beendi-
gung des grolsen Commentars aber sei das fehlende Buch in seine Hand
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders. 129
gekommen; nun erst habe er den mittleren Commentar zu demselben ge-
schrieben, der.dann den übrigen Büchern angereiht worden sei.— Steinschnei-
der selbst bemerkt, dafs diese Hypothese von irgend einer Seite her unter-
stützt sein mülste, um angenommen werden zu können. Eine solche Stütze
aber wird man vergebens suchen und schon darum nach einer anderen
Erklärung sich umsehen. Das aber noch aus einem anderen, triftigeren
Grunde. Averroes selbst widerspricht jener Hypothese gerade in dem
Resume der Metaphysik, auf das Steinschneider zu Gunsten seiner Mei-
nung sich beruft. Eben da, wo Averroes erklärt, Buch K fehle, giebt er
eine Übersicht über den Inhalt aller Bücher der Metaphysik mit Ein-
schlufs von K. Über I und K sagt er Folgendes: “Dann untersucht er
(Aristoteles) in dem folgenden Buche, das mit 2 (Thä) bezeichnet wird, das
Eine und das Viele (Metaph. 1 1—6) und das Identische (1 7—8). So-
dann spricht er in dem Buche ıs (J&) über Bewegung (K 9) und über
das Unendliche (K 10), weil der Mann dieser Wissenschaft (der Metaphy-
siker) diese Begriffe nach einer anderen Seite als der Physiker untersucht,
und weil er selbst nach diesem Buche über die Princeipien der ersten
sinnlichen Substanz zu reden beabsichtigt (A 2—5) und dies seine ur-
sprüngliche Absicht bei dieser Wissenschaft war. Da dies nun das in ihr
erstrebte Endziel ist, so erwähnt er im Anfange dieses Buches, ich meine
das mit .s (J&) bezeichnete, alle Zweifel, deren er schon im Buche B Er-
wähnung gethan (K 1—2) und gedenkt sodann dessen in Kürze, was er
zur Lösung derselben in den voraufgehenden Büchern beigebracht hat
(K 3—8). Und ebenso erwähnt er in Kürze der Probleme, die sich dem
ergeben, der die Principien der Erkenntnifs leugnet’ (K 5). Hierauf fährt
Averroes fort: “Dies ist es, was wir in der Ordnung der Bücher, die auf
uns gekommen sind und die dem Buche »S (Läm) voraufgehen, finden;
es findet sich aber in der Ordnung der Buchstaben das Buch $ (= Käf)
nicht und ist nicht auf uns gekommen.! Das ist denn offenbar
der schreiendste Widerspruch, der sich denken läfst. Averroes giebt den
Inhalt von K sehr genau an und erklärt, alle Bücher, die er besprochen
habe, seien erhalten — er hat also das sehr eingehende Resume nicht
etwa einem fremden Werke entlehnt —, und in demselben Athemzuge
leugnet er das Vorhandensein des Buches K, ebendesselben Buches, das
er lange Zeit vorher commentirt hatte.
Sollen wir an Averroes’ Verstande nicht zweifeln, so ist nur fol-
gende Lösung des Räthsels denkbar. Die einzelnen Bücher der Metaphy-
1 Genau wie im arabischen Texte werden die Bücher IKA in der hebräischen
Übersetzung bezeichnet. I ist — » (Thet), K = * (Jod), A —= > (Lamed). — Die Anga-
ben in den lateinischen Übersetzungen des Prooemiums, die Steinschneider (Die Metaph.
des Aristot. S. 14) mittheilt, sind verwirrt, widerspruchsvoll und daher werthlos. Doch
hat Mantinus nicht das sinnlose qui sumt autem duo decimam (Steinschneider das.), son-
dern richtig ante statt autem geschrieben.
Phil. Abh. nicht zur Akad. geh. Gelehrter. 1884. I. 17
130 FREUDENTHAL:
sik wurden bekanntlich von den Griechen und Arabern nicht wie andere
aristotelische Schriften ihrer Reihenfolge gemäfs gezählt, sondern mit Buch-
staben bezeichnet: darum nennen die Araber die Metaphysik das Werk
der Buchstaben. Die arabischen Buchstaben aber entsprechen den grie-
chischen nicht. So ward, wie aus dem arabischen Texte des Averroes er-
sichtlich ist, Buch I mit = 0; K mit ‚s = I bezeichnet, während für
A die feststehende richtige Bezeichnung J—= A beibalten wurde. Dem-
nach mulste ein Jeder, der das griechische Original nicht kannte, mulste
auch Averroes ein zwischen (s und J liegendes Buch, das dem arabischen
$S (—=K) entsprach, vermissen. Die den Arabern bekannte Gesammtzahl
der Bücher — 14 konnte das Mifsverständnifs nicht heben, weil die Zäh-
lung selbst theils durch die Stellung von « (von den Arabern (sel al
genannt) neben A (von den Arabern (s+X | genannt), theils durch
das Fehlen von A in manchen Handschriften und Übersetzungen! ins
Schwanken gekommen war (vgl. Munk, melanges p. 435). Nennt loch der
Araber, von dem die obige Randbemerkung herrührt, K das zehnte, M
und N das zwölfte und dreizehnte Buch. Unterstützt aber ward der Irr-
thum des Averroes durch den Mangel an Zusammenhang zwischen den
Büchern K und A. Dieser Irrthum ist leicht zu erkennen und aufzu-
klären, wenn man die von Averroes über das Nichtvorhandensein des Bu-
ches K abgegebene räthselhafte Erklärung mit seiner Angabe über den
Inhalt desselben Buches vergleicht, und nur weil bisher Niemand diese
Vergleichung unternommen hat, ist das Räthsel ungelöst geblieben.
1 Am Schlusse des Buches « findet sich in cod. Ar. eiue Randbemerkung, die
hier nach einer Übersetzung des Herrn Dr. Fränkel Platz finden möge: ‘Ich fand in einem
Codex: “Dies ist alles was wir von diesem Buche (nämlich von «) im Arabischen vor-
gefunden haben, und es folgt auf dies Buch (der gewöhnlichen Ordnung zufolge) das
Buch A — dies aber fand sich ursprünglieh (No) nicht im Arabischen vor —, dann da-
rauf das Buch B, und dieses findet sich nach «, und wir liefsen es dem Buche « folgen,
da sich A nicht vorfand‘. Diese Angabe, die natürlich nicht auf Averroes Bezug nimmt,
der A nach « gestellt hat, erklärt die von den Arabern vorgenommene Umstellung
der Bücher A und & wohl am besten. Hat A ursprünglich’ gefehlt, so hing es gänzlich
von der Willkür der Abschreiber, welche die Ordnung der Bücher im Griechischen nicht
kannten, ab, wo sie es später einreihen wollten. Und da es unvollständig war, vermied
man, mit ihm die Metaphysik zu eröffnen und liefs es « nachfolgen.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders.
151
Verzeichnils erklärter, geänderter oder zuerst veröffentlichter Texte.
D
Aristotelis metaphys. Al.
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Nikolaus Damascenus
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1070 5 29f. .
1070531
1070 5 34
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. 1071512
1071520
1071 5.22
. 1072 a 30
107252.
107254.
Über die Philosophie
Alexander Aphrodis. de anima p. 135 b 34
des Aristoteles
en 138 5 36
. 138 5 38
R 135 548
y 143 5 47
e 144 a2
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» 1440436 .
144 b54f..
Seite
43.
44,
44,
74
45.
79
45.
46
46.
46
46
46
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46
70
72
73
Anm.
79
Anm.
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Anm.
s6f.
Anm.
Anm
Anm
Anm
Anm
92f. 125
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46
96
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Anm.
Anm.
Anm.
Anm.
104 Anm.
104 Anm.
104 Anm.
108 Anm.
47
109 Anm.
12
25
25
25
26
24
24
25
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Bu
a
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27 Anm. 1
Ir
86. 87
90
90
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95
132
Alexander Aphrodis. de fato ed. Or. p. 6 1.
6.
181.
134 1.
134 ].
150 1.
e7)
quaest. Il (= comm. in Arist. metaph. p. 658, 31f)
FREUDENTHAL:
150 1.
150 1.
io
bir
14 .
1718
comment. in Aristot. metaphys. A 1—3
Themist. paraphr. in Aristot. metaph. A 1
”
+
Simplie. schol. in Aristot. categ. ed. Brand. p. 40 @17f.
n
3
br}
p. 13 ed. 1576
Asklepius in Aristot. metaph. 1. VII.
David schol. in Aristot. categ. ed. Brand. p. 94936
Pseudo-Alexander comment. in Arist. metaph. ed. Bon. p.
”
659,
661, 3. .
29
661,5
668,
671,
671,
672,
672,
673,
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692,
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709,
28
29
sl
2
16
23
25
18
4
4f.
Seite
14 Anm. 1
15 Anm. 1
16 Anm. 1
14
14
16
16
16
13 ff.
65—118
57
58
50
41 Anm. 1
48 {
23 Anm. 2
19 Anm. 1
17£.
17 Anm. 1
25. 27 Anm. 2
25.27 Anm. 2
27 Anm. 2
26 Anm. 1
19 Anm. 2
3l Anm. 1
32 Anm. 1
I.
I.
III.
AV.
Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders.
Übersicht.
1. Verhältnifs der Auszüge des Averroes zu dem griechischen
6.
Texte Alexanders: Durchgängige Verschiedenheit beider; Verschie-
denheit auch ihrer Quelle; der griechische Commentar keine Umarbei-
tung des echten Werkes .
. Unechtheit des griechischen dem Alexander beigelegten
Commentares: Verdachtsgründe; angebliche Beweise für die Echt-
heit; Alexander als Schriftsteller; der Commentar eine Fälschung;
sachliche Differenzen; Benutzung alexandrischer Schriften; Syrians
Citate .
Echtheit der von Averroes erhaltenen Auszüge: Averroes’
Kenntnils griechischer Werke; seine gesunde Kritik; Averroes’ Aus-
züge und die Schriften Alexanders; treffliche Erklärungen; Textver-
besserungen; Zeugnisse griechischer und orientalischer Schriftsteller .
Abfassungszeit des Alexander untergeschobenen Commen-
tares: Benutzung Syrians; der Verfasser ist nicht Michael Ephesius;
seine Religion
Zuverlässigkeit der Auszüge des Averroes: Genauigkeit aver-
roistischer Citate; Themistius und Alexander bei Averroes; syrisch-
arabische Übersetzungen; Aristoteles bei Averroes
Ergebnisse dieser Abhandlung
Übersetzung der Fragmente Alexanders
Anmerkungen: 1. Die arabische Handschrift von Averroes’ gro/sem
Commentare zur Metaphysik S. 114f. — 2. Die hebräischen Übersetzungen
S. 116f. — 3. Die lateinische Afterversion S. 121f. — 4. Die Lemmata
in Averroes’ Commentar zur Metaphysik A S. 124f. — 5. Fragmente aus
der Schrift des Nikolaus Über die Philosophie des Aristoteles $. 126f. —
6. Averroes’ Kenntnils der aristotelischen Metaphysik S. 123f.
Verzeichnils erklärter, geänderter oder zuerst veröffentlichter
Texte
133
Seite
3— 10
10 — 34
34 — 52
53 —55
55 — 63
63 — 64
65 — 113
131— 132
134 FREUDENTHAL: Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders.
Abkürzungen.
A = cod. Paris 886. — B = cod. Paris 888. — C = cod. Paris. 3906. —
D = ceod. Paris. 889. — E = cod. Paris. 837. — — cod. Mich. 441. T—
cod. Taurin. 14. — « = erste Classe der Handschriften. — ß — zweite Classe der
Handschriften. — Ar. — cod. Arabs Leid. 1692. — Hebr. — hebräische Übersetzung
des Averroes oder ihre besseren Vertreter. — Lat. — lateinische Übersetzung des Aver-
roes. — : bedeutet Übereinstimmung mit der Lesart des Textes. — In ( ) eingeschlos-
sen sind eigene Ergänzungen der deutschen Übersetzung. — Citirt ist Averroes’ Com-
mentar zur Metaphysik nach Aristot. opp. cum Averroe. Venet. 1560 in 8°, seine übrigen
Erklärungsschriften nach Aristot. opp. cum Averroe. Venet. 1562 in 8°.
Berichtigungen.
Seite 23 Zeile 9 von unten lies xxyI statt xxIm.
arme. 20. 8% » lies neunzehn statt neunzig.
a KON ae LO „ lies von statt in der.
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Der Tempel des Dionysos zu Pergamon.
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Vorgelegt in der Gesammtsitzun am 27. November 1334.
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D.. Anlage des Marktplatzes!) auf dem Stadtberge von Pergamon
stammt aus der Zeit, ehe die Königsherrschaft sich zu voller Macht ent-
faltete. Die wenigen Reste, welche sich aus jener älteren Epoche erhalten
haben, zeigen in Material und Technik eine unverkennbare Verwandtschaft
mit dem Tempel der Athena Polias?). Eine wesentliche Erweiterung und
Umgestaltung erfuhr aber der Markt, als Mittelpunkt wachsenden Verkehrs,
zugleich mit dem Aufschwung, den die Stadt als Residenz der Könige
nahm. Die damals festgestellte Form des Platzes scheint sich dann der
Hauptsache nach bis in das frühe Mittelalter hinein erhalten zu haben,
bis in die Zeit, als, der südlichen und östlichen Grenze des Marktes
folgend, aus dem Material der antiken Bauten jene mächtige Mauer er-
richtet wurde, welche wir uns gewöhnt haben die byzantinische zu nennen.
Nachdem diese jetzt ganz abgebrochen, und auch der Boden des Markt-
platzes im Laufe des letzten Sommers vollkommen vom Schutt gesäubert
ist, vermögen wir uns wieder einigermalsen eine Vorstellung von der
einstigen Gestaltung des Stadtmarktes zu machen. Von der hochge-
legensten Stelle desselben, dem geräumigen Platze, welcher den Altar
1) Sitzungsberichte d. K. Ak. 1884, S. Itf.
2) Abhandlungen d. K. Ak. 1831.
1#
4 Boun:
des Zeus Soter trägt, fällt das Terrain in drei kurzen fächerförmigen Ab-
sätzen zu einer langgestreckten Fläche ab, welche dieselben winkelförmig
umfasst. Es ist zu hoher Wahrscheinlichkeit erhoben, dafs Eumenes der
Zweite der Erbauer des Altars gewesen sei!). Ich glaube jetzt annehmen
zu dürfen, dafs unter seiner Regierung auch die Neugestaltung des Markt-
platzes nach einheitlichem Plane sich vollzogen hat; wenigstens erscheint
das, was davon noch erhalten ist, nach Material und Technik dem Al-
tarbaue nahe verwandt.
Zu den erhaltenen Resten gehört in erster Linie ein kleiner
Tempel auf dem unteren Marktplatze, welcher, hart an die Westmauer
gerückt, in seiner Längsachse senkrecht zu dieser gerichtet ist. Aber nur
die Fundamente sind noch am Orte vorhanden; sie sind durch die Ar-
beiten im letzten Sommer freigelegt. Dieselben bilden ein Oblongum
von 7,60 zu 12,30 Seite, wie es in beifolgender Skizze dargestellt ist.
WEST MAVER DER AGORA
Da der Felsboden an dieser Stelle stark von Norden nach Süden abfällt,
so waren zur Herstellung des Unterbaues auf der südlichen Seite ansehn-
1) Monatsberichte d. K. Ak. 1881, S. 369 ff.
Der Tempel des Dionysos zu Pergamon. 5
liche Substruktionen aus Trachyttuff notwendig, während auf der Nord-
seite der Stylobat sich wohl nur in wenigen Schichten über den gewachse-
nen Felsen erhob; aber sie sind hier bis auf einen kleinen Rest verschwun-
den, der jedoch wichtig ist, weil er uns in zwei auf der Plattenoberfläche
eingeritzten parallelen Linien die Maximalbreite von 1,36 giebt, welche Stu-
fen und Cellawand zusammen betragen haben können. Im Übrigen kann
man auf dieser Seite nur in der Glättung des Felsens den Umrils des Fun-
daments verfolgen. Ungefähr in der Mitte zwischen der West- und Ost-
front sind die Fundamente einer Querteilung vorhanden.
Die hierdurch in den Hauptzügen gegebene Form der Fundamente
legt es nahe, in ihnen die Reste einer Tempelkrepis zu erkennen; sie
bieten aber keinen weiteren Anhalt für eine Rekonstruktion des Aufbaues;
diese wird erst durch eine Reihe von einzelnen Fundstücken ermöglicht.
Aus der vorerwähnten byzantinischen Mauer, und zwar aus der
Strecke südlich von dem eben beschriebenen Fundamente, hatten wir be-
reits im ersten Jahre der Ausgrabungen unter verschiedenartigen sonsti-
gen Werkstücken auch eine Anzahl von Baugliedern hervorgezogen, wel-
che durch Zierlichkeit der Formengebung auffielen, und von denen einige
einen Zusammenhang untereinander erkennen liessen, ohne dafs es in-
dessen damals schon möglich geworden wäre, dieselben zu einem Ganzen
zusammenzuordnen. Als sich aber bei der Freilegung des Marktplatzes
und des Abhanges westlich davon abermals verwandte Bauglieder vor-
fanden, und als es sich zeigte, dafs die Fundstellen derselben sich
halbkreisförmig um das beschriebene Fundament gruppirten, da erschien
es kaum mehr zweifelhaft, dafs ein Zusammenhang dieser Bauglieder mit
jenem Fundamente anzunehmen sei. Diese Annahme gewann an Wahr-
scheinlichkeit, als es sich herausstellte, dafs die Bauglieder nur einem
Tempelbau angehört haben könnten, bei den Aufräumungen aber nirgends
sonst in der Nähe ein für einen Tempel geeignetes Fundament sich vor-
fand; sie wurde vollends bestätigt, als die aus einer glücklicherweise er-
haltenen mittleren Tympanonplatte berechnete Frontlänge genau mit der
jenes Fundaments übereinstimmte.
Die beigegebene Tafel zeigt das Ergebnifs der Rekonstruktion der
Tempelfront; die im Texte umstehend eingefügte Abbildung macht die
Einzelheiten des Gebälks deutlicher.
6° Boun:
Der Tempel war ein Prostylos dorischen Stils, aber in vollständig
freier Behandlung der Formen.
Der Stereobat bestand aus nur zwei Stufen; die Steigung derselben
betrug 0,210, der Auftritt der unte-
ren 0,360. Die Stylobatplatte hatte
eine Tiefe von 1,05. Einige Fragmente
derselben lassen durch ungleiche Ver-
witterung auf ihrer Oberfläche eine
kreisförmige Standspur der Stützen von
ungefähr 0,95 Durchmesser erkennen.
Die Säulen, deren unterer Durchmes-
ser nur 0,62 beträgt, ruhten nämlich
auf einem weit ausladenden Fulse, wel-
cher aus umgekehrtem Kymation, Rund-
‚stab und Plinthus besteht. Der Schaft
hat zwanzig Kanneluren von halbkreis-
förmigem Querschnitt mit schmalen Ste-
gen dazwischen; er misst im oberen
Durchmesser 0,525. Das Kapitell ist
als aufstrebende Blattwelle gebildet, wel-
che durch einen schmalen Rundstab mit
dem Schaft verbunden ist, und einen
quadratischen Abakus trägt. Der Höhe
nach war die Säule aus fünf Stücken
zusammengesetzt. Wenngleich dieselben
nicht vollzählig genug gefunden sind,
um eine unmittelbare Messung der Ge-
sammthöhe einer vollständigen Säule zu
gestatten, so darf diese doch mit grolser Wahrscheinlichkeit zu 5,15 an-
genommen werden. Die Gründe, welche mich zu dieser Annahme ver-
anlassen, werden später im Zusammenhange mit der Darlegung über die
allgemeinen Mafsverhältnisse des Tempels mitgeteilt werden.
Das Epistyl ist 0,315 hoch, 0,535 tief und zeigt auf der Unter-
fläche ein 0,080 breites, nur wenig eingetieftes Band. Auf der Aulsen-
seite wird es durch einen 0,038 hohen Abakus gekrönt, unter dem die
Der Tempel des Dionysos zu Pergamon. 7
Tropfenregula, aber nicht als glattes Plättchen, sondern mit geschwungenem
Profil sitzt. An ihr hängen sieben Tropfen, in langgezogener, rundlicher,
aber unten zugespitzter Form. Auf der Innenseite ist dasEpistyl in zwei Fas-
zien geteilt und durch ein Kymation mit Abakus nach oben hin abgeschlos-
sen. Es hat sich zwar kein vollständiger Block des Epistyls gefunden, doch
schliefst der bedeutende Durchmesser der Säulenbasis den Gedanken an zwei-
triglyphisches System aus, und da für eine vierfache Wiederholung der
Triglyphen über jedem Interkolumnium die Frontbreite der Krepis nicht
ausreicht, so bleibt nur die Möglichkeit dreitriglyphischen Systems übrig;
dieses palst sich denn auch seinen Mafsen nach sowohl dem Fundament,
als der aus dem Tympanonblock berechneten Frontlänge an.
Der Triglyphenfries ist 0,433 hoch und wird von einem knapp
vortretenden 0,076 hohen Abakus gekrönt, welcher durch ein scharf ge-
schnittenes Dreikant mit der Fläche verbunden ist und seinerseits wieder
mit kleinem Kymation und Plättchen oben abschliefst. Die Breite jeder
Triglyphe ist 0,286, die Schlitze sind dreieckförmig, im Querschnitt 0,045
breit, also etwas schmäler als die Stege dazwischen, und oben im Halb-
kreis geschlossen. Die obere Endigung der Eckschräge ist durch ein
äufserst zierlich gearbeitetes Akanthusblättchen bedeckt. Nach der Innen-
seite zu ergänzte ein entsprechend hoher Block ohne irgend welches Profil
die Gebälkdicke.
| Das Geison von 0,110 Höhe beginnt mit einer kleinen Hohlkehle,
die durch ein Vertikalplättchen abgeschlossen ist; an dieses setzt sich die
um 0,128 ausladende Hängeplatte an, welche, 0,093 hoch, oben durch ein
Plättchen mit Kymation gesäumt ist. Ihre vertiefte Unterfläche ist durch
ein fortlaufendes Muster von diagonal gestellten Rechtecken gefüllt, welche
mit schmalen Rändern hervortreten, und deren Mitte jedesmal durch eine
kleine Rosette mit abwechselnd gerundeten und spitzen Blättern einge-
nommen ist.
Die Sıma fällt in einfacher Schwingung leicht nach vorn über und
ist mit einem zierlichen Rankenornament belebt, welches, symmetrisch von
den Wasserspeiern ausgehend, in wiederkehrender Form angeordnet ist, doch
in der Einzelbildung mannigfache Abwechselung bietet. An der auf-
steigenden Sima des Giebels ist dasselbe Ornament, aber gleichmälsig
fortlaufend, angebracht.
8 Boun:
Die Tympanonplatten sind glatt, nur mit einem oberen 0,143
breiten, wenig vortretenden Saum, der oben durch ein Plättehen mit
Kymation und Rundstab darunter eingefalst ist. Die Neigung des Giebels
beträgt rd. +.
So weit ist die Rekonstruktion der Front im Wesentlichen gesichert.
Auch die in meiner Zeichnung als mittleres Akroterion gegebene Figur
gründet sich auf mehr als blofse Vermutung. Das noch vorhandene
Mittelstück des Giebel-Geisons zeigt nämlich die Basis eines Akroterions; in
diese ist eine Vertiefung eingearbeitet, deren Sohle nach vorn geneigt ist und
drei im Dreieck geordnete Dübellöcher erkennen läfst. Der Umrifs und die
Neigung dieser Eintiefung spricht nicht dafür, eine Palmette oder etwa
ein Gefäls als Mittelkrönung anzunehmen; sie weist vielmehr auf figürlichen
Schmuck hin. Nun fanden sich in dem Schutt unterhalb des Tempels mehrere
Fragmente, aus welchen sich der Unterteil einer weiblichen Statuette zu-
sammensetzen liels; Stücke von Flügeln wurden damit zusammen gefunden.
Die Gesammthöhe der Figur wird rd. 0,80 betragen haben; ihre Bewegung
war oftenbar eine herabschwebende; der linke Fufs scheint einen Felsblock
zu berühren, während der rechte frei hervortritt. Das Gewand schmiest
sich vorn den Gliedern eng an und bauscht sich nach rückwärts in weiten
Falten auf. Auf der Rückseite ist die Figur nur skizzenhaft bearbeitet;
sie war also nur für die Betrachtung von vorn bestimmt. Ich glaube
deshalb dieser Statuette um so eher die Giebelmitte des Tempels als
einstigen Standplatz zuweisen zu dürfen, als aufser dem Fundort und dem
Malsstab auch noch der Umstand dafür spricht, dafs sie aus demselben
Marmor wie die Bauglieder des Tempels gearbeitet ist, und sich auf ihrer
zwar abgebrochenen Unterfläche noch Spuren von drei Dübellöchern, ent-
sprechend jenen auf der Basis des Giebelgeisons, erkennen lassen. Die
Eckakroterien sind in der Zeichnung, ohne dafs Fundstücke dazu hätten
benutzt werden können, frei ergänzt.
Weniger Anhaltspunkte, als für die Rekonstruktion der Front,
bieten sich für die des Grundrisses. Die Mafsverhältnisse, sowie die
Form des Fundaments verbieten die Annahme eines Peripteros. Die
erhaltene Mittelteilung weist vielmehr auf eine vielleicht quadratische Oella
mit einer geräumigen Vorhalle hin. Von den erforderlichen Anten haben
sich Stücke gefunden; sie zeigen eine Breit- und zwei Schmal-
Der Tempel des Dionysos zu Pergamon. 9
stirnen; ihr Fufs ist gleich dem der Säulen profilirt. Der Höhe nach
waren sie aus hochkantig gestellten Pfosten konstruirt, die durch einzelne
zwischengelegte Binder mit der anschliefsenden Mauer verbunden waren.
Wie grofs jedoch der Abstand der Ecksäule von der Ante war, vermag
ich einstweilen nicht anzugeben. Die Wand der Cella war aus abwechselnden
Hoch- und Flachschichten hergestellt, wahrscheinlich auch durch ein ein-
faches Profil unter dem Epistyl abgeschlossen. Das Gebälk war in gleicher
Formengebung wie über den Säulen auch über der Wand fortgesetzt.
Über das Innere des Tempelraumes läfst sich keine andre Aufklärung ge-
winnen, als die bereits erwähnte, welche durch die mittlere Teilung der
Fundamente geboten wird.
Das Material ist für den Unterbau Trachyttuff, für den Oberbau
ein feinkörniger, leicht in’s Bläuliche spielender Marmor.
Es bleibt noch übrig, die oben geäufserte Annahme, dals die Säu-
lenhöhe 5,15 betragen habe, zu begründen. In den Mafsen der Bau-
glieder läfst sich eine auffallende Einfachheit der Verhältnisse beobach-
ten. Gehen wir von dem mittleren Säulendurchmesser aus, so beträgt
0,620 + 0,525
derselbe "= 0,572. Die Höhe des Gebälkes ist dann (0,315
—+ 0,433 + 0,110) = 0,858 = 3X 0,572. Die Breite der Triglyphe ist
Bi und steht zur Metopenbreite im Verhältnifs wie 5:7. Dem ent-
sprechend befinden sich an der Unterfläche der Hängeplatte je fünf Recht-
ecke über jeder Triglyphe, je sieben über jeder Metope; die Breite jedes
Rechtecks ist demnach 0,0572. Die Axenweite der Säulenstellung beträgt
also 3x (5 —+ 7) x 0,0572 — 2,06. Nimmt man die Höhe der Säule zu
5,15, d.h. zu 9 x 0,572 an, so ist dieselbe genau das Neunfache des
mittleren Durchmessers, das Sechsfache der Gebälkhöhe und das Zweiund-
einhalbfache der Axenweite. Es dürfte also bei der Gebundenheit der
Verhältnisse, die im Übrigen im Tempel herrscht, auch hier gestattet
sein, das aus den Trommeln nur annähernd berechenbare Mafs in dieser
Weise genauer festzustellen.
Man erkennt ferner hieraus, dafs dem Bau offenbar ein Bruchteil
Se; ! wu 0,057
von 0,057 als Einheitsmals zu Grunde liegt; es ist dieses = 0,019.
Zum Beweise dessen seien nur erwähnt: die Höhe der Stufe 0,210 =
Phil. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1884. II. 2
10 BouHxs:
11 0,019, der Auftritt 0,360 — 19 x 0,019, die Verjüngung des Schaf-
tes 0,095 = 5 X 0,019, der mittlere Durchmesser 30 X 0,019, die Breite
des Epistyls und damit auch die Wanddecke 0,535 — 28 X 0,019, die
Höhe des Abakus an demselben 2x 0,019, die des Triglyphenabakus
4><.0,019 u. s.w. Herr W. Dörpfeld machte mich darauf aufmerk-
sam, dafs diese Einheit genau der Einteilung einer im Museum zu Turin
befindlichen von Lepsius!) mitgeteilten ägyptischen Elle entspräche. Ich
kann jedoch an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, da die Frage
nach den Malseinheiten später im gröfseren Zusammenhange verfolgt wer-
den muls.
Zum Schlufs bleibt noch die Frage zu erörtern, welcher Gottheit
der Tempel geweiht war. Inschriftliche Zeugnisse haben wir weder an
den Baugliedern des Tempels, noch sonst in seiner Umgebung gefunden.
Durch die Aufdeckung des Theaters aber, welches nach der Inschrift auf
dem Deckbalken des nördlichen Eingangs zur Orchestra dem Dionysos
Kathesemon?) geweiht war, wurde der Gedanke angeregt, ob nicht in
der Nähe auch ein Tempel dieses Gottes gestanden habe.
Dafs Dionysos überhaupt einen Tempel zu Pergamon hatte, ist nach
dem Ansehen, welches der Gott dort genofs, anzunehmen®), wird auch
ausdrücklich bezeugt in der Erzählung von den Wunderzeichen zur Zeit
der Schlacht von Pharsalos bei Dio Cass. XLI, 61: &v re Miegyauı run-
ravuv Te rwa nal num@aruv Dobev Ex Tel Arsvuciov doIevra dia Tacys TI mo-
Aews xwencaı. Bei Caesar de bello civ. III, 105 ist von einem Adyton
des Tempels die Rede: Pergami in occultis ac recondtis templi, quo prae-
ter sacerdotes adire fas non est, quae Graeci @dura adpellant, tympana so-
nuerunt. Es läge demnach nahe m dem oben (S. Sf.) erwähnten quadra-
1) Abhandlungen der K. Ak. 1865: die altägyptische Elle und ihre Einteilung.
2) Sitzungsberichte der K. Akad. 1884, S. 15. Anstatt rerecue, wie die erste
Nachricht angab, steht nach genauerer Kopie auf dem Steine eureracue. Ö.
3) C©.I. gr. 3538. In einer unpublicirten Inschrift (Inv. II, 68) erscheint sein
Priestertum von einer besonders vornehmen Person bekleidet. Auch durch den Beinamen
des „Führers“ wird der Gott dem Zeus Soter und der Athena Nikephoros ähnlich an die
Seite gestellt, wie in einer delischen Inschrift "Avovßıs Hysuuv neben Yagarıs Zuryg und
"Isıs Zwreige steht (Bull. de corr. hell. VI, 1832, S. 323). C.
Der Tempel des Dionysos zu Pergamon. 11
tischen Raume, welcher der Situation nach nur an der Rückseite gelegen
haben kann, eben jenes Adyton zu erkennen!).
Als es sich nun zeigte, dals in unmittelbarer Nähe des Theaters, an
welches sich lange Hallen schlossen, kein Platz für einen Tempelbau vorhanden
war, so durfte man ihn in etwas weiterer Entfernung suchen, und die Stelle
hart am Westrande des Marktplatzes musste für ihn durchaus passend
erscheinen; denn von dort schaute der Tempel hinab auf das Theater
und die an dasselbe grenzenden Wandelhallen, und der Weg vom Markt-
platze nach dem Theater führte unmittelbar an ihm vorüber.
Können solche Erwägungen allein für die Benennung des Tempels
nicht mafsgebend sein, so scheinen sie durch einen ornamentalen
Schmuck des Bauwerks eine Bestätigung zu erhalten. Die Wasserspeier an
der Sima sind nämlich als Satyrköpfe gebildet, mit scharfen Zügen, tief
gehöhlten Augen, langen Ohren, und weit zum Ausfluls des Wassers
geöffnetem Munde. Aufserdem ist noch zu erwähnen, dafs in der
byzantinischen Mauer, nicht weit von den anderen Werkstücken des
Tempels entfernt, eine Marmorplatte gefunden worden ist, Rest eines
umfangreichen Frieses, 0,687 hoch, mit naturalistisch gearbeiteten Wein-
ranken, Trauben und Blättern. Material und Bearbeitung machen die
Zugehörigkeit auch dieses Stückes zum Tempel, vielleicht als inneren
Frieses der Oella, immerhin annehmbar.
Ist durch den Nachweis dieses Baus und seine höchst wahr-
scheinliche Benennung die monumentale Topographie von Pergamon be-
reichert, so liefert zugleich die eigentümliche Behandlung der dorischen
Formen einen lehrreichen Beitrag zur Geschichte der Baukunst in helle-
nistischer Zeit. Dieser vorläufigen Mitteilung wird die genauere Darstel-
lung und Untersuchung im dritten Bande der Altertümer von Pergamon
folgen.
1) Dio Cassius war selbst in Pergamon (LXXIX, 7), kann also aufser dem
Berichte Caesars eine örtliche Überlieferung benutzt haben. C.
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ale a.
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al ii
K. Akad.d. Wissensch Anhang z.d.Abhandl. 1884.
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Rekonstr. u.gez.v. R. Bohn Radirt in der Reichsdruckerei
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